Verbleibende Spielräume
Wasser) verantwortlich zeichnen. Vielfach werden mediterrane Bauformen auch nach Südtirol importiert, besonders wohl fühlen sie sich im Meraner Land, wie etwa die Villa Camilla (plan team) zeigt. Eine interessante Form von spartanischem Luxus kreierte Stefan Hitthaler in Bad Ramwald über St. Lorenzen mit seinem Chalet-Weiler.
Laut dem jüngst publizierten Jahresbericht des Südtiroler Landesinstituts für Statistik ging im Gesamtjahr 2022 die Bautätigkeit stark zurück. Die 2022 von den Gemeinden ausgestellten Baugenehmigungen verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 32,6 Prozent, die Bauabschlüsse um 14 Prozent. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Inflation in Kombination mit der Zinswende) war auch nichts anderes zu erwarten. Die Auswirkungen der abrupt steigenden Zinsen auf den Immobilienmarkt sind wahrscheinlich noch gar nicht voll spürbar und werden sich im Lauf des Jahres 2023 eher noch verstärken.
Die Härte der Zeiten ist je nach sozialer Schicht unterschiedlich stark spürbar. Wenn man bedenkt, dass Einfamilienhausbau schon seit längerem eher ein luxuriöses Unterfangen ist, verwundert es nicht, dass wir auch in einem eher schwierigen Jahr wieder über die Errichtung von eleganten Domizilen berichten dürfen. So bauten Asaggio in Feldthurns mit CR-2 ein thematisch konzipiertes Doppelhaus, Kostner Architektur baute in Wengen im Gadertal die anschmiegsame Villa Ciamplò, Pedevilla Architects erweckten die mittelalterliche Form des Wohnturmes zu neuem – und dank Dämmbeton nachhaltigem –Leben („Steinernes Mandl” in Gossensaß).
Eine auch weiterhin starke Domäne der Südtiroler Architektur bleibt die – in der Nachbarprovinz errichtete – mediterrane Villa am Gardasee: Architekturplus steuerte die Villa Schwarz in Cisano bei, Castlunger Homes die Villa Pietra in Torri del Benaco, während G22 projects für den Umbau der Villa E (undisclosed location, aber ebenfalls am
Was heuer recht stark vertreten ist und was angesichts des vom Land verfügten Bettenstops bestimmt zunehmen wird, sind Bauvorhaben im gastronomischen Bereich, welche die Rahmenbedingungen des Tourismus verbessern, ohne die Bettenzahl zu erhöhen. Einige Beispiele: die schöne Radbar Zeress von Werner Pircher, die Keila Bar von hoi°architektur, die Pizzeria Samyr von David Preindl oder das Restaurant Carma von Stefano Peluso in Brixen. A pro pos Brixen: hier sind bemerkenswerte öffentliche Bauten zu vermelden: die neue Stadtbibliothek und die Musikschule (jeweils von Carlana Mezzalira Pentimalli aus Treviso), die schön gesetzte Unterdrittelbrücke (von 3M Engineering) und die Erweiterung der Kletterhalle von Wolfgang Meraner.
Auch Hotelbauprojekte gibt es heuer: das Manna Resort (Pichler Architects), die Erweiterung vom Weißen Kreuz (Marx Ladurner), das Hotel Santre (Comfort_Architecten), der Arieshof (bergundtal), den Schopfenhof (Piller Scartezzini), Kessler‘s Mountain Lodge (von Stefan Gamper) oder die schwebende Erweiterung des Hotels Hubertus von noa*. Einfallsreich und sicher von zunehmender Bedeutung die Arbeiten im Bestand: die zwei Aufstockungen von Wolfgang Meraner, die von Valtingojer Architekten geplante Erweiterung eines Hauses in Obermais, der Umbau einer Wohnung am Ritten von Messner Architects oder die formale Neuausrichtung eines Wohnhauses in Säben durch Robert Dalsass. Eine bemerkenswerte Aufrüstung bäuerlicher Infrastruktur stellt last but not least die „landwirtschaftliche Abstelle” in Göflan von Walter Karl Dietl dar.
Zahlen – Daten – Fakten
Erweiterung Hotel Hubertus, Olang
Bauherr: Familie Gasser
Architektur:
noa* network of architecture
Interior Design: noa* network of architecture
Baubeginn: März 2022
Fertigstellung: Juni 2022
Fantasie mit Hand und Fuß
Zwei Projekte von noa* network of architecture
Ob in der Landschaft kopfstehende Häuser oder ein hängender Garten aus Trockenblumen, der ein altes Gewölbe gastfreundlich transformiert – die Ideen von noa* sind nicht einfach aus der Luft gegriffen, sondern verbinden sich fantasievoll mit der Funktionalität von Räumen und Einrichtungen.
Neuartige Wellness im Hotel Hubertus
2016 entwarf noa* den auskragenden Pool für das Hotel Hubertus in Olang, der einem Findling zwischen Erde und Himmel glich und viele ähnliche Lösungen inspirierte. Im Jahr 2019 erhielt das Studio den Auftrag, einen Erweiterungsbau mit Wellness-Einrichtungen zu planen. Aus der Beobachtung der umgebenden Landschaft, die sich im Wasser des Pools reflektiert, ergab sich die Grundidee für den Entwurf: das zu materialisieren, was man auf der Wasseroberfläche gespiegelt sieht. Entwickelt wurde ein Konzept, das mit der Horizontlinie, mit dem Gedanken des Upside-Down und mit Blickwinkeln spielt.
Wie das Schwimmbad ist auch der neue Baukörper vom Hauptteil des Hauses abgekoppelt: er wurde um eine freistehende Plattform herum er-
richtet, die als Stahlträger-Konstruktion 15 Meter über dem Boden schwebt, wobei die beiden Säulen mit Lärchenholz verkleidet sind. Der Besucher erreicht den Neubau über einen schwebenden Steg, in den der Ruhebereich integriert ist. Die Plattform beherbergt einzelne kleine Häuser mit Satteldächern, die das Funktionsprogramm auf zwei Ebenen umsetzen. Verkleidet wurden die Kabinen mit Aluminium-Paneelen in natürlichen Brauntönen, in Anpassung an die dahinter liegende Hotel-Fassade. Überraschendes Element und Alleinstellungsmerkmal ist die untere Ebene, wo die Häuser Kopf stehen.
Das Kopfstehen, das Abtauchen in eine andere Betrachtungsweise hat durchaus etwas mit dem Wellnessen – wenn man es nicht sportlich, son -
dern philosophisch versteht – zu tun, weil es ja den Kopf neu aufsetzen und neue Perspektiven auf die Wirklichkeit eröffnen soll. Die beiden Ebenen des Neubaus zeichnen sich durch unterschiedliche Sphären aus, wobei die Räume oben eher offen und die unteren geschützt sind. Im Obergeschoss befinden sich zwei Whirlpools, zwei Panoramaduschen und ein Umkleideraum. Das untere Stockwerk ist ein textilfreier Bereich, er bietet Softsauna, finnische Sauna, Kaltnebeldusche und außerdem einen dritten Außenpool.
Die Entscheidung, mit umgekehrten Dächern zu arbeiten, hatte aber nicht nur spielerische und formale Gründe, sondern erwies sich auch in funktionaler Hinsicht als sinnvoll: Denn es ergab sich die Gelegenheit, die Wasseraufbereitungsanlage des Schwimmbads und die Sitzreihen der Saunas in den umgekehrten Dächern gut unterzubringen. Außerdem ermöglichte die versetzte Anordnung der Hütten und die wechselnde Ausrichtung der Firste einen 360°-Blick auf die Landschaft, dem eigentlichen Protagonisten des Projekts.
Projekt-Partner
Bauplus GmbH, Bruneck
Burger GmbH, Welsberg
E. Innerhofer AG, St. Lorenzen
Elpo GmbH, Bruneck
HEROKAL Ges.m.b.H., Bozen
Kronlift GmbH GP. Businesspark
Zukunft, Bruneck (BZ)
Manuel Kottersteger
Photo & Video, Rasen-Antholz
Niederbacher GmbH, Kaltern (BZ)
Planit GmbH, Auer (BZ)
Prennwerk GmbH, Mühlwald
Tip Top Fenster, Meransen/Mühlbach (BZ)
Hängender Garten im Bistro „Bogen” in Bozen
In der Dr-Josef-Streiter-Gasse, die in Bozen entlang des ehemaligen nördlichen Stadtgrabens verläuft, steht ein Haus, das kaum zu übersehen ist: mit nur zwei Stockwerken ist es eines der niedrigsten der Straße. Eine Außentreppe mit offenem Gang sowie Rundbogenportale erschließen das Gebäude ostseitig und brechen die geschlossene Straßenfront. Im Erdgeschoss, in dem im 19. Jahrhundert Schuhmacher, Tischler, Fuhrleute, Holz- und Obsthändler arbeiteten und in dem sich später das erste Restaurant der Straße befand, nistete sich nunmehr, nach den Plänen von noa*, das Bistro „Bogen” ein.
Der starke Bezug zur Geschichte war bei der Ausarbeitung des Projekts entscheidend: zum einen, weil das Haus unter Denkmalschutz steht, zum anderen, weil das Designteam die ursprüngliche Architektur der Bögen bestmöglich hervorheben wollte. An der Außenfassade wurde das Gebäude sorgfältig in Aschweiß neu verputzt und der Eingangsbogen vergrößert. Hier wurde ein dreiteiliger schwarzer Metallfensterrahmen mit einem essentiellen und eleganten Charakter eingebaut, der dem abgesenkten Bogen folgt und eine gute natürliche Belichtung ermöglicht.
Für den Innenraum bestand die Grundidee darin, die vier Bögen zu betonen, die auf beiden Seiten die fast 19 Meter lange Raumtiefe rhythmisch unterbrechen. Um dies zu erreichen, hat noa* auf zwei Ebenen agiert: horizontal und vertikal. Im ersten Fall wurde der vorhandene Höhenunterschied im Eingangsbereich mit einem Eichenpodest ausgeglichen, während für den Boden ein grau-beiger Estrich gewählt wurde, der keinen starken Farbkontrast zu den Wänden bildet. Andererseits wurde die Beleuchtung so konzipiert, dass die Spotlights die Kurven der Bögen sanft akzentuieren.
Die lange Tafel bildet den geselligen und familiären Mittelpunkt des Lokals. Die sechs Tischbeine sind verschieden und deuten einen improvisierten Tisch an. Ein Spiegel verkleidet den zentralen Sockel und lässt ihn im Raum verschwinden. Die Platte besteht aus Nacarado-Stein, der wegen seiner besonderen Maserung und warmen Farbe ausgewählt wurde. Die überbordende Blumenkomposition über dem Tisch, die von der Decke herabzufallen scheint, ist die persönliche Kreation der Hausherrin Roswitha Mayr. Das Projekt wurde mit dem Prix Versailles 2022 (Kategorie Restaurants, Special Price Interior) ausgezeichnet.
Zahlen – Daten – Fakten
Bistro Bogen, Bozen
Bauherr:
Roswitha und Benjamin Mayr
Architektur: noa* network of architecture
Interior Design: noa* network of architecture
Baubeginn:
September 2021
Fertigstellung: Dezember 2021
Projekt-Partner
Boden Service S.r.l., Bozen
Fischnaller B. & Partner GmbH, Brixen
Nikolaus Bagnara AG, Eppan (BZ)