noa* @ Hotel + Technik N° 5.2019

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Interview mit Noa-Architekt Lukas Rungger

„Wir legen die Seele des Ortes frei“

Vor acht Jahren in Bozen gegründet, hat das Büro Noa – Network of Architecture bereits unzählige Prestige-Objekte realisiert. Mit feinsinnigen Entwürfen und ihrem Netzwerk haben Lukas Rungger und Stefan Rier die Fachwelt aufgemischt. Ein Gespräch über die Philosophie eines erfolgreichen Design-Teams.

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Foto: Noa – Network of Architecture

Topthema Umbau

Nach Abbruch eines kleinen Hotelbetriebs entstand in Oberbozen das Hotel Gloriette Guesthouse. Vom Pool im Dachgeschoss erleben die Gäste die Bozener Bergwelt.

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1 Die Erweiterung des Berghaus Zallinger auf der Seiser Alm umfasst 24 Zimmer, die auf sechs Chalets verteilt wurden.

Hotel+Technik: Herr Rungger, wie kommt es, dass Ihr vergleichsweise junges Büro schon so viele Hotels realisieren konnte? Lukas Rungger: Zum großen Teil hat das mit unserem Bürostandort Bozen zu tun. Ich glaube, in Südtirol ist rund jedes dritte Haus ein Hotel, eine Pension oder ein Haus mit Ferienwohnungen. HospitalityProjekte zählen hier zu den alltäglichen Bauaufgaben. Unseren ersten Auftrag erhielten wir nicht etwa von Freunden oder Bekannten – wir haben damals einen Wettbewerb gewonnen. Mein Büropartner Stefan Rier und ich haben einige Jahre im Büro des Architekten und Designers Matteo Thun gearbeitet – hauptsächlich an Hotelprojekten. Dort haben wir vor allem das Rüstzeug für die Außenkommunikation erworben. Das hat uns einige Preise, Anerkennungen und viele Juryteilnahmen beschert. Dadurch ist unser Bekanntheitsgrad gestiegen. Viele neue Bauherren waren außerdem zu Gast in den von uns gebauten Häusern. Erst kürzlich trafen wir einen niederländischen Hotelier, für den wir nun ein Hotel auf der Karibikinsel Bonaire planen. Hoteliers haben ein großes 34

Hobby: Sie schauen sich gern Hotels an, um zu sehen, wie es die anderen machen. Welche Aspekte stehen im Mittelpunkt Ihrer Entwürfe? Unsere Projekte beginnen nicht mit dem Gebäude, sondern weit davon entfernt – in der Landschaft und in der Geschichte. Die meisten unserer Hotels befinden sich in einem stark landschaftlich geprägten Umfeld. Diesen Kontext wollen wir für die Gäste erlebbar machen. Zunächst legen wir die Besonderheiten und die Seele des Orts frei. Bei der Erweiterung der Zallinger Hütte auf der Seiser Alm recherchierten wir beispielsweise in alten Büchern und historischen Dokumenten die Geschichte eines kleinen Dorfs mit verstreut liegenden Häusern, von dem nur noch die denkmalgeschützte Kapelle übrig war. Hätten wir diesen Kontext nicht aufgedeckt, hätte das bestehende Berghotel auf 2.000 Metern Höhe bestimmt nicht um sechs Chalets mit 24 Zimmern erweitert werden können. Baugenehmigungen im Hochgebirge sind grundsätzlich schwierig zu bekommen. Die Geschichte des alten Dorfs hat einen Anknüpfungspunkt und Grund ge-

2 Ins Walmdach eingebettet, prägt der Pool weithin sichtbar das Erscheinungsbild des Hotels Gloriette Guesthouse. 3 Das Le Colline Incantate soll in Sirmione am Gardasee entstehen.

schaffen, dort weitere Baukörper platzieren zu dürfen. Hier wie auch bei all unseren anderen Projekten erzählen wir auf Grundlage dieser Ortskenntnisse Geschichten, die die Gäste dann als Überlagerung aus Historie und Zeitgenössischem für sich neu entdecken können. Wie lautete bei diesem Projekt die Aufgabenstellung des Bauherrn? Wir hatten keine präzisen Vorgaben, weil nicht klar war, was in diesem hochalpinen Umfeld überhaupt möglich ist. Der Auftraggeber hatte lediglich die vage Vorstellung von kleineren Hütten, als individuelle Unterkünfte für Gäste. Diese sollten aus Holz sein – nicht zuletzt aus NachhaltigHOTEL+TECHNIK 5.2019


Fotos: Noa - Network of Architecture, Alex Filz

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keitsgründen. Es gab aber auch den Wunsch nach einer gewissen Ursprünglichkeit. Um dem gerecht zu werden, bleibt beim Zallinger das Auto im Tal. Zu den Chalets kommen die Gäste mit einem Fahrservice. Außerdem gibt es keine Fernseher, kein WLAN und auch keine unterirdischen Gänge. Um nicht auch zur nächtlichen Lichtverschmutzung beizutragen, haben wir auf eine nächtliche Beleuchtung im Freien verzichtet. Stattdessen erhalten die Gäste tragbare Leuchten. Wie haben sich in diesem Planungsprozess die Behörden positioniert? Wir haben anderthalb Jahre mit den verschiedensten Einrichtungen um die heuti5.2019 HOTEL+TECHNIK

ge Lösung gerungen und viel diskutiert, zum Beispiel über Materialien, Fensteröffnungen, Dachneigungen und -vorsprünge. Daran ist das Hotel auch gereift. Heute ist es als Klima-Hotel zertifiziert und gilt als Projekt des beispielhaften Bauens in alpinen Naturschutzgebieten. Der Name ‚Noa – Network of Architecture‘ deutet an, dass neben der Architektur auch andere Disziplinen eine Rolle spielen. Wie trägt dieses Netzwerk – vom Landschaftsplaner, Interior- und Grafikdesigner bis hin zu Fotografen und Kinderpsychologen – zum Entwurf bei? Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alles wissen, und dass es viele Spezialisten gibt,

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die auf ihrem Gebiet sehr viel mehr können als wir. Unser Netzwerk umfasst nicht etwa die Ausführungsprofis als vielmehr kreative Köpfe, die uns spannendere Inputs geben können, als wir selbst finden könnten. Das ist mit einem Dirigenten vergleichbar, der ein Orchester aus Berufsmusikern leitet. Interdisziplinarität passiert bei uns nicht zufällig, sondern ist eines unserer wichtigsten Entwurfsprinzipien. Beim Resort Le Colline Incantate – ein in 36

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die Landschaft integriertes Hotel für alleinerziehende Eltern und ihre Kinder, das wir gerade am Gardasee planen – haben wir von Anfang an mit dem Psychologen Paul Hofer zusammengearbeitet, um den Kindern eine perfekt auf sie zugeschnittene Erfahrungswelt bieten zu können. Das Konzept sieht eine ringförmige Anlage vor: außen kleine Baukörper mit den Zimmern, in der Mitte Gruppenbereiche, und innen eine Piazza als Treffpunkt für alle.

Wie gelingt es Ihnen, Hoteliers für einen Entwurf zu begeistern? Um unsere Konzepte zu erläutern, präsentieren wir nicht nur Pläne, Fakten und Zahlen, sondern entwickeln auch stimmungsvoll gerenderte Videos, die Spaziergänge durch die Anlagen visualisieren. Die Bilder sind dabei so genau, dass sie unsere Ideen wiedergeben, aber auch so abstrakt, dass sie immer noch genügend Raum für die Vorstellungen des Bauherrn lassen. Oft HOTEL+TECHNIK 5.2019

Fotos: Alex Filz, Mads Mogensen

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1 Le Colline Incantate (deutsch: die verzaubernden Hügel) bezeichnet ein in die Hügellandschaft am Gardasee integriertes Resort. 2 Im Zuge eines Umbaus mit Erweiterung erhielt das Hotel Hubertus in Olang im Pustertal einen weit auskragenden Pool. 3 Stefan Rier (links) und Lukas Rungger, die Gründer von Noa. 4 Holz ist nicht nur außen, sondern auch in den Zimmern der neuen Zallinger Chalets das alles prägende Material.

gehen sie in solche Präsentationen mit dem Kopf rein und kommen mit dem Bauch wieder raus. Und wie schaffen Sie es, die individuelle DNA eines Hotel-Projekts freizulegen? Wir haben Workshops gemacht, bei denen die Bauherren alles zeigen sollten, was sie an Ideen haben: anhand von Skizzen, Referenzprojekten, Materialien und Stimmungen. Ebenso hatten wir Projekte, bei denen wir am Anfang – außer in Bezug auf das Raumprogramm – kaum ein Wort mit dem Bauherrn wechselten. Wenn ich ehrlich sein soll, machen wir den ersten Entwurf lieber ohne viel Auseinandersetzung mit dem Hotelier, weil wir ansonsten zu sehr von dem beeinflusst werden, was wir zu hören und zu sehen bekommen. Dann können wir nicht mehr unvoreingenommen und frei an das Projekt herangehen. Viel wichtiger, als zu wissen, was der Bauherr will, ist es ohnehin, zu wissen, was er nicht will. Schließlich ergibt es keinen Sinn, wenn wir ihm ein Cabrio planen, wenn er lieber einen Kombi möchte. Nach dem ers-

ten Vorschlag wird selbstverständlich ausgiebig miteinander diskutiert. Nach den inzwischen acht realisierten Projekten sind wir in Fachkreisen bekannt. Und so vertrauen uns die Bauherren und lassen uns tatsächlich erst einmal machen. Wohin entwickeln sich die Vorstellungen der Hotelbetreiber von morgen – was ist ihnen wichtig? Wir spüren immer stärker den Wunsch nach Authentizität, nach dem zeitgemäßen Interpretieren von Ehrlichkeit und Verwurzelung. Die Menschen – Gäste wie Hoteliers – blühen auf, wenn das Hotel nicht mehr nur eine Bauaufgabe, sondern Leidenschaft ist. In diesem Zusammenhang muss ich gestehen, dass wir uns mehr auf die Bauherren als auf die Gäste fokussieren. Wir versuchen, dem Hotelier einen maßgeschneiderten Anzug zu liefern. Und wenn wir den Bauherrn verstehen und ihn mit unseren Geschichten, die ebenso seine sind, glücklich machen, dann wird er auch seine Gäste glücklich machen.  | Roland Pawlitschko

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