Gloriette & Silena @ rb illustrierte N° 204/2018

Page 1

rb illustrierte

Österreichische Post AG MZ 17Z041233 M Athesia Tyrolia Druck GmbH 6020 Innsbruck, Exlgasse 20 Inland: Euro 8,– (inkl. MwSt.) Ausland: Euro 9,–

Ausgabe 204

illustrier te bauen und wohnen im alpenraum

Purmontes Luxury Chalet, Montal St. Lorenzen (I)

Landschaftsgerechte Die Natur ins Haus Architektur geholt

Zwei Zeitlose Generationen Formen unter im Stadtkern einem Dach

Aufstockung Spannendemit Bezug Verbindungen zur Bergwelt


Gloriette Guesthouse: Ein Hotel auf Zeitreise Auf dem beliebten Hausberg der Bozner entstand ein Haus, in dem Stadt und Land miteinander verschmelzen. Ritten (I)

G

loriette Guesthouse von noa* - network of architecture knüpft an die Tradition der Sommerfrische am Ritten an und setzt noch eines oben drauf. Nach dem Komplettabbruch des ehemaligen kleinen Hotelbetriebs Bergfink, ein Ankerpunkt im dörflichen Gefüge und eingebettet inmitten der ländlich-urbanen Struktur mit all seinen bourgeoisen Domizilen, von wohlhabenden Bozner Kaufleuten rund um die Jahrhundertwende errichtet, sollte ein neues Schmuckstück an dieser Stelle entstehen. Wie der Name schon verrät, handelt es sich um einen Solitär in der Landschaft, der von der architektonischen Typologie im zeitlos-eleganten Jugendstil inspiriert ist und das Gefühl einer Epoche, in der man – gar nicht pompös – die Architektur der Stadt in vereinfachter Form und ohne dabei völlig auf Luxus und Komfort verzichten zu müssen auf den Ritten transponierte - großzügig, klassisch, einfach, aber keinesfalls nüchtern.

Den Bogen spannen

Wichtig war es noa*, Elemente einfließen zu lassen, die lokal oft vorkommen, so etwa Bögen in der Fassade oder aber das Walmdach, das in Oberbozen Tradition hat. Auch die Raute sollte ihren fixen Platz bekommen, ein dekoratives Element, das an den vielen Bahnwärterhäuschen entlang der eigenen Rittner Bahnlinie, die die Sommerfrisch-Orte miteinander verbindet, zu finden ist. Der holistische Entwurfsansatz ist deutlich zu erkennen - zahlreiche Details durchziehen wie ein roter Faden das gesamte Gebäude. Interessant ist vor allem die Gliederung des Hotels, das sich den topografischen Gegebenheiten raffiniert anpasst. Auf der Garage, über der das Gebäude mit insgesamt 25 Zimmern thront, erstreckt sich eine Parkanlage, von der die Gäste der sieben Gartensuiten jeweils anteilig mit dahin auslaufenden Privatgärten genussvoll profitieren können. Darüber befindet sich der öffentliche Bereich mit Rezeption, Lobby und Restaurant mit vorgelagerter Terrasse, charakteristisch gestaltet mit großen Schwüngen. Grundriss und Hülle sind hier in engem Dialog:

Was sich hinter der Fassade verbirgt, wird bereits außen in einzigartig unverwechselbarer Weise ablesbar, ohne jedoch zu viel preiszugeben. In den drei darüber liegenden Geschossen befinden sich die Gästezimmer und an den jeweiligen Enden die Suiten, klar erkennbar an den Erkern, die selbstbewusste architektonische Akzente an der Gebäudehülle setzen. Was in der öffentlichen Zone als flacher Doppelbogen an der Fassade beginnt, entwickelt sich mit einem einschneidenden Maßstabssprung zu einer prägnanten, einachsigen Bogenfassade. Diese wurde gewählt, um die Qualität des Außenraumes für die Sommerfrische noch sichtbarer und spürbarer zu machen. Gerade in dieser Zone hinter den Arkaden verschmelzen der Innen- und der Außenraum – die Balkone fungieren wie ein Verbindungsglied, nicht zuletzt verstärken die rahmenlosen Verglasungen diesen Effekt, in dem sich das Zimmer optisch bis zur Brüstung fortsetzt. Das EinfanNOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE

gen der Landschaft wird perfektioniert durch die spiegelnden schwarzen Gläser, die als Balkontrennwände eingesetzt werden – sie multiplizieren das vom Bogen eingerahmte Bild. Ganz oben, klar abgesetzt und mit dem Walmdach fast schon wie ein eigener Baukörper wirkend, befindet sich der Wellnessbereich des Hauses. Unübersehbar fließt auch hier wieder das Element des Bogens ein als bronzefarbene, auskragende Schale, die die Dachhaut durchstößt und – asymmetrisch positioniert – ein selbstbewusstes Zeichen einer besonders lebendigen Architektursprache setzt.

Einen Rahmen geben

Die Zeitlosigkeit, die die prägenden Jugendstil-Bauten am Ritten mit sich bringen, sollte im Interieur beibehalten und in einer abstrahierten Weise fortgesetzt werden. Gleichzeitig bildet eine Art klare, kontrastreiche wie konsequente Einrahmung von Elementen immer wiederkehrendes Detail, das sich überall im Gebäude aufspüren lässt. Auch das Thema des Bogens findet im Interieur seine Fortsetzung, so zum Beispiel in den Zimmern als Spiegel, der unten gerundet ist, als Kamin in der Lounge, in dem der Bogen einmal um die eigene Achse extrudiert wurde, oder als Rückenlehne der Liegen auf der Spa-Terrasse. Die Möblierung ist weitgehend von den Wänden abgesetzt und in den Raum orientiert. Locker positionierte, elegante Polstermöbel werten das Ambiente zusätzlich auf. Dazwischen werden immer wieder ausgesuchte Fundstücke vom Flohmarkt oder aus dem alten Hotel platziert. Da und dort hängen goldene Leuchten als Skulpturen von den Decken herab. Im öffentlichen Bereich wurde ein fugenloser Harzboden als einendes Element gewählt, um den Raum durchgängig fließen zu lassen. In diesem Boden wurden „Inseln“ mit Holzbelag kreiert, die die unterschiedlichen Bereiche der Lounge und des Restaurants definieren. Auch im Spa im Dachgeschoss wird dieses Konzept angewandt. Aber nicht nur im öffentlichen Bereich und jenem der Wellness, sondern insbesondere in den Gästezimmern und Suiten spürt man den leidenschaftlichen Fokus auf das Interieur. Ein besonderes Augenmerk gilt den Erkern der Suiten, die mit besonderen Loungebereichen mit Kamin, freistehender Badewanne oder Sofalandschaften aufwarten. Die Räume werden durch Raum-in-Raum-Schalen zoniert, wobei Wand, Boden und Decke mit dem gleichen Material ausgestattet sind. Die ansprechende, einladende Atmosphäre gelingt unter anderem durch den Einsatz von Holz, wenngleich niemals rustikal anmutend, sondern edel und einheitlich klar, ohne kühl zu wirken.

Kein Anfang, kein Ende

Das sicherlich größte Highlight – schon von weithin sichtbar – ist der Wellnessbereich mit dem extravaganten auskragenden OutdoorPool. Im Spa befinden sich ausladende Ruhezonen und Rückzugsmöglichkeiten wie auch ein paar intime Terrassen über den Erkern oder eingeschnitten in das Dach für den genussvollen Aufenthalt an der frischen Luft. Absoluter Eyecatcher ist jedoch jener ausladende Zylinder, der sich an der Südseite durch das Walmdach bohrt. Deutlich erkennbar ist, dass dieser die Bögen der Fassade aufnimmt: Der W W W. N O A . N E T W O R K

36


37

NOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE


Bogen wird auf den Kopf gestellt und in das Innere des Daches geführt. Die Schale, in die der Pool eingebettet ist, wurde mit denselben bronzefarbenen Aluminiumpaneelen verkleidet wie die Außenseite der Erker. Sie stellt eine Zäsur zum dunkelbraunen Walmdach dar und lässt ein faszinierendes Spiel mit Reflexionen zu. Von innen gelangt man über wenige Treppen in das Zentrum des Zylinders. Eine Schiebetür öffnet sich, man steigt hinab in die Wasserfläche und wird

Lieferung und Montage der Haus-, Innen- und Brandschutztüren aus Holz Rubner Türen AG, Handwerkerzone 10, I-39030 Kiens T: +39 0474 563 222, tueren@rubner.com www.rubner.com/tueren

NOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE

von der Rundung Richtung Horizont begleitet – dank des Infinity Edges. Knapp sechs Meter tief, schaffen die Rundung, die Transparenz und die zarte Spiegelung eine Art Skulptur, die bis in den Innenraum hineinreicht. Beim Einstieg im hinteren Teil ist der Pool mit einer bronzefarbenen, abgerundeten Schale überdacht. Diese löst sich nach außen hin immer mehr in eine abgerundete Netzstruktur aus Stahlstangen auf, bis man schließlich unter freiem Himmel schwimmt. Ein Wechselspiel von Metall und Wasser mit dem Übergang in den grenzenlosen Freiraum. Wie ein sanftes „Fading out“ wird die zylindrische Hülle immer transparenter und verleiht dem Schwimmer mit Blick in die Weite ein Gefühl des Schwebens. Die skulptural anmutende Struktur aus Stangen ist wiederum die Verbindung zwischen Bogen und Raute – bei genauerer Betrachtung bilden die gekrümmten Stangen an ihren Schnittstellen wieder eine Raute. Es ist wohl der Höhepunkt einer Reise, die man schon vor dem Betreten des Gebäudes von außen Text: Barbara Jahn-Rösel erahnen kann. W W W. N O A . N E T W O R K

38


Hotel Silena: Magie im Moor Der Hotel-Um- und Zubau erstrahlt in naturnahem Design, Vals / Mühlbach (I)

Z

u allen Zeiten waren Moore magische Orte. Voller Geheimnisse und wabernder Stimmungen. Die spezifische Eigenschaft eines solchen genius loci machte noa* - network of architecture zur zentralen Entwurfsidee seines jüngsten Projektes: Der Umgestaltung und Erweiterung des am Ende des Valser Tales – umgeben von Moor – rund 1.300 m hoch gelegenen früheren Hotels „Moarhof “. Resultat dieser mystischen Transformation ist das 4-Sterne-S Hotel „Silena“, das sumpfartig getönt, organisch gestaffelt und voll in die Landschaft integriert aus dem unsteten Boden wächst – als ein bis ins Detail gestalteter Ort der Ruhe, der Kraft und der Seele. Maßgeblich bestimmt wird er durch die umgebende archaische Natur sowie durch den – vom Bauherrn eigens gewünschten – südostasiatischen Touch des Interieurs und des umfangreichen Begleitprogramms.

Naturalistisch-asiatische Architektur

Der älteste Teil des ursprünglichen Hotels nahm vor dem Eingriff von noa* den südwestlichen Bereich des großzügig geschnittenen Hotelareals ein. Er wurde im Zuge der Neugestaltung 2017 bis auf die tragenden Strukturen und Zwischendecken zurückgebaut und sodann nach dem naturalistisch-asiatischen noa*-Konzept neu gestaltet. Der 2011 angebaute Südostflügel blieb in seiner Struktur erhalten. Für den optischen Zusammenschluss beider Bauteile sorgt eine AluPaneel-Fassade mit – analog zum Moorgelände – erdfarbiger Tönung. Dabei ähnelt die Oberfläche der Gebäudehaut den Pflanzen des Sumpfes, die scheinbar den Hotelkomplex emporwachsen und

39

ihn dabei zur Gänze einhüllen. Im neuen Baukörper entwickelt sich auf der Untergeschossebene das mit der Landschaft verbundene, nach außen hin organisch-gekrümmt in Erscheinung tretende Wellness-Geschoss, auf dem der bereits vorhandene Innenpool, die neue Sauna- und Beautywelt sowie zwei Ruheräume angeordnet sind. Unter freiem Himmel vorgelagert zeigen sich im Süden ein Indoor-Outdoor-Pool sowie eine Lounge. Das darüber liegende Erdgeschoss nimmt ebenso das erweiterte und neu konzipierte Hotel-Restaurant auf wie die Küche und die geschwungene Außenterrasse. Ferner entstand im Südosttrakt eine neue Tee-Bibliothek. Das renovierte 1. und 2. Obergeschoss beherbergt neu designte und vergrößerte Gästezimmer mit Balkonen, deren Grundfläche jeweils mehr als 30 m² beträgt. Das dritte Obergeschoss – mit weiteren Zimmern sowie einer Suite samt eigener Sauna und Wellness-Oase – wurde komplett neu errichtet. Darüber entstand eine zusätzlich aufgestockte Etage in leichtem Holzbau, die mit ihrer schwungvollen Erscheinung jener des Untergeschosses entspricht und so den Baukörper sandwichartig unten und oben fasst. Raumprogrammatisch entstanden auf der Leichtbau-Ebene eine Dachterrasse mit Panorama-Sauna, Panorama-Ruheraum, Lounge und Dachgarten, der – reich mit Moosen und Gräsern begrünt – die Dachlandschaft des Neubaus übergangslos mit dem Grün der umgebenden Gebirgs- und Moorlandschaft verschmelzen lässt.

NOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE


Interior zwischen Tag und Traum

Mit dem gewählten Interior Design-Konzept setzt noa* konsequent die Charakteristik der Hotel-Außengestaltung im Inneren fort. Dabei dominieren in den 29 neu geschaffenen Zimmern, Lesezimmern und Suiten, in den Wellness-Zonen, im Restaurant, in der Lobby und Lounge sowie in der Bibliothek Moor- und Naturmotive sowie Bildund Formenelemente aus dem südostasiatischen Raum. Im Gesamtausdruck ähnlich, verleihen Tapeten – mit einem überlagernden Hauch von Traumblau – den Gästezimmern ein weiches, schwereloses Ambiente. Himmelbetten mit weißen Bettbezügen und grün-blauen Überwürfen unterstreichen die romantische Note. Duschen und Badewannen – offen im Zimmer platziert – signalisieren intime Vertrautheit. Zugleich nehmen die Fräsungen in den Holzverkleidungen der Duschen Tapetenmotive – wie etwa Mooroder Lebensblumen – auf und binden die Raumwelt zu einem stim-

migen Gesamtkunstwerk zusammen. Blaue Vorhänge und Stuhlbezüge zitieren das Wohlgefühl der blauen Stunde. Es entsteht eine Atmosphäre zwischen Tag und Traum. Im erweiterten Restaurant im Erdgeschoss treffen sich – inselartig an Tischen rings um die Säulen des Speisesaals herum gruppiert – die Gäste zu den Mahlzeiten. Blauer Samt bedeckt – bewusst unterbrochen von eingestreuten, floral anmutenden Stuhlbezügen – die Sitzmöbel. Mächtige Wein- und Käseschränke erinnern unübersehbar an die kulinarischen Genüsse des Hauses. Naturhafte Sinnlichkeit bestimmt auch das Ambiente der Saunaund Wellness-Welten im Untergeschoss und Dachgeschoss. Durch einen direkten Aufzug miteinander verbunden, zeigen die Wandund Deckenelemente Landschaftsimpressionen aus dem Moor sowie verfremdete Farndarstellungen. In der Bibliothek besetzen asiatische Motive die Stimmung. Hier geben sich die Besucher – im Schneidersitz auf Tatami-Matten – ungeteilt dem Lesevergnügen hin. Fließend geht dieser meditative Bereich in Lobby und Lounge über. Auch hier sind die hohen Sitzmöbel Text: Dr. Ulrich Fohrmann in programmatischem Blau gehalten.

noa* - network of architecture Arch. Stefan Rier & Arch. Lukas Rungger Drususallee 23, I-39100 Bozen, +39 0471 1880941 Zionskirchstraße 56, D-10119 Berlin, +49 3027 979722 noa@noa.network, www.noa.network NOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE

W W W. N O A . N E T W O R K

40


wir schaffen Wellnessräume zum Träumen im Hotel SILENA - Vals

www.devine.at

Sauna I Infrarot I Dampfbad I Solegrotte I Private Spa I Spa Anlagen

41 W W W. N O A . N E T W O R K

NOA* - NE T WORK OF ARCHITEC TURE


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.