Gloriette & Silena @ Architektur Südtirol 2018-19

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ISBN 978-3-9504411-2-3 · 12.80 1

südtirol 2018/19 bauen + handwerk


noa* network of architecture n

Foto © Alex Filz

Gloriette Guesthouse: Ein Hotel auf Zeitreise Das Gloriette Guesthouse knüpft an die Tradition der vornehmen Sommerfrische am Ritten an Nach dem Komplettabbruch des ehemaligen kleinen Hotelbetriebs Bergfink sollte ein neues Schmuckstück an dieser Stelle entstehen. Wie der Name „Gloriette“ bereits verrät, handelt es sich um einen Solitär in der Landschaft, der vom Jugendstil inspiriert ist und damit von einer Epoche, in der man die Architektur der Stadt auf den Ritten transponierte. Wichtig war es noa* (network of architecture) lokale Formelemente einfließen zu lassen, so etwa Bögen in der Fassade oder aber das Walmdach, das in Oberbozen Tradition hat. Auch die Raute sollte ihren fixen Platz bekommen, ein dekoratives Element, das an den vielen Bahnwärterhäuschen entlang der Rittner Bahn zu finden ist. Die Gliederung des Hotels passt sich den topografischen Gegebenheiten raffiniert an. Auf der Garage, über der das Gebäude mit insgesamt 25 Zimmern thront, erstreckt sich eine Parkanlage, von der die Gäste der sieben Gartensuiten jeweils genussvoll profitieren können. Darüber befindet sich der öffentliche Bereich mit Rezeption, Lobby und Restaurant mit vorgelagerter Terrasse, charakteristisch gestaltet mit großen Schwüngen. Grundriss und Hülle sind hier in engem Dialog: Was sich hinter der Fassade verbirgt, wird bereits außen ablesbar, ohne jedoch zu viel preiszugeben. In den drei darüber liegenden Geschossen befinden sich die Gästezimmer und an den jeweiligen Enden die Suiten, klar erkennbar an den Erkern, die selbstbewusste architektonische

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Akzente an der Gebäudehülle setzen. Was in der öffentlichen Zone als flacher Doppelbogen an der Fassade beginnt, entwickelt sich mit einem einschneidenden Maßstabssprung zu einer prägnanten einachsigen Bogenfassade. 25


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Zahlen – Daten – Fakten Hotel Gloriette, Abbruch und Neubau, Oberbozen/Ritten Bauherr: Familie Alber Architektur: noa* (network of architecture) Baubeginn: Januar 2018 Bauende: Juli 2018

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An die Zeitlosigkeit aller prägenden Jugendstil-Bauten am Ritten sollte im Interieur in einer abstrahierten Weise angespielt werden. Auch das Thema des Bogens findet im Interieur seine Fortsetzung, so zum Beispiel in den Zimmern als abgerundeter Spiegel, als Kamin in der Lounge, in dem der Bogen einmal um die eigene Achse extrudiert wurde, oder als Rückenlehne der Liegen auf der Spa-Terrasse. Die Möblierung ist weitgehend von den Wänden abgesetzt und, locker positioniert, in den Raum orientiert. Dazwischen werden immer wieder ausgesuchte Fundstücke vom Flohmarkt oder aus dem alten Hotel platziert. Da und dort hängen goldene Leuchten als Skulpturen von den Decken herab. Im öffentlichen Bereich wurde ein fugenloser Harzboden gewählt, um den Raum durchgängig fließen zu lassen. „Inseln“ mit Holzbelag definieren die unterschiedlichen Bereiche der Lounge und des Restaurants. Ein besonderes Augenmerk gilt den Erkern der Suiten, die mit Kamin, freistehender Badewanne oder Sofalandschaften aufwarten. Die Räume werden durch Raum-in-Raum-Schalen zoniert, wobei Wand, Boden und Decke mit dem gleichen Material ausgestattet sind. Das sicherlich größte Highlight – schon von weithin sichtbar – ist der Wellnessbereich mit dem extravaganten auskragenden Outdoor-Pool, gestaltet in der Form eines Zylinders, der sich an der Südseite durch das Walmdach bohrt. Deutlich erkennbar ist, dass dieser die Bögen der Fassade aufnimmt. Die Schale, in die der Pool eingebettet ist, wurde mit demselben bronzefarbenen 26

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Aluminiumpaneelen verkleidet wie die Außenseite der Erker. Sie stellt eine Zäsur zum dunkelbraunen Walmdach dar und lässt ein faszinierendes Spiel von Reflexionen zu. Von innen gelangt man über ein paar Treppen in das Zentrum des Zylinders. Eine Schiebetür öffnet sich, man steigt hinab in die Wasserfläche und wird von der Rundung Richtung Horizont begleitet – dank des Infinity Edges.


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Projekt-Partner Alpewa GmbH, Bozen DOORMATIC tecnologia in movimento per porte automatiche, Merano ■ duka AG, Brixen ■ Fischnaller B. & Partner GmbH, Brixen ■ hydraulik.com Arthur Baumgartner & Co., Oberbozen/Ritten ■ led-tec d. M & A OHG, Girlan ■ Lobis Böden GmbH, Bozen ■ Mair KG des Mair Gert & Co, Niederdorf (BZ) ■ Maler Messner d. Messner Hansjörg, Villnöss/Funes ■ Metall Ritten G.m.b.H., Klobenstein ■ plan4D. GmbH Beratende Ingenieure, AUT-Oberperfuss ■ pöhl - Ästhetische Wärme d. Andreas Pöhl & Co. KG, Klobenstein (BZ) ■ RAMOSER GmbH, Ritten (BZ) ■ Rollo Solar MELICHAR GmbH, DEU-Bad Tölz ■ Rubner Türen AG, Kiens (BZ) ■ Simonazzi GmbH, Völs am Schlern ■ STARPOOL S.r.l., Ziano di Fiemme ■ Tischlerei Prast OHG, Unterinn/Ritten ■ Tischlerei Rier Josef GmbH/Srl, Seis am Schlern ■ VONLUTZ electrical and lighting projects, Klausen ■ Wolf Fenster AG/Spa, Natz-Schabs ■ ■

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Knapp sechs Meter tief, schaffen die Rundung, die Transparenz und die zarte Spiegelung eine Art Skulptur, die bis in den Innenraum hineinreicht. Beim Einstieg im hinteren Teil ist der Pool mit einer bronzefarbenen Schale überdacht. Diese löst sich nach aussen hin immer mehr in eine abgerundete Netzstruktur aus Stahlstangen auf, bis man schließlich unter freiem Himmel schwimmt. Ein Wechselspiel von Metall und Wasser mit

dem Übergang in den grenzenlosen Freiraum. Wie ein sanftes „Fading out“ wird die zylindrische Hülle immer transparenter und verleiht dem Schwimmer mit Blick in die Weite ein Gefühl des Schwebens. (Autor: Barbara Jahn-Rösel)

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Zahlen – Daten – Fakten Hotel Silena, Um- und Zubau, Vals/Mühlbach Bauherr: Familie Mair Architektur: noa* (network of architecture) Baubeginn: September 2017 Bauende: Dezember 2017

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Hotel Silena: Magie im Moor „Oh schaurig ist’s übers Moor zu gehen…“ (Anette von Droste-Hülshoff) Zu allen Zeiten waren Moore magische Orte. Voller Geheimnisse und wabernder Stimmungen. Die spezifische Eigenschaft eines solchen genius loci machte noa* zur zentralen Entwurfsidee des Projektes der Umgestaltung und Erweiterung des am Ende des Valser Tales – umgeben von Moor – rund 1.300 m hoch gelegenen früheren Hotels „Moarhof“. Resultat dieser mystischen Transformation ist das 4-SterneS Hotel „Silena“, das sumpfartig getönt, organisch gestaffelt und voll in die Landschaft integriert aus dem unsteten Boden wächst – als ein bis ins Detail gestalteter Ort der Ruhe.

Der älteste Teil des ursprünglichen Hotels nahm vor dem Eingriff von noa* den südwestlichen Bereich des großzügig geschnittenen Hotelareals ein. Er wurde im Zuge der Neugestaltung 2017 bis auf die tragenden Strukturen und Zwischendecken zurückgebaut und sodann nach einem naturalistisch-asiatischen Konzept neu gestaltet. Der 2011 angebaute Südostflügel blieb in seiner Struktur erhalten. Für den optischen Zusammenschluss beider Bauteile sorgt eine Alu-Paneel-Fassade mit – analog zum Moorgelände – erdfarbiger Tönung.

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Im neuen Baukörper entwickelt sich auf der Untergeschossebene das mit der Landschaft verbundene, nach außen hin organischgekrümmt in Erscheinung tretende Wellness-Geschoss, auf dem der bereits vorhandene Innenpool, die neue Sauna- und Beautywelt sowie zwei Ruheräume angeordnet sind. Unter freiem Himmel vorgelagert zeigen sich im Süden ein Indoor-Outdoor-Pool sowie eine Lounge. Das darüber liegenden Erdgeschoss nimmt ebenso das erweiterte und neu konzipierte Hotel-Restaurant auf wie die Küche und die geschwungene Außenterrasse. Ferner entstand im Südosttrakt eine neue TeeBibliothek. Das renovierte 1. und 2. Obergeschoss beherbergen neu designte und vergrößerte Gästezimmer mit Balkonen, deren Grundfläche jeweils mehr als 30 m² beträgt. Das dritte Obergeschoss – mit weiteren Zimmern sowie einer Suite samt eigener Sauna und Wellness-Oase – wurde komplett neu errichtet. 82

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Darüber entstand eine zusätzlich aufgestockte Etage in leichtem Holzbau, die mit ihrer schwungvollen Erscheinung jener des Untergeschosses entspricht und so den Baukörper sandwichartig unten und oben fasst. Dort fanden eine Dachterrasse mit PanoramaSauna und Ruheraum Platz, weiters ein Dachgarten, der – reich mit Moosen und Gräsern begrünt – eine übergangslose Verbindung zur umgebenden Gebirgs- und Moorlandschaft herstellt.


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Naturhafte Sinnlichkeit bestimmt das Ambiente der Sauna- und Wellness-Welten im Untergeschoss und Dachgeschoss. Durch einen direkten Aufzug miteinander verbunden, zeigen die Wandund Deckenelemente Landschaftsimpressionen aus dem Moor sowie verfremdete Farndarstellungen. In der Bibliothek besetzen asiatische Motive die Stimmung. Hier geben sich die Besucher – im Schneidersitz auf Tatami-Matten – ungeteilt dem Lesevergnügen hin. Fließend geht dieser meditative Bereich in Lobby und Lounge – unweit von Bar und Empfang – über. Auch hier sind die hohen Sitzmöbel in programmatischem Blau gehalten. Mit dem gewählten Interior Design-Konzept setzt noa* konsequent die Charakteristik der Hotel-Außengestaltung im Inneren fort. Dabei dominieren Moor- und Naturmotive sowie

Bild- und Formenelemente aus dem südostasiatischen Raum. Im Gesamtausdruck ähnlich, verleihen Tapeten – mit einem überlagernden Hauch von Traumblau – den Gästezimmern ein weiches, schwereloses Ambiente. Himmelbetten mit weißen Bettbezügen und grün-blauen Überwürfen unterstreichen die romantische Note. Duschen und Badewannen – offen im Zimmer platziert – signalisieren intime Vertrautheit. Zugleich nehmen die Fräsungen in den Holzverkleidungen der Duschen Tapetenmotive – wie etwa Moor- oder Lebensblumen – auf und binden die Raumwelt zu einem stimmigen Gesamtkunstwerk zusammen. Blaue Vorhänge und Stuhlbezüge zitieren das Wohlgefühl der blauen Stunde. Es entsteht eine Atmosphäre zwischen Tag und Traum. (Autor: Dr. Ulrich Fohrmann) 83


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Projekt-Partner ■ ■

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Aster GmbH, Jenesien (BZ) Baustoff + Metall Italia GmbH, Bruneck devine wellness & spa international, AUT-Radfeld duka AG, Brixen Finstral AG, Unterinn/Ritten (BZ) Frena GmbH, St. Lorenzen Geom. Harald Duml MSc, Brixen HAITEC GmbH Metallbau, Franzenfeste Hofer Fliesen & Böden GmbH, Barbian (BZ) Hotex Hotel & Home Hotel Textil GmbH/srl, St. Lorenzen Ingenieurbüro Oberlechner, Rasen/Antholz Malermeister Andreas Kofler, Mühlbach Sto Italia Srl, Empoli Tip Top Fenster, Meransen / Mühlbach (BZ) Tischlerei Malfertheiner OHG des Malfertheiner Roland & Co., Völs am Schlern Tischlerei Rier Josef GmbH/Srl, Seis am Schlern Unthal Service des Unterweger Dieter, Algund Winkler Christian GmbH Schwimmbad- & Wellnesstechnik, Lana (BZ) Foto © AlexFilz

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