Lucy's Rausch Nr. 7

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CHF 18.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Bicycle Day: 75 Jahre LSD-Erfahrung Vater des LSD: Albert Hofmann Wie psychedelisch kann Cannabis sein? Christian Rätsch: Acid und Musik Stanislav Grof: Der Weg des Psychonauten Unterwegs mit Timothy Leary

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Nr. 7/ Frühjahr 2018

H A N F   +   K U N S T   +  PA R T Y  +   E T H N O B O TA N I K

Nr.7 / Frühjahr 2018

weedmaps.com

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

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Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

DAS WELTWEITE CANNABIS-VERZEICHNIS

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur


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Bisherige Ausgaben: siehe www.lucys-magazin.com Kapitel

3

Kapitel

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Die Geburt der psychedelischen Kultur

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Cousto Drugchecking von A bis Z Hansmit – Ein Gespräch Albert Hofmann Günter Amendt Hirndoping dem LSD-Entdecker

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Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Heimische Psilocybin-Pilze

Die Kröte –und Jaguar Ralph Metzner HR Giger Das der grosse Interview

Timothy Leary: Die Zeit in Harvard

Holotropes Atmenim Stanislav Grof et al. Val-de-Travers Absinthe – Besuch Timothy Leary in Harvard Mathias Bröckers – Falsche Perspektiven Legal Highs Kunst: / Gerhardder Seyfried oder Nauwald die Verbesserung Welt El Pepe –Nana

Cannabis als Medizin: Die politische Lage Holotropes Atmen Auf dem Peyote-Weg

Ein neuer Psilocybin-Pilz Jochenmit Gartz – Ein Gespräch Albert Hofmann Progressive Psytrance Roberdo Raval dem LSD-Entdecker

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Ketamin Depressionen HR Giger gegen – Das grosse Interview MDMA in –der Psychotherapie Besuch im Val-de-Travers Absinthe Drogen auf –Reisen mit Stefan Haag Falsche Perspektiven Legal Highs Dissoziativa El Pepe – oder die Verbesserung der Welt Dendrobium: Eine psychoaktive Orchidee – Ein Gespräch mit Albert Hofmann Lucys Geschichte: John C. Lilly dem LSD-Entdecker

H A N F + K U N S T + PA R T Y + E T H N O B O TA N I K

H A N F + K U N S T + PA R T Y + E T H N O B O TA N I K

Lucy’s Nummer 4

Lucy’s Nummer 2

Lucy’s Nummer 3

Ralph Metzners Welten des Bewusstseins • Ethnobotanik: DMT und 5-MeO-DMT • Cannabis­ konzentrate und Dabbing-­ Kultur • Steve Stoned • Christian Rätsch • Ketamin auf dem Danceflo­ or • Hanscarl Leuner

Ralph Metzner: Die Kröte und der Jaguar • Timothy Leary • Cannabis als Medizin • Nana Nauwald • Gerhard Seyfried • Adi Dittrich • Neuer Psilo­ cybin-Pilz • Drug Checking = Safer Use • Holotropes Atmen • Peyote-Weg • Progressive Psytrance

Ayahuasca • Luke Browns Kunst • Transformatio­ nal Festivals • Barnim Schultze und das Akasha Project • Sasha Shulgin • Schadensminderung beim Feiern • Ethnobotanischer Pflanzen­anbau: Windenge­ wächse • Automatik-Cann­ abis • Reinkarnation

LSD-Analoga und Verwand­ te • Die Kunst des herman de vries • Das Lied der Schmetterlinge • Albert Hofmann und Psychedelika vor dem Übergang • Safer Use III • Ethnobotanischer Pflanzenbau: Mohnge­ wächse • Psilocybin-Pilze Europas • Cannabispolitik

ISBN 978-3-03788-401-0 112 Seiten, Format 20 x26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-402-7 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-403-7 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-404-1 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

Lucy’s Nummer 1

Nr. 4 / Herbst 2016 CHF 1 8.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Cannabis und Cannabinoid-Medizin – Falsche Perspektiven Legal Highs DMT und– oder 5-MeO-DMT in Pflanzen die Verbesserung der Welt El Pepe

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Welten des Bewusstseins Ralph Metzner HR Giger – Das grosse Interview Interview Steve Stoned – Besuch im Val-de-Travers Absinthe

Nr. 2 / Herbst 2015 / CHF 18.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Nr.1 /Frühjahr 20152014 / CHF 12.50 / EUR 10.– Nullnummer / Frühjahr / CHF 12.50 / EUR 10.–

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Lucy‘s Nummer 6

Lucy’s Nummer 5

Ketamin gegen Depressionen • MDMA in der Psychotherapie • Drogen auf Reisen mit Stefan Haag • Dissoziativa • Dendrobium: Eine psy­ choaktive Orchidee • Lucys Geschichte

Geschichte des Schamanismus • Rapé – Schamanische Snuffs • Tor­ sten Passie über Harry C. Kane • Die Opium-Moderne • Cannabis: alte Landras­ sen • Traumpflanzen • Frank Tempel • Meskalin­ forschung • Boom-Festival 2016 ISBN 978-3-03788-405-8 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

Lucy’s Rausch abonnieren: www.lucys-magazin.com/abo

ISBN 978-3-03788-407-2 € (D) 14.80 / Fr. 18.50

Auch als

E-Book:

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10.– 10.– / EUR / EUR 12.50 12.50 / CHF / CHF hr 2014 2015

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Ich habe das LSD nicht gesucht. Das LSD ist zu mir gekommen. ALBERT HOFMANN


Bild: Bernd Brummbär

2 Lucy’s Rausch Nr.7


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75 Jahre LSD

Seite 24


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Lucy’s Rausch Nr.7


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Blotter Art: Psychedelische Kunst im Underground Seite 46


Foto: highthere.com

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Lucy’s Rausch Nr.7


7

Wie psychedelisch kann Cannabis sein? Seite 80


Foto: Steve Brown / Flickr

8 Lucy’s Rausch Nr.7


9

Gegenkulturen: Die Woodstock-Generation Seite 118


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Lucy’s Rausch Nr.7

INHALT

13

19

INHALT

CANNABIS

Editorial Markus Berger Der Augenöffner Klartext von Roger Liggenstorfer

37

Psychonautische Erlebnis-­ qualitäten Coustos Psychedelikatessen KUNST

46

Blotter Art

Psychedelische Kunst im Underground Claudia Müller-Ebeling

80

Wie psychedelisch kann Cannabis sein?

Michael Knodt

84

Im Reich der Träume Der Haschischesser Fitz Hugh Ludlow

ETHNOBOTANIK

116 Eleusis kompakt

Giorgio Samorini

PARTY & RITUAL

32

Psychedelic Rock & Co. Musik und LSD Christian Rätsch


11

INHALT

24

75 JAHRE ACID

Markus Berger

40

Leben im äußeren und im inneren Raum

Albert Hofmann

53

64

90

94

Psyche­delische Therapie

Michael Schlichting

105 Neues aus der LSD-Forschung

Helena  Aicher

106 Das höchste kosmische

Apfelwein und LSD

Timothy Leary in Deutschland Wolfgang Bauer

110 Der Wunsch nach Wahrheit

Susi in the Sky with Diamonds

Prinzip

60

100 Psycholytische und

Hommage

Die erste Frau, die LSD nahm Susanne G. Seiler

Stanislav Grof

Eine Zwölfjährige trifft Albert Hofmann Noisy Woodghost

118 Die Woodstock Generation

Erfahrungen mit Psilocybin und LSD Ralph Metzner & Ram Dass

Microdosing Mike Row

Meine Arbeit mit LSD Peter Gasser

98

Ekstatisch leben Wolf Schneider

Timothy Leary RUBRIKEN

15 18 20 71 75 126 127 14

ucy‘s Flashback Leserbriefe & Feedback L ucy‘s Mix L Lucy‘s Agenda Psychedelic Science News Lucy’s Mediathek Bücher, CDs und DVD Lucy‘s Lifestyle Impressum Lucy‘s Vorschau


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Lucy’s Rausch Nr.7

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EDITORIAL

Psychedelik als Weg – 75 Jahre LSD

L

SD ist eine weltweit gesellschaftlich geächtete und gebannte, also verbotene Substanz. Gleichzeitig hat LSD die Gesellschaften der Erde nachhaltig verändert, beeinflusst und inspiriert. Die Bedeutung der psychedelischen Erfahrung spielt für die soziokulturelle Genese der vergangenen Jahrzehnte eine immense Rolle. Zum einen brachte die interdisziplinäre Erforschung der Psychedelika und der veränderten Bewusstseinszustände das wissenschaftliche Weltbild ins Wanken, zum anderen entsprang ein Großteil des Einflusses von LSD und Psychedelika aus Aktivitäten des Untergrunds und etablierte sich erst nach und nach im Mainstream, vor allem durch Künstler, Kreative und Wissenschaftler aller Couleur, deren Erfahrungen sich in ihrer Kunst, ihren Erfindungen und Forschungen widerspiegelten. Am 19. April vor 75 Jahren entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann die psychoaktiven Eigenschaften des LSD (das er fünf Jahre zuvor entwickelt hatte). 24 Jahre später hatte LSD endgültig die Welt erobert und beflügelte den US-amerikanischen Summer of Love von 1967, die Geburt der modernen psychedelischen Kultur. Diese Bewegung begann dann 1968 –  vor genau 50 Jahren –  aus dem Untergrund die Umwälzung gesellschaftlicher Konventionen. LSD, die anderen Psychedelika und die Hippiekultur veränderten Kunst, Kultur, Wirtschaft, Erziehung und Umweltbewusstsein nachhaltig. Die Inspirationen aus der Psychedelik der 60er und 70er sind heutzutage allgegenwärtig. In Literatur, Musik und bildender Kunst, in Kino und Fernsehen, in Werbung, Produktdesign und Alltagsleben sind die Einflüsse der psychedelischen Kultur inzwischen zur Normalität geworden. Die vorliegende Lucy’s Rausch widmet sich als Sonderausgabe dem Jahrestag des LSD und thematisiert die Entstehung der psychedelischen Bewegung. Auf diesmal 128 statt 112 Seiten haben wir unter anderem Beiträge von Ralph Metzner und Ram Dass, Timothy Leary, Susanne G. Seiler und Wolfgang Bauer zusammengetragen, die die Geschehnisse von damals aus erster Hand dokumentieren. Ein Text von Albert Hofmann und eine literarische Collage zu LSD bilden dafür die Grundlage.

Der Ethnopharmakologe Christian Rätsch gibt einen Überblick über die Vielfalt psychedelischer Rockmusik für Kenner, Claudia Müller-Ebeling berichtet über die LSD-Kunstrichtung Blotter Art. Der Psychiater und Psychotherapeut Peter Gasser erzählt von seiner Arbeit mit LSD als Psychotherapeutikum, Michael Schlichting über die Anfänge der Psycholytischen und Psychedelischen Therapie. Daneben präsentieren wir Beiträge zu Microdosing, psychedelischem Cannabis, spirituellem Leben und viele mehr. Ganz besonders am Herzen liegt mir der Beitrag von Bewusstseinsforscher Stanislav Grof. Er beschäftigt sich mit den Konsequenzen, die sich aus der reflektierten Beschäftigung mit holotropen Bewusstseinszuständen ergeben – ein Lebensweg, den wir Psychonautik nennen. Im Angesicht der verheerenden politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Lage, mit der wir gegenwärtig konfrontiert sind, vermag die ernsthafte Beschäftigung mit veränderten Bewusstseinszuständen und spiritueller Philosophie ein fruchtbares Potenzial zu entfalten, das der Heilung des kollektiven Bewusstseins dient – und damit unseres Lebensraums, der Erde.  Markus B erger, Chefredak teur


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Leserbriefe & Feedback Die Redaktion freut sich weiterhin über Lob und Kritik. Aus Gründen der Diskretion veröffentlichen wir lediglich die Initialen der Absender. Flashbacks bitte an redaktion@lucys-magazin.com

«Ein Gewinn für die neue psychedelische Kultur» Ich bin enorm froh, dass es endlich ein psychedelisches Magazin gibt, das die Community zusammenhält und informiert. Tolle Inhalte, geiles Lebensgefühl, das ihr vermittelt! Meines Erachtens dürften aber die Themen rund um Cannabis gerne weniger sein, dazu gibt es im deutschsprachigen Raum doch wirklich genug Hefte. E.R.

Ihr könntet noch etwas mehr auf Spiritualität eingehen, das interessiert sicherlich viele eurer Leser genauso wie mich. B.L.

Lucy’s Rausch ist ein Gewinn für die neue psychedelische Kultur! K.R.

Ihr könntet mal einen Artikel über Psychedelic Rock bringen – das wäre mal super! R.H.

Anmerkung der Redaktion: Schau mal ab Seite 32, da ist diesmal einer zu finden. Euer Magazin hat immer schmerzlich gefehlt – schön, dass es die Lucy gibt! D.P.

Ich verstehe Euer Magazin als Lebenshilfe für Psychedeliker und als Anleitung für ein bewussteres Sein. Danke dafür. G.F.

Hier eine weitere anonym gehaltene Feedback-Auswahl aus unserer ersten großen Leserumfrage (eine erste Auswahl findet sich in Lucy’s Nr. 6): «Sechs Ausgaben im Jahr wären top! :) Andererseits mindert das eventuell die Qualität! Also, ihr macht schon alles richtig. Ich genieße einfach das, was Lucy's bietet, und das ist gut aufbereitet.»

«Sicherlich hat auch die vertiefte Darstellung von Daten/Fakten Platz» «An passenden Stellen noch mehr Detailwissen präsentieren. Einige Leser haben vermutlich eine gute Vorbildung zu den verschiedenen Substanzen, so dass sicherlich auch die ver­ tiefte Darstellung von Daten/ Fakten (sofern vorhanden) einen Platz hat.» «Manche Artikel könnten ein bisschen ausführlicher sein.» «Oft sind Texte aufgrund des Layouts schwer zu lesen. Eine einheitliche, kontrastreiche Schriftfarbe könnte helfen, die Texte für die Lesenden angeneh­ mer zu gestalten.» Anmerkung der Redaktion: Daran haben wir gearbeitet, wie man an dieser Ausgabe sehen kann.

«Mehr Anregungen oder Empfehlungen zu den Themen Spirituelle Praxis oder Gesundheit» «Es könnten mehr Anregungen oder Empfehlungen zu den Themen Spirituelle Praxis oder Gesundheit gegeben werden, als eine Ergänzung zum psycho­ nautischen Lebensstil.» «Ihr macht das für uns alle, ich fühle das. Danke.» «Ich würde mir mehr über das Bewusstsein wünschen, nicht unbedingt auf Drogen bezogen. Auch mehr spirituelle Themen könnte ich mir vorstellen, vielleicht was zum Buddhismus oder anderen spirituellen ‹Religionen›; kleine Anleitungen zum Meditieren und Bewusst­ werden.»

«Ein wenig mehr wissenschaftliche Artikel würden erfreuen!» «Ich bin sehr zufrieden mit der Lucy’s und weiß daher nicht, was fehlen könnte, um sie noch besser zu machen.» «Obwohl es ein Gesellschafts­ magazin ist, würden ein wenig mehr wissenschaftliche Artikel erfreuen!»


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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

MIX

Zentrum für Cannabis­ medizin Der Mediziner, Cannabismedi­ zin-Experte und Autor Franjo Grotenhermen aus Rüthen (Landkreis Soest) plant für dieses Jahr die Gründung und den Aufbau eines Zentrums für Cannabismedizin in Rüthen. Für die Zukunft ist eine zweite Dependance des Zentrums in Köln anvisiert. Es fand bereits ein erstes Treffen von Interessierten, Förderern und Aktivisten statt, um den Aufbau zu besprechen. Ziel ist eine verbesserte Versorgung und Beratung der Patienten, die Intensivierung der politischen Aktivitäten und die vermehrte Öffentlichkeitsarbeit zu Canna­ bis als Medizin. Alle Infos zur Idee und Gründung des Zent­ rums sowie Kontaktangaben finden sich auf www.cannabis-med.org

Legale Cannabisprodukte sind zurzeit in Mode.  Foto: Keyston e

Schweizer CBD-Branche schon in der Krise? Der Cannabidiol-Boom in der Schweiz hat offenbar ein so starkes Überangebot an CBD-Produkten hervorgebracht, dass der Markt nun mehr als gesättigt ist. Wie die Schwei­ zer Presse im Januar berichtete, haben bereits viele auf CBD spezialisierte Geschäfte geschlossen, andere würden derzeit um ihr Überleben kämpfen. Dies liege an besag­ tem Überangebot, das eine schwierige Konkurrenzsitua­ tion für alle Produzenten und Verkäufer geschaffen hat, aber auch am abflauenden Hype. Viele, die anfangs begeistert waren, legalen Hanf in Shops erwerben zu dürfen, haben inzwischen bemerkt, dass CBD-Joints keine psychoaktiven Effekte herbeiführen. Diese Entwicklung war abzusehen: Für Freunde des Hanfrauschs verliert CBD schnell seinen Reiz.

Cannabis-Strain Lucy Witzigerweise hat der österreichische Hanfgarten einen neuen Cannabis-Strain namens Lucy herausgebracht. Ob dies eine Anspielung auf Lucy, den Urmenschen Australopithecus afarensis, auf den Beatles-Song Lucy in the Sky with Diamonds oder auf unser Magazin ist, bleibt dabei der Fantasie des Käufers überlassen. hanfgarten.at


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Safer-Use-Infos zum Nulltarif Bei der Deutschen Aids-Hilfe kann jeder einen ganzen Sta­ pel von Informationsmaterial zum Thema Drogen bzw. Drogengebrauch ordern – und das kostenlos. Nicht mal das Porto muss man zahlen, die drogen­ DROGENKURIER bezogenen Broschüren, Flyer, Büchlein, Postkarten, Plakate und sonstigen Materialien, die in Kooperation mit dem JES-Bundesverband (JES = Junkies, Ehemalige, Substitu­ ierte) produziert werden, bekommt man nach Bestel­ lung frei Haus geliefert. Auch das Magazin Drogenkurier gehört dazu. Ein Blick auf die Website der Aids-Hilfe lohnt sich: Sep. 2017 nr. 111

magazin des jes-bundesverbands

Bundesarbeitsgemeinschaft der Eltern und Angehörigen für akzeptierende Drogenarbeit

www.aidshilfe.de

Kürzlich ist auch die zweite Auflage der 24-seiti­ gen Bro­ schüre über Fentanyl erschienen, die allgemeine Informationen für Gebraucher zusammenträgt und mit Safer-Use-Infos aufwartet. Weil es gerade zu dieser potenten Substanz kaum Informationsmaterial für Anwender gibt, ist die Publikation besonders zu empfehlen. www.jes-bundesverband.de

MIX

Verringern Psychedelika kriminelle Tendenzen? US-amerikanische For­ scher publizierten im Januar 2018 eine Studie, in der sie untersuchten, inwieweit die Affinität zu Drogen mit dem Hang zu kriminellen Handlungen in Verbindung steht und ob klassische Psychedelika – wie Psilo­ cybin, LSD, DMT und Meskalin – eine Tendenz zu Straftaten vermindern. Die Wissenschaftler nahmen die Daten von 480 000 Drogenkonsumenten aus der National Survey on Drug Use and Health unter die Lupe und analysierten, wie viele davon im vergangenen Jahr in kriminelle Handlungen verstrickt gewesen waren. Das Ergebnis: Konsumenten von klassischen psychedelischen Substanzen neigen weniger zu kriminellen Handlungen als Konsumenten anderer Drogen wie Kokain und Heroin oder MDMA und Cannabis. Diebstähle und Gewaltver­ brechen werden von Psychedelikern seltener begangen – ein Fazit, das zu erwarten war. Lediglich eine erhöhte Tendenz zu «Drogendelikten» konnte die Studie bei Psychedelika-Nutzern nachweisen; dies liegt jedoch an der Gesetzgebung, welche die sogenannten opferlosen Delikte, zu denen «Drogenverge­ hen» gehören, überhaupt erst definiert. Hendricks, Peter S. et al. (2018): The relationships of classic psychedelic use with criminal behavior in the United States adult population. Journal of Psychopharmacology 32(1): 37–48 • journals.sagepub.com/doi/ abs /10.1177/0269881117735685

Coca  INSIDE Limitierte Kavatza-Box Sammler und Fans aufgepasst: Ab diesem Frühjahr gibt es aus dem Hause Kavatza eine neue Buch-Box für Raucherzubehör im schicken Lucy’s-Rausch-Design. Die Sonder­ edition ist streng limitiert und nummeriert und eignet sich – vor allem, wenn sie unauffällig im Bücherregal steht – hervorragend als Stash für alle möglichen Kleinigkeiten, die nicht sofort ins Auge fallen sollen. Bestellen: siehe letzte Seite


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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

MIX

Gerhard Seyfried: Neuer Comic zum Siebzigsten Zwille, als Comicfigur schon lange arbeitslos, wohnt mit Freund McÖko im letzten besetzten Haus im fast total gentrifizierten Berlin-Kreuzberg. Als das von der Polizei geräumt wird, sind sie auch noch obdachlos. Seyfretti, der in Italien den letzten freien Comic-Verlag Fumetti Seyfretti führt, möchte Zwille als Hauptfigur für seinen neuen Comic casten. Doch die GNA, die Graphic Novel Authority, die 99 Prozent des Comicmarktes beherrscht, will das verhindern. Sie unterstützt Senator Schma­ rotzke, der im Wahlkampf die Gentrifizierung als Wohltat für ganz Berlin verkaufen will. Ein spannendes Abenteuer beginnt, in dem Gerhard Seyfried mit seinem bissigen Humor das aktuelle Berlin aufs Korn nimmt und seinen Fans rechtzeitig zu seinem 70. Geburtstag die lang erwartete Fortsetzung der Comic-Kult-Figur «Zwille» schenkt.  gerhardseyfried.de

Dschungel­Medizin Ein Film für PsychedelikEnthusiasten: Ayahuasca – Auf den Spuren einer uralten Medizin von Martin Zoller und Robert Fleischer wird dem aktuellen Trend gerecht und gewann sogar den 3. Platz am Ananas-Filmfestival in Zürich. Martin Zoller besuchte für die Dokumentation unter anderem die Siona-Indianer in Ecuador und drehte in Bolivien. Eine beeindruckende Filmdokumentation. ayahuasca-film.de

Freaks im wilden Osten Auf den Spuren der Hippiebewegung in der Sowjetunion tauchen wir im Dokumentarfilm Soviet Hippies ein in den psychedelischen Untergrund der 70er Jahre. Unter dem Druck des Regimes schufen Künstler, Musiker, Freaks, Vaga­ bunden und andere Systemverweigerer ihre eigene Subkultur. Viele Jahre später begibt sich eine Gruppe exzentrischer Hippies aus Estland auf die Reise zu einem Hippiefestival nach Moskau. Soviet Hippies war neben der ARTE-TV-Aus­ strahlung im November 2017 auf zahlreichen Festivals wie DOK Leipzig, São Paulo Film Festival, Trieste Film Festival sowie zuletzt auf dem Santa Barbara Film Festival zu sehen. Die Thematik des Films wird durch die Webserie Alternative Russia aus dem historischen Kontext ins heutige Russland weiter­geführt. Die Serie ist bis November 2020 auf ARTE Creative abrufbar.   www.arte.tv/alternative_russia


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AGENDA 27.-29. APRIL*

21.–24. JUNI

26. AUGUST –3. SEPTEMBER

CannaTrade & CannaSwissCup.

Beyond Psychedelics, Prag.

Burning Man Festival, Nevada,

Älteste deutschsprachige Hanfmesse

Global Psychedelic Forum.

Black-Rock-Wüste. Weltgrößtes

in Zürich-Oerlikon, diesmal mit der

beyondpsychedelics.cz

Psychedelic Gathering.

Neuauflage des CannaSwissCups. cannatrade.ch

burningman.org

4.-9. JULI * One Love Festival, Filisur, Schweiz. Roots of Love. onelovefestival.ch

4.-6. MAI*

22.–29. JULI

Science & Fiction Festival der

Boom Festival, Portugal.

Wissenschaft, Basel. Diesmal zum

Einwöchiges psychedelisches

Thema Rausch und Drogen. Mit

Gathering der Superlative

zahlreichen Referenten und Themen.

mit Kultstatus.

scienceandfiction.ch/festival

boomfestival.org

24.+25. MAI

12.-14. OKTOBER*

Exploring Psychedelics

Cultiva, Wien. Österreichs

Conference, Ashland, Oregon

beliebte und gut besuchte

(USA). 5. Auflage des psychedeli­

10. + 11. AUGUST

schen Symposiums.

36. Finkenbach-Festival,

exploring-psychedelics.org

Finkenbach (Odenwald), Sportplatz:

Hanfmesse.  cultiva.at

Ältestes Krautrockfestival Deutsch­

8.-10. JUNI*

lands. Mit Guru Guru (50. Bühnen­

Mary Jane

jubiläum), Amon Düül II, Marble­

Hanfmesse,

wood u.v.m.  finkenbach.de

13. + 14. OKTOBER

Arena Berlin.

Colloquium on Psychedelic

Dritte Auflage

Psychiatry, Stockholm, Schweden.

der größten deutschen

Konferenz des Swedish Network for

Cannabis-Expo.

Psychedelic Science.

cpp2018.se

maryjane-berlin.com

NOCH BIS 17. JUNI Ausstellung 1968 Schweiz, Bernisches Historisches Museum. bhm.ch/de/1968/

NOCH OHNE DATUM Horizons: Perspectives on

6.–9. SEPTEMBER

Psychedelics, New York City,

Insight Konferenz, Berlin.

Jährliches Forum für Psychedelik.

Psychedelic Science Roundtable,­

horizonsnyc.org

Konferenz der MIND Foundation. mind-foundation.org/de/ psychedelic-science-2018

* mit Stand des Nachtschatten Verlags


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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7 Foto : Lara vo n D än ike n

KLAR TEXT  E I N E K O L U M N E V O N

Ro ger Liggenstor fer

Der Augenöffner

A

lbert Hofmann war für mich immer ein Augenöffner – nicht nur durch seine Ent­ deckung: Bei unseren vielen Begegnungen auf der Rittimatte (seiner zweitgrößten Entdeckung, wie Albert zu sagen pflegte), auf dem Weg zu seinem «Bänkli», konnte er mit einer unvergleichlichen Liebe zum Detail sich immer wieder an den Wundern der Natur erfreuen, auf die Schönheit einer einzelnen Blüte hinweisen oder sich an den faszinierenden Far­ ben von Schmetterlingen erfreuen. Bis zu seinem hohen Alter von 102 Jahren war er nicht auf eine Brille angewiesen! Er sagte von sich selbst, er sei ein «Augenmensch». Es ist bald 35 Jahre her, dass ich Albert Hof­ mann das erste Mal traf und ihn zu einem Vortrag zum Thema LSD einlud. Ihm war es bereits damals wichtig, nicht nur über sein sogenann­ tes Sorgenkind zu reden. Zu der Zeit war das Waldsterben ein omnipräsentes Thema in den Medien und erinnerte die Menschen an die Grenzen des Wachstums; der ökologische Kollaps wurde erstmals breit diskutiert. Albert Hofmann wollte aufzeigen, wie wir uns durch eine vertiefte Innenschau der Wahrneh­ mung des äußeren Raumes bewusst werden – und danach handeln sollten. Die psychedelische Erfahrung erweitert die Wahrnehmung, das, was ich wahr nehme. Wir wer­ den uns dabei der Einheit, des Einsseins mit uns und unserer Umgebung bewusst. Ist unser Inneres nicht im Gleichgewicht, können wir daran arbeiten und uns weiterentwickeln – falls nötig, auch mit thera­ peutischer Unterstützung. Im Äußeren – im politi­ schen, gesellschaftlichen oder ökologischen Kontext – erkennen wir den Handlungsbedarf, um einen nachhaltigen Beitrag zum Schutz unseres Lebens­ raums zu leisten.

LSD war in den sechziger Jahren Mitauslöser und Trigger für ökologische Anliegen, für spirituelles Erwachen, für die Friedensbewegung, für die Frauen­ rechte und mehr – sei es in Kunst, Literatur oder bei der Digitalisierung. Die zeitliche Kohärenz dieser Themen mit LSD, dem Summer of Love, dem Aufkommen der Hippies und der Flower-Power-Zeit ist offensichtlich. So vielfältig und individuell, wie auch die Erfahrung mit LSD sein kann, entstanden durch die­ sen pharmakologisch-chemischen und psychonau­ tischen Einfluss zahlreiche Ausprägungen in der Gesellschaft: vom Meditierenden über den politisch und ökologisch Aktiven hin zum Computer-Nerd. Die einen gingen nach Indien, andere studierten oder wurden politisch aktiv. Allen gemeinsam war damals der Wunsch einer Verände­ rung des nicht mehr tragba­ ren Status quos: der bürger­ lichen Doppelzüngigkeit, der politischen Verlogen­ heit, der Kriegstreiberei in Form des Vietnamkrieges sowie der Zerstörung und Ausbeutung unserer Mitwelt. Nicht zuletzt deshalb wurde der damals zum «LSD-Drogenpapst» hoch­ stilisierte Tim Leary als der «gefährlichste Mann Amerikas» gebrandmarkt, politisch weltweit verfolgt und schließlich ins Gefängnis gesteckt. Die Angst der Konservativen vor Veränderungen ist bis heute die Gleiche geblieben. Deswegen haben wir wohl auch noch immer mehr oder weniger dieselben Drogen­ gesetze wie damals ... Bleiben wir, wie Albert Hofmann es aus­ drückte, Augenmenschen – und werden uns dessen gewahr, was nicht stimmig ist und was wir tun wol­ len, um es zu verändern. Packen wir's weiterhin an, im Sinn und Geist eines passenden Zitates von Albert Hofmann: «Die höchste Stufe des Sehens ist Liebe. Liebe ist die höchste Stufe des Sehens.»

Die psychedelische Erfahrung erweitert die Wahrnehmung, das, was ich wahr nehme.


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Psychedelic Science NEWS Molekularbiologe Linus Naumann berichtet über die neuesten Erkenntnisse und aktuellen Fragestellungen aus der weltweiten wissenschaftlichen Erforschung psychedelischer Substanzen und Organismen.

Konsum von LSD und anderen Psychedelika fördert das Umweltbewusstsein

Bekanntermaßen entwickeln Menschen, die der Natur ein Bewusstsein zuschreiben, im Durchschnitt ein aktiveres Umweltbewusstsein. Gleichzeitig zeigen Untersuchungen zu klassischen Psychedelika (wie LSD oder Psilocybin), dass viele Menschen im psychedelischen Zustand die Natur als beseelt oder mit einem umfassenden Bewusstsein ausgestattet erleben. Dieses Gefühl wird häufig mit Sätzen wie «Alles ist eins» umschrieben. Aus diesen Beobachtungen entwickelten die Wissenschaftler Matthias Forstmann und Christina Saglioglou die Hypothese, dass der Konsum psychedelischer Substanzen das Umweltbewusstsein verstärken könnte. Um diese Idee zu testen, führten sie eine Online-Befragung auf der Internetplattform Mechanical Turk (www.mturk.com) durch. Dort konnten sie die Selbstauskünfte von 1487 Personen, davon 913 weiblich, 566 männlich und 8 intersexuell, zusammentragen. Die Umfrageteilnehmer waren im Durchschnitt 35 Jahre alt, und 27 Prozent von ihnen hatten bereits eigene Erfahrungen mit LSD und anderen Psychedelika gemacht. Der Fragebogen untersuchte die gefühlte Verbundenheit zur Natur, den tatsächlichen umweltbezogenen Lebensstil sowie den Umgang mit verschiedenen psychoaktiven Substanzen. So mussten die Teilnehmer ihre erlebte Nähe zur Natur anhand von Aussagen wie «Ich bin nicht getrennt von der Natur, sondern ein Teil von ihr» bewerten. Auch ihre Einschätzung des Verhältnisses von Mensch und Natur wurde über Aussagen wie «Menschen haben das Recht, sich alle Ressourcen aus der Natur zu nehmen» erfragt. Außerdem sollte das persönliche Bedürfnis nach Naturerfahrungen angegeben werden. Wie umweltbewusst der Lebensstil der Teilnehmer tatsächlich war, schloss man aus Angaben zum Wasserverbrauch, Abfall­entsorgung,

Foto: Clemense 1980

Erstmals konnten Forscher einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Psychedelika-Konsum und Umweltbewusstsein nachweisen.

Die Autoren vermuten, dass die Empathie zur Natur durch Psychedelika nach­ haltig verstärkt wird. der Art der Teilnahme am Straßenverkehr (Auto, Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel) und ökologisch bewusstem Kaufverhalten. Der Konsum psychedelischer Substanzen korrelierte sowohl mit Naturverbundenheit (r  =  0,3, p > 0,001), als auch mit einem umweltbewussten Lebensstil (r = 0,23, p > 0,001). Ein solcher Zusammenhang konnte beim Konsum keiner anderen Substanzklasse (Dissoziativa, Empathogene, Cannabinoide, Alkohol, Nikotin oder Coffein) festgestellt werden. Die Autoren der Studie vermuten, dass durch die intensive Erfahrung von Verbundenheit mit der Natur die Empathie zur Natur durch Psychedelika nachhaltig verstärkt wird. Die Autoren weisen darauf hin, dass aus Korrelationsstudien keine sichere Kausalität abgeleitet werden kann. Alternative Erklärungen können derzeit nicht ausgeschlossen werden. Beispielsweise könnte der Konsum von Psychedelika in Gesellschaftsteilen mit hohem Umweltbewusstsein kulturell stärker verankert sein. Forstmann and Saglioglou, 2017, «Lifetime experience with (classic) psychedelics predicts pro-environmental behavior through an increase in nature relatedness», Journal of Psychopharmacology, Vol. 31 (8) 975–988


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Lucy’s Rausch N r . 7

LSD-Erfahrungen können das Lebensgefühl für viele Monate verbessern Das Potential psychedelischer Substanzen zu langfristigen, positiven Effekten auf das Wohlbefinden wurde am Beispiel LSD in einer wissenschaftlichen Studie untermauert. Von vielen traditionellen und modernen Nutzergemeinschaften weltweit wird die psychedelische Erfahrung als langfristig lebensbereichernd empfunden. Auch Künstler, Wissenschaftler und Unternehmer schreiben Teile ihres Erfolgs öffentlich ihren LSD-Erfahrungen zu, zum Beispiel der Nobelpreisträger in Chemie Karry Mullis, der Apple-Mitbegründer Steve Jobs sowie die Erfinder der Serie South Park, Trey Parker und Matt Stone. An Anekdoten zur positiven Wirkung der LSD-Erfahrung mangelt es nicht. Da Einzelaussagen jedoch sehr fehleranfällige Quellen darstellen, führten die Schweizer Forscher Yasmin Schmid und Matthias Liechti von der Universität Basel eine der ersten LSD-Studien seit 40 Jahren durch. Dafür fanden sie insgesamt 16 freiwillige Probanden (acht Männer und acht Frauen) im Alter von 25–51 Jahren, die sich bereit erklärten, eine höhere Dosis LSD (200 µg) in einer klinischen Umgebung zu konsumieren. Schwangere und Personen mit psychischen Krankheiten durften nicht an der Studie teilnehmen. Zur Vorbereitung auf die LSD-Erfahrung absolvierten alle Teilnehmer ein individuelles zweistündiges Aufklärungsgespräch mit dem Studienleiter sowie ein einstündiges Gespräch mit einem Psychiater. Die LSD-Versuche fanden danach für jede Person einzeln an zwei Versuchstagen statt. An einem der Tage konsumierte die Person 200 µg LSD, am anderen Tag ein Placebo. Jede dieser Versuche startete um neun Uhr morgens und dauerte 25 Stunden an. Tagsüber konnten sich die Teilnehmer mit einer Aufsichtsperson unterhalten, Musik hören oder einfach gar nichts tun. Gegen Ende des Tages gab es dann Abendessen, und es wurde im Krankenhaus übernachtet.

Einen Tag, einen Monat und ein Jahr später füllten die Teilnehmer detaillierte Fragebögen zur allgemeinen Stimmung und zu spirituellen und mystischen Gefühlen aus und machten einen schriftlichen Persönlichkeitstest. Die Ergebnisse zeigten eine positive Wirkung der LSD-Erfahrung auf die Lebensqualität fast aller Teilnehmer. So bewerteten ein Jahr später zehn Teilnehmer ihr LSD-Erlebnis als eines der zehn bedeutungsvollsten Ereignisse ihres Lebens. Für fünf Teilnehmer stellte das Erlebnis außerdem eine der fünf spirituellsten Erfahrungen ihres Lebens dar. Während sich die selbst eingeschätzte Religiosität nicht veränderte, bezeugten

Fast alle Teilnehmer bezeugten ein stärkeres Gefühl für die Mystik des Lebens. fast alle Teilnehmer ein stärkeres Gefühl für die Mystik des Lebens sowie eine geringere Angst vor dem Tod (p < 0,001). Bemerkenswerterweise verstärkten sich viele dieser Effekte zwischen der Einmonats- und Einjahresuntersuchung, obwohl keine weiteren LSD-Erfahrungen stattfanden. Keine Person gab eine Verschlechterung ihrer Lebensqualität an. Die Autoren sehen in den Ergebnissen starke Parallelen zu einigen Studien über Psilocybin, in denen ebenfalls langfristig positive Effekte festgestellt wurden. Allerdings merken sie an, dass alle diese wissenschaftlichen Versuche in einer sicheren Umgebung, nach ausreichender Aufklärung und unter Ausschluss von psychisch erkrankten Personen stattgefunden haben. Sollten solche Vorsichtsmaßnahmen nicht beachtet werden, könnten entsprechend andere Ergebnisse zutage treten. Schmid and Liechti, 2018, «Long-lasting subjective effects of LSD in normal subjects», Psychopharmacology 235(2): 535–545.


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Psychedelic Science NEWS

LSD-Analoga von ALD-52 bis LSZ Bereits seit der Entdeckung der Wirkung des LSD durch Albert Hofmann 1943 werden stetig neue psychedelische Stoffe durch chemische Veränderungen des LSD-Moleküls entwickelt. Forscher wollen dadurch ihre Wirkweise besser verstehen und Psychonauten der Kriminalisierung entgehen. Zudem können einige dieser Analoga den Konsumenten neue Varianten der psychedelischen Erfahrung eröffnen. LSD entfaltet seine psychedelische Wirkung vor allem durch die Bindung an die neuronalen Serotoninrezeptoren 5-HT2A und B, die in vielen Regionen des Gehirns vorkommen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch andere Moleküle, welche an diese Rezeptoren binden, psychedelische Effekte auslösen können. Dieser Gedanke hat Forscher und Drogenchemiker dazu beflügelt, immer neue LSDVarianten herzustellen und zu testen. Pioniere dieser Forschung waren unter anderem Alexander Shulgin (1925–2014) und David Nichols. Die Entwicklung neuer Moleküle birgt jedoch häufig Überraschungen. Bereits Albert Hofmann beschrieb vier LSD-Varianten (Abb.1), die chemisch fast identisch sind, sich aber zueinander wie Bild und Spiegelbild verhalten (Stereoisomere). Dabei stellte er fest, dass von den vier unterschiedlichen

5R,8R-LSD (=LSD-25)

5R,8S-LSD

LSD-Varianten nur das 5R,8R-LSD psychedelisch aktiv ist. Nur diese Form ist normalerweise mit «LSD» gemeint und wurde von Hofmann «LSD-25» genannt. Von den Dutzenden hergestellten LSD-Varianten wird nur eine kleine Anzahl regelmäßig von Konsumenten genutzt. Obwohl einige dieser Sub­ stanzen chemisch bereits seit Jahrzehnten bekannt sind, müssen sie immer noch als Research Chemicals gelten. Es gibt zu ihnen nur anekdotische Beschreibungen von Einzelpersonen und keine

Einige LSD-Analoga können neue Varianten der psychedelischen Erfahrung eröffnen. umfassende wissenschaftliche Literatur. Obwohl kein Todesfall allein aufgrund des Konsums eines LSD-Analogons bekannt ist, sollte man beim geplanten Konsum der weniger erforschten Sub­ stanzen höhere Vorsicht walten lassen. Aktuell sorgt das 2015 zum ersten Mal synthetisierte 1-Propionyl-LSD (1P-LSD) für Aufsehen. Dieses Analogon zeigt nach Einschätzung vieler

5S,8R-LSD

5S,8S-LSD


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Lucy’s Rausch N r . 7

LSD

1P-LSD

ETH-LAD

1P-ETH-LAD

PRO-LAD

1A-LSD (= ALD-52)

AL-LAD

LSZ

LSM-775

Nutzer identische psychoaktive Wirkungen wie LSD. che, aber vom LSD unterschiedliche Wirkung erzeuTatsächlich zeigten Laboruntersuchungen, dass die gen. Oft wird ihnen ein geringerer geistig-emotio1-Propionylgruppe im menschlichen Blut­ serum naler Effekt, dafür jedoch stärkere optische Wirkung abgespalten wird und klassisches LSD im Blut ver- nachgesagt. Aufgrund ihres sehr eigenen Wirkprobleibt. Der gleiche Mechanismus wurde später bei fils werden sie zuweilen als eigenständige psyche­ der Umwandlung von 1P-ETH-LAD zu ETH-LAD delische Substanzen angesehen.  beobachtet und spielt möglicherweise auch bei Brandt et al. 2015, »Return of the lysergamides. Part I: Analytical 1-Acetyl-LSD (= 1A-LSD = ALD-52) eine Rolle. Sowohl dem 1A-LSD als auch den beiden exo- and behavioral characterization of 1-propionyl-d-lysergic acid diethylamide (1P-LSD), Drug Testing and Analysis tischeren Analoga LSZ und LSM-775 wird eine LSD-identische Wirkung nachgesagt. 1A-LSD und Brandt et al. 2017, »Return of the lysergamides. Part III: Analytical characterization of N6-ethyl-6-norlysergic acid LSZ sollen dabei ebenso potent sein wie LSD, wäh- diethylamide (ETH-LAD) and 1-propionyl ETH-LAD (1P-ETHrend LSM-775 nur ein Zehntel der Stärke aufweist. LAD,), Drug Testing and Analysis Die am Stickstoffatom an Position 6 des LSD-MoleBrandt et al. 2017, »Return of the lysergamides. Part IV: ist erhältlich im Pressehandel, in Buchund Hanfshops, im Versand küls veränderten Stoffe ETH-LAD, PRO-LAD und Analytical and pharmacological characterization of lysergic acid AL-LAD sollen dagegen eine zwar zueinander ähnli- morpholide (LSM-775), Drug Testing and Analysis

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Lucy’s Rausch

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Illustration:Steve Stoned

24 Lucy‘s Rausch Nr.7


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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

Hommage

75 JAHRE ACID Zum Jubiläum der Entdeckung eines weltverändernden Psychedelikums TEXT

Markus Berger

FÜR ALBERT UND ANITA HOFMANN (IN MEMORIAM)

A

cid, Cubes, Säure, Papers, Blotter, Drops, ein Kreislauf- und Atmungsstimulans zu gewinMicros, Filze, Trips, 25, Blue Dots, Fahrrad, nen», schreibt Albert Hofmann in seinem bekannSandoz, Sunshine, Pappen, Tickets … Die testen Buch LSD – mein Sorgenkind. Und in der Bezeichnungen sind vielfältig und ihre Aufzäh- Tat: Die Untersuchung des LSD ergab eine Wirkung lung ist nicht annähernd vollständig. LSD, oder auf die Gebärmutter. Trotzdem verschwand das d-Lysergsäurediethylamid-25, ist ein psychedeli- Molekül zunächst in der Schublade. sches Alkaloid aus der Stoffklasse der Tryptamine. Was wir mit diesem Jahrestag des LSD feiDieses halbsynthetische Psychedelikum auf ern, ist nicht die «Erfindung» dieses Stoffs, also Basis von Mutterkornalkaloiden wurde vom die erstmalige Synthese, sondern die Entdeckung Schweizer Chemiker Albert Hofmann entdeckt der psychedelischen Qualitäten von Acid. bzw. erfunden – oder wie Hofmann es selber ausAber wie kam es dazu? «Eine merkwürdige gedrückt hat: «Nicht ich habe Ahnung, dieser Stoff könnte das LSD, sondern das LSD hat noch andere als nur die bei der Acid. Der geläufigste umgangsmich gefunden.» LSD kommt in ersten Untersuchung festgesprachliche Ausdruck für LSD dieser Form nach derzeitigem stellten Wirkungsqualitäten beberuht auf der englischen Übersetzung des deutschen Kenntnisstand nicht in der sitzen, veranlasste mich, fünf Wortes «Säure», wofür das S in Natur vor. Wohl aber VorläuferJahre nach der ersten Synthese LSD steht. (...) Dem Oxford substanzen, die bei der LSDLSD-25 nochmals herzustellen, English Dictionary zufolge wird Synthese ausschlaggebend um es erneut für eine erwei«Acid» in diesem Sinne erstmals sind, zum Beispiel Ergotamin terte Prüfung in die pharmakoin einem Brief Neal Cassadys aus und Lysergsäureamid (LSA, logische Abteilung zu geben.» dem Jahr 1965 erwähnt: «Bin LA-111, Ergin), die unter andeWas dann folgte, nennen heute Abend spät aufgestanden, habe mich mit Acid zugedröhnt rem im Mutterkornpilz (Clamanche Zufall und andere und einen Streifzug durch die viceps purpurea) und in diverFügung. Denn obwohl Albert Kneipen gemacht, um großartisen Windengewächsen nachHofmann als gewissenhafter gen Rock and Roll zu hören». gewiesen werden können. und stets besonders reinlicher Am 19.  April 2018 – dem Chemiker bekannt war, musste Erscheinungstag dieser Lucy‘s-Ausgabe – jährt sich das LSD auf irgendeine Art und Weise mit seiner die Entdeckung der psychoaktiven Eigenschaften Haut in Berührung gekommen sein. Bei dieser des LSD zum 75. Mal. Die eigentliche Entdeckung zweiten Synthese hatte er plötzlich bewusstseinsdes LSD hatte bereits fünf Jahre zuvor stattgefun- verändernde Effekte verspürt, die er als «eine den, 1938, als Albert Hofmann die Substanz erst- merkwürdige Unruhe, verbunden mit einem leichmalig synthetisierte, um für seinen Arbeitgeber, ten Schwindelgefühl» beschrieben hatte. Außerdas Pharmaunternehmen Sandoz in Basel, ein dem nahm er «phantastische Bilder von außer­ neues Pharmakon zu finden: «Ich hatte die Syn- ordentlicher Plastizität und mit intensivem, these dieser Verbindung mit der Absicht geplant, kaleidoskopartigem Farbenspiel» wahr. }


26  75 JAHRE ACID

LSD is the wisdom of the West. Lama Yeshe Das war am 16. April 1943 und veranlasste von 50 bis 250 Mikrogramm genügen bereits, um den Forscher, drei Tage später seinen ersten mehr oder weniger starke psychedelische Wirbewussten Selbstversuch mit LSD-25 zu unter- kungen zu provozieren – wobei 250 Mikrogramm nehmen. Albert Hofmann erlebte also am den psyche­delischen Horizont schon recht weit 19.  April 1943 den allerersten LSD-Trip der öffnen können. Darüber hinaus ist LSD eines der Menschheitsgeschichte, der auch die berühmte, wichtigsten Psychedelika oft zitierte und bis heute ikonografisch und kul- überhaupt, denn es hatte Haight-Ashbury. Dieses turell immer wieder zelebrierte Velofahrt nach einen Einfluss auf die sozioStadtviertel in San Francisco, das nach der Straßenkreuzung Hause einschloss (der Grund, warum der 19.  April kulturelle Entwicklung des Haight Street und Ashbury als Bicycle Day bezeichnet wird): «Schon auf Menschen wie kaum eine Street benannt ist, wurde dem Heimweg mit dem Fahrrad – ein Auto war im andere Droge. Auch wenn während der psychedelischen Augenblick nicht verfügbar, Autos waren wäh- psychoaktive Drogen wie Ära zum Zentrum der rend der Kriegszeit nur wenigen Privilegierten Kaffee, Alkohol und Tabak die Hippie-Gegenkultur. In der vorbehalten – nahm mein Zustand bedrohliche Kulturgeschichte schon stark Gegend gab es viele viktoriaFormen an. Alles in meinem Gesichtsfeld beeinflusst haben (und dies nische Häuser, die in den 1950er Jahren herunter­ schwankte und war verzerrt wie in einem bis heute tun), sorgte doch gekommen waren und die gekrümmten Spiegel. das Wissen um entheogene der psychedelischen GemeinAuch hatte ich das Trigger und vor allem die tiefLeague for Spiritual schaft (...) billigen und Gefühl, mit dem Fahrrad greifende Erfahrung mit dieDiscovery (dt.: Bund für bunten Wohnraum boten. nicht vom Fleck zu kom- sen erst für den ultimativen Spirituelle Entdeckung). Im Charles Perry beschrieb das men. Indessen sagte mir kulturellen Aufbruch. September 1966 gründete damalige Haight-AshburyTimothy Leary eine religiöse später meine Assistentin, LSD zeigte neue Wege Viertel als «praktisch die Gruppe namens League for größte LSD-Party in der wir seien sehr schnell des Denkens und der IntellekSpiritual Discovery. Wie die Geschichte». gefahren» (LSD – mein tualität auf und inspirierte Initialen klar anzeigen, basierte Sorgenkind). eine ganze Jugendbewegung die Religion auf dem sakramenHeute, 75 Jahre (vornehmlich die Hippies). Es regte ganze Genetalen Gebrauch von LSD. Leary später, wissen wir alle rationen zum Nach- und Umdenken an und gründete den Bund ungefähr zur längst, wie wichtig und motivierte Wissenschaftler zu einer neuen Welle selben Zeit, als LSD verboten einflussreich die Erfah- der Bewusstseinsforschung. Dabei durchlief LSD wurde; er hoffte auf verfassungsrechtlichen Schutz für die rungen mit dieser Sub­ einen langen, kontroversen Weg in der globalen Mitglieder des Bundes, die Acid stanz für die Menschheit, Gesellschaft, war erst Wunderdroge und Fornahmen. ihre Kulturge- schungsobjekt, dann Heilmittel und entheogeschichte und spirituelle nes Werkzeug – so lange, bis die politisch VerantEntwicklung gewesen sind – damals wie heute. wortlichen es mit der Angst zu tun bekamen. LSD ist in der ganzen Welt Da wurde die einstige Wunderbekannt, das verdanken wir droge plötzlich zum Rauschgift Microdot. Diese Version nicht zuletzt dem psychonautiund Teufelszeug. Weil eine des LSD kommt in winziger schen Harvard-Psychologen-Trio exzessive Propa­ganda für den Pillenform bzw. als Filz Timothy Leary, Ralph Metzner LSD-Konsum auch für exzessive daher. Die berühmtesten und Richard Alpert (Ram Dass). «bad news» sorgte und weil Microdots (Abkürzung: Micros bzw. Mikros) kamen Die drei wurden Ende der sechziauch Unbedarfte sich einer aus dem walisischen Labor ger, Anfang der siebziger Jahre zu Erfahrung hinzugeben wagten, des Chemikers Richard psychedelischen Weltstars und die sie unter Umständen nicht Kemp, der bei dem Polizeihaben die Substanz, zusammen hatten einschätzen können. einsatz «Operation Julie» mit anderen Kollegen, weit über Und weil es neben dem sachverhaftet wurde. die wissenschaftlichen Kreise hingemäßen und heilsamen aus bekannt gemacht. Gebrauch bei allen Substanzen LSD-25 ist eines der wirksamsten Psyched- immer auch eine unsachgemäße Anwendung elika, die der Mensch bisher kennt. Dosierungen («Missbrauch») gibt, hatten die Gegner dieser


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Das LSD-Molekül. Foto: Istock

Millbrook. Nachdem Timothy Leary von Harvard entlassen worden war, gründete er eine Kommune pharmakologischen Revolution bald genügend psychedelischer Enthusiasten in einem herrschaftlichen «Argumente» gesammelt, um das Molekül Anwesen in Millbrook, New York, in der Nähe von Poughzunächst von der Bildfläche verschwinden zu keepsie. Das Grundstück wurde ihm leihweise von Billy lassen. Im Untergrund lebte LSD aber immer. Hitchcock zur Verfügung gestellt, der von LSD fasziniert Zu keiner Zeit war das Entheogen komplett aus war und Learys Experimente unterstützen wollte. Mit 64 der Pharmakopöe der psychonautischen BeweZimmern und über 1500 Hektar Wald war Millbrook der gung verschwunden. Im Gegenteil: LSD prägte ideale Ort für Leary und Dutzende seiner psychedelischen Utopisten, vorwiegend Dichter, Künstler, Psychologen maßgebliche Aspekte des psychonautischen und Philosophen. Sie nahmen häufig Acid, tollten in den Lebensstils. Wäldern herum, meditierten bei Kerzenlicht und halfen Daraus erwuchsen kulturelle Phänomene, einander, Horrortrips durchzustehen. die bis heute fest in unserer Gesellschaft verankert sind. Man denke nur an den allgegenwärtigen Smiley, den wirklich fast jeder zumindest schon mal gesehen hat. Was die wenigsten wis- Entdeckung des psychedelisch wirksamen Phesen: Der Smiley war einst (unfreiwilliges) Symbol nethylamins Meskalin (aus dem Kaktus Lophoder Acid-Bewegung – inklusive eigener Musikstile phora williamsii, Peyote) teilweise aus den Fugen (zum Beispiel Acid House, Acid Techno und Acid geraten. Wie viel explosiver schlug nun erst das Jazz, so wie Jahrzehnte vorher die Psychedeliker LSD in diesen Köpfen ein! Psychedelic Rock ins Auch heute noch ist LSD als Rauschgift Leben gerufen hatten), und Suchtstoff verrufen, trotz vorsichtiger wisMayonnaiseglas. Michael genauso wie unzählige senschaftlicher Wiederaufnahme der ForschunHollingshead, der englische WisWerke der Musik, Litera- gen. Nach wie vor verhindern Angst, Irrglauben, senschaftler, der Timothy Leary tur und Malerei, des Ignoranz und vor allem wirtschaftliche Interesmit LSD bekannt machte, Films und Dramas, der sen der Anti-Drogen-Krieger, dass mit LSD frei verwandelte ein Gramm der Oper und des Musicals gearbeitet werden kann. Hoffen wir also, dass Droge zu einer zuckergussartigen Paste, die er in einem Mayon­ künstlerisch umge- das LSD und die Psychedelika generell sich ihren naiseglas aufbewahrte. Er isttrug erhältlich im Pressehandel, in Buchund und Hanfshops, iminVersand setzte Quintessenzen Platz in Forschung Wissenschaft, Spiritudas LSD mit sich herum und der LSD-Erfahrung dar- alität, Hedonismus und Kultur wieder zurückverteilte großzügig erste Dosen über lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! stellen. Die Welt der Kul- erobern. an viele Künstler und Akademiturschaffenden war ja Auf weitere 75 Jahre LSD! ker, wodurch sein Mayonnaise­ zuvor schon durch die Die Reise ist das Ziel. } glas Kultstatus als psychedelischer Kunstgegenstand errang.

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch


28  75 JAHRE ACID

ot

Stimmen zu LSD

Es ist eine weitverbreitete Meinung, das objektive, materielle Weltbild der Natur­ wissenschaften und die mystisch-religiöse Welterfahrung würden sich widersprechen. Das Gegenteil ist wahr. Sie ergänzen sich zu einer umfassenden Einsicht in ein und dieselbe geistig-materielle Wirklichkeit.

Es war ein riesiges Glück – ganz im aristo­ telischen Sinne, dass LSD in mein Leben getreten ist. Seitdem sind mir Lichter aufgegangen. Erst jetzt verstehe ich das wunderbare deutsche Wort «Erleuchtung».

Ekstatische Gefühle von Liebe und Glück, Affinität zu anderen Menschen, das Gefühl, mit sich selbst und dem Universum im Reinen zu sein, fließende Visionen, berückender, schöner und farbenfroher als alles aus der Natur, Töne, die man schmecken und aus vollem Herzen und mit ganzer Seele fühlen kann, ein Gefühl der Zeitlosigkeit, der Ewigkeit und Unendlichkeit, ein brillantluzider Geist, der sich selbst aus umfassender und neuer Perspektive wahrnehmen kann, eine überwältigende Welle von Emotionen – das sind die Gefühle, die für LSD und die meisten anderen Psychedelika stehen.

Christian Rätsch, Ethnopharmakologe und Autor

D. M. Turner, Forscher, Autor, Psychonaut

Als Albert Hofmann aus Versehen erlebte, was d-Lysergesäurediethylamid (...) beim gesunden Probanden bewirken kann, hatte er damit eine Revolution im psychiatrischen Denken in Gang gesetzt, die bis heute anhält.

Letztendlich ist der wesentlichste Aspekt der heutigen Bedeutung von LSD, dass eine chemische Technologie Millionen von Menschen ermöglichte, Erfahrungen der Transzendenz des persönlichen Egos zu machen, was vor nur einem Jahrhundert lediglich den diszipliniertesten Mystikern vorbehalten war.

Albert Hofmann, Erfinder des LSD

Abram Hoffer und Humphry Osmond, The Hallucinogens

Frank Barron, Psychologe

Die wahre evolutionäre Herausforderung durch die Existenz solcher Chemikalien wie LSD besteht darin, wie man als Mensch letztlich erlernt, ein vollverantwortliches Wesen zu sein. Dies ist das ekstastische Abenteuer. Ralph Metzner, Psychologe und Bewusstseinsforscher

Bicycle Day (Fahrradtag). Der 19. April wird von LSD-Enthusiasten als «Bicycle Day» gefeiert. An diesem Tag nahm Albert Hofmann 1943 zum ersten Mal bewusst eine volle Dosis der von ihm entdeckten Substanz. Hofmann, der noch keine Ahnung hatte, wie LSD wirklich wirkt, fuhr mit dem Fahrrad vom Sandoz-Laboratorium nach Hause, kurz nachdem er sich eine Dosis von 250 Mikrogramm verabreicht hatte. Auf dem Heimweg beschlich ihn ein merkwürdiges Gefühl, und so trat er kräftig in die Pedale, fühlte sich aber, als ob er nicht von der Stelle käme. 1993 feierten 25 Schweizer Radfahrer den 50. Jahrestag des Bicycle Days – zu Ehren des LSD und seines Entdeckers fuhren sie mit dem Fahrrad dieselbe Strecke ab, die Hofmann 1943 auf dem ersten Acid-Trip der Weltgeschichte genommen hatte.

Forscher, die keine LSD-Erfahrungen hatten, waren einfach nicht in der Lage, die grund­ legende Wirkung des LSD auf das mensch­ liche Gehirn zu erkennen. Jene, die es benutzten, waren dagegen häufig nicht fähig, ihre Erfahrungen adäquat vermitteln zu können, sie wurden von ihren Gegnern einfach nicht verstanden. John C. Lilly, Delfinforscher

Die medizinische Bedeutung der Halluzinogene hat seit der Entdeckung von LSD-25 und seiner Wirkung auf den Menschen (1943) ganz wesentlich zugenommen. Hanscarl Leuner, Pionier der psycholytischen Psychotherapie

LSD verursacht psychotische Zustände – bei denjenigen, die es nicht nehmen. Terence McKenna, Philosoph, Psychonaut, nach einem Ausspruch von Timothy Leary


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LSD-BÜCHER LSD – mein Sorgenkind, das ultimative LSD-

Ich mag eigentlich keine Drogen, aber LSD hat mir sehr gut getan. Ich finde, alle Politiker sollten LSD nehmen.

Buch von Albert Hofmann, erzählt die

Cary Grant, Schauspieler

der Substanz auf den Wissenschaftler in

Geschichte der Entdeckung dieses Psychedelikums und erläutert den Einfluss seiner Entwicklung zum Mystiker. Im Buch

Taking LSD was a profound experience, one of the most important things in my life.

Forschungen, beispielsweise den Nachweis der Inhaltsstoffe

Steve Jobs, Apple-Gründer

aus den mexikanischen Zauberpilzen (Psilocybe mexicana)

berichtet Hofmann auch über seine weiteren

und seine Beschäftigung mit der mazatekischen Schama-

LSD ist das ultimative Psychedelikum, der ultimative Ausdruck der chemischen Magie.

nendroge Salvia divinorum. Albert Hofmann und sein LSD von Dieter

André Weil, Mediziner und Ethnobotaniker

Hagenbach und Lucius Werthmüller ist die Biografie des berühmten Chemikers und

Die Entdeckung des LSD fällt menschheitsgeschichtlich gesehen praktisch zusammen mit der Entdeckung der Atombombe und deren erstem Abwurf. Dieses zeitliche Aufeinander-

Psychonauten. Das Buch stellt auf lebendige Weise das Leben des LSD-Vaters in Wort und Bild dar. Das über 400-seitige Werk erschien 2011 im AT-Verlag und ist

Electric Kool-Aid Acid Test. Tom Wolfe, ein Vertreter des literarischen Journalismus, veröffentlichte 1968 mit diesem Buch einen ausführlichen Bericht über Ken Kesey und die Merry Pranksters. Als Quellen dienten Wolfe ausführliche Interviews mit den Beteiligten. Sein Buch war ein Versuch, die psychedelische Erfahrung aus der Sicht eines Insiders zu beschreiben. The Electric Kool-Aid Acid Test wurde ein Bestseller und machte ein breites Lesepublikum mit der Story der Pranksters bekannt.

mittlerweile vergriffen. Restexemplare gibt es beim Nachtschatten Verlag. Albert Hofmann und die Entdeckung des LSD von Mathias Bröckers und Roger Liggenstorfer versammelte 2006 anlässlich des 100. Geburtstags Albert Hofmanns dessen wichtigste Texte und Vorträge sowie Arbeiten bedeutender Kollegen wie Ralph Metzner, Jonathan Ott und Christian Rätsch. Erschienen im Nachtschatten Verlag.

treffen der negativen physischen Zerstörungsund Spaltungsbombe mit der positiven psychischen Bewusstseinsverschmelzungsbombe bedeutet für mich eine Absprache der Evolution – eine Absprache der äußeren mit der inneren Welt. Oder anders ausgedrückt: LSD ist die Antwort des inneren Raumes auf die Fragen der äußeren Wirklichkeit. Roger Liggenstorfer, Verleger Nachtschatten Verlag

50 Jahre LSD-Erfahrung von Christian Rätsch. Diese Koproduktion des Nachtschatten Verlags und der Werner Pieper MedienXperimente ist eine Hommage an das LSD und seinen Entdecker. Christian Rätsch versammelt in dem wunderbaren kleinen Buch alles zur LSD-Geschichte und -Kultur und präsentiert 50 Zitate von 50 Persönlichkeiten zu dieser entheogenen Substanz. Mit einer Übersicht über

Auch wenn Albert Hofmann wegen der Umstrittenheit des LSD nie den Nobelpreis erhalten hat, ist er der bekannteste Chemiker des 20. Jahrhunderts und der einzige mit dem Status eines Popstars.

sämtliche wichtigen Werke zum LSD. Malerei aus Bereichen des Unbewussten – Künstler experimentieren unter LSD von Richard F. Hartmann ist eine «wissenschaft-

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten zu Wandlungslesen: liche Ausgabe Darstellung künstlerischer prozesse», die unter dem Einfluss von LSD

Dieter Hagenbach und Lucius Werthmüller in Albert

Lucy’s Rausch

istLSD erhältlich im Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, im Versand bei bildenden Künstlern beobachtet Hofmann und sein werden konnten. Der Autor war Mediziner, selbst Künstler

über lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch E-Book! und außerdem Galerist, der sichals auf phantastische Kunst }

spezialisiert hatte. Das Buch ist nur noch selten antiquarisch zu finden.


30  75 JAHRE ACID

L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

Delysid. Delysid war die Markenbezeichnung von LSD, als Sandoz es Psychiatern und medizinischen Wissenschaftlern zu Versuchszwecken zur Verfügung stellte. Der Sandoz-Chemiker Albert Hofmann hatte LSD zehn Jahre zuvor entdeckt und schlug die Markenbezeichnung vor, als seine Firma die Substanz auf den Markt brachte. Sandoz entschied, Delysid qualifizierten Wissenschaftlern im Austausch gegen Einsicht in die Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen.

Der Trip mit einem geliebten Partner kann ein guter Einstieg sein in die transzendentale Erfahrung der kosmischen Einheit und des seligen Auflösens des Ego-Bewusstseins.

Ergebnisse von LSD-Sitzungen wesentlich von Faktoren nicht-pharmakologischer Art abhängen. Stanislav Grof, Psychiater und Therapeut

Das Werkzeug, das Albert Hofmann der Welt geschenkt hat, war erst der Anfang – das Zeitalter der Bewusstseinserweiterung hat gerade erst begonnen. Mathias Bröckers, Schriftsteller und Journalist

Wayne Glausser

Kulturgeschichte von A bis Z

Mit einem Vorwort von Christian Rätsch

RÜCKBLICK

Alle Stichworte sind entnommen aus Wayne Glausser

LSD

Heute scheint unter LSD-Therapeuten allgemeine Übereinstimmung darüber zu bestehen, dass die therapeutischen

Wayne Glausser

Ulli Olvedi, Autorin

Kulturgeschichte von A bis Z

Über ein Molekül, das die Welt veränderte

LSD Kulturgeschichte von A–Z Prolog von Christian Rätsch Nachtschatten Verlag 2018 ISBN 978-3-03788-551-2

Festakt 50 Jahre LSD

Der Nachtschatten Verlag und Freunde luden am 17. April 1993 zu einem Festakt in Basel zum 50jährigen Jubiläum der LSD-Erfahrung von Albert Hofmann ein. Im Vorwort zum Programmheft stand zu lesen:

Ein Liter Wasser löscht den Durst eines Wanderers für ein paar Stunden. Ein Liter Weihwasser bestärkt ein paar hundert Kirch­gänger in ihrer Frömmigkeit. Ein Liter LSD kann vier bis fünf Millionen Menschen völlig neue Anschauungen der Welt und neue Einsichten in ihr eigenes Selbst vermitteln. Aufgrund dieses Absatzes weigerte sich die Druckerei in

München, das Heft zu drucken. So mussten die Druckvorlagen auf schnellstem Weg nach Solothurn gesendet werden, damit das Heft dort gedruckt werden konnte. Da die Betreiber des Sommer-Casinos in Basel wenige Tage vor der Veranstaltung von ihrem Vertrag zurücktraten, fand die Feier in der nahe gelegenen ehemaligen Schlotterbeck-Garage statt. Dort lauschten die gut 400 angereisten Gäste der Performance Hommage à Albert – 50 Jahre LSD-Erfahrung der Gruppe Acid Test – eine musikalische Umsetzung der astronomischen Konstellation zur Zeit der Entdeckung der Wirkung des LSD, moderiert vom Entdecker der planetarischen «Urtöne» Hans Cousto unter Mitwirkung von Steve Schroyder (Keyboards), Jens Zygar (Gongs, Percussions)

und Gary Thomas (Didgeridoo). Danach gab es Tanz-Ekstase mit Goa-Sound von Mixmaster Morris, DJ Pat (Electric Rama) aus Lausanne und DJ Sangeet aus Berlin mit Lichteffekten von Thilo Kage. Die Musiker Steve Schroyder und Jens Zygar traten normalerweise als Star Sounds Orchestra auf. Ihre Plattenfirma CMS Music GmbH wollte den Auftritt der beiden Musiker im Rahmen von Acid Test bei der Jubiläumsfeier verhindern. Deren Anwalt schrieb am Donnerstag vor Ostern, 8. April 1993, dass im Programmheft für das «Rauschgift LSD» geworben werde. Dies sei ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und schade dem Ruf der Plattenfirma. Die Anwaltskanzlei der Musiker konterte jedoch gut, und das Konzert konnte wie geplant stattfinden. Zu Beginn der Veranstaltung war Roger Liggenstorfer vom Nachtschatten Verlag übrigens nicht in Basel, sondern in Bern – er wurde Vater! Er wollte bei der Geburt seiner Tochter Lara dabei sein und sie mit Gabriella, der Mutter, gemeinsam erleben. Wahrlich, ein schönes Geschenk zum 50. LSD-Jubiläum! Spät in der Nacht kam er dann strahlend zum Festakt, und alle seine Freunde gratulierten ihm.  HANS COUSTO


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«Musik und LSD, das ist fantastisch!» Christian Rätsch über psychedelische Musik

Christian Rätsch.   Foto: MB

TEXT

Markus Berger

Der Hamburger Ethnopharmakologe Christian Rätsch ist nicht nur mit psychoaktiven Pflanzen und Substanzen und dem Schamanismus bestens vertraut, er ist auch ein ausgewiesener Kenner psychedelischer Musik aller Genres und Stilrichtungen. Wir haben uns mit ihm über Rock-, Metal- und Weltmusik unterhalten, die von Acid ganz besonders beeinflusst ist. Herausgekommen ist eine kommentierte Auswahl psychedelisch inspirierter Künstler und Alben.

Kein musikalisches Genre Eines betont Christian Rätsch besonders: Bei Psychedelic Rock handelt es sich um durch psychedelische Erfahrungen und Katalysatoren inspirierte Musik aus diversen musikalischen Stilrichtungen. Alles andere sei irreführend, weil psychedelische Rockmusik sich einer breiten Palette von musikalischen Ausdrucksformen bedient. Allein die inhaltliche Botschaft sowie der fakultative Einsatz diverser typischer Stilmittel (Rückkoppelungen, trippige Synthesizer, Zitate psychedelischer Philosophen etc.) macht aus Kompositionen und Arrangements psychedelische Musik. «Psychedelic Rock wird allenfalls von uninformierten Musikjournalisten ohne eigene Erfahrungen als eigenständiges Genre bezeichnet», erklärt Rätsch.


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ROCKMUSIK

Finkenbach-Festival

Arthur Brown: Fire – The Story of Arthur Brown «Arthur Brown ist natürlich wahnsinnig wichtig. Er hatte 1967/68 seinen einzigen Hit Fire. Brown hat Philosophie studiert und liebt besonders die alten Griechen und Nietzsche. Und in Fire singt er ‚I am the God of Hellfire and I bring you Fire‘. Damit hat er die Dichotomie zwischen Gott und Teufel letztlich aufgelöst. Das ist philosophisch ein großer Schritt in der Musik gewesen. Ich habe das auch mit ihm selbst besprochen, und er fand es höchst interessant, dass ich das so sehe. Bei Arthur Brown ist es nicht so einfach, einen Plattentipp zu geben, denn sein Werk ist vielfältig. Er war auch derjenige, der schon 1970 den Electro in der Musik erfunden hat. Arthur Brown war der Erste, der mit einer Drum Machine und Synthesizern gearbeitet hat. Und ich finde: Er war auch der Beste. Außerdem ist sein Hintergrund sehr philosophisch und von der psychedelischen Erfahrung geprägt.»

auf dem Sportplatz in Finkenbach (Odenwald).

Legendäres deutsches Psychedelic-Rock-Festival 2018 findet das Finki genannte Festival vom 10. bis 11. August statt. Diesmal gibt‘s ein echtes Highlight, denn die Band Guru Guru feiert ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Außerdem dabei: Amon Düül II, Marblewood, Epitaph, Jane und Embryo.  www.finkenbach.de

The Pretty Things: Greatest Hits «The Pretty Things ist die dienstälteste Rockband der 60er, die noch aktiv ist. Die Band gab es schon 1962, also noch vor den Rolling Stones, und ich habe sie zuletzt auf dem Finkenbach-Festival live gesehen. 1963 haben sie ihr erstes Lied über LSD geschrieben – das ist auf den Greatest Hits zu finden. Auf dem Festival habe ich den Sänger Phil May gefragt, ob sie denn dieses Lied auch spielen würden. Ich fragte ihn ‹Are you doing LSD?›, was natürlich sehr zweideutig ist. Er hat aber beide Deutungen sofort verstanden und meinte: ‹Ja klar, ich liebe LSD über alles und wir haben praktisch unsere ganze Musik } über LSD gemacht›.»


34   MUSIK UND LSD

ROCKMUSIK Brainticket: Psychonaut Sweet Smoke: Just A Poke/Darkness To Light «Diese beiden Bands haben richtig psychedelische Musik gemacht. Die haben die Zustände erweiterten Bewusstseins musikalisch definiert und verbreitet. Früher hieß es in der Werbung, dass das Hören dieser beiden Alben die Gefahr berge, verrückt zu werden. Und dass man vom Genuss der Platten auf einen Trip geschickt werde, ohne LSD genommen zu haben. Das war natürlich nur ein Marketing-Gag. Die Alben beider Bands sind für Psychedelic-Rock-Fans auf jeden Fall sehr empfehlenswert.» Hawkwind: Electric Tepee «Hawkwind ist eine wichtige Band der psyche­ delischen Musik, die höre ich unglaublich gerne.

Viele Künstler mehr Die Bandbreite psychedelischer Rockmusik ist geradezu unerschöpflich. Die hier präsentierten Empfehlungen können somit nur willkürlich und unvollständig sein. Protagonisten wie die Beatles, die Doors und Jimi Hendrix, der fragte Are you experienced? und damit die LSD-Erfahrung meinte, oder Urgesteine wie Cream, Jefferson Airplane, Grateful Dead, The Charlatans, Fleetwood Mac, Pink Floyd und viele andere mehr dürfen natürlich nicht fehlen, wenn es um die wichtigsten psychedelischen Musiker geht.

Das erste Stück auf dieser Platte von 1992 heißt LSD. Ist einfach super, das sollte man sich unbedingt mal angehört haben.» Neil Young & Crazy Horse: Psychedelic Pill «Trotz des ansprechenden Titels ist diese Platte von 2012 nicht so meine Sache. Ehrlich gesagt, mag ich das musikalisch überhaupt nicht.»


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M E TA L Blue Cheer: Outsideinside «Blue Cheer war sozusagen die erste echte HeavyMetal-Band – zwei Jahre vor Black Sabbath – und ist direkt nach den berühmten Blue-Cheer-LSDTrips von Stanley Owsley benannt. Das Wort Heavy Metal wurde übrigens von William S. Burroughs in den 50ern geprägt und anschließend von Iron Butterfly verwendet. Bei Blue Cheers Albumtitel Outsideinside in Verbindung mit dem Coverbild war allen sofort klar, dass es um LSD geht – um das Schauen des Äußeren und des Inneren unter dem Einfluss von LSD.» Persefone: Core «Die Band kommt aus Andorra und spielt sehr progressiven Metal. Schon der Name ist vielsagend, denn die Göttin Persephone ist die Tochter von Demeter. Es gibt mehrere Alben, die alle unglaublich toll sind. Das von mir ausgewählte Album von 2014 heißt Core, was ein anderer Name für Persephone ist [Anm. d. Red.: Core wird hier nicht englisch ausgesprochen]. Auf der Platte, die zurzeit zu meinen Lieblingsalben gehört, ist die ganze Homerische Hymne an Demeter vertont, also der antike griechische Text, der den Mysterien von Eleusis zugrunde liegt. Es ist unglaublich mutig, sich an diese Hymne zu wagen, aber es ist irre gut gelungen.»

PSYCHEDELIC TRACKLIST von Christian Rätsch Songs, die man kennen sollte Hawkwind ............................................ LSD Rolling Stones ��������������������� She‘s A Rainbow Beatles ��������� Lucy In The Sky With Diamonds Beatles ����������������������������� Yellow Submarine Cream ������������������������������������� White Room Jimi Hendrix ������������������������������������ Hey Joe Grateful Dead ������������������������������ Dark Star Guru Guru ��������������������������������� LSD-Marsch Amon Düül II ������������������������������ Phallus Dei Sweet Smoke ����������������������������� J ust A Poke Tina Turner �������������������������������� Acid Queen Arthur Brown ���������������������������������������� Fire

WORLD MUSIC Musique de France: Acid Arab «Dieses Album ist von Musikern arabischer Herkunft und etwas, das wahrscheinlich die wenigsten je gehört haben: rein mit akustischen Instrumenten gespielter Psychedelic Trance. Total abgefahren.»

The World Ends: Afro Rock & Psychedelia in 1970s Nigeria The Roots Of Chicha: Psychedelic Cumbias From Peru «Diese beiden Weltmusik-Alben sind für Interesist Eine erhältlich im Pressehandel, in Buchund Hanfshops, im Versand Kompilationen von Rätsch empfohlene Auswahl sierte sicherlich hörenswert und ziemlich von CD-Kompilationen mit einem guten Überblick über psychedelisch. Das ist aber nur ein Bruchteil von psychedelische Rockmusik: The Psychedelic Journey,mit 3-CD-Langzeitwirkung. Auch als E-Book! lucys-magazin.com oder als Abo allem, was es gibt. Es gibt unglaublich viele Box, Music Brokers (H‘ART) 2012 • All About Flower Power: Künstler, die von der LSD-Erfahrung beeinflusst History of Psychedelic Rock, CD, Reclam Audio 2015 • Son Of Kraut: The Next Generation of Krautrock, Sireena 2014 worden sind.»

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Luc y’s Rau sch Nr. 7

Coustos Psychedelikatessen Hans Cousto ist Sachbuchautor, Musikwissenschaftler und Mitbegründer von Eve&Rave Berlin.

Psychonautische Erlebnisqualitäten

Z

ur Beschreibung der Erlebniswelten in außer­ gewöhnlichen Bewusstseinszuständen hat sich die Einteilung der beobachteten Phäno­ mene in drei Dimensionen eingebürgert. Die erste Dimension ist die ozeanische Selbstentgrenzung (OSE); sie beschreibt die angenehmen und beglü­ ckenden Aspekte wie die Erfahrung des Einsseins mit sich und der Welt. Die zweite Dimension beschreibt die angstvolle Ichauflösung (AIA), allge­ mein als Horrortrip oder Paranoia bezeichnet, und die dritte Dimension, die visionäre Umstrukturie­ rung (VUS), beschreibt die vielschichtigen Einzel­ aspekte der Verände­rungen im Bereich der Wahr­ nehmung. Diese drei Dimensionen können in Anlehnung an Aldous Huxley, den mit Psyched­ elika erfahrenen engli­ schen Schriftsteller, als Himmel, Hölle und Vision interpretiert werden. In der OSE wird die Auflösung der Ich-DuGrenze und der Ich-WeltGrenze als beglückende Erfahrung des Einsseins mit sich und der Welt erlebt. So beschreibt Albert Hofmann die höchste Stufe des Sehens mit den Worten: «Die höchste Stufe des Sehens, die Bezie­ hung ganz allgemein zu einem Objekt und zur Außenwelt überhaupt, ist dann erreicht, wenn die Grenze zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Betrachter und Betrachtetem, zwischen mir und der Außenwelt, bewusstseinsmäßig aufgehoben ist, wenn ich mit der Welt und ihrem geistigen Urgrund eins geworden bin. Das ist der Zustand der Liebe.» Die Fähigkeit, sich und andere zu akzeptie­ ren, steigert die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer OSE. Die Gewohnheit, Bedürfnisse anderer anzuerkennen und dabei jedem Zwang zum Kon­ formismus wie auch jedem Drang zum Opportu­ nismus zu widerstehen, erhöht die Wahrscheinlich­ keit, die OSE mit Freude und Glück zu erleben.

In der AIA wird das Verschwinden der IchDu-Grenze und der Ich-Welt-Grenze als lebensbe­ drohliche völlige Bezugslosigeit zu sich selbst und der Welt erlebt. Der Verlust der Fähigkeit, sich selbst als Wesensidentität in der Welt zu definie­ ren, kann panikartige Angstzustände hervorrufen, die jegliches Handeln unter dem Gesichtspunkt der Vernunft verunmöglichen. Damit gehen auch die sonst verfügbaren Fähigkeiten zur Selbstkon­ trolle, zur Realitätskontrolle und zur Urteilsfähig­ keit verloren. Emotionale Labilität sowie starre Konventio­ nalität, das heißt die Abneigung gegen Ungewisses und Ungewohntes und ein starres Festhalten an Normen und Verpflichtungen, erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer AIA. Der Grad der geistigen Starrheit und Steifheit (Rigidität) eines Men­ schen ermöglicht es, mit recht hoher Wahrscheinlichkeit eine Aussage zu treffen, ob jemand in einer bestimmten Situation Angstzustände und einen Horrortrip durchleben muss oder nicht. Je rigider jemand ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Horrorvisionen. Die VUS ist die vielschichtigste Dimension im Rahmen außergewöhnlicher Bewusstseins­ zustände. Die veränderte Wahrnehmungsstruktur im optischen, akustischen und sensorischen Bereich ermöglicht eine völlig neue Sichtweise der Welt. Man sieht nicht nur wie gewöhnlich das äußere Erscheinungsbild der Dinge, sondern kann durch die Fassade oder hinter die Kulisse dieses äußeren Erscheinungsbildes schauen und etwas vom Wesen der betrachteten Dinge erkennen. Ein starker Bezug zur Ästhetik – das heißt eine stark ausgeprägte bild­ hafte Vorstellungskraft im Zustand des normalen Wachbewusstseins und eine hohe Empfindungs­ fähigkeit für das sinnlich wahrnehmbare Schöne – fördert die Erlebnisqualität in der VUS.

Die veränderte Wahrnehmungsstruktur ermöglicht eine neue Sichtweise der Welt.


Albert Hofmann

Tun und Lassen – Essays, Gedanken und Gedichte Nur drei Buchstaben werden gewöhnlich mit Albert Hofmann verbunden: LSD. Diese Sammlung von bisher unveröffentlichten Gedichten, Vorträgen und Aphorismen und zeitlosen Gedanken ist Zeugnis einer Persönlichkeit, eines aufrichtigen Wissenschaftlers, der weit über den Kreis seines Tuns hinausgedacht hat. Klar, einfach und voller Wahrheit sind die in diesem Buch gesammelten Gedanken, die aus seinem Schaffen und den vielfältigen Kontakten heraus entstanden sind. ISBN 978-3-03788-262-7, 84 Seiten, 18 x 18 cm, Pappband Fr. 26.50 | € (D) 23.– | € (A) 23.70

Albert Hofmann

Einsichten – Ausblicke – Essays Welches ist die wahre Wirklichkeit? – Das nüchterne Weltbild des Naturwissenschaftlers oder das rauschhafte des Mystikers? Eigene spontane und drogeninduzierte mystische Erlebnisse drängten den Entdecker des LSD, dieser Frage nachzugehen. Dieses Buch ist laut Albert Hofmann «der Kern meiner Weltanschauung». ISBN 978-3-03788-157-6, 158 Seiten, 11,5 x 17,5 cm, Pappband, Fr. 26.50 | € (D) 23.– | € (A) 23.70

Albert Hofmann

Lob des Schauens Die denkerische Essenz eines Mannes, der durch sein Wirken das Tor der menschlichen Wahrnehmung für das Wunder der universellen Schöpfung geöffnet hat. Eine Sammlung von Gedichten, Aphorismen und zeitlosen Gedanken mit zauberhaften Fotos von Schmetterlingen. ISBN 978-3-03788-552-9, 32 Text- und 26 Farbseiten, 18 × 18 cm, Hardcover Fr. 26.50 / € (D) 23.- / € (A) 23.70

Mathias Bröckers, Roger Liggenstorfer (Hrsg.)

Hofmanns Reisen

Innere und äussere Reisen des LSD-Entdeckers Albert Hofmann Bedeutende Momente im bewegten Leben des grossen Schweizer Wissenschaftlers und Entdeckers des LSD werden in diesem Hörspiel nachempfunden und reflektiert. ISBN 978-3-03788-201-6, Hörbuch im CD-Format, Spieldauer: 73 min, Produktion: Audioflow, Fr. 14.80 | € (D) 12.90 | € (A) 13.30

Hagenbach Dieter / Werthmüller Lucius

Mathias Bröckers, Roger Liggenstorfer (Hrsg.)

Albert Hofmann

Ein bewegtes Leben und eine bedeutende Entdeckung

Albert Hofmann und die Entdeckung des LSD

Die Mutterkornalkaloide

Auf dem Weg nach Eleusis

ISBN 978-3-03788-703-5, 240 Seiten, 16×24 cm

Albert Hofmann und sein LSD ISBN 978-3-03800-530-8, 406 Seiten, 16,5 x 22,5 cm, über 500 Abb., gebunden mit Schutzumschlag, Fr. 19.80 | € (D) 18.– | € (A) 18.50

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Leben im äußeren und im inneren Raum TEXT

A

Alber t Hofmann

ufgewachsen bin ich in Baden im Kanton auf die Dächer der Altstadt hinunter­ sehen Aargau in einfachen Verhältnissen. Mein konnte. Es war in dieser ursprünglichen Juraland­ Vater war Arbeiter in der Maschinen­ schaft, in der ich meine ersten entscheidenden fabrik Brown, Boveri & Cie. und ist dann aufge­ Naturerlebnisse hatte – oft in tief beglückender stiegen bis zum Meister im Werkzeugbau. Väterli­ visionärer Schau, im Wald oder auf einer Blumen­ cherseits stamme ich aus dem Kanton Solothurn. wiese. Die Sehnsucht nach dieser Landschaft Meine Mutter war die Tochter eines Kleinbauern in meiner Kindheit begleitete mich mein Leben Muttenz im Kanton Basel-Land. Ich war der lang, bis sich im Alter der Traum, dorthin einmal Älteste von vier Geschwistern. wieder zurückzukehren, erfüllte, als ich sie in Der erste Teil meiner Jugendzeit war restlos Burg im Leymental, wo wir jetzt wohnen, auf der beglückend. Wir wohnten in einem Mehrfamilien­ Rittimatte wiederfand. haus an der Martinsbergstraße am Die glückliche Zeit an der Fuß des Schlossbergs der Schloss­ Martinsbergstraße nahm ein jähes ruine Stein. Drei Umstände waren Ende. Ich war neun Jahre alt, als es vor allem, die diese Umgebung mein Vater krank wurde, Lungen­ zu einem Jugendparadies machten: entzündung mit anschliessender Gegenüber waren ein Bauernhof, Tuberkulose. Da ihm von da an eine Schmiede und eine Wagnerei. das Gehen Mühe machte, verlegte Ich durfte dem alten Wagnermeis­ die Familie ihren Wohnsitz an die ter bei der Arbeit zusehen und war Dynamostraße, in einen Wohn­ dabei, wenn der Hufschmied die block direkt gegenüber dem Fab­ Pferde beschlug oder glühende rikportal. Das war die Vertreibung Eisenreifen auf die Wagenräder aus dem Kindheitsparadies, auch aufzog. Ich durfte mit den Bauers­ wenn ich, wann immer ich konnte, leuten aufs Feld fahren, war oft im aus der trostlosen Fabrikstraße Stall und ich habe alle die vielfälti­ Albert Hofmann im Alter von einem zurück auf die Felder und Wälder gen Tätigkeiten auf dem Bauernhof Jahr.   Foto: Familienarchiv des Martinsbergs floh, wo ich mich mitgemacht. Dazumal war Baden glücklich fühlte. ein kleines Städtchen und die Umgebung noch In Baden besuchte ich die Gemeinde- und nicht verbaut. Der Bauer hatte die meisten seiner die Bezirksschule. Ich war ein guter Schüler. Für Äcker und Felder auf den Anhöhen des Martins­ die beiden letzten Jahre der Bezirksschule wurden bergs, von wo man einen weiten Blick übers Land die Klassen getrennt für Schüler, die mit der und das Limmattal hinauf bis nach Zürich genoss. Bezirksschule ihre Schulpflicht beendeten und für Ein herrlicher Spielplatz für uns Kinder war die solche, die sich anschließend am Gymnasium für Schloss­ ruine Stein, wo man herumklettern und ein Hochschulstudium vorbereiten wollten und


Foto: Hansjörg Sahli

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die in die Lateinklasse kamen. Als der Lehrer für diese Einteilung diejenigen Schüler, die weiterstu­ dieren wollten, aufforderte, die Hand zu erheben, blieb meine unten. Erstaunt fragte mich der Lehrer – es war Dr. Kaspar Seidel, dessen Lieblings­ schüler ich war – was denn los sei mit mir, dass ausge­ rechnet ich, sein Primus in Deutsch und Geschichte, nicht studieren wolle. Als ich erklärte, meine Eltern wünschten, dass ich möglichst rasch einen praktischen Beruf erlerne, da sie das Geld nicht hätten, um mir ein Studium zu ermöglichen, sagte er: Ich nehme dich trotzdem in die Lateinklasse auf. Diesem Lehrer verdanke ich viel, er war für meine Weiterentwicklung schicksals­bestimmend. Ich folgte zwar dem Wunsch meiner Eltern, mir möglichst schnell einen Brotkorb zu erwerben und trat nach Beendigung der Bezirksschule bei der Firma Brown, Boveri & Cie. in Baden eine kauf­ männische Lehre an, doch die drei Jahre, die ich als Lehrling in den Büros von verschiedenen Abtei­

lungen der Weltfirma zubrachte, waren eine unbe­ friedigende, unglückliche Zeit für mich. Tröstlich war der weiter­ bestehende Kontakt mit meinem verehrten Lehrer Dr. Seidel, der mich mit Lehr­material für die Fortführung vor allem des Lateinstudiums versorgte. Oftmals hatte ich im Büro auf meiner Schreibmaschine anstatt einer Faktura oder eines Geschäftsbriefes lateinische Texte eingespannt. Nachdem ich mit achtzehn Jahren die kauf­ männische Lehre und die dazugehörende Han­ delsschule als diplomierter Kaufmann abgeschlos­ sen hatte, also nun einen Brotkorb besaß, und mein Vater trotz seiner schweren Krankheit immer noch seiner Arbeit nachgehen konnte, ging mein sehnlicher Wunsch, studieren zu können, in Erfül­ lung, als mein Patenonkel in Basel mir das Schul­ geld für die Privatschule Minerva in Zürich zahlte. In Rekordzeit machte ich mit neunzehn Jahren die eidgenössische Latein-Matura, ein Jahr früher als meine Schulkameraden aus der Bezirksschule, }

Seit jeher hatte mich die Frage beschäftigt: Woraus besteht die materielle Welt?


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die das Gymnasium besuchten. Nie mehr in mei­ nem Leben habe ich so viel und so intensiv gear­ beitet wie in diesem Jahr an der Minerva. Meine vielen Interessen und das Fehlen eines besonderen Talents auf irgendeinem Gebiet mach­ ten mir die Wahl des nun zu ergreifenden Studiums nicht leicht. Ich war an Literatur, an Geschichte, an Sprachen interessiert, ich zeichnete gern und mein Zeichnungslehrer meinte, ich sollte mich in dieser Richtung weiter ausbilden. Schließlich ent­ schloss ich mich aber für das Chemiestudium. Seit jeher hatte mich die Frage beschäftigt: Woraus besteht die materielle Welt? Und die Wissenschaft, die eine Ant­ wort auf diese Frage ver­ sprach, war die Chemie. So immatrikulierte ich an der Universität Zürich als Chemiestudent. Da ich ein Stipendium vom Kan­ ton Zürich erhielt und bei den Eltern in Baden woh­ nen durfte, konnte ich mir das Studium finanziell leisten. Nach drei Jahren wurde ich Assistent von Professor Paul Karrer, dem Vorsteher des chemi­ schen Institutes, der später den Nobelpreis erhielt. Ein Jahr später schon konnte ich das Stu­ dium mit einer Doktorarbeit über den Abbau des Chitins mit Hilfe des Magen-Darmsaftes der Weinbergschnecke abschließen. Die nur vier Monate dauernde Untersuchung führte zur Strukturaufklärung des Chitin, dem Gerüststoff im Tierreich, der der Zellulose im Pflanzenreich entspricht. Die wissenschaftliche Bedeutung die­ ses Ergebnisses verschaffte der Dissertation die Qualifikation «Mit Auszeichnung».

Dreiundzwanzigjährig trat ich von der Uni­ versität in die Industrie über. Professor Karrer hatte mir gleich drei Stellenangebote aus Basel vermittelt, aus der Farbstoff-Fabrik Durand-Hu­ guenin, von Hoffmann-La Roche und aus der pharmazeutischen Abteilung von Sandoz. Ich entschloss mich für Sandoz, obwohl die Anstellungsbedingungen, was den Lohn anbetraf, dort am schlechtesten waren, weil dort ein Arbeitsgebiet auf mich wartete, das mich beson­ ders interessierte. Im phar­ mazeutisch-chemischen Laboratorium der Sandoz, dem Professor Arthur Stoll vorstand, wurde über die Wirkstoffe von Arzneipflan­ zen geforscht, und mit dem Pflanzenreich fühlte ich mich von Kindheit an zutiefst verbunden. Die erste Zeit arbeitete ich zur Hauptsache an der Aufklärung der chemischen Struktur der herzak­ tiven Glykoside der Meerzwiebel (Scilla maritima), einer Heilpflanze, die schon im alten Ägyp­ ten zur Behandlung von Herzschwäche und Wassersucht Anwendung fand. Nach Abschluss dieser Untersuchungen, aus denen die nahe che­ mische Verwandtschaft der Meerzwiebelwirk­ stoffe mit den aktiven Prinzipien des Fingerhutes (Digitalis spp.) und der Krötengifte hervorging, bat ich Professor Stoll, auf dem Gebiet der Mut­ terkornalkaloide arbeiten zu dürfen. Professor Stoll hatte, bald nachdem er im Jahr 1918 die pharmazeutische Abteilung der Sandoz gegrün­ det hatte, aus Mutterkorn das erste reine, medi­ zinisch wertvolle Alkaloid, das Ergotamin, isoliert und diesen Wirkstoff unter der Markenbezeich­ nung «Gynergen» in die Geburtshilfe und als Mig­ ränemittel in die Therapie eingeführt. Doch die chemische Forschung auf dem Mutterkorngebiet wurde nicht weitergeführt in den Sandoz-Labora­ torien. In den USA dagegen begannen anfangs der 30er Jahre Untersuchungen über die Struktur der Mutterkornalkaloide und in England wurde ein wasserlösliches, von Ergotamin verschiedenes Alkaloid entdeckt, das die spezifische Wirkung auf die Gebärmutter entfaltete, derentwegen schon im Mittelalter die Hebammen die pilzarti­ gen Wucherungen auf Kornähren zur Förderung der Geburt verwendeten, deshalb die Bezeich­ nung Mutterkorn. Ich bat Professor Stoll, die Untersuchungen über Mutterkorn wieder aufneh­ men zu dürfen.

Mit dem Pflanzenreich fühlte ich mich von Kindheit an zutiefst verbunden.

Bei der Herstellung der ersten größeren Mengen von Dihydro­ ergotamin für die klinische Prüfung, 1943.  Foto: Familienarchiv


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Als erstes gelang mir die Synthese jenes spe­ zifisch gebärmutterwirksamen Alkaloids, das in England Ergometrin, bei uns Ergobasin genannt wurde. Es war das erste Mal, dass ein natürliches Mutterkornalkaloid künstlich hergestellt werden konnte. Diese Synthese ging aus vom Grundbau­ stein aller Mutterkornalkaloide, von der Lyserg­ säure, die aus dem Mutterkorn gewonnen werden musste. Die für das Ergobasin entwickelte Synthese­methode benützte ich, um dem Ergoba­ sin verwandte, in der Natur nicht vorkommende Alkaloide herzustellen. Eines dieser synthetischen Alkaloide wurde unter dem Markennamen «Methergin» in den Arzneimittelschatz aufgenom­ men und ist ein führendes Präparat in der Geburts­ hilfe zur Stillung von Nachgeburtsblutungen. Mit dem gleichen Syntheseverfahren stellte ich dann auch Lysergsäure-Verbindungen her, von denen eine andere pharmakologische Wir­ kung erwartet werden konnte als jene auf die Gebärmutter. So synthetisierte ich 1938 auch das Lysergsäurediäthylamid (LSD) in der Hoffnung, ein Kreislaufstimulans (Analeptikum) zu erhalten. Die pharmakologische Prüfung lieferte jedoch keine interessanten Resultate. Fünf Jahre später Albert Hofmann am Telesterion in Eleusis, 2000. stellte ich noch einmal eine kleine Menge LSD her, Foto: R. Liggenstorfer weil ich das Gefühl hatte, diese Verbindung könnte besondere Wirkungen besitzen. Bei dieser administrative Tätigkeit nahm zu. Allein und dann neuerlichen Synthese erlebte ich einen merkwür­ in den Laboratorien meiner Mitarbeiter wurden digen Rauschzustand, der mich veranlasste, mit außer Mutterkorn auch andere Arzneipflanzen LSD einen Selbstversuch durchzuführen, der dann bearbeitet wie Rauwolfia, Digitalis und Podophylzur Entdeckung der außerordentlich psychedeli­ lum, um nur die wichtigsten zu nennen. schen Wirksamkeit dieser Substanz führte. Die Noch im eigenen Laboratorium hingegen Geschichte dieser Entdeckung ist schon so oft wurden die mexikanischen Zauberdrogen unter­ beschrieben worden und ist auch in meinem Buch sucht, die später den Weg zu uns fanden. Die LSD – mein Sorgenkind enthalten, so dass ich sie Geschichte des Teonanàcatl, des heiligen Pilzes hier nicht noch einmal wiederholen möchte. der Azteken, ebenso jene von Ololiuqui – das sind Während der ersten fünfzehn Jahre meiner Samen von Windengewächsen – ist ausführlich in Labortätigkeit arbeitete ich, unterstützt von zwei, meinem Buch LSD – mein Sorgenkind geschildert. dann drei Laborhilfskräften, allein an meinen Pro­ Das Erstaunliche am Ergebnis dieser Untersu­ blemen. Erst 1944 erhielt ich meinen ersten aka­ chungen war, dass die halluzinogenen Wirkstoffe, demischen Mitarbeiter zugeteilt. Noch während die in den heiligen Pilzen und im Ololiuqui gefun­ der Zeit meines Alleinganges gingen aus meinen den wurden, chemisch sehr nahe mit LSD ver­ Arbeiten außer dem Methergin und dem LSD zwei wandt sind, woraus sich ergab, dass LSD, nicht weitere wichtige Medikamente hervor, Dihyder­ nur, was die psychische Wirkung, sondern auch got, ein Kreislaufstabilisator und Migränemittel, was den Chemismus betrifft, zur Gruppe der und Hydergin, ein Geriatrikum. mexikanischen Zauberpflanzen gehört. erhältlich imalsPressehandel, in Buchund Hanfshops, im Versand In denist folgenden Jahren, Gruppenleiter Durch die Arbeiten über die mexikanischen und dann als Leiter der Abteilung Naturstoffe der Drogen kam ich auch mit Wissenschaftlern von lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! pharmazeutisch-chemischen Forschungslabora­ Fachgebieten außerhalb der Chemie in Kontakt. torien konnte ich nicht mehr vollzeitlich selbst Aus diesen Verbindungen entwickelten sich wert­ experimentell im Laboratorium arbeiten. Die volle persönliche Freundschaften. In Paris war } }

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

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Albert Hofmann bei der Präsentation des Buches Einsichten – Ausblicke, Basel 2003.  Foto: zvg

das Professor Roger Heim, ein weltbekannter Mykologe, Direktor des Jardin des Plantes, der die mexikanischen Zauberpilze botanisch bestimmt hatte; in den USA Professor Richard E. Schultes, Direktor des Harvard Botanical Museum in Cam­ bridge, ein großer Kenner der Heilpflanzen der Indianer, der viele Jahre im Dschungel des Ama­ zonas lebte; ebenfalls in den USA in Danbury der Ethnomykologe R. Gor­ don Wasson, der vor allem durch die Erfor­ schung des mexikani­ schen Pilzkultes berühmt wurde. Mit Professor Schultes verfasste ich das Lehrbuch The Botany and Chemistry of Hallucinogens und den Bildband Pflanzen der Götter, der in mehreren Sprachen erschienen ist. Ein wunderbares Erlebnis war die Mexi­ ko-Expedition mit Gordon Wasson im Jahr 1962 in die Sierra Mazateca. Wir waren auf der Suche nach einer noch unerforschten mexikanischen Zauberpflanze, den Hojas de Maria Pastora. Auf

dem Ritt durch tropischen Wald und wildes Gebirge lernte ich in den einsamen Siedlungen ursprüngliches Indianerleben kennen. Wir fanden schließlich auch eine Curandera (Heilpriesterin), die Hojas de Maria Pastora (Blätter der Hirtin Maria) in ihrer Praxis benützte, und wir konnten bei ihr an einer nächtlichen Heilzeremonie teil­ nehmen. Eine ausführliche Schilderung jenes abenteuerlichen Erlebnisses findet sich in meinem Buch LSD – mein Sorgenkind. Vorträge an wissenschaftlichen Kongressen über die Untersuchungen an den schon erwähn­ ten Medizinalpflanzen, vor allem Mutterkorn und Rauwolfia, und an den mexikanischen Zauberpil­ zen führten mich auf Reisen in Europa und nach Übersee. Besonders erlebnisreich war eine Vor­ tragstournee verbunden mit einem Flug rund um die Welt mit Vorträgen in Hawaii, Australien und Indien. Zu einem zweiten Erdrundflug führte die Teilnahme an einer Vortragstagung in Nouméa, Neukaledonien, die 1964 vom französischen Cen­ tre National de la Recherche Scientifique organi­ siert wurde. Ich bin ein passionierter Leser, und so war es eine glückliche Fügung, dass zwei meiner Lieb­ lingsschriftsteller, nämlich Aldous Huxley und Ernst Jünger, aktiv am Problem der psychedelischen Drogen interessiert waren. Das führte zu freund­ schaftlichen Begegnungen, die mir viel bedeuten. Mit Aldous Huxley war ich an einer Tagung der World Academy of Art and Science in Stock­ holm mehrere Tage zusammen. Sein letztes Buch, Eiland, in dem die «Erleuchtungs-Medizin» (Moksha medicine), die den Pilzstoff enthält, eine bedeutsame Rolle spielt, signierte er mir mit dem Zusatz: «For Dr. Albert Hofmann, the original discoverer of the moksha medicine». Es berührte mich tief, dass er sich für den großen Übergang diese Medizin, 0,1 mg LSD, verabreichen ließ. Mit Ernst Jünger verbindet mich seit Jahr­ zehnten eine persönliche Freundschaft. Sie wurde vertieft auf Reisen, unter anderem nach Kreta, Ceylon, Liberia, und durch gemeinsame Einstiege mit LSD und Psilocybin. Ich hatte geplant, nach meiner Pensionie­ rung mich ganz einer frühen Liebhaberei, dem Zeichnen und Modellieren, zu widmen. Dazu ist es aber bis heute nicht gekommen. Die Aufarbeitung

Es berührte mich tief, dass Huxley sich für den großen Übergang 0,1 mg LSD verabreichen ließ.


Albert Hofmanns Haus auf der Rittimatte, Burg im Leimental.  Foto: Familienarchiv

von all dem, was in der Gesellschaft und in mir selbst durch die von mir geschaffenen Psychede­ lika in Bewegung gesetzt wurde, hält mich immer noch voll beschäftigt. Einladungen zu Tagungen, zu Vorträgen, daraus sich ergebende Publikatio­ nen und Besuche von Lesern füllen die Zeit aus. All das lässt sich immer noch ohne große Mühe bewältigen, weil ich das Glück hatte, einen schönen, ruhigen Alterssitz zu finden. Auf einer großen, son­ nigen Waldwiese am Nordhang des Jura, mit weitem Blick hin­ unter in den elsässi­ schen Sundgau steht unser Haus. Hier auf der Rittimatte fand ich die gleiche Landschaft wieder, den Wald, die Wiesen, die gleichen Bäume, die gleichen Blumen, die mich als Kind auf dem Martinsberg beglückt hat­ ten. Von hier schaue ich zurück auf den Verlauf

meines Lebens im äußeren und im inneren Raum, der zu dem führte, wo und wer ich heute bin. Entscheidend war, dass ich das Glück hatte, die rechte Lebensgefährtin zu finden. Wir lernten uns in Arosa beim Skifahren kennen. Meine Frau ist Bündnerin, und so verbrachten wir die Winter- und oft auch die Sommerferien in ihrem Heimatkanton. Vier Kinder wurden uns geschenkt, zwei Kna­ ben und zwei Mäd­ chen. Sie sind lange schon verheiratet, und heute können wir uns an neun Enkelkindern erfreuen. Zuerst wohn­ ten wir in Basel, in der Stadt. Als die Kinder kamen, zogen wir nach Bottmingen, wo sie in ländlicher Umgebung eine schöne Jugendzeit verbrachten. Als die Kinder ausgeflogen waren und Bottmingen zu einem verkehrsreichen Vor-ort der Stadt geworden war, bauten wir das Haus auf der Rittimatte, heute der Treffpunkt der Hofmann-Sippe. In einem kleinen Essay-Band mit dem Titel ALBERT HOFMANN, geboren am 11. Januar 1906 Einsichten – Ausblicke habe ich meine Weltschau in Baden, war Chefchemiker der pharmazeutischen dargelegt. Sie erschloss sich mir einerseits aus der Labors der Sandoz AG in Basel. Der Wissenschaftler kindlichen visionären Wahrnehmung der Natur entdeckte das LSD und war als Erster in der Lage, und der drogeninduzierten mystischen Seins­ den molekularen Code der mexikanischen Zauber­ erfahrung und anderseits aus naturwissenschaft­ pilze zu knacken. Er nannte die Verbindungen lichen Erkenntnissen. Sie beinhaltet die Wahrheit, Psilocybin und Psilocin. Albert Hofmann war eine dass das mystische und das naturwissenschaftli­ der wichtigsten Persönlichkeiten der psychedeli­ ist erhältlich im Pressehandel,che in Weltbild Buch- und Hanfshops, im Versand sich nicht widersprechen, sondern schen Forschung und ein Naturphilosoph und komplementär sind.

Auf der Rittimatte fand ich die Landschaft wieder, die mich als Kind auf dem Martinsberg beglückt hatte.

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch

Denker von unglaublicher Feingeistigkeit. 29. Langzeitwirkung. Auch als E-Book! über lucys-magazin.com oder als AboAmmit April 2008 starb Albert Hofmann im sagenhaften Alter von 102 Jahren. (mb)

Leicht gekürzter Originaltext von Albert Hofmann, geschrieben 1985, erschienen im selben Jahr im Sphinx-Magazin Nr. 35.


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BLOTTER ART Psychedelische Kunst im Underground TEXT

A

Claudia Müller-Ebeling

m 19. April 1943 entdeckte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann in seinem legendären Selbstversuch die psychedeli­ sche Wirkung von LSD in seinem Laboratorium für Naturstoffe bei Sandoz, in Basel. Er bezeichnete diesen erstaunlichen Stoff, der schon im Mikrobe­ reich ungeahnte Wirkung entfaltete, als Lyserg­ säurediethylamid 25. Bei Sandoz war es unter dem Handelsnamen Delysid in Ampullen zur Injektion erhältlich. Die USA setzte LSD 1966 auf den Index des BTM (Betäubungsmittelgesetz). Von 1965 bis 1968 florierten Gebrauch und Handel. Danach überflügelte der künstlerische Höhenflug der Blot­ ter-Art den juristisch diktierten Einbruch.

Löschpapier oder Löschblatt hieß auf Eng­ lisch Blotting paper und wurde zu Blotter (Tinten­ löscher) kontrahiert. Weitere erhellende Bedeu­ tungsebenen von Blotter sind (laut Langenscheidts Großem Schulwörterbuch Englisch-Deutsch von 1977) «Berichtsliste, besonders der Polizei» und das Slangwort Blotto, das bezeichnenderweise «stern­ hagelvoll» oder «stinkbesoffen» bedeutet. In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhun­ derts kursierten sogenannte Microdots auf dem Schwarzmarkt – winzige schwarze oder dunkellila Kegel aus gepresstem Filz, die überraschend unbe­ kannte Dosierungen enthielten. Man wusste nie, worauf man sich bei diesem Zauberfilzhutkegel }


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einließ. Ob auf 50 «Mikes» oder auf die heroische Dosis von 500 bis 600 Mikrogramm (wie man erst Jahre später realisierte, angesichts einschlägiger Erfahrungen mit wohl berechneten bekannten Dosierungen von 50 bis 150 Mikrogramm pro Blotterquadrat). Verheißungsvolle Namen wie Orange Sunshine oder Purple Haze für die ominösen Microdots lockten auch naive, unerfahrene User an und kon­ frontierten sie mit der vollen Wucht ent­ gleisender Erfahrungen, die manche aus Mangel an jeglichem Wissen über Timothy Learys goldenen Dreiklang von Dosis, Set und Setting letztlich nicht zu handeln wussten; weshalb sie, zum Glück für

sich und andere, ein für allemal die Hände von wei­ teren möglichen Bad Trips ließen (die ihnen ansonsten wertvolle Einblicke in ihr Seelenleben beschert hätten ...). Damals gab es auch Trips namens Blue Cheer, die besonders stark sein und drei Tage dauern sollten. Das passende Keyword für eine Band aus San Francisco, die sich 1968 Blue Cheer nannte. Sie kreierte heftige psyche­ delische Sounds, die als einer der Ursprünge von Heavy Metal gelten. Yes-Trips – wie «Ja» und die britische Band Yes – gab es sogar im Prägedruck. Überhaupt taucht das typische Blotter-­ Quadratdesign bei der Covergestaltung

Blue Cheer nannte sich die Band aus San

Stilisierte Pflanzen, Tiere und Schriftzeichen

Umrahmende Blotter-Art mit Ganesha-Motiv

Francisco 1968 – wie potente LSD-Trips, die

aus der japanischen Kunst: Die australische

auf dem Cover der 2006 Albert Hofmann

damals im Umlauf waren. Alice im

Neopsychedelic-Band The Church nutzte

gewidmeten experimentellen Jazz-CD von

Wunderland zierte in vielen Variationen

diese beliebten Blotter-Motive als Umrah-

Mark Nauseef und Kollegen.

formatfüllende Blotterbögen.

mung ihrer CD von 1994.


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von LPs und CDs immer wieder auf. Als vertikales Band mit Cannabisblättern, mit eingestreuten echten Hanfsamen, dezent im CD-Scharnier, von Jimi Hendrix‘ Hot Trigger; 1994 im Institute of Art Records, Mühlheim. Und meist gern als umlaufen­ des Kästchenmuster, quasi im CD-(vormals LP-) Quadrat. So bei der australischen Neopsychede­ lik-Band The Church (wie sie sich ironischerweise nannte), auf ihrer Scheibe Sometime Anywhere von 1994. Bis zum experimentellen Jazz-Sektor: Unter dem Titel Albert widmeten Mark Nauseef und Kollegen anspruchsvolle Tunes Albert Hof­ mann zum 100. Geburtstag (2006 bei Leo Records; sogar mit eingesampeltem O-Ton des Chemikers, aus einem Vortrag in den USA). Das Cover ziert ein gelbes Quadrat (mit Musikernamen, LSD-Struktur­ formel und Titel) – und ringsum schwarze Kästchen mit wiederkehrendem Ganesha-Motiv.

100 Dosierungen bester Qualität in FünferReihen à 20 Quadrate (jeweils 7x7 mm).

2015 in der 11. Auflage erschien) stachelte den Ehr­ geiz von Künstlern an, überwältigende psychedeli­ sche Erfahrungen aufs berühmte Reiskorn, also auf Blotter-Quadrate (auf Deutsch Pappen oder Obla­ ten genannt) zu platzieren – und somit die Blotter Art zu begründen! Unter den ersten Chemikern, die im Unter­ grund aus Idealismus (und nicht aus Geldgier) gewissenhaft LSD produzierten und in Umlauf brachten, waren Clearlight (aus Haight-Ashbury, San Francisco) und Stanley Owsley aus der Grate­ ful-Dead-Family – beide ausgezeichnete Chemi­ Subversive Kunst ker, deren Laborarbeit Albert Hofmann bewun­ LSD ist farblos, geruchlos und geschmacklos und derte. Sie gehörten zu den ersten, die die später wirkt in bis heute konkurrenzlos winzigen Mikro­ berühmten LSD-getränkten Blotter in Umlauf mengen. Beste Voraussetzungen also für brachten. Ihre zunächst noch sehr simplen dezente Handelsbeziehungen … Motive von Disney-­Figuren, Ufos und Bud­ Doch Kreativität entspringt aus dhas galten unter versierten Psychonauten Unsicherheit, Problemen und Gefahr und als Markenzeichen für gute, zuverlässig sucht nach neuen Horizonten und Wegen dosierte Qualität. ist erhältlich imLegalität Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, imkünstlerisch Versand jenseits von Ordnung, Sicherheit, Aus diesen mutigen, und Konventionen. Die lockende Topograaber eher bescheidenen Anfängen entwi­ lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! phie des Unbewussten (so der Titel eines Buchs von ckelte sich Anfang der 1970er Jahre eine neue ambi­ Stanislav Grof, dem in die USA emigrierten tsche­ tionierte Under­ groundkunst: Computer-Acid. Mit chischen Psychiater und Therapeuten von 1975, das 100 Dosierungen bester Qualität in Fünfer-Reihen }

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à 20 Quadrate (jeweils 7x7 Millimeter) auf per­ foriertem Blotterpapier im Format einer Ein-DollarNote. Ein praktisches Format für den illegalen Han­ del. Später kamen Blotter mit 50  x  50, also insgesamt 2500 Hits, in Umlauf – mit Vierfarbdruck von Mickey Mouse als Zauberlehrling aus Disneys Fantasia, mit Symbolen der Rosenkreuzer, Drachen, dem Phönix oder dem ägyptischen Horus-Auge. Zur Illumination – welch ein passender Begriff in diesem Zusammenhang, denn das französische Wort bedeutet «Erleuchtung» und «Beleuchtung» – bediente sich der psychedelische Under­ ground einer reichen Schatzkiste von Motiven aus Comics, Fantasieliteratur, fernöst­ licher Spiritualität, universalen Symbolen und psychonautischen Anekdo­ ten – für Drucke mit dem real stuff wie auch auf ‚unbeflecktem‘ Papier (ohne LSD), um die Legislative und Judikative weltweit zu foppen. Der US-amerikanische Enthusiast Mark McCloud stellte eine beeindruckende Sammlung von nicht mit LSD getränkter Blotter Art aus dem Kunsthandel zusammen und dokumentierte damit das steigende Interesse des Kunstmarktes an diesem neuen subversiven Format auf per­ foriertem Papier. Ein Hype, zu dem sich Mitte Dezember 2012 sogar der renommierte Spiegel in einem Artikel von Arno Frank unter der Headline «So viiieele Faaarben» im Spiegel äußerte: «Sie zeigen den verrückten Hutmacher aus ‚Alice im Wunderland‘, Spiralen und tanzende Elefanten: LSD-Trips auf Löschpapier werden seit jeher mit den wildesten Motiven verschönert. Fans

der sogenannten Blotter-Kunst sammeln die bunten Bögen – deren irre Bilder die Wirkung der Droge vorwegnehmen. (…) Wer sich mit der Ikonographie der aufgedruckten Motive beschäftigt, dem öffnet sich nicht nur das Panorama einer radikalen Subkultur – sondern auch eine Ahnung von der Wirkung der Droge. Einer, den diese Erfahrung niemals losgelassen hat, ist Mark McCloud. Der 58-Jährige ist in Argentinien geboren und hat seinen ersten Trip 1971 als Student in San Francisco eingeworfen, im Zentrum der LSD-Bewegung. ‚Orange Sunshine‘ nannte sich das LSD. Das Motiv auf seinem kleinen Stück Löschpapier zeigte eine lächelnde Sonne, und die Droge schickte ihn auf eine innere Reise durch ‚Tod und Wiedergeburt‘. Während dieses Drogenrauschs erfuhr McCloud auch seine Bestimmung: Er sollte den Menschen die verborgene Schönheit der fantasievoll gestalteten Blotter näherbringen. So werden die Löschpapierbögen genannt, aus denen die einzelnen Trips her-

Trippige Fraktalmuster, Mandalas und psyche­ delische Spiralen ... ausgelöst werden. Diese wollte er fortan Menschen zeigen, ohne dass sie gleich LSD konsumieren und sich damit strafbar machen mussten. Geträumt, getan. 1987 wurde erstmals Blotter Art, die Kunst auf den Pappen, öffentlich ausgestellt. In seiner Wohnung in New York hütet McCloud fast 40 000


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Blotter-Abbildungen: zvg / div Archive

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verschiedene Bögen – freilich ohne LSD. Der Mann ein Blotterpaper bilden. So bildet oft die endlose ist im Besitz der ursprünglichen Vorlagen für ganze Wiederholung den Hintergrund für das zentrale Serien, und er ist der größte Sammler dieser abseiti- Motiv, das groß im Mittelpunkt hervorgehoben ist. gen Kunstwerke.» Diese Gestaltung folgt der Thanka-Tradition der 108 Und Frank verwies auch darauf, dass «von Buddhas Nepals, nach dem Prinzip «Viel hilft viel». dem erst 2008 verstorbenen Hofmann Beliebte Sujets des psychedelischen Under­ noch persönlich signierte Blotter mit dem grounds sind: der grinsende Grate­ Motiv seiner legendären Fahrt» mit dem ful-Dead-Bär; der von Johnny Depp verkör­ Velo von Sandoz nach Hause auf dem perte Mad Hatter in Tim Burton‘s Film Schwarzmarkt bis dato Preise von mehr Alice in Wonderland; der weiße Hase von als 1000 Euro erzielt wurden. Ein Renom­ Lewis Caroll; Albert Einstein mit LSD auf mee, zu dem anerkannte Künstler der Szene wie herausgestreckter Zunge; die Beatles in der Serigra­ Mati Klarwein, HR Giger, Alex Grey, Luke Brown und fie-Manier von Andy Warhol; oder der ausgefreakte viele andere ihre persönliche Note beisteuerten. Homer der Simpsons. Hier eine Auswahl der beliebtesten Motive der Ansonsten sprengen trippige Fraktalmuster, Blotter Art, die allesamt auf den durch LSD ermög­ Mandalas und psychedelische Spiralen format­ lichten Trip in innere Welten anspielen: Shiva, Gane­ übergreifend die Kästchenwelt der Blotterkunst. sha und Krishna – die mit Hanf, Rausch, Ekstase und Blotter Art löscht Visionen nicht auf im Erotik assoziierten Hindugötter. Buddha, Lotus­ Löschpapier. Im Gegenteil! Sie nimmt im gren­ blüte, buddhistische Glückssymbole und das zensprengenden Farbrausch der zweidimensiona­ Om-Zeichen. Das Yin-Yang-Zeichen und die len Fantasie vorweg, wo der Hase hinläuft.  I-Ging-Hexagramme der Daoisten. Comics von Walt Disney, Robert Crumb und Gilbert Shelton. Die Autorin dankt Christian Rätsch für Hinweise und Quellen Ägyptische Symbole wie Pyramide, Skarabäus, zur Blotter-Art. Horus-Auge und das Ankh-Zeichen des Lebens. www.claudia-mueller-ebeling.de Peace-Zeichen, Friedenstaube, AKW-Smiley, Hexen­ besen, Totenkopf, Pandabär, Rose, Hanfblatt, Flie­ Literatur  Stafford, Peter: Psychedelics Encyclopedia, Berkeley: genpilz und weitere Symbole der Friedensbewegung, Ronin Publishing 1982 • Rätsch, Christian (Hg.): 50 Jahre LSD. Grateful Dead und Sechziger-Jahre-Hippies. Alice Eine Jubiläumsschrift, Löhrbach/ Solothurn: W. Pieper‘s istder erhältlich imHofmanns Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, im20–23 Versand im Wunderland, weiße Hase, legen­ Medienexperimente/ Nachtschatten Verlag 1993: • Müller-Ebeling, Claudia: Kreativitätsforschung mit LSD – Über därer «bicycle ride» und weitere Ikonen der interna­ lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch In: als E-Book! Albert Hofmanns Künstlerkontakte. Bröckers, Matthias und tionalen Psychonautenszene. Liggenstorfer, Roger: Albert Hofmann und die Entdeckung Ein beliebtes Stilmittel ist dem speziellen For­ des LSD. Auf dem Weg nach Eleusis, Solothurn/ Baden: mat geschuldet, bei dem viele perforierte Quadrate Nachtschatten Verlag + AT Verlag 2006: 126–131.

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Apfelwein und LSD Erinnerungen an Timothy Learys Aufenthalt in Deutschland TEXT

Wo l f g a n g B a u e r

1959, im Alter von 39 Jahren, aß Timothy Leary in Cuernavaca, Mexiko, am Swimmingpool eines gemieteten Hauses eine Handvoll merkwürdig aussehender Pilze, die er bei einem indianischen Medizinmann in einem nahegelegenen Dorf gekauft hatte. Nach kurzer Zeit fühlte er sich «über den Rand eines sinnlichen Niagarafalls in einen Strudel transzendenter Visionen geschleudert». Die mexikanischen Zauberpilze waren es, die sein bisheriges Weltbild als Wissenschaftler der Harvard University drastisch veränderten und ihm Ausblicke in das Wesen der Welt bescherten, von denen er vorher nicht zu träumen gewagt hätte. In seiner Autobiografie schrieb er 1986 über sein Erleben: «Ich lachte über meine tägliche Pomposität, jene engstirnige Arroganz des Wissenschaftlers, die Unverschämtheit des Rationalen, die glatte Naivität von Worten im Gegensatz

«Dann war ich weg, abgefahren in die Abteilung für fantastische Optik …» zu den unverfälschten, reichen, ewig-wechselnden Panoramen, die mein Gehirn überfluteten. (...) Ich ergab mich der Freude, wie es Mystiker seit Jahrhunderten getan haben, als sie durch den Schleier blickten und entdeckten, dass die Welt – so plastisch sie schien – eigentlich eine kleine, vom Verstand konstruierte Bühnenszene war. (...) Dann war ich weg, abgefahren in die Abteilung für fantastische Optik. Die Paläste des Nils, die Tempel der Beduinen, glitzernde Edelsteine, fein gewobene Seidenkleider, die Farben atmeten, von Muzo-Smaragden gleißende Mosaike, burmesische Rubine, Saphire aus Ceylon. Da waren edelsteinbesetzte Schlangen, maurische Reptilien, die züngelten, sich wanden und den Abfluss in der Mitte meiner Retina hinunter taumelten. Als

Tim beim Disputieren. Foto: Archiv W. Bauer

nächstes folgte eine Reise durch die Evolution, die alle, die auf Gehirnreise gehen, garantiert erleben werden. Ich glitt den Rekapitulationskanal hinunter bis in die alten Produktionsräume des Mittelhirns: Schlangenzeit, Fischzeit, GroßerDschungel-­Palme-Zeit, grüne Zeit der Farnspitzblätter.» 1 Für Leary war es die tiefste mystische Erfahrung seines Lebens und der Beginn intensiver }


«Persönlichkeitsmandala» aus Interpersonal Diagnosis of Personality.  Foto: zvg

Forschungen auf dem Gebiet der Bewusstseinserweiterung durch psychoaktive Pflanzen und Stoffe. Zum LSD-Propheten, Drogenpapst und Mysterienpriester der Blumenkinder der 60er Jahre stilisierten die Medien den ehemaligen Harvard-Dozenten fortan. Als Philosophen, Visionär und Alchimisten des Geistes erlebten ihn seine Freunde und Fans. Watergate-Präsident Richard Nixon sah in ihm einen der gefährlichsten Menschen der Vereinigten Staaten. 1970 wurde er wegen zweier abgerauchter Joints im Aschenbecher seines Autos zu 30 Jahren Haft und fünf Millionen Dollar Geldstrafe verurteilt.

Als man ihn 1978 freiließ, hatte Leary insgesamt 25 Gefängnisse von innen gesehen. «Sie sind eine Bedrohung für die Gesellschaft», hatte der Richter befunden. Diese Strafe wurde später auf 20 Jahre Haft «reduziert». Nach einem halben Jahr gelang es Leary, aus dem Gefängnis zu fliehen und nach Europa zu entkommen. Nach einer Jagd um den halben Globus – Der Spiegel bezeichnete ihn einmal als «Dr. Kimble der Psychedelik» –, wurde er vom FBI 1974 zurück in die USA gebracht. Als ihn 1978 die Carter-Adminis­ tration freiließ, hatte Leary insgesamt 25 Gefängnisse von innen gesehen. Von der Psychonautik zur Kosmonautik Während meines Psychologiestudiums Anfang der siebziger Jahre stieß ich erstmals auf den Namen Leary, als ich seine 1950 erschienene bahnbre-

chende Arbeit Interpersonal Diagnosis of Personality entdeckte. Darin schilderte er anhand von aufeinander bezogenen Eigenschaften auf einem auf Pappe gezogenen Kreis ein genial einfaches Werkzeug, mit dem man die Persönlichkeit eines Menschen sehr gut qualitativ beschreiben und auch in ihren Veränderungen bildhaft erfassen kann. Dieses unhierarchisch angelegte Persönlichkeitsmandala fand in psychologischen Praxen und in Kliniken weltweit Verwendung. Später studierte ich mit großem Interesse seine brillanten Analysen über Aufbau, Struktur und Funktion des Nervensystems und die Rolle, die psychoaktive Drogen aller Art bei der Schaffung von Realitätsebenen spielen können. Mit genialen Umarbeitungen des Tibetanischen Totenbuchs und des Tao-Te-King schuf Leary darüber hinaus Handbücher über das Navigieren während der innerpsychischen Reise mit Psychedelika und zu den dabei oft auftretenden Tod- und Wiedergeburts-Phänomenen. Jede psychedelische Sitzung, auch private mit prominenten Künstlern und Wissenschaftlern, protokollierte und veröffentlichte Leary. Niemals gab es, wie es oft behauptet wurde, im Zusammenhang mit Learys LSD-Forschungen psychotische Zusammenbrüche oder Suizide. Über die Wirkung des LSD äußerte Leary sich – anders als es ihm immer wieder von Medienleuten, die seine Bücher nie gelesen, seine Vorträge nie gehört hatten, vorgeworfen wurde – sehr differenziert und abwägend. «Allgemein gesprochen erlebt jeder eine unglaubliche Beschleunigung und Intensivierung aller Sinne und aller geistigen Prozesse – was sehr verwirrend sein kann, wenn man nicht darauf vorbereitet ist», erklärte er in einem zwölfseitigen Interview für den Playboy (September-Ausgabe 1966) auf die Frage, wie LSD wirke. «Jede Sekunde werden rund tausend Millionen Signale im menschlichen Gehirn ausgelöst, die man gewöhnlich nicht bewusst registriert. Und man kann eine unglaubliche Zahl gleichzeitiger Botschaften aus verschiedenen Körperteilen wahrnehmen. Da man daran nicht gewöhnt ist, kann das zu unglaublicher Ekstase oder zu Verwirrung führen. Manche Menschen werden erschreckt durch diesen Niagarafall sinnlicher Energie. Anstatt dass nur ein oder zwei oder drei Dinge in säuberlicher Folge geschehen, wird man plötzlich überflutet von Hunderten von Lichtern und Farben und Sensationen und Bildern, und man kommt sich recht verloren vor.»


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Zu keiner Zeit hatte Leary zum unkontrollier- durchlaufen hat, verlässt es den Planeten und ten Konsum von Drogen aufgerufen. Ganz im nimmt ein sich selbst erneuerndes Leben in der Gegenteil: Leary hatte bei seinen Forschungen mit Galaxie an, um ‘H.O.M.E.s’ (High Orbital Mini-Earths), LSD und anderen Psychedelika an der Harvard-Uni- im Sinne von Raumkolonien, zu erzeugen.» 3 versität sofort verlangt, Herstellung, Verteilung und Verkauf bewusstseinsverändernder Psychedelika Tage mit Tim ausschließlich der Kontrolle medizinisch und psy- 1981 fiel mir zufällig ein Taschenbuch mit Science-­ chologisch geschulter Fachleute zu unterstellen, Fiction-Geschichten, Das Ungeheuer vom Sumpf, um abzusichern, dass diese Mittel von Regierungs- in die Hände. Eine der Geschichten, geschrieben stellen nicht missbraucht oder falsch angewendet von Theodore Sturgeon, trug den Titel Harrys würden. In einem Hearing 1966 vor dem Senat in Notizbuch. Sie handelt von Harry, einem AmerikaAnwesenheit von Edward Kennedy warnte Leary ner. Das aufregendste Erlebnis, das diesem je außerdem ausdrücklich vor einem Verbot von For- widerfährt, ist ein Abend, den er mit Timothy Leary schungen, da dies (wie es dann tatsächlich eintrat) zu einem völlig unkontrollierbaren Schwarzmarkt für psychedelische Substanzen führen müsse. Auch der Entdecker des LSD, der Schweizer Chemiker Albert Hofmann, bescheinigte Leary in seinen 1979 in Stuttgart erschienenen Erinnerungen LSD – mein Sorgenkind, dass er eine verantwortungsvolle Haltung eingenommen hatte: «Ich stellte fest, dass man Leary unrecht tut, wenn man ihn undifferenziert als Drogenapostel bezeichnet. in einem Café verbringt. Der Leary in dieser Er unterschied streng zwischen psychedelischen Geschichte weist ihn auf einen von den Menschen Drogen –  LSD, Psilocybin, Meskalin, Haschisch –  von bisher unbenutztes Hirnareal hin und ermuntert deren wohltätigen Wirkungen er überzeugt war, ihn, es zu aktivieren. In der Zeit danach kommuniund den süchtig machenden Rauschgiften Mor- ziert Harry mit einem nur für ihn sichtbaren Wesen phin, Heroin usw., vor deren Gebrauch er immer höherer Intelligenz, das er «Marsmensch» nennt wieder warnte.» und das ihm viele kritische Fragen über die MenschSeit Anfang 1979 geheime Regierungsakten heit stellt. Was für ein Mensch musste Leary sein, veröffentlicht wurden, ist nicht nur bekannt gewor- dachte ich, wenn er schon zu Lebzeiten als Figur in den, dass die amerikanische Armee 1949 San Fran- einer Zukunftsgeschichte vorkam? cisco mit Bakterien verseuchte oder dass das FBI Im Juli 1982 rief mich Dieter Hagenbach 1970 absichtlich falsche Informationen über die vom Sphinx Verlag in Basel an und fragte, ob ich politisch engagierte Schauspielerin Jean Seberg für Timothy Leary den einen oder anderen Vortrag ausstreute (was zu einer Fehlgeburt, schweren psy- organisieren könne, Leary komme im September chischen Störungen und zum Suizid der Schauspie- nach Deutschland und sei dann auch ein paar lerin führte) und in den 70er Jahren mit Satelliten Tage in Frankfurt /Main. Die Kinder- und Jugend­ Demonstrationszüge fotografierte, sondern auch, therapeutin Gudrun Langer vermittelte mich an } dass das FBI und die CIA nach dem Verbot wissenschaftlicher LSD-Forschungen mit Soldaten, Krankenhauspatienten und Insassen von Nervenheilanstalten experimentierten – ohne das Wissen der Betroffenen. Die Folgen: schwere psychische Schäden und Suizide 2. Leary sah sich als Schreibender und Reisender in Sachen Bewusstsein, Intelligenz und Evoluist Erforschung erhältlichdes im inneren Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, im Versand tion. Nach der Kosmos (Psychonautik) stand seiner Meinung nach für die lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! Menschheit die Auswanderung ins All (Kosmonautik) an. «Der Planet Erde ist eine Gebärmutter, ein Tim und Fritz Kroeger beim Vorgespräch zu seinem Vortrag.   Brutplatz. Wenn das Leben zwölf Embryonalstufen Foto: Archiv W. Bauer }

Was für ein Mensch musste Leary sein, wenn er schon zu Lebzeiten als Figur in einer Zukunftsgeschichte vorkam?

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Lucy’s Rausch über


Tim mit Katja Redemann im Treppenhaus der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt /Main. Foto: Archiv W. Bauer

Friedrich («Fritz») Kroeger, der den Frankfurter Ring leitete, einen gemeinnützigen Verein, der häufig zu außergewöhnlichen kulturellen Veranstaltungen einlud. Fritz empfing uns in seinem wunderschönen Garten in Kronberg zum Tee und bat um Informationen, da er von Leary nichts Genaueres wusste. Als er hörte, dass er Professor in Harvard gewesen war, sagte er spontan: «Da kommt doch nur die Universität in Frage.» Er wolle sich an die Universitätsverwaltung wenden; wir müssten allerdings kräftig die Werbetrommeln rühren, da er nicht annehme, dass Leary für das bisherige Publikum des Frankfurter Rings interessant sei. Wir machten Aushänge an der Uni, baten Buchhandlungen um Mithilfe, informierten Rundfunk und Zeitungen. Ein amerikanischer Freund, Samuel «Pirate» Morgan, ein ehemaliger GI, der nach Beendigung seiner Dienstzeit in Deutschland geblieben war und indische Kleidung verkaufte, benachrichtigte den AFN, den amerikanischen Soldatensender, sprach mit seinem Freund, dem Konzertagenten Fritz Rau, ob Tim nicht bei einer Musikveranstaltung im Vorprogramm auftreten oder zumindest mit seinem Vortrag angekündigt werden könnte, und sprach auch bei der EdelDisco Dorian Gray am Frankfurter Flughafen vor. Am Abend vor dem Vortrag rief Tim mich am Nachmittag aus seinem Hotel, dem Frankfurter Hof, an. Ob wir uns vorab schon kennenlernen könnten? Er komme am Abend mit dem Taxi nach Buchschlag. Als er ausstieg, ließ er das Taxi warten und kam nur bis zum Gartentor. «Is here the WolfGang?», fragte er etwas ängstlich. Er hatte meinen Vornamen falsch verstanden und eine Rotte Hells Angels erwartet. Als er aber an der Haustür zu seiner Überraschung seinen Freund Sergius Golowin erblickte, schickte er das Taxi sofort weg. Er freute sich sehr, dass mit dem volkskundlichen Schriftsteller Sergius Golowin und mit Heidi Ramseier, der Herausgeberin der Hippiezeitschrift Fri Blättli, auch ein Teil seiner Schweizer Freunde,

die Anfang der siebziger Jahre seine Freilassung aus der Schweizer Haft bewirkt hatten, anwesend war. Entspannt genoss er die Lammkoteletts, die Katja, meine Frau, vorbereitet hatte, und den Austausch. Sergius Golowin, der feenkräuter- und hexenpflanzenkundige Kenner von Überlieferungen, Märchen und Mythen, vereinte für Tim in einer Person Magier, Alchimist, Zauberer und Schamane. «Er ist einer der Wenigen, die in sich und anderen höhere Bewusstseinszustände erzeugen können», sagte Tim zu uns. «Seine Bücher sind das europäisch-keltische Gegenstück zu den Lehren des indianischen Zauberers Don Juan.» Als Fritz Kroeger und ich am 2. September um 19.30 Uhr zur Johann-Wolfgang Goethe-Universität kamen, war die Aula leer, und so blieb es bis zum eigentlichen Beginn von Tims Vortrag um 20 Uhr. Zum akademischen Viertel um 20.15 Uhr hatte sich immerhin ein kleines Häuflein von Zuhörern einge-

Ich befürchtete das Schlimmste! Würde Tim vor 15 Leuten sprechen müssen? funden, das sich aber in der Weite des Raumes verlor. Ich befürchtete das Schlimmste! Würde Tim vor 15 Leuten sprechen müssen? Plötzlich, um 20 nach 8, öffneten sich die Türen, die Massen strömten herein und um 20.30 Uhr war die Aula voll. Einige Zuhörer erzählten uns hinterher, dass am Nachmittag Aktivisten der Europapartei mit Plakaten und Handzetteln gegen den Vortrag demonstriert hatten. Genau das habe sie neugierig gemacht. Fritz Kroeger machte zu Beginn eine sehr freundliche Einleitung, schien aber große Probleme mit dem Gebrauch seiner Brille zu haben. Als Tim sprach, kam auch er nicht mit den Notizen, die er sich gemacht hatte, zurecht und sprach schließlich frei zu seinem Thema «Space Migration, Intelligence Increase, Life Extension» – griffig in der Formel SMI²LE zusammengefasst. (Hinterher stellte sich heraus, dass jeder der beiden die gleich aussehende Brille des anderen beim Vorgespräch an sich genommen hatte.) Tim erzählte in seinem Vortrag, dass er schon einmal in Frankfurt am Main gewesen sei. Nachdem ihn Agenten des FBI in Kabul völkerrechtswidrig verhaftet hatten, wurde er zuerst zur Rhein-Main-Airbase auf dem Frankfurter Flughafen geflogen. Er konnte nach der Landung draußen auf dem Flugfeld ein paar


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Die «wise fourlegged philosophers» (wie Tim seine Basset-Hound-Freunde nannte) lassen sich verwöhnen.  Foto: Archiv W. Bauer

Schritte ohne Handschellen gehen. «Für einen Erwartungen. Denn eigentlich steht uns allen ja Moment dachte ich daran zu fliehen. Die Stadt, schon bevor: ‘die logische Auswanderung des wo Goethe geboren wurde, hätte mir gut gefallen. Menschen auf andere Planeten’.» Aber ich hätte rennen müssen, und das wäre eines Professors unwürdig gewesen.» LSD und die Folgen Über ein Pressegespräch, das Tim am Für den nächsten Tag war geplant, dass Tim – Nachmittag desselben Tages gehabt hatte, nach einem Besuch im Goethe-Haus in Buchschrieb die Frankfurter Rundschau am Tag schlag –  ein Interview geben sollte, bevor er nach danach: «Im Salon 5 des Frankfurter Hofs4 hatte Hamburg weiterflog, wo für den 4.September ein am Donnerstag kurz nach 14 Uhr ein netter Herr, Vortrag im Audimax vorgesehen war. Als eine lächelnd und in den frühen Sechzigern, seine erste Kollegin in sein Hotel, den Frankfurter Hof, kam, Begegnung mit der südhessischen Flüssigdroge um ihn abzuholen, fand sie ihn in der Lobby in Ebbelwei. Der schmeckte ihm ‘irgendwie nach angeregtem Gespräch mit zwei jungen Damen. schlechtem Bier’. Timothy Leary: Wie viele Fahn- Es stellte sich heraus, dass sie ihm fünf LSD-Trips der von FBI und CIA hat er beschäftigt, wie viele gegeben hatten und dass Tim den Interview­ Millionen junger Amerikaner in den 60er Jahren termin deshalb «etwas» vergessen hatte. Als er mit seiner ‘Politik der Ekstase’ zur ‘Erleuchtung hörte, dass er mit einem Mercedes-Benz-Oldie durch LSD’ aufgefordert, wie viele ihn verurtei- abgeholt wurde, kam er aber sofort mit. lende Richter, für seine Freiheit kämpfende Wir hatten für einen Vorrat an Wasser, SäfSchriftsteller, ihm misstrauende Politiker, von ten und Kräutertees gesorgt. Das erste, was Tim Eldrigde Cleaver (Black Panther) bis Richard fragte, als er kam, war, ob er rauchen dürfe und Nixon (Republikanische Partei), hat er beschäf- ob wir «a good German beer» für ihn hätten. Ein tigt bis zu diesem sauren Schluck in Frankfurt! In Freund fuhr los und besorgte an einem Kiosk ein Frankfurt beschied sich Leary, obwohl ‘kein Moses’, paar Flaschen Bier. auf die Botschaft vom baldigen Ende des ReagBei strahlend schönem Wetter saßen wir mit an-Amerikas, des Amerikas der Alten. Der Termin: ihm im Garten unter einem großen alten Apfelerhältlich im Pressehandel, in Buchund Hanfshops, im Versand 1988. Dann ist werde die Babyboom-Generation der baum und sprachen über Bewusstseinsverändezwischen 1946 und 1964 Geborenen, dann würden rung, Tims Leben und Pläne und Menschen, die er lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! 76 Millionen junger US-Bürger einen friedlichen getroffen hatte. Er erzählte auch von seinem LiebSchlussstrich unter den Reaganschen ‘Horrortrip’ lingsgebäck: «Taking some Hashcookies a day, ziehen. Gerade noch rechtzeitig nach Learys keeps the doctor away» (Wenn du täglich ein }

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch über


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paar Haschplätzchen zu dir nimmst, hältst du dir schlaf, der von heftigen Träumen begleitet war den Arzt vom Leib»). Wir erfuhren von seinem (drop out), fanden. Haus in Hollywood, in dem er beim Bau soviel Tim schrieb uns: «One Indian Summer Glas wie möglich verwendet hatte. «In unser sehr afternoon we spent several centuries (! W.B.) in großes Wohnzimmer kommt dadurch von drei your Garden of Eden with the sweet apples and Seiten Licht. Es ist nur mit einem dicken Teppich- the beloved friends and the two wise four-legged boden ‘möbliert’, und an der Wand hängt eine philosophers.» 5 große Narrenmaske, die ich einmal bei der Basler Im Oktober bei der Frankfurter Buchmesse Fasnacht geschenkt bekommen habe. Sonst ist fragte mich Hans-Georg Behr («Drogenbär»), der der Raum gänzlich leer.» Autor von Von Hanf ist die Rede, am Sphinx-­ Er erzählte uns auch, dass er 1964 mit der Verlags-Stand, was das für Leute gewesen seien, deutschstämmigen Gräfin Nena von Schlebrügge, die Tim «full stoned» ins Flugzeug nach Hamburg einem Vogue-Model, ein Jahr lang verheiratet gesetzt hätten? Und die ihm nicht einmal mehr gewesen war. seinen Sakko gelassen hätten? In seiner Wohnung Fasziniert war Tim von unseren beiden Bas- sei Tim auf einen Stuhl gestiegen und habe Sprüset Hounds Voodoo und Jeykill, die sich sofort che geklopft («The higher you are, the safer you zu ihm gesellten und ihm nicht mehr von der are»  – «Je höher du bist, desto sicherer bist du») Seite wichen, aber auch von der Wäscheund vom tollen Essen, das vorbereitet war, leine. So etwas hatte er seit seiner habe er keinen Bissen angerührt. Kindheit nicht mehr gesehen. In Nach einer Woche trafen wir Amerika benutzt man einen TrockTim wieder in Göttingen und brachner für die Wäsche. ten ihm den Sakko, den er in unseSpäter, auf der Fahrt zum rer Küche an einem Stuhl hatte Flughafen, stieg Tim in einen hängen lassen. Seine Teilnahme alten, vom Technischen Hilfswerk an einer internationalen Konfeausgemusterten Borgward, den renz zum Thema «Neue DimensioNena von sich ein Freund als Campingwagen nen des Lebens» im sauerländiSchleebrügge umgebaut hatte, öffnete die Dachschen Willingen habe ihn nicht luke und winkte von dort aus den vergerade erfreut, erzählte er. Die anderen blüfften Passanten auf der Buchschlager Referenten, «fast alles Professoren», hätten Allee fröhlich zu. Am Flughafen lud Tim uns alle zu getrommelt, ihn in dunkle Höhlen geschleppt und einem Abschiedsdrink in die Bar am Meeting Point die vergangenen Zeiten der Schamanen beschwoein. Als er dann im Gate fast schon unseren Bli- ren, anstatt über die zukünftigen Möglichkeiten der Menschheit zu diskutieren. Die Mitarbeiter der Eulenspiegel-Buchhandlung hatten in der ganzen Stadt Plakate geklebt und ein Jugendzentrum mit großem Saal, die cken entschwunden war, kam der Kellner ange- «Alraune», für einen Vortrag angemietet. Am rannt und folgte ihm. Tim hatte vergessen zu Abend davor erzählte Tim, er habe den Jetlag des bezahlen. Neben dem Kellner rannte meine Frau; Fluges von Los Angeles nach Frankfurt /Main noch sie trug Tims Handgepäck, das er am Eingang immer nicht überwunden. Ob wir ihm eine wirklich beim Verabschiedungsritual stehengelassen starke Schlaftablette besorgen könnten? Der Sohn hatte. Die fünf LSD-Trips wirkten noch. eines Apothekers konnte. Um 14 Uhr am Tag Als die kleine Gruppe vom Flughafen danach sollten wir zum Gebhardts Hotel kommen zurückkam, setzten wir uns noch eine Weile in den und ihn abholen, um ihm die Gegend zu zeigen. Garten. Voodoo, die von ihrem neuen Freund Tim Vorher hatte mich der Crumb-Comic-Überschnell gelernt hatte, schlich sich auf leisen Pfo- setzer Bernd Matzerat («Brummbär») aus Münten in die Küche und inspizierte die Handtaschen chen angerufen. Er habe für den nächsten Tag der Damen (tune in), fand in einer Tasche ein eine ganz große Party für Tim ausgerichtet. Es Haschisch-Cookie und fraß es samt dem Papier kämen jede Menge bedeutender Leute. Tim müsse (turn on) und verzog sich dann in eine abgele- kommen, diese Party sei wichtiger als der Vortrag gene Ecke des Gartens, wo wir sie später im Tief- in Göttingen. Tim fragte, welches Publikum denn

Die fünf LSD-Trips wirkten noch.


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chen schaute heraus und winkte Tim zu. «Da ist ja Dornröschen!», rief er begeistert. Ausblick In seinem Vortrag in Frankfurt hatte Tim immer wieder gesagt, dass die Erde ein Gefängnis darstelle, dem wir nur entfliehen könnten, wenn wir den Planeten verlassen und uns ins All aufmachen Die Sababurg ist einer alten Sage nach die Burg, wo Dornröschen wohnte.  Foto: PD würden. Wie so oft vorher, wenn Tim fremde Territorien als Erster erforschte, ist er uns auch hier in der «Alraune» zu erwarten sei. Ich sagte: Schü- vorausgeeilt. Seine Asche wurde mit einer Rakete ler, Jugendliche, Studenten, junge Leute, Disco-­ in den Weltraum geschossen. «Liebes Acid, mach Gänger. Genau diese Gruppe interessiere ihn, mich fromm, dass ich in den Himmel komm!», meinte Tim und blieb. hatte Tim seinem Totenbuch als Wunsch anverAm anderen Tag äußerte ein gut ausge- traut. Und während seine Atome durchs All rasen, schlafener und gut aufgeräumter Tim den Wunsch, ist Commodore Learys Geist längst einer unbenach Hameln zu fahren. Immer wieder sei er als kannten Galaxie zugeeilt. Denn dieser unglaubliRattenfänger bezeichnet worden, der die Jugend che Mann, der bei der Begegnung mit uns Intellizu Drogen ver- genz, Freundlichkeit, Witz, Großzügigkeit, Weisheit, führe. Da wollte Charme und Güte ausstrahlte, war auch ausgeer doch einmal sprochen neugierig.  in der Stadt gewesen sein, Geschrieben in Erinnerung an den Veranstalter Fritz wo der histori- Kroeger und an die Fotografin Hanne Wich. sche Rattenfänger gelebt habe. Beim Blick auf die Uhr war klar: Die Zeit reichte nicht, um abends pünktlich zum Vortrag zurück zu sein. Stattdessen Literatur (Auswahl) fuhren wir mit ihm in den Urwald an der Saba- Timothy Leary: High Priest. League for Spiritual Discovery, New York 1968 • Timothy Leary: Gebete – Psychedelische Gebete burg. Tim entschied sich, mit dem Volkskundler nach dem Tao-Te-King. God’s Press, Amsterdam 1975 • Martin Kühn zu fahren, der ein altes Motorrad T. Leary / R. Metzner / R. Alpert: Psychedelische Erfahrungen – besaß. Wir spielten im Wald ein bisschen Fußball Ein Handbuch nach Weisungen des Tibetanischen Totenbuchs. und besuchten die mächtigen, jahrhundertealten God’s Press, Amsterdam 1975 • Timothy Leary: Politik der Ekstase. God’s Press, Amsterdam 1976 • Timothy Leary, Hute-Eichen. Davon angeregt erzählte Tim aus- Neuropolitics - The Sociobiology of Human Metamorphosis, führlich von einer Fahrt zu den riesigen Mammut- Starseed/Peace Press, Los Angeles 1977 • Timothy Leary: The Game of Life. Peace Press, Los Angeles 1979 • Timothy Leary: bäumen in Kalifornien. Was will die Frau? Sphinx Verlag, Basel 1980 • Timothy Leary: Der Besitzer des Borgward, der Tim in FrankExo-Psychologie – Handbuch für den Gebrauch des menschlifurt zum Flughafen gefahren hatte und den schon chen Nervensystems gemäß den Anweisungen der Hersteller, lange Depressionen plagten, wandte sich an Tim. Sphinx Verlag, Basel 1981 • Pete von Sholly/George di Caprio: «I am born on the wrong side of the universe.» Tim Neurocomic Timothy Leary. Sphinx Verlag, Basel 1981 • Timothy Leary, Changing My Mind, Among Others – Lifetime Writings. blickte ihn kurz an und sagte dann nachdrücklich: Prentice Hall, Eaglewood Cliffs, New York 1982 • Timothy Leary: «Why don’t you jump to the other side?» Höhere Intelligence und Kreativität: Ein wissenschaftliches Wir hatten Tim erzählt, dass die Sababurg, Colloquium. Der Grüne Zweig 80, Löhrbach 1982 • Timothy einer alten Sage nach, die Burg sei, wo Dornrös­ Leary: Flashbacks – An Autobiography. J. P. Tarcher, Los Angeles 1983 • Timothy Leary: Interpersonal Diagnosis of Personality. A chen wohnte. Als wir zum Burgeingang kamen, functional Therapy and Methodology for Personal Evaluation. öffnete sich ein Fenster. Ein junges, blondes Mäd- Resource Publications 2004 (Nachdruck der Ausgabe von 1957)

«Why don’t you jump to the other side?»

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: Anmerkungen 1 Timothy Leary: Denn sie wussten, was sie tun. Eine Rückblende. Basel 1986, S. 33f. • 2 Vgl.: Frankfurter Rundschau vom 10.9.1979, Frankfurter Rundschau vom 17.9.1979 «FBI gibt zu: Wir wollten den Ruf Jean Sebergs ruinieren», Frankfurter Rundschau vom 20.9.1979: «US-Armee besprühte San Francisco mit einem Bakteriennebel» • 3 Aus: Timothy Learys Totenbuch. Ullstein Metropolis, Berlin 1998, S. 41 • 4  Tim wollte dort auch Hadayatullah Hübsch, den Szene-Autor, Lyriker und Mitbetreiber des ersten Frankfurter Head-Shops «Heidi loves you», treffen, der für die FAZ schrieb, das klappte aber nicht. • 5  «An einem Altweibersommer-Nachmittag verbrachten wir einige Jahrhunderte in eurem Garten von Eden mit den süßen Äpfeln, den geliebten Freunden und den beiden weisen, vierfüßigen Philosophen.»

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L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

SUSI IN THE SKY WITH DIAMONDS Die erste Frau, die LSD nahm TEXT

Susanne G. Seiler

Cherchez la femme! Alexandre Dumas der Ältere

«Picture yourself in a boat on a river… », und dieser Fluss ist der verschlungene Rhein auf seinem Weg durch das progressive Basel, bekannt für sein enges Verhältnis zur Pharmaindustrie und zur Finanzwelt, aber auch für seine lange humanistische Tradition, die in einer lebhaften Kultivierung von Kunst und Kultur, Wissenschaft und Sport ihren Ausdruck findet. Vor den Toren dieser traditionsreichen Stadt finden wir in einem ihrer grünen Vororte das Wohnhaus einer Dame aus gutem Hause, Susi W., 1922 geboren, zwei Brüder, der Vater Optometrist in dritter Generation, weitere Vorfahren in der Pharmazeutik und Fotografie. Die Stimme der Vierundachtzigjährigen klingt lebhaft und klar, als sie mich anruft, um meinen Brief zu beantworten, in dem ich frage, ob sie vielleicht die erste Frau sei, die LSD genommen hat? «Ja», sagt sie, «das bin ich. Ich bin die Susi, die Sie suchen.» Sie wächst in der Basler Innenstadt auf, ist eine gute Schülerin und studiert nur deshalb nicht, weil man von jungen Frauen in jenen Tagen erwartet, dass sie – sowieso – früh heiraten. Vielmehr tritt Susi nach einem Welschlandjahr, in dem sie Französisch und Haushaltführung lernt und man an ihren Umgangsformen feilt, im Alter von siebzehn Jahren bei der pharmazeutisch-­ chemischen Forschungsabteilung der Sandoz-­

Laboratorien eine Lehre als Chemielaborantin an – in einem großen, eckigen Gebäude, das heute längst ersetzt worden ist. Etwa sechzig Jahre später entsteht aus der Fusion der beiden Chemiekonzerne Sandoz und Ciba-Geigy der Pharmagigant Novartis. 2011, in Susis Todesjahr, lernen in der Chemieabteilung von Novartis 73 Auszubildende, wovon 43 Prozent weiblich sind. Dieses Verhältnis ist über die letzten Jahre relativ konstant geblieben. In den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts herrschen allerdings völlig andere Gegebenheiten, und die junge Susi beginnt ihre dreijährige Ausbildung bei Sandoz als einzige Lehrtochter. Sie ist knapp zwanzig, als sie ihre Lehre abschließt und ihre Arbeit als Laborassistentin von Dr. Albert Hofmann aufnimmt, der damals Ende dreißig ist. Als Susi anfängt, für ihn Proben zu analysieren und Mischungen herzustellen, hat Dr. Hofmann bereits LSD-25 entwickelt, ein organisches Derivat des Roggenpilzes Claviceps purpurea, das er 1938, fünf Jahre zuvor, kreiert hat. Da die im Entstehungsjahr durchgeführten Tierversuche lediglich erbringen, dass Ratten unter dem Einfluss von LSD leicht rastlos wirken, stufen der Chemiker und sein Vorgesetzter, Professor Arthur Stoll, LSD-25 als uninteressant ein, und Hofmann stellt den Flakon mit der Substanz ganz hinten in

«Das bin ich. Ich bin die Susi, die Sie suchen.»


ein Regal. Erst 1943 kommt er beim Aufräumen mit dessen Inhalt in Berührung, als er etwas von der Flüssigkeit auf seinen Zeigefinger träufelt, um zu sehen, ob überhaupt noch etwas in der kleinen Flasche ist. Er zerreibt die winzige Probe abwesend zwischen Daumen und Zeigefinger, wo sie etwa zwanzig Minuten später beginnt, eine unerwartete Wirkung zu entfalten, was Hofmann wiederum dazu führt, mehr davon versuchen zu wollen. Die Idee eines Selbstversuchs mag manchem heutigen Chemiker skurril vorkommen. Neue Medikamente, dazu entworfen, ganz spezifische Reaktionen im Körper hervorzurufen, unterliegen einem zehn Jahre und länger dauernden Bewilligungsverfahren, involvieren Versuche mit Hunderten freiwilliger Versuchspersonen in

vielen Ländern und auf allen Kontinenten und operieren mit dreifachblinden Versuchsanordnungen, was bedeutet, dass nicht einmal der verabreichende Arzt weiß, welche Pillen «geladen» sind und welche nur Placebos. So gesehen würden nur wenige Forscher sich heute vornehmen, neue Medikamente an sich selbst zu testen. Doch Selbstversuche haben eine lange und ehrwürdige Tradition, die bis in die Antike und zu den Anfängen der modernen Medizin zurückreicht. Dank der Minidosis aus dem Flakon mit dem LSD-25 erfährt Hofmann eine Art geistigen Taumel, gepaart mit einem Gefühl von froher Erwartung. Sein außergewöhnliches Befinden führt ihn zurück in die Kindheit, als er einen bestimmten Naturschauplatz in der Nähe seines Elternhauses in Baden von Licht und Bedeutung gleißen sah, }


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eine Gipfelerfahrung, die er als Kind mehrmals machte und nach deren Wiederholung er sich sehnt. Er beschließt, dem Geheimnis von LSD-25 auf den Grund zu gehen. Der Rest ist Geschichte und Susi W.s Beitrag eine bedeutungsvolle Fußnote dazu. In Albert Hofmanns bekanntem Buch LSD – mein Sorgenkind erfahren wir, dass der Wissenschaftler am Montag, dem 19. April 1943, zum zweiten Mal LSD versucht, diesmal absichtlich. Weil er nicht sicher ist, dass er in seinem Zustand mit seinem Fahrrad zurechtkommt, lässt er sich von «einer Assistentin» nach Hause begleiten. Diese kümmert sich auch um ihn, als es ihm wegen der unerwartet starken Wirkung der Dosis von 250 Mikrogramm, die er in dem Glauben eingenommen hat, es sei nur eine winzige Portion, schlecht geht. Die erwähnte Assistentin ist Susi, und sie hat es nicht leicht mit ihm, da Dr. Hofmann kaum in der Lage ist, sein Fahrrad zu fahren, und sie sowohl ihn führen als auch selbst fahren und auf die Straße achten muss. Es ist geschrieben worden, Hofmann habe sowohl zu seiner eigenen Sicherheit als auch aus Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer das Fahrrad genommen, oder auch, er habe kein Benzin für sein Auto gehabt, doch besitzt Dr. Hofmann damals kein Auto und fährt immer mit dem Fahrrad zur Arbeit, wenn es das Wetter erlaubt; sonst nimmt er die Straßenbahn. Unter dem Einfluss von LSD scheint eine Tramfahrt jedoch ausgeschlossen, und da Krieg herrscht, ist auch kein Taxi aufzutreiben. Zudem dürfen Zivilisten ihre Fahrzeuge gar nicht benutzen; alles vorhandene Benzin wird vom Militär beansprucht. Susi hält große Stücke auf ihren Chef, deshalb fährt sie die etwa fünf Kilometer lange Strecke mit ihm bis dorthin, wo er wohnt, was normalerweise höchstens eine Viertelstunde in Anspruch nehmen würde. Hofmanns Frau Anita ist nach Luzern gefahren, um ihre Eltern zu besuchen, und hat die beiden Kinder mitgenommen (später werden es vier). Als Susi und der Patient bei Hofmanns ankommen, ist dem Doktor ganz elend. Er fürchtet den Verstand zu verlieren und bald zu

sterben. Susi ruft Werner Stoll an, Arthur Stolls Sohn, der Arzt ist, damit er sich um ihren Chef kümmert, und sie versucht Anita Hofmann zu erreichen, doch die ist ausgegangen und ruft erst später zurück. Der Arzt kann nichts finden, was dem Patienten gefehlt hätte; ihm fallen nur seine riesig erweiterten Pupillen auf. Aber er bleibt trotzdem da, um ihn zu beobachten. Anita Hofmann kommt etwa um sieben Uhr abends nach Hause und übernimmt. Als Susi sich auf den Heimweg macht, geht es Dr. Hofmann schon sehr viel besser. Man kann sogar sagen, dass er seinen Zustand jetzt genießt. Alle Mitglieder von Hofmanns Team versuchen LSD mindestens einmal. Susi nimmt ihren ersten Trip im Alter von zweiundzwanzig Jahren, am 12. Juni 1943. Damit ist sie nicht nur die erste Frau, sondern auch die jüngste Person, die bis dahin mit dieser starken Substanz in Berührung gekommen ist. Allerdings ist die Dosis auf 100 Mikrogramm herabgesetzt worden. Die Wirkung ist mild und angenehm, alles leuchtet. Es war, wie sie am Telefon zweimal betont, «eine positive Erfahrung». Vorgewarnt durch das Fahrradabenteuer ihres Vorgesetzten nimmt sie die Straßenbahn nach Hause. In jenen Tagen kommt ein Kontrolleur zu jedem Fahrgast, um ihm eine Fahrkarte zu verkaufen. Susi kommt es so vor, als habe dieser eine reichlich große Nase. Auch die Gesichter der anderen Fahrgäste sind verzerrt und sehen komisch aus. Susi kichert ein bisschen, aber sie ist weder verwirrt noch desorientiert und findet mühelos nach Hause. Um zur Festlegung sicherer Parameter für den medizinischen Einsatz von LSD beizutragen, wiederholt sie den Selbstversuch noch zweimal. Man ist bei Sandoz der Meinung, eine moderate Dosis von 100 Mikrogramm führe zu einer leichten Euphorie und einer glücklichen Art von Selbst­ bewusstheit, die einer psychiatrischen Unter­ suchung förderlich sei. Dass LSD als potenzielle psychologische Waffe in den 1950er Jahren beim Militär der Vereinigten Staaten und der sowjetischen Armee zur Obsession, in den Sechzigern zur Straßendroge und danach zu einem Alltags­begriff

Die Wirkung ist mild und angenehm, alles leuchtet.


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werden würde, wäre den Forschern damals nicht Doch diese Ereignisse finden erst viel später einmal im Traum eingefallen. statt, und Susi ist davon nicht betroffen. Sie verVon Set und Setting hat damals noch nie- lässt die Firma Sandoz ein Jahr nach ihrem letzmand gehört. Was ist also die Programmierung, ten Versuch, heiratet, bekommt Kinder und lebt der Susi und ihr junger Geist unterliegen? Wie fühlt ein langes und glückliches Leben. sie sich und was sind ihre Erwartungen? Das Setting für den ersten Teil des Experiments ist wissen- Epilog schaftlich und findet im nüchternen Labor statt. Nicht nur von Susi W., die mich im Übrigen aus Zwei Beobachter halten die Zeit fest, befragen die Rücksicht auf ihre Familie um Diskretion bittet, Probandin und machen auswas ihre Identität angeht, führliche Notizen. Susi ist bekomme ich in dieser Angebegierig, zum Erfolg ihrer legenheit einen Anruf. Als ich Abteilung beizutragen und eines frühen Abends mein dabei zu helfen, den Nutzen Handy abnehme, erkenne ich von LSD auszuloten. Wie Dr. sofort die Stimme von Albert Hofmann sagt: «So kann LSD Hofmann, dem ich ebenfalls in der Psychoanalyse und Psygeschrieben und ihn um chotherapie als Hilfsmittel dienen, um dem Pati- Bestätigung der hier beschriebenen Ereignisse enten seine Probleme in ihrer wirklichen Bedeu- gebeten hatte. tung bewusst zu machen.» «Wie geht es Ihnen, Frau Seiler?», fragt er Seine Laborantin hatte Hofmanns Reaktion mich. «Und wie geht es Ihren Kindern?» Ich bin auf eine «Überdosis» erlebt und ihn sowohl ver- völlig von den Socken, dass er sich nicht nur an wirrt und bedrückt als auch zufrieden und gar mich, sondern auch an meine Familie erinnert! euphorisch gesehen. Gemäß der von Paracelsus, Schließlich haben wir seit mehr als fünfzehn Jaheinem weiteren großen Schweizer «Alchemisten», ren keinen Kontakt mehr gehabt. Wer hat schon überlieferten Weisheit müssen die schlechten oder die Gelegenheit, mit einem Hundertjährigen zu unerwünschten Wirkungen, denen ihr Vorgesetz- sprechen? Ich fühle mich so glücklich und auserter ausgesetzt war, an der Dosis liegen. Nur dass wählt, dass ich noch Tage nach unserem Gespräch niemand glauben will, dass Hofmann bloß eine wie auf Wolken gehe. derart geringe Menge eingenommen hat. Doch Hofmann bestätigt, was ich hier beschriedas wird bald von Professor Stoll selbst bestätigt. ben habe, liefert einige neue Details und wünscht Es stimmt auch, dass die Reduktion der mir alles Gute. Susi W. stirbt im November 2011, Dosis die Wirkung von LSD-25 absehbarer macht. vier Jahre nach Anita Hofmann und drei Jahre Als es 1967 in den USA zur illegalen Droge erklärt nach ihrem früheren Chef. Trotz der universellen wird, sehen sich Hunderte von Psychologen und Bekanntheit von Hofmann und seiner monumenPsychiatern weltweit genötigt, vielversprechende talen Entdeckung weiß die Welt zum Zeitpunkt psychedelische Untersuchungen aufzugeben, um von Susis Tod nicht, dass sie die erste Frau war, ist erhältlich Pressehandel, in LSD Buchund Hanfshops, im Versand einem paranoiden Gebot zuim folgen: Du sollst die genommen hat.  nicht wissen! © 2010, 2017  lucys-magazin.com/autoren/sseiler

Susi ist begierig, dabei zu helfen, den Nutzen von LSD auszuloten.

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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

Erfahrungen mit Psilocybin und LSD

Ralph Metzner und Ram Dass im Gespräch Ralph Metzner und Ram Dass (Richard Alpert) trafen sich in den Jahren 2004 bis 2006 mehrfach zu rückblickenden Gesprächen über ihren Weggefährten Timothy Leary, die HarvardExperimente, die Millbrook-Kommune in New York und die US-amerikanische psychedelische Bewegung der sechziger Jahre. Die Gespräche wurden von Gary A. Bravo moderiert und in Buchform veröffentlicht. Wir präsentieren an dieser Stelle einen Auszug aus dem Buch. GB = Gary Bravo, RD = Ram Dass, RM = Ralph Metzner

GB In seinen Schriften macht Tim einen großen Unterschied zwischen LSD und Psilocybin. Sein erster LSD-Trip ging offenbar sehr tief. Ich frage mich, ob ihr beide euch an euren ersten LSD-Trip erinnert und was ihr über den Unterschied sagen könnt. RD Als Tim zum ersten Mal LSD eingenommen hatte, sprach er wochenlang nicht mehr. Ich lief herum und sagte: «Wir haben Timothy verloren, wir haben Timothy verloren.» Ich warnte jedermann davor, diese Droge einzunehmen, weil Tim nicht mehr redete und er irgendwie stumpfsinnig erschien. Da war dieser Engländer namens Michael Hollingshead, der mit einer großen Menge von LSD in flüssiger Form aus New York zu uns heraufgekommen war. Ich glaube, Tim machte seinen ersten LSD-Trip mit Michael Hollingshead und Maynard und Flo Ferguson. Ich schaute nur zu. Als ich LSD einnahm, hatte ich das Gefühl, dass die Sache weit über das Astrale, über die Form, auf die Ebene reiner Energie hinausging. Es zeigte mir, dass ich in meinen früheren psychedelischen Erfahrungen nur auf der astralen Ebene herumgehangen hatte. LSD war kein Schnickschnack. Wer nicht irgendwo gut geerdet war, der würde auf dieser Droge ausflippen. RM Es ist auch sehr wichtig zu bedenken, dass die Wirkung von LSD sehr viel länger anhält, sechs bis acht Stunden, während die von Psilocybin gewöhnlich nur drei bis vier Stunden andauert. Und manchmal, das war unvor

Ram Dass (links) und Ralph Metzner (rechts) Anfang der 60er Jahre.

hersehbar, konnte LSD vierundzwanzig Stunden oder länger anhalten. Ich glaube, dass es zu vielen der schlechten Trips in den 60ern kam, weil die Leute nicht um die Möglichkeit einer so langen Wirkung wussten. GB War es Hollingshead, der das LSD in die Harvard-Szene einführte? RM John Beresford, ein Arzt aus New York, und Michael Hollingshead hatten eine ziemlich große Menge LSD von Sandoz erhalten, angeblich zur Forschung mit Amöben und Bakterien. Sie gingen dann jedoch dazu über, es selbst in sehr hohen Dosen einzunehmen. Michael kam ins Newton Center herauf und stellte Leary sich selbst und dann LSD vor. Tim hat gesagt, seine erste LSD-Erfahrung sei die «erschütterndste Erfahrung seines Lebens» gewesen. Weil Hollingshead der Initiator dieser Erfahrung gewesen war, betrachtete Tim ihn als eine Art «weisen außerirdischen Trickster», einen «Agenten einer höheren Intelligenz,


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Die MillbrookVilla 1964.

der eine Million von Wirklichkeiten in einer Minute hervorbringen konnte». Er lief Michael ständig hinterher und suchte nach Hinweisen auf seine Meisterschaft über Raum-Zeit-Szenarien. Dieses Verhalten von Tim machte dem Rest von uns Angst. RS Ja, er bezeichnete seine Kinder und andere als Puppen. RM Ich erinnere mich, dass ich in den Tagen, nachdem Tim LSD genommen hatte, mit Tim in seinem Auto fuhr und er mir von dieser Puppenwelt berichtete, dieser Vision, die er unter LSD gehabt hatte und in der er die mechanische Puppenspiel-Natur von allem gesehen hatte. Er kam nach Hause und sah seine Tochter Susan, wie sie das perfekte Teenager-Puppenspiel spielte. Im Rückblick verstehe ich das heute so, dass ein von Geistigkeit und wechselseitiger Verbundenheit abgelöstes menschliches Leben roboterhaft erscheint, wie ein Puppenspiel. Doch als ich Tim damals so reden hörte, machte mir das eine Heidenangst. RD Was diese Puppenspiel-Vision angeht, sie erinnert mich an eine Geschichte von Neem Karoli Baba. Eines Tages befanden wir uns in den Bergen, und er sah plötzlich auf und sagte, eine indische Frau aus seiner Bekanntschaft sei gerade gestorben. Er sagte das mit einer fröhlichen Miene. Einer seiner Jünger fragte: «Wie können Sie fröhlich sein, wenn sie gerade gestorben ist?» Maharaj antwortete: «Möchtest du, dass ich mich verhalte wie eine dieser Puppen?» Das bedeutete, soll ich mich verhalten, wie es der ganze Rest von uns tut?

RM Ja, die Puppenspiel-Vision ist keine Abwertung oder Geringschätzung. Man sieht einfach die mechanische Konditionierung des menschlichen Verhaltens. Gurdjieff hat dasselbe gesagt: Solange sie nicht aufwachen, sind die Leute wie laufende Automaten. Sie schlafwandeln durch das Leben. Bewusstheit muss durch bewusste Praxis entwickelt oder verdient werden; man bekommt sie nicht einfach überreicht. Tim verstand dies als eine Ausweitung der Spieltheorie, das gesamte menschliche Verhalten als ein Spiel anzu­sehen. Leary definiert ein Spiel folgendermaßen: Ein Spiel ist eine zeitweilige soziale Übereinkunft über interaktives Verhalten mit klar definierten vereinbarten Zielen, Rollen, Regeln, Ritualen, Werten, Strategien und Raum-Zeit-­ Eigenschaften, die alle durch

«Vergiss nicht, dass du ein Spiel spielst.» Übereinkunft verändert werden können. (Aus einem Prospekt für Workshops der Castalia Foundation) Nach einiger Zeit argumentierte Tim Leary folgendermaßen: Du spielst das Spiel, aber du versuchst, es bewusst zu spielen und dabei Spaß zu haben. Und vergiss nicht, dass du ein Spiel spielst. Nimm dir in meditativen oder psychedelischen Zuständen, die kein Spiel sind, eine Auszeit, um dich daran zu erinnern, dass du ein Spiel spielst und dich nicht darein verstrickst. }


Alle Fotos aus Birth of a Psychedelic Cultute

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Timothy Leary in Millbrooks.Rechts: der hohe Turm am Zihuatanejo Beach.

RD Aber manchmal können die Spiele, die man spielt, um in den Nicht-Spiel-Zustand zu gelangen, selbst ziemlich fesselnd werden. RM Ich glaube, es ist das, was Chögyam Trungpa «spiritueller Materialismus» genannt hat, das heißt, in der Methodik der spirituellen Praxis hängen zu bleiben und das Gefühl zu haben, anderen überlegen zu sein, weil man meditiert. GB Ralph, wie war das mit deiner ersten LSD-­ Erfahrung? RM Zu meinem ersten Experiment mit LSD kam es erst, als wir uns im ersten Sommer (1962) in Zihuatanejo befanden und daran arbeiteten, das Tibetische Totenbuch zu einem Handbuch für psychedelische Erfahrungen umzuarbeiten. Wir wollten dieses Modell der Durchführung einer Sitzung testen. Aber ich würde sagen, dass einige unserer Sitzungen mit einer hohen Dosis von Psilocybin den gleichen Grad

«Die funkelnden Energielinien wurden bösartig statt wohltuend umfangend.» von Intensität hatten. Ich erinnere mich an eine besonders machtvolle Sitzung, in der ich psychotisch und suizidal wurde, aber auch ungemein viel über solch extreme Erfahrungen lernte. Wir hatten beschlossen, eine sehr hohe Dosis Psilocybin zu nehmen. Ich nahm 60 Milligramm und George Litwin nahm 80 Milligramm. George Litwins Ehefrau Corky und Gunther Weil waren ebenfalls dabei. Wir woll-

ten bis an die Grenze gehen, um zu sehen, was dann passiert. Wir hatten natürlich nicht die geringste Ahnung. Im Rückblick muss ich sagen, dass das ziemlich dämlich war. Aber so waren wir damals nun einmal. Die erste Wahrnehmungsveränderung, die mir auffiel, waren fließende Energie-Feldlinien, die ich schon aus früheren Sitzungen mit Psilocybin kannte. Filigrane fließende Linien, sehr schön und glitzernd. Doch dann begannen die Linien, wie ich es ebenfalls zuvor schon erfahren hatte, einzufrieren, wenn man wegen irgendetwas ängstlich oder verkrampft wurde. Sie wurden hässlich und nicht mehr schön, hart und steif, und bewegten sich nicht mehr. Diese Energiebänder begannen sich zu verändern, weil ich mir wegen der hohen Dosis, die ich genommen hatte, Sorgen machte. Ich fürchtete mich vor dem, was mit mir geschehen könnte. So wurden die funkelnden Energielinien bösartig statt wohltuend umfangend. Sie wurden wie ein Käfig oder ein Netz in metallischem Grau oder rötlichem Grau. Sie froren um mich herum ein, sodass ich mich wie in einem tödlichen mechanischen Spinnennetz gefangen fühlte. Alle Bewegung hörte auf. Ich konnte mich anscheinend nicht mehr bewegen oder denken, und ich fragte mich, ob ich tot oder lebendig sei. Rückblickend kann ich sagen, dass ich diese Erfahrung erst viele Jahre später – in den 1970ern, als ich Stanislav Grofs Schriften über seine Arbeit mit LSD-Therapie las – im Sinne von Grofs Modell der vier Stadien des Geburtsprozesses verstanden habe. In dem Stadium, das er die Perinatale Grundmatrix Nr. 2 (PGM II) nennt, haben die Wehen eingesetzt, aber der Muttermund hat sich noch


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nicht geöffnet, sodass es zu keiner Bewegung Kannst du mir irgendetwas sagen, das wirkkommt. Grof sagt, dass die Erinnerung daran, lich ist?» Er verstand sofort, was los war, und dort festzustecken und mit enormer Kraft sagte: «Ah okay. Wir sitzen hier in der Küche zusammengequetscht zu werden, in späteren und Jack isst gerade einen Hamburger, Susan psychedelischen Sitzungen in Erfahrungen macht ihre Hausaufgaben und ich trinke des In-die-Enge-Getrieben-Seins, des Feststegerade ein Bier.» Ich sagte: «Vielen Dank, das ckens, des Gebundenseins, des Gefangenist toll. Ich fühle mich schon besser. Es fühlt seins, des Eingesperrtseins, des Lebendig-­ sich wirklich an. Könntest du vielleicht zu uns begraben-Seins, der Ausweglosigkeit und so kommen?» Also sagte er: «Na klar, ich komme weiter übersetzt wird. Es können die (durchzu euch hinüber.» Ich hatte irgendwie das aus berechtigte) Angst vor dem Sterben oder Gefühl, dass er mich aus diesem schreckliGefühle der Taubheit auftreten, die auf die Wirkung von Betäubungsmitteln auf den Fötus zurückgehen. Zu jener Zeit hatte ich von all dem natürlich noch keine Ahnung. Ich erinnere mich an das Gefühl «Was ist wirklich?». Psychiater nennen das «Derealisierung». Nicht zu wissen, wer oder was ich war – das chen Kerker des Nichtwissens um die Wirklichwird «Depersonalisierung» genannt. keit befreien konnte. Als er durch die Tür kam, RD Das ist ja irre. ging er durch dieses statische faserige Netz RM Die Erfahrung später in Begriffen von Grofs hindurch, das alle gefangen hielt. Er kam herModell zu verstehen, war etwas sehr Befreiein und bewegte sich dort zuerst ganz frei, endes. Nichts in der herkömmlichen Psychound ich dachte: «Wunderbar!» Aber kurz darlogie konnte einen darauf vorbereiten. Die auf war auch er darin gefangen, eine weitere Sprache des tibetischen Buddhismus ist für Fliege in dem klebrigen Spinnennetz. Meine die meisten Westler zu fremd und zu seltsam, Verzweiflung wurde noch tiefer. Wisst ihr, es auch wenn die zugrundeliegenden Lehren gab kein Entkommen aus dieser höllischen natürlich sehr hilfreich sind. Außerdem hatHalluzination. Dann dachte ich: «Ich vermag ten wir zu jener Zeit noch nicht begonnen, nicht zu sagen, was meine sensorische Erfahdieses Modell zu verwenden. rung ist. Wenn ich mir also etwas Schmerz GB Haben die anderen Teilnehmer dieser Sitzung zufüge, dann wird dies vielleicht dazu führen, dieselbe Energie gespürt? dass ich mich wirklich fühle und wirklich bin.» RM Für mich sah es so aus, als seien auch alle Ich nahm eine Kerze und versuchte mein Bein anderen in demselben metallenen Spinnendamit zu verbrennen, um eine wirkliche Empnetz gefangen. Aber was ihre subjektive findung zu haben. Das war nicht gerade hilfErfahrung angeht, konnte ich das nicht wisreich. (Wenn ich heute wiederum darüber sen. Ich war zu weggetreten. nachdenke, ist dies vielleicht die zugrundelieRD Ich glaube, das war nicht der Fall, weil sie gende Motivation von Leuten, die sich selbst kamen und mir erzählten, Ralph sei ausgeSchnittwunden zufügen.) Die Sitzung fand in flippt. einem Haus statt, das in der Nähe von RM Nun ja, inmitten dieses höllischen Zustandes Bahngleisen stand. Ab und zu donnerte ein kam mir plötzlich die Idee, ich sollte Tim bitZug vorbei und ließ das ganze Haus erbeben. ten, mir zu helfen, herauszufinden, was wirkIch erinnere mich, dass ich dachte: «Ich lich war und was nicht. Also sagte ich: «Ich wünschte, dieser Zug würde genau durch diemuss gehen und Tim anrufen» (er war bei der ses Haus rasen und mich töten, dann wäre ich Sitzung nicht dabei). Ich erinnere mich, dass tot. Es wäre alles vorbei. Ich wäre dieser Hölle Gunther Weil mit mir kam, um mir beim Teleentronnen.» Ich sagte zu George Litwin: «Ich erhältlich im Pressehandel, in Buchund Hanfshops, im Versand fonierenist zu helfen. Er verstand meinen Drang, weiß nicht, warum ich weiterleben sollte; ich zu irgendetwas Wirklichem zu finden. Wir sollte mich einfach umbringen.» Er entgeglucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! wählten Tims Nummer. Ich sagte zu ihm: nete: «Würdest du weiterleben, wenn ich dich «Tim, ich möchte dich etwas fragen», und er darum bitte?» Und ich sagte: «Ja.» sagte: «Okay.» «Sag mir etwas, das real ist. RD Lebe für den Rest von uns. }}

«Kannst du mir irgendetwas sagen, das wirklich ist?»

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch über


6 8   E R FA H RU N G E N M I T P S I L O C Y B I N U N D L S D

GB Du hast geschrieben, dass du in dieser Erfahrung dem Selbstmord so nahegekommen bist wie nie zuvor. Was, würdest du sagen, hat dir geholfen, das zu überwinden? RM Der Wendepunkt war die Frage von George. Es war so, als ließe sie die Waage leicht in Richtung Leben ausschlagen. Als dann die Intensität abzunehmen begann, erinnerte ich mich auch daran, dass ich diese Droge eingenommen hatte. Viele (zwanzig) Jahre später befand ich mich in einer Situation, in der eine befreundete Frau in Deutschland auf einem DMT-Trip war und eine einschläfernde Stimme in ihrem Kopf hörte, die ihr sagte, sie brauche nicht zu atmen. Es machte mir Angst, dass sie aufhörte zu atmen. Als ich sie bat zu atmen, sagte sie, sie sähe keinen Grund dafür. Ich erinnerte mich an mein Gespräch mit George und sagte: «Wenn du es nicht für dich selbst

«Es war definitiv eine Erfahrung, die einen demütig werden lässt.» tust, würdest du für mich atmen?» Sie sagte: «Na klar», und kam vom Rand des Abgrunds zurück. Ich war froh, dass ich mich an die magischen Worte erinnert hatte, die meinen Selbstmord-Bann durchbrochen hatten. GB Wie hat diese Erfahrung deine darauffolgende Forschung, bei der du Versuchspersonen Psychedelika gegeben hast, beeinflusst? RM Sie brachte mich und uns alle zu der Ansicht, dass wir uns der Notwendigkeit einer Art von Rahmen für das Verständnis dessen, was mit Menschen in diesen Erfahrungen geschieht, sehr viel bewusster sein mussten, damit wir ihnen helfen konnten, durch schwierige, quasi-­psychotische Stadien zu navigieren. RD So etwas wie Stan Grofs Modell? RM Ja, aber wir erfuhren von diesem Modell erst etliche Jahre später. Damals hatte ich einfach das Bedürfnis, ein besseres Verständnis dieser Zustände zu gewinnen, dessen, was schiefgehen kann, und wie man zu jemandem spricht, der verwirrt und verängstigt ist. Alles, was wir zu jener Zeit tun konnten, war, die Person auf ein Bett zu legen und ihr zu sagen, sie solle das Beste hoffen und sich entspannen. Bei ihr bleiben und sicherstellen,

dass sie nichts Übereiltes tat. Das funktionierte die meiste Zeit. Ich hielt das für eine wunderbare Lektion, es war einfach schön. Ich bedauere keineswegs, durch diese Erfahrung gegangen zu sein. Ich habe sehr viel daraus gelernt, und sie hat mich motiviert, noch mehr zu lernen. Aber es war definitiv eine Erfahrung, die einen demütig werden lässt. GB Wart ihr damals schon mit dem Tibetischen Totenbuch vertraut? RD Ich glaube nicht, denn wir hatten schwierige Erfahrungen wie diese, bevor wir uns mit dem Tibetischen Totenbuch beschäftigt haben. RM Das stimmt, die Erfahrungen mit hohen Dosen von Psilocybin konnten diese Art von Schreckenserfahrungen des Ego-Todes hervorrufen, zu denen es auch mit LSD kommen kann und die im Tibetischen Totenbuch angesprochen werden. Mit diesem Modell hat man zusätzliche Hilfsmittel. Die Tibeter berichten von Visionen von «rasenden Gottheiten» und «friedvollen Gottheiten», denen man in den Bardo-Zuständen nach dem Tod begegnen kann. Höllische und himmlische Visionen. Der Rat der Tibeter ist: Erinnere dich daran, dass sie alle aus deinem eigenen Inneren hervortreten, aus deinem eigenen Geist, und getrennt davon keine Wirklichkeit besitzen. Könnte man den Reisenden an diese Lehren erinnern, dann wäre man, wie Aldous Huxley gesagt hat, in der Lage, durch die schwierigen Abschnitte durchzugehen und sich nicht von den angenehmen Abschnitten ablenken und verblenden zu lassen.  Auszug aus: Geburt einer psychedelischen Kultur. Nachtschatten Verlag 2018. 232 Seiten ISBN 978-3-03788-549-9 Deutsche Ausgabe des englischsprachigen Originals Birth of a Psychedelic Culture, Synergetic Press 2009. Ralph Metzner, Ram Dass & Gary Bravo

GEBURT EINER PSYCHEDELISCHEN KULTUR Gespräche über Leary, die Harvard Experimente, Millbrook und die 60er Jahre

Mit einem Prolog von Mathias Bröckers zur europäischen psychedelischen Kultur und einem aktuellen Vorwort von Ralph Metzner


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Luc y’s Rau sch Nr. 7

MEDIATHEK

Cannabis­ medizin II

Cannabis­ medizin I

Franjo Grotenhermen Cannabis gegen Krebs Nachtschatten Verlag 2017 ISBN 978-3-03788-516-1

Kurt Blaas, Mediziner und Cannabisfachmann aus Österreich, präsentiert in diesem Büchlein, das im Postkartenformat daherkommt, eine Zusammenfassung der medizinischen Anwendung der Hanfpflanze und ihrer Cannabi­ noide. Mit einer Übersicht über Cannabismedizin von Kurt Blaas, über die rechtliche Situation in Österreich von Gottfried Hudl und einem Essay des Historikers Lutz Musner zum Thema «Cannabis zwischen Medizin und künstlichem Paradies». Ein lesenswertes kleines Werk.

LSD, Kultur und Promis

Kurt Blaas

Alexander Fromm

Cannabismedizin

Acid ist fertig! Eine kleine

Ein praktischer Ratgeber für

Kulturgeschichte des LSD

Patienten und Patientinnen

Vergangenheitsverlag 2016

New Academic Press 2016

ISBN 978-3-86408-214-6

ISBN 978-3-99036-013-2

Cannabismedizin in der Behand­ lung von Krebs bzw. Neben­ wirkungen der Krebs­therapie, Cannabinoide mit krebshem­ mendem Potenzial, die wissen­ schaftliche Forschung hierüber und die Behandlung mit Canna­ bis und Cannabinoiden von Krebspatienten in der Praxis – all das und mehr versammelt Mediziner Franjo Grotenhermen in seinem Buch, das für Betrof­ fene und Angehörige genauso interessant ist wie für an der Cannabisthematik interessierte Leser.

Dieses Buch stellt diverse Kapitel der Geschichte des Acid zusammen, so standesgemäß über die Entdeckung des LSD durch Albert Hofmann, über das Sandoz-Pharmakon Delysid, über Ernst Jünger und Cary Grant, über Ken Kesey, natürlich über Timothy Leary, The Doors, die Beatles, Robert Crumb und Grateful Dead sowie über Pink Floyd, Peter Fonda, Steve Jobs, Nina Hagen, Krautrock, die Beastie Boys, die Fantastischen Vier und andere(s). Wer sich fragt, was all die Prominenz mit LSD am Hut hat oder hatte, der wird in diesem Buch fündig werden.


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MEDIATHEK

Forschung zum Nach­ schlagen Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns das neue Handbuch Psychoaktive Substanzen aus dem Springer-Verlag. Auf mehr als 700 Seiten werden interdisziplinäre Bereiche der Drogenforschung von Fachleuten der verschiede­ nen Richtungen präsentiert. Das Handbuch ist ein umfangreiches Nachschla­ gewerk für unterschiedliche Fragenstellungen in Sachen psychoaktive Substanzen und richtet sich u.a. an Mediziner, Psychologen, Suchttherapeuten, Pharma­ kologen und Neurowissen­ schaftler, Sozialwissen­ schaftler, (Sozial-) Pädagogen, Kriminologen, Juristen und Polizisten.

Maximilian von Heyden, Henrik Jungaberle, Tomislav Maji (Hrsg.): Handbuch Psychoaktive Substanzen Springer 2017 ISBN 978-3-64255-124-6

Die Psilo-Pilze des Jochen Gartz

Jochen Gartz Psychoactive indole alkaloids in higher fungi. New species and perspectives Scholars’ Press 2017 ISBN 978-6-20230-220-3

Endlich mal wieder ein Pilzbuch des Mykologen und Chemikers Jochen Gartz. Das englischsprachige Bändchen präsentiert auf 76 Seiten die neu entdeckten psilocybinhaltigen Pilze seit 1983 und beschreibt deren Aussehen, chemische Zusammensetzung und die Geschichte ihrer Entdeckung. Mit Pilzmonografien aus den Gattungen Psilocybe (7 Spezies), Panaeolus (2), Conocybe (1), Inocybe (1), Pluteus (1) und Gymnopilus (1). Das Buch wird in einer deutschsprachigen Fassung im Nachtschatten Verlag erscheinen.

Brot der Engel Boris Hiesserer bricht in seinem «Datenarchiv» das einseitig mate­riellempirische Verständnis entheogener Pflanzen auf. Er bedient sich dabei vieler, teilweise unveröffentlichter Texte, Dokumente und Bilder: Der Evolutionssprung der Menschheit entstand durch den schamanischen Gebrauch des Mutterkorns. Der Pfad führt von indigenen Völkern über die Mysterienkulte von Eleusis und das christliche Abendmahl bis zu Hofmanns LSD als Mittel zur Bewusstseins­erweiterung. Ver­ schiedene Blickwinkel namhafter Autoren geben wertvolle Anregungen zum Diskurs. Sein Fazit: Die Zeit ist reif für eine Renaissance von Eleusis.  FRITZ DIETZE

Boris Nikolaus Hiesserer (Hg.): Ecce Panis Angelorum – Das Brot der Engel. Die heiligen Technologien visionärer Kultur Verlag Andreas Mascha 2016 ISBN 978-3-92440-447-5


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Luc y’s Rau sch Nr. 7

ik e r  D e r K la ss

Die psychedelischen Gewächse auf Englisch

Richard Evans Schultes und Albert Hofmann The Botany and Chemistry of Hallucinogens Charles C. Thomas Publisher 1980 ISBN 0-398-03863-5

Wer Englisch kann und sich für die frühe Forschung an Psychedelika und psychedelischen Pflanzen interessiert, sollte dieses Kultbuch von Richard Evans Schultes und LSD-Entdecker Albert Hofmann kennen. Insbesondere die revidierte zweite Auflage von 1980 hat es in sich: Auf 437 Seiten geht es um die psychedelischen Pflanzen, ihr Vorkommen, ihren Gebrauch,ihre Wirkungen und ihre Inhaltsstoffe sowie um deren Pharmakologie. Im Kapitel Plants of hallucinogenic use beschreiben Schultes und Hofmann auf 285 Seiten zahlreiche psychoaktive Pflan­ zen in erhellenden Texten – etwa Virola, den Fliegenpilz, die Psilocybin­ pilze, den Hanf, psychoaktive Kakteen, Nachtschattengewächse und viele andere. Das Buch ist antiquarisch erhältlich, aber extrem teuer. Ab 250 Euro bis zu 1000 Euro und mehr muss man derzeit für das Werk hinblättern. Die Erstauflage ist zuweilen ab etwa 130 Euro erhältlich. Tipp der Redaktion!

Ì

CDs

DVD

Drogen-Hörbücher

The Substance

Aus dem für seriöse wissenschaftliche Literatur bekannten Hirzel Verlag haben zwei Hörbücher unsere Redaktion erreicht: Zum einen Peter Cremer-Schaeffers Cannabis – Was man weiß, was man wissen sollte, dessen Printversion wir in Lucys Nr. 5 bereits vorgestellt hatten. Das Hörbuch ist gut produziert und angenehm zu hören. Ebenfalls im Hirzel Verlag ist die 2. Auflage des Hörbuchs Moleküle, die Geschichte schrieben erschienen, das die Historie vieler wichtiger Pharmaka der Medizingeschichte beschreibt – unter anderem LSD, Morphin, Lachgas, Benzodiazepine und Barbiturate. Tipps der Redaktion!

Im Film The Substance vom Schweizer Regisseur und Drehbuchautor Martin Witz geht es um Albert Hofmann und seine Entdeckung des LSD. Selten hat jemand in derart passenden Bildern dargestellt, wie die Genese der Entdeckung und die anschließende pharma­ kologische Revolte sich tatsächlich abgespielt haben. Im Film kommen u.a. Albert Hofmann selbst, Ralph Metzner, Franz X. Vollenweider und Stanislav Grof sowie der Schweizer Psychiater Peter Gasser zu Wort. The Substance ist ein geschichtsträchtiger Film, der die Kult­substanz LSD aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Er vereint eine Melange aus alten und neuen Bildern sowie historischen und aktuellen Inter­ views mit prominenten und weniger bekannten Persönlichkeiten zu einem Gesamtkunstwerk.

Ì

Peter Cremer-Schaeffer Cannabis – Was man weiß, was man wissen sollte Hörbuch S. Hirzel Verlag 2017 ISBN 978-3-7776-2701-4 Andreas S. Ziegler Moleküle, die Geschichte schrieben Hörbuch, 2. Auflage S. Hirzel Verlag 2017 ISBN 978-3-7776-2699-4

Martin Witz (Regie) The Substance – Albert Hofmann‘s LSD, 2012 Vertrieb durch Nachtschatten Verlag ISBN 978-3-03788-271-9


75 Jahre LSD

Wayne Glausser LSD – Kulturgeschichte von A bis Z Glausser präsentiert in seinem Buch eine Auswahl an Artikeln und Stichworten zu wichtigen und einflussreichen Persönlichkeiten der psychedelischen Bewegung sowie über 400 Stichworte rund um die weltweite LSD-Kultur: Von A wie Ralph Abraham und Acid bis Z wie Frank Zappa und Zen-Buddhismus, mit Texten zur psychedelischen Kunst und Kultur des Untergrunds, zum Einfluss des Acid auf Religion, spirituelle Praxis, Philosophie, Politik, Wissenschaft, Sport und Wirtschaft, bis hin zum Einsatz des LSD in Psycholyse und psychedelischer Psychotherapie.

Ralph Metzner, Ram Dass & Gary Bravo

Geburt einer psychedelischen Kultur Gespräche über Leary, die Harvard Experimente, Millbrook und die 60er Jahre Als in den sechziger Jahren in den Vereinigten Staaten eine Handvoll Akademiker an die ersten bekannten psychedelischen Substanzen geriet, war der Siegeszug der psychoaktiven Moleküle unvermeidbar. Die Experimente von Timothy Leary, Richard Alpert (Ram Dass), Ralph Metzner und anderen mit Psilocybin, LSD, DMT & Co. setzten eine wichtige Wegmarke für die Entstehung einer psychedelischen Kultur des Westens.

Aus dem Englischen übertragen und um wichtige Stichworte der europäischen psychedelischen Kultur ergänzt. Mit einem Epilog von Christian Rätsch

Mit einem Prolog von Mathias Bröckers und einem aktuellen Vorwort von Ralph Metzner.

ISBN 978-3-03788-551-2, 312 Seiten, 14,8 × 21 cm, Broschur ca. Fr. 34.80 | € (D) 29.– | € (A) 29,90

ca. Fr. 29.80 | € (D) 24.80 | € (A) 25.50

Stanislav Grof

Markus Berger

Praxis der Bewusstseinsforschung

Niedrig dosierte Psychedelika im Alltag

Die Erforschung unserer Psyche und der inneren Welten holotroper Zustände hat den Menschen schon immer begleitet, fasziniert und angetrieben. Dieses Smart Book – eine Vorab- Auskopplung aus dem 2019 erscheinenden Standardwerk "Der Weg des Psychonauten: Enzyklopädie für innere Reisen" – geht auf die Geschichte der Psychonautik ebenso ein wie auf das kosmische Spiel, von dem wir alle einen Teil ausmachen.

Das Buch beschreibt die Entstehungsgeschichte des Microdosings, angefangen bei Albert Hofmann, der LSD in mikrodosierten Mengen zu sich nahm, um seine Sinne zu schärfen, bis hin zur modernen Praxis des Microdosings mit den unterschiedlichsten psychoaktiven Molekülen.

ISBN 978-3-03788-549-9 , 232 Seiten, 17 × 24 cm, Broschur

Microdosing

Psychonautik

ISBN 978-3-03788-553-6, ca. 144 Seiten, 12 x 20,3 cm, Broschur, ca. Fr. 16.80 | € (D) 14.80 | € (A) 15.20

ISBN 978-3-03788-558-1, 112 Seiten, DIN A6, Broschur, Fr. 14.80 | € (D) 12.80 | € (A) 13.20

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Luc y’s Rau sch Nr. 7

LIFESTYLE

Liquid Soul ist LSD Der Progressive-Psychedelic-Trance-Pionier im Gespräch Als Pionier des Psychedelic Trance hat Nicola Capobianco aus Zürich (38) als einer der ersten melodiöse, epische Progressive-Trance-Klänge mit deepen und auditiv-psycho­ aktiven Psychedelic-Elementen verquickt und in der Psy­ trance-Szene etabliert. Liquid Soul steht für groovigen Sound mit Wiedererkennungswert. I N T E RV I E W

Markus Berger

Nicola, inwieweit bringst du deine Musik mit LSD und psychedelischen Zuständen in Verbindung? Zu Albert Hofmanns 112. Geburtstag hattest du auf Facebook einen Dank an ihn gepostet. Grundsätzlich ist unsere Musik ja sehr LSD-freundlich. Und Liquid Soul ist in meinem Freundeskreis der Spitzname für liquides LSD. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich als Künstler so nenne – da gibt es also eine sehr enge Verbindung zu der Substanz. Du hast um die Jahrtausendwende begonnen, Progressive Psychedelic Trance zu produzieren, nachdem dich ein Freund auf eine GoaParty mitgenommen hatte. Kannst du beschreiben, wie dich diese Erfahrung inspiriert hat? Anfang der Neunziger habe ich klassischen Trance für mich entdeckt, vorher war ich Heavy-­ Metal-Fan. Mit Trance habe ich dann auch als Produzent angefangen. Anfang des neuen Jahrtausends schleppte mich ein Freund auf eine Goa-Party in der Schweiz, die Zoom auf dem Zürichberg. Da hatten wir auch

Liquid Soul dabei. Ich war enorm überrascht, als ich diese Musik hörte, denn sie war so unglaublich frei und hat mich derart mitgezogen in dieser Nacht, dass ich am nächsten Tag beschloss, ein neues Projekt zu starten: eine Fusion aus Trance und Psychedelic Trance. Dabei hab ich das ganz blauäugig angefangen,

«Psychedelic Trance muss als Soundtrack für Reisen in innere Welten taugen.» ohne jegliches Wissen und ohne einen anderen Künstler aus dieser Richtung zu kennen. Ich versuchte einfach, meine eigene Vision umzusetzen und einen Sound zu kreieren, den ich mir auf einer Goa-Party wünschen würde. Bis heute habe ich trancige Einflüsse in meiner Musik, so sind zum Beispiel immer Melodien dabei. Ich war auch einer der ersten, der die Geschwindigkeit im Psychedelic Trance gedrosselt hat. So um die 130 bis 135 bpm und nicht so vertwisted. Und damit habe ich eher ungewollt einen neuen Stil hervorgebracht, den Progressive Psyche­ delic Trance.

Nicola Capobianco.   Foto: ZVG

Du machst trippige und dabei melodiöse und groovige Musik, deine Sets bezeichnen viele als Tripbegleitung, die den Zuhörer eine Geschichte erleben lässt. Wie du es formuliert hast, so meine ich es auch: Die Musik soll eine Art Reise, eine Erfahrung sein. Jeder, der das schon mal erlebt hat, weiß, was ich damit meine. Ich würde sagen, Psychedelic Trance muss als Soundtrack für Reisen in innere Welten taugen. Es geht nicht nur darum, }


76

LIFESTYLE Liquid Soul ist LSD

Fortsetzung von Seite 75

«Es ist essentiell, die Message in die Welt zu bringen.» Liquid Soul

Party zu machen, sondern es geht um Bewusstseinserweiterung –  gerade mit LSD, wenn man sich auf dem Dancefloor so richtig fallenlassen kann. Deshalb ist es mein Ziel, eine Geschichte zu erzählen, mit einem Anfang, einem Höhepunkt und einem Runterkommen. Wie hast du dich vom Psychedelic-Trance-Hörer

KURS

zum Produzenten entwickelt? Hast du eine musikalische Ausbildung oder spielst du ein Instrument? Früher hab ich mal Gitarre gespielt, aber nie wirklich ambi­ tioniert. Als Produzent von elek­ tronischer Musik bin ich Autodidakt, ich habe keine musikalische Erziehung genossen. Das ist aber meiner Meinung nach ein Vorteil, denn ich bin damit nicht an die starren Gefüge und Begrenzungen der Musiktheorie gebunden, sondern produziere aus dem Bauch oder besser: aus dem Herzen heraus. Was ist für dich das Besondere an Psychedelic Trance im Vergleich zu Trance? Psychedelic geht tiefer, die Musik ist an sich tiefgründiger und auch nicht so kommerziell – wobei sich das auch in den letzten Jahren ein wenig verändert hat. Psychedelic kann den Zuhörer tiefer in die Erfahrung bringen und besser Geschichten erzählen, denen man auch länger folgen kann.

Das Zusammenleben auf der Erde entwickelt sich gerade in eine chaotische Richtung, während immer mehr Menschen die gelebte Spiri­ tualität suchen. Willst du mit deiner Musik dazu eine Message verbreiten? Absolut! Es geht grundsätzlich genau darum. Es steht schließlich viel auf dem Spiel: die Natur und unser Lebensraum, Miteinander und Menschlichkeit; letztlich geht es um Bewusstseinserweiterung, die dringend nötig ist. Das ist etwas, das in der Musikszene sonst sehr vernachlässigt wird. Psychedelic Trance hat sich in den letzten drei bis vier Jahren ziemlich in die Richtung entwickelt, die spirituelle Botschaft nach außen zu tragen – und das ist sehr begrüßenswert. Es ist nämlich essentiell, die Message in die Welt zu bringen. Und das ist auch Aufgabe der Psychedelic Community. soundcloud.com/ liquid-soul www.facebook.com / liquidsouliboga

Alchemistische Divination nach Ralph Metzner

Heilung und Führung durch den Zugang zu deiner spirituellen Intelligenz: Die Alchemistische Divination nach Ralph Metzner dient der Erforschung der eigenen göttlichen Anteile. Sie gibt konkrete Unterstützung zur Lösung von Problemen und bietet Inspiration für die Gestaltung des Lebenswegs: Durch Fragen an die Vergangenheit können Trau-

mata und Konflikte geheilt werden. Durch Fragen an die Zukunft kann ein Ausblick auf

zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten gewonnen werden. Bei KUDRA NaturBewusstSein und Svenja Zuther in Bohndorf nahe Lüneburg bietet Friedrich Rehrnbeck regelmäßig Kurse in Alchemistischer Divination an, die in diese psychonautische Technik einweisen. Tipp der Redaktion!

Ì

medizinderwildnis.de kudra.net


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Lucy’s Rausch Nr. 7

B L ÄT T E RWA L D #5

Magazine, die wir schätzen

An dieser Stelle präsentiert Lucy’s regelmäßig eine Übersicht über andere Magazine. Diesmal schauen wir uns drei legendäre Underground-Magazine an, die es nicht mehr gibt, und ein wichtiges Periodikum, das erst vor ein paar Jahren eingestellt werden musste. Unicorn – Spirituelle Wege und Erfahrungen Dieses Magazin aus Bonn bzw. Detmold, das sich bis Ausgabe Nr. 6 (1983) Vierteljahreshefte für Magie und Mythos nannte und dann den Untertitel änderte, befasste sich mit Schamanismus, Spiritualität, Psyche­ delik, Psychologie, Natur­ erleben und vielen weiteren verwandten Themen. Zu den Autoren gehörten unter anderem Fliegenpilzexperte Wolfgang Bauer und Volkskundler Sergius Golowin. Wer Unicorn-Ausgaben im antiquarischen Handel findet, sollte zugreifen! Mescalito – Sprung in die Unmöglichkeit Mescalito ist wie Unicorn ein Kind der Achtziger und wie dieses ein Magazin im A4-Format. Die Hefte wurden vom Indianischen Netzwerk BRD in Worms herausgegeben und enthielten Themen rund um Spiritualität, Mystik, Drogen, indianische Lebensweise, Geheimbünde, alternatives Leben, Naturver-

bundenheit und vieles mehr. Die Ausgaben sind um die 90 Seiten stark und vollgepackt bis obenhin. Im sympathischen SchreibmaschinenStyle. Eine echte Empfehlung für literarische Schatzjäger. Humus Das Hippie-Magazin Humus wurde in den 70ern von Werner Pieper aus dem Odenwald ins Leben gerufen und herausgegeben. Behandelt wurden Themen wie Naturerleben, Indianer, Schamanismus, alternative Lebenswege, Psychedelik,

Musik, Pflanzenkunde, Umweltschutz, Spiritualität oder alternative Kunst. Zuweilen finden sich höchst interessante Textbeiträge zu LSD und anderen Psychoaktiva, zu Albert Hofmann, Tim Leary, Allen Ginsberg, John C. Lilly und vielen weiteren. Connection Dieses Magazin fällt neben den anderen Titeln etwas aus der Reihe, ist aber nicht minder wichtig. Connection wurde 1985 von Wolf Schneider (siehe auch Seite 98) ins Leben gerufen. Dabei

verstand sich Connection als New-Age-Magazin, das sich mit Spiritualität, Schamanismus, Mystik, Naturerfahrung, östlicher Weisheit, alternativem Leben und vielem mehr befasste. Auch Psychedelik , Drogenforschung und Drogenerfahrung waren Themen im Magazin und wurden kompetent und ansprechend aufbereitet und vermittelt. Im Oktober 2015 erschien die letzte Ausgabe der Connection. Wir meinen: Schade drum! archiv.connection.de /index.php / magazine

SOUNDCLOUD TIPP Alan Watts dürfte jedem Psychedeliker ein Begriff sein – wenn nicht, dann wäre diese Bildungslücke schnellstens zu füllen. Mit diesem Soundcloud-Kanal, der eine Vielzahl an kurzen Happen Spoken Words von Alan Watts versammelt, ist das kein Problem. Es warten 28 Tracks zur Natur des Bewusstseins und zur spirituellen Philosophie. Allerdings nur auf Englisch. soundcloud.com/alanwatts




Wie psychedelisch


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L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

kann Cannabis sein? TEXT

Michael Knodt

E

s gibt starke Cannabis-Sorten, bei denen die Konsumenten von einem Trip-ähnlichen Erlebnis berichten, das mit einem klassischen Cannabis-Rausch kaum noch etwas gemeinsam habe. Extrem intensive Farbwahrnehmungen, eine ge-schärfte Sensorik oder gesteigertes Assoziationsvermögen und mehr Kreativität sind Kennzeichen solcher Berichte über Cannabis-Trips – also ein ex­trem starkes High, das weder müde noch schlapp macht. Das gemeinsame Kennzeichen von Strains, die ein solches High verursachen, ist ein hoher THC- und ein niedriger CBD-Gehalt. CBD wirkt antipsychotisch und bei Cannabis eben auch antipsychedelisch. Weil aber bei genau diesen

Nur geübte User sollten sich an hoch­potente Sorten wagen. Sorten die Wahrscheinlichkeit unerwünschter Nebeneffekte beim Cannabisrausch am höchsten ist, sollten sich nur geübte User an solche hochpotenten Sorten wagen. Das britische King’s College hat in einer 2015 veröffentlichten Studie festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit unerwünschter psychischer Nebeneffekte beim Konsum stark THC-lastiger Sorten dreimal höher ist als bei Sorten mit einem ausgewogenen Verhältnis. Das erklärt auch die Bedenken vieler langjähriger Hasch-User, welche die neuen, unter Kunstlicht gezogenen Sorten seit der (Schwarz-) Markteinführung in den 1990er-Jahren als «zu stark» beschreiben. Ältere Konsumenten, die schon seit 30 oder 40 Jahren Cannabis rauchen, greifen heute noch gerne zu Importware aus Nordafrika. Das niederländische Trimbos Institut veröffentlichte 2015 einen Bericht über Probekäufe in Coffeeshops, demzufolge der CBD-Gehalt von }


8 2   P S YC H E D E L I S C H E S C A N N A B I S

marokkanischem Haschisch exorbitant höher ist als der von einheimischen Indoor-Produkten. Mit durchschnittlich 7,7 Prozent liegt er fast siebenmal höher als der von unter Kunstlicht gezüchteten Cannabis-Sorten. Während Cannabis-Patienten bei der Sortenwahl eher nach schmerzstillenden und beruhigenden Eigenschaften suchen, ist ein möglichst psychedelischer Rausch unter erfahrenen Hedonisten eine oft gesuchte Eigenschaft von Cannabis. Daneben ist bei einer psychedelisch wirkenden Cannabis-Sorte ebenso wichtig, dass die körperli-

-

Die neueren THC-lastigen Strains kommen meist aus den US-Bundesstaaten. chen Effekte möglichst gering sind. Cannabis-Sorten, die stark beruhigen oder gar als Einschlafhilfe dienen, eignen sich nicht für eine solche Erfahrung. Verglichen mit einer LSD- oder Psilocybin-­ Erfahrung hat jedoch selbst das potenteste Canna­bis nicht annähernd das gleiche Potential. Ein

Psychedelische Cannabis-Sorten L.S.D.  Barney’s Farm/ NL  Wurde

Shining Silver Haze Royal Queen

der potentesten Cannabissorten

aus einer Skunk #1 und einer Mazar

Seeds/ NL  Amerikanische Züchter

überhaupt. Die Hände der unbekannten

gekreuzt. Namensgeber war die starke

haben mithilfe tausender Samen aus

Züchter sollen schon beim Pflegen der

psychoaktive Wirkung der neu entstande-

Kolumbien, Mexiko, Thailand und

Pflanzen so stark mit Harz verklebt

nen Sorte. Der Cannabis-­Cup-Sieger von

Südindien vor fast 50 Jahren die

gewesen sein, dass sie diese Eigenschaf-

2008 ist Indica-lastig (70 % Indica / 30 %

klassische Haze-Genetik erschaffen. In

ten im Namen verewigten. Gorilla Glue

Sativa), blüht unter Kunstlicht 60–65

den Niederlanden gelang es dann,

ist eine Kreuzung aus Chem Sis und Sour

Tage und weist gute Erträge auf. Der

diesen hochpotenten Hybriden zu

Dubb und blüht unter Kunstlicht 63–65

Strain verströmt einen Indica-typischen,

erzeugen, der die geschmacklichen

Tage. Der Gewinner des World Cannabis

moschusartigen Geruch und schmeckt

Eigenschaften von Haze-Sorten mit der

Cup in Jamaica von 2014 und 2015 ist ein

leicht kastanienartig. THC-Gehalt* laut

kurzen Blütezeit einer Indica vereint.

50 % Sativa  / 50 % Indica-Hybride.

Züchter bis zu 25 % bei 1,2 % CBD.

Shining Silver Haze kombiniert als

Blütezeit: 60 Tagen, mittlere bis

Kreuzung aus Haze, Skunk#1 und

moderate Erträge. Beim Geruch und

Acid  Paradise Seeds/ NL  Acid ist

Northern Lights drei legendäre Strains.

Geschmack dominiert eine limonen-­

die niederländische Weiterentwicklung

Sativa-lastig (35 % Indica /65 % Sativa),

kiefernartige Note, wobei der kräftige,

der weltberühmten Diesel, die über das legendäre Overgrow-Forum zu weltweiter Popularität gelangte. Der

blüht unter Kunstlicht 63–77 Tage, hohe Erträge auf. Der Strain verströmt einen sativatypischen, pinienartigen Geruch und schmeckt sehr würzig. THC-Gehalt

moschusartige Indica-Einfluss immer noch gut wahrnehmbar ist.

säuerlich riechende Strain wurde mit

laut Züchter bis zu 21 % bei unter 1 %

Y Griega  Medical Seeds/ES

hochpotenter niederländischer Genetik

CBD.

Namensgeber für diesen extrem

gekreuzt und machte fortan als Acid

potenten Strain ist ein Wortspiel:

Karriere. Indicalastig (60 % Indica / 40 %

Gorilla Glue  Züchter unbekannt/

«Y griega» ist das spanische Wort für

Sativa), blüht unter Kunstlicht 60–64

USA  Der THC-Gehalt der meisten Gorilla

Ypsilon. Y-Griega kann aber auch mit

Tage und weist einen durchschnittlichen

Glue Hybride beträgt 24–26 %, der

«... und Grieche» übersetzt werden.

Ertrag auf. Der Strain verströmt einen

CBD-Gehalt weit unter einem Prozent

Y Griega ist das Ergebnis einer Liaison

narkotisch-grapefruitartigen Geruch und

(0,05–0,35); einige ausselektierte

zwischen Amnesia Haze und Kali

schmeckt angenehm säuerlich.

Phänotypen , wie zum Beispiel Gorilla

Mist. Bei Y Griega konnte mit Gas­

THC-Gehalt: nicht bekannt,

Glue #4, sollen auf spektakuläre 30 %

chromatografie-Tests ein THC-Wert von

THC-CBD-Verhältnis laut Züchter 3:1.

THC kommen. Somit ist Gorilla Glue eine

27 % nachgewiesen werden; der

**

M angels fundierter Analysen, wie sie für medizinische Sorten in der EU bereits vorliegen, musste sich der Autor auf Angaben der Züchter oder US-Produzenten oder nicht nach EU-Richtlinien zertifizierter Labore verlassen. ** Phänotyp: Als phänotypische Variation bezeichnet Wikipedia die Unterschiede von Merkmalen zwischen den Mitgliedern derselben Art oder verwandter Arten. In der Evolution ist die erbliche phänotypische Variation in der Population eine Grundlage für evolutionäre Änderung. *


83

L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

erfahrener User beschreibt das so: «Ich hatte mit Cannabis schon milde psychedelische Erfahrungen, aber selbst die intensivste war ungefähr fünf bis zehn Prozent so stark wie eine echte.» High-Sein muss erlaubt sein Seit medizinisches Cannabis in Übersee und Europa auf dem Vormarsch ist, bemühen sich Züchter, den CBD-Anteil ihrer Züchtungen wieder zu erhöhen. Dagegen ging es während der ersten 20 Jahre des illegalen Cannabis-Anbaus unter Kunstlicht ausschließlich um die Steigerung des THC-Gehalts. So

sind besonders in den Niederlanden in dieser Zeit viele Sorten entstanden, die heute noch den Ruf haben, psychedelisch zu wirken. Die neueren THC-lastigen Strains kommen meist aus den US-Bundesstaaten, wo seit der Legalisierung nicht nur der positive medizinische Effekt im Vordergrund steht. Während man in Europa derzeit nur noch über den medizinischen Nutzen einzelner Sorten redet, ist es in Kanada oder den USA mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, auch mal starkes Gras zu rauchen, um so richtig high zu sein.

Critical Neville Haze  Delicious Seeds / ES  Die spanische Kreuzung aus einer Critical Bilbo und der legendären Nevilles’Haze hat die besten Eigenschaften und den hohen THC-Gehalt der Eltern geerbt: Das legendäre Haze-Aroma der Neville’s trifft auf die Eine Bruce Banner, die «potenteste Cannabissorte, die je getestet wurde».

Wuchsfreudigkeit einer Critical Bilbo. Der Sativa-lastige Hybride (90 % Sativa/ 10 % Indica) blüht zwischen 67 und 72

CBD-­Gehalt lag auch hier weit unter

horsegenetics-Sorte. 2013 adelte High

Tagen, und ist pflegeleicht, anders als

1 %. Der Sativa-lastige Hybride (80 %

Times den Strain mit dem Titel der

viele Sativa/Haze-lastige Sorten. Die

Sativa / 20 % Indica) blüht zwischen 73

«bislang potentesten Cannabissorte, die

Pflanzen wachsen sehr schnell in die

und 90 Tagen und erfordert so ein

je getestet wurde». Leicht Sativa-lastig

Höhe und der Ertrag ist dank der

wenig Geduld beim Züchter. Die Erträge

(40 % Indica / 60 % Sativa), hohe

beim Gewinner des Cannabis-­Cups der

Erträge, braucht 60–63 Tage, um unter

Kanarischen Inseln 2009 und 2011 sowie

Kunstlicht fertig auszublühen.

des Social-Clubs-Cannabis-­Cups

Critical-Bilbo-Abstammung sehr hoch. Geruch und Geschmack: typisch «harzig», nach Kiefer, ätherischen Ölen,

Barcelona 2014 sind moderat bis hoch.

Satori  Mandala Seeds/ NL  Satori

Wald und Weihrauch. Für Cannasseure,

Geschmack und Geruch sind zitruslastig

ist das Ergebnis der Kreuzung einer

die es würzig mögen.

und werden von Waldbeeren-­Aromen

Nepali-Sativa-Landrasse mit einer

abgerundet.

unbekannten Indica-lastigen Sorte aus

Natürlich handelt es sich bei den

den Niederlanden. Ihr THC-Gehalt liegt,

aufgeführten Sorten um eine willkürliche

Bruce Banner darkhorsegenetics/

je nach Phänotyp, zwischen 23 und 28 %.

und subjektive Auswahl des Autors. Im

USA  Hulks anderes Ego hat es mit

Satori ist ein Hybride (50 % Indica / 50 %

Prinzip geht es bei der Wahl einer

THC-Gehalten mit weit über 20 % in

Sativa) mit den Wuchseigenschaften

möglichst psychedelischen Cannabis-­

sich. Der bekannteste Phänotyp, Bruce einer Sativa; bei Geruch und Geschmack SorteAusgabe um ein einseitiges THC-CBDDie kompletten Artikel sind in der gedruckten zu lesen: Banner #3, soll 29 % THC aufweisen. dominiert die Indica-Herkunft:

Lucy’s Rausch

Der CBD-Gehalt liegt bei allen

scharf-würzig und narkotisch, allerdings

Verhältnis, das erst mit der Zucht von

Cannabis unter Kunstlicht im ermöglicht ist erhältlich im mit Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, Versand einer angenehmen Zitrusnote. Satori

Bruce-Banner-Phänotypen unter 1 %.

wurde. Deshalb sind alle Sorten, denen

2009 in Denver aus OG.Kush und unter Kunstlicht nach 65–75 Tagen über lucys-magazin.com oder alsblüht Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! das antipsychotische CBD fast vollends Strawberry-Diesel gezüchtet, gibt es

und soll sehr gute Erträge haben.

mittlerweile zahlreiche Kopien und

Outdoor sollte es nur bis zum 45.

fehlt, mit der entsprechenden Vorsicht

Weiterzüchtungen der ersten dark­

Breitengrad angebaut werden.

zu dosieren und zu genießen.


84

Lucy‘s Rausch Nr.7


85

L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

IM REICH DER TRÄUME TEXT

Fit z Hugh Ludlow

n dem Moment, in dem ich meine Augen schloss, überflutete mich eine Vision von himmlischer Schönheit. Ich stand am silbrig glänzenden Strand eines klaren, grenzenlosen Sees, über dessen Weite ich allem Anschein nach soeben getragen worden war. Nur wenige Schritte vom Ufer entfernt ragten makellose, schimmernde Alabastersäulen eines Tempels würdevoll in den rosigen Äther, dem Parthenon gleich – nein, ihm ähnlich, doch viel großartiger, wie ja das gottgleiche Ideal der Architektur das von Menschenhand verwirklichte Ideal übertreffen muss. Makellos in seiner weißen Reinheit, ohne Fehl in der vollendeten Symmetrie einer jeden Linie und eines jeden Winkels ragte sein Giebel empor, umhüllt von duftenden Wolken, deren Farben weit prächtiger waren als die eines Regenbogens. Es war das Werk eines Baumeisters, der nicht von dieser Welt war, und meine Seele stand davor in stiller Verzückung. Auf den Flügeltüren glänzten unzählige, strahlende, gläserne Augen, eingelegt in der marmornen Oberfläche rings um diamantene Gestalten, die von oben bis unten mit ihnen besetzt waren. Eines dieser Augen war golden wie die Mittagssonne, ein anderes grün, ein drittes leuchtete saphirfarben, und so ging es weiter durch die ganze Palette von Farbtönen, und alle waren so gruppiert, dass sie aufs Vorzüglichste miteinander harmonierten, wobei sie sich in Gedankenschnelle um ihre eigene Achse drehten. Allein in der Vorhalle des Tempels hätte ich in ewiger Verzückung verweilen können; aber siehe! noch mehr des Glücks war mir beschieden. Lautlos drehten sich die Türflügel in den Angeln, schwangen weit auf, und ich schritt durch das Portal. Ich hatte nicht das Gefühl, mich im Innern eines Tempels zu befinden. Ich hatte den Eindruck,

tatsächlich im Freien zu sein, so als hätte ich niemals die Pforte durchschritten, denn wohin immer ich auch meinen Blick wendete, ich sah weder Wände noch ein Dach noch einen Fußboden. Eine grenzenlose, die Seele erquickende Heiterkeit umgab und erfüllte mich. Ich stand am Ufer eines Kristallflusses, aus dessen Wassern im Vorüberfließen Klänge emporstiegen, die das Ohr berührten wie die Töne eines gläsernen Glockenspiels. Das-

FITZ HUGH LUDLOW (1836-1870) war ein US-amerikanischer Romancier, Freund von Mark Twain und Autor des 1857 erschienen Kultbuchs Der Haschisch-Esser (original The Hasheesh Eater – Being Passages from the Life of a Pythagorean). Ludlow war zarte 21 Jahre alt, als er dieses Buch veröffentlichte, in dem er poetisch anspruchsvoll von seinen fulminanten Erfahrungen mit oral appliziertem Haschisch berichtet. Was Ludlow mit Cannabis erlebte, hätte er gut und gerne auch unter dem Einfluss von LSD erfahren können. Die Erfahrungsberichte, von denen wir hier einen leicht gekürzt wiedergeben, sind ein gutes Beispiel dafür, dass Hanf­ produkte, korrekt angewendet, durchaus psychedelische Effekte herbeiführen können.

selbe Gefühl, wie es diese Töne hervorriefen, nämlich die einer bis zum äußersten ätherischen, verfeinerten, vergeistigten Musik, die aus weiter Feme herüberklingt, schwang in jeder kleinen Welle des durchscheinenden Wassers mit. Die sanft abfallende Uferböschung war verschwenderisch ausgepolstert mit Gras und Moos von so sattem Grün, dass Auge und Seele gleichermaßen darauf zur Ruhe kamen und alles voll Frieden in sich aufzunehmen begannen. Durch diesen Pflanzenwuchs, der niemals welkte, schlängelten sich die knorrigen, }


86  IM REICH DER TRÄUME

fantastischen Wurzeln der riesigen Libanonzedern, deren urzeitliche Stämme ihre großen Äste über mich breiteten, die, dicht ineinander verflochten, ein Dach bildeten, durch das kein Licht­ strahl drang; und in den schweigsamen Alleen unter den grandiosen Baumbögen wandelten ruhmreiche Barden, deren Gesichter, umrahmt von schneeweißen Bärten, die bis auf die Brust fielen, eine unbeschreibliche Güte und Vornehmheit ausstrahlten. Sie alle waren in fließende Gewänder gehüllt, gleich den Hohepriestern Gottes, und jeder hielt in seinen Händen eine Lyra, die keines Menschen Hand geschaffen hatte. Unvermittelt hält einer auf dem schattigen Pfad inne, entblößt seinen rechten Arm und beginnt ein Präludium. Während seine himmlischen Akkorde in vollendetem Wohlklang emporsteigen, zupft ein anderer seine Saiten, und die Klänge vereinen sich an meinem verzückten Ohr zu einer Symphonie, wie ich sie nie zuvor gehört hatte und wie ich sie nie wieder hören werde. Noch

Auf ewig befreit vom Sog der Schwerkraft und der Unruhe des Körpers weitet sich meine Seele … einen Augenblick länger, und schon spielen ihrer drei in vollendetem Gleichklang; nun schließt sich der vierte mit dem Zauber seiner Musik an, und in der Vollkommenheit des Klanges vergeht meine Seele. Mehr kann ich nicht ertragen. Und doch, mir fließt weiter Kraft zu, denn mit einem Mal stimmt die ganze Gruppe einen Chorgesang an, auf dessen Schwingen ich aus den geborstenen Mauern der Sinne emporgetragen werde, und Musik und Geist erbeben in plötzlicher Vereinigung. Auf ewig befreit vom Sog der Schwerkraft und der Unruhe des Körpers weitet sich meine Seele mit dem Anschwellen der überirdischen Klänge und schaut Geheimnisse, die sich nicht in Worte fassen lassen. Ich werde in luftiger Höhe auf der Herrlichkeit des Klanges dahingetragen. Ich schwebe in Trance dahin mitten im flammenden Chor der Seraphim. Doch während ich durch die Läuterung dieser wundervollen Ekstase mit der Gottheit selbst zu einer Einheit verschmelze, verklingen die brausenden Leiern eine nach der anderen, und während noch der letzte Seufzer im unermesslichen Äther erstirbt, tragen mich unsichtbare Arme in Windeseile hinab

L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

in die Tiefe und setzen mich vor einem anderen Portal ab. Seine Flügeltüren sind wie die ersten aus makellosem Marmor, doch fehlen die rollenden Augen in ihren glühenden Farben. Bevor ich mit dem Bericht dieser neuen Vision beginne, möchte ich eine Bemerkung einflechten, welche dazu dienen soll, zwei Gesetze der Wirkungsweise des Haschisch deutlich zu machen, denen hier, zur Erläuterung, ein Platz gebührt. Zum ersten: Wenn eine Fantasie, gleich welcher Art, zu Ende ist, dann verlagert sich der Schauplatz der Handlung fast unweigerlich an einen anderen Ort, der überhaupt nichts mehr gemein hat mit dem vorhergegangenen. Bei diesem Wechsel kann die Art der Empfindung in groben Zügen die gleiche bleiben. Ich kann im Paradies glücklich sein und glücklich sein an den Quellen des Nils, selten jedoch zweimal hintereinander entweder im Paradies oder am Nil. Ich kann auf dem Ätna Qualen leiden und auf ewig in der Hölle braten, doch ist kaum anzunehmen, dass Ätna oder Hölle im Verlauf desselben Rausches zweimal Zeugen meiner Pein sein werden. Zum zweiten wird, wenn der Sturm einer Vision von unvorstellbarer Großartigkeit den Haschisch-Esser mit voller Wucht umbraust hat, die folgende Vision im allgemeinen ruhiger, entspannter und von erholsamer Natur sein. Er wird herabsteigen aus seinen Wolken oder emportauchen aus dem Abgrund auf eine mittlere Ebene, wo die Schatten weich sind und seine Augen Erholung finden vom Glanz der Seraphim oder den Flammen der Hölle. Es liegt Weisheit in dieser Abfolge, sonst würde die Seele am Übermaß ihres eigenen Sauerstoffs verbrennen. So manches Mal, scheint mir, wurde meine eigene Seele auf diese Weise vor dem Verlöschen bewahrt. Die folgende Vision veranschaulicht beide Gesetze, vor allem aber das zweite. Das Portal des Tempels tat sich geräusch­ los vor mir auf, doch es war kein Bild der Erhabenheit, das sich meinen Blicken darbot. Ich befand mich in einem riesigen Raum, der sich, wenn überhaupt, wohl am ehesten mit der Kammer des Senats in Washington vergleichen ließe. Die Decke war gewölbt, und an der Seite gegenüber dem Eingang befand sich ein Podium, auf dem ein großer Lehnstuhl stand. In der Mitte des Hauses gab es ähnliche Stühle, die in einem weiten Bogen aufgestellt waren; die Wände, verkleidet mit massivem Holz, waren mit grotesken Fresken geschmückt – alles nur erdenkliche Getier gab es da


87

»Hier«, rief ich aus, »hier endlich begreife ich die wahre Bedeutung des immerwährenden Fortschritts!« sitzenden, und alle schaukelten beständig hin und her, vor und zurück, zu den Klängen unsichtbarer Instrumente, denen eine in Stil und Intonation höchst eindringliche und drollige äthiopische Musik entströmte. Niemand in dieser Versammlung aus Wolle sprach ein Wort, doch sie alle strickten – sie strickten mit nimmermüdem Eifer, ohne Unterlass, als gälte es ihr Leben. Ich sah genauer hin, um festzustellen, woran sie arbeiteten. Sie strickten alte Frauen, die wie sie selbst aussahen! Eine aus zu sehen, vom Vogel bis zum Ungeheuer – und ein der Schwesternschaft hatte ihr Double beinahe geheimnisvolles Gesetz von Leben und Bewegung vollendet; eine andere war emsig damit beschäfsorgte dafür, dass die Gestalten beständig wech- tigt, einen Augapfel zu runden; eine dritte nähte selten wie in einem Kaleidoskop. Da waren Wände Falten in die Mundwinkel; und wieder eine andere bevölkert mit Scharen geflügelter Pferde; dann wie- schlug eben die Maschen an für die nächste alte der wippten und nickten Tukane und Papageien Frau. Mit fantastischer Schnelligkeit ging auf den Ästen smaragdgrüner Palmen; nun die Arbeit voran; alle Augenblicke sprang entspann sich von der Wandverkleidung bis zur ein fertiges altes Weib von den Nadeln, Decke hin ein verbissener Kampf zwischen das sie eben erst vollendet hatten, griff – Kentauren und Lapithen, während Krater und im Nu zum Leben erweckt – nach dem Höhlen von den stampfenden Hufen zermalmt Werkzeug der Vervielfältigung und machte sich so wurden. eifrig ans Werk, als sei es von Anbeginn der Welt an Doch meine Aufmerksamkeit wurde rasch Mitglied dieser Versammlung gewesen. »Hier«, rief von den Fresken abgelenkt, als ich eine wahrhaft ich aus, »hier endlich begreife ich die wahre Bedeuhexenhafte Versammlung gewahrte, die auf den tung des immerwährenden Fortschritts!« Lehnstühlen des großen Saales Platz genommen Das Gewölbe hallte von meinem schalhatte. Auf dem Podium saß ein altes Weib, dessen lenden Gelächter wider, doch kein imponierende Haltung meine Aufmerksamkeit auf Gesicht verzog seine Maschen zu einem sich zog, und von der ich nach eingehender und Ausdruck des Erstaunens, nein, sie strickwohl auch recht unhöflicher Betrachtung zu dem ten weiter emsig alte Frauen, als ob es das Schluss kam, dass sie das Produkt einer Kunst war, nackte Leben zu retten gälte, und die unwillkürliwelche sich bei Personen ihres Alters und che Grobheit des Fremden blieb ohne Echo. Geschlechts größter Beliebtheit erfreute. Sie war Ein unwiderstehliches Verlangen packte aus purpurnem Garn gestrickt! In schöns- mich, bei der Arbeit mitzuhelfen; ich hatte mich ter Regelmäßigkeit zogen die Maschen schon fast entschlossen, einen Satz Stricknadeln über ihr Gesicht; bis hin zu jeder Runzel zu ergattern und mich dem Kreis der Schwestern ihres eingefallenen Mundes, zu jeder anzuschließen. Meine Nase fing bereits an, sich mit Falte ihrer Stirn, war sie das garnerne Kon- Maschen zu kräuseln, und schon im nächsten istalten erhältlich im Pressehandel, in Buch-wäre undichHanfshops, im Versand terfei eines Mütterchens, und auch die Augenblick wohl des garnigen Geschicks Nase hatte, dank geschickten Ausstopfens, die teilhaftig geworden, hätte mich nicht eine Hand lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! richtige Spitze erhalten und ihr Kinn den passen- gepackt und rückwärts durch die Türe hinausgezoden Vorsprung. Das Völkchen unterhalb des Podi- gen; der Kongress entschwand für immer meinen ums war lediglich eine Vervielfältigung seiner Vor- Blicken. (…) }

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch über


Es war wie die Heimkehr aus einer Ewigkeit, in der man einsam in den Palästen von Fremden gehaust hatte. Langsam schwebte ich wieder auf die Erde nieder. Orientalische Gärten nahmen mich auf. In anmutigen Kreisen tanzte ich von Brunnen zu Brunnen, begleitet von unvergleichlichen Huris, deren Stirn mit Bändern aus Jasmin geschmückt war. Ich warf Feigen nach nie gesehenen exotischen Vögeln, deren goldene und karmesinrote Flügel im Flug von Ast zu Ast hell aufblitzten, oder lockte sie mit schmeichelnden, zärtlichen Liebkosungen zu mir heran. Durch lange, von Palmen gesäumte Alleen wandelte ich Arm in Arm mit Hafis und vernahm die Stunden, die singend durch die Strophen seiner unvergleichlichen Gedichte flossen. In luftigen Gartenhäuschen ergötzte ich mich mit Limonaden, und in schamloser Gesetzlosigkeit schlürfte ich tropfenweise von jenem Safte, der den Gläubigen verboten ist. Dann legte ich mich im Schatten der Zitronenbäume zum Schlafen nieder. Als ich erwachte, war es Morgen – tatsächlich Morgen, nicht nur eine Halluzination, die mir

das Haschisch vorgaukelte. Als ich die Augen öffnete, war ich zunächst einmal glücklich, dass die Dinge wieder ihr natürliches Aussehen hatten. So ist es; obwohl das letzte Erlebnis, dessen ich mich entsinnen konnte, scheinbar jedes Bedürfnis eines Menschen – sowohl in körperlicher wie auch in geistiger Hinsicht – gestillt hatte, lächelte ich die vier weißen Wände meines Schlafgemachs an und hieß ihre vertraute Schlichtheit mit einer Freude willkommen, der es gänzlich an dem Wunsche mangelte, nach Arabien oder zum Regenbogen versetzt zu werden. Es war wie die Heimkehr aus einer Ewigkeit, in der man einsam in den Palästen von Fremden gehaust hatte. Wie treffend scheint mir doch der Ausdruck Ewigkeit, da mich während des ganzen Tages das Gefühl nicht verließ, eine unermessliche Zeitspanne trenne mich von dem Tage zuvor. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin dieses Gefühl nie mehr gänzlich losgeworden. Ich erhob mich in der Absicht, meine wiedergewonnenen Kräfte zu erproben und herauszufinden, ob ich zur Gänze wiederhergestellt sei. Wirklich, ich fühlte mich nicht im Geringsten körperlich erschöpft und auch von geistiger Niedergeschlagenheit konnte keine Rede sein. Alle Körperfunktionen waren wieder normal, mit einer Ausnahme, wie bereits erwähnt: die Spuren des großen Mysteriums, das ich erlebt hatte, ließen sich nicht aus dem Gedächtnis tilgen. Ich rief mir die Ereignisse der vergangenen Nacht noch einmal in Erinnerung und stellte mit Befriedigung fest, dass ich mein Geheimnis niemandem verraten hatte mit Ausnahme von Dr. H. Ich war mit meinem Experiment zufrieden. Ach! Hätte ich mich doch nur wirklich zufriedengegeben! Doch das Rad der Geschichte muss sich weiterdrehen.  Fitz Hugh Ludlow Der Haschisch-Esser Hugendubel-Verlag 2007 Hrsg. von Michael Horowitz. Aus dem Amerikanischen von Eva Güldenstein


MUSIK, FILME, WORKSHOPS, DISKUSSIONEN, KUNST SCIENCEANDFICTION.CH


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Microdosing

Psychedelika niedrig dosiert im Alltag verwenden TEXT

E

Mike Row

ine Praxis, die in letzter Zeit vermehrt in den Medien auftaucht, ist das Microdosing mit psychedelischen Substanzen. Dabei nimmt man alle paar Tage eine kleine Menge LSD, Psilocybin oder Meskalin zu sich. Dadurch soll sich das Befinden in vielen Bereichen verbessern. Im Falle von LSD ist dies beispielsweise ein Zehntel bis ein Zwanzigstel (10–20 µg) einer halluzinogenen Dosierung, die alle drei bis vier Tage genommen wird. Es gibt aber auch Nutzer, die die Dosierung unter 5 µg halten. Die Pausen zwischen den Dosierungstagen legt man ein, da es sonst schnell zu einer Toleranzbildung kommen würde, wie dies bei den meisten Psychedelika der Fall ist. Der erste «Microdoser» war Albert Hofmann, der diese Praxis in seinen späteren Lebensjahren als hilfreich für sein Denken erachtete. Zurzeit forscht Dr.  James Fadiman, der im Jahre 2011 sein Opus Magnum The Psychedelic Explorer’s Guide veröffentlichte, gemeinsam mit Dr. Sophia Korb an den Effekten des Microdosing an der Sofia Universität. Dabei sammeln sie über die Website microdosingpsychedelics.com anekdotische Daten von Personen, die sich Selbstexperimenten mit Microdosing unterziehen, und werten diese aus. An der Konferenz 2017 James Fadiman von MAPS (Multi­disciplinary Association for Psychedelic Studies) präsentierte Fadiman die ersten Daten aus dieser Forschung. Sie stammten von insgesamt 418 Probanden in der Altersgruppe von 18–78 Jahren (Durchschnittsalter 34). Drei Viertel der Studienteilnehmer gaben an, mit Microdosing ihre Depression bekämpfen zu wollen.

Die Feldberichte, die Fadiman präsentierte, fielen offenbar fast ausschließlich positiv aus – die Teilnehmer berichteten über mehr Energie, Wachsamkeit und einen gesteigerten Fokus in ihrem Alltag durch Microdosing mit LSD. Viele berichteten, dass sie sich gesünder ernährten und (wieder) mit Meditationspraktiken begannen. Eine Frau berichtete von einer deutlichen Abnahme der Menstruationsschmerzen. Und bei Personen mit Depression soll es zu einer allgemeinen Steigerung des Wohlbefindens gekommen sein. Auch der Rückgang von Migräneanfällen wurde berichtet. Bei Leuten, die im Alltag mit Beklemmungen und Angstgefühlen zu kämpfen haben, werden diese Symptome durch Microdosing hingegen verstärkt. Diese anekdotischen Daten stellen natürlich noch keine harte Wissenschaft dar. Die Kritiker

Teilnehmer berichteten über mehr Energie, Wachsamkeit und einen gesteigerten Fokus im Alltag. von Fadiman weisen beispielsweise auf den Placebo-Effekt hin, der eine Rolle spielen könnte; auch die allgemein unzuverlässige Erinnerungsfähigkeit des Menschen und die Verzerrung des jeweiligen subjektiven Erlebens sind Faktoren, die bei derartigen Studien beachtet werden müssen. Deshalb ist Fadiman darum bemüht, dass nun klinische Studien zum Microdosing folgen. Eine dieser Studien plant Amanda Feilding von der Beckley Foundation. Sie ist daran, ein Forschungsprotokoll auszuarbeiten, in dem der Nutzen von Microdosing anhand des alten chinesischen Brettspiels Go belegt werden soll. Dieses


Foto: Daniil Kuzelev / unsplash

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Brettspiel machte bereits vor zwei Jahren Schlagzeilen, als der Weltmeister Lee Sedol von Googles Software DeepMind-AlphaGo geschlagen wurde, die auf einer neuartigen künstlichen Intelligenz beruht, die mit selbstlernenden neuralen Netzwerken arbeitet. Feilding stellte unter dem Einfluss von kleinen Mengen LSD eine Verbesserung ihrer eigenen Spielstärke fest. In ihrer Studie wird sie an ungefähr zwanzig StudienteilnehmerInnen Dosen von 10, 20 und 50 µg LSD sowie ein Placebo verteilen. Danach füllen sie Fragebogen zum persönlichen Befinden und anderen Vektoren aus, und während des Spiels gegen einen Go-Computer werden Gehirnscans durchgeführt. Feilding hofft, so die kreativitätssteigernde und problemlösungsfördernde Wirkung von Microdosing belegen zu können. Im Rahmen der psychedelischen Renaissance, die wir gegenwärtig erleben, sind an verschiedenen anderen Instituten und Universitäten Studien zum Microdosing geplant. Die Initianten dieser Studien jagen alle noch den Forschungsgeldern hinterher, da Substanzen wie LSD, Psilocybin und Meskalin nicht patentiert werden können. Deshalb hat die Pharmaindustrie auch kein Interesse an der Durchführung oder Finanzierung dieser Forschung. Glücklicherweise gibt es jedoch immer mehr private großzügige Geldgeber, die an diese Art der psychedelischen Forschung glauben. Eine bemerkenswerte Entwicklung war im letzten Jahr bei MAPS zu beobachten. Die Organisation betrieb die letzten zwei Jahre eine aufwändige Kampagne, um Forschungsgelder für

Beim Microdosing verschwimmen die Grenzen zwischen Heilung und bewusster Verbesserung des Lebens von Gesunden. Studien zu MDMA-assistierter psychotherapeutischer Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen einzutreiben. Mühsam kamen so 300 000 Dollar von einer großen Anzahl von Einzelspendern zusammen. Im Dezember 2017 erhielt die Organisation dann auf einen Schlag von zwei anonymen Spendern Bitcoins im Wert von über zwei Millionen Dollar. Dieses Beispiel zeigt die große Nähe der Tech-Community zur psychedelischen Community (zumindest im angloamerikanischen Raum). Gezielte Selbstoptimierung } Microdosing ist unter den Techies und im Silicon Valley schon seit mehreren Jahrzehnten verbreitet. Die Programmierer und Entwickler microdosen in diesem hoch kompetitiven Umfeld ausschließlich zur Produktivitäts-, Kreativitäts- und Leistungssteigerung. Dass beim Microdosing die Grenzen zwischen Heilung und bewusster Verbesserung des Lebens von Gesunden verschwimmen, betrachtet Fadiman als nebensächlich. Das Ziel seiner Forschung ist eine breitere Integration von Psychedelika in unsere Gesellschaft und unser }


92  MICRODOSING

Leben. Fadiman plant demnächst die Veröffent­ lichung einer Studie mit 1500 Teilnehmern aus aller Welt, so aus Iran, Venezuela, London, Berlin und Delhi. Die Forschung soll online zugänglich gemacht werden. Während die meisten Medikamente einen spezifischen Aspekt der körperlichen oder geistigen Funktionen ansprechen, handelt es sich bei Microdosing um eine holistische Methode. So kann Microdosing etwa mit der Aufnahme von Vitamin D verglichen werden, das alle körperlichen Systeme anspricht – auf Wegen, die wir noch nicht komplett verstanden haben. Im Falle von LSD werden die Serotonin-2A-Rezeptoren angesprochen. Serotonin ist der Botenstoff, der die emotionale Stimmung, das Träumen und das Bewusstsein an sich moduliert. Beim Microdosing nimmt man somit ganz bewusst über längere Zeit Einfluss auf

stellen, die meiner Meinung nach nicht durch den Placebo-Effekt bedingt war. Ich bemerkte an den Microdosing-Tagen, aber auch am darauffolgenden Tag eine Steigerung meiner Konzentrationsfähigkeit, und tagsüber wurde ich weniger schnell müde. Ich bin kein Kaffeetrinker, aber ich könnte mir vorstellen, dass Koffein während des Microdosings überflüssig wird. Auch wenn ich nicht an Depressionen leide, erlebte ich durchaus einen etwas «farbigeren» Alltag. Bei repetitiven Tätigkeiten schien die Zeit langsamer als sonst zu vergehen; der Fokus oder die Lust an der Tätigkeit wurden jedoch nicht vermindert. Das allgemeine Wohlbefinden war stets gegeben, manchmal sogar etwas gesteigert. Die Denkfähigkeit wurde positiv beeinflusst. Am dritten Tag nach der Einnahme ist eine Rückkehr zum Ausgangszustand festzustellen, und man fühlt sich komplett «nüchtern». In Bezug auf meine Schlafgewohnheiten und mein Traumleben konnte ich keine Veränderungen feststellen. Jedoch reagierte ich an den Microdosing-Tagen deutlich sensibler auf Cannabis. Mit Synergien mit anderen psychoaktiven Substanzen sollte man also vorsichdie Hirnchemie, weshalb die Praxis auch in soge- tig umgehen. Bei Personen, die im Alltag Medikanannten Bio-Hacking-Kreisen beliebt geworden mente einnehmen, soll Microdosing laut Fadiman ist. Die Gehirnfunktionen werden durch die stär- nicht problematisch wirken; trotzdem wird in solkere Vernetzung des Gehirns unter LSD gesteigert. chen Fällen empfohlen, die Praxis zuerst mit einer Techies und Unternehmer, die auf Microdosing Fachperson abzusprechen. Menschen aus Familien schwören, sind auf vermehrte Flow-Zustände aus, mit psychischen Krankheiten und mit Epilepsie auf völlige mentale Vertiefung und ein restloses wird vom Microdosing abgeraten. Bei Personen mit Aufgehen in ihrer Tätigkeit. Autismus ist bei so kleinen Mengen einer psychedelischen Substanz keine Veränderung im subjektiEigene Erfahrungen ven Erleben zu erwarten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der einzige Was ich nach dem Absetzen des MicrodoWeg, um zu mehr Erkenntnissen zum Microdosing sing feststellen konnte, war die anhaltende Wirzu gelangen, das Selbstexperiment. Deshalb kung einiger positiver Effekte, die ich während der unterzog ich mich letzten Winter über eineinhalb Microdosing-Zeit erlebt hatte. Ich könnte mir vorMonate einem Versuch an mir selbst. Ich mischte stellen, dass bei Leuten mit Depression die Microflüssiges LSD-25 mit destilliertem Wasser und dosing-Effekte auch nach dessen Absetzen eine stellte es in einem abgedunkelten Kaffeebecher in gewisse Zeit anhalten. Heute habe ich kein den Kühlschrank. So konnte ich jeweils die Bedürfnis mehr, in regelmäßigen Abständen vom gewünschte Menge in einen 30-Milliliter-Messbe- Microdosing Gebrauch zu machen. Ich tue dies cher abfüllen und einnehmen. nur noch, wenn ich einen besonders strengen oder Ich hielt mich an Fadimans Empfehlung, langen Arbeitstag vor mir habe. Es gibt jedoch circa 15–20 Mikrogramm an jedem vierten Tag ein- auch Leute, die bereits über mehr als zehn Jahre ist erhältlich im Pressehandel, in in Buchund microdosen Hanfshops, Versand zunehmen. Das Wochenende ließ ich meistens aus, mehrmals der Woche undim keine da ich an diesen Tagen keinen Bedarf sah. So fand negativen Nebeneffekte zu berichten haben. über lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! die Einnahme manchmal am dritten oder fünften Auf die künftigen Forschungsergebnisse Tag statt. Ich konnte durchaus eine Wirkung fest­ dürfen wir gespannt sein.

Man nimmt ganz bewusst über längere Zeit Einfluss auf die Hirnchemie.

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch


Bildredak tion • Grafik • Layout Text • Lek torat • Korrek torat

ninotchka.ch

}


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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

Meine Arbeit mit LSD TEXT

Peter Gasser

A

m 11. Januar 2006 wurde Albert Hof­ mann 100 Jahre alt. Juraj Styk, der frühere Präsident der SÄPT (Schweizeri­ sche Ärztegesellschaft für Psycholytische Thera­ pie) und Freund von Albert Hofmann, lud mich ein zum offiziellen Festakt im Festsaal des Muse­ ums der Kulturen in Basel. Albert und Anita Hof­ mann saßen ganz vorne und ich ganz hinten. Nach den feierlichen Ansprachen gingen viele der Anwesenden nach vorne, um dem Geburts­ tagskind persönlich zu gratulieren. Ich hatte die­ sen Mann seit Jahren von weitem bewundert, und ich wäre aus Zurückhaltung nicht hingegan­ gen, um ihm zu gratulieren, wenn nicht Juraj Styk mich dazu ermuntert hätte. Also hatte ich an diesem Tag den ersten «hautnahen» Kontakt mit Albert, was mich sehr freute. Tags darauf war ich mit Freunden und Kolle­ gen auf einer Wanderung im wunderbar verschnei­ ten Jura. Rick Doblin, der Begründer von MAPS, war auch mit von der Partie. Spazierend sprachen wir über vieles, auch über den gemeinsamen Wunsch, ein Forschungsprojekt mit LSD zu entwi­ ckeln. Rick bezeichnete es als illusorisch, ein sol­ ches Projekt in den USA zu planen. Die negative gesellschaftliche Einstellung zu LSD sah er als zu große Hürde. Aber bei der Finanzierung eines Pro­ jekts in der Schweiz würde er allenfalls mithelfen. Ein Abenteuer beginnt Am 13. Januar 2006 fand das große internatio­ nale Symposium in Basel LSD – Sorgenkind und Wunderdroge statt. Für viele war dieses Treffen von mehr als 1500 Teilnehmern aus aller Welt eine Art Ini­tialzündung für die Arbeit zur Förderung der psyche­delischen Therapie, die Forschung oder das langfristige Interesse an der Bewusstseinsver­ änderung. Auch für mich war es der Beginn eines großen Abenteuers, das bis heute andauert. Am Ende des Symposiums unterzeichneten praktisch alle Vortragenden und Organisatoren einen Appell an die Gesundheitsministerien verschiede­ ner Länder, die Forschung und therapeutische Anwendung von LSD wieder möglich zu machen.

Albert Hofmann war Erstunterzeichner dieses Appells. Meines Wissens reagierte nur der dama­ lige Schweizer Gesundheitsminister Pascal Cou­ chepin. Seine Antwort war knapp, aber positiv: Wenn die ethischen und wissenschaftlichen Vor­ aussetzungen gegeben seien, würde man ein ent­ sprechendes Projekt bewilligen, hieß es darin. Eine auffallend unpolitische Antwort, die mich persönlich ermutigte, ein Projekt auszuarbeiten. Zum Teil orientierte ich mich methodisch an der von MAPS bereits gestarteten MDMA-For­ schung bei posttraumatischer Belastungsstö­ rung und informierte mich bei Peter Oehen, der in der Schweiz schon früher ein MDMA-Projekt gestartet hatte; zum Teil las ich wissenschaftli­ che Artikel aus den 1960er Jahren über LSD-Be­ handlungen bei Krebspatienten. Ich sprach mit Psychoonkologen, Statistikern und mit Professor Rudolf Brenneisen, der als Pharmazeut eine Bewilligung für den Umgang mit LSD hatte. Ich bin ja von der Ausbildung her kein Forscher, son­ dern arbeite als niedergelassener Therapeut und nicht an einer Universität. Endlich konnte das Forschungsprotokoll der Ethikkommission vorgelegt werden, die mich einlud, mein Projekt vorzustellen. Dass ich Krebs­ patienten als zu behandelnde Gruppe gewählt hatte, war nicht etwa eine Vereinfachung, wie manche Zyniker meinten («Bei sterbenskranken Menschen kann man ja nicht mehr viel falsch

Schließlich hieß die Ethikkommission das Projekt gut. machen»). Im Gegenteil, die Hürden waren höher. Die Ethikkommission wollte sicher sein, dass die Patienten voll urteilsfähig waren, wenn sie sich für eine LSD-Behandlung entschieden. Die Kommission brauchte lange, um ihren Ent­ scheid zu fällen. Ich habe im Nachhinein erfah­ ren, dass es das einzige Mal war, wo man schließ­ lich erst über eine Abstimmung zum Entscheid


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kam. Sonst wurde immer so lange diskutiert, bis Einstimmigkeit herrschte. Bei diesem Projekt ging das nicht. Doch schließlich hieß die Ethik­ kommission das Projekt gut. Was für ein Hoch­ gefühl! Der erste und schwierigste Schritt im Bewilligungsverfahren war genommen. Danach ging es schnell, Arzneimittelzulassungsbehörde und Gesundheitsministerium agierten rein büro­ kratisch – was hier positiv gemeint ist. Nach Vor­ liegen aller verlangten Formalitäten wurde das Projekt umgehend bewilligt. Am 7. November 2007 lagen alle Bewilligungen vor. Die Medienlawine Durch eine gezielte Indiskretion von Roger Lig­ genstorfer, Inhaber des Nachtschatten Verlags in Solothurn, wurde schon einen Monat später ein Radiojournalist auf das Projekt aufmerksam und bat um ein Interview. Ich hatte keine Ahnung,

Ich wurde zu einer öffentlichen Person, womit ich nicht gerechnet hatte. dass dies der Beginn eines großen öffentlichen Interesses war, das mich mit der Zeit fast wie eine Lawine erfasste. Es ist das Abenteuer, das ich ein­ gangs erwähnte. Ich wurde zu einer öffentlichen Person, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich bemühe und bemühte mich, ich selbst zu bleiben, mich nicht von der Angst leiten zu lassen, aber auch nicht vor Begeisterung in einen Galopp zu verfallen oder abzuheben. Es gab durchaus Warner, die mich zur Zurückhaltung mahnten. Es sei unwissenschaft­ lich, von einer Studie zu berichten, die noch läuft, ja noch nicht einmal begonnen hat. Oder auch, ich würde verheizt und mein Ruf durch eine polari­ sierende Presse beschädigt. Oder ich würde andere gefährden, wenn ich so offen über die Arbeit mit einer eigentlich illegalen Substanz berichtete. Ich hatte bis anhin noch kaum Erfahrung mit Medien und ihren Erzeugern, den Journalis­ ten. Drei Dinge, beziehungsweise zwei Menschen und eine Tatsache, haben mir geholfen, die kom­ plexe neue Aufgabe zu meistern. Albert Hofmann war mir Vorbild in der Geduld, neugierigen Men­ schen auf die immer gleichen Fragen mit Sympa­ thie und Ernsthaftigkeit zu begegnen. Rick Doblin sagte mir, die Information der Öffentlichkeit (und nicht nur der wissenschaftlichen Gemeinde) sei

Peter Gasser 2011 im Gespräch.  Foto: Hanspeter Bärtschi

eine wichtige Aufgabe. Aufklärung und Informa­ tion würden auf längere Sicht die Wahrnehmung der Substanzen in der Gesellschaft positiv verän­ dern. Er nannte dies «public education», wobei education im Englischen sowohl Erziehung wie auch Bildung heißt. Und schließlich hat mir mein eigenes grundsätzliches Vertrauen in Menschen geholfen, in den Journalisten nicht in erster Linie Personen zu sehen, die einen aufs Glatteis führen und für ihre Sensationen benutzen wollen. Meis­ tens waren es Berufsleute, die ein Interesse hat­ ten, Informationen über dieses Thema zu sam­ meln und einer breiten Öffentlichkeit davon berichten wollten. Die erste Behandlung in der Studie fand zwei Monate nach dem Tod von Albert Hofmann statt und war das Ziel meines langgehegten Traums, LSD in der Therapie anwenden zu dürfen. Ein kleines wissenschaftliches Fenster für eine hoch illegale Substanz, aber eben: Ein Anfang war nun gemacht. Barbara Speich, eine erfah­ rene Psychiatriepflegefachfrau und Supervisorin, und ich waren als Therapeutenpaar für die Pati­ entinnen und Patienten da. Belebende Heiterkeit Es war eine Begegnung mit schwer kranken Men­ schen, die einen frühzeitigen Tod, Ungewissheit und Leid ins Auge fassen mussten und vom LSD eine Hilfe zur Bewältigung der existenziellen Bedrohung erwarteten. Entgegen meinen Erwar­ tungen war es meist nicht deprimierend oder läh­ mend, mit diesen Menschen zusammen zu sein. Im Gegenteil, es war sehr oft belebend und }


L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

Grüße vom Nordkap.  Foto: pxhere

auch heiter. Barbara und ich genossen das Zusammensein mit H., die trotz intensiven Schamgefühlen am Ende ihrer 200-Mikro­ gramm-LSD-Reise in unserem Therapieraum tanzte («das erste Mal seit 25 Jahren»); die davon sprach, dass sie noch einmal den «war­ men Arsch einer Kuh tätscheln möchte» und die uns ein Jahr nach Abschluss der Behandlung – kurz vor ihrem Tod – eine Karte von ihrer Reise ans Nordkap schickte. Die Studie wurde 2012 abgeschlossen und daraufhin publiziert. Man könnte sagen, das Wichtigste an der Studie war, dass sie durchge­ führt werden konnte. Das war die Sensation; was dabei herauskam, war zwar schön, sichere und wirksame Behandlungen mit LSD. Aber das war nichts Neues, das wussten wir seit den 1960er Jah­ ren. Sicher hat diese Arbeit auch mir als Türöffner geholfen. Ab 2014 konnte ich beim Bundesamt für Gesundheit, dem schweizerischen Gesundheits­ ministerium, Sonderbewilligungen für Behandlun­ gen mit LSD oder MDMA erreichen. Damit ist es nun in der Schweiz möglich – allerdings in einem kleinen Umfang und mit restriktiven Auflagen – Therapien mit LSD und MDMA durchzuführen. Dies ist eine viel individuellere Behandlungsmög­ lichkeit als in einem Forschungsprojekt.

Erfahrung ein stark nach innen gerichteter Pro­ zess. Dem tragen wir Rechnung. Aber gegen Ende der Erfahrung und am nächsten Tag, wenn wir eine Nachbesprechung durchführen, ist das Ein­ gebettet-Sein in eine Gruppe eine fruchtbare und heilsame Umgebung. Und wie geht es nun weiter? Albert Hof­ mann sprach davon, dass seine liebste Entwick­ lung für den Umgang mit LSD eine Möglichkeit der Meditation und LSD-Erfahrung für Gesunde

Es ist ein weiter Weg, bis eine verbotene Substanz auch für Gesunde ein­ gesetzt werden kann.

sei. Zum Beispiel sollten auch gesunde Menschen in einem Kurhotel in den Bergen das Potenzial von LSD erfahren dürfen, so eine Art Eleusis in den Alpen. Davon sind wir weit entfernt. Denn es ist ein weiter Weg, bis eine verbotene Substanz auch für Gesunde eingesetzt werden kann. Aber die Geschichte mit Cannabis in den USA lehrt uns, dass innerhalb von zehn Jahren Undenkbares möglich werden kann. In den letzten Jahren hat sich die öffentli­ che Wahrnehmung bezüglich LSD entkrampft, zumindest hier in der Schweiz. Die Optimisten sprechen von einer psychedelischen Renaissance. Mögen sie Recht haben. An den Universitäten im In- und Ausland entsteht eine neue Generation von jungen Akade­ mikern und Akademikerinnen, die sich für die Erforschung von LSD & Co. interessieren. Sie suchen nach interessanten Fragestellungen, die es in Fülle Lernen in der Gruppe gibt, nach Professoren und Forscherteams, die Mittlerweile habe ich zusammen mit meinem dafür offen sind – die es noch spärlich gibt – und Freund und Kollegen Peter Oehen sogar die Mög­ nach Geldern zur Finanzierung, die es noch kaum lichkeit, die Patienten in einer Gruppentherapie gibt, nicht aus öffentlichen Kanälen und schon gar zu behandeln. Und das ist nicht nur vom Auf­ nicht von der Pharmaindustrie. Hier gibt es noch wand her ein großer Vorteil. Die Gruppenbehand­ viel Verbesserungsbedarf. Auch die Ausbildung zur lung eröffnet eine weitere Dimension, nämlich Therapie mit bewusstseinsverändernden Substan­ das gemeinsame Lernen in der Gruppe voneinan­ zen ist noch ein weites, unbearbeitetes Feld. Und der und die Möglichkeit, mit mehreren Menschen hier steht ein Generationenwechsel an, der durch in Beziehung zu treten. Verbote behindert wird. Viele psychische Probleme sind BeziehungsAlbert Hofmann hat gesagt, dass LSD eine ist erhältlich imesPressehandel, in Buchund Hanfshops, imVer­ Versand und Bindungsprobleme, und da bietet sich an, zu wichtige Substanz sei, als dass sie durch eine Behandlung in einem Feld von Beziehungs- bote aus der Welt verschwinden würde. Sie ist in über lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! und Bindungsmöglichkeiten zu ermöglichen. unserem Bewusstsein. Wo werden wir 2043 ste­ Natürlich ist vor allem die erste Zeit einer LSD-­ hen, wenn LSD 100 Jahre alt wird?

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Lucy’s Rausch


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Lucy‘s Rausch Nr.7

Ekstatisch leben TEXT

Wo l f S c h n e i d e r

W

as, auch du nimmst sowas?« Manche Leute erschrecken, wenn sie hören, dass ich die Einnahme bewusstseinser­ weiternder Substanzen unter Umständen gut­ heiße und sie selbst gelegentlich nutze – ich, der ich doch mal die buddhistischen Regeln eingehal­ ten habe, sogar die der Mönche. Für Buddhisten gilt als eine der fünf grundsätzlichen ethischen Regeln, auf die Einnahme berauschender Mittel zu verzichten, die zu Achtsamkeitsverlust führen. Wobei es durchaus berauschende Mittel gibt, wel­ che die Achtsamkeit erhöhen (Alkohol fällt dabei nicht in die engere Wahl). »Dass du so was brauchst!«, sagen die von meiner defizitären Ethik Enttäuschten. Abgespaltenes integrieren Brauche ich das? Jedenfalls finde ich, dass Sub­ stanzen wie LSD, MDMA, Ayahuasca, Psilocybin und wohl noch ein paar andere unter geeigneten Umständen das Bewusstsein schnell und wir­ kungsvoll erweitern und uns empathisch-ethisch sensibilisieren können. Sie können das schneller, besser, wirkungsvoller und teils auch nachhaltiger als psychotherapeutische und meditative Metho­ den  – wenn man sie richtig handhabt. Die genann­ ten Substanzen können helfen, Abgespaltenes zu integrieren, und auf diese Weise heilen. Sie können sogar mystische Erfahrungen auslösen, die dauer­ haft in positiver Weise das Leben verändern, wenn der Mensch, der sie einnimmt, dazu bereit ist. Das alles ist in dieser Zeitschrift schon aus­ führlich beschrieben worden. Ich erzähle hier des­ halb lieber meine eigene Geschichte. Es ist die Geschichte eines Menschen, der schon früh im Leben alles daran setzte, seiner eigenen Herkunft und Konditionierung zu entkommen, um frei zu sein – ein Jivanmukta zu werden, wie es im Hindu­ ismus heißt, ein zu Lebzeiten Befreiter. Buddhisten bezeichnen einen solchen Menschen als »dem Rad der Wiederkehr entronnen« und nennen ihn einen Sugata (übersetzt: «wohl gegangen»); diesen Namen gab mir mein Meister Osho im Sommer 1977 in Pune, Indien.

Tendenziell verändern alle oral eingenom­ menen Substanzen das Bewusstsein; sie tun das zum Beispiel, wenn sie Hunger und Durst stillen. Diejenigen, die das Bewusstsein stärker verän­ dern, nennt man bei uns Drogen. Einige der milde­ ren bekommt man in der Drogerie, stärker wir­ kende in der Apotheke, dort teils nur auf Rezept. Die Droge Alkohol bekommt man ohne Rezept im Getränkeladen. Andere sind illegal, teils weil sie hochgefährlich sind, wie Heroin, teils weil sie Besitzstände gefährden, wie LSD, das keine Sucht erzeugt und bei guter Handhabung enorm positiv wirkt. Ekstaseverstärker Als Jugendlicher machte ich einige Erfahrungen mit Alkohol und einige wenige mit Joints, die ich aber nicht mochte, weil sie geraucht wurden. Berauscht war ich vor allem als Verliebter, beim Tanzen und in der Natur, am Wasser oder in den Bergen. Auf einer Asienreise probierte ich Hasch­ kekse (gut!) und Opium (ohne Bedürfnis nach Wiederholung). Als vielfältig spirituell reisender

Ich probierte auch LSD, Ecstasy, Ayahuasca und Pilze. Osho-Sannyasin (Vipassana, Encounter, Zen, SufiTänze, Lachen und Weinen) probierte ich auch LSD, Ecstasy, Ayahuasca und Pilze. Ich habe dabei nie einen Horrortrip erlebt und manches neu erfahren über mich selbst. Immer waren diese Substanzen für mich Ekstase-Verstärker, das heißt, sie verstärkten mein ekstatisches Daseinsgefühl, das im Alltag und bei starker Fokussierung, Identi­ fizierung und Obsession die Tendenz hat zu ver­ blassen. Manchmal genügt mir die Erinnerung daran, dass eine dieser Substanzen mein aktuelles Bewusstsein verändern würde, dann brauche ich sie nicht einzunehmen – der Placebo-Effekt. Manchmal, wenn ich sie zur Hand habe, nehme ich


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Shiva, der indische Gott der Ekstase.  Foto: yashima / Flickr

etwas davon ein, am liebsten im Liebesrausch zu zweit, manchmal auch vor wichtigen Entschei­ dungen oder zur Selbstüberprüfung, was eigene blinde Flecken und Schatten anbelangt, eine Art Tiefseeforschung. Dabei immer nachspürend: Was ist jetzt anders? Geht es auch ohne? Ja, es geht auch ohne. Diese Substanzen lösen ja nur etwas aus, das wir schon in uns haben und das wir auch ohne sie empfinden können. Nie sind sie singuläre Ursache, immer nur Verstärker von etwas Vorhan­ denem. Viva la Revolucion! Ist die Suche nach Erleuchtung und persönlicher Ekstase ein Egotrip? Vielfach ja. Aber es gilt auch, dass wer sich nicht selbst liebt, kaum andere lie­ ben kann. Mutter Teresa zum Beispiel sah nicht so aus, als würde sie sich selbst lieben. Die Beatles schon eher, ihre ekstatische Musik hat die Welt zum Positiven verändert. Seit ich weiß, worum es in den Religionen geht und dass Mystik das A und O von allem Selbst- und Weltverständnis ist, will ich dieses Wissen nicht nur für mich haben, sondern es auch anderen zugänglich machen. Deshalb habe ich 30

Jahre lang einen Verlag betrieben, der die­ sen Themen gewidmet war, und lebe jetzt als Autor. Ich will die Botschaft verbreiten helfen, die Buddha, Laotse, Ramana Maharshi, die Beatles – und ja, auch Albert Hofmann – in die Welt gesetzt haben. Ich will die Ekstase nicht nur für mich, sondern für die ganze Welt. Eine bessere, gerechtere Wirtschaft und Politik allein wird uns nicht glücklich machen und ist ohnehin auf dieser Ebene nicht durchsetzbar – wir brauchen eine Bewusstseinsrevolution! Hierbei können berauschende Substanzen eine große Rolle spie­ len. Das tun sie ja bereits, nur eben bisher über­ wiegend nicht auf gute Weise – siehe den Alkohol­ missbrauch, die aktuelle Opioid-­Krise in den USA, den Krieg gegen Drogen in Nord-, Mittel- und Südamerika und die Macht der diversen Mafias in aller Welt, die vom Drogenhandel leben. Jugendinitiation Unsere Kultur geht nicht nur schlecht um mit dem natürlichen Bedürfnis des Menschen nach ent­ grenzenden Erfahrungen, sie hat auch keine guten Rituale mehr parat, die Jugendliche ins Erwachse­ nenleben einführen. Jugend ist eine natürliche Wachstums- und Identitätskrise; anders als die indigenen Völker lassen wir die Heranwachsenden damit allein, so als würde unsere wissenschaftlich aufgeklärte Gesellschaft das schon leisten. Das tut sie aber nicht, denn es geht dabei um einen Sprung in eine neue Identität. Auch hierbei können Sub­ stanzen helfen – in der Hand von weisen Menschen. Andernfalls beschaffen sich die Jugendlichen ihre Räusche auf dem Schwarzmarkt und riskieren dabei, einen tödlichen Cocktail oder eine falsche Dosierung zu bekommen. Unterdrücken lässt sich das Bedürfnis des Menschen nach Ekstase nicht, aber wir können gut damit umgehen.  www.lucys-magazin.com/autoren/schneider Wolf Sugata Schneider (*1952), Autor, Redakteur, Kabaret­ tist. 1985–2015 Herausgeber der Zeitschrift Connection. schneider@connection.de. Blog: connection.de


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Über das therapeutische Potenzial von LSD Psycholytische und Psychedelische Therapie TEXT

Michael Schlichting

A

ls die beiden wichtigsten Formen der Anwendung von LSD und ähnlichen psychoaktiven Substanzen zu psychotherapeutischen Zwecken können die Psycholytische und die Psychedelische Therapie angesehen werden, die in den 1960er Jahren ihre Blütezeit erlebten. Dieser Artikel will an die Pionierzeit dieser Therapieverfahren erinnern und auf ihr – aufgrund gesetzlicher Restriktionen seit vielen Jahren allerdings brachliegendes – therapeutisches Potenzial aufmerksam machen.

Psycholytische Therapie Die Entwicklung der Psycholytischen Therapie war eng verknüpft mit der Entdeckung von LSD vor 75 Jahren durch Albert Hofmann. Die erste klinische Studie über die Wirkung von LSD beim Menschen veröffentlichte der Schweizer Psychiater Stoll (1947), der bereits über positive therapeutische Effekte bei psychisch Kranken berichtete. Im Rahmen experimenteller psychotherapeutischer Forschungen stellten die englischen Psychiater Sandison, Spencer und Whitelaw (1954) fest, dass neurotische Patienten nach Gabe von LSD eine spontane Besserung ihres Krankheitsbildes zeigten. In den USA beobachteten Chandler und Hartmann (1960) ähnliche therapeutische Effekte nach niedrigdosierter LSD-Gabe. Über eine therapeutisch ähnlich erfolgversprechende Kombination von LSD, Hypnose und Psychotherapie, genannt «hypnodelische Therapie», berichteten Levine und Ludwig (1965). In Deutschland arbeitete Hanscarl Leuner bereits seit 1948 an der Entwicklung des «Kata­ thymen Bilderlebens» bzw. der «Tagtraumtechnik» (heute bekannt als katathym-imaginative Psychotherapie). Er konnte zeigen, dass sich dieses tiefenpsychologisch fundierte psychotherapeutische Verfahren durch eingestreute «psycho­

lytische» Sitzungen mit LSD oder analog wirkenden Halluzinogenen (wie z.B. Psilocybin) intensivieren und vertiefen lässt. Da man damals in psychiatrischen Fachkreisen den veränderten Bewusstseinszustand, der durch LSD und analog wirkende Halluzinogene hervorgerufen wird, aufgrund seiner Ähnlichkeiten mit psychotischen Zustandsbildern als künstliche «Modellpsychose» ansah und den Nutzen für die Psychotherapie nicht recht anerkennen wollte, betrieb Leuner seine klinisch-therapeutischen Forschungen mit LSD eine Zeitlang auch unter dem Titel Psychotherapie in Modellpsychosen (1959) und fasste seine Forschungsergebnisse in seiner grundlegenden Monografie Die experimentelle Psychose (1962) zusammen. Bald lagen zahlreiche weitere Berichte aus den USA, der Tschechoslowakei, den Niederlanden, Dänemark und Australien vor. Zum Erfahrungsaustausch berief Leuner 1960 in Göttingen das erste europäische Symposion über Psycholytische Therapie ein. Daraus entwickelte sich die Europäische Ärztliche Gesellschaft für Psycholytische Therapie (EPT), der schließlich 18 therapeutisch und wissenschaftlich aktive Zentren angehörten. Die Mitglieder stellten ihre Ergebnisse auf Symposien und internationalen Kongressen zur Diskussion und konnten zeigen, dass das Verfahren als praktisch erprobte, effiziente und sichere Therapie­ methode gelten kann. 1963 veröffentlichte Leuner seine klinisch-­ therapeutischen Erfahrungen mit dem Einsatz von LSD und verwandten halluzinogenen Substanzen in 74 Behandlungsfällen von «schweren Charakterneurosen bis hin zu psychopathischen Fehlentwicklungen, chronischen Neurosen, einschließlich der bisher als inkurabel geltenden», mit einer für den Bereich psychotherapeutischer Verfahren relativ hohen Besserungsrate von fast 65 % bei gleichzeitig kürzerer Behandlungsdauer.


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1967 konnte Mascher für die Psycholytische Therapie – bei einem Vergleich von 42 klinischen Studien mit mehr als 1600 behandelten Patienten (bei 28 verschiedenen Thera­­peuten) – folgende Indikationen und Besserungsraten (d.h. als «gut« bis «sehr gut« eingeschätzte Fälle in Prozent) ermitteln: Angstneurosen

70 %

depressive Reaktionen

62 %

Charakterneurosen

61 %

Borderline-Störungen

53 %

Störungen des Sexualverhaltens

50 %

Zwangsneurosen

42 %

Hysterie und Konversionssyndrome

32 %

Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit

31 %

Bei den behandelten Patienten handelte es sich überwiegend um schwer gestörte und chronische Fälle, die bereits eine mehrjährige Krankengeschichte und teilweise mehrere erfolglose Vorbehandlungen mit konventionellen Therapiemethoden hinter sich hatten. Die Stabilität des Behandlungserfolges wurde in 25 Publikationen nachuntersucht. Dabei zeigte sich, dass nach Selbsteinschätzung 62 % der gebesserten Patienten stabil blieben, 35 % zeigten eine nur leichte Verschlechterung und lediglich 3 % ein Rezidiv ihrer psychischen Störung.

Bei der Psycholytischen Therapie wird eine halluzinogene oder ähnlich wirkende psychoaktive Substanz in relativ niedriger Dosierung in einem begleiteten Einzelsetting verabreicht. Als theoretischer Bezugsrahmen und zur Fundierung des therapeutischen Vorgehens dienen die Konzepte der Tiefenpsychologie. Insofern kann die Psycholytische Therapie als eine pharmakologisch unterstützte Variante der psychoanalytisch orientierten Psychotherapie aufgefasst werden. So wie die Psychoanalyse definiert werden kann als ein «Prozess der Wahrnehmungserweiterung und der Wahrnehmungskorrektur» (Mitscherlich), stellt auch der Einsatz von LSD im Rahmen der Psycholytischen Therapie eine systematische Methode der vertieften und erweiterten Introspektion und der erlebnisintensiven Selbsterfahrung dar, mit deren Hilfe Einblicke in die innere Realität wie auch in die Beziehungen zur äußeren Realität gewonnen und im therapeutischen Dialog artikuliert werden können. Ein tiefenpsychologisch fundiertes Verfahren wie die Psycholytische Therapie macht demnach – mit Hilfe der regressiven Wiederbelebung und Übertragung prägender kindlicher Konfliktsituationen, Beziehungsmuster und Affektkonstellationen – in

der therapeutischen Situation die unzugänglich gewordenen Erinnerungen an die eigene Lebensgeschichte wie auch die darin enthaltenen Entwicklungspotenziale wieder erfahrbar und damit gegebenenfalls auch korrigierbar. Bereits Sigmund Freud hatte erkannt, dass der psychotherapeutische Zugang zur Dynamik unbewusster Prozesse und damit die Bewusstwerdung verdrängter psychischer Inhalte durch eine leicht veränderte Bewusstseinslage erleichtert wird. Er benutzte deshalb selbst lange die Technik der Hypnose, entwickelte daraus das Prinzip der «freien Assoziation» und bediente sich schließlich vor allem der Traumdeutung, die er als «via regia» (Königsweg) zum Unbewussten ansah. Im Unterschied zur klassischen Psychoanalyse unterstützt die Psycholytische Therapie ihre Bemühungen durch den Einsatz psychoaktiver Substanzen. Auf diese Weise lassen sich die therapeutisch erwünschten Altersregressionen intensivieren, die Verdrängung und andere Abwehrmechanismen auflockern und der Zugang zu bisher unbewusstem oder verdrängtem Erlebnismaterial wird wirkungsvoll verbreitert. Als Voraussetzungen für die therapeutische Anwendung von LSD und anderen Halluzinogenen erachten die Vertreter der Psycholytischen Therapie übereinstimmend eine gründliche Diagnostik mit Erhebung der tiefenpsychologischen Anamnese, eine ausreichende Ich-Stärke (mit Ausschluss psychotischer und psychosenaher Zustände) sowie eine stabile, tragfähige und vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten. Bei der Dosierung des verwendeten Halluzinogens achtet man – im Unterschied zu der vor allem in den USA bevorzugten Form der Psychedelischen Therapie – darauf, dass während der Erlebnissitzung mit dem Halluzinogen das Ich der Person von der Intensität der Erfahrung nicht überwältigt wird, sondern ein «reflektierender Ich-Rest» erhalten bleibt, um eine ergiebige innere Wahrnehmung, eine ausreichende Realitätskontrolle über die äußere Situation und eine Kommunikation mit dem betreuenden Therapeuten zu gewährleisten. Außerdem wird auf jegliche suggestive Beeinflussung des Erlebens (etwa durch gezielte inhaltliche Vorbereitungen, affektstimulierende Musik oder verbale Interventionen während der Wirkung der Substanz) verzichtet, damit sich die individuelle Psychodynamik und Symbolik des Erlebnismaterials möglichst ungestört entfalten kann. }


1 0 2   T H E R A P I E P OT E N Z I A L VO N L S D

Traumatherapie mit Psycholyse Besondere Erwähnung verdient die bahnbrechende

Psychedelische Therapie Der Begriff «psychedelisch» (engl. «mind-manifesting») stammt von dem kanadischen Psychiater Humphry Osmond (1967) und wurde erstmals im Zusammenhang mit der von ihm entwickelten Behandlung von alkoholabhängigen Patienten mit hochdosierten Halluzinogenen – zunächst Meskalin und dann hauptsächlich LSD – gebraucht. Osmond hatte in seiner psychiatrischen Arbeit beobachtet, dass einige Alkoholabhängige nur dann in der Lage waren, ihre Trinkgewohnheiten zu ändern, wenn sie während ihres Alkoholentzuges die für sie erschreckende Erfahrung eines halluzinatorischen Delirium tremens gemacht hatten. Bereits einige ältere anthropologische und religionspsychologische Studien (z.B. von James 1902 und Slotkin 1956) hatten übereinstimmend berichtet, dass ein religiöses Bekehrungsoder Erweckungserlebnis mit Hilfe des meskalinhaltigen Peyote Alkoholiker heilen konnte. Osmond versuchte, diesen Zustand mit einem hochdosierten Halluzinogen künstlich hervorzurufen. Dabei stellte sich heraus, dass sich die Gruppe der erfolgreich behandelten Alkoholiker von derjenigen der später wieder alkoholrückfällig Gewordenen gerade dadurch unterschied, dass sie unter dem Einfluss des Halluzinogens eine «transzendente» oder «mystische» Erfahrung gemacht hatten. Dieses wesentliche therapeutische Element einer kosmisch-mystischen «peak experience» (Maslow 1964) versuchten die Vertreter dieser sich damals unter großem Enthusiasmus entwickelnden Therapieform dann auch mit Hilfe einer relativ hohen Dosis LSD (300–500 Mikro­gramm) in einem speziell gestalteten Setting mit intensiver, teilweise stark suggestiver psychotherapeutischer Vorbereitung in Einzel- und Gruppensitzungen zu erreichen. Das Grundprinzip der psychedelischen Therapie kann verstanden werden als eine forcierte Regression auf die Erlebnisstufen des Kindes vor, während und nach der Geburt (die Stanislav Grof später als «perinatale Matrizen» konzeptualisierte). Dabei kommt es nicht zuletzt infolge der suggestiv aufgebauten Erwartungsspannung tatsächlich in etwa 70 % der Fälle zu der intendierten Erfahrung einer «spirituellen Wiedergeburt» oder einer analogen «kosmisch-mystischen» Erfahrung. Diese spezielle Form der Psychedelischen Therapie wurde in den 1960er Jahren in den USA

therapeutische Arbeit des holländischen Psychiaters und Psychoanalytikers Jan Bastiaans, der seit 1947 zahlreiche schwersttraumatisierte ehemalige KZ-Häftlinge und Überlebende des Holocaust zunächst mit «Narkoanalyse» (mittels eines Barbiturats, kombiniert mit psychoanalytischer Psychotherapie) und seit 1961 mit Hilfe von LSD oder Psilocybin (in Kombination mit psychoanalytischer Kurztherapie) behandelte. Er konnte an der Universitätsklinik in Leiden etwa 300 Patienten mit jeweils nur 6–7 psycholytischen Sitzungen bei der Bewältigung ihrer quälenden Traumata wirksam und nachhaltig helfen. Eine anschauliche Beschreibung seiner Therapiemethode in Worten eines Betroffenen findet sich in dem überaus lesenswerten Buch Shivitti – Eine Vision. Dieser therapeutische Einsatz von LSD bei schwertraumatisierten Patienten kann heute noch wertvolle Anregungen liefern für die Diskussion über die nach wie vor unbefriedigenden Behandlungsmöglichkeiten der «posttraumatischen Belastungsstörung» bzw. von «Persönlichkeitsveränderungen nach Extremtraumatisierung» (wie z.B. traumatisierten Opfern von Krieg, Folter oder sexueller Gewalt).

vornehmlich in einem Forschungsprogramm am Spring Grove Hospital in Baltimore wissenschaftlich untersucht und weiterentwickelt. Dass seinerzeit sogar das National Institute for Mental Health (NIMH) in Washington Forschungsmittel in Millionenhöhe für diese therapeutischen Studien mit LSD zur Verfügung stellte, zeigt die große Bedeutung der dort durchgeführten klinisch-therapeutischen Studien mit LSD und anderen psychoaktiven Substanzen sowie die Offenheit, Experimentierfreude und den Pioniergeist in der Therapieforschung von damals.* Die weltweite Aufbruchstimmung in Bezug auf das therapeutische Potenzial von LSD und anderen psychoaktiven Substanzen änderte sich allerdings in den folgenden Jahren. Die weltweite Zunahme des Drogenmissbrauchs seit den 1960er Jahren schränkte die Anwendungen und Weiterentwicklungen der Psycholytischen und Psychedelischen Therapie erheblich ein und brachte sie schließlich zum Erliegen (oder verdrängte sie zu zweifelhaft qualifizierten «Heilern», «Neoschamanen» und «Gurus» im Untergrund). Insbesondere die Verwendung von LSD, das sich zunehmend außerhalb eines therapeutischen Kontextes ausbreitete *   Einen Überblick über den damaligen Stand der klinischen LSDForschung im Rahmen der Psychedelischen und der Psycholytischen Therapie sowie über deren verwendete psychotherapeutische Konzepte lieferten Abramson (1960) und Caldwell (1968).


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und deshalb bei Fachleuten in Verruf geriet, erschien angesichts der irrationalen Ängste und Vorurteile in der Öffentlichkeit, aber auch in medizinischen Fachkreisen kaum noch vertretbar – trotz des erwiesenermaßen geringen Gesundheitsrisikos (vgl. Cohen 1960, Sankar 1975, Leuner 1981 und Strassmann 1984). Es folgten weitere Restriktionen wie die Illegalisierung von LSD und anderen Halluzinogenen (und weiteren therapeutisch potenziell nützlichen psychoaktiven Sub­ stanzen). Neue Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes und des Arzneimittelgesetzes verlangten für die therapeutische Anwendung einer Substanz beim Menschen umfassende, gestufte vorklinische und klinische Prüfungen und die Anerkennung und Zulassung als wirksames Medikament. Das alles konnten die Vertreter der Psycholytischen und der Psychedelischen Therapie nur schwer erbringen, da es sich primär um psychotherapeutische Verfahren und nicht um einen pharmakopsychiatrischen Ansatz wie bei anderen Medikamenten handelt. Nach einer langen Zeit der beinahe totalen Prohibition von LSD und anderen Halluzinogenen zeichnet sich sowohl in psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachkreisen als auch in der Öffentlichkeit und bei den Behörden seit mehreren Jahren langsam ein Trend zur Neubewertung des therapeutischen Potenzials von LSD und ähn-

Literatur  Abramson HA (Ed.): The Use of LSD in Psychotherapy. Josiah Macy Jr Foundation, New York 1960 • Bastiaans J: The KZ-Syndrome. A thirty-years study of effect on victims of Nazi concentration camps. Rev Med Chir Jasi (Rumänien) 78, 573, 1974 • Bastiaans J: Klinisch-therapeutische Erfahrungen mit psychoaktiven Substanzen. In: Schlichting M & Leuner H (Hrsg.): Psychoaktive Substanzen und veränderte Bewusstseinszustände in Forschung und Therapie. Tagungsband Symposion des ECBS, 2, 16, 1987 • Caldwell WV: LSD Psychotherapy. Grove Press, New York 1968 • Chandler LA & Hartmann MA: Lysergic Acid Diethylamide as an Facilitating Agent in Psychotherapy. Arch Gen Psychiatr 2, 286, 1960 • Cohen S: Lysergic Acid Diethylamide. Side Effects and Complications. J Nerv Ment Dis 130, 30, 1960 • Diesch MK: LSD – Rückkehr in die klinische Forschung. Nachtschatten Science, Solothurn 2015 • Gasser P: Wie lässt sich das Unsagbare erforschen? In: Diesch MK: LSD – Rückkehr in die klinische Forschung. Nachtschatten Science,

lich wirkenden psychoaktiven Substanzen ab. Halluzinogene dürfen nicht mehr nur im Rahmen der Hirnforschung zur Induktion veränderter Bewusstseinszustände bei gesunden Probanden (in sogenannten Aktivierungsstudien) angewendet werden. Es werden wieder kleinere klinisch-therapeutische Studien mit LSD und anderen psychoaktiven Substanzen an ausgewählten Patienten zugelassen und durchgeführt, wie zum Beispiel in der Schweiz vom Psychiater Peter Gasser (2015), unterstützt von der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie (SÄPT), die sich bereits seit vielen Jahren für die Wiederzulassung dieser speziellen Psychotherapiemethode einsetzt. 75 Jahre nach der Entdeckung von LSD ist diesen neueren Studien – nicht nur aus Sicht eines Psychiaters und Psychotherapeuten mit Interesse an effizienteren Behandlungsmethoden, sondern auch im Gesundheitsinteresse einer großen Zahl leidender, bisher unzureichend behandelter Psychotherapiepatienten – Erfolg zu wünschen bei dem Bemühen, die in Vergessenheit geratene Psycholytische Therapie nicht irgendwelchen Scharlatanen im Untergrund zu überlassen, sondern ihr den gebührenden Platz im psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystem einzuräumen.

Solothurn 2015, S. 5 • Grof S: Topographie des Unbewussten – LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung. Klett-Cotta, Stuttgart 1978 • Grof S: LSD-Psychotherapie. Klett-Cotta, Stuttgart 1983 • Hofmann A: LSD – mein Sorgenkind. Klett-Cotta, Stuttgart 1979 • James W: The Varieties of Religious Experiences. Longmans Green, New York 1902 • Katzetnik 135633: Shivitti – Eine Vision. Verlag Antje Kunstmann, München 1991 (erschienen 1991) • Leuner H: Psychotherapie in Modellpsychosen. In: Speer E (Hrsg.): Kritische Psychotherapie. Lehmanns, München 1959 • Leuner H: Die experimentelle Psychose. Springer Monographien 93, Berlin 1962 • Leuner H: Die Psycholytische Therapie. Klinische Psychotherapie mit Hilfe von LSD-25 und verwandten Substanzen. Z Psychotherap Med Psychol 13, 57, 1963 • Leuner H: Halluzinogene – Psychische Grenzzustände in Forschung und Psychotherapie. Huber, Bern 1981 • Leuner H & Holfeld H: Ergebnisse und Probleme der Psychotherapie mit Hilfe von LSD-25 und verwandter

Substanzen. Psychiatr Neurol 143, 379, 1962 • Levine J & Ludwig AM: Alterations of Consciousness Produced by Combinations of LSD, Hypnosis, and Psychotherapy. Psychopharmacologia 7, 1965, 123-137 • Mascher E: Katamnestische Untersuchungen von Ergebnissen der psycholytischen Therapie. Med Diss, Göttingen 1967 • Maslow AH: Religions, Values and Peak Experiences. Ohio State University Press, Columbus 1964 • Osmond H in Hoffer A & Osmond H: The Hallucinogens Academic Press, New York 1967, p. 132 • Sandison RA, Spencer AM & Whitelaw JDA: The Therapeutic Value of Lysergic Acid Diethylamid in Mental Illness. J Ment Sci 100, 491, 1954 • Sankar DV: LSD – A Total Study. Westbury, New York 1975 • Slotkin JS: The Peyote Religion; Free Press, Glencoe 1956 • Stoll WA: LysergsäureDiäthylamid , ein Phantastikum aus der Mutterkorngruppe. Schweiz Arch Neurol 60, 279, 1947 • Strassmann RJ: Adverse Reactions to Psychedelic Drugs: A Review of the Literature. J Nerv Ment Dis 172, 1984, 577–595.

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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

L SD UND PSYCHOTHER APIE

Neues aus der LSD-Forschung TEXT

Helena Aicher

Die Zukunft mag uns lehren, mit besonderen chemischen Stoffen die Energiemengen und deren Verteilungen im seelischen Apparat direkt zu be­einflussen. Vielleicht ergeben sich noch ungeahnte andere Möglichkeiten der Therapie; vorläufig steht uns nichts Besseres zu Gebote als die psychoanaly­tische Technik, und darum sollte man sie trotz ihrer Beschränkungen nicht verachten.

W

Sigmund Freud, 1949

enige Jahre nach der Entdeckung seiner psychedelischen Effekte wurde das inzwischen unter dem Markennnamen Delysid patentierte LSD als analytische Droge zur Psychotherapie vermarktet (Grof, 1983). Damals war die von Sigmund Freud gegründete Psychoanalyse die vorherrschende Psychotherapieschule. Nachdem LSD – auch aufgrund seiner Rolle in der Hippiebewegung – verboten worden war (1971 in der Schweiz), verschwand es zunächst von der offiziellen Bildfläche; auch universitäre Forschung gab es nur noch wenig. Die Schweiz spielte ab 1985 eine Ausnahmerolle: mit der Gründung der SÄPT (Schweizerische Ärztegesellschaft für psycholytische Therapie), der Ausnahmebewilligung des BAG, dank derer fünf Ärzte in den Jahren 1988 bis 1993 Patienten mit LSD und MDMA behandeln durften, und ab 1992 mit der Psychedelikaforschung von Franz X. Vollenweider an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Heute, 75 Jahre nach dem folgenreichen 19. April 1943, werden an der Universität Zürich noch immer LSD-Studien durchgeführt. Die Methoden werden avantgardistischer. Dennoch fehlt der Bezug zur Geschichte der Psychotherapie und des LSD nicht. Wissenschaftler aus dem Team um Vollenweider konnten zeigen, dass gesunde Probanden unter Einfluss von LSD in einer angeleiteten Imagination – angelehnt an die katathym imaginative Psychotherapie, ein von Hanscarl Leuner 1954

eingeführtes tiefenpsychologisches Verfahren –  aufgrund der Serotonin-2A-Rezeptor-Aktivierung durch die Sub­stanz mehr kognitive Bizarrheit zeigen (Krähenmann et al. 2017b). Letztere ist ein Maß für traumähnliches Erleben (REM-Schlafphase), das sich durch irreale, unrealistische, seltsame Wahrnehmungen in Bezug auf Situationen, Objekte, eigene Gefühle und Gedanken auszeichnet (Hobson 2009). Patienten berichteten bereits 1981 (Leuner), die durch Psychedelika induzierten traumähnlichen Zustände würden den Zugang zu Erinnerungen aus der Vergangenheit sowie Fantasien bezüglich der Zukunft erleichtern. Unter denselben Bedingungen zeigten Probanden in einer anderen Studie mehr Primärprozessdenken unter Einfluss von LSD im Vergleich zu Placebo, ebenfalls mediiert durch die Aktivierung des Serotonin-2A-Rezeptors (Krähenmann et al. 2017a). Die Studie nimmt Bezug auf eine metapsychologische Theorie Freuds, der darin zwei psychische Funktionsweisen unterscheidet: Primär­ prozesse sind demnach automatische, motivations- und emotionsgetriebene, tieferliegende Prozesse (Lustprinzip), Sekundärprozesse sind dagegen höher hierarchische, adaptive, reflektierte und regelgebundene Prozesse, welche die Primärprozesse unterdrücken (Realitätsprinzip). Die Ergebnisse solcher Studien tragen nicht nur zum Verständnis der menschlichen Psyche und des Bewusstseins bei; sie ermöglichen auch Einblicke in möglicherweise psychotherapeutisch wirksame Mechanismen in der psycholytischen Therapie.

Wenn man lernen würde, die Fähigkeit von LSD, unter geeigneten Bedingungen visionäres Erleben hervorzurufen, in der medizinischen Praxis und in Verbindung mit Meditation besser zu nutzen, dann könnte dieses neuartige Psychopharmakon, glaube ich, von einem Sorgenkind zum Wunderkind werden.

Albert Hofmann, 1979

Literatur  Grof, S. (1983): LSD-Psychotherapie. Stuttgart: Klett-Cotta. • Hobson, J. A. (2009). REM sleep and dreaming: towards a theory of protoconsciousness. Nature Review Neuroscience, 10, 803–813. • Krähenmann, R., Pokorny, D., Aicher, H., Preller, K. H., Pokorny, T., Bosch, O. G., Seifritz, E. & Vollenweider, F. X. (2017a): LSD increases primary process thinking via serotonin 2A receptor activation. Frontiers in Pharmacology, 8, e814. • Krähenmann, R., Pokorny, D., Vollenweider, L., Preller, K. H., Pokorny, T., Seifritz, E. & Vollenweider, F. X. (2017b): Dreamlike effects of LSD on waking imagery in humans depend on serotonin 2A receptor activation. Psychopharmacology, 234, 2031–2046. • Leuner, H. (1981): Halluzinogene: Psychische Grenzzustände in Forschung und Psychotherapie. Bern: Huber.


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Das höchste kosmische Prinzip Die Erforschung holotroper Bewusstseinszustände

TEXT

P

Stanislav Grof

ersonen, die sich mit der systematischen Selbsterforschung unter Verwendung holotroper Bewusstseinszustände beschäftigen, beschreiben diesen Prozess immer wieder als philosophische und spirituelle Suche. Das inspirierte mich dazu, die Aufzeichnungen von psychedelischen und holotropen Atemsitzungen sowie Berichte von Menschen, die sich in einer spirituellen Krise befanden, nach Erfahrungen zu durchsuchen, die das Gefühl vermitteln sollten, dass diese Suche ihr Ziel, ihr endgültiges Ziel, erreicht hat. Ich habe herausgefunden, dass Menschen, die die Erfahrung des Absoluten gemacht haben und die ihre spirituelle Sehnsucht vollkommen befriedigt haben, normalerweise keine spezifischen gegenständlichen Bilder sahen. Als sie das Gefühl hatten, das Ziel ihrer mystischen und philosophischen Suche erreicht zu haben, waren ihre Beschreibungen des höchsten Prinzips äußerst abstrakt und auffallend ähnlich. Diejenigen, die über eine solche ultimative Offenbarung berichteten, zeigten eine recht

bemerkenswerte Übereinstimmung bei der Beschreibung der empirischen Merkmale dieses Zustandes. Sie berichteten, dass die Erfahrung des Höchsten die Transzendenz aller Begrenzungen des analytischen Verstandes, aller rationalen Kategorien und aller Zwänge der gewöhnlichen Logik beinhaltete. Diese Erfahrung war nicht an die üblichen Begrenzungen des dreidimensionalen Raums und der linearen Zeit gebunden, wie wir sie aus dem Alltag kennen. Sie enthielt auch alle denkbaren Polaritäten in einer untrennbaren Mischung und transzendierte damit Dualitäten jeglicher Art. Meine Klienten und Auszubildenden verglichen das Absolute immer wieder mit einer strahlenden Lichtquelle von unvorstellbarer Intensität, betonten aber, dass es sich in einigen wesentlichen Aspekten von jeder Form von Licht, die wir in der materiellen Welt kennen, unterscheidet. Das Absolute als Licht zu beschreiben, so sehr es in gewissem Sinne angemessen erscheint, übersieht völlig einige seiner wesentlichen Eigenschaften, insbesondere die Tatsache, dass es auch ein


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Bild: Machig Labdron, 19. Jh.

oder Mutter erleben. Nach dem Beispiel der heiligen Teresa von Avila, den Bhaktas und den Mystikern, die der persische transzendente Dichter Rumi aus dem 13.  Jahrhundert beschreibt, könnten wir auch die Ekstase eines verzückten Liebhabers spüren, der das Göttliche als seine Geliebte erfährt. Die spirituelle Literatur aller Zeiten wimmelt von Beschreibungen beiderlei Erfahrungen des Göttlichen. Wir können hier als ein gutes historisches Beispiel den Austausch zwischen Sri Ramana Maharshi, dem hinduistischen Weisen und Lehrer der Advaita Vedanta, der nicht-dualen Meditation, und Sri Ramakrishna, einem Bhakta-Verehrer der Göttin Kali, nennen. Sri Ramana Maharshi veranschaulichte die nicht-­duale Erfahrung durch die Geschichte einer Zuckerpuppe, die im Meer schwimmen ging, weil sie die Tiefe des Ozeans erleben wollte, und sich vollständig in seinem Wasser auflöste. Sri Ramakrishna konterte: «Ich will Zucker schmecken, nicht Zucker werden!»

immenses und unergründliches Bewusstseinsfeld ist, das mit unendlicher Intelligenz und außer­ ordentlicher Kreativität ausgestattet ist. Ein weiteres Attribut, das regelmäßig erwähnt wird, ist, dass es eindeutig ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale und einen erlesenen Sinn für Humor hat («kosmischer Humor»). Das höchste kosmische Prinzip kann auf zwei verschiedene Weisen erfahren werden. Manchmal lösen sich alle persönlichen Grenzen auf oder werden drastisch ausgelöscht, und wir verschmelzen vollständig mit der göttlichen Quelle, werden eins mit ihr und sind nicht mehr von ihr zu unterscheiden. Andere Male behalten wir das Gefühl der Eigenständigkeit, indem wir die Rolle eines staunenden Beobachters einnehmen, der das Mysterium tremendum des Seins wie von außen betrachtet. Wir könnten auch eine kindliche Haltung zum Göttlichen einnehmen, indem wir es als Vater

Der kosmische Urgrund: Suprakosmische und metakosmische Leere Die Begegnung mit dem Absoluten Bewusstsein oder die Identifikation mit ihm ist nicht der einzige Weg, um das höchste schöpferische Prinzip des Kosmos oder der Ultimativen Realität zu erfahren. Die zweite Art von Erfahrung, welche die nach ultimativen Antworten Suchenden zufrieden zu stellen scheint, ist besonders überraschend, da sie keinen spezifischen Inhalt hat. Es ist die Identifikation mit dem kosmischen Vakuum und dem Nichts, die in der mystischen Literatur als Erfahrung der Leere bezeichnet wird. Es ist wichtig klarzustellen, dass nicht jede Erfahrung innerlichen Leerseins, der wir in holotropen Zuständen begegnen können, als die Leere gilt. Sehr oft wird dieser Begriff verwendet, um einen unangenehmen Mangel an Empfindung, Initiative, Inhalt oder Sinn zu beschreiben. Um dem Begriff Leere gerecht zu werden, muss dieser } Zustand ganz bestimmte Kriterien erfüllen.

Tröma Nakmo, die Kali des tibetischen Buddhismus.


1 0 8   S TA N I S L AV G R O F

Wenn uns diese Leere widerfährt, spüren wir, dass sie die ursprüngliche Abwesenheit kosmischer Maß- und Sinnhaftigkeit ist. Wir werden reines Bewusstsein dieses absoluten Nichts; gleichzeitig jedoch haben wir das merkwürdige, paradoxe Gefühl, dass es eigentlich voll ist. Dieses kosmische Vakuum ist auch ein Plenum, da nichts darin zu fehlen scheint. Zwar enthält es nichts in handgreiflicher Form, doch scheint es alles Seiende in potenzieller Form zu umfassen. Die Leere transzendiert die üblichen Kategorien von Zeit und Raum. Sie ist unveränderlich und liegt jenseits aller Dichotomien und Polaritäten, wie Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, Stabilität und Bewegung, Mikrokosmos und Makro­ kosmos, Agonie und Ekstase, Singularität und Pluralität, Form und Leere, ja sogar Sein und Nicht-Sein. Manche Menschen nennen sie die Supra­ kosmische und Meta­ kosmische Leere, was bedeuten soll, dass diese Leere, dieses Nichts, diese Potenzialität das Prinzip zu sein scheint, das der Erfahrungswelt, wie wir sie kennen, zugrundeliegt, sie erschafft und ihr zugleich übergeordnet ist. Dieses metaphysische, alle Poten­ zialität beinhaltende Vakuum, scheint die Wiege von allem zu sein, was es gibt, der Urgrund, der Ursprung des Seins. Dieser kosmische Urgrund besteht aus der Intelligenz, Krea­ tivität und immensen Energie, die notwendig sind, um Universen zu erschaffen. Die Erschaffung sämtlicher Erscheinungswelten ist damit die Verwirklichung und Konkretisierung seiner präexistenten Möglichkeiten. Es ist unmöglich, in Worte zu fassen, wie empirisch überzeugend und logisch diese paradoxen Antworten auf die grundlegendsten und tiefsten Fragen des Seins sind. Um diese außergewöhnlichen Zustände voll zu verstehen, muss man sie selbst erleben.

Ervin Laszlo, der weltweit führende ungarisch-italienische Systemtheoretiker und Wissenschaftsphilosoph, nannte dieses geheimnisvolle Reich jenseits von Raum und Zeit Akashic Holofield. In einem seiner neuesten Bücher mit dem Titel What Is Reality: The New Map of Cosmos, Consciousness, and Existence (Was ist Realität: Die neue Landkarte des Kosmos, des Bewusstseins und der Existenz) bringt Laszlo eine Fülle von wissenschaftlichen Feldern, Philosophie und Metaphysik zusammen und schlägt ein brillantes neues Paradigma vor (Laszlo 2016). Laszlos Konnektivitätshypothese bietet Lösungen für viele Paradoxone, die verschiedenen Disziplinen der modernen westlichen Wissenschaften zu schaffen machen und eine Brücke zwischen Wissenschaft und Spiritualität schlagen (Laszlo 2003). Das innere Jenseits Im systematischen spirituellen Üben mit Hilfe holotroper Bewusstseinszustände können wir immer wieder die gewöhnlichen Grenzen des Körper-Ichs transzendieren. In diesem Prozess entdecken wir auch, dass jegliche Grenzen im materiellen Universum und in anderen Realitäten letztlich willkürlich und überwindbar sind. Indem wir die Beschränkungen der Rationalität und die Zwangsjacke des gesunden Menschenverstandes und der Alltagslogik überwinden, können wir viele trennende Barrieren durchbrechen, unser Bewusstsein auf normalerweise unvorstellbare Dimensionen erweitern und schließlich die Vereinigung und Identität mit dem transzendenten Ursprung alles Seienden erleben, wie aus der spirituellen Literatur unter vielen verschiedenen Namen bekannt ist. Wenn wir zur erlebten Identifikation mit dem Absoluten gelangen, wird uns klar, dass unser eigenes Sein letztlich deckungsgleich mit


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«Tat tvam asi», wörtlich übersetzt: «Du bist das», bedeutet «Du bist göttlichen Wesens» oder «Du bist Gottheit».

dem gesamten kosmischen Schöpfungsnetz, mit dem ganzen Sein ist. Die Anerkennung unserer eigenen Göttlichkeit, unserer Identität mit dem kosmischen Ursprung, ist die wichtigste Entdeckung, die wir während der tiefen Selbsterforschung machen können. Dies ist der Kern der berühmten Antwort auf die Frage nach unserer wahren Identität, die wir im altindischen Chandogya Upanishad gefunden haben: «Tat tvam asi». Wörtlich übersetzt heißt dieser Satz: «Du bist das» und bedeutet «Du bist göttlichen Wesens» oder «Du bist Gottheit». Er macht deutlich, dass unsere alltägliche Identifikation mit dem «haut­umschlossenen Ich», dem verkörperten individuellen Bewusstsein oder «Name und Form» (namarupa), eine Illusion ist und dass unser wahres Wesen in der kosmischen Schöpfungsenergie (Atman-Brahman) besteht.

tiges Dao. /    Ein Name – kann er als Name bestimmt werden, ist er kein stetiger Name.» Jeder Versuch, transzendente Erfahrungen zu beschreiben, muss sich auf Worte der Umgangssprache stützen, die entwickelt wurden, um sich über Gegenstände und Aktivitäten auszutauschen, wie sie im normalen Bewusstseinszustand unseres täglichen Lebens erfahren werden. Aus diesem Grund erweist sich Sprache als unzulänglich und untauglich, wenn wir von den Erfahrungen und Einsichten, die uns in verschiedenen holotropen Bewusstseinszuständen zuteil werden, berichten wollen. Dies gilt besonders dann, wenn unsere Erfahrungen die letzten Probleme des Seins, wie die Leere, das Absolute Bewusstsein und die Schöpfung zum Gegenstand haben. Diejenigen, die mit östlichen spiri­ tuellen Philosophien vertraut sind, greifen häufig auf Wörter aus verschiedenen asiatischen Sprachen zurück, wenn sie ihre spirituellen Erfahrungen und Erkenntnisse beschreiben. Sie verwenden Sanskrit, tibetische, chinesische oder japanische Begriffe. Diese Sprachen entstanden in Kulturen mit einem großen Feingefühl für holotrope Zustände und spirituelle Erfahrungen. Anders als die westlichen Sprachen enthalten sie viele Fachbegriffe eigens für spezifische Nuancen der mystischen Erfahrungen und verwandter Themen, wie zum Beispiel nirvikalpa und samikalpa samadhi, sunyata, kensho, satori, Tao, nirvana, Kundalini, chi oder ki energy, bardo, anatta, samsara, maya und avidya. Letzten Endes sind auch diese Wörter nur von denjenigen zu ver­stehen, die über entsprechende Erfahrungen verfügen.  Kleine Textsammlung zu einem der wichtigsten und ältesten Schamanen-Entheogene, die seit Urzeiten von indigenen Ethnien des amazonischen Regenwalds für die Kommunikation mit den andersweltlichen Dimensionen verwendet werden: die magische Ayahuasca. Mit vielen Informationen zur Geschichte, Ethnobotanik und Anwendung sowie zu den Ritualformen, Initiationen und der Tradition rund um diese „Seelenranke“ und Jaguarmedizin des Amazonasgebiets. Mit Beiträgen von Alan Shoemaker, Nana Nauwald, Kajuyali Tsamani und Markus Berger.

Ayahuasca Die Jaguarmedizin des Amazonas

Worte für das Unaussprechliche Das höchste kosmische Prinzip ist in holotropen Bewusstseinszuständen unmittelbar erfahrbar, entzieht sich aber jeglichen Versuchen einer adäquaten Beschreibung oder Erklärung. Die Sprache, mit der wir über Dinge des täglichen Lebens kommunizieren, ist für diese Aufgabe einfach nicht ausreichend. Individuen, die diese Erfahrung gemacht haben, scheinen sich darin einig zu sein, dass es unaussprechlich ist. Worte Auszug aus: Psychonautik Stanislav Grof und Struktur unserer Sprache sind furchtbar Psychonautik ungeeignete Werkzeuge, um ihre Natur und ihre Praxis der Dimensionen zu beschreiben, besonders für die- Bewusstseinsjenigen, die sie noch nicht erlebt haben. Laozi, ­forschung Nachtschatten Verlag 2018 der legendäre chinesische taoistische Philosoph, brachte es in seinem klassischen Text Tao-TeChing sehr prägnant zum Ausdruck: «Ein Dao – im Pressehandel, in Buch- und Hanfshops, im kann es als ist Daoerhältlich bestimmt werden, ist es kein steStanislav Grof

Praxis der Bewusstseinsforschung

Lucy’s Rausch

A. Adelaars, Chr. Rätsch (Hrsg.)

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DER WUNSCH NACH WAHRHEIT Eine Zwölfjährige trifft Albert Hofmann auf der Rittimatte TEXT

N o i s y W o o d g h o s t

Ich war elf Jahre alt, als ich das erste Mal die Gelegenheit hatte, LSD auszuprobieren. Ich wusste so gut wie nichts über diese Droge und hatte keine Ahnung, wie sie sich auswirken würde. Ich lebte zu dieser Zeit im Wald, und es war später Nachmittag, als ich das quadratische Stück Papier einwarf. Die ersten Anzeichen einer drastischen Veränderung traten bereits nach einer halben Stunde ein: Mit einem Male schienen die Vögel nur für mich alleine zu pfeifen, und eine Amsel setzte sich sogar auf einen Ast, keine zwei Meter von mir entfernt. Sie sang eine wunderschöne Melodie nach der anderen, und ich saß bloß dort und lauschte. Der Gesang schien mich vollkommen zu umgeben, und nach kurzer Zeit schien es, dass es nichts anderes mehr gab als den Gesang dieses Vogels und mich, und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als mich in den Klängen aufzulösen … Die Sonne schimmerte durch die Bäume und widerspiegelte sich auf den nassen Blättern und Steinen in allen Farben, überall sah ich Regenbogen aufblitzen. Nachdem die Amsel zu meinem großen Bedauern weggeflogen war, spazierte ich selbstvergessen durch den Märchenwald, der mich umrundete. Schließlich erreichte ich den höchsten Punkt eines Hügels und setzte mich ins feuchte Gras, um den Sonnenuntergang mitzuerleben. Eine wunderbare Ruhe strömte durch meinen Körper und ein unbekanntes Glücksgefühl überfiel mich. Ich weinte, so ergriffen war ich von

der mir unerklärlichen Verwandlung der Welt. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich dort saß und das Schauspiel genoss, das die Natur mir bot. Ich schlief schließlich ein und erwachte am nächsten Morgen mit dem Gefühl, EINS mit der Natur und dem Universum zu sein. Das Erlebnis rief den tiefen Wunsch in mir wach, mehr über diese machtvolle Droge und die «Welt hinter der Welt» zu erfahren. In der Bibliothek fand ich nicht, wonach ich suchte, und es dauerte mehrere Wochen, bevor ich durch einen Freund an das Buch LSD – mein Sorgenkind von Albert Hofmann herankam. Dieses Buch war fortan eine Art Bibel für mich, und immer stärker verspürte ich den Drang, den «Entdecker des LSD» persönlich kennenzulernen. Nach mehreren ebenso tiefgreifenden LSD-Erfahrungen und unzähligen vergeblichen Versuchen, Albert Hofmanns Adresse ausfindig zu machen, beschloss ich 1988 aus einer Laune heraus, einfach nach Basel zu fahren und ihn auf eigene Faust zu suchen. Ich war unterdessen zwölf Jahre alt, doch da ich keine Bezugspersonen hatte, mit denen ich über meine Erfahrungen hätte sprechen können, war mein Wunsch nach Wahrheit und jemandem, der «wusste», unermesslich. Ich strich drei Tage lang unermüdlich rund um die Sandoz-Werke, voller Hoffnung, dass ich da jemanden antreffen würde, der mir Auskunft über den Aufenthalt Hofmanns geben könnte. Zuerst war ich zu scheu und ängstlich, um jemanden direkt anzusprechen. Doch schließlich nahm ich all

Ich strich drei Tage lang unermüdlich rund um die Sandoz-Werke.


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meinen Mut zusammen und stellte mich direkt vor den Haupteingang der Fabrik. Jede Person, die das Gebäude betrat oder verließ, wurde mit derselben Frage empfangen: «Entschuldigung, wissen Sie vielleicht …?» Es regnete in Strömen, und schon bald war ich bis auf die Haut durchnässt, was die Passanten nicht gerade von meiner Seriosität überzeugte. Doch ich war nicht bereit aufzugeben, und nicht einmal die wiederholte Aufforderung des Sicherheitsbeamten konnte mich dazu bringen, meinen Posten aufzugeben. Mein Durchhaltewille wurde jedoch schließlich belohnt, und ein Mann gab mir die Auskunft, die ich benötigte. Nach einem nahezu dreistündigen Marsch durch den Regen stand ich dann wirklich vor Albert Hofmanns Haus. Hier überfielen mich mit einem Male Zweifel: Was tat ich hier? Ich war absolut nicht sicher, ob ein so berühmter Mann wie Albert Hofmann mich empfangen würde. Sicherlich hatte er wichtigere Dinge zu tun, als sich mit einer Zwölfjährigen zu unterhalten. Was mich dann trotzdem dazu brachte, bei ihm zu klingeln, weiß ich nicht. Doch all meine

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Befürchtungen verschwanden mit einem Schlag, als ich ihm schließlich gegenüberstand. Dem Kind, das ich zu diesem Zeitpunkt war, erschien er mit seinen immerhin 83 Jahren sehr alt und weise. Doch seine Augen schienen noch immer diejenigen eines jungen Mannes zu sein, und er strahlte eine Ruhe aus, die mich an meine LSD-Trips erinnerte. Sein Lächeln zog mich sofort in seinen Bann, und als er mich hereinbat, wusste ich, dass ich Recht hatte, hier zu sein, auch wenn ich noch nicht recht glauben konnte, dass mein sehnlichster Wunsch nun gerade in Erfüllung ging. Wir saßen uns etwa zehn Minuten lang schweigend gegenüber, und meine Gedanken überstürzten sich. Wir sahen einander nur an, und ich fühlte, dass dies okay war, dass dieser Mann, obwohl er so berühmt war, keine Eile zu kennen schien. Die Atmosphäre war bemerkenswert entspannt, und als ich schließlich die Sprache wiederfand, schienen meine Worte in der vorangegangenen Stille zu widerhallen: «Ich denke, LSD ist eine wunderbare Erfindung!» platzte ich heraus und biss mir gleich darauf auf die Lippen. Sicherlich würde er mich nun für naiv oder so ähnlich halten … }


Doch Albert Hofmann saß nur da und lächelte erneut. «Ich würde gerne mehr über deine Meinung erfahren», forderte er mich auf. Nun sprudelte alles aus mir heraus, was mich seit einem Jahr beschäftigte. Hofmann hörte mir aufmerksam zu und unterbrach mich kein einziges Mal. Da er mir das Gefühl vermittelte, mich und meine Fragen ernst zu nehmen, schien dies nun ganz einfach zu sein. Eine Erfahrung, die ich knapp drei Wochen bevor gemacht hatte, beschäftigte mich besonders: Ich hatte relativ starkes Acid gefunden und verlor etwa zwei Stunden nach Einnahme den Bezug zur körperlichen Welt. Ich versank in einer Art von Trance und flog mit rasender Geschwindigkeit durch einen dunklen Tunnel. Ab und zu hörte ich Stimmen jenseits der Existenz von Zeit und Raum, doch vorerst «flog» ich zu schnell, um etwas verstehen zu können. Später, als ich «draußen im Nirgendwo» schwebte, war es mir manchmal möglich, mehr als nur Wortfetzen aufzuschnap-

Fotto: Keystone

Foto: viernullvier

1 1 2   D E R W U N S C H N AC H W A H R H E I T

pen. Die Stimmen schienen sich über mich zu amüsieren, und je mehr ich ihnen zuhörte, desto leichter wurde mir ums Herz. Obwohl es noch immer dunkel war, hatte ich schließlich das Gefühl, auf einer Lichtung gestrandet zu sein. Alles um mich herum schien unbeschreiblich schön und harmonisch, obwohl ich eigentlich nichts sehen konnte. Mit einem Male überfiel mich hier ein Gefühl des Wissens und Begreifens der Welt und ich wusste auf alle Fragen, über die ich mir so lange den Kopf zerbrochen hatte, die Antwort, besser gesagt: ich WAR die Antwort. Kurz darauf rief eine Stimme «Stopp», etwas sog mich in den Tunnel zurück, und ehe ich mich versah, fand ich mich wieder unter dem Baum sitzend, wo meine Reise begonnen hatte. Bis ich mich einigermaßen zurechtgefunden hatte, hatte ich alles vergessen, was ich gehört, erfahren und gewusst hatte. Meine einzige Erinnerung an die Lichtung waren ein Name (Observer) und ein Gedanke («Es ist alles ganz einfach!»).

Hofmann hörte mir aufmerksam zu und unterbrach mich kein einziges Mal.


113 NOISY WOODGHOST Geboren am 13. Dezember 1976 in der Schweiz als Kind norwegischer Eltern, wurde Noisy Woodghost 1978 adoptiert und lebte bei ihren Adoptiveltern, bis sie 10 Jahre alt war. Mit zehn riss sie von zuhause aus und lebte mit einem etwas älteren Freund im Wald. Mit elf machte sie ihre erste Erfahrung mit LSD, welche sie sehr beeindruckte. Mit siebzehneinhalb Jahren emigrierte sie wegen möglicher Justizprobleme nach San Francisco. Sie verbrachte einige Monate in Haight Ashbury und landete schließlich als herumziehender Hippie in New Mexico, wo sie nicht nur ihrem jetzigen Mann begegnete, sondern auch ein Zuhause fand.

ohne weiteres zu verstehen, dass selbst er nicht vollkommen begreifen könne, was LSD wirklich bewirke oder «verändere». Schließlich klingelte es erneut, und ich verabschiedete mich von ihm. Doch bevor er mich «entließ», deutete Hofmann noch auf meine nassen Kleider. «Bist du den ganzen Weg zu Fuß gekommen?», fragt er mich. Als ich nickte, fragte er mich, wie ich zurück nach Olten käme. «Zu Fuß bis Basel, und von dort aus mache ich Autostopp.» Hofmann schmunzelte und meinte, dass dies wohl kaum eine angemessene Lösung für ein Mädchen meines Alters wäre. Er verließ den Raum für einige Minuten, und als er zurückkam, streckte er mir etwas Geld entgegen. «Kauf dir ein Zugticket», sagte er. Ich fühlte mich sehr glücklich, als ich das Haus verließ, glücklich, dass eine Persönlichkeit wie Albert Hofmann sich die Zeit genommen hatte, mit mir zu sprechen, einem Kind, das er nicht kannte. Der Besuch bei Albert Hofmann war eine wichtige Erfahrung für mich; er wird mir auch dann noch in Erinnerung sein, wenn ich einmal das Alter erreicht habe, in dem er damals war. Dank seiner Geduld und seiner Fähigkeit, die schwierigsten Abläufe in verständlichen Worten erklären zu können, war ich danach besser in der Lage, mich und LSD zu verstehen. Und dieses Verständnis ist – davon bin ich überzeugt – eine der wichtigsten Voraussetzungen, um einen sinnvollen, inhaltsreichen und mystischen Trip zu erleben, ihn zu begreifen und daraus lernen zu können.

Hofmann erklärte mir, dass ich wohl eine Reise in mein Unbewusstsein gemacht hätte, das aus unzähligen Schichten bestünde. In jedem Menschen schlummere wohl mehr Wissen, als wir je wissen und verstehen würden. LSD sei bloß ein Hilfsmittel, um dieses verdeckte Wissen sichtbar zu machen. Aber was nicht da sei, könne auch diese Droge nicht herbeizaubern … Dass ich das meiste wieder vergessen hätte, sei nur zu verständlich, da mein Geist – zumindest im Moment – gar nicht in der Lage sei, mit einer solchen Unmenge von Wissen umzugehen. Die Erinnerung an den Namen Observer deute auf eine Art «inneren Zeugen» hin. Wir diskutierten sicher zwei Stunden lang, und Hofmann konnte mir auf viele meiner Fragen eine Antwort geben. Außerdem erklärte er mir geduldig Passagen aus seinem Buch, die ich nicht verstanden hatte. Die ganze Zeit fühlte ich mich irgendwie «high», und heute weiß ich, dass es mehr Hofmanns Präsenz und seine Ausstrahlung waren, die mich beeindruckten und mir weiterhalfen, nicht Archiv Bauer-de 1995 erhielt die Redaktion der ist erhältlich im Pressehandel,Quelle: in Buchund Vries. Hanfshops, im Versand das, was er sagte. Zeitschrift «Integration» von einer Anschrift aus New Mexico Er munterte mich übrigens weder auf, wei- einen Brief mit dem obigen Text. Da die Zeitschrift mit der lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! terhin LSD zu konsumieren, noch kritisierte er mich Nummer 6 eingestellt wurde, konnte der Bericht nicht mehr abgedruckt werden. für mein Handeln. Die ganze Zeit blieb er objektiv und in der Rolle des Wissenschaftlers. Auch gab er Übersetzung aus dem Englischen: Katja Redemann

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch über


Alberto Villoldo

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Giorgio Samorini

ELEUSIS KOMPAKT

Der bekannte italienische Drogenforscher präsentiert Nachrichten und kurze Meldungen zu psychoaktiven Pflanzen und Substanzen und zur Rauschkultur.

Lysergsäureamid (LSA): Naturstoff und LSD-Vorläufer LSD und LSA LSD konnte bis zum heutigen Tag nicht als Naturstoff nachgewiesen werden, weshalb die Substanz zurzeit nur als semisynthetische Verbindung aus Ergotalkaloiden bekannt ist. Allerdings glauben einige Ethnobotaniker, dass dieses machtvolle Molekül eines Tages vermutlich doch in Pflanzen gefunden werden kann. Immerhin konnten zahlreiche Ergotalkaloide, inklusive psychoaktiver Ergoline, zum Beispiel bereits in marinen Lebensformen (Seescheiden und Schnecken) entdeckt werden. Ein dem LSD recht nahestehendes psychoaktives Molekül, das LSA (auch LA-111, Ergin), wird von einigen niederen Pilzen produziert und kommt u.a. in diversen Pflanzen der Windenfamilie (Convolvulaceae) vor, z.B. in Spezies der Gattungen Ipomoea, Rivea, Argyreia etc. LSA ist das Hauptalkaloid dieser Pflanzen und wird zusammen mit anderen psychoaktiven Ergolinen in den Winden synthetisiert, beispielsweise mit Isoergin, Ergonovin und Lysergol. T.N. Makarieva et al., 1999: Pibocin, the first ergoline marine alkaloid from the Far-Eastern Ascidian Eudistoma sp., Tetr.Lett., 40:1591-4.; T. Wakimoto et al., 2013, Ergot alkaloids from the sea slug Pleurobranchus forskalii, Toxicon, 72:1-4.

LSA-Archäologie  Die ältesten Ipomoea-Samen, die bislang entdeckt wurden und vermutlich als visionäre Katalysatoren verwendet worden waren, wurden bei archäologischen Grabungen in der Mississipi-Region gefunden  – sie werden auf das Jahr 800 datiert. Was die Ikonografie angeht, so fanden Forscher Abbildungen von Turbina corymbosa (auf Nahuatl: ololiuhqui, auch Ololiuqui) als Elemente aztekischer Fresken, speziell als Artefakte einer Wandmalerei der Großen Göttin von Teotihuacán im Palacio de Tepantitla (Mexiko), die ebenfalls auf den Beginn des 8. Jahrhunderts datiert wird, und an der berühmten Statuette des mexikanischen Gottes

Darstellung der Großen Göttin von Teotihuacán auf einer Wandmalerei im Palacio de Tepantitla (Mexiko).  Foto: GS

der Blumen und des Rausches Xochipilli. Turbina corymbosa ist zusammen mit Ipomoea violacea (auf Nahuatl: badoh negro, auf Maya: xtabentún) auch auf Maya-Keramiken dargestellt, die von Beginn des 3. Jahrhunderts an produziert wurden. Crane J.C., 1982:, Plant Utilization at Spoonbill, an Early Caddo Site in Northeast Texas, Midcontin.J.Arch., 7:81-97 • Furst P.T., 1974, Morning glory and mother goddess at Tepantitla, Teotihuacam, in: N. Hammond (Ed.), Mesoamerican Archaeology. New Approaches, University of Texas, Austin: 187-215.

Traditionelle Anwendung von LSA-Pflanzen  Die Samen der Winden Turbina corymbosa und Ipomoea violacea werden nach wie vor von mexikanischen Nahuatl- und Maya-sprechenden Ethnien für heilerische und diagnostische Zwecke verwendet (fälschlicherweise behaupten manche

GIORGIO SAMORINI (* 1957 in Bologna, Italien) ist Ethnopharmakologe und Drogenforscher. Mitbegründer der Italienischen Gesellschaft für die Erforschung veränderter Bewusstseinszustände und Herausgeber der ethnobotanischen Fachzeitschrift Eleusis. Er war der erste Weiße, der in Gabun (West­afrika) in den Bwiti-Kult (Iboga-Kult) eingeweiht wurde. www.samorini.it


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Luc y’s Rau sch Nr. 7

Autoren, die Samen würden divinatorisch, also für hellseherische Effekte gebraucht. Kürzlich wurde entdeckt, dass mixtekische Curanderas (Heilerinnen) eine Mischung aus Samen von Ipomoea violacea und Datura stramonium (Weißer Stechapfel) verwenden, um Krankheiten zu diagnostizieren und deren Ursache zu ergründen. Kein traditioneller Gebrauch hingegen konnte bisher für die hochpotenten Samen von Argyreia nervosa (Hawaiianische Holzrose) und von Merremia peltata (Syn.: Ipomoea nymphaeifolia) nachgewiesen werden – Arten, die in Asien und im pazifischen Raum häufig vorkommen. R.G. Wasson, 1963, Notes on the present status of ololiuhqui and other hallucinogens of Mexico, Harv.Univ.Bot.Leafl., 20:161-93; T. MacDouglas, 1960, Ipomoea tricolor, a hallucinogenic plant of the Zapotecs, Bol. C. Invest. Antr. Méx., 6:6-8; G.A. Quintanilla & A.E. Spencer, 2012, Rituales de la x-táabentun (T. corymbosa) y de los Mayas Yucatecos, Cuicuilco, 19:257-81.

Mutterkornalkaloide in Windengewächsen (Convolvulaceae) Mutterkornalkaloide wurden bislang in Samen von mindestens 40 Windengewächsen nachgewiesen (darunter acht Argyreia- und 25 Ipomoea-Arten), wobei die vielen taxonomischen Doppelungen (Synonyma) und Zweifelsfälle noch ausgeklammert sind. Die nachfolgende Liste versammelt deshalb nur solche Spezies, die sich in der psychonautischen Praxis als wirksam erwiesen haben. Deren jeweilige Potenz wird dabei mit Sternchen bewertet, die prozentualen Angaben beziehen sich auf die gemessenen Mutterkornalkaloide in getrocknetem Samenmaterial. Argyreia nervosa (Burm.f.) Bojer

******

Convolvulus tricolor L.

*

Ipomoea amnicola Morong

**

0,04 %

Ipomoea cairica (L.) Sweet

*

0,01 %

Ipomoea hederifolia L.

*

0,02  %

Ipomoea orizabensis (G. Pelletan) Led. Ex St.

****

0,2 %

Ipomoea parasitica (Kunth) G. Don

****

0,2 %

Ipomoea pes-tigridis L.

*

0,01 %

Ipomoea tricolor Cav.

**

0,07 %

Ipomoea violacea L.

**

0,02–0,06 %

Merremia peltata (L.) Merr.

******

Strictocardia tiliifolia (Desr.) Hallier f.

***

Turbina corymbosa (L.) Raf.

**

0,5–0,9 % 0,01–0,02 %

0,5–0,7 % 0,14–0,15 % 0,05-0,06 %

Welche Pflanze produziert was? Vor wenigen Jahren wurde nachgewiesen, dass die Ergoline, die in den Samen der als psychoaktiv bekannten Winden nachgewiesen werden können, nicht von den Pflanzen selbst produziert werden, sondern von einem Schmarotzerpilz aus der Gattung Periglandula, der in den Pflanzenkörpern der Windengewächse lebt. Das Gleiche gilt für die Tropanalkaloide im Stechapfel und für das Chinin in Chinarindenbäumen (Cinchona). U. Steiner & E. Leistner, 2012, Ergoline alkaloids in Convolvulaceous host plants originate from epibiotic clavicipitaceous fungi of the genus Periglandula, Fung.Ecol., 5:316-21; W.T. Beaulieu et al., 2015, Phylogenetic and chemotypic diversity of Periglandula species in eight new morning glory hosts, Mycol., 107:667-78.

LSA und Cluster-Kopfschmerz Psilocybinpilze, LSD und LSA (aus Samen der Convolvulaceae) werden immer häufiger therapeutisch verwendet, um Cluster-Kopfschmerzen und Migräne zu bekämpfen. Dabei scheinen Samen von Argyreia (Holzrosen) wirksamer zu sein als solche von Ipomoea (Prunkwinden), wenn es darum geht, akute Kopfschmerzen zu behandeln. Das liegt vermutlich an der größeren Potenz der Holz­rosenSamen gegenüber denen der Prunkwinde. Darüber hinaus haben die Samen eine passable präventive Wirkung, weil sie die anfallsfreie Zeit zwischen den Kopfschmerzattacken Die LSA-haltigen Samen der Holzrose verlängern können. Argyreia nervosa.  Foto: Klaus Beyer / Flickr Sewell R.A. et al., 2008: Response of cluster headache to self-administration of seeds containing lysergic acid amide (LSA), Poster MAPS; Di Lorenzo C. et al., 2016, The use of illicit drugs as self-medication in the treatment of cluster headache: results from an Italian online survey. Cephalalgia, 36:194-8.


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L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

GESCHICHTE In dieser Rubrik werfen wir einen Blick zurück auf die Geschichte der multidisziplinären Forschung auf dem Gebiet der Bewusstseins­ veränderung und der psychoaktiven Substanzen.

In jeder Lucy‘s-Ausgabe rufen wir einen bedeu­ tenden psychonautischen Experten in Erinne­ rung und würdigen ihn, indem wir auszugsweise einen grundlegenden Text nachdrucken.

Schlüsselfigur der psychedelischen Bewegung Erinnerung an Timothy Leary TEXT

D

Markus Berger

er US-amerikanische Psychologe, Psychonaut, Autor und Forscher Timothy Leary (1920–1996) übernahm ab 1962, nachdem er durch Michael Hollingshead Bekanntschaft mit LSD gemacht hatte – die psilocybinhaltigen Magic Mushrooms hatte er schon vorher gekannt – die Funktion des Sprachrohrs für die Bekanntmachung und Verbreitung dieses neuartigen und potenten Psyche­delikums. Niemand sonst stand so wie er im Rampenlicht, um von den einzigartigen Möglichkeiten zu berichten, die mit Psychedelika und speziell mit LSD möglich sind. Dabei wurde Leary oft falsch interpretiert. Er galt als Verführer der Jugend, als »Drogen-Guru» und laut US-Präsident Richard Nixon sogar als «gefährlichster Mann Amerikas». Auch Harvard hatte ihn rausgeworfen, weshalb sich Tim Leary in eine New Yorker Villa, auf das Millbrook-Anwesen, zurückzog und dort eine Kommune psychedelischer Enthusiasten um sich scharte. Bei Learys Büchern, von denen die meisten in deutscher Übersetzung vorliegen, handelt es sich um für Psychonauten bahnbrechende Schriften. Viele Bände wurden indiziert, zum Beispiel

Politik der Ekstase, weil der Autor so offensichtlich einen psychedelischen Lebensstil und die Abkehr von den gesellschaftlichen Konventionen propagierte. «Turn on, tune in, drop out» war der Slogan, mit dem Leary am häufigsten in den Medien zitiert wurde. Dass auch der später von der Werbeindustrie verwendete Ausruf «Come together!» ebenfalls von Timothy Leary stammt, wissen heute nur noch die wenigsten. Timothy Leary war für die psychedelische Bewegung, die von den USA aus die Welt eroberte, eine Schlüsselfigur. Er setzte sich vehement für die Umsetzung der Theorie von Dosis, Set und Setting ein und erhob diese in der psychedelischen Bewegung zum Mantra. Sie stellt bis heute die Grundlage aller Safer-Use-Regeln des mündigen Gebrauchs von psychoaktiven Substanzen dar. Wir präsentieren in dieser Ausgabe ein Dokument der Zeitgeschichte, nämlich die Übersetzung eines Originaltexts von Timothy Leary zur «Generation Woodstock» aus dem Buch Chaos & Cyber-Kultur (1997 im Nachtschatten Verlag erschienen und heute nur noch antiquarisch verfügbar).


Lucy’s Rausch Nr.7

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GEGENKULTUREN  Die Woodstock-Generation

TEXT

Timothy Lear y

Im Sommer, vor etwas mehr als 25 Jahren, verbrachten mehr als 400 000 junge Amerikaner drei Tage und Nächte beim Feiern eines grandiosen Festes in Woodstock. Es war einfach das bis dahin größte, wildeste und einzigartigste Fest unserer Geschichte. Solltest du anderer Meinung sein, dann sag mir warum, damit ich dazulernen kann. Für ein Wochenende wurde aus jener Wiese die drittgrößte Stadt im Staate New York. Fast eine halbe Million verwöhnte, wohlhabende und gut erzogene junge Amerikaner versammelten sich auf engstem Raum auf einem kleinen Weideplatz im Norden des Staates. Es gab nur ein Minimum an sanitären Anlagen und ein Minimum an Nahrung, die man sich rücksichtsvoll teilte; und am Ende befanden sich alle in der gleichen Schlammpfütze. Das war die eine Seite. Die andere war, dass diese Konzertbesucher das fantastischste, wildeste dionysische Rockkonzert aller Zeiten erlebten, das mit lustvoller Nacktheit und brüderlich bzw. schwesterlich geteilten psychedelischen Sakramenten angereichert war. Beachte: Es entstanden überhaupt keine Aggressionen unter den Anwesenden! Das Woodstock-Festival war das Revival des ältesten und ursprünglichsten religiösen Rituals mit Starbesetzung: eine heidnische Zelebrierung des Lebens und der Natur; eine klassische «Gruppen­ besessenheit», während der die Teilnehmer «außer sich» waren und im Schutze der Gruppenenergie die chaotischen, tieferen Schichten ihres Seins anzapften.

Suche in anthropologischen Texten, lies Campbell oder Frazier, und du wirst feststellen, dass die Spuren dieser Rituale aus einer Zeit stammen, in der es noch keine aggressiven, vorwärtsdrängenden, puritanischen und monotheistischen (ein männlicher Gott) Religionen gab. Heidnische Rituale feiern immer dieselben natürlichen, instinktiven, arglosen und ewig utopischen Werte: Frieden, reine und ekstatische Sexualität, Gleichheit im Sinne höherer Mächte, Freude, konzen­ trierte Ekstase, Toleranz, Bejahung des Lebens und des menschlichen Geistes, den nackten menschlichen Körper, Respektlosigkeit und fröhliches Lachen. Solche Festivals erwecken die ältesten und zugleich utopischsten Sehnsüchte des menschlichen Gehirns. Wie auch immer, lass dich warnen. Wenn du dich als Individuum erhebst und für diese Ziele einstehst, wirst du sicher von der Steroide fressenden Rambo-Liddy-Oliver-North-Bande (und wahrscheinlich von den meisten etablierten Autoritäten auf deinem Gebiet) als hoffnungslos naiver Idealist verhöhnt werden. «Die Welt ist eine harte, gemeine Gegend», werden dir die konservativen Wissens­ experten entgegenhalten. Aber als im August 1969 400 000  energiegeladene, gebildete junge Menschen zusammenkamen, um die Wiedererweckung der verehrungswürdigen heidnischen Werte auszurufen, da hatte dies eine ansteckende Wirkung. Ein furchtloses Vertrauen entstand in den jungen Erwachsenen. Wenn du dir die Filme aus den Sechzigern angeschaut hast, dann wurdest du von einem } ­


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GESCHICHTE

LSD zum Preis von 1 Dollar: Acid-Ekstase in Woodstock.  Fotos: zvg, alamy.com

heiteren, herausfordernden Lachen angesteckt und von jenem Gefühl wahrhaftiger Zusammengehörigkeit erfasst. Es gab keine Geheimniskrämerei, keine Scham beim Erleben heidnischer Zustände. Man tauschte seine psychedelischen Elixiere stolz und offen aus. Kannst du dir jemanden vorstellen, der sich damals, in Woodstock, davongeschlichen hätte, um sich heimlich hinter einem Busch mit Heroin vollzupumpen oder der sich ständig Kokain durch die Nase gezogen hätte? Oder jemanden, der Steroide schluckte, während Jimi Hendrix oder Grateful Dead spielten? Die Woodstock-Erfahrung wurde zum Modell der Gegenkultur jener Zeit. Die Kinder des «Sommers der Liebe» machten sich daran, die amerikanische Kultur für immer zu verändern. Es zeigte sich schon damals, was die Russen dann 1989 Glasnost und Perestroika nannten. Hippies zählten zu den Begründern der Öko-Bewegung. Sie bekämpften den Rassismus. Sie befreiten sich von eingefahrenen sexuellen Verhaltensweisen, ermutigten zur Veränderung, zu individuellem Stolz und Selbstvertrauen. Sie stellten den roboterhaften Materialismus in Frage. Innerhalb von vier Jahren schafften sie es, dass die USA den Vietnamkrieg aufgaben. Sie brachten es so weit, dass während der Regierungszeit Carters der Gebrauch von Marihuana in vierzehn Staaten der USA entkriminalisiert wurde, und vieles mehr. Es gab noch ein anderes Nebenprodukt jener Sechziger-Generation, das so offensichtlich ist, dass man es kaum wahrnimmt. Wenn mehr als 400 000 starke, heiratsfähige junge Frauen und Männer in einer lebensbejahenden Stimmung zusammenkommen, dann entsteht automatisch ein gewaltiger gemeinsamer Bauchtanz. Möglicherweise wurden an jenem magischen

Wochenende zehntausend Kinder gezeugt. Wie sind diese Kinder der Blumenkinder heute? Und wer sind sie? Die Kinder der Woodstock-Zeit sind heute, 1996, fünfundzwanzig Jahre alt, und seit fünf Jahren überschwemmen sie die Universitäten. Werden diese Studenten, die Enkel von Dr. Spock, sich von den konservativen Studenten der achtziger Jahre unterscheiden? Wenn deine Mutter nackt am Woodstock-­ Festival tanzte, wenn dein Vater Abbie Hoffman half, das Pentagon zu überzeugen, den Vietnamkrieg zu beenden … Wenn deine Eltern in ihren jungen Jahren Marihuana rauchten und dabei Bob Dylan, die Rolling Stones und die Beatles hörten… Wenn sie trauerten, als Kennedy, Martin Luther King und John Lennon von fanatischen Paranoikern ermordet wurden  … Wenn deine Familie sich antörnte, sich einstimmte und abhob, gehst du dann in die Industrie arbeiten, bist du dann so geldgeil, dass es dich an die Börse drängt, um dort mit unsauberen Junk Bonds zu handeln? Die armseligen, konservativen, ängstlich-­ konformen Studenten der Reagan-Thatcher-Zeit wuchsen mit Eltern auf, die ihrerseits in den Fünfzigern Eisenhowers groß wurden. Die Geister jenes Jahrzehnts – Senator (Rotenhasser) McCarthy und General Douglas (nukleares Blindauge) MacArthur, John Wayne und «Vater-weiß-alles» – tauchten in den Achtzigern wieder auf und suchten die Universitäten heim. Die Reagan-Generation Die Revolution von Woodstock begann 1966, erreichte 1976 ihren Höhepunkt und brach 1980 auf einen Schlag ab, als Nancy Reagan zur First Lady gewählt wurde.


L u c y ‘ s R a u s c h Nr. 7

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Die DEA sorgte dafür, dass die friedlich und visionär wirkenden Elixiere wie Pilze, Meskalin, LSD und MDMA nicht mehr erhältlich waren. Es hieß Abschied nehmen von turn on, tune in, drop out … und das Motto der Achtziger begrüßen; Halte am Hergebrachten fest, halt dich ran, schieb eine ruhige Kugel.

Im folgenden Jahrzehnt wurde die sanfte unserer Jugend, um sie die sanften Carter-Jahre Toleranz von Woodstock durch eine kompromisslose, vergessen zu machen? Steroide! militärische Haltung ersetzt. Der Pazifismus des Schalt ab! Klink dich aus! Blas dich auf! «Give Peace a Chance» wich einem prahlerischen Vielen Dank, Nancy! Militarismus: der Feldzug in Grenada, die großartige Und was ist mit den Studenten los? Erinnere Bombardierung von Gaddafis Wohnung, der ver- dich daran, dass das Leben der Gegenkultur der steckte Krieg gegen Nicaragua. Star Trek wurde sechziger Jahre sich auf die Universitäten konzendurch Star Wars, den Weltraumkrieg, ersetzt. trierte. Auf Berkeley, Kent-State, Columbia, MadiDer Drogenkrieg trieb die Schwarzmarkt- son, Austin, Boulder, Seattle. In den Achtzigern sind preise für Marihuana in die Höhe. Die DEA sorgte unsere Universitäten, die Quelle der Zukunft, mit dafür, dass die friedlich und visionär wirkenden Eli- allen anderen eingeschlafen. Während mutige Stuxiere wie Pilze, Meskalin, LSD und MDMA nicht mehr denten in Südkorea, China und der Sowjetunion erhältlich waren. Es hieß also Abschied nehmen von jenen Idealismus zeigten, den sie unter anderem turn on, tune in, drop out … und das Motto der auch von Woodstock lernten, wurden die Studenten Achtziger begrüßen: Halte am Her­gebrachten fest, in den USA und Westeuropa ebenso konservativ, halt dich ran, schieb eine ruhige Kugel. materialistisch und karrieregeil, wie japanische StuWas war die Folge des Drogenkrieges? Ein denten oder russische zur Zeit Breschnews. krankhafter Alkoholismus – die Lieblingsdroge des In den letzten zehn Jahren kümmerten sich NRA. Die den Buddha hetzende Meute, die ameri- die Universitäten kaum um soziale Anliegen. Das kanische Legion sitzt wieder fest im Sattel. Dan-Quayle-System (Vize von Präsident Bush) der Schalt ab! Klink dich aus! Wirf dich weg! Verbrüderung und Verschwesterung erblühte wieUnd dann Kokain. Eine Epidemie von Besäuf- der. Die absoluten Universitätsclowns, ROTC-Stunissen, Schnupfen, Schnee und Crack hat die denten, wie Pfadfinder gekleidete erwachsene Stadtzentren fest im Griff und verwüstet sie. Frauen und Männer, wurden zwar nicht populär, Kokain, die Droge, die Hitlers SS befeuerte aber doch wieder akzeptiert. und den Blitzkrieg der Nazis vorantrieb, hat in kürDas hörbare Symbol dieses Wechsels von zester Zeit die Stadtzentren des Reagan-Bush-­ den Sechzigern zu den Achtzigern ist die Musik. Amerika in Schlachtfelder verwandelt. Revolver, Wenn du die Seele einer Kultur suchst, dann achte Gewehre und automatische Waffen sind bequem auf die Worte, die durch den Sound und Rhythmus von der NRA und den staatlich lizenzierten Waffen- führen. In den Sechzigern sang Dylan: «Wir werden händlern zu erhalten. Komm und sag, welche Waffe nie mehr auf Maggies Farm arbeiten« («we ain´t du willst, bezahle bar und keiner stellt Fragen. gonna work on Maggie’s farm no more).» John ist erhältlich imtot Pressehandel, in Buchim Versand Dreh durch! Schieß los! Fall um! Lennon sang:und «GiveHanfshops, Peace a Chance». In den Und natürlich gibt es eine pharmazeutische schlafwandlerischen Achtzigern lockten uns lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! Neuigkeit im Post-Woodstock-Amerika: Welche Michael Jackson, Madonna oder George Michael einzigartige, neue Rambo-Droge verschaffte die unter den Augen von aufmerksamen SicherheitsMuskeln anbetende Reagan-Bush-Regierung kräften in riesige Stadien, doch ihre Texte zeigen }}

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GESCHICHTE

Blumenkinder und Soldaten, 1967.   Foto: US Army

nicht viele soziale Bezüge. Der Zorn junger, aktionistischer Musiker ist auf die übel beleumdete Punk-Szene beschränkt. Konservative Politiker und fundamentalistische Priester sind erfreut über diesen neuen Konformismus. Diejenigen Professoren, die stolze Veteranen der Gegenkultur der Sechziger sind, erwarteten vergeblich, dass die jungen Studenten die Tradition der individuellen Freiheit weitertragen würden. Umso mehr spürten die weiterdenkenden Studenten, dass ihnen irgend etwas fehle. Doch die traurige Nostalgie bedruckter T-Shirts reichte nicht zur Wiederbelebung des Geistes jener Zeit. Der Sommer der Liebe Wie konnte sich der Sommer der Liebe in den Winter von Irangate verwandeln? Wie konnte es soweit kommen, dass man wieder Menschen aus vorbeifahrenden Autos erschoss? Wie lange soll dieser Konservatismus noch andauern? Werden sich die sechziger Jahre wieder erneuern? Die Antwort lässt sich in demographischen Erhebungen finden. Die konformistischen Kinder, die 1980 zwanzig waren, wurden von Eltern erzogen, welche in den zugeknöpften fünfziger Jahren

Der Bürgerkrieg gegen Drogen erlaubte den Bundesagenten und brutalen Polizei-Dummköpfen, die freiheitsliebenden, intelligenten Hedonisten und dreißig Millionen Marihuanaliebhaber zu belästigen.

aufwuchsen. Das Spiel der Wiederholung ist unheimlich präzise. Damals gab es einen liebenswürdigen, alten Präsidenten namens Ike, dessen ganze politische Taktik aus einem vertrauenserweckenden Grinsen bestand. Es gab gegen ein bösartiges Reich einen Kreuzzug, der zu den sinnlosen Schlächtereien des Koreakrieges führte. Wenn eure Eltern damals, 1959, Tricky Dick Nixon als Vizepräsidenten akzeptieren konnten, dann fiel es euch 1989 umso leichter, Dan Quayle als Inhaber desselben Amtes zu schlucken! In den Fünfzigern war der häusliche Krebs – die Gefahr Nummer Eins, die unsere Nation von innen heraus bedrohte – ein subversiver Kommunismus. Willkommen beim spannenden Bürgerkrieg, der FBI-Agenten und brutalen Polizisten die Möglichkeit gab, Sympathisanten des Kommunismus, verräterische Friedensanhänger und Liberale, die die unamerikanische Vereinigung für eine Rassen- und Geschlechtergleichheit unterstützen, niederzuschlagen. Die Achtziger verschafften uns etwas Ähnliches wie den McCarthyismus. Der Bürgerkrieg gegen Drogen erlaubte wiederum den Bundesagenten und brutalen Polizei-Dummköpfen, die freiheitsliebenden, intelligenten Hedonisten und dreißig Millionen Marihuanaliebhaber zu belästigen, da diese nicht akzeptieren, dass die Regierung ihnen vorschrieb, was und wie sie zu denken hätten. Die Hexenjagd der achtziger Jahre hatte zwar keine Loyalitätstests durch das FBI zur Folge, dafür aber Urintests durch die DEA. Noch immer ist derselbe inquisitorische Fanatismus am Werk. Karrierismus und nicht hinterfragter Autoritätsglaube wurden in den Achtzigern genauso geschätzt wie damals in den Fünfzigern. Es gab keinen Aufschrei, als Millionen Jugendlicher ausgehoben und 6000 Meilen weit geschickt wurden, um Korea zu erobern. Das bekannteste Idol aller Raufbolde, Elvis Presley, meldete sich pflichtschuldigst beim örtlichen Aushebungsbüro und erschien anschließend, als niedlicher Rekrut eingekleidet, smart lächelnd und salutierend vor den Kameras der versammelten Medien. Begleitet


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Zwanzig Jahre nach Woodstock zeigten die Nachrichten Hundert­ tausende junger Menschen auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, deren Gesichter vor patriotischem Idealismus glühten, während sie friedlich dafür demonstrierten, dass die über­alterte Bürokratie endlich den Geist aufgebe.

Unterschied macht), sich mit Ehren bekleiden und sich auch so benehmen, Armee und Polizei unterstützen, die einen vor den Todfeinden in den städtischen Slums und Ghettos beschützen. Ab 1989 begannen diese Fantasien des rechten Flügels sich dennoch aufzulösen angesichts einer neuen Explosion von jugendlichem Idealismus. Zwanzig Jahre nach Woodstock zeigten die Nachrichten Hunderttausende junger Menschen auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs, deren Gesichter vor patriotischem Idealismus glühten, während sie friedlich dafür demonstrierten, dass die überalterte Bürokratie endlich den Geist aufgebe. Es war ein starkes Déjà-Vu-Erlebnis, zu sehen, wie langhaarige, Kopfbänder von seinem Manager, der Vaterfigur Colonel Par- tragende deutsche Jugendliche ihre Hand zum ker, erklärte er: «Ich freue mich darauf, der Armee universellen Friedenszeichen erhoben und ihre dienen zu können. Ich denke, es wird eine wunder- Körper und Karrieren für die Demokratie und die bare Erfahrung werden.» (Einige Zeit nach seinem individuellen Rechte einsetzten. Dienst, den er natürlich nicht in Korea, sondern, Ein weiteres Mal widerstanden Studenten weit weg vom Schuss, in Deutschland verbrachte, gewaltlos den Ordnungskräften. Wieder zeigte torkelte Elvis ins Büro von Edgar J. Hoover, dem sich die spielerische Taktik eines Medien­ damaligen Chef des FBI, weil er wegen Drogenge- spektakels, das an die Stelle von Gewalt trat. Taubrauchs vorgeladen worden war und bot sich als sende Protestierender fuhren auf Rädern (!) zur Informant an. Er meinte, dass seine Kontakte zu Revolution. Was hätte Marx dazu gesagt? Woher Musikern ihn zum idealen Doppelagenten prädes- hatten jene chinesischen Studenten ihre gescheite tinieren würden. Elvis war bestimmt kein John Len- Vorgehensweise, die internationalen Fernnon.) sehnachrichten zur Verbreitung ihrer Ideale zu Ist es so erstaunlich für einen Studenten der benutzen? Wo lernten sie die Technik des achtziger Jahre, dessen Eltern ihre größten Umgangs mit den Medien, mit denen sie den Augenblicke der kulturellen Freiheit und des sozi- Sicherheitskräften des Staates widerstanden? Sie alen Engagements beim Hosenrunterreißen und hatten sie aus den Nachrichtensendungen über bei unsinnigen Rekordversuchen erlebten, dass die amerikanischen Universitätsrevolten in den dieser Student irgendwie kalt und gleichzeitig späten Sechzigern, deren Ideale überlebt haben, fröhlich erschien in jener Reagan-Bush-Regie- und sich stärker denn je während der Geschehrungszeit? Rechtslastige und Fundamentalisten nisse auf dem Tian’anmen-Platz in Peking zeigfreuten sich über die Apathie und Konformität an ten. Ähnliches geschah in der Sowjetunion, wo den Universitäten in jenen Jahren. «Amerika», Glasnost und Perestroika Freiheit für das Indivifrohlockten sie, «hat sich wieder auf sich selbst duum bedeuteten. besonnen. Vater weiß es am besten!» Die Jugendlichen in China, Russland, TscheDie Ideale der Sechziger – Individualität, chien, Slowakien oder Südkorea sind die geistigen Freiheit des Einzelnen, freie Meinungsäußerung – Kinder der Blumenkinder. Halte deine Augen wurden als pubertäre Ungezogenheiten bezeich- offen, und du wirst bald die Wiedergeburt dieser erhältlich im Pressehandel, in Buch- und an Hanfshops, im Versand net. Gott seiist Dank hat die amerikanische Jugend Freiheitsbewegung einer Universität in deiner ihre nüchterne Verantwortung der Geschichte Nähe bemerken.  lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung. Auch als E-Book! gegenüber erkannt: den Kalten Krieg führen, zur Kirche gehen und für die Republikaner stimmen Aus: Timothy Leary: Chaos & Cyber-Kultur. Nachtschatten (oder für die Demokraten, was auch keinen Verlag 1997 (vergriffen). Übersetzung: Heinz Martin

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L u c y ’s R a u s c h Nr. 7

IMPRESSUM

Lucy’s Rausch Nr. 7 April 2018 ISBN 978-3-03788-475-1 ISSN 19867 014805 Lucy‘s Rausch erscheint zweimal jährlich. Nächste Ausgabe: Herbst 2018 Herausgeber Roger Liggenstorfer Nachtschatten Verlag AG Kronengasse 11 CH-4500 Solothurn Fon: +41 32 621 89 49 info@nachtschatten.ch www.nachtschatten.ch

Layout / Bild- und Textredaktion Nina Seiler nina@lucys-magazin.com Umschlaggestaltung Sven Sannwald sven@nachtschatten.ch Anzeigen werbung@lucys-magazin.com Administration Barbara Blankart barbara@lucys-magazin.com Abo-Verwaltung Lukas Emmenegger lukas@lucys-magazin.com

www.lucys-magazin.com Chefredaktion Markus Berger markus@lucys-magazin.com Redaktion Roger Liggenstorfer roger@lucys-magazin.com Mitarbeiter dieser Ausgabe Helena Aicher, Wolfgang Bauer, Hans Cousto, Peter Gasser, Stanislav Grof, Michael Knodt, Claudia Müller-Ebeling, Linus Naumann, Mike Row, Giorgio Samorini, Michael Schlichting, Wolf Schneider, Susanne G. Seiler, Steve Stoned, Noisy Woodghost

Botschafter-Administration Jutta Berger jutta@lucys-magazin.com Bankverbindungen Schweiz Regiobank Solothurn Konto-Nr.: 443.213.16.114 IBAN CH2008785044321316108 BIC RSOSCH22 Deutschland Postbank Hamburg Konto-Nr. 969 792 202 IBAN: DE35 2001 0020 0969 7922 02 BIC: PBNKDEFF Vermerk: Lucys Rausch

Druck Gedruckt auf Circlematt (135 g/m²) 100% Recyclingpapier bei Druckerei & Verlag Steinmeier, Deiningen. Printed in Germany Vertriebe Pressevertrieb (Kioske, Supermärkte, Bahnhof- & Flughafenbuchhandlungen): IPS Pressevertrieb GmbH 53334 Meckenheim www. ips-pressevertrieb.de Buchhandel Schweiz AVA Verlagsauslieferung, Affoltern a.A. Head- & Hanfshops Schweiz Nachtschatten Versand versand@nachtschatten.ch Buchhandel, Head- & Hanfshops Deutschland LKG, Rötha/Leipzig nadja.bellstedt@lkg-service.de Vertreterin Ines Schäfer service@verlagsvertretung-schaefer.de Buchhandel, Head- & Hanfshops Österreich Dr. Franz Hain Auslieferungen, Wien michaela.puchberger@hain.at Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder.

Bitte beachten Sie unsere «Charta für eine Kultur des Rausches» auf lucys-magazin.com/charta Beachten Sie auch die Inserate unserer Werbepartner und gleichzeitig das geltende Recht Ihres Landes. Der Verlag ruft weder zu illegalem Drogenkonsum auf, noch beabsichtigt er, diesen zu fördern.

VERKAUFSSTELLEN Lucy‘s Rausch ist im Kiosk-, Presse- und Buchhandel sowie in folgenden Head- & Growshops erhältlich (Stand 5/17):

SCHWEIZ  BASEL  Sibannac GmbH, Güterstr. 138 (im Hinterhof), 4053 Basel, visionofhemp.ch • Zum Hinkelstein, Baslerstr. 7, 4103 Bottmingen BERN  KALISHA, Rathausgasse 47, 3011 Bern, kalisha.ch • Secret Nature, Kramgasse 68, 3011 Bern, secret-nature.ch LUZERN  Artemis GmbH, Murbacherstrasse 37, 6003 Luzern SOLOTHURN  Babacool, Löwengasse 4, 4502 Solothurn, babacool.ch • Nacht­

schatten Shop, Kronengasse 11, 4500 Solothurn, nachtschatten.ch ST. GALLEN  BREAKshop, Gaiserwaldstr. 16a, 9015 St. Gallen, www.breakshop.ch THUN  Secret Nature, Obere Hauptgasse 11, 3600 Thun, secret-nature.ch • Thuner Hanf Center, Obere Hauptgasse 5, 3600 Thun WINTERTHUR  DELTA GROW AG, St. Gallerstr. 119, 8404 Winterthur, delta-grow.ch • TAMAR Trade, Technikumstr. 38, 8400 Winterthur, rastaman.ch ZÜRICH  Bio Top Center GmbH, Konrad­str. 28, 8005 Zürich, biotop-zuerich.ch • Grünhaus AG, Herostr. 7, 8048 Zürich, gruenhaus-ag.ch

DEUTSCHLAND ACHERN Kulturkiosk Fumamour, Kapellenstr. 4, 77855 Achern ALTENMEDINGEN  Kudra NaturBewusstSein, Im Dorfe 1B, 29575 Altenmedingen-Bohndorf, kudra.net AMBERG  Coffeeshop, Georgenstr. 45, 92224 Amberg, coffee-shop-amberg.de BERLIN  Buchladen Schwarze Risse, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin • Kaya Foundation, Schliemannstr. 26, 10437 Berlin, kayagrow.de • Klaus der Gärtner, Straßmannstr. 1, 10249 Berlin, klausdergärtner.de • Sensatonics, Teilestr. 11-16, T.0, 12099 Berlin, sensatonics.de • Verdampftnochmal, Karl-Kunger-Str. 28, 12435 Berlin, verdampftnochmal.de


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VORSCHAU

Nr. 8

Herbst 2018 SCHWERPUNKT PSYCHOAKTIVE PFLANZEN

Ayahuasca & Oper Christian Rätsch über die erste Ayahuasca-Oper Orfeo chamán

Dendrobium nobile Eine psychoaktive Orchidee

Erfahrungen mit CBD Susanne G. Seiler über Cannabidiol WEITERE THEMEN

Untergrundproduktion von MDMA Ein Insider packt aus

Psychonaut, Pionier und Poet Hans Plomp im Interview

Fotos: Lucy‘s Archiv, PD

Meditation mit Substanz Ose Hein über Meditation, Psilocybin und andere Entheogene

sowie zahlreiche Beiträge zu Psychedelik, Rauschkunde, Psychonautik, Ethnobotanik und Drogenpolitik. ... BRUCHSAL  Planet Blunt, Bannweideweg 4, 76646 Bruchsal, planet-blunt.de DÜSSELDORF  White Rabbit, Dorotheenstr. 82, 40235 Düsseldorf, headshop-white-rabbit.de FRANKFURT/M.  Mr. Nice-Growshop, Große Seestr. 36, 60486 Frankfurt, mr-nice-shop.com HAMBURG  Zaubertrank, Mexikoring 11a, 22297 Hamburg, zaubertrank-hamburg.de LUDWIGSBURG  Green Planet, Abelstr. 47/49, 71634 Ludwigsburg MAINZ  Der Hänfling, Gärtnergasse 5, 55116 Mainz, derhaenfling.de MALSCH  Kalidat Grow- & Headshop, Am Bahnhof 6, 69254 Malsch, kalidat.de MANNHEIM  New Asia Headshop, F1, 10 (Nähe Paradeplatz), 68159 Mannheim, new-asia-headshop.de

MARBURG  Sirius Buchhandlung, Barfüßerstr. 13, 35037 Marburg, thefinalembrace.de NEU-ANSPACH  Shambala, Ostpreussenstr. 27, 61267 Neu-Anspach, shambhala-shop.de NÜRNBERG  Aeroponik Systems, Austr. 71, 90429 Nürnberg REUTLINGEN  HanfHaus Reutlingen, Weingärtnerstr. 27, 72764 Reutlingen, hanfhaus-reutlingen.de ROSSDORF  Syntropia, Industriestr. 20, 64380 Roßdorf, syntropia.de, www.rauschkunde.net ULM  Hanf-Lager Ulm, Zinglerstraße 1, 89073 Ulm, hanflager.de

ÖSTERREICH SALZBURG  Cosmic 5 KG, Schallmoser Hauptstraße 29, 5020 Salzburg, cosmic5.at WIEN  Hanf & Hanf, Lasallestraße 13, 1020 Wien, hanf-hanf.at KANARISCHE INSELN LA GOMERA  Tienda Ansiria, C/Abisinia 8, Vueltas, 38870 Valle Gran Rey Aktualisierte Liste unter www.lucys-magazin/verkaufsstellen In Deutschland findet man Lucy‘s Rausch über mykiosk.com.


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Lassen Sie sich berauschen Limitier te Jubiläum s Stash-B ox

Buch Box Original Kavatza Formvollendet Schätze verstecken: Mit der Kavatza-Stash­ box im Lucys-Design kein Problem! Sieht im Bücherregal aus wie ein dicker Schinken - und kommt im psychede­ lischen LSD-Design der Lucys Rausch Sonderausgabe 7 daher. jede Menge Stauraum für den Tabakbeutel oder Ziga­ retten, Filter, Feuerzeug etc. King-Size-Blättchenhalter Stopfer (mit Gummiband befestigt) und das ganze noch beleuchtet…

Die Lucys-Kavatza-Stashbox ist nummeriert und limitiert auf 50 Exemplare und überdies prall gefüllt mit Lucys-Merchandise-Artikeln: Papers, Streichhöl­ zer, Kugelschreiber, Postkarten, Aufklebern. Jetzt zugreifen und ein Exemplar sichern, bevor die Boxen vergriffen sind! € 50.- / Fr. 60.- (limitiert auf 50 nummerierte Ex.)

Bisherige Ausgaben: siehe www.lucys-magazin.com Kapitel

3

Kapitel

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Die Geburt der psychedelischen Kultur

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Cousto Drugchecking von A bis Z Hansmit – Ein Gespräch Albert Hofmann Günter Amendt Hirndoping dem LSD-Entdecker

3

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Heimische Psilocybin-Pilze

Die Kröte –und Jaguar Ralph Metzner HR Giger Das der grosse Interview

Timothy Leary: Die Zeit in Harvard

Holotropes Atmenim Stanislav Grof et al. Val-de-Travers Absinthe – Besuch Timothy Leary in Harvard Mathias Bröckers – Falsche Perspektiven Legal Highs Kunst: / Gerhardder Seyfried oder Nauwald die Verbesserung Welt El Pepe –Nana

Cannabis als Medizin: Die politische Lage Holotropes Atmen Auf dem Peyote-Weg

Ein neuer Psilocybin-Pilz Jochenmit Gartz – Ein Gespräch Albert Hofmann Progressive Psytrance Roberdo Raval dem LSD-Entdecker

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Ketamin Depressionen HR Giger gegen – Das grosse Interview MDMA in –der Psychotherapie Besuch im Val-de-Travers Absinthe Drogen auf –Reisen mit Stefan Haag Falsche Perspektiven Legal Highs Dissoziativa El Pepe – oder die Verbesserung der Welt Dendrobium: Eine psychoaktive Orchidee – Ein Gespräch mit Albert Hofmann Lucys Geschichte: John C. Lilly dem LSD-Entdecker

H A N F + K U N S T + PA R T Y + E T H N O B O TA N I K

H A N F + K U N S T + PA R T Y + E T H N O B O TA N I K

Lucy’s Nummer 4

Lucy’s Nummer 2

Lucy’s Nummer 3

Ralph Metzners Welten des Bewusstseins • Ethnobotanik: DMT und 5-MeO-DMT • Cannabis­ konzentrate und Dabbing-­ Kultur • Steve Stoned • Christian Rätsch • Ketamin auf dem Danceflo­ or • Hanscarl Leuner

Ralph Metzner: Die Kröte und der Jaguar • Timothy Leary • Cannabis als Medizin • Nana Nauwald • Gerhard Seyfried • Adi Dittrich • Neuer Psilo­ cybin-Pilz • Drug Checking = Safer Use • Holotropes Atmen • Peyote-Weg • Progressive Psytrance

Ayahuasca • Luke Browns Kunst • Transformatio­ nal Festivals • Barnim Schultze und das Akasha Project • Sasha Shulgin • Schadensminderung beim Feiern • Ethnobotanischer Pflanzen­anbau: Windenge­ wächse • Automatik-Cann­ abis • Reinkarnation

LSD-Analoga und Verwand­ te • Die Kunst des herman de vries • Das Lied der Schmetterlinge • Albert Hofmann und Psychedelika vor dem Übergang • Safer Use III • Ethnobotanischer Pflanzenbau: Mohnge­ wächse • Psilocybin-Pilze Europas • Cannabispolitik

ISBN 978-3-03788-401-0 112 Seiten, Format 20 x26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-402-7 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-403-7 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

ISBN 978-3-03788-404-1 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

Lucy’s Nummer 1

Nr. 4 / Herbst 2016 CHF 1 8.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Cannabis und Cannabinoid-Medizin – Falsche Perspektiven Legal Highs DMT und– oder 5-MeO-DMT in Pflanzen die Verbesserung der Welt El Pepe

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Welten des Bewusstseins Ralph Metzner HR Giger – Das grosse Interview Interview Steve Stoned – Besuch im Val-de-Travers Absinthe

Nr. 2 / Herbst 2015 / CHF 18.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Nr.1 /Frühjahr 20152014 / CHF 12.50 / EUR 10.– Nullnummer / Frühjahr / CHF 12.50 / EUR 10.–

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Lucy‘s Nummer 6

Lucy’s Nummer 5

Ketamin gegen Depressionen • MDMA in der Psychotherapie • Drogen auf Reisen mit Stefan Haag • Dissoziativa • Dendrobium: Eine psy­ choaktive Orchidee • Lucys Geschichte

Geschichte des Schamanismus • Rapé – Schamanische Snuffs • Tor­ sten Passie über Harry C. Kane • Die Opium-Moderne • Cannabis: alte Landras­ sen • Traumpflanzen • Frank Tempel • Meskalin­ forschung • Boom-Festival 2016 ISBN 978-3-03788-405-8 112 Seiten, Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

Lucy’s Rausch abonnieren: www.lucys-magazin.com/abo

ISBN 978-3-03788-407-2 € (D) 14.80 / Fr. 18.50

Auch als

E-Book:

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T-Shirts, Taschen, Postkarten, Blotter, Papers etc. Gesellschaftsmagazin für psychoaktive 3

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Bicycle Day: 75 Jahre LSD-Erfahrung Vater des LSD: Albert Hofmann Wie psychedelisch kann Cannabis sein? Christian Rätsch: Acid und Musik Stanislav Grof: Der Weg des Psychonauten Unterwegs mit Timothy Leary

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JA HRE LS

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Nr. 7/ Frühjahr 2018

H A N F   +   K U N S T   +  PA R T Y  +   E T H N O B O TA N I K

Nr.7 / Frühjahr 2018

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