Lucy's Rausch Nr. 3

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Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Nr. 3/ Frühjahr 2016/ CHF 18.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Ayahuasca Entheogen, Heilmittel und Lebenshilfe HR Giger – Das grosse Interview Akasha Project im Interview Absinthe – Besuch im Val-de-Travers Die Kunst des– Luke Brown Claudia Müller-Ebeling Legal Highs Falsche Perspektiven Alexander T. Shulgin Pate des MDMA El Pepe – oder die Verbesserung der Welt Tanzkultur und Transformation Raval Albert Hofmann – Ein GesprächRoberdo mit Drug, Set und Setting Alex Bücheli dem LSD-Entdecker

H A N F   +   K U N S T   +  PA R T Y  +   E T H N O B O TA N I K



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Möge die Entheogene Reformation über die pharmakratische Inquisition die Oberhand behalten und zur spirituellen Wiedergeburt der Menschheit an der Brust unserer heiligen Mutter Gaia führen, wo für immer reichhaltig die Amrita, die Ambrosia, die Ayahuasca des ewigen Lebens fließen möge! JONATHAN OT T, Ethnopharmakologe, Autor, Drogenforscher


Ayahuasca and chakruna leaves cooked before ceremony, Pucallpa, Peru Š Pawel Bienkowski / alamy.com

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Ayahuasca: Medizin und Entheogen vom Amazonas

Seite 18


Luke Brown: Inner Sanctum (2011)


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Filigrane Visionen: Luke Brown

Seite 36


Ipomea purpurea. Foto : Pi c c o lo N a m e k / CC BY- SA 3. 0

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Holzrose, Trichterwinde & Ololiuqui

Seite 86


Foto: Robert Houser


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Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Versand über www.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung

Alexander Shulgin: … Der Pate von MDMA

Seite 100


1 0   LU C Y ‘ S C O M I C


Luc y’s Rau sch Nr. 3

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INHALT   SAFERPARTY

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Editorial Markus Berger

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Der digitale Entzug Klartext von Roger Liggenstorfer

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Ayahuasca – Medizin und Entheogen vom Amazonas Christian Rätsch

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Ayahuasca in den Niederlanden Arno Adelaars

28

Das Geschenk der Anaconda Nana Nauwald

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Im Drogenfachgeschäft Coustos Psychedelikatessen

74 78

Transformational Festivals Roberdo Raval

82

Das Goa-Buch Pascal Querner

ETHNOBOTANIK

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Holzrose, Trichterwinde & Ololiuqui Kevin Johann

92

Bewusstseinstraining Thomas Marthaler

KUNST

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Filigrane Visionen Die Kunst von Luke Brown Claudia Müller-Ebeling

42

Wolfgang Maria Ohlhäuser: Wasser ist Leben Kommentar von Claudia Müller-Ebeling

44

«Wir befinden uns in einer globalen Transformation» Interview mit Barnim Schultze (Akasha Project)

CANNABIS

50 57

Schluss mit Krimi: Cannabis normal! Maximilian Plenert Mondgras Alice Legit

Safer Use (II) Alex Bücheli

94

«Abkürzungen zu den Tiefen der Seele» Interview mit Felix Hasler

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Bewusstseinsveränderung und Psychotherapie Peter Gasser

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Alexander T. Shulgin: Der Pate von MDMA Markus Berger / Michael Schlichting / Alexander Shulgin

14 Lucy’s Flashback Leserbriefe und Feedback 15 Lucy’s Mix 67 Lucy’s Mediathek Bücher und CDs 71 Lucy‘s Lifestyle 107 Literatur zu den Artikeln

60

109 Agenda Wenn Gras wie von selbst blüht Michael Knodt

Ê mit Leser-Service!

110 Impressum 111 Lucy‘s Vorschau


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EDITORIAL

Psychoaktiver Lebensstil

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röffnen Psychedelika den Zugang zu sonst unsichtbaren Dimensionen, zu geistigen Welten? Oder ebnen sie lediglich den Weg in künstliche Paradiese, die als bloße Gehirnprojektionen traumartiger Natur interpretiert werden müssen? Glücklicherweise steht es jedem frei, dies für sich selbst zu definieren. Fakt ist, dass die schamanischen Kulturen aller Kontinente von Reisen in die andere Wirklichkeit berichten. Und auch die technisierte Wissenschaft ist heute in der Lage, zumindest im Ansatz nachzuvollziehen, dass da mehr ist in unserer Welt als das, was wir sehen und anfassen können. Manche Forscher aus Quantenphysik, Astrophysik und Chemie kommen immer mehr zum Schluss, dass unsere scheinbar materielle Welt vielmehr eine Art virtueller Realität ist, dass Geist Materie gebiert und nicht umgekehrt. So realisieren wir immer deutlicher, dass wir tatsächlich alle geistige Wesen sind. Die Psychonautik kann uns helfen, dies zu vergegenwärtigen. Der Naturwissenschaftler und Theologe Pierre Teilhard de Chardin stellte fest: «Wir sind keine Menschen, die eine spirituelle Erfahrung machen, sondern wir sind spirituelle Wesen, die erfahren, Mensch zu sein.« Doch das Wissen um die spirituellen Dimensionen kann auch der Vermarktung zum Opfer fallen. Ein aktueller Hype ist der weltweit immer populärer werdende Ayahuasca-Tourismus, der in Wirklichkeit nichts weiter ist als ein egozentrierter Trip, der die Entheiligung uralter Entheogene und Traditionen zur Folge hat. Ähnliches hatte vorher schon andere schamanische Sakramente ereilt, nennen wir nur die Zauberpilze und den Peyote-Kaktus. Nicht die Ausbeutung, sondern der Erhalt der originären Ayahuasca-Kultur (und der anderen indigenen Traditionen) ist ein wichtiges Anliegen aller ernsthaften Psychonautik – und ein Schwerpunkt dieser dritten Nummer von Lucy’s Rausch. Für die, die es noch nicht gehört haben: Ayahuasca ist ein schamanischer Zaubertrank, der von diversen Ethnien im amazonischen Regenwald seit Urzeiten zur Heilung und Divination verwendet wird. Der

Trank besteht aus mindestens zwei Pflanzen: der Ayahuasca-Liane Banisteriopsis caapi, die BetaCarboline enthält, und aus der DMT-haltigen Psychotria viridis oder einer anderen DMT-Pflanze, die dem Trank die visionäre Eigenschaft verleiht. Wir werden im Heft davon noch einiges lesen. Auch die Frage, was einen psychedelischen Lebensstil ausmachen kann, erörtern wir in dieser Ausgabe. Wie abhängig sind wir Psychonauten vom allgegenwärtigen Smartphone- und Internetwahn? Und ist es wirklich förderlich für ein bewusstes Leben im Einklang mit der Natur, dass wir tonnenweise Kohlendioxid in die Luft blasen, während wir im Zeichen der Psychedelik von Kontinent zu Kontinent reisen, um bloß kein Gathering zu verpassen? Roger Liggens­ torfer und Roberdo Raval beleuchten diese Fragestellungen – und kommen zu erstaunlichen Schlüssen. Wir wünschen uns für Lucy’s Rausch und für die Bewegung, dass sich unser Projekt und die psychedelische Szene weiterhin gegenseitig befruchten, um die wichtige Botschaft der Pflanzengeister und molekularen Türöffner immer weiter in die Welt hinauszutragen. Diese Aufgabe könnte wichtiger nicht sein. Markus B erger, Chefredak teur


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Leserbriefe & Feedback Die Redaktion freut sich auch weiterhin über Lob und Kritik. Aus Gründen der Diskretion veröffentlichen wir lediglich die Initialen der Absender. Flashbacks bitte an redaktion@lucys-magazin.com

Danke für dieses grandiose Magazin und die Arbeit, die ihr hineinsteckt. P. S.

Ein, wie ich finde, sehr gelungenes Magazin rund um psychonautische Themen. User FTisch auf mysticalforum.ch

Zuerst dachte ich: Was ein komischer Name für eine Drogenzeitschrift, ob das lohnt? Als ich dann das erstemal reingeguckt habe, bekam ich vor Begeisterung den Mund nicht mehr zu … unglaublich, was ihr da leistet! L. K.

Dieses großartige Magazin war längst überfällig! (…) Rundum wunderbar gelungen und dennoch ausbaufähig, um so richtig unsagbar genial zu werden. Aus einer Amazon-Rezension zu Lucy's 1

Es wäre mehr als wünschenswert, dass dieses wertvolle Magazin wesentlich häufiger erscheint. Am besten monatlich! C. M. Das, was ich im Vorfeld an thematischer Ankündigung gelesen habe, sprach mich erst einmal nicht besonders an. Umso erstaunter und erfreuter war ich, als ich das Werk dann in den Händen hielt und mir ein realistisches Bild des Gedruckten machen konnte. Erwartet hatte ich ein Heft mit mäßig spannenden Themen. Doch weit gefehlt. Lucy's Rausch ein Heft zu nennen, kommt schon fast einer Beleidigung gleich. 114 Seiten im Klebeeinband, mit gut auf­ bereiteten Themen, überraschten mich auf das Angenehmste. Bei keinem der Beiträge hatte ich das Gefühl, dass das Thema trocken oder gar langweilig aufbereitet war. Ganz im Gegenteil, es war ein Genuss, das Magazin zu lesen. Dafür meine höchste Anerkennung. Ich wünsche dem Nachtschatten Verlag für die Realisierung kommender Nummern viel Glück und der deutschsprachigen psychonautischen Gemeinde ein Magazin, das endlich die Lücke füllt, die mit dem Wegfall der Entheogenen Blätter entstan­ den ist. Bitte mehr davon. User Chronic auf entheobotanik.net

Das Design ist aufwändig, die Qualität des Heftes rechtfertigt den etwas höheren Preis auf jeden Fall! (…) Äußerst gut geschrieben und interessant! Aus einer Amazon-Rezension zu Lucy's 2 Und wieder hält man hier ein wirklich gelungenes Werk in den Händen. (...) Die Kritiker sind zu Recht voll des Lobes für dieses besondere Schriftwerk. Hanf Journal, Dezember 2015, S. 11 Lucy’s Rausch (…) kommt immer mit hochwertiger Aufmachung daher (…) die psychedelischen Cover-Arts stechen einem sofort ins Auge. (…) Wenn man das Magazin in der Hand hat, wird einem klar, weshalb der Preis vergleichsweise hoch ist. (...) Es sind wirklich gut investierte 14,80 €, da man durch dieses Geld nicht nur den Nachtschatten Verlag und Markus Berger, sondern auch die ganze psychoaktive Szene in Deutschland unterstützt. Stichhaltige Argumente für die Legalisierung und das Umdenken in der Drogenpolitik machen dieses Magazin auch für Menschen empfeh­ lenswert, die sich bei diesem Thema unsi­ cher sind und auch die Nicht-MainstreamMeinung hören möchten. Sowohl Hanf-Fans wie auch Psychonauten, EthnobotanikInteressierte und XTC-Konsumenten werden an diesem Magazin ihren Spaß haben! www.magischepflanzen.de/lucys-rausch-2


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MIX

Encod-Gründer Joep Oomen gestorben

www.encod.org

UNGASS Vom 19. bis 21. April wurde in New York an einer UN-Vollversammlung zur Drogenpolitik, der UN General Assembly Special Session

Foto: CC BY-SA 3.0

(UNGASS), darüber diskutiert, wie sich die

UN-Konferenzsaal in New York.

Foto: t rigon - film

Foto: ZVG

Der belgische Aktivist Joep Oomen, Gründer von Encod (Euro­pean Coa­lition for Just and Effective Drug Policies), wurde am 18. März in seinem Haus in Antwerpen tot im Bett gefunden. Mit Oomen, der nur 54 Jahre alt wurde, geht der Welt ein vielseitiger und einflussreicher Pionier der antiprohibitionistischen Bewegung verloren. Oomen erfand u.a. die berüchtigten Cannabis Social Clubs (private Clubs, die Can­nabis anbauen und an die Mitglieder abgeben), richtete die ersten CSC der Welt in Belgien ein und verteidigte sie vor Gericht erfolgreich. Inzwischen gibt es zahlreiche CSC in Spanien und anderen Ländern. Eine ausführliche Würdigung von Oomens Person und Werk folgt in Lucy's Rausch Nr. 4.

Filmische Reise durch den Amazonas-Urwald Richard Evans Schultes war ein US-amerikanischer Biologe und gilt als Begründer der Ethnobotanik. Nicht nur deshalb sollte er Psychonauten ein Begriff sein. Der Forscher hatte zusammen mit LSD-Entdecker Albert Hofmann unter ande­ rem das wegweisende Buch Pflanzen der Götter verfasst, das bis heute seine Gültigkeit hat. Im neuen in Schwarzweiß gedrehten Film Der Schamane und die Schlange des kolumbianischen Regisseurs Ciro Guerra ist zu sehen, wie Schultes im amazonischen Regen­ wald auf der Suche nach einem geheimnisvollen Entheogen ist und dabei von einem alten Schamanen begleitet wird. Parallel wird die Geschichte des deutschen Anthropologen Theodor Koch-Grünberg erzählt, der Anfang des 20. Jahrhun­ derts unter anderem indigene Ethnien Brasiliens erforschte. «Packend, wie uns Guerra über Mensch, Natur und die de­­ struktive Macht des Kolonialismus nachdenken lässt, wie er die Rollen umkehrt, unvergesslich seine Tauchfahrt ins Innere des immensen Regenwalds.» (Walter Ruggle) Dauer: 125 Minuten, Verleih: Trigon Film. Seit April

Politik in Sachen psychoaktive Substanzen

in den Kinos und auf DVD. 2015 nominiert für

künftig verhalten soll (siehe dazu die

einen Oscar «Bester fremdsprachiger Film».

Kolumne von Hans Cousto in Lucy's Rausch

Ein Trailer des Films ist auf Youtube zu finden:

Nr. 2). Die Konferenz fand nach Redaktions­

www.youtube.com/watch?v=yHfoJpZyFuA

schluss dieser Ausgabe statt; wir werden in Nr. 4 ausführlich über die Ergebnisse berichten. www.unodc.org/ungass2016


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MIX

Ayahuasca-Fonds hilft Betroffenen Die Vereinigung Ayahuasca Defense Fund (ADF) wurde 2014 auf der World Ayahuasca Conference auf Ibiza gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, Personen juristisch und finanziell zur Seite zu stehen, die wegen Ayahuasca Probleme mit der Gesetzgebung haben. Darüber hinaus setzt sich der ADF dafür ein, dass Ayahuasca in der Öffentlichkeit nicht mehr als Droge, sondern als Sakrament anerkannt und mög­ lichst ent­stigmatisiert und legali­ siert wird. Die Internetseite wartet mit zahlreichen Informationen zur Institution auf und bietet die Möglichkeit, als Betroffener Kontakt aufzunehmen oder sich als Mitstrei­ ter und Unterstützer zu engagieren. www.ayahuascadefense.com

Freisprüche & Homegrowing für Cannabispatienten Deutsche Cannabispatienten dürfen im Ausnahmefall zuhause Gras anbauen. Gleich viermal gab es im März dieses Jahres Freisprüche für Patienten. Alle vier besaßen Ausnahmegenehmigungen der Bundesopiumstelle zum Erwerb von Medizinalhanf und waren bei Hausdurchsuchungen aufgeflogen. In drei Fällen ging es um Growing mit Erträgen bis zu einem Kilo, im vierten um 13 Gramm Schwarzmarkt-Cannabis. Weil Apotheken-Cannabis mit 15–25 Euro pro Gramm kaum bezahlbar ist, wurde den Patienten der «rechtfertigende» bzw. «entschuldigende Notstand» zugestanden – und damit der Freispruch. Richter und Staatsanwaltschaft entschieden zugunsten der Patienten, die die monatlichen Kosten von bis zu 1200 Euro nicht aufbringen können. Am 6. April entschied dann das Bundesverwaltungsgericht Leipzig, dass ein 52-jähriger MS-Patient seine Medizin zuhause anbauen darf (BVerwG 3 C 10.14) – die Bundesopiumstelle muss damit ab jetzt entsprechende Anträge von schwerkranken Cannabispatienten genehmigen. Details und weitere Infos auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM): www.cannabis-med.org

IN MEMORIAM ERNST FUCHS

TEXT

Claudia Müller-Ebeling

Foto:Tsui  / CC BY-SA 3.0

Phantastischen Realismus (mit gibt, die andere Menschen in Arik Brauer, Wolfgang Hutter Träumen oder Halluzinationen u.a.) war väterlicherseits jüdi­ sehen.» In seinem Buch Archischer Abstammung; 1942 kon­ tectura caelestis (1966) erläu­ vertierte er zum römisch-katho­ tert Fuchs detailliert seine Erfah­ lischen Glauben. Mythische und rungen mit Peyote, Haschisch später religiöse Inhalte prägten und Opium, die seine Topogra­ seine visionäre Kunst. phien innerer Räume stimuliert Mitte der 1970er-Jahre und inspiriert hatten. stieß ich auf die Cherub-Bilder Sein religiös-schwülstiges von Ernst Fuchs. Eine Entde­ und nicht selten routiniert nach­ ckung und Offenbarung. Die lässiges Spätwerk enttäuschte detaillierte Plastizität dieser mich oft. Dennoch bewies er in mythischen Köpfe, funkelnd in faszinierenden Bildern, dass leuchtenden Farben, war die Maler Unsichtbares sichtbar Ernst Fuchs 2007 in Wien. präzise Wiedergabe meiner eige­ machen und phantastische Am 9. November 2015 starb Ernst nen Visionen! Der Meister selbst Visionen unserer inneren Welten Fuchs in Wien. Der am 13. Februar schrieb über seine Kunst: «Ich zum Ausdruck bringen können – 1930 in Wien geborene Mit­ war immer befasst mit einer in jeder Zeit aufs Neue. begründer der Wiener Schule des Malerei, die jene Bilder wieder­ www.ernstfuchs-zentrum.com


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Foto : C h r is H e idr ich

KLAR TEXT  EINE KOLUMNE VON

Ro ger Liggenstor fer

Der digitale Entzug

D

er internetverwöhnte Mensch ist rund um die Uhr erreichbar. Er kann pausenlos surfen und im globalen digitalen Gedächtnis alles Mögliche suchen. Für fast jedes Problem findet sich eine hilf­ reiche App. Doch wie ergeht es ihm in einer Stadt, die sich noch im digitalen Mittelalter befindet? Havanna, im Jahre 2016. Zuerst der Schock – das Datenpaket, das mir 1 Gigabyte Downloads für 69 Schweizer Franken ver­ sprach, funktioniert nicht. Kein Zugang in den ersten zwei Tagen! Es sind befreite Tage, doch etwas fehlt, ich fühle mich sozusagen nackt, digital entwurzelt. Dann ein Lichtblick: Von meinem «Stoffanbieter» in der Schweiz kann ich ein anderes Datenpaket beziehen, 200 Megabyte für stolze 99 Franken! Und siehe da, es funktioniert. Gleichzeitig der Gedanke: Es wäre auch schön, wenn es so geblie­ ben wäre. Was, wenn ich nun tatsächlich vier Wochen vom weltweiten Netz abgeschnitten gewe­ sen wäre und den kalten Entzug versucht hätte? Es gab einmal ein Leben vor dem Handy, vor der allum­ fassenden Erreichbarkeit. Man hatte damals mehr Zeit für sich und für andere. Doch die digitalen Hilfs­ mittel gaukeln uns vor, dass wir damit Zeit sparen. Also los: Surfen, E-Mails runterladen, dies und das im Netz angucken. Einen Tag später sind bereits über 60 Megabyte weg – also rund 30 Franken, Telefonge­ bühren, SMS und MMS nicht eingerechnet. Vier Wochen Kuba, das wird teuer.

Die Fixerstuben, nein, Surfplätze erkennt man leicht: eine Menschenmenge in einem Park, alle versunken in ihre Tablets … Tabletten … Smartdrugs? Nein, Smartphones! Es erinnert an Bilder aus den achtzi­ ger Jahren vom Platzspitz in Zürich. Wir kaufen uns ein ‚Briefchen’ mit den Zugangsdaten, die rettende Erlösung naht. Bald hocken wir wie die anderen da, vergessen unser soziales Umfeld, chatten stattdessen mit Freunden, tum­ meln uns in Twitter und Facebook und checken E-Mails. Wir gehö­ ren wieder dazu, unterstützen das weltweite Kartell der Drogendealer – pardon, der globalen Kommunikationsgiganten. Die Schöne Neue Welt kann weiter wachsen: Kuba holt auf, auch diese letzte Bastion wird bald auf die globale Gleichschaltung eingestimmt sein.

Wir kaufen uns ein Briefchen mit den Zugangsdaten.

Smartdrugs? Nein, Smartphones! Wir haben schon in der Schweiz Berichte über Hot­ spots und illegale WiFi-Karten-Dealer gelesen. Lange suchen müssen wir nicht: Erste Dealer spre­ chen uns an (nicht auf Drogen, nein, auf WiFi-Kar­ ten); einzelne bieten sogar die ganze Palette gän­ giger Substanzen an: Charly, Speed, Ganja, inklusive Frauen. Für rund 3 CUC (ca. 3 Franken) bekommt man einen «Schuss», einen Zugang für eine Stunde.

Digitale Kompetenz In den folgenden Tagen ändere ich mein digitales Kon­ sumverhalten, betreibe Schadensminderung und kon­ sumiere den Stoff, aus dem die digitalen Träume sind, nur noch im kontrollierten öffentlichen Raum. Den restlichen sauberen Stoff, den mir mein Schweizer Kommunikationsdealer für teures Geld verkauft hat, nutze ich nur noch für Notfälle, wenn der Entzug zu stark wird und keine WiFi-Hotspot-Fixerstube in der Nähe ist. So kommen mir auch die Leute hier in Kuba näher. Ich habe mehr Zeit für sie, für mich, zum Schreiben – und zum Nachdenken darüber, wie wir einen sinnvollen Umgang mit der digitalen Welt erler­ nen könnten. Man könnte ein Schulfach analog zur längst fälligen Rauschkunde entwickeln, um die digi­ tale Kompetenz zu lernen, ebenso, wie auch die Dro­ genmündigkeit zu erlernen wäre. Wie psychoaktive Substanzen können Apps, Smartphones, Laptops & Co. hilfreich sein und Spaß machen – aber eben auch süchtiges Verhalten fördern. Vor nicht allzu langer Zeit gab es sie noch gar nicht. Die Welt funktionierte trotzdem, und bestimmt nicht schlechter.


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Ayahuasca Medizin und Entheogen vom Amazonas

TEXT

A

Christian Rät sch

yahuasca, der psychoaktive, visionäre und täglichen Ayahuasca-Genuss erhält. Manche brechenerregende »Zaubertrank« vom Ayahuasqueros verfügen über eine geradezu Amazonas, steht im Zentrum des Schama- unglaubliche Erfahrung. nismus vieler dort ansässiger Indianerstämme. Bei In Pucallpa gibt es eine Reihe von sehr an­geden Siona und Secoya, die im ecuadorianischen sehenen Mestizen-Ayahuasqueros, die AyahuascaAmazonas-Tiefland leben, heißt der Schamane Therapien auf einem synkretistischen Hintergrund yagé unkuki, »der Ayahuasca-Trinker«. Der Scha- ausüben. Auch die peruanischen Mestizomane der benachbarten Cashinahua wird moca-ya Ayahuasqueros achten die Ayahua­sca-Pflanzen als genannt, «einer, der Ayahuasca hat»; der »Lehrmeister« ihrer Heilkunst. Besonders Schamane der im peruanischen eindrucksvoll sind die Darstellungen Amazonas-Tiefland heimischen solcher »Meisterpflanzen« in den Shipibo-Indianer wird als nishi Malereien des ehemaligen Ayasheamis, «Ayahuasca-Trinhuasqueros Pablo Amaringo. ker», bezeichnet. Daraus Seine visionären Bilder zeihat sich im lokalen Spagen die ganze Ayahua­scanisch das Wort ayahuasMythologie, auch die synquero – heute meist als kretistischen Elemente, die «Aya­h uasca-Schamane« Regenwald-Pharmakopöe übersetzt – entwickelt. Ein und die andere Wirklichkeit Mensch wird zum Schamades schamanischen Univernen, wenn er von den Pflan­ sums. Banisteriopsis caapi. Foto: Io-Pan / Erowid.org zengeistern dazu berufen wird – entweder im Traum oder in einer Ethnobotanik und Chemie Ayahuasca-Vision. Der Ayahuasca-Trank ist eine einzig­ Obwohl in der Gegend um die peruaniartige pharmakologische Kombination aus sche Dschungelstadt Pucallpa fast jeder Mensch, der Harmalin-haltigen Ayahuasca-Liane Baniste­ ganz gleich, ob Indianer oder Mestize, Ayahuasca-­ riopsis caapi und den DMT-haltigen Chacruna-­ Erfahrungen gemacht hat, werden doch nur wenige Blättern (Psychotria viridis). Harmalin ist ein MAO-­ Ayahuasca-Trinker zu Schamanen. Der Schamane Hemmer; es hemmt die Ausschüttung des bezieht seine schamanische Heilkraft von seinem körpereigenen Enzyms Monoaminooxidase (kurz: Wissen, das er durch seinen häufigen, mitunter MAO). Die MAO baut normalerweise den visionär-­


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Typisches Ayahuasca-Set mit Trank und Ritualgegenständen.  Foto: Jan-Frank Gerards

psychedelischen Wirkstoff DMT (= N,N-Dimethyl­ tryptamin) ab, noch bevor er über die Blut-HirnSchranke in das zen­trale Nervensystem eindringen kann. Nur durch diese Kombination von Wirkstoffen kann der Trank seine bewusstseinserweiternde Wirkung ausüben und Visionen auslösen.

Ayahuasca-Schamanismus Der Ayahuasca-­ Schamanismus wird bis heute von den Shipibo-Indianern gepflegt und als kost­ bares Erbe altindianischer Weisheit gehütet. Die ShipiboConibo siedeln im peruanischen Ucayali-Gebiet.

Wenn man Ayahuasca trinkt, wird man direkt ins Herz der Dinge geführt. Das friedliche Volk umfasst etwa 28 000 Menschen. Sie leben vom Fischen, Jagen, Sammeln und vom Feldbau. Sie kultivieren Maniok, Mais, Bananen und verschiedene Knollengewächse. Die Männer

ziehen auf die Jagd in die unendlichen Weiten des Amazonas-Regenwaldes oder fischen von ihren wendigen Einbäumen. Kunsthandwerk – wie Töpfern, Weben und Stoffe mit Mustern versehen – ist reine Frauensache (siehe dazu den Artikel von Nana Nauwald ab Seite 28). Die Shipibo sind echte «Ayahuasca-Menschen». Als ich Alberto, einen älteren Schamanen in dem Ort San Francisco (an der Laguna Yarinacocha) nach der Religion der Shipibo fragte, sah er mich mit erstauntem Lächeln an und antwortete: »Religion? Wir haben keine Religion; wir trinken Ayahuasca.» Das heißt, die Shipibo verzichten auf Priester, die Gottes Wort verkünden und teuer verkaufen. Stattdessen trinken sie ihren heiligen Trank und erfahren die Göttlichkeit des Waldes, des Wassers, der Sterne, der Pflanzen, Tiere und Menschen. Das Trinken von Ayahuasca stellt die eigentliche Therapie dar. Wenn man Ayahuasca trinkt, wird man direkt ins Herz der Dinge geführt und vom Geist des Waldes empfangen. Von ihm erhält man Wissen, Gesundheit und Liebe. }


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Kajuyali Tsamani Kajuyali Tsamani aus Kolumbien ist Ethnologe und ausgebildeter Yopo-, Coca-, Tabak- und AyahuascaSchamane. Kajuyali, der Autor diverser Publikationen und internationaler Referent ist, erfuhr seine umfassenden schamanischen Initiationen bei Meistern der indigenen Ethnien der Camentsa, Kogi, Siona, Sikuani, Huitotos und Lakota. Er hat das Projekt Nabi Nunhue (Haus des Jaguars) ins Leben gerufen, das sich für den Erhalt traditionellen Wissens über ethnomedizinische Pflanzen und die schamanische Praxis einsetzt. Projektbeschreibung Nabi Nunhue: http://bit.ly/1RQQDv3 Kajuyali auf Youtube: www.youtube.com/watch?v=qN7gnDewLUo Die Doppel-CD Traditionelle Ayahuasca-Zeremonien-Lieder ist im Vertrieb des Nachtschatten Verlags erhältlich.

Schamanisches Heilritual mit Ayahuasca.

Ayahuasca-Erfahrungen Ayahuasca hat zum einen eine extrem starke psychoaktive Wirkung auf den Geist bzw. das Bewusstsein, welche sich in fantastischen Visionen und magischen Reisen in andere Welten ausdrückt. Andererseits wird der Körper durch den bitteren, adstringierenden Trank derart in Aufruhr versetzt, dass sich die Organe durch heftiges Erbrechen und plötzliche Durchfälle von allen Krankheitskeimen befreien. Ayahuasca ist kein Hausmittel, es ist das mächtigste Instrument im traditionellen Schamanismus der AmazonasIndianer. Ayahuasca ist keine «sanfte Medizin», Ayahuasca ist drastisch und extrem: knallharte Pharmakologie. Für die Shipibo-Schamanen ist Ayahuasca oder moca, jene «bittere Brühe», untrennbar mit dem Regenwald verbunden; der Trank gilt als «Essenz des Waldes». Durch die Kraft der Ayahuasca sieht der Schamane die Geistwesen oder »Pflanzenmütter», die in den Pflanzen und Tieren des Waldes gegenwärtig sind. Mit ihnen kommuniziert er, von ihnen erhält er das Wissen um ihr innerstes Wesen. Er lernt so die Bedeutung jedes einzelnen Tieres, jeder einzelnen Pflanze, versteht, warum

jede Art ihren notwendigen Platz im »Kreis des Lebendigen« hat. Von den Baum­geistern kann man auch Gesänge empfangen oder erlernen. Es gehört zu den kulturell geförderten Zielen, dass man als

Der Schamane inszeniert die kollektive Reise in die andere Welt. Individuum bei einer Ayahuasca-Zeremonie einen eigenen, ganz persönlichen Gesang empfängt, der einem bei späteren Ritualen Kraft verleiht und die Zentriertheit fördert sowie die Visionen strukturiert und deutlicher erscheinen lässt.

Tradition und Spiritualität Die ShipiboSchamanen verlassen sich vollständig auf ihren Ayahuasca-Trank. Er hat sich über undenkliche Zeiten bewährt. Noch niemals ist irgend­jemandem ein echtes Leid durch seinen Genuss widerfahren. Ayahuasca ist der eigentliche Heiler; der Schamane bietet lediglich seine Hilfestellung an. Der Scha-


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Schamane und Teilnehmer während einer nächtlichen Ayahuasca-Zeremonie.

Fotos: Jan-Frank Gerards

mane strukturiert das nächtliche Ritual (Vollmond- sich künstlerisch inspirieren zu lassen, und im Ausnächte gelten als besonders »stark«). Er inszeniert land gibt es Psychiater und Chirurgen, die diese die kollektive Reise in die andere Welt. Pflanze anwenden, um den Erfolg ihrer Operationen Die Teilnehmer bilden einen Kreis, meist im zu sichern. Heute werden auf der ganzen Welt Freien auf einem Rasen oder einer Lichtung, Forschungen durchgeführt, um mehr über dieses manchmal unter einem Dach, seltener in einem erstaunliche Halluzinogen, das man Ayahuasca Haus. Der Schamane teilt jedem Teilnehmer eine nennt, zu erfahren.»* angemessene Dosis zu, nachdem er den Trank mit Gebeten und Tabakrauch geweiht hat. Er trinkt * Aus: Augustin Rivas (1989): Meisterpflanze Ayahuasca. In: Ch. selbst Ayahuasca und bietet auch seinen Gehilfen Kobau (Hg.): Amazonas: Mae Mañota. S.182–183, Graz: Leykam. und Sängern ordentliche Portionen an. Die Schamanen müssen Ayahuasca zu sich nehmen, um Der Text ist ein kompilierter Auszug aus dem Buch Ayahuasca – wirklich sehen zu können, was mit den Teilnehmern Die Jaguarmedizin vom Amazonas (Nachtschatten Verlag 2016). bzw. Patienten los ist. Wenn alle ihre Dosis eingenommen haben, kompletten sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: geht der SchamaneDie oder der SängerArtikel mit einer ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Lucy’s Tabakspfeife, gestopft mitRausch dem einheimischen, ­ nikotinreichen Mapacho-Tabak, im Kreis herum oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com und bläst jedem Teilnehmer eine Rauchwolke auf CHRISTIAN RÄTSCH, geboren 1957, Ethno­ den Kopf. Dadurch soll die Trennung zwischen den pharmakologe, Referent und Autor, studierte Welten durchlässig gemacht und der Teilnehmer Altamerikanistik, Ethnologie und Volkskunde. Seit von negativen Energien befreit werden. über dreißig Jahren erforscht er weltweit schamani-

Populäres Ayahuasca

Ayahuasca übt zunehmend eine starke Faszination aus. Menschen verschiedenster Herkunft, Profession und Weltanschauung können vom Zaubertrank der peruanischen Schamanen profitieren: «In Peru gibt es viele Intellektuelle, die Ayahusca angewendet haben, um

sche Kulturen und deren Gebrauch psychoaktiver Pflanzen. Herausgeber des Jahrbuchs der Ethnomedizin und Autor zahlreicher, in viele Sprachen übersetzter Bücher, darunter die Enzyklopädie der psycho­aktiven Pflanzen, das Lexikon der Liebesmittel, Räucherstoffe u. v. m.

www. christian-raetsch.de


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Ayahuasca-Rituale in den Niederlanden TEXT

Arno Adelaars

H

olland ist ein Land mit relativ liberalen Drogengesetzen. Man braucht nicht zu befürchten, dass irgendwer gleich die Polizei informiert, wenn man über Drogen spricht. Drogengebrauch ist eine sehr private Angelegenheit; die Polizei interessiert sich nicht sonderlich dafür. Man kann geradezu ungeniert für psychedelische Rituale werben, in Smartshops, per E-Mail oder Brief und natürlich per Mundpropaganda. So konnten sich in Holland regelmäßige psyche­ delische Rituale etablieren. Die Rituale, die im Folgenden beschrieben werden, sind AyahuascaRituale oder solche, die mit Ayahuasca-Analogen arbeiten. Das religiöse Ritual der Santo-Daime-Kirche Seit Ayahuasca Anfang der Neunzigerjahre nach Europa kam, haben sich vier verschiedene Ritualformen entwickelt: religiöse, therapeutische, freizeitliche und experimentell ausgerichtete. Als typische religiöse Ayahuasca-Rituale in Europa kann man die Messen der brasilianischen Santo-Daime-Kirche betrachten. Sie war die erste Institution, die Ayahuasca nach Europa brachte. Ein typischer Gottesdienst der Santo Daime verbindet römisch-katholische Elemente mit den Glaubenssystemen der Amazonasindianer und Schwarzafrikaner und ist strengen Regeln unterworfen. Ayahuasca, das bei den Messen ausgeschenkt wird, muss in Mapie hergestellt werden, dem spirituellen Zentrum der Santo-Daime-Kirche im brasilianischen Regenwald. Nur an speziellen, astrologisch berechneten Tagen kocht man Ayahuasca, und alle an der Herstellung Beteiligten befinden sich dann unter dem Einfluss von Ayahuasca, das die Kirchenmitglieder «Daime» nennen.

Bei den Ritualen befindet sich ein zeremoniel­ ler rechteckiger Tisch in der Mitte des Raumes. Frauen sitzen auf der einen, Männer auf der anderen Seite. Der Platz am Tischende ist dem Leiter des Rituals vorbehalten, hinter ihm, zu seiner Linken, befinden sich die Frauen. Gegenüber, zur Rechten des Leiters, sind die Männer. Die Mitglieder der Kirchengemeinschaft nennt man Fardados. Bei den Ritualen im Sitzen tragen die Fardadas weiße Blusen mit dunkel­blauen Röcken, die Fardados weiße Hemden und dunkel­ blaue Hosen. Viele Mitglieder tragen glänzende Metallsterne, die an Sheriffsterne erinnern. Männer tragen bei Tanzritualen weiße Anzüge mit grünen Streifen an den Hosenbeinen, die Frauen einen weißen und einen grünen Rock, eine grüne Schärpe über einer weißen Bluse und ein Krönchen auf dem Kopf. Nichtmitglieder tragen bei allen Ritualen weiße Kleidung. Man unterscheidet zwischen Tanz-, Heilungsund Konzentrationsritual, wobei man bei den letzten beiden Ritualen sitzt. Jede Stuhlreihe muss sich

Der Daime (Ayahuasca) ist die männliche Kraft, Santa Maria (Cannabis) die weibliche Kraft. in einer geraden Linie befinden, genau wie die Tänzer sich in einer Linie bewegen müssen. Es ist den Teilnehmern nicht gestattet, mit überkreuzten Armen oder Beinen zu sitzen. Mit dem Ritual in Form eines Mandalas will man einen Energiestrom aufbauen, der dann durch die Teilnehmer fließt. Das Überkreuzen von Armen oder Beinen kann diesen Energiefluss unterbrechen. Weiterhin wird den


Luc y’s Rau sch Nr. 3

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Bei der Ayahuasca-Herstellung stehen alle Beteiligten unter dem Einfluss von «Daime». Foto: youtube

Teilnehmern empfohlen, drei Tage vor und drei Tage christlichen Charakter der Santo-Daime-Rituale nach dem Ritual sexuell abstinent zu bleiben. nichts anfangen; in Holland bekennt sich heute Zwei Fardados bleiben außerhalb des Man- ohnehin nur noch eine Minderheit zum christlichen dalas, um den Ablauf zu überwachen und Glauben. geschwächten Teilnehmern beizustehen. Eine Frau überwacht die Teilnehmerinnen des Rituals, ein Ein Mestizo-Curandero aus Peru Mann die Teilnehmer. Ein typisches Santo-Dai- Im November 1995 kam Don Juan Tangoa Paima, ein me-Ritual beginnt um 19 Uhr und endet zwischen Mestizo-Heiler aus Iquitos (Peru), nach Holland, um 1 und 2 Uhr morgens. Frauen und Männer stellen zehn Ayahuasca-Rituale zu leiten. Don Juans Rituale sich in eigenen Reihen an, um das Getränk zu emp- sind von ganz anderem Kalifangen. Ein Senior-Fardado verabreicht jedem eine ber als die der Santo-Daiindividuelle Portion. Das zweite Glas trinkt man me-Kirche. Sie finden in tota60–90 Minuten nach dem ersten Glas. ler Dunkelheit statt. Don Juan Nach dem zweiten Glas werden reine Can­ ist überzeugt, dass die Teilnabis-Joints verteilt. Cannabis katalysiert bzw. ver- nehmer so lebhaftere Visiostärkt die Effekte von Ayahuasca. In der Santo-Dai- nen haben. Auch ist er der me-Kirche nennt man es «Santa Maria». Drei Leute Ansicht, dass man mit Die kompletten sind geschlossenen in der gedruckten Ausgabe zu lesen: teilen sich einen Joint, und jeder nimmtArtikel drei Züge: oder offenen Don Juan Tangoa Paima.  Foto: Youtube im Pressehandel, Buch- und in Hanfshops und im Lucy’s den ersten für die Sonne, denRausch zweitenist fürerhältlich den Mond Augen total in unterschiedliche und den dritten für die über Sterne. Der Daime Visionen erhält. Beimit absoluter Dunkelheit können oder als Abo Langzeitwirkung Versand www.lucys-magazin.com (Ayahuasca) ist die männliche Kraft, Santa Maria Teilnehmer ihre Augen öffnen, ohne von der Umge(Cannabis) die weibliche Kraft. Nach dem rituellen bung abgelenkt zu werden. Rauchen der Santa Maria können sich einige TeilWährend des Rituals sitzt man auf Kissen. nehmer nicht mehr auf den Beinen halten und set- Don Juan sieht es nicht gern, wenn man sich hinzen sich auf Bänke in den äußeren Reihen oder legt. Er meint, man entspanne sich dann zu sehr legen sich auf Matratzen. Frauen und Männer und werde somit leicht Opfer böser Geister. Im haben ihre eigenen Ruhezonen. Mestizo-Schamanismus wird Tabak als heilige Die Untergruppen der Santo-Daime-Kirche Pflanze betrachtet, und das Rauchen ist sehr wichlocken vor allem die Generation der Babyboomer tig. Bei den Ritualen raucht Don Juan ununterbroan, also Menschen in den Vierzigern und Fünfzi- chen Zigaretten. Vor dem Ausschenken bläst er gern. Viele Psychedeliker können jedoch mit dem Rauch in die Flasche, in der sich Ayahuasca }


2 4   AYA H UA S C A

Banisteriopsis-caapi-Blüten. Foto: A. Adelaars

befindet. Während des Rituals raucht er, um so die Teilnehmer zu schützen. Wer den Raum verlässt, sollte eine Zigarette anzünden, um sich mit schützendem Rauch einzuhüllen. Wie Santo Daime und Friends of the Forest glaubt Don Juan, dass man unter dem Einfluss von Ayahuasca so offen und empfindlich ist, dass böse Geister leichter Zugang finden können, wobei Rauch sie davon abhält. Bei den meisten Ritualen wird Ayahuasca aus zwei verschiedenen Pflanzen hergestellt: einer DMT-haltigen und einer Beta-Carbolin-haltigen Pflanze (MAO-Hemmer). Don Juan fügt dem

Don Juans Lieder steuern die Visionen der Teilnehmer. Getränk Dschungeltabak, Brugmansia-Blätter (ein Nachtschattengewächs) und Kampfer hinzu. Ayahuasca schmeckt allgemein nicht besonders gut, diese Mischung aber ist geschmacklich besonders widerlich. In Don Juans Heimatstadt Iquitos in Peru leiden viele Patienten unter Parasiten. Die Beta-Carbolin-haltige Liane Banisteriopsis caapi ist ein ausgezeichnetes Mittel dagegen. In Iquitos verwendet Don Juan bei der Zubereitung seiner Ayahuasca großzügig Banisteriopsis caapi. Weil Europäer diese Probleme meist nicht haben und eher an den visuellen Effekten interessiert sind, hat er seine Mischung ihren Wünschen angeglichen. Während der Rituale singt und pfeift Don Juan. Man wird mit Rauch angeblasen und mit einem Bündel getrockneter Chacapa-Blätter gereinigt. Dieses Bündel wird auch als Schlag­

Das Therapieritual der Friends of the Forest Die Friends of the Forest haben ihre Niederlassung in Amsterdam, treibende Kraft hinter diesem Verein ist die Brasilianerin Yatra da Silveira Barbosa. Als ehemaliges Mitglied der Santo-Daime-Kirche gehörte sie zu denjenigen, die Ayahuasca nach Europa brachten. Anfang 1996 löste sie sich von der Santo-Daime-Gemeinschaft und gründete Friends of the Forest, die Ayahuasca auf therapeutische Art und Weise anwenden. Silveira Barbosa ist es gelungen, sich mit Ayahuasca von ihrer 20-jährigen Heroin- und Kokainabhängigkeit zu befreien. Diese Entzugsbehandlung will sie auch anderen Drogenabhängigen anbieten. Um die Behandlungen zu finanzieren, organisieren Friends of the Forest seit September 1996 regelmäßig Rituale, die in manchen Punkten mit denen der Santo-Daime-Messen übereinstimmen, jedoch weniger streng sind. Teilnehmer werden gebeten, in weißer Kleidung zu erscheinen, drei Tage vor und nach dem Ritual sexuell abstinent zu leben und vier Stunden vor dem Ritual zu fasten. Bei den Santo-Daime-Ritualen sitzen oder stehen die Teilnehmer mandalaförmig, bei Friends of the Forest sitzen oder liegen die Teilnehmer im Kreis. Beide Strukturen arbeiten mit Gruppen­ energie. Auch das Ausschenken des Gebräus läuft ähnlich ab: Die Teil­ nehmer stellen sich in einer Reihe an dem Tisch an, an dem Ayahuasca ausgeschenkt wird. Als früheres Santo-Daime-Mitglied und als aus­ gebildete Sängerin kennt Yatra da Silveira Barbosa viele Hymnen aus dem Santo-Daime-Repertoire, die sie in ihre eigenen Rituale mit einbezieht. Als Osho-Anhängerin verwendet sie auch religiöse Lieder aus dem östlichen Kulturkreis. Die Friends of the Forest bieten verschiedene Rituale an: Während eines Forest Journey (Reise durch den Yatra da Silveira Barbosa.

Foto: lycaeum.org

instrument zur rhythmischen Begleitung seiner Lieder benutzt, die Icaros genannt werden. Don Juan hat eine sehr schöne Stimme; seine Lieder steuern die Visionen der Teilnehmer. Seit seinem 13. Lebensjahr begleitet Don Juan seinen Vater bei Ritualen. Heute, in seinem vierten Lebensjahrzehnt, blickt er auf jede Menge Ritualerfahrung zurück. Seine Rituale beginnen jeweils um 20 Uhr und enden um 2 Uhr morgens.


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Wald) wird Stammesmusik gespielt, die Heart Journey (Reise ins Herz) wird von New-Age-Klängen begleitet, in der Trance Journey ist Ambient-Trance-Musik zu hören, manchmal von einem Goa-Trance-DJ, der auch Ayahuasca getrunken hat. The Power of Mantras (Die Kraft der Mantras) ist ein «East-meets-West»-Ritual, in dem man meditiert und Mantras singt. Außerdem gibt es ein Ritual namens Depth of Silence (Tiefe der Stille), in dem keine Musik gespielt und kaum Lieder gesungen werden; es ist dem Konzentrationsritual der San-

Die Stille hilft den Teilnehmern, immer tiefer und tiefer zu gehen. to-Daime-Kirche sehr ähnlich. Um den therapeutischen Charakter der Rituale zu betonen, findet am Tag danach eine Zusammenkunft statt, bei der Teilnehmer ihre Erfahrungen unter Aufsicht teilen können. Die Friends of the Forest organisieren durchschnittlich 20 Rituale jährlich mit jeweils * Mimosa hostilis (neuerdings in der Botanik Mimosa tenuiflora genannt) ist ein Strauch bzw. Baum, der in Pernambuco im Nord­osten von Brasilien gedeiht. Bei den einheimischen Indianern ist er als Rebe der Jurema (Vinho da Jurema) bekannt.

etwa 15 Teilnehmern. Sie verwenden ein AyahuascaAnalog aus Mimosa hostilis* und Peganum harmala (Steppenraute). Diese Rituale beginnen um 20 Uhr und enden um 2 Uhr früh. Der Vision Circle Eine Gruppe aus Den Haag veranstaltet seit vier Jahren Rituale (Stand 2016), die sie Vision Circle nennen. Im Gegensatz zu den Friends of the Forest machen sie keine Werbung, und es ist wirklich nicht einfach, dort einen Platz zu ergattern. Nur zwölf Personen können am Ritual dieser Gruppe teilnehmen und maximal zwei Neulinge pro Sitzung dürfen dazustoßen. Der Vision Circle arbeitet mit drei Entheo­ genen: mit Trichocereus pachanoi (neuerdings: Echinopsis pachanoi), auch bekannt als SanPedro-Kaktus, mit der Mimosa-/Harmala-Kombo, welche auch die Friends of the Forest verwenden, und mit einer Psilocybin-/Harmala-Kombo. Eines der erklärten Ziele der Gruppe ist es, jeweils so viele dieser Zutaten wie möglich zu verwenden. Zu diesem Zweck bauen die Mitglieder Pilze im eigenen Garten an. Sie sind überzeugt, dass die Psilocybin-/ Harmala-Kombination die potenteste ist. Einmal konnte ich an einem Ritual teilnehmen, bei dem diese spezielle Kombination Verwendung fand. Im Gegensatz zur sonst üblichen Gewohnheit der }

Geschichte des Ayahuasca-Gebrauchs in den Niederlanden Zwischen 1995 und 2000 gab es

Urteilsbegründung betonte das Gericht

Gruppen. Immer noch kommen viele

Santo-Daime-Rituale und von der Santo

jedoch, dass ausschließlich die

indigene Ayahuasqueros nach Holland,

Daime abgespaltene, New-Age-beein-

Santo-Daime-Kirche Ayahuasca als

manche haben Hunderte Anhänger.

flusste Rituale, lateinamerikanische

Sakrament verwenden dürfe.

Aber nur gerade ein Holländer [der Autor

Medizinmänner kamen zu Besuch, und es gab auch Do-it-yourself-Rituale.

Zwischen 2000 und 2010 breitete sich der Ayahuasca-Gebrauch

selbst, Anm. der Red.] wurde bisher von einem südamerikanischen Schamanen

Dieinkompletten Artikel sind der gedruckten lesen: 1999 stürmte die Polizei atemberaubend schnellin aus. Immer initiiert,Ausgabe einige weiterezu befinden sich in ist erhältlich im Pressehandel, in Buchund in Hanfshops und Lucy’s Rauschmehr Medizinmänner und -frauen der Ausbildung. Insgesamt gibt es im in

verschiedenen europäischen Ländern diverse Ayahuasca-Rituale. Die Versand

aus Ecuador, Peru und Kolumbien Holland 30 Anbieter für oder als Abo mit mindestens Langzeitwirkung über www.lucys-magazin.com

holländische Santo-Daime-Kirche hatte

besuchten die Niederlande. Holland

dies vorausgesehen und war entspre-

und die spanische Insel Ibiza wurden zu

chend vorbereitet. Von einem der

Ayahuasca-Hot-Spots, vergleichbar

Analogen ist in Holland weit verbreitet.

besten Anwälte Hollands vertreten,

mit der Dschungelstadt Iquitos in Peru,

Manche Ritualveranstalter nennen jedes

gewann sie den Fall. Ein Amsterdamer

wo jedes Jahr Tausende Ayahuasca-

analoge Gebräu mit DMT- und

Gericht billigte der Santo-Daime-Kirche

Touristen die 150 Dschungelresorts rund

Beta-Carbolin-Anteilen «Ayahuasca».

2001 den Ayahuasca-Gebrauch als

um die Stadt besuchen.

Analoge Pflanzen sind günstiger und

fundamentales Recht auf Religions-

Heute gibt es in Holland zwei

Ayahuasca-Rituale. Der Gebrauch von Ayahuasca-

auch einfacher zuzubereiten, deshalb

freiheit zu, was viele als De-Facto-

Zweige der Santo-Daime-Kirche und

verwenden manche Veranstalter nicht

Legalisierung verstanden. In der

zahlreiche New-Age-beeinflusste

die originale Rezeptur.


2 6   AYA H UA S C A

Bis jetzt ist noch jeder von einem Ayahuasca-Trip zurückgekommen.

Gruppe begann das Ritual bereits am Nachmittag. Die Teilnehmer lagen im Kreis. Jeder sollte zuvor über eine Frage meditieren, die ihn oder sie umtreibt. Außerdem sollten alle in Weiß gekleidet sein. Beim Vision Circle gibt es keinen Ritualleiter. In den vier Jahren ihres Bestehens hat die Gruppe Bei den Ritualen, die ich selbst leite, bitte ich alle möglichen Variationen ihres Rituals auspro- die Teilnehmer, während des Rituals nicht miteinbiert. Am Ende hat man sich auf einen einzigarti- ander zu sprechen. Jedes Geräusch kann einen gen Stil geeinigt: Eine Person ist für das Gesamtbild ablenken und aus dem Trip in die nüchterne Realides Rituals veranttät katapultieren. Ich wortlich. Es soll ruhig schenke jede Stunde sein und keine Ablenein Glas Ayahuasca kungen geben, nieaus, bis sich die mand soll die Gruppe Wirkung auf der oder einzelne Persogewünschten Höhe nen stören. Eine zweite befindet – für die Person steht denen zur meisten genügen Seite, die Hilfe benötizwei oder drei GläChapaca-Blätter. Foto: shamansmarket.com gen. Die Verteilung der ser. Ich imitiere eine Posten kann flexibel gehandhabt und zum Beispiel natürliche Umgebung. Deshalb bevorzuge ich nach der Hälfte des Rituals gewechselt werden. Aufnahmen mit Naturgeräuschen in Kombination Die Mitglieder des Vision Circle sind langjäh- mit ethnischer Musik. Außerdem lege ich Triprige Yoga-Praktizierende. Im Vergleich zu anderen Musik auf, zum Beispiel «Acid Test – Hommage Ritualen gibt es bei ihnen so gut wie kein Lied, das à Albert« und Ähnliches. Falls jemand Hilfe benögesungen wird, und so gut wie keine Musik. Die tigt, greife ich auf die Erfahrung zurück, die ich als Stille kann einen manchmal überwältigen und hilft Assistent bei anderen Ritualen gesammelt habe, den Teilnehmern, immer tiefer und tiefer zu gehen. und «staube» bei der betreffenden Person mit meinem Bündel von Chacapa-Blättern die probleEuropäische Do-it-yourself-Rituale matische Energie «ab». Das Wichtigste für mich ist Bis vor Kurzem war es schwer, Ayahuasca in einem jedoch, dass bis jetzt noch jeder von einem entspannten, liberalen Kreis zu finden, weil außer Ayahuasca-Trip zurückgekommen ist. den erwähnten Institutionen niemand Zugang zu Die Voraussetzung für diese Art von Ritualen dem Gebräu und den Pflanzen hatte. ist eine strenge Vorauswahl der Teilnehmer. Der Nachdem ziemlich viel Ayahuasca auf den Gebrauch psychedelischer Mittel ist nicht jedem europäischen Markt gekommen war, etablierten gegeben – und eine mystische Medizin wie sich neue Rituale, die man als Rituale ohne Ritual Ayahuasca ist kein Allheilmittel. oder Do-it-yourself-Rituale bezeichnen kann. Dabei Übersetzung aus dem Englischen: Rowan Kirschker, Markus Berger steht den Teilnehmern ein erfahrener AyahuascaTrinker als leitende Unterstützung zur Verfügung. Den meisten Teilnehmern ist es angenehm, wenn jemand die Sitzung leitet, weil die Effekte ziemlich ARNO ADELAARS lebt in Amsterdam und überwältigend und unberechenbar sein können. erforscht psychedelische Substanzen seit über 20 Für ein Do-it-yourself-Ritual gibt es keine Jahren. Er ist als freier Journalist und Ritualleiter für Kleidungsvorschriften und keine Regeln für sexuelrekreativen Drogengebrauch tätig. Arno Adelaars ist les Verhalten vor und nach dem Ritual. Die TeilnehBuchautor, Referent und anerkannter Experte auf mer werden darauf aufmerksam gemacht, keine dem Gebiet der Psychoaktiva-Forschung. Er schreibt Stoffe zu sich zu nehmen, die in Konflikt mit der regelmäßig Kolumnen für verschiedene Magazine MAO-hemmenden Wirkung des Gebräus stehen. und ist Mitveranstalter der Psychoactivity-KonferenAnsonsten kann man tun und lassen, was man will, zen in Europa und Nepal. www.arnoadelaars.com weil jeder für sich selbst verantwortlich ist.


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Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Versand über www.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung

Arno Adelaars 2014 im Dschungel im Manu Biosphere Reserve, Peru.  Foto: Vincent Mock


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Lucy’s Rausch Nr. 3

Das Geschenk

der Anaconda Die geometrische Musterkunst der Shipibo TEXT UND FOTOS

Nana Nauwald

S

ie feiern ausgesprochen gerne, die Gemeinschaften in den Dörfern der Shipibo am Oberlauf des Ucayali in Peru. Besucher sind ein beliebter Anlass für Feste. Ist genügend masato geflossen – ein traditioneller, leicht alkoholhaltiger Trank, der aus Maniokwurzeln hergestellt wird –, besteht ein besonderes Vergnügen darin, die Besucher zu „taufen“, ihnen einen Shipibo-Namen zu geben. Während der 16 Jahre meiner Besuche in einem Shipibo-Dorf, in dem ich in die Familie des alten Schamanen Reshin Nika eingebunden bin, erhielt ich zwei Namen: Reshin Mea und Pekunkate. Der erste Name hat eine einfache Bedeutung, er bezeichnet die Stirn eines Papageis. Doch der Name Pekunkate mit der Bedeutung: «die schöne Muster auf ihrem Körper hat», war mir etwas «zu viel», weist er doch auf den zentralen Ausdruck der Shipibo-Kosmologie hin: auf die geo-

Geld zu verdienen. Von Fischfang, Jagd und den kleinen Feldern können die Familien nicht mehr leben. Der Verkauf ihres Kunsthandwerks war lange Zeit eine gute Verdienstmöglichkeit für die Frauen. Doch da sich heute der Tourismus im Dschungel hauptsächlich auf die Ayahuasca-Touristenzentren bei Iquitos konzentriert, hat sich die Möglichkeit des Verkaufs sehr eingeschränkt, denn die Zahl der durch die Dörfer reisenden Besucher hat sich stark verringert. Muster als Bildsprache und Gesang Immer noch sind es jedoch die geometrischen Muster – ob gestickt oder auf Textilien und Töpferwaren gemalt – die den unverwechselbaren Ausdruck der Kultur der Shipibo bilden. Jaguar, Anaconda, Schmetterlinge, Kolibri, Trennung,

Jaguar, Anaconda, Schmetterlinge, Kolibri, Trennung, Vereinigung … metrischen Muster. Diese erzählen von den Erscheinungen der geistigen Welt und dem Beziehungsgeflecht der Menschen. Noch leben die Shipibo vorwiegend in traditionellen Dorfgemeinschaften am Fluss, doch die Gemeinschaften zerfallen in rasantem Tempo. Der Hauptgrund ist die wachsende Notwendigkeit für die Männer, das Dorf zu verlassen, um in der Stadt

Ein Shipibojunge trägt den Behälter für den masato-Trank.


29

Muster des Jaguar: links das gleichschenklige Kreuz des hermano.

Nana Nauwald mit einer Shipibo-Frau.

Vereinigung … für alle wichtigen Vorkommnisse im Menschenleben und für alle geistigen Kräfte, die auf das Menschenleben einwirken können, gibt es ein Zeichen. Der «Chef» der geistigen Welt ist der hermano, der Jaguar. Sein Muster wird als gleichschenkliges Kreuz dargestellt. Immer noch sind sich die älteren Frauen beim Sticken der Muster bewusst, dass es noch nicht so lange her ist, dass nur Menschen mit einer besonderen Kraft dieses Zeichen tragen durften.

Noch vor zwei Generationen wurden die Muster als heilig angesehen, nur wenige Schamanen und Schamaninnen hatten das Wissen darüber. Die Mehrzahl der Muster kam aus dem geistigen Feld der hermanos. Heute verändern sich die Muster durch die vielen Menschen, die keine Schamanen sind und Ayahuasca nehmen – so entstehen neue Muster. Eines der immer wieder dargestellten Muster ist das des Schmetterlings. «Schmetterlinge sind in den Heilzeremonien, wenn wir Ayahuasca trinken, die Helfer des Jaguargeistes. Die Farben, die man bei Ayahuasca sieht, sind die Farben des Schmetterlings. Der Schmetterling hat klare Muster, deshalb kann er helfen, die kranken Muster der Patienten wieder in Ordnung zu bringen. Deshalb bringen Schmetterlinge gutes Glück», erzählte mir mein Shipibobruder Inin Sheka. Die traditionellen Muster sind eine Bildsprache und auch ein «Gesang». Sie erzählen von der Beziehung zwischen Menschen – und Menschen und Geistern. Seit einigen Jahren singt man «Ayahuasca-Touristen» gegen Bezahlung die Linien der Muster vor, die dabei mit dem Finger nachgezogen werden. Meine langjährigen Recherchen haben }


30

Zwei Schmetterlings-Muster: Schmetterlinge sind die Helfer des Jaguargeistes.

Links: Rituelle Gesichtsbemalung. Rechts: Eine Shipibo-Frau beim Sticken.

ergeben, dass die Linien der Muster traditionell jedoch nicht gesungen wurden. Nur wenn man die Sprache der Shipibo versteht, versteht man auch, dass es fast immer Volkslieder sind, die als «traditioneller Mustergesang» deklariert werden. Die Nabelschnüre der Ayahuasca In der Heilarbeit der traditionellen Schamaninnen und Schamanen spielen die Muster unvermindert eine wichtige Rolle. Echte Shipibo-Schamanen, die noch in den Dörfern für die Gemeinschaft arbeiten – keine «Rolex-Schamanen» – sind in der Lage, die «Muster» des Patienten zu sehen. Ist jemand krank, sei es im Körper oder der Seele, so ist das individuelle «Lebens-Muster» verwischt, verknotet, zerrissen.

Die Geister zeigen den Schamanen die Muster. Die Schamanen wirken aus ihrer Verbindung mit Pflanzen- und Tiergeistern aus der Welt der Geister heraus. Das ist die «wirkliche Welt». Diese wirkliche Welt ist mit kunstvollen geometrischen Mustern geschmückt, so wie es auch die Menschen sind. Im nächtlichen Heilritual mit Ayahuasca zeigen die Geister den Schamanen die Muster und geben ihnen die Gesänge, die icaros. Auch die icaros haben bestimmte Muster. Die Ayahuasca wird auch «die Schnur» genannt, weil die Liane in spiralförmigen Drehungen wächst, die wie Nabelschnüre aussehen. Aus diesen Nabel-


31

«Ich schenke euch meine Muster» Dies ist die Geschichte, wie die Muster

Angehörigen alles zu erzählen. Sie

zu den Shipibo kamen:

gingen gemeinsam an jenen Ort, um

Eines Tages ging ein Mann flussab-

das Geschehene zu begutachten.

wärts, um zu fischen. Nach einer Weile

Nachdem sie alle zusammen geweint

sah er eine Frau den Fluss hinunter-

hatten, gingen die Shipibo näher.

kommen. Sie stieg am gegenüberlie-

Da lag nur noch die leere, bemalte

genden Ufer aus dem Wasser. Sie trug

Haut der Frau, ihr schön dekorierter

einen leuchtenden, reich bestickten

Rock und das bemalte Tuch. Sie

Rock und ein mit Mustern bemaltes

nahmen die bemalte Haut und den

Tuch, auch ihr Gesicht und ihr Körper

Rock und das Tuch. Als sie wieder

waren wunderbar bemalt.

zurück zum anderen Ufer fuhren,

Sie kniete nieder, um sich das Gesicht

tauchte aus dem Wasser eine riesige

und die Beine zu waschen. Danach ging

Schlange auf. Die Menschen hatten

sie in die Mitte des breiten, sandigen

große Angst, aber die Schlange tat

Flussufers. Aber es war Mittag und

ihnen nichts, sie sagte: Ich bin die Frau,

der Sand war sehr heiß. Die Frau hielt

deren Haut und Kleidung ihr jetzt bei

die Hitze in der Mitte des Strandes

euch habt. Ich bin eine ronîn-Frau,

nicht aus und verbrannte durch den

ich lebe im Wasser und beschütze das

Sand, sie starb.

Wasser und die Tiere im Wasser. Ich

Als der Mann dies sah, überquerte er

schenke euch meine Muster, damit

den Fluss schnell im Kanu, bis er an den

ihr sie malt.

Strand kam. Er begann Holzstücke

Zu Hause teilten sie alles untereinan-

aufzusammeln, auf welche er treten

der, so dass jede Familie ein Stück mit

konnte und so bis dahin zu gelangen,

einem Muster bekam. Auf diese Weise

wo die Frau war. Als er ankam, sah er,

verbreitete sich die Art, Zeichnungen

dass die Frau schon tot war. Traurig

auf die Röcke und andere Stoffe und

ging er nach Hause zurück, um seinen

auf die Keramik zu malen.

Das Muster der Anaconda.

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Versand über www.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung Links: Friedensmuster. Rechts: Muster der Anaconda der Erde.

schnüren, so sagen die Shipibo, entstehen die Linien der Muster. Die Schamanin, der Schamane webt sich mit icaros in das Muster des Kranken ein und singt es wieder «richtig». Sehr beeindruckt hat mich ein Muster, das früher den Männern aufgemalt wurde, wenn sie aus einem Kampf zurückkamen. Mit diesem Muster

und einem Gesang wurden sie wieder in den Zustand von «Frieden» gebracht. «Dieses Muster haben wir von den Inka erhalten, lange bevor die Christen kamen», erklärte mir Inin Sheka, der ein emsiger Hüter des Wissens der Shipibo ist. Das Weltbild der Shipibo-Conibo ist stark von Inka} Mythen bestimmt.


3 2   DA S G E S C H E N K D E R A N AC O N DA

der unsichtbaren. Sie ist männlich und weiblich, sie verursacht und heilt Krankheiten und kann sich beliebig verwandeln. Ihre Haut ist von vielen Zeichnungen überzogen. Wenn die Töpferinnen die Muster malen, sagen sie: «Wir machen die Welten-

In der oberen Welt wohnt die große Kraft, so etwas wie ein Gott.

Eine Shipibofrau bemalt eine Keramik (Aquarell). Rechts: Keramik mit dem «Drei Welten»-Muster.

schlange.» Weil sich die Weltenschlange wandeln kann und viele Muster trägt, hat auch jede Töpferin ihr eigenes Muster. Allen gemeinsam ist, dass sie die Muster nur in der Mitte des Gefäßes und oben malen, denn der untere Teil zeigt die untere Welt. «Das ist die Wasserwelt», erklärte mir eine Töpferin. «Sie hat keine Muster. In der Wasserwelt ist alles so wie in unserer Welt, nur aus Wassertieren gemacht. Es ist kalt und dunkel dort, und es gibt keinen Tabak und kein Ayahuasca. In der mittleren Welt leben wir Menschen, deshalb malen wir in der Mitte Menschenmuster. Die mittlere Welt geht bis zu den Wolken, darüber kommt die obere Welt. Da wohnt die große Kraft, so etwas wie ein Gott, die Geister und die Toten und auch der Inca, der ist ein König, ähnlich wie euer Jesus. Die Muster in der oberen Welt sind so fein, weil sie die Schwanzspitze der Weltenschlange zeigen, die ist auch sehr fein und hat doch die stärkste Kraft.» «Unsere Ahnen und Geister nähren uns immer noch durch die alten Muster», so schloss die Töpferin zufrieden ihre Ausführungen.

Auch wenn das Wissen um die Bedeutung der Muster langsam verschwindet, so lernen immer noch Mädchen im Alter von circa sechs Jahren von Müttern und Großmüttern die «Musterkunst». Oft werden ihnen einige Tropfen einer Piri-Piri-Pflanze, das «Musterkraut», in die Augen geträufelt, damit sie die Muster besser «sehen» können. Traditionell haben die Frauen der Shipibo kein Ayahuasca getrunken. Sie erhielten die Muster von den Schamanen, die sie in ihren Visionen gesehen hatten. Schlangen – sei es die Weltenschlange oder die Anaconda des Wassers oder die der Erde – nehNANA NAUWALD, geb. 1947, lebt in der Lüne­ men in der Kosmologie der Shipibo eine wichtige burger Heide und ist Künstlerin, Buchautorin, Stellung ein. Bei schwierigen Heilritualen wird der Dozentin und Zugvogel durch äußere und innere Geist der Anaconda gerufen. Deshalb sticken sich Die kompletten ArtikelWelten. sind in der gedruckten zu lesen: Zahlreiche Aufenthalte inAusgabe Bhutan, Nepal, die Frauen gerne das Muster der Anaconda als im Pressehandel, in Buch- und undSibirien, in Hanfshops Lucy’s Rausch ist erhältlichNigeria, Nord- und Südamerika wo sie und im Schutz- und Heilmuster auf die über rechteckigen oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand www.lucys-magazin.com seit 32 Jahren schamanische Bewusstseinswelten Tücher, die sie wie Wickelröcke tragen. indigener Völker erfährt und erforscht. Seit 18 Jahren Die Weltenschlange ronîn bildet so etwas lehrt und erforscht sie «Rituelle Körperhaltungen und wie den Nabel in der Kosmologie der Shipibo: Sie Ekstatische Trance nach Dr. Felicitas Goodman®». hat sich um den ganzen Kosmos gerollt und hält www.visionary-art.de; www.ekstatische-trance.de die Welt fest. Sie ist die Mutter aller Wesen, auch


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Coustos Psychedelikatessen Hans Cousto ist Sachbuchautor, Musikwissenschaftler und Mitbegründer von Eve&Rave Berlin.

Im Drogenfachgeschäft

G

enießer kaufen gerne in Bioläden oder Deli- anderen Seite der Bekaa-Ebene an den Westhänkatess-Fachgeschäften ein. Die Milch soll gen des Anti-Libanon-Gebirges. Denn wie beim von Bio-Bauernhöfen kommen, auch die Wein spielt auch bei Cannabis die Lage des AnbauKühe sollen möglichst Futter ohne Gentechnik ver- gebietes eine große Rolle. zehrt haben. Joghurt soll mit Früchten aus ÖkoAuf dem Etikett des roten Yammoune-LibaLandbau und ohne Konservierungsstoffe zubereitet nesen stünde der Hinweis, dass es sich um ein sein. Die Eier stammen selbstverständlich nur von Bioprodukt handelt, von Hand gesiebt und ohne Hennen aus Freilandhaltung, Salat, Gemüse und Zusätze gepresst, und dass das Haschisch etwa Obst ausschließlich vom Bio6,5 % THC, 12,5 % CBD und 1  % bauern, und der Wein kommt CBN enthält. Der Kunde wüsste aus einer genau deklarierten also genau, was er bekommt. Vor Gegend, mit Angabe der Reballem der Wirkstoffgehalt ist bei sorten auf dem Etikett. Wenn der Sortenwahl von großer Bedeudie Trauben an sonnenvertung, da das Verhältnis von THC zu wöhnten Hängen gereift sind und in einer Spätlese CBD ausschlaggebend für das Wirkungsprofil ist von Hand geerntet wurden, kauft der Genießer (eine typische Wirkstoffkombination von Haschisch gerne ein paar Flaschen vom edlen Tropfen. aus Afghanistan wäre beispielsweise 10 % THC, 7 % Ja, der Weinliebhaber hat es gut. In der Wein- CBD und 2,5   % CBN, bei Zero-Haschisch aus handlung hat er eine große Auswahl. Da findet er Marokko 11 % THC, 6,5 % CBD und 2  % CBN). zum Beispiel eine Flasche vom Weingut Castellare di Castellina in der Toskana, auf 600 m.ü.M. zwi- GESTRECKTE SORTEN Wegen der Prohibitionsposchen Florenz und Siena. Die Bezeichnung Chianti litik rauchen heute die meisten Leute Gras mit Classico Riserva sagt dem Weinliebhaber, dass der einem sehr hohen THC-Gehalt und einem extrem Wein mindestens 12 Monate im Barrique (Eichen- niedrigen CBD-Gehalt, manchmal mit unerfass) gereift ist. Die Angabe der Rebsorten (90 % wünschten Nebenwirkungen. Zudem sind die GrasSangiovese, 5 % Canaiolo, 5 % Ciliegiolo) verrät sorten oft mit Zusatzstoffen gestreckt, was zu ihm, dass es sich um einen vollmundigen Rotwein weiteren unerwünschten Nebenwirkungen führen handelt. Auf dem Etikett findet man zudem eine kann – insbesondere, wenn Cannabis von minderer Angabe zum Alkoholgehalt (13,5  % vol.) sowie Qualität mit künstlichen Cannabinoiden auf­ einen Allergenhinweis («Enthält Sulfite»). gepeppt wird. Solche Produkte führten schon zu massenhaften Einweisungen in Krankenhäuser und BIO-LIBANESE Der Haschischliebhaber hätte es auch schon zu Dutzenden von Todesfällen. genauso gut, gäbe es Drogenfachgeschäfte. Er Nach dem Genuss von gutem Haschisch ist fände dort eine große Auswahl von Haschischsor- noch niemand gestorben, nach dem Konsum von ten. Zum Beispiel roten Libanesen aus Yammoune, synthetischen Cannabinoiden – die in erster Linie einem Dorf auf etwa 1400 m.ü.M. am Osthang des wegen des Cannabisverbotes konsumiert werden – Libanon-Gebirges, etwa 30 Kilometer nordwestlich sterben immer wieder Menschen. Zur Prävention von Baalbek, im klassischen Cannabis-Anbau­ braucht es kein neues Gesetz über Neue Psychoakgebiet des Libanon, der Bekaa-Ebene. Es handelt tive Substanzen, sondern einen regulierten Cannasich um eine besonders würzige und wohlschme- bismarkt mit Fachgeschäften sowie seriöse Aufckende Haschischsorte, da die Cannabispflanzen klärung und Beratung. Wir brauchen für eine am Osthang des Libanon-Gebirges mehr Tempera- gesunde Zukunft mehr Drogenkultur und weniger turschwankungen unterworfen sind als auf der Paragraphen.

Es braucht einen regulierten Cannabismarkt!


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FREIE SICHT

FiligraneVisionen Psychedelische Einsichten in die Kunst von Luke Brown

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Claudia Müller-Ebeling

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Fractal Feline (2009)

awohl. Es gibt sie doch, die magische Welt hinter den sieben Bergen. Auf Bali. Dort erweckt ein Zirkusdirektor mit visionärem Zauberstab Gesichter und Wesen aus filigranen Mustern zum Leben. Wo kommen sie her? Diese betörend vielschichtigen Meta-Ebenen der Wirklichkeit in Luke Browns Bildern von Pflanzengeistern wie Salvia dalinorum und Substanzen wie Foxymethoxy? Seine visionären Spectral-Eyes-Einblicke in den Crystal Forest und das Inner Sanctum? Was inspirierte den Künstler zu Wesen wie Alpha Centauri, Fractal Feline und Cat God? Diese Bilder faszinierten mich seit langem. Im September 2014 begegnete ich Luke Brown in der Schweiz, beim dreißigsten Jahrestag des Nachtschatten Verlags in Solothurn, und konnte ihn endlich nach der Quelle seiner Inspirationen fragen. «Sie waren plötzlich da. Ich brauchte meine Visionen nur noch abzumalen», meinte der Künstler bei unserem Gespräch am sonnigen Ufer der Aare trocken. Er muss es wissen. Er hat sie schließlich zur Welt gebracht. Das Energiebündel mit Nasenpiercing und Tattoos ist kein Balinese, sondern Kanadier. Aber seit 2004 verbringt er die Wintermonate auf Bali. Diese Insel (die als einzige im indonesischen Archipel ihre hinduistische Kultur bewahrte) ist nicht nur tropisch verlockend, sondern das perfekte kreative Umfeld für einen Künstler wie Luke Brown. Denn hinduistische und buddhistische Götter


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Curandero (Work in progress)

bevölkern seine Phantasie. Und die sind auf Bali allgegenwärtig. Wie auch einheimische Künstler, die ihnen nach allen Regeln der Kunst (und des Handwerks) Leben einhauchen und dem visionären Maler helfen, seine Visionen zu realisieren. Das lapidare Statement, er habe die komplexen filigranen Visionen einfach nur abgemalt, ist umso erstaunlicher, als er zunächst gänzlich unbeleckt von künstlerischen Erfahrungen war. Sozusagen jungfräulich. Vom Himmel gefallen. Doch eins nach dem anderen: Tauchen wir zunächst ein in ein typisches Luke-Brown-Bild, bevor wir die Quellen der Inspiration beleuchten.

Wer das Bild sieht, erkennt ihn sofort, den Pflanzengeist von Salvia divinorum. Pflanzengeist? Klar, den gibt‘s. Von ihm hat man schon oft gehört. Doch hat ihn jemand gesehen? Und falls ja – wie sieht er aus? Luke Brown ist jemand, der ihn exakt beschreiben kann: den Pflanzengeist des aztekischen Wahrsagesalbeis Salvia divinorum. Wer das Bild sieht, erkennt ihn }


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Bildlegende des mod maionsequam qui blaboratibus quas dolorrores dicieni simaior iscimus, aborendis elia sitiaero

Salvia Dalinorum (2010)

sofort. Zwinkernd blickt einen das Wesen mit seitlichen Insektenaugen an; nein, mit stechendem Blick aus darüber schwebenden gelben Augen, umgeben von Bäumen. Der Geist der Salvia divino­ rum schwebt genau vor uns. Seine zwei gespaltenen roten Zungen züngeln nach links und rechts und münden in die Mäuler von Reptilien. Und darunter pocht das Herz des Pflanzengeistes zwischen zwei Händen. Zwei menschlichen Händen. Und nun erkennen wir, dass wir selbst in diesem leuch-

tend rot-gelben Zentrum sitzen. Denn dort sitzt ein Mensch – wie du und ich. Der Geist der Pflanze manifestiert sich in der zentralen Symmetrie, die unserer menschlichen Physiognomie entspricht. Unser Gehirn spricht unmittelbar darauf an. Im Gehirn ist der Code zur Erkennung von Gesichtern genetisch gespeichert. Zwei Augen links und rechts, dazwischen die Nase und darunter der Mund. Von diesem Ur-Schema hängt unser Überleben ab, um die Mutter zu


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erkennen, die uns nährt und schützt, und um Freund von Feind zu unterscheiden. Luke Browns Pflanzengeist vernetzt Pflanze, Tier und Mensch. Sie alle interagieren miteinander und reagieren aufeinander. Der Geist der Salvia divinorum ist launisch und gefährlich. Er kann bedrohlich sein, aber auch Visionen der Geborgenheit im Kreis des Lebens schenken. Achtsamkeit ist angeraten. Dazu alarmieren die gelben Augen. LSD als Initialzündung Luke Brown, 1976 in der kanadischen Stadt London nahe Toronto geboren, ist Schöpfer vielschichtiger multidimensionaler und visionärer Bildwelten. Viele erkennen darin ihre eigenen psychonautischen Erfahrungen. Unsere Gespräche sowie unsere E-Mail-Korrespondenz erwiesen sich als Glücksfall.

Mit 17 katapultierte ihn LSD in eine dramatisch neue Umlaufbahn. Meist hüllen sich Künstler zur Quelle ihrer Inspirationen in Schweigen, aus gutem Grund. Denn journalistische Kurzschlüsse wirken sich oft genug verheerend auf ihren Marktwert und ihre Existenz aus. Daher sind Luke Browns Einblicke nicht nur freimütig, sondern auch mutig. Die Eltern – ein kanadischer Folksänger und eine Fotografin – förderten seine künstlerische EntCosmicology (2013) wicklung von klein auf. Punkrock, Hip-Hop und Skateboarding waren seine Welt. Er hatte lediglich Zeichnungen ins Notizbuch gekritzelt, aber nie- chen Sitzungen, erkundete er die kreativen Impulse mals an ihre Vollendung oder Vervollkommnung von LSD mit Stift, Farben und Papier. Er wechselte kompletten Artikelihn sindauf in ein derkünstlerisch gedruckten Ausgabe zu lesen: gedacht. Dann, mitDie siebzehn, katapultierte orientiertes College und nutzte ist erhältlich im Pressehandel, in Buch-an undkünstlerischen in Hanfshops und im Lucy’s LSD in eine dramatisch neueRausch Umlaufbahn. das breite Angebot Techniken. «Diese Nacht stellte meine bisherige Identi- Zeichnen Malen, Bildhauerei, Film und oderund als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com tät mitsamt meiner Beziehungen zum Universum Goldschmiede. An der Kunstakademie in Toronto auf den Kopf und enthüllte mir, dass ich ein Künst- absolvierte er eine vierjährige Ausbildung. Seine ler bin. Eine plastische Vision überflutete mich, öff- College-Arbeiten stießen auch kommerziell auf nete schockartig mein drittes Auge und machte Interesse: als Zeichnungen für Magazine, Illustra­ mir meine Lebensbestimmung bewusst. Zufällig tionen von Kinderbüchern und als CD-Cover. «Die hatte ich Malblock und Stifte dabei, und so bannte Ästhetik der psychedelischen Erfahrung in jedes ich akribisch meine inneren Visionen aufs Papier. mögliche künstlerische Medium umzusetzen – das Mein Bruder und seine Freunde waren ziemlich ver- war mein Traum.» blüfft über das, was ich da ausschwitzte.» Nach dem Abschluss der Kunstakademie Diese magische Initialzündung lenkte Luke ging Luke Brown bei einem Tattookünstler in die Browns Leben in neue Bahnen. Allein, in nächtli- Lehre. Im Laufe der Jahre entwickelte er seinen }


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Schoß, das die präzise digitale Umsetzung seiner Visionen ohne physische Strapazen ermöglichte. «Mit digitaler Präzision konnte ich Bilder realisieren, die mich mit herkömmlichen Mitteln Monate

Dem Transformationserlebnis folgten weitere Wunder.

Luke Brown 2014 in Goa

Foto: zvg

eigenen unverwechselbaren und bei einer wachsenden Klientel begehrten Stil. Aber gleichzeitig begannen Schmerzen in Ellbogen und Handgelenk, die bald nicht mehr zu ignorieren waren; sie gefährdeten seine Berufung als Künstler und alles, was ihm lieb und teuer war. Eine in vielfacher Hinsicht schwierige und schmerzhafte Zeit, die ihm jedoch erneut eine tiefe psychedelische Erfahrung bescherte. «Gab es eine Lösung? Welche Antwort hatte ich übersehen? Diese quälenden existentiellen Fragen beherrschten meinen Trip und konfrontierten mich mit allen erdenklichen Ängsten. Schließlich brach die Woge von Schrecken, Furcht und Schmerz über mir zusammen und ich konnte nur noch kapitulieren und mich vollständig ergeben. Und das – so kitschig es klingen mag – setzte einen tiefen spirituellen Befreiungsprozess in Gang. Ich fühlte, wie mir der Quell schöpferischer Inspiration und Kreativität alle Last von den Schultern nahm und mir die Hingabe an die bedingungslose Liebe zum Sein ermöglichte.» Digitale Präzision Kurz darauf deponierte ein Freund seinen Computer mitsamt Flachbildschirm und PhotoshopBildbearbeitungssoftware in Lukes Wohnung. Damit fiel ihm quasi ein technisches Ufo in den

gekostet hätten.» So konnte er seine aus buddhistischen, hermetischen, kabbalistischen und magischen Quellen genährten Visionen überzeugend ins Bild setzen. bannen.Dem Transformationserlebnis folgten weitere Wunder; etwa die Einladung im April 2003 nach Zürich, zur Jubiläums-Ausstellung von 60 Jahren LSD-Erfahrung, an der Seite von Künstlern wie Alex Grey, Robert Venosa und HR Giger, deren Werk und kollegiale Anerkennung ihm viel bedeutet. Diese Einladung ins Geburtsland des LSD, exakt zehn Jahre nach seiner ersten entscheidenden psychedelischen Erfahrung, war für den jungen Künstler eine kosmische Bestätigung. Ebenso das als Blotter-Print genutzte Luke-Brown-Motiv, das ein Fan Albert Hofmann bei der anschließenden Party überreichte. «LSD war vermutlich der verlässlichste psychedelische Stimulus für meine Kreativität, den ich am besten nutzen konnte.» Luke Brown schätzt Peyote, Pilze, Ayahuasca wie auch LSD und DMT als Entheogene – mächtige Pflanzengeister und Wirkstoffe, die in uns göttlich kreative Kräfte entfalten können. Sie ebneten ihm als wahre Kunstlehrer seinen Weg. www.instagram.com/luke_brown_spectraleyes /

CLAUDIA MÜLLER-EBELING ist Ethnologin und Kunsthistorikerin und promovierte über den symbolistischen Maler Odilon Redon. Schamanismus und visionäre Welten sind ihr Schwerpunkt. Sie war im Beirat des interdisziplinären Europäischen Collegiums für Bewusstseinsstudien (ECBS) und publizierte diverse Bücher, unter anderem im Nachtschatten Verlag und im AT Verlag.

www.claudia-mueller-ebeling.de


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Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im

Foxymethoxy (2011)

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Wolfgang Maria Ohlhäuser:

Wasser ist Leben

Harzöllasur und Eitempera, 960 x 675 cm, 1982. Coverbild für die Zeitschrift «Natur»

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Claudia Müller-Ebeling

Ein Wassertropfen schwebt vor einer dunklen Landschaft. Aus der Vogelperspektive erblicken wir eine Welt im Doppelpack. Wie sie ist – und wie sie sein könnte. Doch welche Welt ist real? Die im Wassertropfen – oder die andere?

Fluren, und der idyllische Traum von der belebten Natur ist nur eine Seifenblase? Zum Glück spiegelt Ohlhäuser die belebte Natur eindeutig in einem Wassertropfen (nicht in einer Seifenblase). Das lässt auf belebende Regenschwaden hoffen.

Eine Horizontlinie teilt das Gemälde von Wolfgang Maria Ohlhäuser nahezu mittig in zwei Hälften. Am gewittrigen Abendhimmel brechen letzte Sonnenstrahlen durch regenschwere Wolken und verglühen links im letzten Schimmer am Horizont. Darunter dehnt sich im fahlen Licht eine flussdurchzogene Ebene aus. Eine baum- und buschlose entvölkerte Welt ohne Siedlungen und Lebensspuren. Am unteren Bildrand, unter dem schwebenden Tropfen, wirkt die Erde schrundig und ausgedörrt. Die einzigen erkennbaren Details sind das bleiche Gerippe eines gehörnten Tieres im Vordergrund rechts und zwei weitere undefinierbare Gebilde abgestorbenen Lebens.

Das Gemälde ist repräsentativ für die Kunst, Technik und Weltanschauung von Wolfgang Maria Ohlhäuser. Die bestechende Plastizität und brillante Leuchtkraft der Farben basiert auf einer altmeisterlichen Technik mit selbst angeriebener Eitempera und vielen Lasurschichten von Harz-Ölfarben. Wie berühmte Vorgänger der phantastischen Malerei nutzt der Künstler zufällig entstehende Strukturen bei der Vorbereitung des Malgrundes als Inspirationsquelle. So treten die Wesen seiner Phantasie im meditativen Malprozess ins Bild und bevölkern die visionären Welten, die auf der Staffelei Gestalt annehmen. Die Ausbeutung der Natur und die Sorge um das ökologische Gleichgewicht sind wesentliche Themen von Ohlhäusers Kunst, wie der Wassertropfen bezeugt.

Eine gänzlich andere Welt spiegelt sich im Wassertropfen. Meisterlich detailreich in schillernden Farben schwebt er mit plastischen Lichtreflexen vor der düsteren Szenerie. Ein Lichtblick mit blauem Himmel und glutrotem Sonnenuntergang, der eine idyllische Seenlandschaft in die Ödnis zaubert. Wir sehen grüne Wiesen, blühende Bäume und olivgrüne Zypressen. Ziegelrotes Gemäuer auf Hügeln in der Ferne und rosarot stolzierende Flamingos in der Nähe. Wie im Brennglas konserviert der Wasser­ tropfen die Verdunstung einstiger Vegetation – und somit die Hoffnung auf Leben. Erst jetzt wird uns klar, dass die dunklen Gewitterwolken jenseits der Welt im Wassertropfen keine lebensspendenden Regenschauer entladen werden. Die Strahlenwimpern vom Auge des Himmels künden vielmehr von Apokalypse und lebensvernichtendem Weltuntergang. Warum sonst wäre die Landschaft so grau und leer? Ist die Welt im Wassertropfen unsere reale Gegenwart und die umgebende Szenerie eine düstere Zukunftsmahnung? Oder irren wir durch öde

Wolfgang Maria Ohlhäuser zählt zu den wichtigsten Vertretern der phantastischen Malerei in Deutschland. 1941 in Stuttgart / Bad Cannstatt in ein streng katholisches Elternhaus geboren, wurde der bei BMW vielbeschäftigte Grafiker (mit florierendem Atelier in Mannheim) 1973 in Heidelberg zur Hippiezeit zum freischaffenden Künstler. Psychedelische Erfahrungen befreiten ihn vom Korsett der Konventionen. Visionäre Einblicke stimulieren bis heute sein Leben und Schaffen. In der internationalen Goa- und Rave-Szene ist Ohlhäuser eine Berühmtheit. Kein Wunder, entspricht der liebenswerte Anarchist mit Vollbart und langen weißen Haaren doch dem Urbild vom Künstler und Alt-Hippie. Liebhaber und Käufer seiner Gemälde pilgerten viele Jahre zu jährlichen Ausstellungen im Schloß Langenzell, wo Ohlhäuser bis 2010 wohnte. Heute lebt er in Weinheim an der Bergstraße. Wolfgang Maria Ohlhäuser: www.ohlhaeuser.de www.claudia-mueller-ebeling.de


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«Wir befinden uns in einer

globalen Transformation» Ein Blick ins Musiklabor von Barnim Schultze (Akasha Project)

Markus Berger

U

nter dem Namen Akasha Project produziert Barnim Schultze aus Berlin psychedelische Musik und Audiokunst, die beim Hören psychoaktive Zustände und ein erweitertes Bewusstsein aktivieren können – ein in dieser Form bislang einmaliges Gesamtwerk. Dazu gehören unter anderem molekulare Vertonungen psychedelischer Stoffe und Vertonungen der Himmelskörper unseres Sonnensystems. Er sprach mit Lucy’s über seine Arbeit und den tieferen Sinn, der hinter seinen Werken steckt. Mit Akasha Project machst du eine ganz außergewöhnliche Art von Musik. Welcher Natur ist deine Audiokunst? Was ist deine Intention, was inspiriert dich? Barnim Schultze: Ich würde die Klänge, mit denen ich meine Musik mache, als Wirklichkeitsfrequenzen bezeichnen. Das bedeutet, dass die Intervalle (Tonabstände) in meinen Kompositionen gegenüber der «normalen» gleichschwebenden Stimmung etwas verändert sind. Man nennt diese Stimmung diatonisch-rein. Außerdem liegt jedem Musikstück ein bestimmter, aus der Natur abgeleiteter Stimmton zugrunde – bei Molekülen auch mehrere. Diese harmonikalen Kammertöne sind akustische Hochpotenzen natürlicher Schwingungsphänomene, die sich als Teil der Wirklichkeit unserer direkten Wahrnehmung entziehen. In der alternativen Medizin werden die harmonikalen Kammertöne zu therapeutischen Zwecken eingesetzt – ich mache damit Musik. In psychonautischen Kreisen bist du ins­ besondere wegen deiner Molekular­ vertonungen bekannt, also den musikalischen Umsetzungen von LSD, MDMA, DMT, THC

und anderen Psychoaktiva. Wie kommt eine solche Vertonung zustande? Die Spektralanalyse liefert uns für jedes Molekül eine Anzahl sehr exakter Farbwerte, quasi den Fingerabdruck dieses Moleküls. Diese Farbwerte, gemessen im Nanometerbereich, geben Auskunft über das individuelle Schwingungsverhalten der

«Der Grundansatz meiner Musik ist immer ein psychedelischer.» Elementarteilchen (oder Wellen) eines Stoffes. Farben sind Schwingungen, genau wie Töne, nur viel schneller. Mit der Oktavierungsformel können wir diese Farbwerte in den Hörbereich transponieren und damit hörbar machen. Diese Vertonungen allein sind ja schon in der Lage, den Zuhörer in einen veränderten Bewusstseinszustand zu versetzen. Während des Autofahrens zum Beispiel sollte man deine psychoaktiven Produktionen wohl nicht unbedingt hören ... Bei meiner Arbeit als Akasha Project geht es generell darum, die Wirkung von Frequenzen zu erforschen und einen möglichst potenten Klangwirkstoff zu erzeugen, unabhängig davon, ob dem Stück eine makrokosmische, planetare Frequenz oder ein mikrokosmisches Klangfeld zugrunde liegt. Eine solche Musik ist gemacht, um dich auf eine Reise mitzunehmen – sie ist also kontraproduktiv, wenn es darauf ankommt, konzentriert im Alltagsbewusstsein zu sein.

Foto: AnnaWaffelArt

I N T E RV I E W


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Der Krebsnebel (Sternbild Stier) ist der Überrest einer Supernova.  Foto: NASA

Wie ist es, wenn man eine andere Substanz dazu nimmt und sozusagen mehrfachen Mischkonsum betreibt – gemischte Molekular­ informationen von gemischten Medien? Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Abgesehen davon, dass mein Ehrgeiz natürlich darin besteht, ein substanzanaloges Erleben ohne chemische Intoxikation zu vermitteln, reagiert ja jeder Mensch unterschiedlich auf verschiedene Sub­ stanzen. Ich stelle Frequenzwerkzeuge her, damit Mensch sie ausprobieren kann. Generell gibt es da keine Regeln – oder, wie Hans Cousto immer so schön sagt: «Wenn’s geil ist, ist es geil.» Wenn man beispielsweise die LSD-Vertonung auf MDMA genießt, hat man doch eigentlich einen Candyflip. Barnim lächelt und zwinkert spitzbübisch. Und wie würde es sich auswirken, während des Hörens deiner Mole­ kularvertonungen dieselbe Substanz einzunehmen? Wenn man zum Beispiel LSD schluckt und dann deine LSD-Vertonung erlebt, nimmt dann die Intensi­ tät des Acid-Trips zu? Oder triggert die Vertonung einen schnelleren oder anders­artigen Wirkungsbeginn? Auch das ist höchst individuell. Wir bewegen uns hier ja im Bereich von }


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AKASHA PROJECT

Mitte der 1990er-Jahre Hans Cousto, mit dem mich seitdem eine enge Freundschaft verbindet. Er ist der Schlüsselmacher, denn er gab mir mit der Oktavierungsformel den Schlüssel, den ich so lange suchte. Unsere Arbeitsteilung schaut so aus, dass er mir die Berechnungen liefert und ich dann daraus die Musik bastle. Wie gesagt, ist der Grundansatz meiner Musik immer ein psychedeli-

«Musik als Fahrzeug in ein spezifisches Setting ...»

Barnim Schultze im Studio. Foto: zvg

Feldwirkungen und Resonanzen. Im erweiterten Bewusstseinszustand nimmt ja alles Einfluss auf mich, und wie es sich anfühlt, das sind Resonanzphänomene. Wenn ich mich in einem bestimmten Feld befinde und oktavanaloge Informationen hinzufüge, führt das sicherlich zu einer graduellen Verstärkung. Dies war natürlich schon immer der Sinn von psychedelischer Kunst. Wie ist es um deine eigene Affinität zu Psychedelika und zum psychedelischen Lebensweg bestellt? Ich hatte vor 38 Jahren eine sehr tiefgehende psychedelische Erfahrung, die mir den Anstoß dazu gab, mein Leben der Suche nach anderen Zugängen zu solchen erweiterten Wahrnehmungen zu widmen. Hans Cousto ist der Entdecker der Theorie von der Kosmischen Oktave. Auch mit ihm arbeitest du zusammen. Welche Rolle spielt er bei deinen Planetarvertonungen? Auf meiner Suche nach praktischen Methoden zur Steigerung von Frequenzwirkungen begegnete ich

scher. Das ist unabhängig davon, ob die Musik substanzanalog oder planetar gestimmt ist. Die Planeten spiegeln in ihren Resonanzen archetypische Felder wieder, die dem Psychonauten als Fahrzeug in ein spezifisches Setting dienen. Ich arbeite mit allen Frequenzen der Kosmischen Oktave. Es ist ja nicht so, dass ein Molekül oder ein Planet abgehakt wäre, wenn damit ein Musikstück erstellt ist. Es sind Felder, die dem Musiker ein bestimmtes Wirkungsfeld eröffnen: Wonach ist mir heute … ein wenig Venusschwingen ... oder mit dem Pluto weit hinaus und tief hinein ins kollektive Unbewusste? Mit dem Sonnenton über die Grenze in ein anderes Universum oder spüren, wie die Obertöne im LSD-Feld interagieren? Wie funktioniert so eine Vertonung von Himmelskörpern? Während wir bei den Molekülen sehr schnelle Farbschwingungen haben, die wir durch Teilen in den Hörbereich transponieren, sind die Umlaufbahnen und Eigenrotationen der planetaren Himmelskörper sehr langsame Intervalle. Diese werden in ihrer Frequenz so oft verdoppelt, bis wir einen deutlich wahrnehmbaren Ton im Hörbereich finden. Als kleines Beispiel die Berechnungen zum Erdenjahr: 365,24219 Tage = 31556925,54 Sekunden. Bilden wir aus der Sekundenzahl den Kehrwert, erhalten wir eine Hertz-Zahl, da Hertz (Hz) Schwingungen pro Sekunde bedeutet. Der Kehrwert von 31556925,54 Sekunden ist 0,00000003168 Hz. Wenn wir diesen Wert 25-mal oktavieren (also verdoppeln) finden wir eine Rhythmusgeschwindigkeit, gemessen in Schlägen pro Minute, nämlich 63,80 bpm (beats per minute) .Verdoppeln wir weiter, erhalten wir in der 32. Oktave einen Ton Cis mit 136,10 Hz.


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Die Akustik in einer Kirche ist optimal für Gigs von Akasha Project.  Foto: Bernd Hoffmann

Treiben wir dieses Spiel weiter, finden wir in der 74. Oktave wieder eine Farbe – in diesem Fall ein Blau/Grün mit einer Schwingung von 500,837 Nanometern Wellenlänge.

wider. Die zwei Seiten unserer Wirklichkeit: das Außen und das Innen, das Oben und das Unten.

Für die Finanzierung hattest du im Dezember 2015 eine Crowdfunding-Aktion initiiert. Das ist ja mehr als spannend. Was habt ihr Wenn man unabhängig und frei seine Produktiosonst noch gemeinsam realisiert? nen auf professionellem Niveau veröffentlichen Ganz besondere Highlights sind für mich immer möchte, ist Crowdfunding eine tolle Möglichkeit. Die kompletten sindVorausgesetzt, in der gedruckten Ausgabe zu lesen: wieder die gemeinsamen Auftritte mit Artikel Hans, wie man hat liebe Freunde, die es nicht erhältlich in Buchin Hanfshops und imlang Rausch istzum zum Beispiel 2014 aufLucy’s dem Symposium 30-jäh-im Pressehandel, krumm nehmen, wennund man sie einen Monat rigen Bestehen des Versand Nachtschatten Verlags (auf nervt. Ich habe für mein Projekt, das bis Silvester oder als Abo mit Langzeitwirkung über www.lucys-magazin.com DVD beim Verlag erhältlich) in Solothurn oder im 2015 lief, unglaublich tolle Unterstützung auf Facevergangenen Jahr auf dem New Healing Festival. book bekommen. Meine Freunde dort haben geteilt und geteilt und geteilt, und so wurde die Aktion ein Jetzt ist gerade eine neue Doppel-CD heraus­ Erfolg. Und für mich wurde es ein sehr arbeitsreigekommen. Was ist das für ein Werk und was cher Start ins neue Jahr. ist das Thema der Produktion? Die gerade eben veröffentlichte Akasha-Project-­ Du bist sehr häufig live zu sehen. Gibt es für Produktion Spheres spiegelt auf zwei CDs sowohl dieses Jahr eine Art Programmplan? Wo kann eine Reise in den Makrokosmos der planetaren man eine Session von dir erleben? Schwingungsräume (Outside) als auch eine Reise Am 17. Juni werde ich in der großen Katharinentief in die Quantenmusik der Materie (Inside) Kirche in Braunschweig das Release-Konzert zu }


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AKASHA PROJECT

entschieden – das andere wäre ja auch nur dumm –, dann wird alles, was ich tue, Teil der großen Bewegung, welche die Dinge gut machen will. Unsere Wirklichkeit wurzelt ja in der Dualität: kalt – heiß, hell – dunkel, Freude – Schmerz usw. Ich sehe die Welt grundsätzlich auf einem Weg hin zur Verfeinerung. Rückschritte sind nicht ausgeschlossen. Ich versuche, das Leben sportlich zu nehmen und meinen internen Kompass zum Licht hin auszurichten. Ja, ich denke, wir befinden uns auf einem guten Weg. Cover der Doppel-CD Spheres

Psychedelika können uns bei der Umkehr helfen; in Zeiten der Drogenprohibition ist Spheres geben; kurz vorher, am 2. Juni, spiele ich im das allerdings mit großen Schwierigkeiten Braunschweiger Lindenhoftheater und danach, zur verbunden. Du aber kannst den Menschen die Sonnenwende, ist etwas im Salzheilstollen in psychedelische Erfahrung auf legalem Weg Berchtesgaden geplant. Im August bin ich auf dem nahebringen. Hat deine Musik die Kraft, New Healing Festival, am 2. Oktober an Anantos eine wie auch immer geartete Bewusstseins­ Mystic Rose Party im Berliner KitKat Club. erweiterung zu bewirken? Und am 22. Oktober spiele ich im KaiDu Ball- Musik war schon immer ein hochwirksames Mittel room in Lützelhausen in der Nähe von Frankfurt. zur Bewusstseinstransformation – jede Musik zu Das ist zwar ziemlich in der Pampa, dafür ist der ihrer Zeit und weit darüber hinaus. Mein Anliegen Ballroom ein unglaublich geiler Raum mit vielen ist es, bewusst Klänge zu schaffen, die die WahrSofas und Sesseln und einer ganz feinen Rund­ nehmung verändern und verfeinern. Die Wissenumbeschallung. Also ein echter Psychonauten-­ schaft der Harmonik ist weit mehr als Musik, auch Tempel – ein Geheimtipp. weil sie aufzeigt, dass harmonikale Gesetze und damit musikalische Intervalle die Grundlage der Wie erlebst du als sensibler Musiker die Matrix unserer Wirklichkeit bilden und damit derzeitige globale Lage? Es werden unzählige grundsätzlich wirksam sind. Kriege geführt, Menschen sterben auf der Flucht vor Gewalt, uralte schamanische Entheogene werden systematisch entheiligt und der Terrorismus ist omnipräsent. Wie weit ist die Menschheit auf dem Weg zum dringend BARNIM SCHULTZE (*1963) aus Berlin, unter dem notwendigen Bewusstseinswandel? Künstlernamen Akasha Project seit Mitte der AchtzigerWir befinden uns in einer globalen Transformation. jahre Beschäftigung mit elektronischen Klängen und Quantenphysik, Computer, Internet und psychedeRhythmen und deren Wirkung auf unser Bewusstsein. Seit lische Erfahrungen mehrerer Generationen sowie 1992 freiberufliche Tätigkeit als Komponist, Musiker und die wiederentdeckten Wissensschätze indigener Musikproduzent im Bereich der elektronischen Musik. Seit Völker haben uns die Informationen für einen Para1995 Zusammenarbeit mit dem Mathematiker und digmenwechsel – eine neue Wahrnehmung und Musiktheoretiker Hans Cousto. Seit 1998 VeröffentlichunInterpretation der Wirklichkeit – geliefert. Das alte gen auf verschiedenen Labels. Seitdem zahlreiche Weltbild, das sich inzwischen weit von jeglicher Livekonzerte, Vorträge und CD-Produktionen zum Thema Vernunft und gesundem Menschenverstand entKosmische Oktave. fernt hat, knirscht an allen Ecken und Enden. Komplette Diskografie unter Wir alle sind Evolutionsagenten auf dem Weg, http://akashaproject.de/htmlde/musik.html ein glückliches kosmisches Wesen zu werden. Habe Immer wieder neue Musik und Aufnahmen von ich diesen evolutionären Gedanken verstanden Livekonzerten auf www.akashaproject.bandcamp.com und mich bewusst für die helle Seite der Macht


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Die Kraft der Pflanzen wird seit Menschengedenken genutzt, um zu heilen und Wohlgefühl zu erzeugen. Sensatonics versteht sich als Mittler zwischen Mensch und Pflanzengeist – wir möchten die Sinne öffnen für den Reichtum der Natur und dem modernen Menschen diesen Schatz näher bringen. WEB: EMAIL: TEL.:

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Global Marijuana March 2015 in Frankfurt.  Foto: Michael Schick

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Schluss mit Krimi.

Cannabis normal! Modelle zur Regulierung von Cannabis

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Maximilian Plenert

ie heutige Drogenpolitik steckt im Gedankengefängnis der Prohibition als allgemein akzeptierter Form des Umgangs mit Drogen fest. Die Erfolglosigkeit des «War on Drugs» sowie seine gravierenden Nebenwirkungen haben ein globales Umdenken in der Drogenpolitik eingeleitet. Mit dem Bericht der Global Commission on Drug Policy 2011 kam das Thema nach Jahrzehnten des Stillstands auf die Tagesordnung der Weltpolitik. Immer mehr bedeutende Stimmen aus Politik und Fachwelt fordern Reformen und alternative Regulierungsmodelle für den Umgang mit Drogen. Mit Uruguay hat 2013 die erste Nation weltweit Cannabis legalisiert. Den Vorreitern im Heimatland der Prohibition, im Jahr 2012 Colorado und Washington, folgten 2014 Alaska, Oregon und Washington DC. Und dies war sicherlich nicht das Ende der Re-Legalisierungswelle in den USA. Mit diesen neuen Ansätzen in Amerika, aber auch mit Erfahrungswerten aus Ländern wie Portugal und den Niederlanden stehen evidenzbasierte Ansätze für eine alternative Cannabispolitik zur Verfügung. Leider finden die Empfehlungen der Fachwelt in Deutschland noch kaum Gehör. Anstelle einer erwachsenen Drogenpolitik gibt es nur trotzige Durchhalteparolen von den Regierungsoffiziellen. Wir haben es hierbei mit einem Drogenpolitikproblem zu tun. Drogen werden von der Politik missbraucht, und statt Gesundheit zu fördern und Schäden zu mindern, führt die heutige Politik zu einer «Harm Production». Aber auch in

Deutschland ist ein Wandel in den Medien und in den Köpfen der Bevölkerung spürbar. Auch wenn die Regierung und die Volksparteien die Zeichen der Zeit noch nicht erkennen wollen, formiert sich von unten, in Politik und Fachwelt, eine breite Opposition gegen den Status Quo. Und vieles, was für Cannabis gilt, gilt ebenso für die anderen illegalisierten Drogen – auch wenn Wissen und Diskussion hier leider noch nicht so weit sind. Legalisierung = Regulierung + Normalisierung Die Forderung nach einer Legalisierung von Drogen wie Cannabis meint die Regulierung des bestehenden völlig freien Schwarzmarkts und einer Transformation in einen kontrollierten Markt für Erwachsene. Eine Regulierung des Markts für potentiell gefährliche Produkte wie Medikamente, Waffen und Nahrungsmittel ist die Norm. Hierfür Regeln für Verbraucher- und Jugendschutz zu erstellen, ist eine Aufgabe der Regierung. Auch Verhaltensweisen wie das Rauchen werden reguliert. Nach einer mehr oder weniger objektiven Güterabwägung wird ein klarer Rahmen gesetzt; verboten sind nur Aktivitäten außerhalb dieses Rahmens. Dass der Staat stattdessen jede Kontrolle aufgibt und das Produkt komplett verbietet, ist die Ausnahme. Ein illegaler Markt beispielsweise für Cannabis ist ein freier Markt; diese Freigabe kann man in jeder Großstadt beobachten. Solche unregulierten Strukturen unterscheiden sich grundlegend von der Normalität. Gewalt ersetzt Rechtsstaat, }


52  CANNABIS NORMAL

Links: Coffeeshop in Amsterdam. Rechts: Medicine Man Dispensary in Denver, Colorado.

der Staat wird zum Feind etc. Im Fall der Prohibition sind die Auswirkungen dieser Politik so schwerwiegend, dass hier von einem radikalen, vielleicht von einem der radikalsten Experimente der letzten hundert Jahre zu sprechen ist. Aktuelle Erkenntnisse • Das niederländische Modell zeigt trotz aller Schwächen seit Jahrzehnten, dass ein geduldeter Einzelhandel mit Cannabis möglich ist, ohne dass mit gravierenden Folgen zu rechnen ist. • Als Nebeneffekt wurde durch die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel auch der Zugang zu Cannabis als Medizin erweitert. Colorado hat wie viele andere US-Staaten eine kurze Positivliste mit Diagnosen als Zugangsvoraussetzung für Cannabis als Medizin. Zu den Konsumentenzahlen liegen bisher nur wenige Daten vor, hier wird es noch eine Weile dauern, bis gute Daten vorliegen. Die bisherigen Erhebungen zeigen keinen Anstieg des Konsums. • Das Modell zur Legalisierung von Cannabis sowie dessen konkrete Umsetzung im US-Bundesstaat Washington zeigt, wie man es nicht machen sollte. Die staatlichen Stellen hatten keine praktischen Erfahrungen mit Cannabis. Der Verkauf begann mit erheblichen Verzögerungen. Durch viel Bürokratie, hohe Steuern und wenig Konsumentenorientierung besteht dort der Schwarz-

markt weiter. Auch gab es keine Transformation des Illegalen ins Legale. Damit wurden Erfahrungen nicht genutzt und Menschen in der Illegalität gehalten. Da in Washington der Eigenanbau nicht erlaubt ist, gibt es auch keine Konkurrenz zur staatlichen Regulierung und zum Markt. Generell ist anzumerken, dass bei einer Legalisierung durchaus mit einer Erhöhung der Konsumentenzahlen gerechnet werden muss. Die Ursache hierfür sind ehrlichere Antworten bei den

Das Drogenpolitikproblem zeigt sich in der Weigerung, die Folgen dieser Politik abzuschätzen. entsprechenden Umfragen. Die Illegalität führt hier zum gleichen Effekt, der aus der Wahlforschung hinsichtlich der Wahl rechtsradikaler Parteien bekannt ist: Je aktueller der Konsum, je geächteter die Droge und je größer die Angst vor Überwachung und Strafe, desto eher wird ein Konsum verneint. Der wichtigste Punkt in der Bilanz von Colorado ist jedoch das Ausbleiben von gravierenden


Fotos: Public Domain, Blaine Harrington III / alamy.com

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unerwarteten Nebenwirkungen. Es gibt einen Nachjustierungsbedarf bei sehr potentem «essbarem THC» und Überlegungen, dem beobachteten Preiszerfall mit Steuern entgegenzutreten. Hunde und Katzen regnet es nicht. Der Blick in andere Länder zeigt, wie unterschiedlich und bedeutsam die Ausgangslagen sein können. In Colorado gab es ein bestehendes, großes «Cannabis als Medizin»-System und darüber eine Normalisierung. In Washington war das «Cannabis als Medizin»-System weitaus kleiner und enger gefasst. In Uruguay gab es gar keine Erfahrungen; die notwendigen Pionierarbeiten führten zu erheblichen Verzögerungen. In Deutschland gibt es eine Infrastruktur für die Beschaffung über das eingeschränkte, aber existierende «Cannabis als Medizin»-System. Unser funktionierender Rechtsstaat und das Hilfe- und Sozialsystem liefern ebenfalls gute Voraussetzungen, die andere Länder nicht haben. Das Drogenpolitikproblem In Deutschland werden diese Fakten noch weitgehend ignoriert, zu hoch sind die Mauern des Gedankengefängnisses der Prohibitionspolitik. Exemplarisch zeigte sich dies in einem Interview der Apotheken Umschau mit der Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler:

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gesteckt; die notwendige psychosoziale Gesamtbetrachtung fällt aus und verhindert somit die Lösung der Ursachen der Probleme, die meist nichts mit den konsumierten Substanzen alleine zu tun haben. Probleme wie Psychosen werden im

Die Politik versteckt sich in einem Gedankengefängnis. Drogenkontext von der Politik instrumentalisiert. Das Interesse an diesem Problem in seiner Gesamtheit, bei der Drogen auch indirekt nur eine kleine Rolle spielen, fällt – vermutlich auch deswegen – eher gering aus. Die Politik fördert Modellversuche ohne Fortsetzung und praktiziert medienreifen Aktionismus, anstatt eine gut finanzierte, flächendeckende Regelversorgung von Prävention und Therapie sicherzustellen. Die Kriminalisierung von Konsumenten und die Schäden durch den Schwarzmarkt nimmt man billigend in Kauf. Die Politik versteckt sich in einem Gedankengefängnis aus logischen Brüchen, Zirkelschlüssen und Glaubenssätzen. 1. Einstiegsdrogenthese Diese These ist nicht nur fachlich unhaltbar, auch ihre Bedeutung als Drogenpolitikproblem wurde bereits 1993 in einer Veröffentlichung des BKA beschrieben: «Die Einstiegsthese wird gern im politischen Raum vorgetragen, um die Gefährlichkeit von Cannabisprodukten nachvollziehbar zu machen, und dies gilt, obwohl sie mehr als dreißig Jahre in der Fachwelt kritisiert und heute von Fachleuten einhellig als empirisch unbestätigt zurückgewiesen wird.»

Würden ein generelles Werbeverbot und ein einheitlich hoher Steuersatz auf alkoholische Getränke den Problemen nicht besser vorbeugen? Mortler: Glauben Sie, Ihr Kind sagt, wenn Sie ihm alles verbieten: «Ja, Mama, du hast recht»? Unser Land will und kann kein Verbotsstaat sein. Kinder und Jugendliche müssen überzeugt werden – durch Aufklärung und Vorbilder. Cannabis ist aber verboten, und da glaubt man an den Erfolg. Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: Kleiber/Soellner: Cannabiskonsum: Entwicklungstendenzen, Mortler: Cannabis ist eine illegale Droge. Konsummuster und Risiken. Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im www.cannabislegal.de/studien/kleiberstudiezusammen.htm Das Drogenpolitikproblem sich in dieoder als Abo mit Langzeitwirkung Versand überzeigt www.lucys-magazin.com sem Mangel an Kohärenz ebenso wie in der Weige- «Anlass für eine Mythenbildung sind jedoch rung, die Folgen dieser Politik abzuschätzen. Es nicht nur Forschungsdefizite, sondern auch herrscht eine selektive Wahrnehmung, und die das Ignorieren vorhandener ForschungsergebPolitik basiert auf Glaubenssätzen anstelle von Evinisse bei der eigenen Meinungsbildung. Ein denz. Eine Beteiligung der Fachwelt ist unergutes Beispiel hierfür bietet die sogenannte wünscht oder wird lediglich inszeniert. Im Kern ‚Einstiegstheorie’.» herrscht weiterhin eine schädliche Fixierung aus Forschungsreihe I: Freigabe von Drogen: Pro und Contra. BKA, 1993. Abstinenz und Schizophrenie in Bezug auf illegale versus legale Drogen. Probleme bestimmter Grup- 2. Unkontrollierter und erhöhter THC-Gehalt pen von Drogenkonsumenten werden mit einem Dies ist ein Musterbeispiel für einen der monokausalen Substanzdenken in Schubladen Zirkelschlüsse der Prohibitionisten. Eine }


54  CANNABIS NORMAL

Folge des Verbots und des damit unregulierten Markts kann schwerlich als Begründung für das Verbot herhalten. 3. Streckmittel machen Cannabis gefähr­ licher Auch dies kann wohl kaum ein Argument für das Verbot sein, immerhin ist das Phänomen des verschnittenen Cannabis eines der Resultate der derzeitigen repressiven Drogenpolitik. Könnten Liebhaber und Patienten ihr Cannabis in einem entsprechenden Fachgeschäft kaufen, wie es zum Beispiel im US-amerikanischen Colorado der Fall ist, würde sich auch das Problem der Streckmittel in Hanfharz und -blüten erübrigen. 4. Jugendschutz Der Begriff Jugendschutz erfährt hier eine besondere Perversion. Während Jugendschutz eigentlich eine Regulierung des Markts und meist ordnungsrechtliche Bestrafung derjenigen bedeutet, welche die Jugend gefährden, ist durch das Drogenverbot die zu schützende Gruppe selbst das Ziel einer strafrechtlichen Verfolgung. 5. Am Ende bleibt nur das «falsche Signal» Welches Signal die irrationale Drogenpolitik an Jugendliche sendet, die wegen eines Joints die Polizei am Hals haben, während Papa säuft und Mama raucht, geht der Politik leider nicht auf. Eine erschreckende Bilanz Die Effekte des Drogenpolitikproblems zeigen sich in einer erschreckenden Bilanz, in der die Schäden der Politik diejenigen der Drogen selbst übersteigen. Bewährte Hilfsangebote werden von der Politik blockiert; trotz langjähriger Erfahrungen zur lebensrettenden Wirkung von Drogenkonsumräumen gibt es in 10 von 16 Bundesländern keine solchen Räume. Die Substitutionsbehandlung ist medizinisch der Goldstandard bei Abhängigkeitserkrankungen, trotzdem wird diese Kassenleistung im Gefängnis nicht angeboten. Hilfe und Prävention sind unterfinanziert, 70 Prozent der staatlichen Ausgaben im Bereich illegale Drogen gehen in die Repression. Die repressive Klammer schränkt Hilfe ein – wer Drugchecking anbieten möchte, braucht Beratung von Strafrechtlern. Das Thema unterliegt einer (Selbst-)Zensur und Tabuisierung, bei Eltern, Lehrern, Politikern und Helfern. Die erheblichen Einschränkungen bei Cannabis als

Medizin sind ein weiterer «Kollateralschaden». Die Schicksale hinter den Zahlen der «polizeilichen Kriminalstatistik» stapeln sich zu einem gewaltigen Berg an Unrecht. Das Drogenverbot bedeutet Überwachung, Stigmatisierung und den Verlust von Führerschein, Wohnung, Job, Sorgerecht – und damit die Zerstörung von Existenzen. Das Signal dieser Politik? Glaubwürdigkeitsverlust! Ausgangslage für eine neue Drogenpolitik Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland findet noch keine Mehrheit in der Bevölkerung. Gleichzeitig halten vier von fünf Bürgern den Krieg gegen die Drogen für nicht erfolgreich. Noch

Das Drogenverbot bedeutet Stigmatisierung, Überwachung und die Zerstörung von Existenzen. scheut man sich, aus dem augenscheinlichen Versagen der heutigen Politik die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Trotz der weltweiten Diskussion hat sich die Situation in Deutschland eher verschärft. Die traurigen Höhepunkte: In Burghausen erschoss die Polizei im Juli 2014 den unbewaffneten mutmaßlichen Cannabishändler André B., und im Januar 2015 starb der Cannabispatient Robert Strauss, nachdem die Polizei trotz Ausnahmegenehmigung sein Cannabis beschlagnahmt hatte. Weiterhin fließen 70 Prozent des finanziellen Engagements des Staates im Bereich illegale Drogen in repressive Maßnahmen. Seit Jahren steigt die Zahl der Strafanzeigen bei den «allgemeinen Verstößen». Die polizeiliche Kriminalstatistik 2013 nennt eine Steigerung um 9 Prozent, 2014 waren es nochmals 10 Prozent. Der Anteil der Strafanzeigen gegen Cannabiskonsumenten an der gesamten «Rauschgiftkriminalität» steigt seit 2007. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sowie einzelne Vertreter der Polizeigewerkschaften fordern inzwischen offen eine Entkriminalisierung von Konsumenten und eine Überprüfung der Drogenpolitik beispielsweise durch eine Enquête-Kommission des Bundestages. Auch die Ökonomen äußern sich endlich und präsentieren in der Wirtschaftswoche ihr «Plädoyer


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für die Cannabis-Freigabe – Haschisch für alle». Unabhängig davon, aber zeitnah, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Joachim Pfeiffer, gemeinsam mit Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen): «Nur ein regulierter Markt für Cannabis kann organisierte Kriminalität wirksam bekämpfen.» Die Kritiker eint die zentrale Forderung nach einer Abschätzung der Folgen der aktuellen Politik. Wie wirksam ist das Gesetz, und welche Nebenfolgen/Gegenwirkungen hat es? Diese Frage wurde durch eine Initiative von 120 Strafrechtsprofessoren, angeführt von Lorenz Böllinger, Sprecher des Schildower Kreises, auf die drogenpolitische Agenda gesetzt. In einer Resolution an den Bundestag fordern sie eine wissenschaftliche Evaluation der Drogenpolitik, insbesondere der Nebenwirkungen der Prohibition. Grundlagen für eine neue Debatte Für eine neue Drogenpolitik können folgende Thesen ein gemeinsamer Ausgangspunkt sein: Auf der Berliner Hanfparade 2011.  Foto: dpa /Keystone • Drogenkonsum birgt ein gewisses Risiko, er existiert – unabhängig davon, was wir davon halten. • Drogenpolitik sollte nachweislich effektiv, sondern stellt ein sicherlich noch nicht perfektes, ihr Geld wert und realitätstauglich aber im Wesentlichen vollständiges Gesetzeswerk sowie flexibel sein. Sie sollte versuchen, dar. Er regelt alles vom Anbau bis zum Einzelhandel Schäden zu mindern und in erster Linie sowie den Bereich Steuern und den Straßenverkehr. Gesundheitspolitik sein. Damit ist der Entwurf eine detaillierte und wert• Es ist nicht belegt, dass das selektive Drogenvolle Diskussionsgrundlage für eine hoffentlich verbot schützt und Konsum verhindert. fruchtbare Debatte. • Das Verbot schafft einen unkontrollier­Nach Jahrzehnten angsterfüllter Debatte baren Schwarzmarkt und macht Drogen und einer Drogenpolitik unter dem Zeichen der gefähr­licher. «Drogenangst» lautet mein Aufruf: Die Legalisie• Das Verbot bindet Ressourcen und rung ist eine Chance für alle Beteiligten!  Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: verhindert glaubwürdige Prävention sowie spezifische Hilfe.Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im • Das Verbot schadet dem über Gemeinwohl Versand www.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung MAXIMILIAN PLENERT arbeitet als wissenschaft(Kriminalität, Kosten etc.). licher Mitarbeiter beim Deutschen Hanfverband • Wir haben Fakten zu den Auswirkungen und ist seit mehr als 10 Jahren im Bereich Drogeneiner Legalisierung, wir brauchen keine politik aktiv. Er ist Mitglied im Schildower Kreis und Spekulationen mehr! im Vorstand von akzept sowie Mitherausgeber des

Eine konkrete Grundlage für die weitere Diskussion über Cannabis bietet der Entwurf eines «Cannabiskontrollgesetzes». Diesen brachte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Antrag: Drucksache 18/4204 in den Bundestag ein. Er beschränkt sich nicht, wie sonst üblich, auf einige Forderungen,

Alternativen Drogen- und Suchtberichts. Zuletzt ver­öffentlichte er mit Prof. Heino Stöver die Broschüre Entkriminalisierung und Regulierung – Evidenzbasierte Modelle für einen alternativen Umgang mit Drogenhandel und -konsum im Auftrag der FriedrichEbert-Stiftung. alternative-drogenpolitik.de


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Mondgras Marihuana-Anbau im Rhythmus des Mondkalenders TEXT

Fotos: Fotolia, Blausen Medical / CC BY 3.0; Montage: Lucy‘s

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Alice Legit

W

as genau ist «Mondgras»? Dabei handelt es sich um Marihuana, das im Einklang mit den Rhythmen des Mondes gezogen und produziert wurde. Dabei werden die Zeitpunkte des Aussäens, des Schneidens von Stecklingen, der Gieß- und Düngetage und vieles mehr auf den Stand des Mondes in den Tierkreis­ zeichen sowie auf die Sonne-Mond-Erde-Konstellation abgestimmt. Um Cannabis biologisch zu erzeugen, ist das Arbeiten mit dem Mond selbstverständlich keine Grundvoraussetzung, gleichzeitig kann jedoch auch Mondgras produziert werden, ohne dabei biologisch zu arbeiten. Meiner Erfahrung nach hat sich eine Kombination aus beiden – also die Erzeugung von biologischem Mondgras – qualitativ wie auch quantitativ am besten bewährt.

unzählige Menschen den Aussaatkalender nach Maria Thun ganz selbstverständlich. Dieses Wissen ging jedoch im letzten Jahrhundert aufgrund zweier Tatsachen beinahe verloren: 1.

Das Wissen um die Auswirkungen des Mondstandes war so alltäglich, dass es kaum schriftliche Zusammenfassungen, Auflistungen oder ähnliches gibt. Nur Mondkalender sind aus vielen verschiedenen Kulturen der Welt bekannt.

2. Die Industrie hat in den letzten hundert Jahren aktiv daran gearbeitet, den Einfluss des Mondes auf unser Leben zu diskreditieren – der (Mehr-)Verkauf von Düngemitteln und Pestiziden, Medikamenten, Hautcremes, Haarwuchsmitteln usw. ist lukrativer, als den Menschen ein Werkzeug in die Hand zu legen, mit dem sie sich selbst helfen können.

Der Mondeinfluss - ein Mythos? Über Jahrhunderte ist es für den Menschen ganz selbstverständlich gewesen, sein Leben nach den Mondrhythmen zu richten. Man wählte den Zeitpunkt für Gartenarbeiten, wie zum Beispiel das Aussäen von Pflanzen und das Beschneiden von Bäumen, genauso nach dem Stand des Mondes in den Tierkreiszeichen aus, wie auch jenen für alltägliche Haushaltsarbeiten (vom Brotbacken bis zum Fensterputzen), Pflegemaßnahmen für den Körper (Haare und Nägel schneiden, Entschlackungskuren etc.) und für große Veränderungen (Umzüge, Brunnensetzung, Hausbau). Noch heute verwenden

Zwar ist der Einfluss des Mondes auf über 800 Tierarten bereits wissenschaftlich nachgewiesen worden – und auch, dass sich der Menstruationszyklus im Allgemeinen an den 28-Tages-Rhythmus des Mondes hält. Dass Ebbe und Flut sowie viele andere Naturschauspiele durch den Erdtrabanten beeinflusst werden, ist heute genauso unbestritten. Doch Studien, die solche Auswirkungen auf den Menschen untersuchen, lassen keinen klaren Schluss zu: Manche belegen den Einfluss des Mondes, andere widerlegen ihn. Ich traue jedoch weder Statistiken noch Studien: Ich höre }


58  MONDGRAS

mir lieber Erfahrungsberichte anderer an und probiere es selbst aus! So waren es •

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Pflanzen entweder nur einen Bruchteil der zugeführten Düngermenge aufnehmen oder das

ein Holzbauer, der mir erzählt hat, dass bei

Düngemittel wirkt dermaßen intensiv, dass die

aufsteigendem Mond gefälltes Holz deutlich feuchter ist als bei absteigendem und die Baumstümpfe anschließend «weinen» (die Wurzeln

Blätter und Blüten zu «Verbrennungen» neigen. •

rinnt schnell durch die Erde und schwemmt sie

Schnittstelle austritt)

dabei aus, ohne dass sie Wasser aufnehmen

eine Bäckerin, die meinte, sie würde NIE an

können. Außerdem fördert der falsche Gießzeit-

Fisch-Tagen Brot backen •

punkt das Aufkommen von Schädlingen! Wird

ein Bio-Imker, der jeden Eingriff in seine Bienen-

jedoch zum richtigen Zeitpunkt gegossen oder

stöcke nach dem Mond plant •

gedüngt, nehmen die Pflanzen Wasser und die

eine Friseurin, die beklagte, dass sie montags arbei-

enthaltenen Nährstoffe direkt auf und setzen es

ten müsse, wo dies doch der schlechteste Tag wäre, um Haare zu schneiden •

ein Bauer, der davon berichtete, dass alle Demeter-

Zum falschen Zeitpunkt gegossen, können die Pflanzen das Wasser nicht richtig aufnehmen, es

pumpen weiter Wasser nach oben, welches an der •

Zum falschen Zeitpunkt gedüngt, können die

optimal in (Blüten-)Wachstum um. •

Zum richtigen Zeitpunkt umgetopft und in die Blühphase umgestellt, wird zunächst das Wurzel-

Bauern nach den Mondregeln arbeiten.

und anschließend das Blütenwachstum unterstützt. •

Werden die Ableger zum richtigen Zeitpunkt

Ein Grund, weshalb die Wirkkraft des Mondes geschnitten und gesteckt, wachsen deutlich mehr heute stark angezweifelt wird, ist die Tatsache, dass Stecklinge an als an «schlechten» Tagen. Mein man nicht erklären kann, weshalb der Erdtrabant erster Mond-Versuch: 58 von 60 Stecklingen haben eine derartige Wirkung auf das Leben auf unserem es zum richtigen Zeitpunkt geschafft, beim Planeten hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es Gegenversuch am ungünstigsten Tag waren es nur keinen Einfluss gibt, sondern nur, dass unsere Wis36 von 60, die zu verwendbaren Pflanzen heran­ senschaft bis heute keine Erklärung gefunden hat. gewachsen sind! Genauso, wie erst der wissenschaftliche Beweis von Kopernikus dazu geführt hatte, dass sich das helio- Wird der gesamte Anbau an die Mondphasen an­ zentrische gegen das geozentrische Weltbild durch- gepasst, ist der Effekt überwältigend: setzen konnte. Nur weil wir etwas nicht verstehen, • Die Düngemenge wird um ein Drittel reduziert. bedeutet das nicht, dass es nicht existent ist! • Der Wasserverbrauch kann ebenfalls Auf die Frage, warum sich eine Maßnahme um ein Drittel verringert werden. an einem Tag positiv und bereits am nächsten Tag • Signifikant mehr Stecklinge entwickeln Wurzeln negativ auswirken soll, gibt es heute jedoch eine und wachsen an. Antwort: Es geht um den Zeitpunkt der Informa• Der Schädlingsdruck vermindert sich deutlich. tionsweitergabe. Dass Informationen auf vielfältige • Die Erntemenge kann trotz verringertem Dieistkompletten Art weitergegeben werden können, spätestens Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: Ressourcenverbrauch etwas gesteigert werden. Lucy’s seit den wissenschaftlichen Arbeiten desRausch Elektro-ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und technikers Erich Körbler (1938–1994) Dieswww.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung im bekannt. Versand über geschieht auch durch Berührungen. Daher hat ein Bei diesem Text handelt spezifischer Kontakt (Handlung, Maßnahme), der es sich um einen nichts anderes ist als die Weitergabe einer bestimmAuszug aus dem Buch ten Information, an einem Tag einen positiven, am Bio-Grow. Biologischer nächsten Tag vielleicht schon einen negativen Indoor-Cannabisanbau im Einklang mit MondEffekt. Effekte im Marihuana-Anbau Welchen Einfluss hat nun aber der Mond beim Marihuana-Anbau in der Praxis? Wo kann man Unterschiede erkennen? Hier ein paar Beispiele:

und Naturrhythmen von Alice Legit. Der Band ist soeben im Nachtschatten Verlag erschienen. ISBN 978-3-03788-392-1


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Nachtschatten-Autoren erzählen ihre persönlichen Erfahrungen mit Nachtschattengewächsen Was ist ein ethnobotanischer Orgasmus? Wieviel Erotik verspricht das Bilsenkraut zu entflammen? Kann der Duft der Engelstrompete meditative Zustände erwecken? Und wie psychedelisch sind eigentlich Tomaten? Das alles und mehr zu den Erfahrungen mit unterschiedlichen Nachtschattengewächsen verraten Autoren des Nachtschatten Verlages. Mit Beiträgen von Wolf-Dieter Storl, Christian Rätsch,

Psychedelische Tomaten

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Der Schamanengarten Psychedelische Über die Anzucht und Verwendung Tomaten geistbewegender Ritualpflanzen ISBN 978-3-03788-379-2 ca. 250 Seiten, Format 18,5 x 24,5 cm, mit Farbbildern und Illustrationen, Pappband

und andere Geschichten aus dem Schatten der Nacht ISBN 978-3-03788-340-2 160 Seiten, Format 14 x 21 cm, Broschur

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Wenn Gras wie von selbst blüht

Die Wiederentdeckung von Cannabis ruderalis TEXT

C

Michael Knodt

annabis sativa und Cannabis indica sind zweihäusige Pflanzen; lediglich die weiblichen Pflanzen produzieren nennenswerte Mengen psychoaktiver Cannabinoide wie Delta-9THC, Delta-8-THC oder THCV. Mit der Wiederentdeckung der Cannabiskultur in Europa und den USA gab es vor 30 Jahren in den Niederlanden die ersten Samenproduzenten, die sich im Laufe der folgenden Jahre auf die Zucht potenter Sorten für den Freiland- sowie den Kunstlichtanbau spezialisieren sollten. Die Entwicklung und Produktion der in den meisten EU-Ländern legalen Samen ist jedoch untrennbar mit den fast überall verbotenen Cannabispflanzen verbunden; daher findet die Erschaffung neuer Sorten und die Forschung noch immer im Verborgenen statt. Weil die Niederlande

die Cannabis-Gesetzgebung in den vergangenen Jahren immer repressiver gestaltet hat, produzieren die meisten Saatguthersteller derzeit dort, wo die Gesetzeslage dank der Cannabis Social Clubs (CSC) eine kleine Lücke hat: Spanien duldet den Cannabisanbau seiner halblegalen CSC sowie zum Eigenbedarf von Privatpersonen und hat sich nebenbei auch zum Eldorado der Samenzucht gemausert. Männlich, weiblich, «Auto» oder «Auto-Fem»? In den ersten zehn Jahren bestand das Sortiment aller Züchter, die im Szenejargon Breeder genannt werden, aus regulärem Saatgut. Ob ein Sämling männlich oder weiblich ist, sieht ein Züchter erst, wenn die Pflanze bereits ein bis zwei Wochen blüht.


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Lowryder #1 in der vierten Blütewoche.   Foto: MK

Sobald das Geschlecht anhand der Geschlechtsmerkmale wie Blütenansätze und Wuchsform bestimmt ist, werden die männlichen Pflanzen entfernt. Das war vielen Hobbygärtnern ein Dorn im Auge, denn bei einer Rate von durchschnittlich 50 Prozent männlicher Pflanzen war der Ausschuss bei der Zucht aus Samen relativ hoch. Die einzige Methode, nur weibliche Pflanzen zu erzeugen, war die Selektion einer weiblichen Mutterpflanze, die Ableger (Klone) mit identischen Eigenschaften produziert. Doch die dazu notwendige Einrichtung einer abgetrennten Aufzucht-

Auch ein feminisierter Samen blüht erst, wenn es Herbst wird.

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Cannabis ruderalis Cannabis ruderalis, der Ruderalhanf, ist eine eigene Art in der Gattung Cannabis oder mancher Lehrmeinung zufolge nur eine Unterart (Cannabis sativa var. ruderalis) des Hanfs (Cannabis sativa). Er wurde erstmals 1942 in Sibirien als eigene Art identifiziert und wissenschaftlich beschrieben. Der Ruderalhanf unterscheidet sich durch einen anderen Wuchs, ein anderes Blühsystem und Unterschiede im Lebensraum von den anderen Arten. Cannabis ruderalis wird nur SATIVA

ungefähr 80 cm hoch und hat nur drei bis fünf Finger in der typischen Hanfblattformation sowie weniger Astmaterial als die anderen Arten. Der russische Hanf ist robust gegen Kälte und weist

kammer war und ist für viele Hobbygärtner einfach viel zu aufwendig. So kam es, dass besonders ambitionierte Breeder Samen züchteten, aus denen fast ausschließlich Pflanzen mit weiblichen Eigenschaften keimen. Dafür gibt es verschiedene Techniken, die allesamt der Erzeugung von Pflanzen mit hermaphroditen, also zwittrigen Eigenschaften dienen, deren männliche Gene allerdings rezessiv sind und somit nicht ausgebildet werden. Feminisierte Cannabispflanzen sind also eigentlich Zwitter, die ausschließlich weibliche Geschlechtsmerkmale ausbilden, die männlichen Gene jedoch noch im Erbgut haben. Die Produzenten lüften ungern das Geheimnis um die Feminisierung ihres Saatguts, weil dabei oft Chemikalien wie Silbernitrat, Gibberellinsäure und Natriumthiosulfat zum Einsatz kommen. Aber immerhin gelangt das Saatgut dieser ersten feminisierten Generation nicht in den Handel, die Produzenten gefährden mit ihrer Spritzbrühe also höchstens die eigene Gesundheit. Bevor sie Kleingärtnern angeboten wird, wird eine neue, feminisierte Sorte durch natürliche Selektion stabilisiert und ihr Saatgut ist frei von den Zusätzen, die ein paar Generationen zuvor zum Feminisieren benötigt wurden. Mittlerweile sind fast alle Cannabissorten feminisiert, nur ein paar Samenbanken bieten weiterhin reguläres Saatgut an. Mit der Einführung der weiblichen Samen wurde die Hobbyzucht weitaus einfacher und effizienter, konnte sich doch jetzt

INDICA

einen geringeren Wirkstoffgehalt als Sativa- oder Indica-Pflanzen auf. Trotzdem berichtet bereits der griechische Historiker Herodot

RUDERALIS

über die rituelle Verwendung von Cannabis ruderalis zu Rauschzwecken in der Antike. Schon das

Volk der Skythen soll sich Herodot zufolge an den Dämpfen dieser Pflanze berauscht haben. Ruderalhanf blüht nicht abhängig von der Photoperiode, sondern ungefähr acht Wochen nach seiner Aussaat ganz von selbst. Das dafür verantwortliche Gen kommt in allen Hanfsorten vor, ist jedoch nur bei Cannabis ruderalis aktiv. Ruderalhanf hat sich so an den kurzen sibirischen Sommer angepasst: Er blüht schon im Juli, wenn die Tage oft noch über 18 Stunden lang sind, und stellt so sicher, dass auch im kurzen Sommer ausreichend Samen ausgebildet werden können.

jeder und jede ohne viel Aufwand ein paar Blüten heranziehen. Besonders in Spanien, wo das Klima perfekt und die Gesetzeslage liberal ist, verbreitete sich der In- und Outdooranbau von Cannabis fast virulent. Doch auch ein feminisierter Samen blüht erst, wenn es Herbst wird. Cannabis sativa und indica sind Kurztagpflanzen und fangen, je nach Sorte, erst an zu blühen, wenn die Tageslänge 13–15 Stunden unterschreitet. So werden in unseren nördlichen Breitengraden viele Sorten, die eine }


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längere Blütezeit benötigen, bis zum ersten Frost einfach nicht reif. Um die Blüteperiode unabhängig von der Tageslichtlänge zu machen, kamen findige Cannabis-Züchter auf die Idee, potente Sativa- und Indica-Sorten und Cannabis ruderalis mit dem Ziel zu kreuzen, Pflanzen zu züchten, die unabhängig von der Photoperiode anfangen zu blühen. Trotz dieser Ruderalis-Eigenschaft sollten sie einen möglichst hohen Wirkstoffgehalt und ein kompaktes Wuchsbild aufweisen. Lowryder – die erste Automatic-Sorte Anfang des Jahrtausends hatte Joint Doctor, ein europäischer Breeder, aus Mexiko Samen einer Kreuzung aus einer Mexican Sativa und einer Ruderalis erhalten. Die kaum potente Sorte nannte er RudiMex, kreuzte deren Saatgut mit einer Williams Wonder x Northern Lights und stabilisierte die Eigenschaften durch natürliche Selektion über mehrere Generationen hinweg. Er nannte sein Baby Lowryder, womit die erste kommerzielle Automatic-Sorte geboren war; Automatic, weil sie von selbst, also automatisch und unabhängig von der Photoperiode, blüht. Die Lowryder war zwar mit nur 30 bis 40 Zentimetern Höhe sehr klein, fast schon mickrig, aber ein echter Meilenstein: Sie fing selbst in nördlichen Breiten schon im Juli an zu blühen, war nach acht Wochen fertig und hatte mit 10 bis 12 Prozent THC einen viel höheren Wirkstoffgehalt als die

Wenig Seitentriebe sind ein Kennzeichen älterer RuderalisKreuzungen. Foto: MK

Oben: eine getrocknete Diesel-Ryder-Blüte. Unten ihr Schöpfer, Joint Doctor.  Fotos: Youtube

ursprünglichen Ruderalis-Sorten aus dem hohen Norden Europas oder Amerikas. Als nächstes paarte Joint Doctor die Lowryder mit einer Santa Maria, selektierte das Ergebnis über vier Generationen hinweg und schuf so die Lowryder#2. Diese Sorte war schon 10 Zentimeter höher und mit einem THC-Gehalt von 12 bis 14 Prozent noch ein wenig potenter. Nach der Lowryder#2 folgte der entscheidende Schritt, dem die Automatic-Sorten ihre Beliebtheit unter Outdoor-Freundinnen und Freunden verdanken. Durch die Kreuzung mit einer Original-New York City Diesel entstand die Diesel Ryder, die erste selbstblühende Pflanze, die mit 17 bis 19 Prozent Wirkstoffgehalt ähnlich potent wie herkömmliche Strains und mit einer Höhe von bis zu 70 Zentimetern auch ertragreicher als ihre Vorgängerinnen war. Jetzt fingen auch andere Samenbanken an, sich für die Lowryder-Genetik zu interessieren. Ein Produzent nach dem anderen fing an, mit der Diesel Ryder oder anderen, bereits weiterentwickelten Automatic-Sorten seine eigenen automatisch blühenden Strains zu züchten. Neue Sorten züchten dauert lange Kreuzt man eine automatisch blühende Pflanze mit einer, die abhängig von der Tageslänge blüht, so entstehen in der ersten Folgegeneration gar keine Automatic-Pflanzen, weil das verantwortliche Gen rezessiv ist. Die Samen der ersten Generation werden jetzt wiederum miteinander gekreuzt, um das rezessive Gen durch die Schaffung einer Inzuchtlinie zu aktivieren. In der zweiten Folge­


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generation dieser Inzuchtlinie sind es dann 25 Prozent, in der dritten 75 bis 90 Prozent und erst in der vierten und letzten Generation 100 Prozent der Samen, die von selbst blühende Nachkommen erzeugen. Doch mit den fünf Generationen, welche die Selektion des Automatic-Merkmals in Anspruch nimmt, ist es nicht getan. Denn daneben müssen bei der Schaffung einer neuen Sorte auch die Größe, der Abstand der Internodien, die Konsistenz der Blüten, das Aroma, der Wirkstoffgehalt, die Resistenz gegen Pilze und Schädlinge und andere Eigenschaften berücksichtigt werden. Der Vater der Haze Automatic hat über 30 Generationen, also fünf Jahre, benötigt, um dem Strain die Eigenschaften zu verleihen, die auch das Original ausmacht. Automatic-Samen lassen sich feminisieren Nach fast einem Jahrzehnt kommerzieller Automatic-Samen-Produktion gibt es so gut wie jede Cannabis-Sorte auch als feminisierte, von selbst

blühende Variante. Samen, die über beide Eigenschaften verfügen, erleichtern den Anbau von potentem Cannabis gerade für Outdoor-Hobbygärtner immens. Je nach Sorte blüht zwar nicht

Der Outdoor-Anbau ist innerhalb von 20 Jahren revolutioniert worden. jede Pflanze bereits acht Wochen nach dem Einpflanzen des Samens, aber Probleme beim Ausreifen gehören mit Automatic-Strains auch bei lang blühenden Sorten der Vergangenheit an. Einige, die ihr Treiben gut verstecken müssen, bevorzugen heute noch die kleinwüchsigen Eigenschaften der ersten Automatic-Generationen. Noch vor 20 Jahren mussten die männlichen Pflanzen mühsam per Hand entfernt werden, um am Ende Blüten ohne Samen ernten zu können. Mit feminisiertem Saatgut war das nicht mehr nötig, }

Diese Blüte ist fast schon bereit für die Ernte. Foto: MK

Die kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Versand über www.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung


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indoor anbaut, muss – verglichen mit dem Anbau der gleichen «Non-Automatic»-Sorte – etwas geringere Erträge und einen niedrigeren Wirkstoffgehalt in Kauf nehmen. Einige Anbieter von selbstblühender Genetik behaupten, dass ihre Auto-Varianten einen höheren CBD-Gehalt als die aus feminisierten oder regulären Samen aufweisen. Das kann, muss aber nicht sein, denn wirklich wissenschaftliche Methoden werden bei der Produktion von Cannabis-Saatgut kaum eingesetzt – womit es an der Zeit ist, ein paar kritische Worte zur Entwicklung der vergangenen Jahre zu äußern.

Drei Lowryder#2 unter einer LED-Lampe. Foto: MK

trotzdem waren viele Sorten für den Anbau nördlich der Alpen ungeeignet, weil die Sommer dort zu kurz waren. Dort, wo der Sommer fünf oder sechs Monate dauert, sind draußen jetzt je nach Automatic-Sorte sogar zwei bis drei Ernten möglich. Mit der Kreuzung und Selektion feminisierter Automatic-Genetik ist der Outdoor-Anbau innerhalb von 20 Jahren trotz Forschungsverbot revolutioniert worden. Hätte man einem der wenigen Grower damals erzählt, dass es bald Samen gäbe, die schon im Juli blühen und aus denen nur weibliche Pflanzen keimen, hätte er wohl Genmanipulation vermutet. Doch weder Automatic-Sorten noch die Feminisierung von Cannabis-Pflanzen haben etwas mit dem häufig kritisierten «Genetic Engeneering» zu tun. Gen-Gras, das gerne von der Boulevard-Presse zitiert wird, gibt es nicht. Die Züchter greifen auf Methoden zurück, die seit Jahrzehnten auch bei der Zucht von Nutzpflanzen Verwendung finden. Die DNA wird, vereinfacht ausgedrückt, bei der Zucht von Cannabis nicht geteilt und neu zusammengefügt. Neue Sorten sind immer das Ergebnis züchterischer Auslese. Unter Kunstlicht allerdings konnten sich die selbstblühenden Sorten nicht durchsetzen, weil der Züchter dort die Photoperiode beliebig bestimmen kann, was den Kauf von Automatic-Saatgut überflüssig macht. Wer Automatic-Strains trotzdem

Es ist nicht alles Gold … ... was auf den Produktfotos so schön glänzt. Es gibt viele Pioniere unter den meist anonymen Breedern, die den Erhalt und die Weiterentwicklung der Cannabis-Kultur gefördert haben. Aber wo viel (Kunst-)Licht ist, gibt es auch Schatten. Das Endprodukt, die Samen, sind zwar in den meisten EU-Ländern legal, aber leider gibt es aufgrund der illegalen Produktion keine Standardisierung. So ist der Markt mittlerweile selbst für Insider kaum noch überschaubar, es werden mehr Originale angeboten, als es eigentlich geben kann. Eckdaten zu Ertrag oder Größe sind oft nicht miteinander vergleichbar, weil jeder Hersteller von anderen Anbaubedingungen ausgeht. Weil sich die meisten Breeder nur noch auf Automatic- und feminisierte Sorten konzentrieren, bekommt man viele Sorten gar nicht mehr als reguläre Variante, sondern nur noch selbstblühend und/oder femi­ nisiert. Shantibaba, Breeder-­ Legende und Vater der legendären White Widow, kommentierte die Entwicklung bereits 2010 im Hanf Journal sehr kritisch: «In der Natur treten solche Veränderungen nur unter extremen Bedingungen auf, hier [beim Feminisieren] jedoch wird das Merkmal der Zwittrigkeit in eine Pflanze ‚hineingezüchtet’. Ein Merkmal, das die Züchter seit den Anfängen der Cannabiszucht nicht weiterzugeben versucht haben. Die

Foto: Dinafem


L u c y ’ s R a u s c h N r .  3

meisten, inklusive einiger sogenannter Samenbanken, die feminisierte Samen produzieren, scheinen nicht wirklich zu verstehen, dass eine zu 100 Prozent männliche Pflanze keine lebensfähigen Pollen produziert, wenn sie umgepolt wird. Deshalb neigen feminisierte Samen häufiger zum Zwittern. Darum ist es in meinen Augen keine gute Alternative für die Zukunft der Samenzucht.» Dass mit den vielen feminisierten Automatic-Sorten noch zahlreiche Strains hinzugekommen sind, die es als reguläre Samen gar nicht mehr gibt, stört nicht nur ambitionierte Breeder wie Shantibaba, sondern auch Hobby-­Grower, die ihren Nachwuchs seit jeher aus Stecklingen produzieren. Zur Produktion von Stecklingen braucht man eine Mutterpflanze, die 18 Stunden beleuchtet wird. So fängt sie nicht an zu blühen und kann regelmäßig Ableger produzieren, mit den gleichen Eigenschaften wie die Mutterpflanze. Diese verfügen gegenüber Samen über zwei entscheidende Vorteile: Sie kosten viel weniger Geld und brauchen

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Indoor-Begeisterte mittlerweile auch Mutterpflanzen aus solchem Saatgut ohne große Probleme. Mutterpflanzen aus Automatic- oder gar feminisierten Automatic-Pflanzen gibt es allerdings nicht, weil die auch bei 18 Stunden Beleuchtung nach ein paar Wochen ausblühen würden. Böse Zungen behaupten, die Einführung der Automatic-­ Strains solle die Produktion von Stecklingen erschweren, nachdem es mit der Einführung von feminisierten Samen nur bedingt geklappt hat.

Easy Growing für alle Doch nicht alle, die gerne kiffen, möchten viel Arbeit oder gar eine Wissenschaft daraus machen, wenn es um ein paar Pflanzen für den eigenen Bedarf geht. Ohne Automatic- und feminisiertes Saatgut würden noch so manche mafiöse Strukturen fördern, anstatt ein paar Blumentöpfe zu gießen. Deshalb sind selbstblühende oder auch feminisierte Samen ein nicht wegzudenkender Teil moderner Cannabiskultur, der gutes Gras und Autonomie für Kon­sumenten verspricht, die bislang immer schlechtes, viel zu teures Gras beim Dealer kaufen mussten. Trotzdem sollte die bequeme Variante der Cannabiszucht nicht jene außen vor lassen, die mit der Verwendung von regulärem Saatgut oder gar privaten Kreuzungen die Artenvielfalt erhalten und bereichern. Es wäre schön, wenn zukünftig wieder ein paar mehr Samenbanken als derzeit in die Erhaltung und Entzudem weniger Zeit zum Vorwachsen in der vegewicklung regulärer Sorten investieren würden – tativen Phase. Leider ist es nicht möglich, aus selbst wenn dann ein paar mehr Stecklinge produeinem Automatic-Samen eine Mutterpflanze zu ziert und somit ein paar Samen weniger verkauft züchten. Jeder Automatic-Grow bedarf einer werden. neuen Samenbestellung. Ist die gewünschte Sorte Aber egal, ob Auto, Auto-Fem, regulär oder nur als selbstblühende Variante zu haben, schauen feminisiert: Der Anbau von Cannabis ist in DeutschDie kompletten Artikel sind land, in der zu(dort lesen: diejenigen, die sich gerne ein paar Ableger züchdergedruckten Schweiz und Ausgabe in Österreich lediglich erhältlich in Buch- und in Hanfshops im Lucy’sDas Rausch ten würden, in die Röhre. kennt ist man irgend-im Pressehandel, der zu Rauschzwecken) noch immerund verboten. woher – Stichwort Saatgut-Patente in der LandDieser Artikel soll aufklären, nicht anstiften. oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com wirtschaft. Auch die Verwendung von feminisierten Samen ohne selbstblühende Eigenschaften gilt bei der Zucht von Mutterpflanzen als problematisch. Denn feminisierte Samen verfügen immer noch MICHAEL KNODT, geboren 1968, in Dillenburg/ über rezessive männliche Gene, die in ExtremsituaHessen, ist freier Journalist und Moderator. tionen auch bei den Ablegern von Mutterpflanzen, Seit 2004 Autor für das Hanf Journal, von 2005 bis die aus diesem Saatgut gezüchtet wurden, auf­ 2013 Chefredakteur. Seit 2007 Moderator des treten können. Doch da die Sorten mit den Jahren Videomagazins Exzessiv TV. Seit 2014 freier Autor. stabiler geworden sind und anders als in den erswww.youtube.com/ExzessivDasMagazin ten Jahren sehr selten zwittern, verwenden viele

Nicht alle, die gerne kiffen, möchten eine Wissenschaft aus dem Anbau machen.



Luc y’s Rau sch Nr.  3

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MEDIATHEK

War on Drugs

MDMA, Reiten und geleckte Amphibien «Es gibt keine nennenswerten Unterschiede zwischen Reiten und Ec­stasy», wird direkt zu Beginn dieses Aufklärungsbuchs über Drogen der britische Forscher David Nutt zitiert. Recht hat er. Die Gefahren des reflektierten und vernunftbasierten Substanz­ konsums halten sich in der Tat in Grenzen – ein Leitmotiv, das sich durch das ganze Buch zieht. Von einigen Ungenauigkeiten und Fehlinformationen abgesehen – zum Beispiel wird von der alten Legende berichtet, dass 5-MeODMT produzierende Kröten zur Berauschung abgeleckt werden –, ist das Buch ein Tipp für alle, die sich ins Thema einlesen möchten.

Jörg Böckem, Henrik Jungaberle et al.: High sein – Ein Aufklärungsbuch. Rogner & Bernhard 2015. ISBN 978-3-95403-086-6

Johann Hari: Drogen. Die Geschichte eines langen Krieges. S. Fischer 2015. ISBN 978-3-10002-442-8

Wie entstand der Krieg gegen Drogen? Wieso wird er bis heute weitergekämpft? Sind Süchtige wirklich Unmenschen? Und wie werden Drogenfreunde in dieser Welt systematisch diskriminiert und fertiggemacht? Das alles und mehr beantwortet das Buch des britischen Autors Johann Hari, der auf über 430 Seiten ein Bild des War on Drugs zeichnet, das Grund genug ist, die politische Situation zu überdenken und die lange überfällige Wende herbeizuführen. Tipp der Redaktion!

Ì

Psychoaktive Pflanzen Wer sich für giftige und psychoaktive Pflanzen interessiert, der ist mit den Monografien dieses etwa 460 Seiten dicken Bands zunächst ganz gut bedient. Das Buch bleibt zwar an der Oberfläche und zeichnet sich nicht gerade durch fachliche Versiertheit aus, so wird zum Beispiel der Peyotekaktus als «sehr giftiges Neurotoxin» beschrieben, was eine maßlose Übertreibung darstellt. Für einen ersten Überblick über die wichtigsten bzw. bekanntesten pharmakologisch aktiven Gewächse genügt das Buch aber allemal. Insgesamt auch nett aufgemacht.

Michael Wink, Ben-Erik van Wyk, Coralie Wink: Handbuch der giftigen und psychoaktiven Pflanzen. Wissenschaftliche Verlags­ gesellschaft Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8047-2425-9


Luc y’s Rau sch Nr.  3

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MEDIATHEK

Peyote richtig pflegen Der Peyote Lophophora williamsii ist ein langsam wachsender Kaktus von enormer Bedeutung als indigene Ritualpflanze. Er enthält unter anderem das psychedelisch wirksame Phenyl­ethylamin Meskalin. Das soeben neu erschienene Buch von Fachmann Alexander Neusius bringt auf 96 Seiten eine Kulturanleitung für Lophophora, die in keiner Sammlung psychoaktiver Literatur fehlen sollte.

Schamanische Weltsicht

Pascal K‘in Greub:

Alexander Neusius:

Lattice Surfing.

Peyote – Lophophora

Neue Erde Verlag 2014.

williamsii. Das Pflege­

ISBN 978-3-89060-635-4

handbuch. Nacht­ schatten Verlag 2016. ISBN 978-3-03788-383-9

Null Fachwissen Dieses Buch ist nicht einen Cent der 25 Euro wert, die es kostet. Auf den 186 Seiten versammeln sich unzählige Fehleinschätzungen und Falschinformationen. Der Autor deklariert MDMA als einstigen Appetitzügler (es wurde bei der Suche nach einem blutstillenden Mittel «entdeckt»). DMT und Psilocybin (im Buch Psylocibin geschrieben) werden als «giftige Nachtschattendrogen» bezeichnet etc. etc. Ein unglaublicher Fail! Enno Freye: Kokain, Ecstasy, Amphetamine und verwandte Designerdrogen. Pabst Science Publishers 2014. ISBN 978-3-89967-843-7

Pascal Greub kommt aus der Schweiz, lebt aber seit zwölf Jahren in Mexiko und wurde dort zum Medizinmann ausgebildet. In seinem Buch Lattice Surfing (Lattice ist ein anderer Begriff für die Akasha-Chroniken, den Cydelik Space und das All-Eine) erklärt Greub die schamanische Weltsicht und Techniken, mit denen man die anderwelt­ lichen Dimensionen bereisen und verstehen lernt. Inklusive diverser Meditations- und Visualisierungsanleitungen. Lattice Surfing ist jetzt schon ein spiritueller Klassiker.

Der Richter und das Cannabis Wenn ein Mann, der als «Deutschlands härtester Jugend­richter» bekannt ist, sich dafür einsetzt, dass Kiffen und Cannabis endlich wieder legalisiert werden, könnte das bedeuten, dass sich in der politischen Landschaft demnächst tatsächlich etwas ändern wird. Leider setzt sich Richter Müller aber nur für den Hanf ein und vertritt, was andere Drogen angeht, nach wie vor die Prohibition. Das Buch ist dennoch ein wichtiges – und gut zu lesen obendrein.

Andreas Müller: Kiffen und Kriminalität. Herder Verlag 2015. ISBN 978-3-45131-276-2


Luc y’s Rau sch Nr. Nr.  32

D er Kl as si ke r

Terence McKenna: Wahre

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UFOs und DMT im Amazonas-Regenwald Einer der wichtigsten psychedelischen Klassiker, verfasst von der psychonautischen Lichtgestalt Terence McKenna. Darin erzählt er von der Expedition, die er mit seinem Bruder Dennis in den amazonischen Regenwald unternahm, um dort nach DMT-haltigen Psychoaktiva zu suchen und das Weltbild der Schamanen zu erforschen. Was er dort fand und welche Erkenntnisse er dabei gewann, muss jeder selbst lesen. Es lohnt sich sehr! Das Buch ist zurzeit nur noch antiquarisch zu haben und wird zu horrenden Preisen um 200 Euro gehandelt; eine Neuauflage im Nachtschatten Verlag ist in Vorbereitung.

Halluzinationen. Sphinx Verlag 1989. ISBN 978-3-85914-225-1

Albert Hofmann CD

Dieses bereits 2003 erschienene Hörbuch versammelt eine ganze Reihe von Gedanken und Textstellen, in denen es unter anderem um Albert Hofmanns Entdeckung des LSD und diverse andere psycho­ aktive Indole, um Sakral­ substanzen und entheogene Rituale geht. Pflichtprogramm für alle Psychonauten mit vielen Originalzitaten von Albert Hofmann. Tipp der Redaktion!

Ì

Meditative Tunes CD

Komponist Rüdiger Gleisberg hat mit dieser CD ein ergreifendes Werk aus meditativer und relaxierender Musik geschaffen, das in keiner Chill-Out-Runde und keinem therapeutischen Setting fehlen sollte. Anspieltipps: Ganesha‘s Surprise, Mushroom Cake und Ganja Dreams. Rüdiger Gleisberg: Lotus Space. Audio CD 2015, www.gleisberg.com

Albert Hofmann, Thomas Knoefel: Erinnerungen eines Psychonauten. Audio CD, Supposé Verlag 2003. ISBN 978-3-932513-38-1

BUCH UND CD

Die unfreiwillige Heilige Eine junge Weltenbummlerin fängt bei der Meditation an zu leuchten. Dadurch wird sie zur «unfreiwilligen Heiligen». Nach einigen Abenteuern findet sie nach Hause und entdeckt das Meditieren mit Kindern. Das Buch enthält eine CD mit spielerischen Meditationen für Kinder und den Text der Erzählung als Hörbuch, von der Autorin selbst gelesen. Rebecca Jenny: Die unfreiwillige Heilige. Norbu Verlag 2015. ISBN 978-3-944885-09-4


7 0I am the father of LSD, then Stanislav Grof is ' If the godfather, who brought my wonderchild trough difficults times...' Albert Hofmann

Luc y’s Rau sch Nr.  3

Erkenne Dich selbst auf Deiner Atemreise

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Luc y’s Rau sch Nr.  3

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LIFESTYLE

«Das Ego ist nicht relevant» Der DJ und Produzent Roger Martinez Der musikalische Globetrotter Roger Martinez (32) stammt aus Holland und wuchs in Amsterdam auf. Heute bereist er als psyche­delischer Techno-DJ und -Produzent die ganze Welt. I N T E RV I E W

Markus Berger

Du machst ganz offenkundig Techno- bzw. Electro-Musik und -Sets für psychedelische Zustände. Ist das deine Intention? Ja und nein. Es sind auf jeden Fall Übersetzungen meiner eigenen psychedelischen Erfahrungen, das gilt vor allem für meine Musikproduktionen. Musik ist ein perfektes Kommu­ nikationsmittel, um darüber zu erzählen. Und das Publikum ver­ steht diese nonverbale Sprache gut. Ich bin aber ein vielseitiger Mensch, nicht nur Musiker und

«Musik hat für mich immer zeremoniellen Charakter.» DJ. So mache ich gern Yoga und Meditation, manchmal male und schreibe ich auch. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Ich freue mich, wenn ich den Menschen dienen kann. So sehe ich auch die Musik: als Service. Gleichzeitig brauche ich die musikalische Kommunikation selber auch.

Roger Martinez ist in vielen Clubs zuhause.  Foto: Gembookings

Letztendlich ist es ein Aus­ tausch zwischen Menschen. Musik hat für mich immer zeremoniellen Charakter. Seit wann ist Musik dein bevorzugtes Kommuni­ kationsmittel? Ich beschäftige mich schon mein ganzes Leben lang mit Musik. Vor etwa 12 Jahren habe ich begonnen, selber zu produzieren und immer mehr aufzulegen. Du bist immer häufiger auf den Bühnen der Welt unterwegs. Schon, aber es geht mir nicht darum, so viele Auftritte wie möglich zu haben. Ich mag diese Kommerzialisierung nicht, ich spiele lieber für eine ausge­ wählte Gruppe von Liebhabern.

Da merke ich immer: Hey, das ist nicht einfach ein Publikum, das sind Seelenverwandte! Die haben die gleichen Interessen wie ich, zum Beispiel an Psyche­ delika und erweiterten Bewusst­ seinszuständen. Musik kann da unglaublich zusammenschwei­ ßen, auch über die Sprachbar­ rieren hinaus. Also ist dein Beruf mehr Berufung als Lebenserwerb. Für mich bedeutet Freiheit vor allem, nicht permanent arbeiten zu müssen. Das wirkliche Kapital, das wir Menschen haben, ist nicht das Geld, sondern die Zeit und unser Bewusstsein. Wir arbeiten so viel, lenken uns immer irgendwie ab. Dabei vergessen wir ganz oft zu leben und die Zeit zu genießen, die wir in dieser }


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LIFESTYLE

Foto: zvg

«Das Ego ist nicht relevant»

«Wir Wesen können eigentlich immer alles teilen.» R o g e r M a r t i n e z Form auf der Erde haben. Das möchte ich für mich nicht. Ich möchte lieber etwas weniger Auftritte haben und dafür die Zeit genießen und meine Erfahrungen reflektieren, so wie ich das mit meiner Musik­ produktion mache.

A RT W O R K

Fortsetzung von Seite 69

Würdest du sagen, dass Live-Sets mit schamanischen Ritualen gleichzusetzen sind? Nicht unbedingt, aber sie sind sich schon ähnlich. Wenn ich in einen Club komme, dann spüre ich sofort die Atmosphäre und die Stimmung der Leute. Und dann muss ich immer aufmerk­ sam sein und aufpassen, welche Reize ich triggere. Wenn ich spiele, ist das ein komplett bewusster und erweiterter Akt, und man kann sich vom Fluss der Musik mitreißen lassen. Das ist der schamanischen Kultur schon sehr ähnlich. Schamanen sind im Alltags­ leben Menschen wie du und ich. Zum Beispiel Hausmänner,

Leute mit normalen Problemen. Ihre Arbeit als Schamanen machen sie dann ganz oft eher nebenbei. Das Ego ist während der schamanischen Arbeit nicht relevant. Man muss unbedingt loslassen, und dann passieren außerordentliche Sachen. Deine Message an die Lucy’s-Leser? Wir Wesen können eigentlich immer alles teilen. Nicht nur Güter, sondern auch Emotionen, Einsichten und Erlebnisse. Das gute Gefühl zu teilen, ist das Größte, was man erfahren kann. rogermartinez.carbonmade.com soundcloud.com/rogermartinez

Meraya Clothing

Die Betreiber von Meraya Clothing, Julia und René, haben sich dem Verkauf von ShipiboKunsthandwerk und -Ritual­ bekleidung verschrieben. Die Ethnie der Shipibo aus dem peruanischen Amazonasgebiet ist durch ihre wunderschönen Ayahuasca-Tücher, Kleidungs­ stücke, Schmuckstücke und Ritualgegenstände bekannt. Alle sind mit den heilsamen und schützenden Shipibo-Mustern verziert (siehe dazu auch Seite 28). Das Team von Meraya Clothing pflegt eine besondere Verbindung zu den Shipibo. Mit ihrem Onlineshop und Festival­ stand wollen sie den ShipiboIndianern danken und sie unterstützen. Shop-Gründerin Julia Beining erzählt: «Vor zehn

Jahren waren wir das erste Mal in Iquitos im Amazonas und sofort fasziniert von der einzig­ artigen Natur, der Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Shipibo-Familie, ihrem Kunst­ handwerk und natürlich vom schamanischen Wissen und der Heilkraft des Ayahuasca. Danach folgten mehrere Aufenthalte im Dorf Ashi Meraya, dem Namensgeber unseres Festivalstandes. Dabei ging es uns immer um Heilung, die wir nach jahrelanger ‚Durch­ forstung‘ der westlichen Medizin nicht finden konnten. Immer wieder kam der Gedanke auf, die Textilien auf Festivals zu verkaufen. Im November 2012 nahmen wir an einer Ayahuasca-Zeremo­ nie teil, und in einer Vision wurde

Festivalstand von Meraya Clothing.

mir klar mitgeteilt, dass es nun unsere neue Aufgabe sei, diesen Shop zu eröffnen. Ich kündigte sofort meinen Job und gründete im April 2013 den Shop.» Quellen Peru: Ashi Meraya – Familie des Schamanen Don Heberto und IquitosMarkt. Deutschland: Nativa, Berlin. Kolumbien: Familie und Freunde des Schamanen Kajuyali Tsamani. www.meraya-clothing.com


Luc y’s Rau sch Nr.  3

B L ÄT T E RWA L D #1

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Cannabis-Zeitschriften

Im Sinne der psychonautischen Vernetzung präsentiert Lucy’s an dieser Stelle regelmäßig eine Übersicht über andere deutschsprachige Magazine im psychoaktiven Sektor. Aktuelle Hanfmagazine grow!  Dienstälteste Zeitschrift am Kiosk, Herausgeber Winni Fleckner ist ein Urgestein der Szene. Erscheint seit 1995 alle zwei Monate. www.grow.de

THCene  Fing unter Chef­ redakteur Dennis Linder 2004 als Grass Times Magazin an, seit 2006 THCene. Erhältlich am Kiosk, kommt alle zwei Monate.

Seit 1995 am Start, erscheint alle drei Monate. www.hanflegal.ch

Medijuana  Kostenloses Magazin mit Fokus auf die medizinische Nutzung von Cannabis. Kommt alle zwei Monate. www.medijuana.eu

Hemp Five Schwester-Publi­ kation des Mushroom Magazins aus Hamburg. www.mushroom-magazine.com

www.thcene.de

Soft Secrets  Dienstälteste kostenlose Zeitschrift aus Holland. Erscheint in 8 Sprachen und 12 Ländern.

Highway  Neuling unter den Hanfmagazinen, erscheint seit Februar 2016 und soll alle zwei Monate erscheinen. www.highway-magazin.de

www.cannabis.info

Ehemalige Magazine Hanf Journal  Kostenlose Hanfzeitung aus Berlin. Ist seit Anfang des Jahrtausends am Start. Erscheint als einziges Blatt monatlich.

Hanf!  Cannabisblatt in Deutschland, das 1995 kurz vor der ersten grow! erschien. 2002 eingestellt.

www.hanfjournal.de

Hanfblatt   Das älteste deutsche Cannabismagazin aus Norddeutschland erschien erstmals 1994. 2009 wurde es eingestellt. Ein herber Verlust.

Legalize it!  Gut gemachter Cannabisfolder im DIN-A4Format, herausgegeben von Sven Schendekehl aus Zürich.

Foto: Markus Berger

Hightimes Magazin Das US-amerikanische Kult­ magazin gab es für kurze Zeit auch in einer deutsch­ sprachigen Version.

Schweiz. Erschien zuerst als Thuner Hanfblatt. Ende 2003 eingestellt. PDF-Download: www.williswelt.ch/ hemptimes / arch.html

www.hightimes.com

Cannabis Kultur  Deutscher Ableger von Marc Emerys Magazin Cannabis Culture. Erschien von 2002–2004. www.cannabisculture.com

Swiss Hemp Times Gut gemachtes, anspruchsvolles Cannabismagazin aus der

Weitere Cannabis-Periodika blieben Eintagsfliegen und wurden kurz nach Erscheinen wieder eingestellt: A-Bulletin, BTM-Kurier, CannaNet – Magazin der Hanfkultur (Schweiz), Hanf-Bulletin, Hanfforum, Hemplife Magazin (später Highlife), Österreichisches Hanfmagazin.

SOUNDCLOUD TIPP Sebastian Geist aus Rostock a.k.a. Schlepp Geist hat einen ganz eigenen Sound kreiert. Irgendwo zwischen House, Techno und psyche­ delischen Electronica kommen Schlepp Geists Tunes so schräg rein, dass man den Sound ebenso auf dem Plateau einer psychonautischen Erfahrung als auch zum Chill-out danach genießen kann. Monotone Beats knutschen mal fette, mal wackelig-wabernde Basslines und induzieren einen trippy Tremor. Schlepp Geist vereint weite Klangcol­ lagen, dissoziative Tunes und minimalistische Episoden – fett. soundcloud.com/schleppgeist Anspieltipp: soundcloud.com/schleppgeist/schlepp-geist-ploetzlich-am-meer-festival-2014


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Safer Use Foto: Istockphoto

Ein Ratgeber zu risikoarmem Verhalten (II)

Die Bedeutung des Settings vor, während und nach dem Konsum TEXT

D

Alex Bücheli

er erste Teil dieser Artikelreihe hat es aufge­ zeigt: Eine risikoarme Haltung nimmt in Bezug auf die Risiken psychoaktiver Sub­ stanzen eine wichtige Rolle ein. Psychoaktive Sub­ stanzen weisen ein breites Spektrum an positiven Effekten auf. Konsum ist jedoch immer auch mit Risiken verbunden, und wo eine Wirkung sich ent­ faltet, treten Nebenwirkungen auf. Um keine unnötigen Risiken einzugehen, sollte man dem Substanzkonsum generell mit einer risikoarmen Haltung begegnen. Diese hilft, potentielle Sekun­ därschäden, induziert durch den Konsum psy­ choaktiver Substanzen, zu vermindern. Zentral ist dabei das Konzept Drug, Set und Setting, das die Zusammenhänge zwischen der psychoaktiven Substanz (Drug), der Person (Set), dem Ort und

den Personen, mit welchen man konsumiert (Set­ ting), beschreibt (Leary et al. 1969). Das Konzept von Drug, Set und Setting lässt sich um die Ebenen vor, während und nach dem Konsum erweitern (siehe Tabelle auf Seite 75). Die Entwicklung einer risikoarmen Haltung bedeutet ein lebenslanges Lernen. Bei den erlebten Erfahrungen handelt es sich also um reine Anhaltspunkte. Bei der Reflektion der eigenen Konsumerfahrungen können in Foren geteilte Erfahrungen nützlich sein. Dies gilt vor allem dann, wenn eine möglichst große Gruppe von Konsumie­ renden ihre eigenen Erfahrungen in anonymisierter Form anderen Konsumierenden zugänglich macht. Die wichtigsten deutschsprachigen Foren sind u.a. eve-rave.ch und land-der-traeume.de.


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Das erweiterte Drug, Set und Setting-Konzept Drug

Set

Setting

Vorher = Information

•  Wirkprofil jeder einzelnen Substanz (Wirkung, Nebenwirkungen, Langzeitfolgen) •  Substanzzusammensetzung (Drug Checking) • Einnahmeform und Dosis • Safer-Use-Informationen

•  Körperliche und psychische Gesundheit •  Körperliche und psychische Voraussetzungen (Krankheiten, Einschränkungen) • Konsummotivation •  Persönliche Erfahrungen (Memory- oder Placebo-Effekt)

• Vorgesehener Konsumort •  Erreichbarkeit/ Transport­ möglichkeit • (Mit-)Konsument/-innen • Begleitpersonen •  Zugang zu Safer-Use-Materialien

Während = Bewusstsein

•  Wirkdauer •  B eikonsum anderer Substanzen (Mischkonsum), in welchen Abständen und in welchen Dosierungen •  Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme

•  Körperliche und psychische Tagesform •  Konditionierte Konsummodelle, beispielsweise zu Kokain immer Beikonsum von Alkohol •  Psychische Überforderung •  Körpertemperatur, Puls und Herzschlag

•  Erwartung deckt sich nicht mit der Realität •  Änderungen in Bezug auf den Ort und die (Mit-)Konsumierenden •  Trip-Begleitung (psychedelische Ambulanz)

Nachher = Reflektion

•  Erholungszeit •  Eingenommene Substanzen und Dosierung •  Anzahl Konsumeinheiten •  Konsumart •  Zusammensetzung der eingenommenen Substanzen

•  Erlebte Rauscherfahrung •  Rauschveränderungen im Vergleich zu gemachten Erfahrungen •  Körperliche und psychische Signale

•  Ort zum Runterkommen •  B egleitpersonen •  Ruhemöglichkeit •  Nahrungsmittel •  Körperlicher und psychischer Support (medizinisch, therapeutisch)

Der zweite Teil dieses Ratgebers legt den Fokus auf die Ebene des Settings – als Ort des Kon­ sums, aber auch des Come Down. Das Setting setzt sich dabei aus einem konkreten Ort, dessen Infrastruktur und den anwesenden Personen zusammen. Dabei kann es sich um Freunde, (Mit-) Konsumierende, aber auch um Personen handeln, die sich zufällig an diesem Ort aufhalten. Die Wahl des richtigen Settings Vor dem Konsum Bevor man sich auf eine psycho­ nautische Reise begibt, sollten der Ort und die Reisebegleitung bekannt sein. Ausschlaggebend für die Wahl des richtigen Settings sind die beab­ sichtigte Rauscherfahrung, die Substanz(en), die kon­sumiert werden sollen, sowie bereits vorhan­ dene Substanz- und Konsumerfahrungen. Bei einer beabsichtigten Rauscherfahrung sollte man sich bewusst machen, dass gewisse Rauschzustände die Mobilität einschränken oder verunmöglichen und/oder zu sehr intensiven psy­ chischen Erfahrungen führen. Deshalb sollte man sich vor jedem Konsum fragen, ob das gewählte Setting den Zugang/Gebrauch von Safer-Use-Ma­ terialien zulässt und ob sedierende oder intensivere Rauscherfahrungen an diesem Ort möglich sind. Stark sedierende Substanzen wie GHB/GBL oder

Ketamin sollte man nur zusammen mit Vertrauenspersonen konsumieren. Sonst läuft man Gefahr, ein Opfer von Gewalt oder sexuellen Über­ griffen zu werden. Handelt es sich um ein Club- oder FestivalSetting, informiert man sich im Idealfall darüber, ob ein Nightlife-Präventionsangebot, eventuell mit Drug-Checking-Service, vor Ort präsent ist. An Festivals oder in Clubs sind Safer-Use-Materialien und Infos zu psychoaktiven Substanzen oder Sub­ stanzwarnungen oft standard­ mäßig vorhanden. Es handelt sich dabei um Events, die sich am Safer-Clubbing-Prinzip orientieren. Weitere Infor­ mationen finden sich unter partyplus.eu oder safer-clubbing.ch (Bücheli 2014). In Bezug auf die Substanz gilt es zu beachten, dass man je nach Produkt und Aufnahmeform spezifische Safer-UseMaterialien benötigt. Substanzerfahrungen sind Erfahrungen mit einer bestimmten psychoaktiven Substanz. Von Konsumerfahrungen spricht man dann, wenn Erfah­ rungen mit verschiedenen Substanzen in unter­ schiedlichen Settings vorliegen. Je größer der Erfahrungsschatz ist, desto leichter findet man sich berauscht in einem Setting zurecht. Man ist dann eher in der Lage, in einer kritischen Situation – bei­ spielsweise bei Unwohlsein oder Überforderung – }


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Im Clubsetting kann sich die Musik ändern oder die Zusammensetzung der Besucher. Foto: madnomad

so zu reagieren, dass das Rausch­erlebnis nicht zu einem Bad Trip wird. Mit zunehmender Erfahrung ist es sogar möglich, die Wahl des Settings als zusätz­ liche Komponente zur Beeinflussung des Rauscher­ lebnisses zu betrachten. Je geringer die Substanz- und Rausch­ erfahrung ist, desto bewusster sollte man den Ort auswählen, wo man konsumiert. Bei einem Erstkonsum von Halluzinogenen wie LSD oder Pilzen sollte im Vorfeld eine Vertrauensperson als Tripwächter definiert werden. Meist sind dies Freunde, die sich bereit erklären, während des Dro­ genrausches nüchtern zu bleiben. Sie begleiten die psychonautische Reise und können bei einem

Man sollte sich jeweils nur so stark berauschen, wie es das Setting zulässt. BadTrip beruhigend einwirken. Dabei geht es kei­ nesfalls darum, die Verantwortung des Konsums an eine andere Person abzugeben; in der Beglei­ tung eines Trips sind jeder Person Grenzen gesetzt. Die bewusste Wahl des Settings spielt auch eine wichtige Rolle in Bezug auf die Gefährdung anderer Personen. Ist der Ort beispielsweise mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar, besteht nicht die Gefahr, berauscht aktiv am Verkehr teilzuneh­ men; wenn man die anwesenden Personen bewusst auswählt, lässt sich Konflikten eher aus dem Weg gehen. Da die tatsächliche Drogenwirkung nie hundertprozentig voraussehbar und berechenbar ist, kann auch ein sorgfältig ausgewähltes Setting

sich als falscher Ort herausstellen. Ist man nicht sicher, ob man das richtige Setting gewählt hat, sollte man sich zuerst nüchtern hineinbegeben, bevor man sich für den Konsum entscheidet. Das Setting

Während des Konsums Wie erwähnt, sollte das gewählte Setting den Zugang zu oder den Gebrauch von Safer-Use-Materialien ermöglichen. Ist das Setting ein öffentlicher oder halböffentli­ cher Raum, zum Beispiel ein Club, kann sich die Musik ändern oder die Zusammensetzung der Besucher. Wie sich diese Änderungen auf den Rausch auswirken, lässt sich nur schwer voraussa­ gen. Man sollte sich jeweils nur so stark berau­ schen, wie es das Setting zulässt. Zudem sollte man sich bewusst sein, dass ein Ortswechsel oder ein Musikwechsel eine Veränderung der Wirkung auslösen kann. Ist diese unangenehm, ist es oft einfacher, den Ort zu wechseln, als das aktuelle Setting positiv zu beeinflussen. Deshalb sollte im Idealfall immer ein alternatives Setting zur Verfügung stehen, falls sich der ausgewählte Ort als ungeeignet herausstellt. Eine wichtige Rolle spielt das nahe Umfeld, eventuell auch Mitkonsumierende, beim Umgang mit dem Rausch. Diese können den Rausch sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Trip-Wächter können bei sehr intensiven oder negativen Rausch­ erfahrungen beruhigend einwirken. Je nach Setting können auch Fachleute diese Rolle einnehmen. An einigen europäischen Festivals bieten NightlifePräventionsangebote psychedelischen Support bei Bad Trips an, beispielsweise am Boom Festival in Portugal, am One Love in der Schweiz und am Fusion Festival in Deutschland, siehe auch safernightlife.org und saferdance.ch. Das auch


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als «psychedelische Ambulanz» bekannte Ange­ bot richtet sich an Konsumierende, die aufgrund einer Drogenwirkung oder einer anderen psychisch belastenden Situation psychosoziale Unterstüt­ zung benötigen (ZENDO/MAPS 2015). Diese Angebote lassen sich meist kostenlos oder gegen eine kleine Spende anonym und somit nieder­ schwellig nutzen.

Om 144,2 mg MDMA. Getestet im März 2016 in Zürich

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Fachpersonen aus der Nightlife-Prävention oder therapeutischen Angeboten. Der Konsum von Substanzen kann zu Proble­ men führen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um eine klassische Abhängigkeit in Form eines täglichen Konsums mit Entzugserscheinungen handeln. Der regelmäßige Konsum psychoaktiver Substanzen kann zu weiteren körperlichen oder psychischen Problemen führen und/oder den Alltag negativ beeinflussen. Substanzprobleme werden durch gewisse Voraussetzungen (Vulnerabilitäten) be­ günstigt, weshalb bereits bekannte körperliche oder psychische Erkrankungen zwingendermaßen auf der Ebene des Sets in die Risikoeinschätzung und die Kosten-Nutzen-Rechnung integriert werden müs­ sen (Bücheli 2015). Meist sind solche Vulnerabilitä­ ten jedoch unbekannt. Sie manifestieren sich selten auf einen Schlag; um sie möglichst früh zu erkennen, ist die Reflektion der Rauscherfahrung hilfreich. Deshalb ist es wichtig, Bedenken nahestehender Menschen als mögliche Hinweise auf einen proble­ matischen Konsum anzuerkennen. Hat das Rausch­ erlebnis lang andauernde psychische oder körperliche Auswirkungen, sollte man nicht zögern, ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine solche Hilfe ist heutzutage auch online nutzbar, wie es beispielsweise die Websites snow-control.ch oder safezone.ch zeigen. Dank einer risikoarmen Haltung können psy­ choaktive Substanzen weiterhin ein breites Spek­ trum an positiven Aspekten entfalten und eine Bereicherung für das Leben darstellen.

Der Ort der Konsumreflektion Nach dem Konsum Jede psychonautische Reise hat ein Ende, und die Verarbeitung des Rausches ist für die Entwicklung einer risikoarmen Hal­ tung unabdingbar. Das Setting spielt also auch nach dem Konsum eine wichtige Rolle. Je angenehmer die Umgebung und je vertrau­ ter die anwesenden Perso­ nen, desto leichter lassen sich die Erfahrungen wäh­ rend des Trips reflektieren. So kann man Erkenntnisse gewinnen, die für einen zukünftigen Konsum rele­ vant sind. Sehr wichtig ist es, ehrlich zu sich selbst zu sein. Dazu gehört auch, den tatsächlich erfahrenen Rausch und die beabsichtigten Konsumziele zu reflektieren. Dabei kann eine vor dem Konsum erstellte Kosten-Nut­ zen-Rechnung helfen (Bücheli 2015). Durch den Vergleich mit früheren Rausch­erfahrungen und der dabei jeweils eingenommenen Dosis lassen sich Quellen: Bücheli, A. (2015): Safer Use – Ein Ratgeber zu risiko­armen Verhalten. Lucy’s Rausch, Nr. 2. Solothurn • Bücheli, Rückschlüsse auf eine körperliche Gewöhnung oder A. (2014): Schadensminderung im Schweizer Nachtleben. ein latentes Abhängigkeitspotential ziehen. Musste Suchtmagazin, Nr. 2/2014. Bern • Leary, T., Metzner, R. and Die kompletten sindAlpert, in der gedruckten Ausgabe zuA Manual lesen:Based die Dosis erhöht werden oder hat manArtikel früher als R. (1969): The Psychedelic Experience: on the Tibetan Book of the Dead. London • ZENDO/MAPS ist erhältlich Rausch beabsichtigt erneut Lucy’s konsumiert, sollte man eineim Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im (2015): Manual of Psychedelic Support. Psychedelic Care mehrwöchige Konsumpause in Betracht ziehen. oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com Publications 2015. www.psychsitter.com Eine «Fastenzeit» von mehreren Wochen pro Jahr schont nicht nur den Geldbeutel, sie verhindert auch eine körperliche Gewöhnung und verminALEX BÜCHELI (M.A.) arbeitet seit 2001 in der dert das Abhängigkeits­potential. Prävention und Schadensminderung im Freizeit­ Bei der Reflektion der Konsumerfahrung drogenbereich. 2001–2015 zuständig für die Night­lifekann ein «Personal Drug Trainer» helfen. Diese Präventionsangebote von saferparty.ch. Aktuell ist er Funktion kann eine Vertrauensperson überneh­ aktiv für die Netzwerke Safer Dance Swiss, Safer men, zu der man offen und ehrlich ist; sie sollte die Nightlife Schweiz und Safer Clubbing Schweiz sowie Fähigkeit haben, Gesagtes zu reflektieren und als freischaffender Berater für Prävention und bereit sein, eine Person über einen gewissen Zeit­ Schadensminderung. www.a-buecheli.ch raum zu begleiten – oder dann übernehmen dies


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Transformational Festivals Zwischen gesellschaftlicher Revolution und psychedelischer Unterhaltung TEXT

E

Rob erdo Rav al

s gab eine Zeit, da wie etwa Yoga und Medi­ war der Besuch tation, durch Vorträge eines Psytranceund Diskussionen, durch Festivals ein WochenTheater und bildende end-Trip in die Weiten Kunst. 2. Auf Transfor­ des psychedelischen mational Festivals wird Weltraums, ein vorübernachhaltig gefeiert, sie gehender Ausstieg aus machen sich die Ziele der dem Alltagsgrau. Zurück Ökobewegung zu eigen. kam man in einem wun3. Den wunder­samen Dindersamen Zustand der gen, die sich beim Herumverkaterten Zufriedenhüpfen auf der Tanzfläche Kreisritual am Boom-Festival 2014. Foto: Wolfgang Sterneck heit. Das hat sich im Laufe im Ober­ stübchen abspieder letzten Jahre geändert. Heile Welt auf Zeit war len, wird auf Transformational Festivals ein weltvergestern – heute steht nachhaltige Veränderung auf änderndes Potential beigemessen. dem Programm. Geistig-körperliche Übungen wie Yoga und Über dem schwarzlichtaktiven Trubel von Meditation sind ein wichtiger Aspekt jener Magie, mehr und mehr Psytrance-Festivals erhebt sich ein die Aussteiger aus aller Welt in Indien entdecken. philosophisch-spiritueller Überbau, in dem einer Das Aufkommen elektronischer Tanzmusik an den neuen Weltordnung gehuldigt wird. Deshalb ist Stränden von Goa kann als moderne Form solcher mittlerweile auch von Transformational Festivals Übungen betrachtet werden. Von daher ist es nicht die Rede. Sie verstehen sich nicht länger nur als verwunderlich, dass die Psytrance-Szene eine Affipsychedelisches Tanzvergnügen, sondern als Keim- nität zu Yoga, Meditation & Co. besitzt. Bis vor zelle für neue Gesellschaftsformen, als interaktives etwa zehn Jahren waren diese Praktiken auf FestiModell für einen modernen Lebensstil in Eintracht vals aber weitgehend Privatsache, ein Special-Inmit Mutter Natur. terest-Ding, das es im Camping zu beobachten Ein klassisches Psytrance-Open-Air ließ sich oder in einem kleinen Zelt am Rande der Party zu grob gesagt auf «Tanzmusik + Dekoration + Chill­ entdecken gab. Heute nehmen sie dagegen auf out / Chaishop» zusammenkürzen. Diese Formel ist immer mehr Veranstaltungen einen zentralen auf dem Weg zu den Transformational Festivals Platz im Geschehen ein: So genannte «Healing komplexer geworden. Dabei sind vor allem drei Areas», in denen unter fachkundiger Anweisung Faktoren zu beobachten: körperliche und geistige Übungen durchgeführt 1. Musik und Tanz sind zwar weiterhin ein werden, haben auf Transformational Festivals eine zentraler Bestandteil von Transformational Festi- Infrastruktur, die den Dancefloors in nichts nachvals, jedoch nicht länger der einzige. Psychedelische steht. Inspiration wird durch ein breites Spektrum von Das Angebot reicht von Yoga- und Medita­ Rhythmus und Melodie vermittelt, aber auch durch tionstechniken über Massagen und Klangschasystematische körperliche und geistige Übungen lentherapie bis hin zu Schwitzhüttenritualen – und


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Die Wiederherstellung der Playa nach dem Burning Man 2014.   Foto: J.H.Fearless / CC BY 2.0

es findet großen Zuspruch. Das Gleiche gilt für ein umfangreiches Programm von Vorträgen und Workshops zu gesellschaftstheoretischen, esoterischen und ökologischen Themen, für die Redner und Aktivisten aus aller Welt eingeflogen werden. In der Schnittmenge von Naturwissenschaft und gewagten New-Age-Theorien lautet das Ziel: Bildung und Inspiration für eine neue Gesellschaft, die wieder mehr in Harmonie mit dem Planeten lebt. Harmonie mit dem Planeten also. Kein Wunder, dass auch die Öko-Bewegung ein zentraler Bestandteil von Transformational Festivals ist. Einerseits haben sie den Anspruch, an und für sich möglichst ökologisch zu sein. Andererseits soll nachhaltiges Leben hier im Modell­versuch interaktiv erfahrbar gemacht werden – als Inspiration für eine bessere Welt. Von Mülltrennung und Recycling über Kompost-Klos und erneuerbare Energien bis hin zu fair gehandeltem Kaffee und Bio-Futter in der Fress­meile ist alles auf Nachhaltigkeit getrimmt. Zuletzt ist da noch die Musik. Dass sie im menschlichen Bewusstsein Veränderung auslöst, ist zwar nicht wirklich neu. Und auch der Vergleich von elektronischen Vier-Viertel-Rhythmen mit archaischen Stammestänzen wurde schon gezogen, bevor Psytrance oder Goa als Musikgenres existierten. Dennoch wird der kollektiven Ekstase

auf der Tanzfläche eines Transformational Festivals ein neues, radikales Potential beigemessen. Die Trance-Tanz-Erfahrung und das Gefühl der Einheit werden als Inspirationsquelle für eine utopische Gesellschaft gehandelt. Was bleibt vom Fest? Transformational Festivals verstehen sich als Keimzelle für gesellschaftliche Veränderung – schön und gut. Aber das kann nur der Anfang sein. Denn wenn man den erklärten Anspruch hat, eine neue Weltordnung herbeizuführen, dann muss sie sich auch jenseits des Veranstaltungszeitraums manifestieren. Auf Worte müssen Taten folgen. Oder, wie es der auf Transformational Festivals ikonenhaft verehrte Albert Hofmann trefflich formulierte: «Wir können uns nicht nur in der geistigen Welt bewegen, denn im Alltag müssen wir uns wieder mit der materiellen Welt befassen.» Irgendwann ist es also an der Zeit, das Zelt zusammenzupacken, nach Hause zu gehen und ernst zu machen mit der neuen Welt. Es stellt sich die Frage: Was bleibt vom Fest – wo ist die Transformation, die Veränderung? Im Mikrokosmos des in Portugal stattfindenden Boom Festivals hat tatsächlich eine beachtliche Evolution in Richtung «Neue Welt» }

Auf Worte müssen Taten folgen.


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Kompost-Klos. Foto: greenport.ch

Fusion-Müllsäcke. Foto: alterfusionhase Massage am Schweizer One Love Festival. Foto: Mysticalpics

stattgefunden, zumal was den Aspekt der Nachhaltigkeit betrifft. Mit deutlich mehr als 30 000 Besuchern hat die Boom die Größe einer Kleinstadt. Trotzdem gelingt es ihr, das gesamte Abwasser aus Duschen und Küchen ganz ohne Chemie und mit minimalem Energieaufwand zu reinigen. Ein organisches Filtersystem, das auf Sedimentierung, Verdunstung und Phytosanierung durch spezielle Wasserpflanzen beruht, macht‘s möglich. Und was den Umgang mit Fäkalien angeht, hat das Festival einen wahren Boom ausgelöst. Als im Jahre 2006 die ersten Kompost-Klos aufgestellt wurden, wirkte das wie eine Öko-Kunstinstallation. Zehn Jahre später hat das System die klassischen Chemie-Klos vollständig ersetzt. Überraschenderweise stinken die Kompost-Klos deutlich weniger, sie bieten mehr Komfort, bessere Belüftung und sehen obendrein noch besser aus. Mittlerweile sind sie auf Festivals überall auf der Welt zu finden, und zumindest im Psytrance-Bereich fungierte die Boom hier wohl tatsächlich als Inspirationsquelle für eine bessere Welt. Für ihr umfangreiches Engagement in Sachen Nachhaltigkeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Trotzdem muss sich die Boom einer gewissen Öko-Kritik stellen. Zehntausende Besucher reisen aus buchstäblich allen Ecken der Welt an, sehr viele von ihnen mit dem Flugzeug, und sie verursachen dadurch einen CO2-Ausstoß von gewaltigem Ausmaß. Ein angemessener Preis für die weltverändernde Inspiration, die sie auf diesem Transformational Festival erfahren? Die weite Anreise trägt nicht nur aktiv zur Erderwärmung bei, sie kostet auch Geld – und das will bekanntlich verdient sein. Das führt uns zu einer interessanten Frage: Wer

sind die Menschen, die sich auf Transformational Festivals versammeln und dort neue Gesellschaftsmodelle und alternative Lebensformen ausprobieren? Womit verdienen sie ihr Geld? Auf dem Burning-Man-Festival in den USA sind sie zu 90 Prozent weiß. Das Spektakel in der Wüste von Nevada zieht mehr Menschen mit einem Jahresgehalt von über 300 000 US-Dollar an als Schwarze. Diese Zahlen offenbaren einen empfindlichen Unterschied zum dort wirklich werdenden Szenario einer postapokalyptischen Zukunft im Stile von Mad Max. Die Burning Men sind nicht die, die am Ende der Welt übrig bleiben; die Burning Men sind die, die es sich leisten können. In ihrer soziologischen Struktur spiegeln sich die Tücken jener kapitalistisch-konsumorientierten Gesellschaft wider, zu der sich Transformational Festivals ja eigentlich als Gegenkultur verstehen. Nun ist das Burning Man allerdings auch kein Transformational Festival: «Wir haben das nie als utopische Gesellschaft gesehen», sagt Mitbegründer Larry Harvey 2015 im Interview mit dem britischen Guardian. Was bleibt? Eine unter hedonistischen Gesichtspunkten zweifelsohne großartige Party, von der man halten kann, was man mag, die mit solch einer Aussage aber zumindest nicht Gefahr läuft, in die Fallstricke der Doppelmoral zu tänzeln. Das Fusion Festival in Deutschland setzt in Sachen gesellschaftliche Veränderung auf eine Doppelstrategie. Obwohl das Freiluftvergnügen unter dem deutlich politisch angehauchten Motto «Ferienkommunismus» stattfindet, dreht sich die Veranstaltung in erster Linie um Kultur. Mit einem extrem breit gefächerten und avantgardistischen Programm, in dem Psytrance übrigens nur einen

Burning Men sind die, die es sich leisten können.


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Symbolträchtiges Denkmal an der Fusion. Foto: alterfusionhase

Bruchteil ausmacht, möchte sie in erster Linie eine Alternative zur kommerzialisierten MainstreamKultur bieten. Der Transformations-Aspekt verbirgt sich im Hintergrund: Die Fusion wird vom Kultur­ kosmos e.V. veranstaltet, einem gemeinnützigen Verein. Gesellschaftliche Veränderung wird durch Projekte jenseits des jährlich stattfindenden Festivals vorangetrieben. Das Engagement erstreckt sich beispielsweise auf Jugendcamps und Schulprojekte, die Toleranz und Weltoffenheit fördern sollen. Außerdem gibt es einen Fonds, der explizit «zum Support und Erhalt von linken Strukturen und Projekten» genutzt wird.

konkreter Schritt in Richtung einer besseren Welt. Das gleiche gilt für die Investition von Festivaleinnahmen in soziale oder politische Projekte. Auch die aktive Förderung von Techniken wie Yoga und Meditation ist positiv zu vermerken, denn sie schafft zumindest prinzipiell die Grundlage für eine neue Gesellschaft: ein Individuum, das im inneren Frieden mit sich selbst lebt. Im Angesicht des allgemeinen Booms derartiger Praktiken stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sie wirklich revolutionäres Potential besitzen oder ob es sich nur um eine Form der Unterhaltung für intellektuelle Partygänger handelt. Auch zeigt sich, dass es den Transformational Zwischen Revolution und Unterhaltung Festivals nicht gelingt, sich der globalen KonsumWährend des Festivals sieht sich die Fusion aller- und Fortschrittskultur zu entziehen, welche die dings auch mit brachialer Konsumkultur konfron- Entwicklung unseres Planeten bestimmt. Darüber tiert – und mit den daraus folgenden Problemen. kann auch das großartige Gefühl der erlebten EinDie Müllberge am Sonntag sind berühmt-berüch- heit mit dem Universum auf der Tanzfläche nicht tigt, viele Tanzflächen und das Camping erinnern hinwegtäuschen. Der Lebensstil des meditierenden nach dem Festival an eine Müllkippe. Das ist es, was Psytrance-Yogis, der glücklich und zufrieden in alle von jener «Gesellschaft der ganz speziellen Art» Ecken der Welt reist, um dort Teil einer utopischen zurückbleibt, von der auf der Fusion-Website die Gesellschaft zu sein, mag romantisch und für den Rede ist. Auch wenn es sich natürlich nicht um ein geneigten Psychonauten absolut erstrebenswert Die kompletten Artikel sindsein. in der zu lesen: alleiniges Problem dieses Festivals handelt, zeigt Eingedruckten realistischesAusgabe Zukunftsmodell für die ist erhältlich in Buch- und ist in Hanfshops und im Rausch sich hier doch eineLucy’s grimmige Wirklichkeit. Wasim Pressehandel, menschliche Gesellschaft er jedoch nicht. nützt den MenschenVersand Weltoffenheit und Toleranz, oder als Abo mit Langzeitwirkung über www.lucys-magazin.com wenn ihr natürlicher Lebensraum im eigenen Müll untergeht? Unabhängige Kultur ist großartig – aber wo genau ist hier der Unterschied zum unkritischen Massenkonsum eines Mainstream-Events? ROBERDO RAVAL ist freischaffender Journalist Ein kritischer Blick aufs Geschehen von und Werbetexter sowie DJ und Kenner der PsyTransformational Festivals offenbart zwei gegenTrance- bzw. Techno- und Elektro-Szene und sätzliche Aspekte. Einerseits sind sie durchaus -Kultur. Roberdo Raval schreibt unter anderem für revolutionär, besonders was ihre Nachhaltigkeit das Mushroom Magazine und bereist, nicht nur als angeht. Wenn es einem internationalen Festival Reporter, Festivals auf der ganzen Welt. gelingt, seinen ökologischen Fußabdruck beträcht textfinesse.de lich zu verkleinern, dann ist das zweifelsohne ein


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Das Goa-Buch Von der Szene für die Szene TEXT

Pascal Querner

1989 entführte mich mein Freund Paul aus London

sitzend Chai servierten. Die Musik konnte man

für den Silvesterabend nach Anjuna in Goa. Er sagte

förmlich durch den Boden hören. Ich hatte so etwas

mir, er würde mich zu einer Party im Dschungel

noch nie gehört – eine neue Form von Psy-Disco?

bringen, die erst um vier Uhr morgens beginnen

Moderne elektronische Musik für Erwachsene kam

würde – wegen der Polizei. Ich sagte ihm,

aus den riesigen Lautsprechern, überall Schwarzlich-

dass ich zu müde und zu alt sei und irgendwie gar nichts unternehmen möchte. Aber dann zwang er mich in ein

kunstskulpturen in allen Farben. Auch die Baumstämme waren fluoreszierend bemalt. Alles leuchtete, und Hunderte Tänzer stiegen aus dem

Taxi und wir

Staub empor – die Geister

fuhren an den

dieser Szenerie. Der Vibe

Rand eines

war genial, die Musik per-

riesigen Tales,

fekt, ein neuer Stamm

von wo man das Arabische Meer überblicken konnte. Es war eine traumhafte Vollmondnacht, die Sterne glitzerten in

J

ter und leuchtende Gemälde und Faden-

hatte sich entwickelt. Partyleute aus aller Welt wollten den heiligen Platz zusammen finden, die Zuflucht für Liebe und gegenseitiges Verstehen, für Friede und Freude durch

der Dunkelheit der blauen Sternennacht,

Tanz und Freundschaft. Die Musik wurde zum Gott,

und in der Ferne sahen wir die Lichter und den Staub.

und wir wurden zur Musik. Es war eine spirituelle

Wir fuhren vorsichtig weiter und erreichten ein Lager

Zeremonie – genau das, was ich insgeheim mein

mit Kokospalmen, wo ein Dutzend Frauen auf Matten

ganzes Leben lang gesucht hatte. RAJA RAM

edes Festival kann zu einem «Highway to Paradise» werden, zu einer kosmischen Erfahrung, egal ob in Goa am Strand, in den Bergen, in einem Wald oder einer Burgruine. Aber wir wissen alle, dass nicht jedes Festival gleich gut ist. Ob ein Festival zu einem paradiesischen Erlebnis wird, hängt von vielen Faktoren ab. Und jeder, der lange genug auf Partys geht, kennt dieses Gefühl der völlig freien und unbelasteten Tage, die man tanzend in der Sonne oder im Regen und mit neuen oder alten Freunden verbringt. Für mich war es immer ein besonders schönes Gefühl, nach den an der Party verbrachten Tagen kurz zu überlegen,

was meine nächsten Ziele sind. Genau darum geht es: eine «andere Welt» zu erleben – die konventionelle Gesellschaft zurückzulassen und etwas Neues zu erleben, Spaß zu haben und tolle und intensive psychedelische Erfahrungen zu machen, das Ego in der Zivilisation zurück zu lassen, zu tanzen und die Verbindung zur Natur wieder zu spüren. Tanzen ist aktive Meditation. Wenn wir tanzen, gehen wir über das Denken, den Verstand und über unsere eigene Individualität hinaus, um Eins zu werden in göttlicher Ekstase, in Verbindung mit dem kosmischen Geist. Das ist die Essenz der kosmischen Trance-Tanz-Erfahrung. GOA GIL


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Gute Musik, zu der man ausdauernd und ausgelassen tanzen kann, ist sicher wichtig, aber die Musik allein erzeugt noch lange nicht diese ganz speziellen Gefühle und die Stimmung auf der Tanzfläche. Nur wenn ein Festival mit Hingabe und Liebe und ohne große kommerzielle Hintergründe organisiert ist und wenn am richtigen Ort die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt zusammenkommen, dann erst entsteht dieses unbeschreibliche Gefühl der Einheit. Wenn die Musik wirklich gut ist und die Tänzer voll in ihr aufgehen, hören wir alle auf zu denken und werden eins mit der Musik, eins mit den anderen und mit der ganzen Natur um uns herum. Wir fallen in Trance, ganz bewusst und offen, und lassen die Blockaden unseres Egos einfach los. In diesem Moment, wenn alles perfekt ist – Boom! – kann die universelle Übertragung stattfinden. GOA GIL

In Goa war und ist es leicht, sich ins Paradies zu versetzen; nur ein Blick auf das Meer, die Palmen und den Strand genügt. Dazu noch freundliche und ausgeflippte Partyleute aus der ganzen Welt, leichter Zugang zu Drogen wie LSD und Ganja, und die Welt war für viele und für eine lange Zeit perfekt. Aber nicht nur in Indien gab es diese Partys mit paradiesischen Zuständen, bald haben sie sich

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auch auf andere «Magic Spots» auf dieser Welt verbreitet. Dazu gehören Plätze in Brasilien, Bali, Thailand, Ibiza, Australien, Südafrika und den USA. Drogen waren immer Bestandteil der menschlichen Kultur und zeigen das Urbedürfnis des Menschen, sich zu berauschen. Die Goa-Bewegung und Drogen beeinflussten sich von Anfang an gegenseitig: Einerseits wurden Partys tiefgreifend durch entsprechende Erfahrungen inspiriert, andererseits verändern die an Partys erlebten Bewusstseinszustände Individuen und ganze Gruppen. (...) Mit den gleichen chemischen Verbindungen in den Blutbahnen können sich die Anwesenden tranceartig den unsichtbaren Linien eines kollektiven Bewusstseins entlangtasten und im Tanz der Moleküle auf einer höheren Ebene verschmelzen. ROGER LIGGENSTORFER

}


84  GOA-BUCH

Zwei bereits seit langem existierende Festivals haben eine gewisse Sonderstellung in der PsyTrance-Szene: das Boom Festival in Portugal und das O.Z.O.R.A. Festival in Ungarn. Sie verkörpern das Gefühl des internationalen Tribes sehr stark, andererseits sind sie auch durch die gute Organisation, die Liebe zum Detail, die wunderschönen Plätze, den Umgang mit der Natur und der Landschaft einzigartig geworden. Wo gibt es das sonst, dass für die grasenden Schafherden täglich die Tanzfläche gesperrt wird? Wo kann man mit einem Heißluftballon von oben die Party beobachten? Hier befindet sich das Festival noch in einer Balance mit der Landschaft, den Menschen und Tieren, die hier leben. Und welches Festival zieht auch nach völlig verregneten Jahren mit katastrophalen Überschwemmungen auf dem Campingplatz Jahr für Jahr mehr Besucher an? Als paradiesische Orte haben natürlich auch die Sonnenfinsternis-Festivals eine ganz besondere Ausstrahlung, denn hier trägt jeder Besucher (meist nach einer einmaligen, langen und aufwändigen Anreise) schon vor der Ankunft ein breites Lächeln im Gesicht. Jeder, der so ein Festival miterlebt hat, egal, ob mit 15 000 Besuchern oder nur ein paar 100, fühlt diese starke Verbindung mit den Besuchern aus aller Welt durch das Naturerlebnis der Sonnenfinsternis. Es gibt keine anderen Festi-

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vals, die immer nur ein einziges Mal am selben Ort stattfinden – einzigartige und einmalige Erlebnisse sind daher garantiert. Als sich der Himmel veränderte und die knapp 8000 Anwesenden in seltsame Schatten hüllte, schaltete in diesem Moment Hallucinogen die Musik aus, die Sonne wurde vom Mond verdeckt, und die Venus brannte hoch im nachmittäglichen Himmel. Es war eine dreieinhalbminütige kosmische Momentaufnahme, deren dunkler Blitz einen Eindruck auf der Vielzahl der nackten Retinas der heulenden Masse hinterließ. Diese Massen sind weiter gewachsen und haben weiter geheult, inmitten dieser tageszeitlichen Nachtwelt. GRAHAM ST. JOHN

Performances sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil vieler großer und kleiner Festivals und Partys geworden. Diese können einerseits von Besuchern selbst initiiert sein oder werden vom Veranstalter bewusst als Teil der Show mit der Musik eingesetzt. Ursprünglich wurden auf den ersten Partys in Goa keine organisierten Auftritte vorbereitet, aber viele der Besucher kleideten sich von Anfang an freakig, flippig, schräg oder lustig, schminkten sich oder waren verkleidet. Es besteht dabei zweifellos eine Verbindung zum Kleiderstil der Hippies der sechziger Jahre, die damit auch die Normen ihrer Zeit brechen wollten. Es gibt aber sicher auch einen Zusammenhang mit dem Konsum von psychoaktiven Substanzen, welche die persönliche Hemmschwelle herabsetzen und das Bedürfnis verstärken, sich anders zu geben als im Alltag. Eben diesem Alltag versuchen viele mit dieser Ausdrucksweise zu entfliehen und in eine andere Welt einzutauchen.


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Wenn eine Goa-Party ihren Höhepunkt erlangt, wird die Location im Idealfall zu einem Energiefeld, das zwar nicht sichtbar, aber dennoch sinnlich für alle spürbar ist. Die Körper bewegen sich unbeschwert, während sich die Wahrnehmung völlig auf den Moment konzentriert. Im Inneren der Tanzenden breitet sich eine positive Leere aus, die nur durch den Rhythmus ausgefüllt wird. Überall wird ekstatisch getanzt, die Grenzen zwischen dem

85

siebziger Jahren auch die Hippies, die Europa oder die USA zeitweise oder langfristig verlassen wollten – wenn schon woanders hinziehen, dann gleich an einen Traumplatz mit günstigen Lebensbedingungen, um dort möglichst lange mit wenig Geld auszukommen. Aber nur die tiefe Spiritualität in Indien, die jahrtausendalte Geschichte, die einzigartige Kultur des Landes (und möglicherweise auch die Ver­ fügbarkeit von Ganja, also Hanf) haben diesen Ort zum Ursprung des Goa-Tribe und zu einem Ort der Nachfolger der Hippiebewegung gemacht. Jahr für Jahr sind die Menschen hierher zurückgekommen; sie tun es bis heute. Die elektronische Musik und die Partys kamen erst mit der Zeit; sie gaben Goa noch mehr Anziehungskraft und machten es zu dem Ort, der heute so berühmt ist.

Dancefloor und den übrigen Bereichen verschwinden. Durch die Trance-Tanzerfahrung werden die Menschen

WOLFGANG STERNECK

hoffentlich sensibler und bewusster gegenüber sich

Egal, ob organisiert oder nicht – Performances sind ein wichtiger, schöner, lustiger und psychedelischer Teil jeder Party. Dazu gehören die Feuershows in der Nacht, die auf keinem Outdoor-Festival fehlen, Männer und Frauen auf Stelzen, die unsere Wahrnehmung täuschen, bemalte Gesichter und Körper. Oft hat mich ein Besucher so zum Lachen gebracht und auf der Tanzfläche eine spezielle Stimmung erzeugt, die uns die eine oder andere Festivalnacht nicht vergessen lässt. Die heutigen Goa-Partys reihen sich ein in die Liste der seit der Steinzeit bestehenden Tanzkulte. Das Tanzen an sich sowie verschiedenste Tänze haben ihren Ursprung im Schamanismus. Es waren ursprünglich rituelle Tänze, denen Heil- und Zauberkraft zugeschrieben wurden. Dass Tanzen gezielt zur Erzeugung veränderter Bewusstseinszustände wie Trance und Ekstase eingesetzt wird, ist zu allen Zeiten

selbst und ihrer Umgebung, dem Scheideweg der Menschheit und den Bedürfnissen unseres Planeten. Mit diesem Bewusstsein kommt Verständnis und Mitgefühl. Das ist die Gebot der Stunde und der wahre Geist im Goa. GOA GIL

Die Goaszene ist eine sehr optisch geprägte Szene. Nachdem ich jahrelang auf Festivals fotografiert hatte und die Fotos anderer Fotografen mich immer wieder begeisterten, wollte ich einen Bildband, ein Fotobuch über diese Szene machen. Das Resultat nach fast zwei Jahren Arbeit wurde sehr viel mehr – das Goa-Buch enthält nicht nur tolle Bilder aus der ganzen Welt, sondern auch visionäre Kunst, Texte über die Geschichte der Szene, ihre Hintergründe, Erfahrungen und Kritik. Es ist ein Gesamtkunstwerk mit 36 Kapiteln. Die dem Buch beigelegte DVD bietet auch bewegte Bilder von legendären Festivals und natürlich Musik.

kompletten Artikel sind in vielen Kulturen Die nachzuweisen. CHRISTIAN RÄTSCH

in der gedruckten Ausgabe zu lesen:

AUSZUG AUS DEM BUCH GOA VON TOM ROM UND PASCAL QUERNER

Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und im Goa in Indien ist der Ursprungsort der Musik oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com PASCAL QUERNER und der Lebenskultur, der wir dieses Buch gewidist zusammen mit Tom Rom met haben, und er ist für viele auch ein paradiesiHerausgeber, Fotograf und scher Ort. Für manche hat sich Goa in den letzten Autor des Buches GOA, zwanzig Jahren zu stark verändert und löst nicht aus dem alle Zitate und mehr diese euphorischen Gefühle aus. Für andere, Fotos im Artikel stammen. die weiterhin jeden Winter hier verbringen, hat es Die deutsche Ausgabe immer noch denselben Charakter. Goa hat alle erschien 2010 im Nachtwichtigen Eigenschaften für einen Magic Spot, schatten Verlag und ist einen magischen Platz: Meer, Sonne, Palmen, günsbereits vergriffen, die tige Unterkünfte, gutes Essen und freundliche englische Ausgabe von 2011 Leute. Genau das suchten in den sechziger und ist noch verfügbar.


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ETHNOBOTANISCHES GROWING TEIL 1

Holzrose, Trichterwinde & Ololiuqui LSA-haltige Windengewächse TEXT

D

Kev i n J o h a n n

ie Faszikeineswegs nation auf deren für Einnahme. geistbewegende Denn genauPflanzen begleiso inspirativ, tet den Menschen lehrreich, beseit Anbeginn seiner wusstseinserweiExistenz. Daran hat ternd und zaubersich bis zum heutigen haft kann es sein, diese Tag nicht viel verändert – Pflanzen selbst zu kultivietrotz radikaler und bisweilen ren, sie zu pflegen, in ihrem Foto: 123RF böswilliger Versuche, den Gebrauch dieWachstum zu beobachten, mit ihnen ser besonderen Gewächse zu verbieten. Auch in zu meditieren oder sich einfach nur an ihrem Zukunft wird das Interesse an psychoaktiven Dasein zu erfreuen. Pflanzen nicht abflachen – im Gegenteil. SchließFolge 1 der Artikelserie zu Kultur- und Pflegelich haben diese wunderbaren Geschöpfe aufgrund anleitungen ethnobotanisch relevanter Pflanzen ihrer chemischen Zusammensetzung bei einer präsentiert drei Arten aus der botanischen Familie adäquaten und respektvollen Annäherung die der Windengewächse (Convolvulaceae): Argyreia besondere Qualität, dass sie dem Menschen auf nervosa, Ipomoea violacea und Rivea corymbosa; mannigfaltige Art und Weise behilflich und nütz- allesamt Spezies, deren Samen in nennenswerter lich sein können: indem sie seine Sinnesfähigkeit Konzentration das geistbewegende Lysergsäureverfeinern, einen sakralen Raum schaffen, «das derivat LSA enthalten. Herz öffnen», ganzheitliche Heilungsprozesse einleiten und ihrem Anwender Freude, Inspiration HINWEIS: Im Blumenhandel erstandenes Saatgut ist nicht für Konsumzwecke vorgesehen und wird üblicherweise mit oder spirituelle Erfahrungen schenken. ungenießbaren und giftigen Fungiziden chemisch behandelt Dabei beschränkt sich das Interesse an der bzw. gebeizt. Das trifft besonders auf die psychoaktiven faszinierenden Welt der geistbewegenden Pflanzen Windengewächse zu.


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Argyreia nervosa

BURMAN f. BOJER

Synonyme: Argyreia speciosa (L. f.)

5 cm sowie ein variierendes Farb-

Sweet, Convolvulus speciosa L. f.

spektrum auf – von weiß-rosa bis hin zu

Trivialnamen: Elefantenwinde,

dunkelblau-lila. Die Samen­kapseln sind

Hawaiianische Holzrose, Silberkraut,

rund, bräunlich und erinnern optisch

Silberwinde (dt.), Bastantri, Vrddhadaru-

an eine Beere; eine Kapsel enthält bis

kah (Sanskrit), Hawaiian Baby Woodrose,

zu 6 Samenkörner.

Silver Morning Glory (engl.) u. a.

Verwendete Pflanzenteile: Samen.

Vorkommen: Ursprüngliche Heimat

Wirkstoffe: Diverse Mutterkorn­

der Holzrose ist der indische Subkonti-

alkaloide (0,3 %), unter anderem

nent. Als eingebürgerte Wildpflanze

Agroclavin, Chanoclavin-I und -II,

kommt sie außerdem in Afrika und

Ergin (= LSA, bis zu 22 %), Ergometrin,

Australien vor, als Kulturpflanze

Isoergin, Lysergen, Lysergol, Lyserg­

weltweit.

säurehydroxyethylamid, Penniclavin

Botanik: Mehrjährige Kletterpflanze,

und Stetoclavin.

holzig, Milchsaft führend, Wuchshöhe

Dosis: leicht → 2– 3 Samen, mittel →

bis zu 10 m. Herzförmige, tiefgrüne und

4–7 Samen (Standarddosis), stark →

mittel» sowie zur Behandlung von

gegenständig angeordnete Blätter mit

8–11 Samen, maximal → 12–13 Samen.

Arthritis, Bronchialerkrankungen,

einem Durchmesser von max.30 cm,

Ethnobotanik: Uralte Heilpflanze

Diabetes, Fieber u.a. Einige Forscher

die Blattunterseite ist flaumig behaart

altindischer Medizinsysteme (Ayurveda

vermuten, dass es sich bei der Spezies

und erscheint daher leicht silbrig. Die

u. a.). Empfohlen wurden Zubereitun-

Argyreia nervosa möglicherweise um

zweigeschlechtlichen Blüten sind

gen aus der Holzrose z.B. als stärkendes

das altindische, in der Rigveda

trompeten- bzw. trichterförmig und

Tonikum, aphrodisisches Liebesmittel,

besungene Entheogen namens Soma

weisen einen Durchmesser von etwa

antidement wirkendes «Verjüngungs-

handelt.

Kultur- und Pflegeanleitung Bei erstmaliger Kultur der Holzrose greift der Gärtner üblicherweise auf erworbenes Saatgut zurück, das zur Erhöhung der Keimfähigkeit einer Vorbehandlung bedarf, bevor es in die Erde gesteckt wird. Die Samenkörner müssen mit einer Nagelfeile oder Schleifpapier angefeilt und etwas von ihrer holzigen Schale befreit werden. Dann lässt man sie

24 Stunden lang in einem lauwarmen Wasserbad vorquellen. Sobald die Körner auf das Doppelte ihrer ursprünglichen Größe aufgequollen sind, werden sie dem Wasserbad entnommen und 0,5–1 cm tief in Anzuchtsubstrat gesteckt (Stichwort: Dunkelkeimer). Die Anzuchttöpfe müssen unbedingt in einem Zimmergewächshaus platziert werden. Oder man bedeckt sie mit einer durchsichtigen Plastikfolie oder einem Glas und stellt sie an einen hellen, warmen Ort in der Wohnung. Bei konstanter Substratfeuchte (keine Staunässe!), viel Helligkeit und Temperaturen um die 25  °C zeigen sich die Sämlinge üblicherweise nach 1–3 Wochen. Nach Ausbildung ihres ersten Blattpaars werden sie pi­kiert – beispielsweise mit Hilfe eines Teelöffels – und einzeln in Kübel gepflanzt. Argyreia nervosa benötigt einen warmen und hellen Standort mit hoher Luftfeuchtigkeit sowie eine Rankhilfe. Jungpflanzen benötigen zwar viel Helligkeit, reagieren auf direkte Sonnenbestrahlung mitunter aber sehr empfindlich; ältere Exemplare hingegen können nicht genug Sonne }


8 8   L S A - H A LT I G E W I N D E N G E W Ä C H S E

PRAXISTIPP

Rankhilfen selber bauen

Fast alle Windengewächse benötigen eine Rank- bzw. Kletterhilfe, um optimal wachsen und gedeihen zu können. Am günstigsten kommt es, wenn man das «Klettergerüst» für seine Lieben selber baut. Der Phantasie und Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Geeignet sind beispielsweise Bambusstäbe oder Strauch- und Astschnitt aus dem Vorjahr, die zu einem Gitter verschnürt werden. Einfacher ist es, eine Schnur oder ein Seil zu spannen. Alternativ ist es ebenfalls möglich, aus biegsamen Weideästen eine Spirale zu formen – was besonders für psychoaktive Schamanenpflanzen passend erscheint – und die Windengewächse an dieser emporwachsen zu lassen.

Die Blüten der Hawaiianischen Holzrose.  Foto: Loi Miao

abbekommen. Während der warmen Sommermonate ist es möglich, die Holzrosen-Kübel in den Garten, auf den Balkon oder die Terrasse zu den anderen Pflanzen zu stellen, sofern die Klimabedingungen es zulassen. Pflege Die Holzrose mag es, wenn sie täglich gegossen und regelmäßig großzügig mit Wasser eingesprüht bzw. vernebelt wird. Staunässe sollte jedoch verhindert werden, denn diese erhöht das Risiko einer Wurzelfäulnis stark. Im Topfuntersetzer angesammeltes Gießwasser muss man daher sofort abschütten. Als Substrat eignet sich ein Gemisch aus gesiebter Komposterde und Sand; die Pflanze wächst erfahrungsgemäß aber auch in handelsüblicher Einheitserde. Für eine regelmäßige Zufuhr von Nährstoffen (einmal monatlich) in Form eines biologischen Düngers ist die Holzrose während der Vegetationszeit sehr dankbar. Ein langsames Wachstum ist bei einer Zimmerkultur trotz Nährstoffzufuhr allerdings normal, ebenso entwickelt die Holzrose als Zimmerpflanze kultiviert oft nur wenige bis gar keine Blüten. Deutlich anders verhält es sich, wenn sie im warmen und hellen Wintergarten oder im beheizbaren Gartengewächshaus gedeiht.

Die optimale Temperatur während der Wachstumszeit beläuft sich auf etwa 25  °C. Um die Pflanze sukzessive an das Wohnungsklima anzupassen, kann die Raumtemperatur alle 1–2 Monate sukzessive gesenkt werden, jedoch nicht tiefer als 18–20 °C. Vermehrung Befindet sich eine Pflanze bereits in erfolgreicher Kultur, ist es ratsam und deutlich unkomplizierter, sie auf vegetativem Wege zu vermehren, sprich durch das Schneiden von Stecklingen. Man schneidet zunächst mit einer scharfen Klinge rankende Triebe ab und steckt diese anschließend in Anzucht- oder Quelltöpfe. Diese werden in ein Zimmergewächshaus gestellt oder man stülpt ihnen eine Plastiktüte über. Auf Quelltöpfe aus Torf sollte man aus ökologischen Gründen verzichten, besser greift man auf Alternativen zurück (z. B. Kokosfaser-Quelltöpfe). Die Bewurzelung funktioniert, sofern der Steckling es warm hat und einer hohen Luftfeuchte ausgesetzt wird, meist ohne den Einsatz von Bewurzelungs­ hilfen. Wer etwas nachhelfen möchte, kann es mit natürlichem Weidenrutentee probieren. Während der Überwinterungsperiode steht die Pflanze an einem hellen Ort mit Temperaturen von etwa 15  °C. Die Wasserzufuhr geschieht in dieser Zeit nur sehr sparsam. Dünger benötigt die Pflanze in den Wintermonaten überhaupt keinen. Gegen Krankheiten ist die Pflanze bei art­ gerechtem Standort und guter Pflege weitgehend resistent. Als potenzieller Schädling kommt primär die Spinnmilbe in Betracht, im Besonderen dann, wenn man Argyreia nervosa ganzjährig als Zimmerpflanze hält.


Luc y’s Rau sch Nr. 3

89

Ipomoea violacea

LINNE

Synonyme: Ipomoea tricolor Cavanilles,

meist leuchtend violett (ggf. auch

Ipomoea rubrocaerulea Hooker, Pharbitis

weiß, blau oder rosa). Die Samenkörner

rubrocaerulea (Hooker) Planchon

sind schwarz, dreieckig und reifen in

Trivialnamen: Blaue Trichterwinde,

kugelförmigen Fruchtkapseln heran.

Dreifarbige Prunkwinde, Himmelblaue

Verwendete Pflanzenteile: Samen.

Prunkwinde, Kaiserwinde, Prachtwinde

Wirkstoffe: Hauptalkaloid ist

(dt.), Bejucillo (span.), Morning Glory

Ergin (= LSA), weitere im Samen­

(engl.), Tlitliltzin (aztek.) u. a.

material verfügbare Verbindungen aus

Vorkommen: Botanische Heimat sind

der Stoffgruppe der Mutterkorn­

die mexikanischen Tropen. Als

alkaloide sind Chanoclavin, Elymocla-

Ein schamanisch-ritueller Gebrauch der

dekorative Gartenzierde wird Ipomoea

vin, Ergometrin, Isolysergsäureamid

psychoaktiven Samen lässt sich bis in

violacea heute weltweit kultiviert.

und Lysergsäurehydroxyethylamid u. a.

die vorspanische Zeit zurückverfolgen.

Botanik: Einjährige (in warmen

Dosis: Leicht → 20–100 Samen

Dass I. violacea mit dem einstigen

Gefilden auch mehrjährige) Kletter-

(entsprechen 0,7–3 g), mittel →

mexikanischen Entheogen Tlitlitzin

pflanze mit dünnen und rankenden

100–250 Samen (entsprechen 3–6 g),

identisch ist, wurde nie eindeutig

Ästen, die Wuchshöhe beläuft sich auf

stark → 250–400 Samen (entsprechen

bestätigt. Gelegentlich wurden die

maximal 3 m. Das Blattwerk ist

6–10 g).

Samen dem Ritualtrunk Ololiuqui

herzförmig zugespitzt, länglich, grün

Ethnobotanik: Alte mexikanische

beigefügt. Ein Gebrauch der Prunk­

und erreicht eine Größe von 10 cm.

Ritual- und Zauberpflanze, die von

winde als Heilpflanze ist von den

Die optisch sehr reizvollen Blüten

einigen Stämmen – etwa den Mixe – als

Lakandonen bekannt, beispiels-

erscheinen von Juli bis Oktober; sie sind

die Schwester der Ololiuqui-Ranke

weise zur Therapie von Geschlechts-

trichterförmig, etwa 8 cm breit und

(Rivea corymbosa) bezeichnet wird.

krankheiten.

Kultur- und Pflegeanleitung Angezogen und vermehrt wird die Blaue Trichterwinde durch Saatgut. Dieses kann entweder ab März im Zimmergewächshaus oder auf der warmen und sonnigen Fensterbank vorgezogen werden, oder der Gärtner sät die Samen ab Mai, sobald die Eisheiligen vorüber sind, direkt an Ort und Stelle ins Beet, in Kübel oder in die hängende Blumenampel.

Zur Erhöhung der Keimfähigkeit werden die Samenkörner vor Aussaat über einen Zeitraum von 12–24 Stunden in lauwarmem Wasser vorgequellt. Danach werden sie 0,5–1 cm tief in (Anzucht-)Erde gesteckt. Nach etwa zwei Wochen zeigen sich die ersten Keimlinge (Keimtemperatur: 20 °C). Diese werden, nachdem sie wenige Zentimeter gewachsen sind, einzeln oder maximal zu dritt in größere Kübel gepflanzt. Ab Mai kann man die Prunkwinde Die kompletten Artikel sindschließlich in der gedruckten zu lesen: auspflanzen Ausgabe bzw. die Kübel ins Freiland in Buch- und in Hanfshops und im Lucy’s Rausch ist erhältlich im Pressehandel, stellen. Wer Ipomoea ab Mai direkt ins Beet oder als Abo violacea mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com säen möchte und sich eine Prunkwinden-Reihe wünscht – die besonders als attraktive Begrünung trister Maschendrahtzäune geeignet ist –, sollte einen Pflanzenabstand von etwa 30 cm einhalten. Im Garten benötigt die Pflanze unbedingt einen vollsonnigen und windgeschützten Standort sowie eine Rank- und Kletterhilfe. Ipomoea-Arten wachsen zwar auch im Halbschatten, entwickeln dann aber weniger und auch kleinere Blüten. Tipp: Verwelkte Blüten abknipsen! Dadurch lässt sich die } Blühfreudigkeit erhöhen.


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Aufgrund des hohen Wasserbedarfs muss man an heißen und trockenen Sommertagen reichlich gießen, da die herzförmigen Blätter sonst schnell zu welken beginnen. Staunässe muss jedoch verhindert werden. Was die Bodenqualität betrifft, ist die Pflanze ziemlich anspruchslos. Für die Topfkultur kann handelsübliche oder selbstgemischte Blumenerde verwendet werden; bei der Anzucht im Garten ist der mit etwas Kompost angereicherte Gartenboden für einen optimalen Wuchs meist völlig ausreichend. Wichtig ist, dass der Boden durchlässig und tendenziell eher locker ist. Grundsätzlich wächst die Prunkwinde zwar auch ohne die Zufuhr

L u c y ’ s R a u s c h N r .  3

von Dünger. Allerdings gedeiht sie zügiger und üppiger, wenn sie alle zwei bis drei Wochen eine Nährstoffzufuhr bekommt – am besten wird ein organisch-biologischer Dünger mit einem hohen Kaliumanteil verwendet. Ipomoea-Arten werden in Deutschland aufgrund ihrer extremen Frostempfindlichkeit meist als einjährige Pflanzen gehalten. Üblich ist es, die Samen im Herbst eigenhändig zu ernten und im Folgejahr wieder auszusäen. Dazu werden die Samen einfach aus der ausgereiften Fruchtkapsel genommen und den Winter über an einem dunklen, kühlen und trockenen Ort aufbewahrt.

Rivea corymbosa

LINNE, HALLIER f.

Synonyme: Convolvulus corymbosa

Blattwerk mit einer Länge von etwa 8

Linné, Ipomoea corymbosa (Linné)

cm. Die Blüten sind weiß bis hellviolett,

Roth, Ipomoea sidaefolia (Kunth)

trichterförmig und erreichen eine Länge

Choisy, Turbina corymbosa (Linné)

von 5 cm, die Frucht ist einsamig.

Rafinesque u. a.

Verwendete Pflanzenteile: Samen,

Trivialnamen: Grüne Schlange,

seltener Blätter und Wurzel.

Ololiuqui, Ololiuquiranke, Schlangen-

Wirkstoffe: Zentrale Inhaltsstoffe der

pflanze, Weihnachtsrebe, Weiße

Samen sind Mutterkornalkaloide

Trichterwinde, Zauberwinde (dt.),

(0,01–0,07  %), allen voran Ergin

Coatlxoxouhqui (aztek.), Flor de la

(= LSA, bis zu 50 %). Nebenalkaloide

virgen (span.) u.a.

sind Chanoclavin, Elymoclavin, Erginin,

les Entheogen verwendet. Die rituelle

Vorkommen: Natürliches Vorkommen

Lysergol und Lysergsäurehydroxy­

Einnahme der Samenkörner besteht bei

der Pflanze findet sich in Kolumbien,

ethylamid.

einigen indigenen Stämmen Mexikos bis

Mexiko und Mittelamerika (u. a. Kuba

Dosis: 15–20 Samen, je nach Wirkstoff-

heute fort, beispielsweise zu Zwecken

und Panama), außerdem in Florida

gehalt und individueller Sensibilität.

der Divination. Ethnomedizinisch ist

sowie auf den Philippinen.

Ethnobotanik: Ololiuqui-Samen

Ololiuqui als Diuretikum, Wundheilmit-

Botanik: Mehrjährige Kletterpflanze,

(«kleine Götter») wurden bereits von

tel sowie als Arznei zur Geburtserleich-

Wuchshöhe bis zu 10 m. Herzförmiges

den Mayas und Azteken als zeremoniel-

terung bekannt.

Kultur- und Pflegeanleitung Die Anzucht von Rivea corymbosa ist ganzjährig möglich, bevorzugt jedoch im Frühjahr, und gestaltet sich ähnlich wie jene der Ipomoea-Spezies. Die Samen müssen zunächst in einem lauwarmen Wasserbad für einen Zeitraum von 12 bis 24 Stunden vorgequellt werden. Danach werden sie etwa 1 cm tief in das Anzuchtsubstrat gesteckt. Die Anzuchttöpfe, Saatschalen oder Topfplatten müssen in ein warmes Zimmergewächshaus gestellt oder zumindest mit einer dünnen und lichtdurchlässigen Folie überspannt werden. Um erfolgreich

auflaufen zu können, brauchen die Samen viel Feuchtigkeit und Wärme. Bei einer konstanten Substratfeuchte, viel Wärme (ca. 25 °C) und Helligkeit beträgt die Keimdauer etwa 2–4 Wochen. Nach Ausbildung der ersten Blattpaare nimmt man die Anzuchtbehälter schließlich aus dem Zimmergewächshaus oder befreit sie von der Plastikfolie. Dann werden die Keimlinge pikiert und einzeln in Kübel gepflanzt. Die Kübel sollten einen warmen und hellen Platz auf der Fensterbank bekommen. Ist eine mehrjährige Kultur erwünscht, dann ist es ratsam, die Ololiuquiranke als Topfpflanze zu


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Historische Darstellung der Rivea corymbosa in Edwards‘s Botanical Register, London 1843

Als Topfpflanze kultiviert, kann die Ololiuquiranke im Winter einfach ins Haus gestellt werden. Ideal ist ein heller und unbeheizter Standort mit Temperaturen zwischen 10 und 15 °C. In der Überwinterungsperiode erfolgt die Wasserzufuhr sehr sparsam, gerade soviel, dass der Wurzelballen nicht austrocknet. Einige ethnobotanische Pflanzenhändler, etwa der Ethnobotanik-Spezialist Rühlemann’s, verkaufen vorgezogene Rivea-Stecklinge, die man nur noch einzupflanzen braucht. Happy Growing!

halten, da man sie auf diese Weise ab Oktober zum Überwintern nur ins Haus zu stellen braucht. Wird die Pflanze hingegen ab Mai ins Beet gepflanzt, was ebenfalls möglich ist, gedeiht sie aufgrund ihrer Frostempfindlichkeit in Mitteleuropa nur ein- Empfehlenswerte Bezugsquellen für Windensaatgut: Asklepios Seeds • Azarius • Dream Herbs • Magic jährig. Garden Seeds • Rühlemann’s • Weber Seeds Unabhängig davon, ob Rivea corymbosa als Beet- oder als Topfpflanze kultiviert wird, benötigt sie während der Vegetationszeit im Sommer einen vollsonnigen Standort, eine Rankhilfe, viel Wasser KEVIN JOHANN, geboren 1987, ist Erziehungswissensowie nährstoffreiche und durchlässige Erde, zum schaftler, Sozialpädagoge/-arbeiter, passionierter Beispiel ein Gemisch aus gesiebter Komposterde Hobbygärtner sowie freischaffender Autor und Forscher zu und Sand. Außerdem empfiehlt es sich, die Pflanze den Themenbereichen Pflanzenkunde/Ethnobotanik, regelmäßig von allen Seiten mit Wasser einzusprüPsychonautik und geistbewegendes Wissen. Seit über 10 hen bzw. gründlich zu vernebeln. Die Zufuhr eines Jahren beschäftigt er sich intensiv mit ganzheitlich Die kompletten Artikelder sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: biologischen Düngemittels sollte während spirituellen Selbst- und Naturerfahrungen, unter anderem ist erhältlich in Buch- und Hanfshops und im Lucy’s Rausch Wachstumszeit einmal im Monat erfolgen; im Win-im Pressehandel, mit Pflanzenmeditationen. Sein in Buch Der Schamanen­ ter hingegen wird dieVersand Nährstoffabgabe vollständig oder als2016 Aboimmit Langzeitwirkung über www.lucys-magazin.com garten erscheint Nachtschatten Verlag. eingestellt.

Literatur Berger, Markus (2003): Mutterkornalkaloidhaltige Convolvulaceae. In: Entheogene Blätter, Ausgabe 11, April/2003, 212–215. • Hofmann, Albert (2006): Die Mutterkornalkaloide. 2. Auflage. Solothurn: Nachtschatten Verlag. • Johann, Kevin (2016): Der Schamanengarten. Über die Anzucht und Verwendung geistbewegender Ritualpflanzen. Solothurn: Nachtschatten Verlag. • Rätsch, Christian (2012): Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. 10. Auflage, Aarau: AT Verlag. • Schuldes, Bert Marco (1993): Psychoaktive Pflanzen. Löhrbach: Medien Xperimente. • Schultes, Richard E. und Hofmann, Albert (1998): Pflanzen der Götter. Die magischen Kräfte der bewusstseinserweiternden Gewächse. Aarau: AT Verlag. • St1 (2002): Die Aufzucht exotischer Pflanzen – Teil 1. In: Entheogene Blätter, Ausgabe 1, Juni/2002, 36–42. • St1 (2002): Die Aufzucht exotischer Pflanzen – Teil 3. In: Entheogene Blätter, Ausgabe 7, Dezember/2002, 16–19.


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BEWUSSTSEINSTRAINING

Reinkarnationserfahrungen:

Die Suche nach Wahrhaftigkeit TEXT:

Thomas Marthaler

E

in Aufblitzen seltsamer Empfindungen, mein Körper lang, unglaublich massig, dennoch federleicht. Soviel Blau, schwebend im Raum, dieses friedliche Gefühl, durch den Ozean zu glei­ ten. Die verblüffende Erkenntnis, die Wahrneh­ mung eines Walfisches zu erfahren, verschwimmt hinter einem Wall aus hereinbrechenden Fragen: Ist das wirklich das, wonach es sich anfühlt? Eine Erinnerung? Ist das möglich? Oder betrete ich endgültig das Reich des Wahns? Dies war eine meiner ers­ ten psychedelischen Erfahrun­ gen und meine erste Begegnung mit Erfahrungen, bei denen es sich um Reinkarnationserfah­ rungen hätte handeln können. Diese Erfahrung gab mir vor fast zehn Jahren den Anstoß, mich mit den mannigfaltigen Formen und ver­ steckten Bereichen des Bewusstseins auseinanderzusetzen, nicht zuletzt, um die Frage zu klären: Gibt es wahrhaftige Reinkarna­ tionserfahrungen oder nicht? Das Öffnen der Pforte zur Vergangenheit: Wie erzeugt man Reinkarnationserfahrungen? Es gibt viele Wege zu soliden Reinkarnationserfah­ rungen, und alle führen sie über einen Zustand tiefster Trance. Psychedelika erzeugen manchmal spontane Rückführungen, jedoch lassen sich diese dadurch kaum gezielt erreichen. Es kann helfen, sich vor der Einnahme zu wünschen, eine solche Erfahrung zu haben. Eine Garantie für ein Gelingen gibt es jedoch nicht. Reinkarnationserfahrungen durch Psychedelika sind zwar oft intensiv und klar, aber auch instabil und sprunghaft. Träume enthalten oft Elemente, die als Rein­ karnationserfahrung gedeutet werden können,

machen es durch ihre komplexen Strukturen jedoch schwierig, konkrete Erfahrungen zu extrahieren. Viel geeigneter ist das luzide Träumen. Sind Sie darin geübt, sollte es ein Leichtes für Sie sein, einen Weg zur Vergangenheit zu finden, etwa durch ein «Buch der Erinnerung» oder mittels eines Traumhelfers. Durch luzide Träume erreichte Reinkarna­ tionserfahrungen sind mehrheitlich stabil und las­ sen sich, je nach Fähigkeiten des Träu­ mers, meist gut kontrollieren. Atemtechniken wie Holotropes Atmen führen überraschend oft zu Rein­ karnationserfahrungen. Dabei ist gerade das Holotrope Atmen gene­ rell eine sehr sichere Technik, wenn Sie es in einer Gruppe mit einem erfahrenen Leiter praktizie­ ren. Reinkarnationserfahrungen durch Holotropes Atmen sind zwar oft kurz und schnell, aber auch sehr sicher und somit ideal für Einsteiger. Eine geführte Trance, meist erzeugt durch Hypnosetechniken, ist der meistverwendete Ansatz für Rückführungen. Nachdem man in Trance ver­ setzt wurde, führt uns der Rückführende durch die Reinkarnationserfahrung. Diese Variante ist sehr stabil und ermöglicht ein Maximum an Flexibilität. So kann man von einer Erfahrung zur nächsten und wieder zurückspringen. Außerdem gibt es die Mög­ lichkeit, den Raum zwischen den Leben, das Jen­ seits, Walhalla oder wie Sie es auch immer nennen mögen, zu besuchen. Allerdings sind Sie während der Erfahrung von der führenden Person gewisser­ maßen abhängig. Deshalb ist es sehr wichtig, den passenden Führer oder die passende Führerin


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auszusuchen. Es sollte jemand sein, bei dem Sie sich wohl und behütet fühlen. Sie sollten über die angewandten Techniken, den genauen Ablauf und über alle möglichen Risiken sorgfältig aufgeklärt werden. Nehmen Sie sich Zeit und suchen Sie sich jemanden, bei dem Sie sich zu hundert Prozent sicher fühlen, es lohnt sich allemal. Schein oder Sein: Gibt es wahrhaftige Reinkarnationserfahrungen? Wenn uns die Welt der Psychonautik eines lehrt, dann den vorsichtigen Umgang mit Begriffen wie Wahrheit und Realität. Deshalb lautet die Antwort: Wahrscheinlich ja, beweisen lässt es sich allerdings kaum. Wenn ich die mittlerweile vielzähligen Epi­ soden meiner persönlichen Reinkarnationserfah­ rungen überdenke, möchte ich glauben, ja, sie sind

Die Geschichten aus unserem Innern erzählen uns viel über uns selbst und die Welt.

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Beweisen können wir jedoch nichts. Weiter ist es sehr wahrscheinlich, dass viele Reinkarnationser­ fahrungen verzerrt, falsch oder gar erfunden sind. Unser Unterbewusstsein, ob nun gemeinschaftlich oder nicht, vermischt gerne Elemente aus Wün­ schen, Vergangenem und persönlichen Symbolen. Den Träumen ähnlich entstehen so oft Bilder und Ideen, die uns zwar meist etwas zu sagen haben, selten aber genau das bedeuten, was sie auf den ersten Blick darzustellen scheinen. So kommt es zum Beispiel unwahrscheinlich oft vor, dass Menschen von Reinkarnationserfah­ rungen berichten, in denen sie berühmte Persön­ lichkeiten verkörpern, dies zudem in sehr unrealisti­ scher, schon fast comicartiger Weise. Wenn wir uns länger mit dem Thema beschäftigen und uns dabei insgeheim wünschen, Kleopatra oder Cäsar ge­wesen zu sein, spielt uns unser Unterbewusstsein gerne mal den Streich, den gewünschten Traum zu erzeugen. Manch einer sieht sich unterbewusst viel­ leicht sogar dazu gezwungen, eine passende Erfah­ rung zu erfinden, nur um die Gruppenzugehörigkeit nicht zu gefährden oder um eine gute Geschichte verkaufen zu können. Vielleicht sind viele dieser Erfahrungen auch nur sehr komplexe Konstrukte unseres Unter­ bewusst­ seins, um uns das vielschichtige Wesen unseres persönlichen Charakters in verständlicher Weise näherzubringen.

wahrhaftig. Sie sind klar und intensiv, fühlen sich so echt an wie Erinnerungen und ergeben auch Sinn in ihren Zusammenhängen. Eine Entschei­ dung oder Lebensart in einem Leben führt zu einer ausgleichenden Qualität in einem anderen. Auch in der Praxis zeigen sich Beispiele, bei denen man staunend daneben steht und mit vollster Überzeugung fühlt: Das ist echt, das kann sich Fazit: Die Geschichten aus unserem Inneren können keiner ausdenken. Zudem gibt es unzählige Berichte uns viel über uns selbst und die Welt erzählen, kompletten Artikel sind insogar der gedruckten Ausgabe von Rückführungen, bei denenDie Dinge gesehen oder manchmal heilend wirken, egal, ob zu sie lesen: nun ist erhältlich im Pressehandel, in Buchund in Hanfshops und im Lucy’s Rausch erfahren wurden, die historisch korrekt waren und so geschehen sind oder nicht. Gehen Sie diese oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com den Rückgeführten nachweislich nicht bekannt sein Erfahrung jedoch nicht zu leichtfertig an. Viele konnten. Auch gibt es Berichte von Menschen, die Geschichten der Vergangenheit sind dramatischer, in einer Rückführung das Leben von Verwandten oft auch brutaler Natur und fordern ein gewisses durchlebten und so fähig waren, Familienmitglie­ Maß an Stabilität, um sie verarbeiten zu können. dern Details ihrer Kindheit zu schildern, die ihnen Für Menschen, die den starken Drang dazu haben, vorher nicht bekannt waren. ihr Inneres zu entdecken und den Mut haben, sich Vieles deutet also darauf hin, dass es dem zu stellen, was da tief in ihnen schlummert, irgendwo, irgendwie eine Verbindung gibt, die wir kann die Reinkarnationserfahrung jedoch eine tief­ nutzen können, um entweder unsere eigene Vorge­ greifende und wertvolle Erfahrung sein. schichte oder gar auch die vergangenen Leben anderer in einer Art gemeinschaftlichem Unterbe­ Thomas Marthaler ist Bewusstseinstrainer in Bern. wusstsein zu erfahren. www.tnm-training.ch


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«Abkürzungen

zu den Tiefen der Seele » Psychopharmakologe Felix Hasler über akademische Bewusstseins- und Psychedelikaforschung I N T E RV I E W

Christoph Benner

Ü

ber ein Jahrzehnt lang erforschte Felix Hasler die Pharmakologie des halluzinogenen Pilz­ wirkstoffs Psilocybin an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich in der Forschungsgruppe von Franz X. Vollenweider. 2012 veröffentlichte er sein Buch Neuro­mythologie, in dem er gegen den aktuellen Hype um die Neurowissenschaften und ihre Deutungshoheit argumentiert und für eine rea­ listischere Interpretation neuro­ wissenschaftlicher Ergebnisse plädiert. Derzeit ist Felix Hasler Gastwis­ senschaftler an der Humboldt Universität in Berlin, wo wir uns zu einem Gespräch über die Bedeutung neurowissenschaftlicher Ergebnisse, psychische Krankheiten und Psychedelikforschung trafen.

Jahr für Jahr steigt die Zahl der Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen. Depression ist eine Volkskrankheit geworden. Internationale Forschungslabore arbeiten an der Entschlüsselung von Bio­markern für Schizophrenie und genetischen Risikofaktoren für Angsterkrankungen. In deinem Buch Neuro­ mythologie bezeichnest du die Biologische Psychiatrie als epischen Misserfolg. Warum? Felix Hasler: Nehmen wir doch «Personalisierte Medizin» – ein neues Schlagwort, das nun auch in der Biologischen Psychiatrie die Runde macht. Die­ ser Begriff erweckt den Eindruck, als könne man psychische Erkrankungen schon bald bei jedem Patienten individuell angepasst behandeln. Mit Psychopharmaka behandeln, bliebe noch zu präzi­ sieren, denn die klassische Psychoanalyse ist ja ein längst bestehendes Therapieverfahren, das indivi­ dualisierter gar nicht sein könnte. Auf der Analyse­

couch geht es immer nur um eine ganz individuelle Biographie. Im Psychiatriekontext ist die Sachlage ganz anders; von der Etablierung einer tatsächlich «per­ sonalisierten» Medizin ist man Lichtjahre entfernt. Man hat nämlich immer noch keine Ahnung, was genau bei psychischen Störungen im Gehirn schief läuft. Also hat man auch keinen Plan, wie man da gezielt und planvoll eingreifen kann. Das kann man am Beispiel der Depression verdeutlichen. Bis heute gibt es keine klinisch anwendbaren Daten zur Neu­ robiologie der Depression. Dass die Ursache einer Depression eine Sero­ tonin-Stoffwechselstörung des Gehirns sei, ist bis heute eine reine Hypothese geblieben, eine Behauptung. Trotz großem Forschungsaufwand ließ sich diese Annahme nie belegen. Die konse­ quente Biologisierung psychischer Störungen – also die Sichtweise, psychische Störungen seien nichts anderes als Erkrankungen des Gehirns – hat aber wesentlich dazu beigetragen, dass nun massen­ haft Psychopharmaka verschrieben werden. Oft ohne Notwendigkeit, mit zweifelhaftem Nutzen und schweren Nebenwirkungen. Neuronen können nicht depressiv werden – depressiv sein kann nur der Mensch. Und Psychia­ trie ist eben nicht Neurologie. Wahrscheinlich sucht man einfach am falschen Ort, wenn man im Gehirn nach molekularen Mechanismen für eine Depression fahndet. Die Irrelevanz der akademi­ schen Psychiatrieforschung für die klinische Praxis führt auch in Fachkreisen zunehmend zu Resigna­ tion. Gut möglich, dass es bald zu einer Neuaus­ richtung kommt und man wegen chronischer

Foto: Billion Photos / Fotolia

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Felix Hasler ist seit vielen Jahren in der Bewusstseinsforschung tätig.  Foto: Jos Schmid

Erfolglosigkeit den «Biologie-Zentrismus» endlich wieder aufgibt. Die Krankheitsdefinitionen, auf deren Grundlage Psychopharmaka verschrieben werden, sind reichlich willkürlich. Nicht zu unterschätzen ist da der Einfluss der pharmazeutischen Industrie, die ein wirtschaftliches Interesse daran hat, dass es möglichst viele psychiatrische Störungsbilder gibt. So ist es. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Einteilung in «psychisch krank» und «psy­ chisch gesund» nicht mit eindeutigen wissenschaft­ lichen Fakten zu belegen ist. Unsere psychiatrische Diagnostik erfolgt nach einem Expertenkonsens von Mitgliedern der American Psychiatric Association (APA), die ihre Sichtweise im Leitfaden Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) veröffentlichen. Wieder einmal hat eine vorwiegend US-amerikanische Sichtweise Gültigkeit für die

«Was in der Wissenschaft fehlt, ist eine ganzheitliche Sicht auf den Menschen.» ganze Welt. Man hat die Diagnosekriterien für psy­ chische Störungen mit jeder DSM-Ausgabe syste­ matisch erweitert. In der ersten DSM-Ausgabe von 1952 waren noch 106 psychiatrische Diagnosen beschrieben; das aktuelle DSM-5, 2013 erschienen, erwähnt 374 psychische Störungen. Aus der Willkür­ lichkeit psychiatrischer Diagnosekriterien ergibt sich die Gefahr einer Pathologisierung von Menschen mit zwar besonderen, aber gleichwohl normalen Persönlichkeitsausprägungen. Jemand, der von Natur aus introvertiert ist, riskiert, eine «soziale Angststörung» diagnostiziert zu bekommen und mit SSRI-Antidepressiva behandelt zu werden. Das ist ein klassisches Beispiel. }


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Solltest du als Psychopharmakologe die Entwicklung hin zur medikamentösen Behandlung psychischer Krankheiten nicht begrüßen? Noch 2006, auf einem Symposium zu Ehren Albert Hofmanns, warst du der Meinung, die Erforschung des serotonergen Nervensystems mache es möglich, psychische Störungen zu verstehen und zu behandeln. (Lacht) Ja, vor zehn Jahren war ich eben auch selbst noch ein überzeugtes «neurochemisches Selbst». Der Begriff «neurochemical self» stammt vom britischen Soziologen Nikolas Rose und ver­ dichtet sehr treffend die in der westlichen Welt dominierende Vorstellung, dass wir lediglich das Ergebnis der chemischen und physikalischen Pro­ zesse unseres Gehirns seien. Auf dieser Annahme beruht ja auch der Reduktionismus in der gegen­ wärtigen Psychiatrieforschung. Tatsächlich hatte ich 2006 noch die Vorstel­ lung, man könne Bewusstseinszustände letztlich auf neurobiologische Prozesse zurückführen und dies auch wissenschaftlich untersuchen. Von dieser Überzeugung bin ich längst abgekommen. Wissen­ schaftsideologisch habe ich gewissermaßen die Seiten gewechselt. Das war auch ein Lernprozess, beispielsweise zu erkennen, dass die meisten ver­ meintlich harten Fakten zur Biologie der Psyche nur unbewiesene Annahmen und vorläufige Inter­ pretationen sind – beruhend auf Messdaten aus der Hirnforschung, deren Qualität oft auch noch gro­ tesk schlecht ist. Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass sich die subjektive Erfahrungsqualität einer De­pression eben nicht auf eine Veränderung der Hirn­ chemie zurückführen lässt. Das ist viel zu einfach gedacht. Was in diesen Tagen in der Wissenschaft fehlt, ist eine umfassende, ganzheitliche Sicht auf

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den Menschen. Es hat hier wenig Sinn, das Gehirn als isoliertes Objekt im Labor zu untersuchen. Das Gehirn ist in einem Körper, dieser ist in ein soziales Umfeld eingebettet und dieses wiederum wird geprägt durch die politische und kulturelle Welt, in der wir leben. Und nur alles zusammen macht uns zu dem, was wir eben sind. In der Psychotherapieforschung mit Halluzi­ nogenen scheint man hier schon weiter zu sein. Es wird beispielsweise kaum bestritten, dass MDMA bei post-traumatischer Belastungsstörung sein volles therapeutisches Potential nur in Kombination mit einer tiefenpsychologisch fundierten Behandlung entfalten kann. Überhaupt ist der gegenwärtige biologische Reduktionismus eine ziemlich isolierte Eigenheit westlich-industrialisierter Gesellschaften. Ein Curandero in Peru wird sich wenig dafür interes­ sieren, welche biochemischen Signalwege durch die Einnahme von Ayahuasca ausgelöst werden. Für ihn ist es Mutter Ayahuasca, die den körpereigenen Heilungsprozess auslöst. Du hast dich zehn Jahre lang an der Universität Zürich mit der Pharmakologie des Psilocybins beschäftigt. Was hat dich dazu bewogen, dich in eine solche Nische der Wissenschaft zu begeben? Einerseits interessierte mich die neurowissen­ schaftliche Grundlagenforschung, andererseits eröffnete sich die Möglichkeit zur experimentellen Untersuchung des Bewusstseins. Halluzinogene wie Psilocybin und LSD sind zu diesem Zweck wie geschaffen, da sie an der Schnittstelle zwischen Biologie und Psyche operieren. Angesichts der höchst subjektiven Natur einer Triperfahrung frage ich mich allerdings, wie weit es überhaupt möglich ist, aus Halluzinogen-Experimenten allgemein­


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gültige, objektive wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. In Franz X. Vollenweiders Labor an der Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli habe ich auch gelernt, wie schwierig es ist, über­ haupt aussagekräftige Laborexperimente zu einer komplexen psychologischen Fragestellung zu ent­ wickeln. Was denkst du über die Zukunft der psychedelischen Forschung? Jeder, der Erfahrungen mit psychedelischen Sub­ stanzen gemacht hat, weiß, dass Halluzinogene äußerst machtvolle Instrumente sind. Abkürzun­

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bleibender Schäden minimiert werden. Am aller­ wichtigsten aber ist die Kompetenz der versuchs­ begleitenden Psychiater und Psychotherapeuten. Dass diese die verabreichten Substanzen aus eige­ ner Erfahrung kennen sollten, ist eine Selbstver­ ständlichkeit. Man wird ja auch nicht Bergführer, indem man ein paar Bücher über die Alpen liest.

Angenommen, dir wären als Naturwissenschaftler keine finanziellen Grenzen gesetzt und du könntest dich jeder verfügbaren Messmethode bedienen. Welcher Frage würdest du gerne auf den Grund gehen? Die fundamentale ungelöste Frage ist – und wird es wohl noch lange bleiben – wie aus Gehirnprozessen Bewusstsein entsteht. Ein Gehirn zu haben scheint eine notwendige Bedingung für bewusstes Erleben zu sein. So weit ist man sich immerhin schon einig. Aber ist ein (intaktes) Gehirn dafür auch schon ausreichend? Innerhalb der westlich geprägten Naturwissenschaften ist es eine ausgemachte gen zu den Tiefen der Seele, wenn man so will – und Sache: «Mind is what the brain does». Mir erscheint möglicherweise auch zu den Wurzeln psychischer dies aber überhaupt nicht so klar. Vielleicht ist Probleme. Aber Psychedelika sind scharfe Messer, Bewusstsein eine fundamentale Eigenschaft des damit kann man auch viel Schaden anrichten, Kosmos, so wie die negative Ladung eine grundle­ wenn man sie unsachgemäß verwendet. gende Eigenschaft des Elektrons oder Gravitation Mit jedem Trip begibt man sich auf eine eine physikalische Eigenschaft von Massen ist. ungewisse Reise. Auf dieser Reise kann man ganz Und die noch fundamentalere Frage wäre Wunderbares erleben, heilsame Erkenntnisse dann: Wieso eigentlich sind wir nicht bloße Reizhaben, die das eigene Leben nachhaltig verändern. Reaktions-Automaten, sondern navigieren mit Aber man kann sich auch in einem Horrortrip wie­ einer ganz persönlichen, subjektiven Innensicht derfinden, was einen psychisch belasteten Men­ durch die Welt? In der analytischen Philosophie des schen zusätzlich destabilisiert. Die Zukunft der Geistes werden Dutzende von Bewusstseinstheo­ Therapieforschung mit Halluzinogenen und auch rien diskutiert. Einige davon sind streng wissen­ deren Akzeptanz in der Bevölkerung wird stark schaftlich orientiert, andere weniger. Keine einzige Die kompletten Artikel sinddieser in derTheorien gedruckten Ausgabe zu lesen: davon abhängen, wie gut es gelingt, eine Triper­ ist wirklich überzeugend oder gar ist erhältlich in Buch- und in Hanfshops im ich Lucy’s fahrung zum Beispiel mitRausch Psilocybin in eineim Pressehandel, praktisch überprüfbar. Ganz persönlichund habe gewünschte RichtungVersand zu lenken. die zugegebenermaßen unwissenschaftliche Intui­ oder als Abo mit Langzeitwirkung über www.lucys-magazin.com tion, dass Halluzinogene ein Schlüssel zur Klärung Dabei spielen die Faktoren Set und Setting dieser Fragen sein könnten.  bekanntermaßen eine große Rolle … … dessen ist man sich in der Halluzinogenforschung zum Glück sehr bewusst! Gerade bei Therapiestu­ CHRISTOPH BENNER, geboren 1991 in Berlin, dien kann man da viel beeinflussen. Durch sorgfäl­ ist Neurowissenschaftler (Studium in Regensburg, tige Auswahl der Teilnehmer, den Ausschluss schizo­ Maastricht und Kopenhagen) und Mitarbeiter der phrener Erkrankungen in der Familienanamnese niederländischen Organisation Stichting OPEN, die und der Schaffung eines beruhigenden, unterstüt­ sich für den medizinischen Einsatz von Psychedelika zenden Raums kann die Wahrscheinlichkeit für das einsetzt.  www.stichtingopen.nl Auftreten eines negativen Tripverlaufs oder gar

«Psychedelika sind scharfe Messer, man kann damit viel Schaden anrichten, wenn man sie unsachgemäß verwendet.»


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Luc y’s Rau sch Nr. 3

Die Geschichte der Schweizerischen Ärztevereinigung für Psycholytische Therapie (SÄPT) TEXT

M

Peter Gasser

itte der 1980er Jahre wurden innerhalb eines Zeitraums von weniger als zwei Jah­ ren drei Vereinigungen gegründet, die sich die Förderung der Bewusstseinsforschung und der Psychotherapie mit bewusstseinsverändernden Substanzen zum Ziel setzten. Nach dem Verbot der sogenannten Halluzinogene Anfang der 1970er Jahre wurde 1985 mit MDMA eine weitere wichtige Substanz für die psychedelische/psycholytische Therapie verboten. Die Gründung der drei Vereini­ gungen ist durchaus als Gegenreaktion auf diese erneute Verschlechterung der rechtlichen Situation zu verstehen. 1984 wurde in Deutschland das Europäische Collegium für Bewusstseinsstudien (ECBS, inzwi­ schen nicht mehr aktiv) gegründet. Ende 1985 wurde in der Schweiz auf Initiative des Zürcher Psy­ chiaters Peter Baumann die Schweizerische Ärztevereinigung für Psycholytische Therapie (SÄPT) ins Leben gerufen, und 1986 initiierte Rick Doblin die US-amerikanische Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies (MAPS). MAPS wurde

eine große und erfolgreiche Organisation, sie ent­ wickelte sich zu einem der Kristallisationskerne der sogenannten «Renaissance» der Therapie mit bewusstseinsverändernden Substanzen und ist weit vorangekommen im Bemühen, MDMA zu einem registrierten und damit ärztlich verschreibbaren Medikament zu machen. Die SÄPT war in den 30 Jahren ihres Beste­ hens eine Vereinigung, die primär der internen Fortbildung und dem Interessenaustausch diente. Die Mitgliederschaft war über lange Zeit mehr oder weniger konstant. Grob gesagt besteht sie aus 60 Mitgliedern – zur Hälfte sind es Ärztinnen und Ärzte, zu einem Drittel Frauen und zu einem Drittel Deut­ sche. In den letzten Jahren wurde die SÄPT ver­ mehrt in der Öffentlichkeit aktiv. 2004 und 2007 wurden zwei Studien bewilligt, deren Studienleiter SÄPT-Mitglieder sind. 2008 brachten wir ein Buch (Therapie mit psychoaktiven Substanzen) heraus, und am 10. September 2015 veranstalteten wir ein öffentliches Symposium zum Thema Bewusstseins­ veränderung und Psychotherapie.

Foto: NS

Bewusstseinsveränderung und Psychotherapie


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Ein Verein, der über 30 Jahre existiert, ist selbst für die vereinsreiche Schweiz nicht ganz all­ täglich. Die Vorstellung, die «Hippiedroge LSD» in einem Verein zu bändigen, hat zwar etwas Amü­ santes. Doch insgesamt gesehen geht es um die Normalisierung der ausgegrenzten und verbote­ nen «Betäubungsmittel» LSD, Psilocybin, MDMA

Psycholytische Therapie ist unabdingbar mit Selbsterfahrung verbunden.

30 Jahre SÄPT

Das Symposium Ein breites Spektrum an Themen, vorgetragen durch kompetente Referenten (leider keine Referentinnen) wie Juraj Styk, Torsten Passie, Matthias Liechti u.a., zog ein interessiertes Publikum an, welches wohl zum überwiegen­ den Teil aus persönlicher Nähe zur Thematik gekommen war. Sämtliche Referenten konnten von legal durchgeführten Studien und Therapien berichten, an denen sie selber

u.a., um ihre medizinische und gesamtgesell­ mitarbeiteten. Dies ist erstaunlich angesichts schaftliche Integration. Dafür ist ein Verein als der Tatsache, dass Psilocybin, LSD und MDMA legale und legitimierte Interessensgemeinschaft immer noch als «Betäubungsmittel» gelten durchaus hilfreich. und streng verboten sind. Das Faszinierende an der Therapie mit Die SymposiumsbesucherInnen und bewusstseinsverändernden Substanzen ist die Referenten schufen eine anregende und Breite und Tiefe an Themen und der persönliche angeregte Stimmung. Bestes Spätsommer­ Bezug. Die psycholytische Therapie ist nicht nur wetter und ein schöner Tagungsort (Hotel eine Psychotherapie unter vielen, sie vernetzt auch Bereiche wie Spiritualität, Schamanismus, Anthro­ Hofmatt, Münchenstein) rahmten das pologie, Religionswissenschaft, Neurobiologie, Ganze ein. Musiktherapie, Körpertherapie – und sie ist unab­ dingbar mit Selbsterfahrung verbunden. Auch wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Einnahme als Betäubungsmittel klassifizier­ ter und verbotener Substanzen zur Therapie und Selbsterfahrung (noch) nicht gegeben sind, gibt es doch mannigfaltige Möglichkeiten, außergewöhnli­ che Bewusstseinszustände zu erlangen, beispiels­ weise mit Hyperventilationsatmung, Musiktrance, Reizüberflutung oder -entzug, Tanz, Meditation etc. SÄPT-Symposium 2015 in Münchenstein. Damit ist es möglich, einen ganz individuellen und kompletten Artikel sind in der gedruckten Ausgabe zu lesen: persönlichen Bezug zu dieser ArbeitDie herzustellen. Eine reich bebilderte Präsentation mit Lucy’s Rausch Es ist das Ziel der SÄPT, in den nächsten Jah­ist erhältlich im Pressehandel, in Buch- und in Hanfshops und Bildern aus dem Leben von Albert Hofmann ren eine Ausbildung für jüngereim KollegInnen zuwww.lucys-magazin.com oder als Abo mit Langzeitwirkung Versand über ließ sein «Patronat» spüren, und ein organisieren. Diese soll neben der theoretischen Schlusskonzert mit archaischer, meditativer Wissensvermittlung auch die Möglichkeit einer Musik setzte den Schlussakzent zu einer legalen und therapeutisch geführten Erfahrung Veranstaltung, die den Eindruck hinterließ, mit bewusstseinsverändernden Substanzen umfas­ dass die «Eiszeit» der totalen Ächtung sen. Wir glauben, dass die Zeit dafür nun reif ist und hoffen, dass die SÄPT noch viele weitere Jubi­ bewusstseinsverändernder Substanzen läen feiern kann. langsam ihrem Ende entgegengeht. Peter Gasser (*1960) ist Facharzt für Psychiatrie und Psycho­ therapie FMH aus Solothurn. Er ist Präsident der SÄPT und vor allem durch seine legale LSD-Therapie bekannt geworden. www.petergasser.ch

Die Referate der Tagung können eingesehen werden unter: http://saept.ch/medien/ Vorträge: www.youtube.com/arimediaTV


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GESCHICHTE In jeder Lucy‘s-Ausgabe rufen wir einen bedeu­ tenden psychonautischen Experten in Erinne­ rung und würdigen ihn, indem wir auszugsweise einen grundlegenden Text nachdrucken.

Der Pate von MDMA Erinnerung an Alexander Shulgin (1925–2014) TEXT

A

Markus Berger

lexander Theodore Shulgin, von seinen Freunden Sasha genannt, war ein Chemiker, Pharmakologe, Autor und Psychonaut russischer Abstammung. Er lebte in den USA, wurde am 17. Juni 1925 in Berkeley, Kalifornien, geboren und starb am 2. Juni 2014 im Alter von 88 Jahren in seinem Heimatort Lafayette, ebenfalls in Kalifornien. Sasha Shulgin war ein Ausnahmewissenschaftler. Nach seinem Studium der Biochemie an der Universität Berkeley und einem Intermezzo als Forschungschef in einem Unternehmen ging Shulgin in die Forschungsabteilung der US-amerikanischen Chemiefirma Dow Chemical. Er entwickelte ein potentes Insektizid namens Mexacarbat, das seinem Arbeitgeber das Geld nur so in die Kasse spülte. Im Gegenzug ermöglichte der Konzern dem Chemiker, sich mit seiner Arbeit über die psychoaktiven Moleküle zu befassen. Ein spezielles Thema Sasha Shulgins war das MDMA. Eine Studentin berichtete ihm 1967 von der geistbewegenden Wirkung dieser Substanz, die 1912 von einem Chemiker der deutschen Firma Merck auf der Suche nach einem blutstillenden Medikament als Zwischenprodukt hergestellt worden, 1914 offiziell patentiert und kurze Zeit später in Vergessenheit geraten war. Shulgin nahm sich der Substanz an, die er als ein Fenster zur menschlichen Psyche bezeichnete. Er verstand MDMA als Herzöffner, Mittler zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein, Mittler zwischen den Menschen und als Psychopharmakon, das in der Psychothera­ pie eingesetzt werden kann. Sasha Shulgin war einer der wichtigsten Referenten, Aktivisten und Autoren der psychoak-

tiven Gemeinde. Er brachte uns Bücher wie Pihkal (Phenethylamines I have known and loved) und Tihkal (Tryptamines I have known and loved), die berühmte Ask Dr. Shulgin-Kolumne im Internet sowie bahnbrechende Abhandlungen, Bücher und Artikel. Shulgin entwickelte über 300 psychoaktive Substanzen, beispielsweise das halluzinogene Phenethylamin DOM und die 2C-Familie, eine Reihe von potenten Phenethylaminen, zum Beispiel 2C-B, 2C-E und 2C-I. Essenziell für psychonautische Forscher ist die von ihm entwickelte «Shulgin-Skala». Damit kann man die pharmakologische Effektivität von Psychedelika bezogen auf die subjektive Erfahrung einordnen. Am 17. November 2010 erlitt Sasha Shulgin einen Schlaganfall, und es wurde die Diagnose Leberkrebs gestellt. Dazu kamen finanzielle Sorgen, die mit den Kosten für Medikamente und Klinik einhergingen. Am 2. Juni 2014 um 17 Uhr Ortszeit wechselte Sasha Shulgin die Dimension. Ann Shulgin schrieb anlässlich Sashas Tod auf Facebook: «Sasha starb heute um exakt 5 Uhr am Nachmittag. Er war umgeben von Familie, Pflegern und buddhistischer Meditationsmusik. Er starb würdevoll, ohne sich quälen zu müssen.»

HELP THE SHULGINS

Sasha Shulgins Frau Ann

benötigt dringend Hilfe, um die finanziellen Belastungen, die sie erwarten, zu bewältigen. Deshalb ist es von Bedeutung, dass möglichst viele Menschen ein wenig Geld spenden. Jeder Betrag hilft. Auf der Internetseite des Alexander Shulgin Research Institute ist eine Spendenseite eingerichtet: www.shulginresearch.org/home/donate

Fotos: Greg Manning / Erowid.org, 123RF

In dieser Rubrik werfen wir einen Blick zurück auf die Geschichte der multidisziplinären Forschung auf dem Gebiet der Bewusstseins­ veränderung und der psychoaktiven Substanzen.


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Alexander T. Shulgin Entaktogen-Forschung – eine Gratwanderung Beim vorliegenden von Michael Schlichting ausgewählten Text handelt es sich um eine von Prof. Dr. Hartmut Latsch (Uni Göttingen) besorgte Übersetzung des Vortrags Entactogen Research: An Act of Balance, den Alexander T. Shulgin auf dem 1. Internationalen ECBS-Kongress 1992 in Göttingen hielt. Die englische Originalabschrift findet sich im Buch Abstracts and Selected Papers von Michael Schlichting und Hanscarl Leuner (1995), Reihe Welten des Bewusstseins / Worlds of Consciousness (Band 5), Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung.

Bei den meisten der auf der Tagung gehaltenen Vorträge geht es um die Erforschung veränderter Bewusstseinszustände. Diese Zustände können vielerlei Ursachen haben, spontan entstehen, von spezifischen Traumata herrühren und andere Ursachen haben, die nicht offensichtlich sind. Für den Fall, dass solche veränderten Bewusstseinszustände absichtlich herbeigeführt werden, lassen sich verschiedene hypnotische Techniken diskutieren, die einen Trance-Zustand induzieren. Am konsequentesten ist jedoch die Anwendung einer psychedelischen Droge. Von diesen steht eine ganze Reihe zur Auswahl, die alle ihre Gemeinsamkeiten, jedoch auch ihre individuellen Unterschiede besitzen. Forschung mit psychedelischen Drogen verlangt zuallererst eine Strukturierung der Fragestellung; erst dann kann die Antwort durch eine Kombination aus richtigem Untersuchungsobjekt und

richtigem Mediator gesucht werden. Fragestellungen nach dem Bewusstsein betreffen per definitionem den Menschen und sein Umfeld. Labortiere mögen bei Bewusstsein sein, aber sie zeigen nicht das, was wir als «Bewusstsein» selbst bezeichnen. Sie lassen sich trainieren, um auf Zeichen zu reagieren, und können eine Wahl treffen auf der Grundlage primitiver Triebe wie Durst oder Hunger und der Suche nach Vergnügen oder Vermeidung von Schmerz. Und ihre Gehirne sind eine bemerkenswerte Mischung aus nassem Gewebe und komplexer Chemie. Es lässt sich verfolgen, wohin eine Droge im Gehirn gelangt, aber es gibt keinen Weg zu sehen, was sie dort tut, wenn sie einmal dort angelangt ist. Es gibt keine Möglichkeit, einem Labortier Fragen über den Geist oder die Seele zu stellen. Das beobachtbare Verhalten kann nicht die Gedanken offenlegen. Das Zurechtfinden in einem Irrgarten kann nicht mit Begriffen wie Vorstellungskraft interpretiert werden. Die Kommunikation ist jedoch ein essentieller Bestandteil einer jeden Studie über Bewusstseinszustände. Da die Experimente also am Menschen erfolgen müssen, ist große Sorgfalt erforderlich, um die ethischen und rechtlichen Bestimmungen einzuhalten, die Teil des Forschungsprojekts sind. Diese Bemerkungen betreffen die Forschung an bekannten psychedelischen Drogen. Ich möchte hier jedoch die Einzelheiten diskutieren, die mit der Entdeckung und Beschreibung einer neuen }


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psychedelischen Droge verbunden sind. Wie erfindet man, wie kreiert man eine neue Droge? Ein sehr großer Prozentsatz der medizinisch genutzten Drogen hat zum Ziel, Fehlfunktionen zu beheben, also einen Patienten zu heilen. Er hat eine Infektion, also bekommt er ein Antibiotikum. Er hat keine Pankreas mehr, also bekommt er Insulin. Seine Aktivität entspricht nicht dem normalen Standard, geben wir ihm also ein Stimulans. Von den verbleibenden Drogen dienen diejenigen, die man gesunden Menschen gibt, vor allem der Vorbeugung: Sie sollen Krankheiten verhindern. Man impft gegen Diphtherie, vielleicht auch gegen Grippe. Anästhetika und Schmerzmittel verabreicht man Menschen, um das Erleben von Schmerz und Unannehmlichkeiten bei Operationen zu vermeiden. Sie haben nicht zum Ziel, einen Knochenbruch zu heilen. In einer allgemein akzeptierten Praxis der Medizin kommt es selten vor, dass ein Medikament einem Gesunden verabreicht wird, um seine Verfassung zu verbessern. Wenn er sich wohlfühlt, sind Arzneimittel unnötig. Die medizinische Definition vollkommener Gesundheit betrifft – zumindest in der westlichen Welt – nur den physischen Körper. Deren Pharmakopöe (Arzneimittelbuch) enthält daher keine Drogen, die Probleme des Geistes, des Verständnisses oder der Wahrnehmung ansprechen. Auf dieser Basis ist der Prozess der Drogenentwicklung recht prosaisch. Im Falle eines Parasiten, Bakteriums oder Virus hat man es mit dem Erreger oder mit dem infizierten Wirt zu tun. Der Bazillus kann auf einem Medium gezüchtet werden, mit Tausenden neuer Verbindungen oder Pflanzenextrakten, bestimmten Strahlungen oder religiösen Beschwörungen behandelt werden, bis etwas seine Integrität verletzt. Dies nennt man einen In-vitro-Assay. Unsere Labortiere können als Wirt dienen, und die Verbindungen oder Extrakte oder Prozeduren können an ihnen erprobt werden. Man ordnet nun alle diese Methoden in einer Liste, angeführt von der effektivsten mit den geringsten Nebenwirkungen, geht diese Liste durch, bis man auf eine neue und patentierbare Verbindung stößt – und hat einen neuen Wirkstoff, ein neues Medikament entdeckt. Dies ist die Methode, die unsere pharmazeutische Industrie heutzutage benutzt. Die Kunst liegt darin, ein Tiermodell zu finden und es als Substitut für einen kranken Menschen zu benutzen. Die Reihenfolge ist immer vom Tier zum Menschen, zumindest wenn es sich um ein Pathogen handelt.

Aber nicht alle Erkrankungen lassen sich als Ursache auf Mikroorganismen zurückführen. Die Medizin kennt auch Erkrankungen eher psychopathologischer Natur, und hier ist eine mehr indirekte Vorgehensweise erforderlich. Für Probleme, die mit Depression, Angst oder Schizophrenie zusammenhängen, gibt es kein geeignetes Tiermodell. Alle unsere Entdeckungen auf diesem Gebiet sind aus unerwarteten Nebenwirkungen von Medikamenten hervorgegangen, die eigentlich für andere Anwendungen entwickelt worden waren. Und in der genauen Beobachtung dieser Begleiterscheinungen liegt der eigentliche Nutzen der Entdeckungen. Als z.B. trizyklische Substanzen klinisch auf ihre Verwendbarkeit als Antihistaminika geprüft wurden, fiel auf, dass die Konversation und das übliche geschäftige Treiben aufhörten. Interaktive sedierende Eigenschaften wurden deutlich, und eine antipsychotische Droge war gefunden worden. Bitte beachten Sie, dass die Aktivität am Menschen gefunden wurde. Anschließend lassen sich die so entdecken klinischen Eigenschaften wieder am Tiermodell überprüfen. Die Reihenfolge ist also hier vom Menschen zum Tier, wenn die Wirkung mit psychischen Faktoren zusammenhängt. Man sucht nun nach irgendeinem Respons auf die Droge, der nicht notwendigerweise in einem logischen Zusammenhang mit der bekannten Wirkung stehen muss, und screent danach Tausende von Verbindungen in der Hoffnung, dieselben Eigenschaften zu finden. Wenn dies glückt, dann ist der erfolgreiche Kandidat möglicherweise ebenfalls ein antipsychotischer Wirkstoff. Die Reihenfolge ist bei Geisteskrankheiten also folgendermaßen: Beobachte ein Medikament genau, das derzeit in der Behandlung eingesetzt wird, suche eine Wirkung an Tieren, die mit der eigentlichen Wirkung des Medikaments nichts zu tun hat, finde eine neue Droge, die dieselben Wirkungen am Tier zeigt, und untersuche das Medikament an einem Patienten mit einer definierten Erkrankung. Achte auf unerwartete Nebeneffekte. Aus solchen Beobachtungen können unerwartete Therapien entstehen. All diese Prozeduren haben jedoch den Sinn, einer abnormen oder defekten Persönlichkeit zurück zur Normalität, zum Normalzustand zu verhelfen. Auf der Suche nach neuen und nützlichen psychedelischen Medikamenten – Medikamenten, die bei normalen Menschen einen veränderten Bewusstseinszustand hervorrufen, der von der Mehrzahl der Bevölkerung für alles andere als


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normal gehalten wird – muss man alle Aspekte der schaden. Es sind keine bleibenden Schäden von solSuche sorgsam ausbalancieren. Ohne ein gehöriges chen Untersuchungen zu erwarten, und man muss Maß an Vorsicht kann man genauso leicht vom nicht zum sozial Ausgestoßenen werden, nur weil Drahtseil fallen wie bei einem Übermaß an Enthusi- man diese Möglichkeiten erwägt. asmus. Die Entdeckung von Arzneimitteln, für die Die rechtlichen Definitionen dieses Balancees keine Tiermodelle gibt, Drogen, die von Anfang aktes sind nicht weniger delikat. Im Lauf der Jahre an am Menschen erprobt werden, erfordern auch sind die Gesetze, die erlassen wurden, um das eine kontinuierliche Betrachtung der Kritik und Verhaltensmuster des durchschnittlichen Bürgers Akzeptanz, die ihnen in der Öffentlichkeit begeg- weiter einzuschränken, immer umfassender und nen können. destruktiver geworden. Ich spreche hier zwar vor Lassen Sie mich nun ein Bild dieses Drahtseil­ allem aus der Sicht der Vereinigten Staaten, aber aktes in sozialen, rechtlichen, medizinischen und deren Drogengesetzgebung ist zur Richtlinie in viewissenschaftlichen Bereichen zeichnen. len Ländern rund um die Erde geworden. Unsere Die sozialen Begrenzungen und Standards der Forschung basieren vor allem auf der allgemein akzeptierten Definition eines normalen Menschen. Die konservative Einschätzung geht davon aus, dass ein gesunder Mensch, körperlich gesund zumindest, zu hundert Prozent vollständig ist, so wie er ist. Seine Intelligenz kann nicht weiter gesteigert werden, und das einzige, das man in Frage stellen kann, ist sein Geschick. Es gibt keine Droge, anfänglichen Einschränkungen betrafen vor allem mit der dieser Mensch bei guter Gesundheit mehr Narkotika, speziell Heroin (Opium) und Kokain erreichen könnte als auch ohne diese. Ein Versuch (Coca). Etwa vor einem halben Jahrhundert kam könnte nur zu einem Verlust von Funktionen, nie- Marihuana dazu, und auf diesem Stand blieben die mals zu einer Steigerung führen. Die Doping­ Einschränkungen bis vor etwa 25 Jahren. Durch die skandale bei den Olympischen Spielen haben uns Rebellion in den 60er Jahren wurde die Öffentlichdennoch gezeigt, dass der Körper durchaus veran- keit auf die Stimulantien (die amphetaminähnlilasst werden kann, sein normales Leistungsopti- chen Verbindungen), die Beruhigungsmittel (die mum zu überschreiten. Barbiturate) und die Psychedelika (wie etwa LSD Aber wie steht es nun um den Anteil der Seele und Meskalin) aufmerksam, und die Gesetze wurin dieser völlig gesunden Einheit aus Körper und den geändert, um sie ebenfalls zu verbieten. Aber Geist? Heutzutage wird der Gedanke zunehmend alle diese Änderungen betrafen definierte Drogen. akzeptiert, dass es etwas oberhalb und jenseits Ein politisch gelenkter »War on Drugs» erlaubte einer einfachen physischen Gesundheit gibt. Die eine Verallgemeinerung dieser Statuten vom SpeziBegriffe «Erleuchtung» und »mystische Erfahrung» fischen zum Allgemeinen. Wir haben nun Gesetze, sind manchen Leuten noch zu hoch, aber mehr und nach denen der Gebrauch von Substanzen, die mehr Individuen erkennen, dass es irgendeinen Effekte hervorrufen wie verbotene Drogen (so wie Die kompletten Artikel sindein in Psychedelikum, der gedruckten Ausgabe zu lesen:veränGrund, einen Sinn für unsere Existenz geben muss welches das Bewusstsein in Buch- und und imdies: Lucy’s Rausch und dass die Antwort auf diese Frageistinerhältlich uns selbstim Pressehandel, dert), ein Verbrechen ist. in ImHanfshops Klartext heißt liegt. Auch ohne die Behauptung, dass Drogen Eine chemisch Veränderung des Bewusstoder alsinduzierte Abo mit Langzeitwirkung Versand über www.lucys-magazin.com diese Frage enthüllen (die Schlüssel können auch seins kann als Straftat verfolgt werden. Religion oder Meditation sein), wird zunehmend Wie können also überhaupt noch Forschunakzeptiert, dass es außer einfachen Vergnügungen gen oder Entdeckungen auf diesem Gebiet gemacht und Unterhaltungen mit ihren oberflächlichen und werden? Ganz einfach, indem man nicht mit den vorübergehenden Befriedigungen auch noch Buchstaben des Gesetzes in Konflikt gerät, sondern andere Werte geben muss. sie als Verbündete benutzt. Wenn diese Grenzen so Der Balanceakt liegt also hier darin, eine breit sind, dass ganze Gruppen von Verbindungen neue Droge als Werkzeug zur Erkundung der Gültig- übergangen werden, dann sind diese Grenzen in keit dieser Suche zu finden. Das Ziel lässt sich viel- der Tat schlecht definiert. Aber was ist nach alleleicht auch ohne Chemie erreichen, aber ein vor- dem überhaupt mit einer Veränderung des sichtiges Ausprobieren wird vermutlich nicht Bewusstseinszustandes gemeint? Wenn eine }

Eine chemisch induzierte Veränderung des Bewusstseins kann als Straftat verfolgt werden.


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medizinisch verschriebene anxiolytische (angst­ lösende) Medikation gleichzeitig das Gefühl der Euphorie vermittelt, macht diese Eigenschaft die Behandlung möglicherweise illegal? Wenn Sie von rohen Austern ekstatisch werden, müssen Lebensmittel deswegen wie Drogen behandelt werden? Der Tenor bei der Strafverfolgung richtet sich heute gegen diejenigen Drogen, die mit Geld, Machtpositionen und Einfluss verbunden sind, und deshalb sind es vor allem Begriffe auf den Titelseiten wie Crack, Speed und Smack, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Verfolgung der weniger spektakulären Erforschung der eher unbedeutenden Psychedelika, welche die Effektivität der Strafverfolgungsbehörden nicht bedrohen, lohnt sich nicht. Die Forschung kann daher unbehelligt bleiben, indem sie euphemistische Phrasen benutzt und jede Provokation vermeidet. Man erforscht Entheogene (keine Psychedelika) und man verkauft auf keinen Fall das, was man erforscht, an der nächsten Straßenecke. Die größte Schwierigkeit in diesem Abwägen und Ausbalancieren der Forschung an psychedelischen Drogen liegt jedoch in der medizinischen und wissenschaftlichen Gemeinschaft selbst. Bei Ärzten und Wissenschaftlern denkt man meist an den Inbegriff einer guten Ausbildung und an Weltoffenheit in allen Bereichen, die mit dem Lernprozess zusammenhängen, aber ich fürchte, dass sich dieses Bild in den letzten Jahren getrübt hat. Beide sind Opfer des Big Business, und sie müssen ihr gegenwärtiges Image wahren und ihre erfolgreichen Rollen weiterspielen. Der unabhängige Arzt und der unabhängige Wissenschaftler sind beide gefährdete Spezies. Wieder sind die Zauberworte Geld, Macht und Einfluss im Spiel. Auf der akademischen Ebene gibt es kaum noch unabhängige Forschung. Die Universitäten können keine Forschungsmittel mehr zur Verfügung stellen, und daher muss das Geld für Doktoranden, die Ausstattung für das Wetteifern um den Nobelpreis von der Regierung kommen. Das Schreiben von Anträgen ist alles, und keinesfalls darf ein Standpunkt auf einem kontrovers diskutierten Gebiet eingenommen werden, der diese Geldquelle gefährden könnte. In der medizinischen Praxis beobachtet man dieselben Folgen aus anderen Gründen. Die finanziellen Risiken, die jetzt mit der Ausübung der medizinischen Berufe verbunden sind, die Kosten für Haftpflichtversicherungen, die extreme Übervorsicht, die jetzt in jeder Arzt-Patienten-Beziehung

eingehalten wird (in der sogenannten defensiven Medizin), machen medizinische Behandlungen nur noch in großen Geschäftsbereichen von Krankenhaus-Kombinaten und medizinischen Versicherungsgesellschaften möglich. Ein Professor oder ein

Mittel zur Bewusstseins­ veränderung oder Werkzeug zur Erforschung der Hirn­funktion? Chirurg würde es für ein unnötiges Risiko halten, eine öffentliche Erklärung abzugeben, dass der Gebrauch psychedelischer Drogen sinnvoll sein kann; aus welchem Grund auch immer. Nein zu sagen, ist die sicherere Devise. Auf der anderen Seite der Medaille steht dagegen die schnell wachsende Einsicht in die wichtige Rolle, die psychedelische Drogen als unschätzbare Werkzeuge bei der Erforschung von Hirnfunktionen spielen. Substanzen wie DOI, DOB und LSD sind die Vorboten einer neuen Welle von Forschungsdrogen, die helfen können, diese Mechanismen der Hirnchemie zu entwirren. Ohne diese wären die akademische und die medizinische Gemeinschaft gleichermaßen in ihren Möglichkeiten drastisch begrenzt. Und hier spricht der Unterschied, über eine Droge als Mittel zur Bewusstseinsveränderung oder als Werkzeug zur Erforschung der Hirnfunktion zu sprechen, wahrlich für sich selbst. Es werden keine neuen psychedelischen Drogen erforscht; man entwickelt neue Rezeptor-Sonden. Man führt keine Experimente an Menschen mit psychoaktiven Agenzien durch. Man benutzt markierte Liganden, um die funktionelle Dynamik von Hirnregionen am Menschen nicht-invasiv zu untersuchen. Wie bei so vielen anderen kontroversen Dingen im Leben, geht es nicht so sehr darum, was man tut, sondern wie das, was man tut, wahrgenommen wird. Lassen Sie mich dies an einem speziellen Beispiel der Entwicklung einer neuen psychoaktiven Droge erläutern und zeigen, wie sie vom Konzept zur industriellen Fertigung, der klinischen Evaluation und schließlich der Ausbietung gelangte, alles als Teil im üblichen Verlauf der Entdeckung. Vor vielen Jahren hatte ich ein Analogon einer potenten psychedelischen Droge synthetisiert. Die Modellverbindung TMA-2 war eine uner-


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wartet wirksame Substanz, und das Analogon der Ostküste. Er sagte: «Das wollen wir unbedingt wurde DOM genannt. Es war nicht möglich vorher- in unseren Tiermodellen untersuchen.» (Beachten zusagen, ob es sich um eine sehr wirksame (aktive) Sie wieder die Reihenfolge der Tests vom Menschen und daher neue und interessante psychedelische zum Tier.) Es hat bei Bristol eine ganze Weile Substanz handeln würde, oder ob ein psychedelisch gedauert, bis im Tierversuch gezeigt wurde, dass inaktiver Wirkstoff entstanden war, der gegen wel- die Substanz 1. ein Antidepressivum und 2. kein che Begleiterscheinungen der Schizophrenie auch Halluzinogen war. Die erste Eigenschaft war verimmer eingesetzt werden könnte. Im ersten Fall marktbar, die zweite wäre ein Todeskuss gewesen. hätte ich ein neues Psychedelikum, im Ich witterte meine Chance. Ich fand letzten Falle eine Behandlungsmöglichheraus, dass es für die IND-Zulassung keit für eine Geisteskrankheit entdeckt. schon ziemlich weit durch die FDAEine Situation, in der man nur gewinMaschinerie gekommen war und demnen konnte. nächst in die klinische Erprobung Es stellte sich heraus, dass DOM gehen sollte. Ich fragte unter der Hand, ein superpotentes Psychedelikum ist, wie die Forschungsdirektoren so zuveraber das ist nicht das Ende der sichtlich sein könnten, dass die Sub­ Geschichte. Was mein Interesse fesTMA-2 stanz von Wert und frei von negativen selte, war die folgende Frage: Was Nebenwirkungen sein würde. Man würde passieren, wenn ich in die Strukerzählte mir, auch unter der Hand, tur der Amphetamin-Seitenkette eindass sie es alle an einem Montagmorgreifen und die Alpha-Methyl-Gruppe gen auf dem Weg zur Arbeit eingedurch ein zusätzliches Kohlenstoffatom nommen hätten, als eine generelle verlängern würde? Die Alpha-EthylAura der Depression auf jedem lag. Sie überlebten es und gaben ihr Okay für weitere Investitionen. DOM Dies ist eine schöne Illustration für die Gewichtung von Moral und Sachlichkeit, beides untrennbare Bestandteile bei der Suche nach psyTryptamine bringen die Antidepressiva choaktiven Substanzen. Die Behandhervor. Was war nun in der Gruppe lung einer infizierten Wunde bedeutet der Alpha-Ethyl-Phenylethylamine zu ganz einfach die Suche nach einem erwarten? Gift, das auf das infizierende BakteIch habe die Verbindung hergerium stärker einwirkt als auf den infiAriadne stellt, sie bis zu ziemlich hohen Dosen zierten Wirt. Aber wenn es um ein auserprobt und nichts gefunden. Kein schließlich menschliches Problem geht, Wunder. Mein Freund in Chile, der ebenfalls mit die- den Bewusstseinszustand, die Einstellung gegensem Material in seiner Klinikgruppe experimen- über einer Beziehung, den Kummer über den VerDie kompletten Artikel sindlust in der Ausgabe zu der lesen: tierte, berichtete mir, dass seine depressiven Patieinesgedruckten Menschen, kann kein Tier Maßstab ist erschienen. erhältlich im Pressehandel, Buchund in Hanfshops und im Lucy’s Rausch enten ein bisschen weniger depressiv sein, um eineinKur zu finden. Die Suche nach einer Ein normaler Patient blieb über normal. Eine etwas Droge, oder mag als sie Abo nun mit ein Langzeitwirkung psychedelischer Wirkstoff Versand www.lucys-magazin.com weniger normale Person wurde normal. Dies trifft oder eine Hilfe bei psychischen Problemen sein, exakt die Definition eines Antidepressivums, das kann niemals ausschließlich ethisch sein, ist aber kein Stimulans ist. unabwendbar notwendig. Später im Jahr wurde ich eingeladen, auf der Man darf nicht immer alles tun, was getan Gordon-Konferenz in Neu-England einen Vortrag werden muss, sondern man muss vielleicht auch zu halten, und ich berichtete über eine Reihe von das tun, was nicht erlaubt ist. Dies ist die QuintesDingen, einschließlich dieser Alpha-Ethyl-Verbin- senz einer jeden Erforschung der unbekannten dung, die ich Ariadne genannt hatte. Es traf sich, Bereiche des menschlichen Geistes. Die Risiken sind dass der Sekretär der Konferenz zufällig der For- erkennbar, aber der Lohn ist das Risiko wert. Denschungsdirektor der Bristol-Laboratorien war, eines ken Sie aber immer daran, die zwei Faktoren im gigantischen pharmazeutischen Unternehmens an Gleichgewicht zu halten!

Man muss vielleicht auch das tun, was nicht erlaubt ist.


Svenja Zuther Dipl.-Biologin & Heilpraktikerin Im Dorfe 1 b | D-29575 Bohndorf Fon +49 (0) 58 07 - 98 96 80 | eMail post@kudra.net www.facebook.com /kudra.naturbewusstsein

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Luc y’s Rau sch Nr. 3

107

LITERATUR ZU DEN ARTIKELN

Ayahuasca

Wolfgang Maria Ohlhäuser Arno Adelaars, Christian Rätsch (Hg.)

Rupert Krömer, Sabine Theis-Krömer (Hg.)

Ayahuasca – Die Jaguar­ medizin des Amazonas Nachtschatten Verlag 2016

Wolfgang Maria Ohlhäuser: Real & Surreal - Wanderer ferner Welten

ISBN: 978-3-03788-396-9

VITRUV networks 2011 ISBN: 978-3-937562-07-0

Kajuyali Tsamani

Ayahuasca-Yagé Nachtschatten Verlag 2003

Drogenpolitik

ISBN: 978-3-90708-088-7 Carmen Boullosa, Mike Wallace

Govert Derix

Ayahuasca, eine Kritik der psychedelischen Vernunft

¡Es reicht! Der Fall Mexiko: Warum wir eine neue globale Drogenpolitik brauchen Verlag Antje Kunstmann 2015 ISBN: 978-3-95614-059-4

Nachtschatten Verlag 2004 ISBN: 978-3-03788-127-9

A. Adelaars, C. Müller-Ebeling, C. Rätsch

Ayahuasca

Lorenz Böllinger, Heino Stöver (Hg.)

Drogenpraxis, Drogenrecht, Drogenpolitik Fachhochschulverlag 2002 ISBN: 978-3-93129-759-6

AT Verlag 2006 ISBN: 978-3-03800-270-3

Cannabis-Growing Psychedelische Kunst E. L. Robert, Jean Masters Houston

Psychedelische Kunst Knaur 1973

SeeMoreBuds

Marijuana Super Grow in 70 Tagen Nachtschatten Verlag 2016 ISBN: 978-3-03788-391-4

ISBN: 978-3-42600-261-2 Mike MoD

Radovan Hirsl, Claude Steiner

Psychonautische Landkarte. A trip into Psychonautic Art Nachtschatten Verlag 2003 ISBN: 978-3-03788-115-6

Enzyklopädie der Cannabiszucht Nachtschatten Verlag 2013 ISBN: 978-3-03788-281-8


108

LITERATUR ZU DEN ARTIKELN

Safer Use

Bewusstseinsforschung Project Zendo/MAPS

H. Jungaberle, P. Gasser,

Zendo Project Training Manual

J. Weinhold, R. Verres

www.zendoproject.org

Therapie mit psychoaktiven Substanzen

(kostenloser Download)

Hans Huber 2008 ISBN: 978-3-45684-606-4

Ethnobotanik

Torsten Passie, Thomas Dürst

Kevin Johann

Heilungsprozesse im veränderten Bewusstsein

Der Schamanengarten

VWB-Verlag 2009

Nachtschatten Verlag 2016

ISBN: 978-3-86135-205-1

ISBN: 978-3-03788-379-2

Reinkarnation

Alexander Shulgin Alexander und Ann Shulgin

Timothy Leary, Richard Alpert, Ralph

PIKAHL – A Chemical Lovestory

Metzner

Transform Press 1995

Psychedelische Erfahrungen

ISBN: 978-0-96300-960-9

Raymond Martin Verlag 1993 ISBN: 978-3-88631-081-4 Alexander und Ann Shulgin Ralph Metzner

Der Lebenszyklus der Menschenseele

TIKAHL – The Continuation Transform Press 1997 ISBN: 978-0-96300-969-2

Nachtschatten Verlag 2013 ISBN: 978-3-03788-267-2 Alexander Shulgin Sogyal Rinpoche

Notebooks & Laboratory Books

Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben

Notiz- und Laborbücher A. Shulgins

Knaur MensSana 2010

shulgin_labbooks

ISBN: 978-3-42687-528-5

(kostenloser Download)

www.erowid.org/library/books_online/


Luc y’s Rau sch Nr. 3

109

AGENDA

3. BIS 5. JUNI:

Informationen finden sich auf der

Interdisciplinary Conference on Psychedelics Research

Website zur Konferenz.

17. SEPTEMBER:

www.vineofthesoul.org

20 Jahre Eve & Rave Schweiz

Lucy‘s-Leserinnen und -Leser, die sich mit dem Code LUCYS anmelden, erhalten einen Rabatt von 100 US-Dollar auf den Ticketpreis!

1995 in Berlin gegründet, gibt es seit 1996 den Verein für Drogenbildung und psychedelischen Support Eve & Rave auch in der Schweiz.

23. BIS 26. JUNI:

Die Institution ist

Sumiruna Awakenings

mit ihrer psychedelischen Ambulanz

Der erste ICPR-Kongress in Amster-

Die erste Konferenz zur Bewusstseins-

und dem Drug Checking ein wichtiger

dam wird von der holländischen

erweiterung in Osteuropa findet im

Pfeiler der psychonautischen

OPEN Foundation (Stichting OPEN)

rumänischen Bukarest statt. Dabei

Bewegung. Heute ist das Online-

organisiert, die sich ähnlich wie die

handelt es sich in erster Linie um

Forum ihre wichtigste Plattform.

US-amerikanische MAPS der

Die Feier dieses Jahrestages findet

Förderung und Veranstaltung von

in der Kaserne Zürich statt. Mit

klinischer und interdisziplinärer

Vorträgen der Gründungsmitglieder

psychedelischer Forschung

Hans Cousto und Roger Liggenstor-

verschrieben hat. An den drei

einen Kongress zu Ayahuasca und

fer. Beginn der Party ist um 20 Uhr.

Konferenztagen werden 23 Referen-

anderen Entheogenen. Referenten

www.eve-rave.ch

ten ihre Fachvorträge halten,

sind unter anderem Graham

darunter so bekannte Wissenschaft-

Hancock, Dennis McKenna, Jeremy

ler wie Torsten Passie, Matthias

Narby und Lucy‘s-Autorin Nana

17. BIS 22. OKTOBER:

Liechti, Roland Griffiths und Robin

Nauwald.

World Ayahuasca Conference

Carhart-Harris.

www.sumiruna.org

www.icpr2016.nl Lucy‘s-Leserinnen und -Leser, die sich mit dem Code NACHTSCHATTEN20 anmelden, erhalten einen Rabatt von 20 Euro auf den Ticketpreis!

Auch für diese Konferenz wird es Spezialpreise für Lucy‘s-Leserinnen und -Leser geben. Infos zu den Vergünstigungen: www.lucys-magazin.com/ leser-service

16. BIS 22. JUNI:

Vine of the Soul

Die zweite Ausgabe der World Ayahuasca Conference findet in Río Branco, Brasilien, statt (die erste war 2014 in Ibiza veranstaltet worden). Die

3. BIS 4. SEPTEMBER:

Referenten standen bis zum Redakti-

Entheo-Science

onsschluss noch nicht fest, klar ist

Die dritte Ausgabe der

jedoch jetzt schon, dass der Kongress

Entheo-Science steht

in zwei Strängen verlaufen wird:

unter dem Motto «Let‘s talk about

Academics (wissenschaftliche

Psychedelics», Tagungsort ist

Vorträge) und Community (Beiträge

das Essentis Biohotel in Berlin. Unter

aus der Gemeinschaft der Anwender).

Veranstaltungsort der elften Ausgabe

den 22 Referenten befinden sich

www.ayaconference.com

der International Amazonian

hochkarätige Forscher wie Peter

Shamanism Conference ist Iquitos,

Gasser, Jochen Gartz,

Peru, der genaue Ort und die

Arendt Streit, Friederike Meckel

Rednerliste standen bis Redaktions-

Fischer und Ronald Steckel.

Auch für diese Konferenz wird es Spezialpreise für Lucy‘s-Leserinnen und -Leser geben. Infos: www.lucys-magazin.com/ leser-service

schluss noch nicht fest. Mehr

www.entheo-science.de


110

Luc y’s Rau sch Nr. 3

Lucy’s Rausch Nr. 3 Mai 2016 Lucy‘s Rausch erscheint zweimal jährlich nächste Ausgabe: Herbst 2016

Layout Nina Seiler nina@lucys-magazin.com Umschlaggestaltung: Sven Sannwald sven@nachtschatten.ch

Herausgeber Roger Liggenstorfer Nachtschatten Verlag AG Kronengasse 11 CH-4500 Solothurn Fon: +41 32 621 89 49 info@nachtschatten.ch www.nachtschatten.ch

Layoutkonzept Studio Roth&Maerchy www.rothmaerchy.com

Vertriebe Pressevertrieb (Kioske, Supermärkte, Bahnhofs- & Flughafenbuchhandlungen) UMS Pressevertrieb Ltd., D-51545 Waldbröl, www.umspress.de

Anzeigen werbung@lucys-magazin.com

Buchhandel Schweiz AVA Verlagsauslieferung, Affoltern a.A.

www.lucys-magazin.com

Administration Barbara Blankart barbara@nachtschatten.ch

Head- & Hanfshops Schweiz Nachtschatten Versand versand@nachtschatten.ch

Chefredaktion Markus Berger markus@lucys-magazin.com

Abo-Verwaltung Lukas Emmenegger lukas@nachtschatten.ch

Redaktion Roger Liggenstorfer roger@lucys-magazin.com

Bankverbindungen Schweiz Regiobank Solothurn Konto-Nr.: 443.213.16.114 IBAN CH2008785044321316108 BIC RSOSCH22

Buchhandel, Head- & Hanfshops Deutschland und Österreich LKG, Espenhain/Leipzig nadja.bellstedt@lkg-service.de www.lkg-va.de

Bild- und Textredaktion Nina Seiler nina@lucys-magazin.com Mitarbeiter dieser Ausgabe Arno Adelaars, Christoph Benner, Alex Bücheli, Hans Cousto, Peter Gasser, Kevin Johann, Michael Knodt, Thomas Marthaler, Claudia Müller-Ebeling, Nana Nauwald, Maximilian Plenert, Pascal Querner, Christian Rätsch, Roberdo Raval, Michael Schlichting, Steve Stoned

Deutschland Postbank Hamburg Kontonr.: 969 792 202 IBAN: DE35 2001 0020 0969 7922 02 BIC: PBNKDEFF Vermerk: Lucys Rausch

VERKAUFSSTELLEN Lucy‘s Rausch ist im Kiosk-, Presse- und Buchhandel sowie in folgenden Head- & Growshops erhältlich (Stand 4/16): SCHWEIZ  Artemis GmbH, Mur­bacherstraße 37, 6003 Luzern, www.artemis-gmbh.ch • Babacool, Löwengasse 4, 4502 Solothurn, www.babacool.ch • BioCulture, Bolacker 14, 4563 Gerlafingen, www.bioculture.ch • Bio Top Center GmbH, Konradstraße 28, 8005 Zürich, www.biotop-zuerich.ch • BREAKshop, Gaiserwaldstrasse 16a, 9015 St. Gallen, www.breakshop.ch • DELTA GROW AG, St. Gallerstrasse 119, 8404 Winterthur, www.delta-grow.ch • Fourtwenty GmbH, Kramgasse 3, 3011 Bern, www.fourtwenty.ch • Grünhaus AG, Herostrasse 7, 8048 Zürich, www.gruenhaus-ag.ch • KALISHA, Rathausgasse 47, 3011 Bern, www.kalisha.ch • Nachtschatten Shop, Kronengasse 11, 4500 Solothurn,

Druck Druckerei & Verlag Steinmeier, Deiningen. Printed in Germany.

Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht unbedingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Bitte beachten Sie unsere «Charta für eine Kultur des Rausches» auf www.lucys-magazin.com/charta Bitte beachten Sie auch die Inserate unserer Werbepartner und gleichzeitig das geltende Recht Ihres Landes. Der Verlag ruft weder zu illegalem Drogenkonsum auf, noch beabsichtigt er, diesen zu fördern.

www.nachtschatten.ch • Secret Nature, Kramgasse 68, 3011 Bern, www.secret-nature.ch • Secret Nature, Obere Hauptgasse 11, 3600 Thun, www.secret-nature.ch • Sibannac GmbH, Güterstrasse 138 (im Hinterhof), 4053 Basel, www.visionofhemp.ch • Sow & Grow Green Technology GmbH, Bürenstrasse 14a, 3053 Lätti bei Münchenbuchsee, www.sowandgrow.ch • TAMAR Trade, Technikumstrasse 38, 8400 Winterthur, www.rastaman.ch DEUTSCHLAND  Artemisia - Allgäuer Kräutergarten, Hopfen 29, 88167 Stiefenhofen, www.artemisia.de • Buchladen Schwarze Risse, Gneisenaustr. 2a, 10961 Berlin • Chénevis + Gesundheitsprodukte, Hauptstr. 49, 89584 Ehingen • Donau Coffeeshop, Georgenstr. 45, 92224 Amberg, www.coffee-shop-amberg.de • Grow Bonn, Franzstraße 37, 53111 Bonn, www.grow-bonn.de • Hanf­Haus Reutlingen, Weingärtner­straße 27, 72764 Reutlingen,


111

VORSCHAU Kapitel

1

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Nr. 4 / Herbst 2015 / CHF 18.50 / € (D) 14.80 / € (A) 15.30

Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur

Ayahuasca Entheogen, Heilmittel und Lebenshilfe HR Giger – -Das grosse Interview Die Kunst –des Luke im Brown - Claudia Müller-Ebeling Besuch Val-de-Travers Absinthe Tanzkultur Transformation - Roberdo Raval – Falsche Perspektiven Legal Highsund Sasha Shulgin Pate des MDMA der Welt – oder -die Verbesserung El Pepe Akasha Hofmann Project im–Interview Ein Gespräch mit Albert Drug,LSD-Entdecker Set und Setting - Alex Bücheli dem

Nr.4 / Herbst 2016

H A n F + K u n S T + PA R T y + E T H n o B o TA n I K

Nr. 4

Herbst 2016

LSD und verwandte Tryptamine Acid, Alladin, 1P-LSD und Co.

Fotos: youtube, flickrhivemind.net, Ak ccm CC BY-SA 3, Archiv Berger

Heimische Psilocybin-Pilze Zauberpilze im deutschsprachigen Raum

Iboga und Ibogain Entheogen und Heilmittel

Terence McKenna Pionier der Psychonautik

... und viele weitere Artikel zu Psychedelik, Cannabis, Floating und Ethnobotanik.

www.hanfhaus-reutlingen.de • HanfHaus, Kapuzinergasse 3, 73525 Schwäbisch Gmünd, www.hanfhaus.de • Hanf-Lager Ulm, Zinglerstraße 1, 89073 Ulm, www.hanflager.de • Hempstore, Mühlbergle 1, 73525 Schwäbisch Gmünd • Kalidat Grow- & Headshop, Am Bahnhof 6, 69254 Malsch, www.kalidat.de • Kaya Foundation, Schliemannstr. 26, 10437 Berlin, www.kayagrow.de • Klaus der Gärtner, Straßmann­straße 1, 10249 Berlin, www.klausdergärtner.de • Kudra NaturBewusstSein, Im Dorfe 1B, 29575 AltenmedingenBohndorf, www.kudra.net • New Asia Headshop, F1, 10 (Nähe Paradeplatz), 68159 Mannheim, www.new-asia-headshop.de • Mojamba, Pelzstrasse 30, 53347 Alfter, www.mojamba.de • Mr. Nice-Growshop, Große Seestr. 36, 60486 Frankfurt, www.mr-nice-shop.com • Sensatonics, Lohmühlenstraße 65, 12435 Berlin, www.sensatonics.de • Sirius Buch­handlung, Barfüßerstraße 13, 35037 Marburg, www.thefinalembrace.de •

Syntropia, Industriestrasse 20, 64380 Roßdorf, www.syntropia.de, www.rauschkunde.net • Verdampft­­nochmal, Karl-KungerStr. 28, 12435 Berlin, www.verdampftnoch-mal.de • Zabriskie, Manteuffelstr. 73, 10999 Berlin, www.zabriskie.de • Zaubertrank, Mexikoring 11a, 22297 Hamburg, www.zaubertrank-hamburg.de ÖSTERREICH Hanf & Hanf, Lasallestraße 13, 1020 Wien, www.hanf-hanf.at NIEDERLANDE Azarius BV, Kerkstraat 119, 1017 GE Amsterdam, www.azarius.net Aktualisierte Liste unter www.lucys-magazin/verkaufsstellen


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HR Giger – Das grosse Interview

Cannabis als Medizin/Dabbing

Absinthe – Besuch im Val-de-Travers

Steve Stoned im Gespräch

Legal Highs – Falsche Perspektiven

Auf dem Peyote-Weg

El Pepe – oder die Verbesserung der Welt

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Albert Hofmann – Ein Gespräch mit dem LSD-Entdecker

lph Metzner, Wolf-Dieter Storl, Christian Rätsch, Claudia arkus Berger, Alexander Ochse, Wolfgang Bauer, Jochen Gartz thias Bröckers, Patrizia Ochsner, Hans Cousto, Tina Loosli olfgang Sterneck, Samuel Widmer, Claudia Möckel, Klaus John oD, Matthias Diesch

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Lucy‘s Nummer 2 ISBN 978-3-03788-402-7 112 Seiten Format 20 x 26,5 cm € 14.80 / Fr. 18.50

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