Zallinger @ ahgz 19/10/2019

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DIANA NÄGLER, NÄGLER’S FINE LOUNGE HOTEL

„Gastgeberin und Feuerwehr“ Seite 2

Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung 19. Oktober 2019 Nr. 42 www.ahgz.de Ein Titel aus dem dfv Matthaes Verlag

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MEHRWERTSTEUER

EDITORIAL

Überraschender Abschwung

Porzellan statt Plastik

Bei der Dehoga-Petition zur Mehrwertsteuersenkung bekommt ein Argument immer mehr Gewicht. ➜ Seite 3

Rolf Westermann Chefredakteur ahgz Bei den vielen Rekordmeldungen in der Hotellerie lässt der Abschwung im dritten Quartal aufhorchen. Denn das erste Halbjahr verlief stark, nach wie vor gibt es immer mehr Neueröffnungen und die Zahl der Übernachtungen steigt. Schwankungen sind normal, doch das Minus fiel heftiger aus als vermutet. Der RevPar-Rückgang von 4,2 Prozent im dritten Quartal zeigt, dass es kein Abo auf einen Dauerboom gibt. Die nächsten Monate werden zeigen, wie die Zahlen einzuordnen sind.

Fotos: Colourbox.de/shutertstock/Montage ahgz

➜ r.westermann@ahgz.de

ARCHITEKTUR

ZITAT DER WOCHE

„Wir stellen immer wieder fest, dass der Gast für Umweltschutz und nachhaltiges Handeln im Hotel sehr stark sensibilisiert ist.“ Daniel Rosenow, Direktor Dorint Hotel Düren, Seite 19

UNTEN LINKS

Ohne Brühwürfel Wein wird mit der Zeit immer besser, wenn er rot und gut ist jedenfalls. Aber Suppenbrühe? Für die japanische Odenbrühe scheint Reife wichtig zu sein. Im Restaurant Otafuku in Tokio ist die älteste Version der Spezialität im Einsatz. 1945 angesetzt, wird sie bis heute immer wieder zum Kochen verwendet. Wohl bekomm’s! eck

Abbildung: Colourbox.de

Hoteliers bauen Geschichten Geballtes Hoteldesign in dieser Ausgabe: Bauherrn und Architekten zeigen, was alles möglich ist.

RUST. Es geht beim Hotelbau um Storytelling, um Lokalkolorit, um Authentizität und Nachhaltigkeit. Darüber herrschte Konsens bei den Referenten des hotel design & technik kongresses vergangenen Monat im Hotel Krønasår im Europa-Park in Rust. Lukas Rungger, Gründer des Architekturbüros noa, fasste die Philosophie hinter seinen Projekten entsprechend zusammen: „Wir entwerfen keine Häuser, sondern bauen Geschichten.“ So greift der Südtiroler bei seinem Projekt der Zallinger Hütte auf der Seiser Alm die traditionellen Formen und die Blockbau-Fassaden der Almen auf. Und Josef Schwaiger aus Maria Alm hat mit seinem Hotel Sepp gar eine „Persönlichkeit mit Charakter, Werten, Ecken und Kanten“ geschaffen. Mit dem Haus im Stil alpiner Boutique-Hotels und einem AircraftWohnwagen auf dem Dach erweitert

der Hotelchef die Markenfamilie der Eder Collection um ein Adult-onlyKonzept. Von Süditrol ins Badische: Für Daniel Ferch, Green City Hotel Vauban, und Stephan Bode, Schwarzwald Panorama Hotel, gehört Umweltschutz untrennbar zu einem erfolgreichen Hotel dazu: „In einem Gebäude, das

Frische Inspirationen und erfolgreiche Hotelkonzepte sind auch Thema in der neuen Ausgabe von ahgz hoteldesign, das der Zeitung exklusiv für Abonnenten beiligt. Das Magazin geht unter anderem der Frage nach, woran es liegt, dass die Hotelarchitektur in Südtirol so einzigartig ist. Architekten wie Peter Pichler aus Mailand (er hat Anzeige

nachhaltig gebaut ist, fühlt sich der Gast viel wohler“, ist Ferch überzeugt. Bei der Architektur setzt er auf eine grüne Bauweise inklusive Verschattung, Passivhaus-Eigenschaften und Begrünung.

unter anderem das Schgaguler Hotel, die Hotelimmobilie des Jahres 2019, gebaut) oder junge Hoteliers wie Josef Schwaiger oder die drei Schwestern vom Hotel Muchele in Lana prägen mit neuen Ideen das Bild und tragen

ihren Teil dazu bei, dass der Tourismus in Südtirol boomt. Die „Jungen“ einfach mal machen lassen: Das Glück hatte auch Hotelier Steffen Schillinger, der den Betrieb seiner Eltern im Schwarzwald neu positioniert hat. Das Fritz Lauterbad versteht sich als Smart-Luxury-Hotel und setzt auf einen spannenden Mix aus Design und Tradition. Schillinger ist überzeugt: Gäste müssen sich frei machen von dem, was früher war. Aus dem ehemaligen Hochzeitshotel der Region sei eben ein Designhotel geworden. Sein Erfolgsrezept: „Ich verstand, dass ich nicht auf Trendsuche gehen darf, sondern meinen eigenen Stil finden muss – der zeitlos bleibt, der zum Fritz Lauterbad passt und einmalig ist.“ Das ist ihm definitiv gelungen. Weitere Themen der Ausgabe sind ästhetische Akustiklösungen für Hotels, Brandschutz, ein Porträt der Inneneinrichterin Conni Kotte, das Mama Shelter in Lille sowie der Umbau des Quellenhofs in Bad Ragaz. ko/nz ➜ Seiten 6, 7, Beilage hoteldesign

DIGITAL

HOTELKONZEPTE

HOTELMARKT

GASTROKONZEPTE

DEUTSCHLANDREISE

Ein Tool misst die OnlinePerformance von Hotels

Frech: Box Hotels bieten Mini-Zimmer ohne Aussicht

Tauziehen um geplantes Arborea im Montafon

Im VfB-Restaurant ist ein echter Profi am Ball

Empire-Riverside-Direktor im ahgz-Interview

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Seite 9

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Seite 22

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kongress: hotel design & technik

119. Jahrgang 19. Oktober 2019 Nr. 42 www.ahgz.de

KONZEPTE

Quo vadis, Hoteldesign? S

torytelling, Authentizität, Lokalkolorit und Nachhaltigkeit: Die vier Trends des Hoteldesigns zusammengefasst in einem Kongress. Die zweitägige Veranstaltung von ahgz, hoteldesign und dfv conference group im Europa-Park in Rust stand ganz im Zeichen von Architektur, Design und Technik. Es ging um Vorzeigeprojekte, wie sie die Architekten Norman Räffle, Peter Pichler, Lukas Rungger sowie Hotelier Josef Schwaiger verwirklicht haben (Seite 6). Bei dem Event wurde diskutiert, Kontakte geknüpft und Ideen ausgetauscht. Inspiration gab es für die Teilnehmer zuhauf. Für den passenden Rahmen der Veranstaltung sorgte die Location, das Themenhotel Krønasår im Europa-Park im Stil eines skandinavischen Naturkundemuseums. „Wir denken in Generationen, nicht in Quartalsberichten“, fasste Gastgeber Thomas Mack die Philosophie des Unternehmens zusammen. Mack führt das Familienunternehmen bereits in achter Generation. Im Europa-Park

liegt Deutschlands größte zusammenhängende Hotellandschaft mit insgesamt 5800 Betten. Die besondere Leistung: Das Hotel-Resort ist seit Jahren durchschnittlich zu mehr als 90 Prozent ausgelastet. In den Wasserpark Rulantica, der am 28. November öffnet, hat die Familie rund 200 Mio. Euro investiert. Anderer Ansatz, unterschiedliches Konzept: Monika Losos, Geschäftsführerin studio aisslinger, hat mit ihrem Team bereits einige 25hours-Häuser wie das Bikini Berlin, das Langstraße in Zürich oder das Circle in Köln umgesetzt. „Jeder Ort hat das Potenzial, eine Geschichte zu erzählen. Man sollte sich die Mühe machen, diese zu finden“, ist sich die Designerin sicher. Auch sie legt bei ihren Projekten Wert darauf, dass das Design authentisch wirkt. Im 25hours Bikini steht Berlin und der nahe Zoo im Fokus. Das Team hat sich etwa entschieden, den Counter des Hotels aus echten Berliner U-BahnFliesen zu gestalten. „Der Gast kommt in dieses Haus und hat sofort das Berlin-Gefühl. Dies ist jedoch sehr subtil.“

Foto: kplus konzept

Im Hotel Krønasår im Europa-Park in Rust ging die zweite Auflage des hotel design & technik kongresses über die Bühne. Auf dem Programm standen zukunftsweisende Projekte der Themenhotellerie und individuelle Designkonzepte. Die Häuser eint eine ausgetüftelte und spannende Architektur.

Auch Peter Joehnk von Joi-Design ist überzeugt, dass es bei der Hotelentwicklung eine Geschichte braucht. Bei einer Paneldiskussion unter anderem mit der Designerin Conni Kotte stellt er dennoch klar: „Ein Hotelzimmer ist ein Hotelzimmer geblieben. Da will der Gast vor allen Dingen schlafen.“ In Sachen Trends schaut Joehnk in Richtung Individualhotellerie, aber auch die Budgethotellerie habe sich stark gewandelt. Vor allem Motel One greift er als ein leuchtendes Beispiel hervor: „Bei Motel One sind die Zimmer standardisiert, aber die öffentlichen Bereiche gleichen denen der Luxushotellerie.“ Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit sind das Schwarzwald Panorama Hotel in Bad Herrenalb mit Geschäftsführer Stephan Bode und das Green City Hotel Vauban in Freiburg von Geschäftsführer Daniel Ferch. Für Ferch setzt sich Nachhaltigkeit aus vier Säulen zusammen. Als soziales Konzept, bei dem er zu 50 Prozent behinderte Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Architektur sind ihm eine grüne Bauweise wichtig inklusive Verschattung, Passivhaus und Begrünung. Kombiniert mit Lieferanten aus der Region und einer Kooperation mit dem Nahverkehr ergibt sich für ihn ein ganzheitlicher Ansatz. Christian Mittermeier geht in seinem Hotel Mittermeiers Alter Ego in Rothenburg einen eigenen Weg: „Alles, was in der Branche erzählt wird, haben wir beim Umbau weggewischt. Wir haben nur danach entschieden, was wir cool finden“, sagt er. Der Beifall des Publikums war ihm sicher. Moderiert haben den Kongress ahgzChefredakteur Rolf Westermann und hoteldesign-Redakteurin Natascha Ziltz.

Redakteurin Katharina Ott Schwerpunkte Deutschlandreise und Online E-Mail: k.ott@ahgz.de

Die kleinen Dinge begeistern

Wir brauchen Patchwork

Kämpfen für das Handwerk

Anregung zur Nachhaltigkeit

Sinnvolle Lebenswelten schaffen

„Es muss nicht immer die größte Achterbahn sein. Es geht uns im Europa-Park vielmehr um Geschichten und Design. Die Wälder rund um Rust sind voller Mythen, die wir zum Beispiel in unserem Museumshotel Krønasår erzählen. Es sind schließlich oft die kleinen Dinge, die Gäste begeistern.“

„Monochrome Design-Welten entsprechen nicht unserem Zeitalter. Wir brauchen Patchwork, eine bunte Welt: Vintage-Objekte, Omas Möbel, Flohmarktstücke werden ergänzt um Klassiker. Auch wenn ein solches Design mal nicht funktioniert, ist es Anhaltspunkt, um die Welt schöner und freier zu machen.“

„Bei Materialien und Oberflächen geht es mir um Wahrhaftigkeit. Wir müssen für das Handwerk kämpfen. Kulissen sind physisch schwer auszuhalten. Dem Betreiber muss ich dann eben erklären, warum ich mich bei einem Tisch für genau dieses Holz entscheide – auch wenn ein Glas später einen Abdruck hinterlässt.“

„Wir versuchen, unsere Gäste zur Nachhaltigkeit anzuregen. Erfreulicherweise erleben wir hier einen Boost. Umweltbewusstes Leben ist teurer und der Gast muss bereit sein, dafür den höheren Preis zu zahlen. Schlussendlich fühlt man sich aber in einem Gebäude, das nachhaltig gebaut ist, viel wohler.“

„Wir wollen wirtschaftlich, sozial und ökologisch erfolgreich sein. Nur wenn alle drei Bereiche stimmen, macht es Spaß. Unser Anspruch ist es, sinnvolle Arbeits- und Lebenswelten zu schaffen. Dabei spielen wir Umweltschutz in unserem Hotel intensiv und aus Überzeugung. Beim Gast kommt‘s an.“

THOMAS MACK,

MONIKA LOSOS,

CONNI KOTTE,

DANIEL FERCH,

STEPHAN BODE,

EUROPA-PARK

STUDIO AISSLINGER

CONNI KOTTE INTERIOR

GREEN CITY HOTEL VAUBAN

SCHWARZWALD PANORAMA HOTEL


kongress hotel design & technik

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2 Foto: Eder Collection

Foto: Aqua Turm/Wini Sulzbach

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Foto: Oskar DaRiz

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Orte, die verbinden

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Der Aqua Turm ist ein ehemaliger Wasserturm in Radolfzell aus den 1950er-Jahren, der von der Familie Räffle in Eigenleistung zu einem Designhotel umgebaut wurde. Es ist das weltweit erste Nullenergiehochhaus, das sich selbst mithilfe von Solar, Geothermie und Windkraft zu 100 Prozent aus regenerativen Energien versorgt. Die Idee zum Umbau des Aqua Turm reicht bis ins Jahr 1997 zurück. Das Konzept veränderte sich anschließend über mehrere Jahre vom reinen Aussichtscafé über ein Restaurant, Bar & Clubbetrieb sowie einem Büro- und Wohngebäude bis hin zum heutigen Konzept eines Designhotels. Nach achtjähriger Bauzeit wurde das Haus im Jahr 2017 fertiggestellt. Unzählige Speziallösungen und Produktentwicklungen mussten für den komplexen, achteckigen Baukörper gefunden werden. Die Höhe des 14-stöckigen Gebäudes beträgt 50,50 Meter und der Turm wiegt 25.000 Tonnen. In dem Hotel stehen 20 Zimmer mit 36 Betten zur Verfügung. Jedes Zimmer ist individuell gestaltet.

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Eine Persönlichkeit mit Charakter, Werten, Ecken und Kanten hat Josef „Sepp“ Schwaiger mit seinem Hotel Sepp in Maria Alm entworfen: Auf dem Rooftop prangt ein historischer AirstreamWohnwagen, der zur Sauna umgebaut ist. Der Ausblick aus den Saunafenstern ist direkt auf das Bergpanorama des Steinernen Meers gerichtet. Der Infinity-Pool ist mit Thermal-Wasser gefüllt und von Sonnenplätzen auf der Dachterrasse gesäumt. Mit dem alpinen Boutique-Hotel erweitert der Hotelinhaber die Markenfamilie zur Eder Collection: Neben dem Hotel Eder am Dorfplatz und der Almhütte tom empfängt das Sepp seit September 2018 Erwachsene ab 21 Jahren. Schwaiger verbindet in dem Haus Altes mit Neuem, Tradition mit Zeitgeist. Das Holzhaus ist mit Altholz verkleidet, während das Glashaus mit modernem Look beeindruckt. Verbunden sind die beiden Hausteile durch das Atrium, aus dem ein 100-jähriger Baum ragt.

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In den Ferienhäusern Mirror Houses bei Bozen, die Architekt Peter Pichler auf eine Obstwiese gesetzt hat, spiegelt sich die umgebende Berglandschaft. Die Einheiten verschwinden dabei nahezu in der Natur. Aus gewissen Blickwinkeln spiegelt sich auch das alte Bauernhaus in der Fassade wider. Auf diese Weise soll eine Verbindung zu dem ursprünglichen Gebäude hergestellt werden, anstatt damit zu konkurrieren. „Unsere erste Frage, wenn wir an einen Ort kommen, ist immer, was ist die Tradition? Wie wird hier gebaut?“, fasst Peter Pichler zusammen. Die Mirror Houses bestehen aus zwei Wohneinheiten für je zwei bis vier Gäste. Die Häuser sind Richtung Osten ausgerichtet, mit eigenem Garten und Zugang. Jede Einheit enthält eine Wohnküche sowie ein Schlafzimmer mit separatem Zugang. Übrigens: Das Boutique-Hotel Schgaguler in Kastelruth, für dessen Architektur Peter Pichler verantwortlich zeichnet, ist als Hotelimmobilie des Jahres 2019 ausgezeichnet (ahgz berichtete).

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Mit der Erweiterung der Zallinger Hütte auf der Seiser Alm in den Dolomiten hat es sich das Architekturbüro noa zum Ziel gesetzt, ein neues Modell der Gastwirtschaft im Rahmen des nachhaltigen Tourismus zu schaffen. „Das Hotel muss Teil der Umgebung sein, keine Enklave für sich“, so noa-Gründer Lukas Rungger. Der Eingriff von noa umfasst den historischen und landwirtschaftlichen Rückbau im alpinen Gelände. Die verstreuten Scheunen aus dem 19. Jahrhundert sind als Chalets wiedergeboren worden und lassen den Charme eines Alpendorfs aufleben. Bei der Gestaltung hat noa die tradionellen Formen und die Blockbau-Fassade der Südtiroler Almen aufgenommen. So soll eine Verbindung zwischen Tradition, Komfort, Design und Nachhaltigkeit entstehen. Die Zertifizierung zum Klima-Hotel und ein Mobiltätsplan sollen maximalen Umweltschutz garantieren. Die Chalets sind in Zweiergruppen angeordnet und jedes Chalet beherbergt vier Zimmer.

Foto: Alex Filz/noa* network of architecture

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