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Redevelopment – neues Leben für alte Bürogebäude
(AF) Klimaschutz ist im Gebäudesektor durchaus eine Erfolgsgeschichte. Immerhin sank der CO2-Ausstoß zwischen 1990 und 2020 um über 40 %. Doch die Bilanz der Vergangenheit ist hart erkauft: Energiesparverordnung, Wärmeschutzverordnung, Heizungsanlagen-Verordnung, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – jede Maßnahme trug ihren Teil zur Verteuerung bei und dürfte das auch in Zukunft tun. Doch es gibt Möglichkeiten, ökologische und ökonomische Effekte zu reduzieren. Einer davon ist Redevelopment. In Frankfurt hat der Ansatz, alten Bürogebäuden neues Leben einzuhauchen und sie in Wohngebäude zu verwandeln, schon lange Tradition.
NEUES LEBEN
FÜR ALTE BÜROGEBÄUDE
Vierteljährig untersucht der Immobilienspezialist JLL die Büromarktentwicklung in den Big-7-Städten Deutschlands (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart). Das Ergebnis überrascht, denn obwohl weiterhin Büroflächen gebaut werden und die Büromieten steigen, gibt es immer mehr Leerstände.
Der Grund liegt in einem strukturellen Wandel der Arbeitswelt, der coronabedingt einen zusätzlichen Schub erhalten hat. „Vermehrtes Remote Working mit der entsprechenden Verschiebung von Belegungsspitzen und Zeiten geringerer Belegung sorgen für große Schwankungen im Flächenbedarf“, bemerkt Stephan Leimbach, JLL Head of Office Leasing Germany, in einem JLL-Beitrag mit dem Titel „Büros neu verstehen lernen“. Die existierenden Büroportfolios für Angestellte, die jeden Tag in den Geschäftsräumen erwartet und entsprechend nach Fläche pro Mitarbeitendem kalkuliert werden, haben ausgedient. „Also wächst das Interesse an neuen Messgrößen, etwa für die technische Smartness von Gebäuden, für ihre Anpassungsfähigkeit oder für den Anteil flexibler und innovationsfördernder Flächen“, so Leimbach weiter. Neue Messgrößen für Gebäude, die erst noch errichtet werden müssen, um den Anforderungen der Arbeitswelt der Zukunft Rechnung zu tragen.
Bereits im 1. Quartal 2023 soll die Umwandlung des Frankfurter Bürokomplexes „Sky:View“ zum Wohnobjekt „View 180“ abgeschlossen sein. „Durch die optimalen Deckenhöhen von über 3 Metern und die großen Fensterflächen, die für ideale Lichtverhältnisse und einen unvergleichbaren Blick auf die Frankfurter Skyline sorgen, verfügt das Objekt über alle Voraussetzungen für eine Umwandlung, um der großen Nachfrage nach Wohnraum in Frankfurt und diesem begehrten Stadtteil Sachsenhausen gerecht zu werden“, betont Jan Ludwig, Associate Director im Bereich Residential Investment bei Colliers International Frankfurt, angesichts der Presseveröffentlichung zum Projekt dessen Vorzüge.
Auf den 24.000 m2 vermietbarer Fläche sollen Wohneinheiten mit 40 bis 240 m² entstehen mit einer Raumaufteilung zwischen 1,5 bis 5 Zimmern. Zudem sind dort auch Geschäfte sowie eine Kita geplant.
In Deutschland existieren zurzeit ca. 350 Millionen m² Nutzfläche in Büros und Verwaltungsgebäuden. Laut ARGE sind 50 % davon mit geringem oder mittlerem baulichem Aufwand für den Umbau und die Umnutzung zu Wohnungen geeignet. Viel Potenzial also für weitere Projekte wie „View 180“, um die Erfolgsgeschichte des Klimaschutzes im Gebäudesektor fortzuschreiben.
Für die Vielzahl an Redevelopment-Projekten bekannt ist der Standort Niederrad in Frankfurt. Die ehemalige „Bürostadt“ mausert sich durch Umnutzung und Neuentwicklung von Bürogebäuden zum Wohnquartier.
Die Alternative zum Abriss spart bis zu 90 % CO2
Für die alten, nun leer stehenden Gebäude gibt es neben dem Abriss mit dem Redevelopment eine zugleich umweltschonende als auch kostengünstige Alternative. Insbesondere die sogenannte graue Energie, die nicht im Betrieb, sondern in vor- und nachgelagerten Prozessen im Gebäudelebenszyklus anfällt, kann nur durch eine lange Nutzung des Gebäudes relativiert werden. Die Bauwirtschaft kann einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, wenn sie zur Weiterentwicklung oder Überarbeitung eines Gebäudes vorhandenen Beton verwendet. Dies bemerkte auch die UN 2019 in ihrem Global Status Report for Building and Construction und empfahl deshalb, weniger Gebäude abzureißen. Die damit verbundenen CO2-Einsparungen liegen zwischen 80 und 90 %, wobei die Reduzierung, die ein saniertes Bauwerk mit neuer Technik, Dämmung und Heizung im langfristigen Betrieb mit sich bringt, noch nicht eingerechnet ist. Neben ökologischen sprechen auch ökonomische Aspekte für ein Redevelopment. „Die Weiternutzung der vorhandenen Tragstruktur, vorhandenen Infrastruktur und Erschließung etc. machen in der Regel Lösungen möglich, die weniger als 50 % der Kosten verursachen, die für einen vergleichbaren Neubau von Wohngebäuden aufgewendet werden müssten“, beziffert die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) e.V. das Einsparpotenzial.
Ein weiterer, ausgesprochen positiver Effekt für Stadt- und Raumplanung ergibt sich dabei aus der Tatsache, dass der überwiegende Teil der deutschen Bürogebäude im städtischen Zusammenhang und in den Ballungsräumen angesiedelt ist, und somit neu geschaffener Wohnraum zielgerichtet in den Innerstädten (wieder) entstehen kann, heißt es weiter in der oben erwähnten Stellungnahme.