Geräuschlose Gefolgschaft
Grüne Lunge atmet schwer
Der Fall Tugce
CDU-Spitze versucht, interne Konflikte vor Beginn des Parteitags zu klären. Seite 2
Den belorussischen Pripjatsümpfen droht wieder die Entwässerung. Seite 3
Ein Lehrstück über Medien und ihre Meinungsmache. Seite 15
Foto: dpa/Rolf Vennenbernd
Foto: dpa/Fredrik von Erichsen
Dienstag, 9. Dezember 2014
69. Jahrgang/Nr. 286
Berlinausgabe 1,70 €
www.neues-deutschland.de
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STANDPUNKT
Mut zur Reform Tom Strohschneider über das Desinteresse am Bundestag Leere Fraktionsreihen, langweilige Reden, parteipolitische Rituale: Man ist nicht überrascht, dass sich immer weniger Menschen für die Vorgänge im Parlament interessieren. Seit Jahren wird beklagt, dass die dort praktizierte Demokratie eher einer um sich selbst kreisenden Parallelwelt ähnelt. Einer nicht besonders aufregenden zumal. Vom Anspruch, Ort der lebendigen, an Inhalten und neuen Fragen interessierten Auseinandersetzung zu sein, ist das parlamentarische Verfahren um einiges entfernt. Das durchaus chic gewordene mediale Beklagen dieser Zustände hat das Desinteresse wohl noch verstärkt. Und: Es ist ein Ressentiment gegenüber dem Parlamentarischen gewachsen, nicht selten von links angefeuert – Motto: alles nur eine Konsenssoße, ein Schauspiel zu Gunsten Mächtiger, Beruhigungspille für die Massen. So wichtig Aufklärung über die unzureichenden Verfahren der Demokratie, so richtig die Kritik an der steten Tendenz zum Rückfall hinter einmal erreichte parlamentarische Standards, etwa bei der Kontrolle der Regierung – so notwendig wäre es, mit weitreichenden Änderungen über den Status quo hinauszugehen. Denn für eine gelingende Reaktivierung des Parlamentarischen, besser: für die Wiederöffnung des Bundestagsbetriebs hin zur Gesellschaft wird eine Befragung der Kanzlerin ein paar Mal im Jahr nicht reichen. Eine Reform bräuchte Mut zu größeren Schritten: von der Aufhebung des Fraktionszwangs über die Möglichkeit wechselnder Mehrheiten bis zu einer wirklichen Beteiligung von Bürgern auch zwischen Wahlen.
UNTEN LINKS Unsere Hauptstadt ist so was von fortschrittlich! Zum Beispiel diese Geste der Toleranz: »Berliner Schüler aus humanistischen Elternhäusern erhalten auf Antrag einen weiteren schulfreien Tag«, meldet die dpa. »Zum Welthumanistentag am 21. Juni können sie sich vom Schulbesuch entbinden lassen.« Sie sollen dann natürlich nicht Drogen kaufen oder so, sondern über »das Miteinander in unserer Gesellschaft« nachdenken. Gute Idee! Noch fortschrittlicher wäre es, wenn nicht nur Humanisten-Kinder, sondern alle in den Genuss des weltanschaulich erlaubten Schwänzens kämen. Schüler aus Schneemann-Familien könnten so am Tag der Tiefkühlkost am 6. März im frostigen Daheim über irgendwas grübeln. Kinder von Rundfunkmoderatoren hätten auf Antrag am 13. Februar frei: der Welttag des Radios. Und wer besonders tranige Eltern hat, wählt sich den Deutschen Lebertag im November. Freiheit, liebes Berlin, ist immer auch die Freiheit der anders Feiernden. Humanismus für Alle! tos
ISSN 0323-4940
Bewaffneter Friedensprozess Exklusivinterview mit Nicolás Rodríguez Bautista, 1. Kommandant der ELN-Guerilla
Sternlauf gegen Pegida-Demo in Dresden AfD zeigt Verständnis für Anti-Islam-Proteste
Die kolumbianische ELN-Guerilla setzt auf den Frieden und behält die Waffen in der Hand.
Berlin. Umweltschutz und Frieden: Diese beiden Themen standen im Zentrum der Kolumbien-Reise von Entwicklungsminister Gerd Müller. Über die Hälfte der Fläche Kolumbiens ist mit Wald bedeckt. Die zweitgrößte Artenvielfalt der Welt und eine für das globale Klima entscheidende Fähigkeit, Treibhausgas zu binden, zeichnen ihn aus. Zentrales Problem beim Waldschutz: Der Großteil seiner Fläche liegt im kolumbianischen Konfliktgebiet. Bei seinem am Sonntag beendeten Besuch hat Müller mehr als 300 Millionen Euro, vor allem als Darlehen, für Umweltschutz und Friedensbemühungen in Kolumbien für die
kommenden zwei Jahre zugesagt. Der bewaffnete Konflikt, der seit 1964 anhält, hat mindestens 220 000 Todesopfer und an die sechs Millionen Vertriebene verursacht. Der Krieg wird in hohem Maße durch den Anbau von Kokapflanzen und den illegalen Abbau von Rohstoffen wie Gold finanziert. Dafür muss der Wald weichen. Auch die Bauern, die vor der Gewalt fliehen, lassen sich woanders nieder und roden sich Grundstücke frei. Gleichzeitig fürchten viele Experten, dass der Wald nach einem Ende des Krieges in noch größerem Stil abgeholzt wird, um die reichhaltigen Rohstoffvorkommen abzubauen.
Foto: dpa/Edward Robles
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos hat es sich zum Ziel gesetzt, Frieden zu schaffen, und verhandelt seit 2012 mit der FARCGuerilla. Seit Juni 2014 hat Bogotá auch Verhandlungen mit der ELN-Guerilla aufgenommen. »Wir müssen die Opfer um Vergebung bitten! Das ist die zwingende Voraussetzung für Aussöhnung.« Das erklärte Nicolás Rodríguez Bautista, 1. Kommandant der ELN-Guerilla, im Exklusivinterview in »neues deutschland«. »Es ist ein Prozess der Wahrheit, von dem man weiß, wann er beginnt, aber nicht, wann er aufhört«, blickt er verhalten optimistisch in die Zukunft. ml Seite 10
Schlaftablette Parlamentarismus Studie: Abnehmende »Sichtbarkeit der Demokratie« / Interesse der Bürger an Bundestagsgeschehen sinkt Die Opposition hat Reformen des Bundestagsbetriebs gefordert. Nicht zum ersten Mal – aber nun zeigt eine Studie, wie gering das Bürgerinteresse an den Debatten im Parlament bereits ist. Berlin. Haben Sie in den letzten Monaten eine Bundestagsdebatte im Radio oder im Fernsehen mitverfolgt? Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge, deren Ergebnisse am Montag veröffentlicht wurden, kann sich nur jeder Vierte konkret an eine Aussprache im Parlament erinnern. Seit den 1980er Jahren ist damit die Zahl derer, die hin und wieder eine Debatte im Bundestag verfolgen, um etwa die Hälfte gesunken. Die von den Konstanzer Politikwissenschaftlern Dominik Hierlemann und Ulrich Sieberer unter dem Titel »Sichtbare Demokratie« vorgelegte Untersuchung belegt noch weitere Probleme: Im Osten weiß nicht einmal die Hälfte der Befragten, dass es neben direkt ge-
wählten Abgeordneten auch Parlamentarier gibt, die über Landeslisten in den Bundestag eingezogen sind. Gerade einmal 17 Prozent haben in jüngerer Zeit etwas über die Berliner Tätigkeiten ihres Wahlkreisabgeordneten gehört. Immerhin ist der Anteil derer seit 1995 von 55 auf 67 Prozent gewachsen, die diesen örtlichen Abgeordneten kennen oder von ihm Notiz genommen haben. Die »Debatten- und Frageformate werden intensiv genutzt«, so die Autoren mit Blick auf die Aktivitäten vor allem der Opposition. Es fehle aber an einer »abwechslungsreichen Auseinandersetzung«. Dies schlägt sich auch in der Berichterstattung nieder – diese ging zurück. Zuletzt seien Bundestagsdebatten in den Medien »wenig präsent« gewesen, schreiben die Autoren. »Über Fragestunden wurde fast nie berichtet.« Die abnehmende »Sichtbarkeit der Demokratie« steht dabei in einem Widerspruch zu den wach-
senden Erwartungen der Bürger an die Parlamentarier. Eine klare Mehrheit beklagt, »dass die Bundestagsabgeordneten bei den Debatten gar nicht mehr auf die Ar-
Nur 17 Prozent haben zuletzt etwas über die Berliner Tätigkeiten ihres Wahlkreisabgeordneten gehört. gumente der anderen eingehen«. Fast zwei Drittel sind der Meinung, dass es genug Möglichkeiten gibt, sich über die Vorgänge im Parlament zu informieren – sie werden eben nur selten genutzt. Die Parlamentsgeschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Petra Sitte, machte die Große Koalition für den Rückgang des Interesses verantwortlich. Union und
SPD wirkten »wie Schlaftabletten für den Parlamentarismus«. Viele hätten »offenbar das Gefühl, dass die wichtigen politischen Entscheidungen nicht im Parlament, sondern in Hinterzimmern und Koalitionsrunden fallen«. Sitte forderte, »die politischen Grundkonflikte wieder im Parlament« auszutragen, damit der Bundestag keine »Abnickstation für Regierungsinitiativen« bleibe. Auch die Grünen setzten sich abermals für Reformen ein. Die Regierung bremst derweil selbst kleinere Reformschritte aus. Zwar gibt es Pläne, die Attraktivität der Fragestunde etwas zu erhöhen – danach soll künftig jeder Minister dem Parlament einmal pro Jahr Rede und Antwort stehen. Einen Vorschlag der Sozialdemokraten, dass auch die Kanzlerin ein- oder zweimal zu einer solchen Befragung im Jahr antreten soll, blockte die Union aber ab – sie wolle »kein Spektakel unter dem Bundesadler«. nd
Dresden. Mit einem Sternlauf gegen Intoleranz und für eine weltoffene Stadt sind am Montag unter dem Motto »Dresden für alle« Dresdner den wöchentlichen Pegida-Demonstrationen entgegengetreten. Ein erster vom Bündnis Dresden Nazifrei organisierter Demonstrationszug setzte sich am Nachmittag von der Neustadt aus mit mehreren Hundert Teilnehmern in Bewegung. Fünf weitere Züge folgten. Am Abend sollte vor dem Rathaus eine zentrale Kundgebung stattfinden. Dazu aufgerufen hat ein breites Bündnis von Kirchen, Glaubensgemeinschaften, Parteien, Vereinen und Verbänden. Seit Wochen machen die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands« in der Elbestadt Front gegen Muslime, Flüchtlinge und Asyl. Rico Gebhardt, Fraktions- und Landesvorsitzender der Linkspartei in Sachsen, erklärte am Montag: »Angst ist ein schlechter Ratgeber – deshalb führt Pegida in eine Sackgasse der Vorurteile. Wir nehmen die Sorgen der Bürger und Bürgerinnen hier ebenso ernst wie die der Flüchtlinge, die zu uns kommen. ›Dresden für alle‹ ist ein gutes Motto für das Zusammenleben aller Menschen, die in dieser Stadt leben – Sachsen für alle sollte der Maßstab für die Gesellschaft in unserem Freistaat sein.« Verständnis für Pegida äußerte am Montag die Alternative für Deutschland (AfD). Diese will ihren Mitgliedern nicht verbieten, an den Demonstrationen teilzunehmen. Der Bundesvorstand der rechtspopulistischen Partei erklärte aber, sollten bei den Protestveranstaltungen Nazi-Symbole gezeigt oder rechtsextreme Parolen gerufen werden, sollten sich die AfD-Mitglieder zurückziehen. nd/dpa Seite 6
Amazon-Mitarbeiter wieder im Ausstand Streiks im Vorweihnachtsgeschäft in Bad Hersfeld und Leipzig Bad Hersfeld. Im Weihnachtsgeschäft setzen Beschäftigte des weltgrößten Onlineversandhändlers Amazon mit Warnstreiks ein Zeichen in dem Tarifkonflikt. Bereits in der Nacht zum Montag begannen die Ausstände in Bad Hersfeld. Am größten deutschen Standort beteiligten sich nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Tagesverlauf 500 Mitarbeiter an dem Arbeitskampf. Am Nachmittag legten nach Gewerkschaftsangaben auch knapp 200 Beschäftigte in Leipzig die Arbeit bis zum Ende der Spätschicht nieder. Laut Gewerkschaft sollte am Dienstag wieder normal gearbeitet werden. Ob in den nächsten Tagen an anderen Standorten zu weiteren Ausständen aufgerufen wird, ließ ver.di offen. Beobachter rechnen bis Weihnachten mit weiteren Kampfmaßnahmen der Gewerkschaft. Ver.di versucht seit mehr als einem Jahr, Amazon zu Tarifgesprächen zu Bedingungen des Einzelhandels zu bewegen. Der Versandriese lehnt das strikt ab und sieht sich selbst als Logistiker. Deswegen kommt es seit Mai 2013 immer wieder zu Streiks. Laut ver.di gibt es montags in Bad Hersfeld besonders viel zu tun. Grund seien spezielle Weihnachtsangebote. Auftragsvolumen und Arbeitsdruck seien dadurch noch einmal »deutlich angestiegen«, erklärte Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Ein Zeichen dafür, dass der US-Konzern seine Beschäftigten nicht gut behandele, seien die hohen Krankenstände, so Nutzenberger weiter. Der »Welt« zufolge liegt der Krankenstand an den deutschen Standorten jeweils bei mindestens elf Prozent. Vier Standorte hätten eine Quote von 15 bis 20 Prozent, Leipzig sogar 20 bis 25 Prozent. Die Gewerkschafterin bezeichnete die Situation als »absolut inakzeptabel«. Agenturen/nd
2 Tagesthema CDU-Bundesparteitag
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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Die CDU setzt in der Regel auf geräuschlose Gefolgschaft. Doch vor ihrem zweitägigen Bundesparteitag in Köln, der am Dienstag beginnt, zeichnen sich Konflikte ab. Die Wahl zum Präsidium wird für einen CDU-Politiker mit einer Niederlage enden. Zumindest intern dürften die Konservativen zudem über ihr Verhältnis zur AfD diskutieren.
Flirtversuche mit der AfD Vieles spricht gegen schwarz-blaue Koalitionen Von Marcus Meier
Vor allem in der Europapolitik gibt es Differenzen: AfD-Anhänger demonstrieren bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU.
Foto: dpa/Jan Woitas
Schweben im Ungefähren Kurz vor dem CDU-Bundesparteitag versucht die Parteispitze, Konflikte zu entschärfen Law and Order, Marktgläubigkeit, garniert mit ein bisschen Technikfreundlichkeit: So will sich die CDU auf ihrem Parteitag präsentieren. Zur kalten Progression wurde ein Kompromiss gefunden. Von Marcus Meier Wenn sich die CDU am Dienstag und Mittwoch in den Kölner Messehallen zu ihrem Bundesparteitag trifft, dann wird Angela Merkel wahrscheinlich mit herausragendem, an alte DDRTage erinnerndem Ergebnis im Amt der Vorsitzenden bestätigt werden. Ein gutes halbes Jahr trennt das »Mädchen« (Helmut Kohl) noch vom lange geltenden Parteivorsitz-Rekord des legendären Konrad Adenauer: 15 Jahre und drei Monate wird sie dann CDU-Chefin sein. Nur Kohl war mit 25 Jahren länger im Amt. Wolfgang Schäuble, eine der vielen lebenden Leichen auf Merkels Weg zur Kanzlerin, verglich die einstige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda an der Akademie der Wissenschaften der DDR unlängst sogar mit Napoleon. Merkel sei schlicht erfolgreicher, wenn auch kühler als
der französische Feldherr und Diktator. Ob der 18. Brumaire der Angela Merkel noch aussteht, ließ der Finanzminister offen. Zwei Anträge wird der Vorstand den Delegierten vorlegen, einen zur sogenannten inneren Sicherheit, einen zur Wirtschaftspolitik. Deren endgültige Fassung segnete die Parteispitze am Montagabend nach Redaktionsschluss ab. Dass die deutliche Befürwortung der Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA aus dem Entwurf flog, war aber sehr unwahrscheinlich. Angst vor niedrigen Öko-, Demokratie- und Verbraucherschutzstandards dank TTIP und Co. hat der CDU-Vorstand nicht. Er zieht mit und will mehr Offenheit für umstrittene Technologien wie die Grüne Gentechnik und Fracking. Zur inneren Sicherheit versprach sich CDU-Bundesvize und NRW-Landeschef Armin Laschet in seinem Bundesland eine klare Positionierung: Er forderte einen »Anti-Einbruch-Marathon« der Polizei – hoffentlich sind die »organisierten Banden« zum passenden Zeitpunkt und am richtigen Ort auf Beutezug. Der Aachener präferiert zudem Geset-
zesänderungen und Ausreiseverbote für wiederkehrende sowie ausreisewillige Dschihadisten. An einem Punkt sah es so aus, als sollte Merkel ihr oft kritisiertes, aber noch öfter gefeiertes Schweben im Ungefähren zum Nachteil gereichen: Bei der Debatte um die kalte Progression, jenem steuerrechtlichen
Mal will die CDU-Basis die Frauenquoten abgeschafft, mal unter Berufung auf Frauenrechte ein Burka-Verbot etabliert sehen. Phänomen, bei dem Arbeitnehmer bei gestiegenem Bruttoeinkommen netto weniger Geld behalten dürfen. Die Koalitionspartner CSU und SPD wollen das Problem schnell beseitigen. Auch 19 Gliederungen der CDU stellen entsprechende Anträge. Arbeitnehmer- und Wirtschaftsflügel der Partei sind sich einig wider die von ihnen so genannte heimliche Steuer-
erhöhung. Doch die bringt dem Staat laut Schätzungen nächstes Jahr 2,4 Milliarden Euro ein. Dann soll die Schwarze Null stehen. Die CDU hatte am Montagabend einen Kompromiss im Streit um den Abbau der kalten Progression gefunden. Danach soll noch in dieser – bis 2017 laufenden – Legislaturperiode mit einer Abmilderung begonnen werden, hieß es in Köln aus Vorstandskreisen. Blickt man in die pünktlich vor dem Kongress vorgelegte aktuelle Ausgabe des Mitgliedermagazins »UNION«, so präsentiert sich dort eine weltoffene und technikaffine Partei. Das Blatt enthält auch ein »Twitter-Interview« mit dem neuen Vorsitzenden des Nachwuchsverbandes Junge Union, dem mit Kapuzenpulli pseudoleger gekleideten Paul Ziemiak. Dass moderne Form und reaktionärer Inhalt durchaus Hand in Hand gehen können, verdeutlicht der Iserlohner: Besonders gut, schreibt er, haben ihm die vielen Tweets des Bundespräsidenten zur Kritik »an einem möglichen Ministerpräsidenten aus den Reihen der SED-Erben« gefallen. In dem Heftchen wird die »Digitale Agenda« der Bundesregierung
beworben, die unter Fachpolitikern und in den digitalen Branchen umstritten ist. Gleichzeitig wird auch der Heino-Wohnort Bad Münstereifel bei Bonn bejubelt, weil er »mit großem Erfolg« 40 Outletläden gegen den Internethandel setze. Selbst Heino sei glücklich, erfahren Christdemokraten in ihrem Zentralorgan. Springers »Welt« fasst den Vorgang lapidarer zusammen: »Drei Investoren kaufen sich eine Stadt«, war vor einem Jahr in dem konservativen Blatt zu lesen. Die Basis war fleißig: 90 Anträge stellte sie an den Parteitag. Mal will sie Frauenquoten abgeschafft, mal unter Berufung auf Frauenrechte und »öffentliche Ordnung« ein Burkaverbot etabliert sehen. Die Junge Union fordert, die sogenannte Störerhaftung auszusetzen, bei der der Betreiber eines funkbasierten Netzwerkes für Fehlhandlungen von dessen Nutzern geradesteht. Die Regierung müsse Haftungsrisiken für gewerbliche und nichtgewerbliche Betreiber von WLAN-Netzen abbauen. Dies sei gut für Wirtschaft und Demokratie, befindet der Parteinachwuchs. Die Antragskommission schließt sich dieser Forderung im Wesentlichen an.
Gerangel um Präsidiumsplätze CDU-Nachwuchspolitiker Jens Spahn will in das Führungsgremium seiner Partei aufsteigen Beim CDU-Parteitag wird sich zeigen, inwieweit die Delegierten mit der Großen Koalition zufrieden sind. Bei der Wahl zum Präsidium könnte einer der etablierten Politiker das Nachsehen haben. Von Aert van Riel Dass die CDU-Delegierten zwischen mehrere Kandidaten auswählen können, ist eher unüblich. Im Normalfall gibt es so viele Bewerber wie Plätze, die zu vergeben sind. Kontroverse Debatten und Postengerangel sollen auf den Bundesparteitagen keinen Platz haben. Doch bei dem Treffen der Konservativen in Köln wird das nun anders sein. Für das siebenköpfige Präsidium gibt es acht Kandidaten. Wegen des Quorums gilt die Wahl der saarländischen Regierungschefin An-
negret Kramp-Karrenbauer und der Berlinerin Emine Demirbüken-Wegner als sicher. Unter den Männern wird es einen Verlierer geben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dürfte seinen Platz verteidigen. Die weiteren Bewerber können sich hingegen nicht sicher sein. Es konkurrieren der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich, der Europa-Abgeordnete David McAllister, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und der Vorsitzende der ChristlichDemokratische Arbeitnehmerschaft, Karl-Josef Laumann, miteinander. Hinzu kommt Jens Spahn, der ebenso wie Laumann und Gröhe aus dem mitgliederstarken nordrheinwestfälischen Landesverband kommt, aber von diesem nicht vorgeschlagen wurde. Der 34-Jährige wird von der Jungen Union und der wirtschafts-
nahen Mittelstandsvereinigung unterstützt. Das Ergebnis für Spahn wird auch zeigen, wie viele Delegierten einen Kritiker an wichtigen Entscheidungen der Großen Koalition unterstützen. Besonders unzufrieden war der Bundestagsabgeordnete mit der abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren. Umverteilungen und zusätzliche Sozialleistungen sind ihm grundsätzlich ein Graus. Stattdessen forderte der Gesundheitspolitiker gemeinsam mit einigen Parteikollegen, die neoliberale Reformagenda vom früheren SPD-Kanzler Gerhard Schröder »weiterzuentwickeln«. Eine wirkliche Gefahr für den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Spahn allerdings nicht. Seine Kritik formuliert er oft eher zurückhaltend. Spahn würde wohl nie etwas tun, was seine Parteikarriere ernsthaft ge-
fährden könnte. Dadurch entsteht zuweilen eine Diskrepanz zwischen den von ihm formulierten Forderungen und seinem tatsächlichen Abstimmungsverhalten. Während neun seiner Unionskollegen im Mai dieses Jahres im Bundestag gegen das schwarz-rote Rentenpaket votierten und sich zwei weitere Konservative enthielten, stimmte Spahn dem Kompromiss zu. Er ist der einzige unter den Bewerbern, der noch nie im Präsidium gesessen hat. Dort wurde ein Platz frei, weil der frühere Junge-UnionChef und heutige Außenpolitiker Philipp Mißfelder aus dem Gremium ausscheidet. Diesen Platz hatte die Parteiführung eigentlich für Hermann Gröhe reserviert, der als Generalsekretär den letzten Bundestagswahlkampf organisiert hatte.
Ohne Konkurrenz tritt Parteichefin Angela Merkel an. Auch ihre fünf Stellvertreter haben keine Gegenkandidaten. Zur Wahl stehen Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Ursula von der Leyen sowie die Landeschefs von Baden-Württemberg, Thomas Strobl, NordrheinWestfalen, Armin Laschet, und Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner. Es ist nicht sicher, dass sie alle sehr gut abschneiden werden. Vor zwei Jahren erhielt die damalige Arbeitsministerin von der Leyen in Hannover nur 69 Prozent der Stimmen. Nun wird sich zeigen, wie zufrieden die Delegierten mit ihrer Arbeit im Verteidigungsressort sind. Eigentlich dürfte es hier keine Probleme geben. Von der Leyen will die Bundeswehr aufrüsten und ist nicht abgeneigt, die Truppe in weitere Auslandseinsätze zu schicken.
Kuschelt sich die Union an die AfD? Ein Bündnis der Konservativen mit der rechts von ihr verorteten »Schande für Deutschland« (Finanzminister Wolfgang Schäuble) könnte manchem nüchtern kalkulierenden Strategen sinnvoll erscheinen. Erste Flirtversuche wurden bekannt. Zum Beispiel in Thüringen, wo CDU-Fraktionschef Mike Mohring offenbar recht konkret verhandelte, zusammen mit der AfD die Wahl des LINKEN Bodo Ramelow zum Regierungschef zu verhindern. Dafür gibt es simple machtarithmetische Gründe. Wurde zur Jahrtausendwende noch konstatiert, das sogenannte bürgerliche Lager mit CDU, CSU und FDP habe die »strukturelle Mehrheit« verloren, so wendete sich die Situation binnen weniger Jahre. Rot-Grün hatte ebenfalls keine Mehrheit mehr. Rot-Rot war nur in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und derzeit in Brandenburg eine Option. Eine »Ampel« der SPD mit Grünen und FDP wurde lediglich kurzzeitig in Brandenburg Realität. Die Christdemokraten konnten hingegen zeitweilig aus dem Vollen schöpfen: Als Juniorpartner bereit standen prinzipiell SPD, FDP und auf Landesebene auch die Grünen, notfalls zusammen mit der FDP im Rahmen einer Jamaika-Koalition wie im Saarland zwischen 2009 und 2012. Nun hat sich die Großwetterlage erneut gewandelt: Der Union kam, auch wegen des Aufstiegs der AfD, die FDP als Koalitionspartner abhanden. Es bleiben ihr SPD und Grüne, deren Verhandlungsmacht jedoch gestärkt wurde. Mitunter reicht es wieder für RotGrün wie in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsen. Oder für Grün-Rot wie in Baden-Württemberg. Im Bundesrat hat die Große Koalition keine Mehrheit. Rot-Rot-Grün war zeitweilig vollkommen tabuisiert. In östlichen Bundesländern war ein solches Bündnis bis vor kurzem am Dogma gescheitert, dass der Regierungschef kein LINKER sein durfte. Das hat sich seit der Wahl in Thüringen geändert. Für die CDU blieb in diesem Fall, selbst als stärkste Partei, nur die Opposition. Und die ist bekanntlich Mist. Wie weit gehen die Gedankenspiele über schwarz-blaue Koalitionen? Es ist eine spannende Frage, ob sich das Thema beim Kölner CDU-Bundeskongress auf die Tagesordnung drängt. Scheitern könnte eine solche Koalition rechts der Mitte indes nicht nur an erheblichen Differenzen zwischen Union und AfD in der Europa-Politik, sondern auch an einem Umstand, auf den die Christdemokraten wenig Einfluss haben. Zwar wird auch in Deutschland seit vielen Jahren ein zweistelliges Prozent-Potenzial für eine Partei rechts der klassischen Konservativen gemessen. Doch die AfD peinigt sich inzwischen selbst mit heftigen inneren Konflikten. Gutbürgerliche Spitzenkader wie Bernd Lucke oder Hans-Olaf Henkel schämen sich glaubhaft für manchen Chaoten, Wirrkopf, äußerst Rechten in den eigenen Reihen. Was, wenn die »Alternative« zunächst FDP und NPD aus den Parlamenten verdrängt – um sich dann selbst zu zerlegen?
Die Seite Drei 3
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
* Entwässerungskanäle durchziehen die weite Sumpflandschaft im Süden der Republik Belarus. Foto: Artem Kouida
Europas grüne Lunge atmet schwer Die belorussischen Pripjatsümpfe wurden von Entwässerung geschädigt / Atomkraftwerke sind ein Tabuthema
Von Artem Kouida, Minsk
heutigen Technik, Messstationen und Computerprogrammen sind jeder Zentimeter Erde, die Beschaffenheit des Bodens und die Düngemittelzufuhr berechenbar. Dadurch können wir ganz gezielt arbeiten, ohne weitere Flächen in Mitleidenschaft ziehen zu müssen.« Doch die Menschen in Pinsk sehen es anders. Der Bauarbeiter Konstantin ist über das Ausmaß der Veränderung der Landschaft empört. »Früher«, erinnert er sich nostalgisch, »hatten wir hier ein Paradies auf Erden. Man lebte zusammen mit Natur, man konnte sie spüren und riechen. Und heute? Wo kommen plötzlich die Sandstürme her? Weshalb ist das Wasser aus den Brunnen verschwunden? Wieso werden Naturschützer fast als Staatsfeinde betrachtet und nicht von den offiziellen Stellen unterstützt? Die sind doch alle korrupt da oben und wollen sich nur bereichern. Mit dem Volk und der Natur haben sie doch gar nichts zu tun!« Bittere Worte. Sein ganzes Leben lang hat Alexej Dubrowskij, der 2012 verstorbene bedeutendste weißrussische Naturschützer und Journalist von internationalem Ansehen, gegen die Gleichgültigkeit der Menschen und des Staates gegenüber der Natur gekämpft. Doch zu seinen ständigen Gästen gehörten eher Deutsche, Schweden, Norweger, Holländer und US-Amerikaner, als die eigenen Landsleute. Für die Publika-
tion seines Lebenswerkes über die Naturschönheit und die Zerstörungen im Polesien-Gebiet musste er bei Freunden und Bekannten Geld sammeln, um eine Auflage von ganzen 20 Exemplaren finanzieren zu können. Seine journalistischen Arbeiten machten das Sterben der Natur und
»Was interessieren uns einige Käfer- oder Froscharten im Vergleich zum Nutzen, den die Melioration den Menschen bringt!« Nikolaj Wachonin, Direktor des Minsker Instituts für Melioration
den Schaden der Entwässerung für die Landschaft der Öffentlichkeit bekannt. Ein einzigartiges Freilichtmuseum, das von Menschen bewohnt wird, stellt das unweit der Gebietshauptstadt Pinsk gelegene Dorf Kudritschi dar. Die Siedlung befindet sich auf dem Gebiet des Naturreservates »Mittlerer Pripjat«. Kein Straßenschild und kein Hinweiszeichen gibt Auskunft über die Existenz des Ortes. Die einzige Zufahrtstraße ist in einem üblen Zustand und nach Regenfällen kaum passierbar. Im
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Belarus wird mit Recht als die grüne Lunge Europas bezeichnet. Ohne sie würde Europa kaum das sein können, was es heute ist. Dafür sind gerade die in der Welt einzigartigen Pripjat- oder Polesischen Sümpfe von außerordentlicher Bedeutung. Doch die Naturlandschaft im Süden Weißrusslands ist in Gefahr, verantwortlich dafür sind der technische Fortschritt, menschliche Fehler und Gleichgültigkeit des Staates. »Ach, kommen Sie, die Radioaktivität existiert nicht mehr. Zumindest nicht in offiziellen Berichten«, sagt mit einem ironischen Tonfall Nadeschda Nikitina, ehemalige Direktorin des Staatlichen Archivs der Stadt Pinsk, Hauptstadt des gleichnamigen Gebiets im Süden Weißrusslands nahe der ukrainischen Grenze. »Uns hat es 1986 kaum erwischt, viel schlimmer erging es den östlichen Gebieten. Unmittelbar nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl kletterten Spezialisten täglich auf das Dach des Archivgebäudes, um die Radioaktivität zu messen. Nach einigen Jahren verschwanden sie und kamen nie wieder. Radioaktivität existiert nicht, aber viele Kinder sind krebskrank. Ich war früher Leichtathletin, und heute muss ich den Gehstock benutzen. Meine Gelenke sind kaputt. Mit Milch und Fleisch, Pilzen und Beeren nehmen wir Radionuklide auf.« Tatsächlich markiert die Regierung die leicht radioaktiv verseuchten Agrarflächen als unbelastet: Dort wird vor allem Getreide angebaut. 70 Prozent der radioaktiven Niederschläge nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl fielen auf Belarus. 23 Prozent der ursprünglichen Staatsfläche und insbesondere der Süden wurden verseucht. Doch trotz des kollektiven Traumas und des Bedürfnisses, die Erinnerung zu bewahren, zieht die jährliche Gedenkkundgebung am Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe immer weniger Menschen an. Grund dafür sind die angekündigten oder tatsächlichen Repressionen seitens des Geheimdienstes, der in Belorussland KGB heißt. 2013 kamen noch 2000 Menschen, in diesem Jahr gab es 500 Teilnehmer, drei Aktivisten wurden festgenommen.
Tschernobyl ist in der Respublika Belarus allmählich zu einem Tabuthema geworden. Das hat zu tun mit dem Bau des ersten belorussischen Atomkraftwerkes Ostrowez. Es wird nahe der Grenze zu Litauen errichtet, und Kritiker beklagen unzureichende Sicherheitsvorkehrungen und eine mangelhafte Einbeziehung der Öffentlichkeit angesichts der möglichen Umweltbelastung. Doch ob Tschernobyl oder Ostrowez – die Atomkraft ist nicht das einzige, wenn auch das bekannteste Umweltproblem des heutigen Belarus. Schon seit Jahrhunderten galt die Landschaft Polesien im Süden Belorusslands als eine unbegehbare Sumpflandschaft. Dort sind Kahn und Floß wichtigste Transportmittel. Ein Partisanenrückzugsgebiet ohnegleichen während des Zweiten Weltkriegs, wurde die Landschaft in der Nachkriegszeit für die Gewinnung von Land auserwählt. Ab Mitte der 1960er Jahre wurde ein staatliches Programm der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln umgesetzt. Sümpfe wurden trockengelegt, Neulandflächen gewonnen und bearbeitet. Der Drang nach einer vorzeitigen Planerfüllung und den Prämien dafür artete jedoch in eine wilde, unkontrollierte Vernichtung des Moores, seiner Flora und Fauna aus. Was nicht von den Bulldozern vernichtet wurde, litt unter einer großflächigen Verteilung von Pestiziden aus der Luft. Die Gründung von neuen Kolchosen und der Ausbau der modernen Infrastruktur führten aber auch zu einer radikalen Veränderung innerhalb der dort ansässigen Bevölkerung. Sie wurde aus ihrem kulturellen Umfeld herausgerissen. Bis 1991 wurden allein in Weißrussland drei Millionen Hektar Sümpfe trockengelegt und landwirtschaftlich nutzbar gemacht. Dann wurde das Geld knapp. Fast zwei Jahrzehnte lang gewann die Natur weite brach liegende Flächen zurück. Doch mit einem staatlichen Programm zur Förderung von Melioration sollen bis 2015 die meisten trocken gelegten Flächen wieder in Ordnung gebracht werden. »Es liegt doch auf der Hand, dass dieses Programm Belarus nur Vorteile bringen wird«, wirbt dafür Nikolaj Wachonin, Direktor des in Minsk ansässigen Instituts für Melioration. »Früher wurden einige Fehler bei der Trockenlegung begangen. Doch wo gehobelt wird, fallen Späne. Was interessieren uns einige Käfer- oder Froscharten im Vergleich zum Nutzen, den die Melioration den Menschen bringt! Mit der
POLEN
Ökologen, Naturschützer und ihnen nahestehende Fachkreise räumen der Republik Belarus größere Bedeutung ein, als alle sieben Jahre Berichte über Präsidentenwahlen vermuten lassen.
Pripjat
Tschernobyl
Gomel
Kiewer Stausee Grafik: nd/Wanja Wegener
Frühling werden die auf Hügeln gebauten Dorfhäuser zu kleinen einsamen Inseln in den Wassermassen. Der Kahn ist das einzige Fortbewegungsmittel und die wasserdichten Watstiefel aus Gummi gehören zur Grundausrüstung jedes Dorfbewohners. Zwei Mal in der Woche stellt sich am Dorfrand für eine halbe Stunde das Lebensmittelgeschäft auf Rädern ein – ein alter Lastwagen mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs. Die Dorfbewohner versorgen sich mit Obst und Gemüse selbst, manch einer pflegt einen Bienenstock. »Nach dem Krieg gab es hier noch 110 Häuser, bis heute sind nur zehn stehen geblieben. Die Alten bleiben, die Jungen gehen. Langsam sterben wir aus«, beklagt sich die 78-jährige Olga Iwanowna. Sie gehört zu einer Handvoll verbliebener Dorfbewohner. Das Besondere an diesem Ort sind die alten Holzhäuser mit Schilfrohrdächern in der typischen Bauweise des Polesien-Gebietes. Umgeben sind sie von handgefertigter bäuerlicher Ausstattung, die die Häuserwände dekoriert. Inmitten dieser Idylle ragt ein frisch gebauter eingezäunter Komplex mit Bungalows, Sauna, Grillplatz und einem nur ein paar Schritte entfernten Badeteich heraus. Der Ökotourismus gewinnt auch in Belarus an Popularität. Besonders Hochzeitsgesellschaften und zahlungsfähige Russen entspannen sich dort und suchen Nähe zur Natur. Die inmitten des Areals aufgestellte Bauernkarre und Sicheln, Heugabeln und Pferdeausrüstung an den Wänden sollen bei den Gästen das Gefühl eines Bauernparadieses wecken. Das Dorf ist von zahlreichen Storchennestern umgeben. Die Chöre der Frösche sind weit über die Dorfgrenzen zu hören. Es gibt einen einsamen Sumpf in der Nähe, auf einige weitere weisen die Dorfbewohner hin. Noch gibt es die Pripjatsümpfe, die bereits Zeugen vieler Umweltkatastrophen wurden. Einige trockengelegte Gebiete, die aus agrarwirtschaftlicher Perspektive als unbrauchbar abgestempelt wurden, sollen mit Hilfe einer staatlichen Finanzierung wenigstens teilweise wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden. Immerhin geht es bei diesen Sümpfen um die grüne Lunge Europas. Einen dritten Angriff der in städtischen Kabinetten sitzenden Planer und Agrarier könnte sie wohl nicht mehr überstehen.
Sumpfgebiet am Pripjat Die Respublika Belarus, Republik Belo- oder Weißrussland, ist mit rund 208 000 Quadratkilometern Fläche der größte Binnenstaat Europas. Hier leben rund 9,5 Millionen Menschen. Das größte Sumpfgebiet Europas ist nach dem Fluss Pripjat oder Pripjet benannt, in dessen Becken es sich vorwiegend befindet. Der 775 km lange Fluss entspringt im äußersten Nordwesten der Ukraine nahe der polnischen Grenze. Der Pripjat mündet wenige Kilometer unterhalb des Kernkraftwerkes von Tschernobyl in den Kiewer Stausee, damit in den Dnepr und später in das Schwarze Meer. Die Landschaft ist nach dem Wasserlauf benannt, heißt aber auch Polesische, Pinskische oder Rokitnosümpfe. Pinsk ist eine Stadt mit rund 130 000 Einwohnern, in der Kleinstadt Rokitne leben rund 7000 Menschen. Die nach dem Fluss benannte Stadt Pripjat liegt im ukrainischen Gebiet Kiew. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 wurde die Stadt evakuiert. nd
4 Meinung
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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KOMMENTIERT
Unerklärte Machtdemonstration
Die wollen nicht nur spielen
Keine Kehrtwende
Roland Etzel zum israelischen Bombenangriff auf Syrien
René Heilig über Drohnen, die drohen, zu einer Gefahr zu werden
Olaf Standke über den Rüstungsexportbericht der deutschen Kirchen
Würde man die Abläufe nicht schon mehrmals genauso erlebt haben, hätte man ziemlich beunruhigt sein müssen: Ist das nun doch der Beginn des Bombenkriegs gegen Syrien? Er ist es nicht, und man wusste oder besser ahnte es am Sonntagabend auch deshalb, weil man nichts über die Täterschaft erfuhr, auch nicht von den Opfern. Denn: Das israelische Militär kündigt, wenn es Syrien bombardiert, dies weder vorher an, noch bekennt es sich hinterher dazu. Israels Ministerpräsident Netanjahu weiß, dass er sich das erlauben kann und genießt hier die Großzügigkeit des Westens, der es auch Netanjahus Vorgängern schon ersparte, beispielsweise Israels Nuklearwaffen wenigstens zu deklarieren. Syriens Regierung wiederum bleibt seiner notorischen Nichtinformationspolitik verhaftet, zum Beispiel in Bezug auf die wichtigen Dienste, die die libanesische Hisbollah ihr leistet. Mutet der Vorgang auch schauderhaft kurios an, so ist er dennoch hochgefährlich. Netanjahu wollte zeigen, dass es bis auf die USA im Nahen Osten nach wie vor keine Macht gibt, die gegen seine LuftflottenÜbermacht auch nur das Geringste ausrichten kann. Das war aber auch ein Signal nach innen an militante Siedler und Extremisten aller Art: Solange ich regiere, müssen wir mit niemandem verhandeln.
Was waren das für (fast) unbekümmerte Zeiten, als sich Piloten und Fluglotsen nur vor Drachen, Ballons oder den inzwischen verbotenen Himmelslaternen in acht nehmen mussten. Nun aber steigt zunehmend die Konkurrenz der unbemannten Fluggeräte auf. Aktuell geistert ein Vorfall durch die Medien, bei dem im Sommer am Londoner Airport Heathrow ein A-320-Passagierjet nur knapp dem Zusammenstoß mit einer Drohne entgangen sein soll. Da nun Weihnachten naht, wird gar Fürchterliches befürchtet, wenn die lieben Kleinen und die großen Modellfliegerfans Drohnen verschiedenster Größe unterm Tannenbaum finden. Doch erst die leistungsfähigen, die mit größerem Abfluggewicht bis in Höhen über 100 Meter steigen, können dem Flugverkehr wirklich gefährlich werden. Jenseits von Spielzeug und Killerrobotern des Militärs gibt es immer mehr, mit denen man in Nachbars Fenster schaut und der Kanzlerin Protestplakate zeigt. Auch solche, die man zur Vermessung, Bildbeschaffung oder den »Güternahverkehr« nutzt, vermehren sich. Die Wirtschaft, Behörden, Militärs und letztlich auch Hobbypiloten wollen die Integration von Drohnen in den allgemeinen, von der zivilen Luftfahrt genutzten Luftraum. Und die EU ist schon ab 2016 bereit, Drohnen schrittweise mit der bemannten Luftfahrt gleichzustellen. So schnell ist die EU-Bürokratie selten. Vorsicht ist also angesagt, nicht nur zu Weihnachten.
Die versprochene Kehrtwende ist ausgeblieben. Das ist die Kernbotschaft des diesjährigen Rüstungsexportberichtes der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), der am Montag in Berlin vorgelegt wurde. Versprochen hatte sie der zuständige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Und die GKKE goutiert durchaus, dass die Transparenz auf diesem sicherheitssensiblen Feld gewachsen sei, etwa durch die zeitnähere Berichterstattung der Bundesregierung und die häufigere Information des Bundestags über Ausfuhrgenehmigungen. Doch in der Hauptfrage hat sich kaum etwas bewegt, wenn weiter fast zwei Drittel aller deutschen Rüstungsexporte in Drittländer wie SaudiArabien, Algerien oder Indonesien gehen, wenn für 70 Millionen Euro Waffen in das Kriegsgebiet Nordirak geliefert werden. Die Ausfuhr kleiner und leichterer Waffen hat im Vorjahr sogar einen Höchstwert erreicht. Heftig kritisieren die Kirchen auch U-Boot-Lieferungen an Israel. Erst wenn Rüstungslieferungen in sogenannte Drittstaaten außerhalb von NATO und EU, in Konfliktregionen und in Länder mit bedenklicher Menschenrechtssituation signifikant und anhaltend zurückgehen, sehen sie die von ihnen selbst und zu Recht immer wieder geforderte Kehrtwende in der deutschen Rüstungsexportpolitik wirklich umgesetzt.
PERSONALIE
IHRE MEINUNG
Abwicklerin
Schweigen reicht aus Zu »Tu ma die Omma winken!«, 8.12., S. 15 Die CSU sollte vielleicht fürs Erste nur versuchen, deutsch zu schweigen. Alles andere ist wohl zu schwierig für sie. Prof. Dr. Peter Porsch, Parthenstein
Von Simon Poelchau So richtig will für die deutsche Finanzaufsicht BaFin eigentlich keiner mehr in Frankfurt am Main arbeiten. Seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang November die einheitliche Aufsicht über alle systemrelevanten Großbanken übernommen hat, bleibt der nationalen Behörde nur noch die Kontrolle der kleineren Institute. Selbst der BaFin-Chefin Elke König ist ihr Job offenbar zu langweilig geworden. Am Montag hatte sie ein Vorstellungsgespräch im EU-Parlament – für den Posten als Chefin der neuen europäischen Bankenabwicklungsbehörde im Rahmen der Bankenunion. Kommende Woche entscheiden das Parlament und der EU-Ministerrat. Dass die 60-jährige Kontrolleurin den Job bekommt, gilt als sicher. Am Freitag hatte die EUKommission sie in Abstimmung mit dem EU-Parlament nominiert. Auch aus Berlin hat König ihren Segen. Sie sei für die Aufgabe »hervorragend geeignet« und bringe die bestmöglichen Qualifikationen mit, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Zudem haben ihre beiden härtesten Konkurrenten, der belgische Notenbankpräsident Luc Coene sowie der frühere Chef der Europäischen Investitionsbank, Philippe Maystadt, bereits das Rentenalter erreicht. Dabei war König nicht immer ein Fan der europäischen Ban-
BaFin-Chefin Elke König könnte bald europaweit Banken abwickeln. Foto: dpa/Oliver Berg
kenunion, deren Teil die neue Abwicklungsbehörde neben der gemeinsamen Aufsicht und dem Abwicklungsfonds ist. So kritisierte sie noch vor etwas mehr als einem Jahr die Pläne für den europäischen Fonds: »Ich halte es nicht für zwingend, dass wir zu einem europäischen Sicherungsfonds kommen. Die Systeme könnten auch auf Dauer national bleiben.« Dass die promovierte Kauffrau für den neuen Job qualifiziert ist, wird niemand bezweifeln. Bevor sie zur BaFin kam, war sie unter anderem Finanzvorstand bei der Hannover Rückversicherung. Auch war König Mitglied des International Accounting Standards Board in London, das die internationalen Rechnungslegungsvorschriften bestimmt. Den Banken wird sie also in ihre Bücher schauen können, soweit sie denn will.
Zeichnung: Rainer Hachfeld
FLATTERSATZ
Der gute Rassismus Andreas Koristka erklärt, in welchen Familien Mandarin, Kisuaheli und HTML5 gesprochen werden darf Die Empörung war riesig. »Die CSU ist in Absurdistan angekommen«, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi und Volker Beck von den Grünen verurteilte die bayerische Partei als »übergriffig« und »respektlos«. Das alles nur wegen eines einzigen Satzes, den die Christsozialen in einen Leitantrag geschrieben hatten: »Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.« Man darf sich schon wundern über die scharfen Reaktionen, die diese einfache Forderung nach sich rief. Denn wer die Passage aufmerksam liest, stellt fest, dass es der CSU nicht um ein Gesetz geht, das Migranten ihre Muttersprache in den eigenen vier Wänden grundsätzlich verbietet. Nein, lediglich sollen sie »dazu angehalten« werden, in der Familie deutsch zu sprechen, und zwar nur diejenigen unter ihnen, die auch »dauerhaft hier leben« wollen. Eigentlich ist das alles nicht weiter dramatisch. Einige Menschen werden sich eben darauf einstellen müssen, dass sie von Zeit zu Zeit von zivilcouragierten Bürgern ein bisschen gemahnt werden. Das könnte dann durchaus bestimmt, aber freundlich geschehen. Beispielsweise so: »Guten Tag, Herr Gökhan, wenn ich Sie kurz stören dürfte … Mir ist es ein wenig unangenehm, aber die Wände hier sind sehr dünn, und da hab ich neulich mitbekommen, dass Sie doch den einen oder anderen ausländischen Satz haben fallen lassen. Ich mache es wirklich nicht gerne, aber es ist so, dass ich die CSU-Leitanträge weder selbst schreibe, noch bin ich mit diesen zu 100 Prozent d’accord. Nun sind sie aber einmal in der Welt. Deshalb bin ich leider verpflichtet, Sie dazu anzuhalten, in Ihrer Familie deutsch zu sprechen. Bei
Zuwiderhandlung sehe ich mich gezwungen, Sie zu stiefeln.« Was wäre daran schlimm? Zumal man anmerken muss, dass die CSUAnhaltung ja sowieso nur einen kleinen Bevölkerungsteil betrifft. »In der Familie«, schließt nach bayerischer Lesart die Wohnungen homosexueller Paare per se aus, weil sie keine Familie sind. Auch dürfen die kümmernden Innenstadteltern ihre Kinder selbstverständlich weiterhin mit Mandarin, Kisuaheli oder HTML5 aufwachsen lassen. Und wenn wir mal ganz ehrlich mit uns und der CSU sind, dann dürfen auch »Aus-
Andreas Koristka ist Redakteur des Satiremagazins »Eulenspiegel«. Foto: nd/Camay Sungu
länder« selbstverständlich weiter ihre Heimatsprache sprechen, nur eben nicht Türken und so. Es ist also absolut unangebracht, wenn man solche Vorschläge, wie sie von der CSU kommen, sofort verteufelt. Wir Deutschen haben zwar unserer Geschichte wegen eine besondere Verantwortung, aber etwas mehr Gelassenheit stünde uns gut zu Gesicht. So sollten wir nach all den Jahren der Selbstgeißelung zu einer unverkrampften Xenophobie zurückkehren können – einem Rassismus 2.0 mit menschlichem Antlitz. In Dresden ist man diesbezüglich schon einen Schritt weiter. Dort geht man zu Tausenden auf die Straße gegen die Islamisierung des Abendlandes. Gewaltfrei! Wer hätte das Anfang der neunziger Jahre für möglich gehalten? Und wer hätte Anfang der achtziger Jahre gedacht, dass Dresden zum Abendland gehört? Die Menschen auf den Demonstrationen grölen keine widerlichen Parolen, nein, sie sind still. Sie schwenken nicht mehr die Reichskriegsflagge, sondern Schwarz-RotGold und sie sind sogar gegen Nazis. Sie sagen nicht mal mehr direkt, dass sie etwas gegen die »Kanacken« haben – nur die Islamisierung stört sie, die bekanntlich in Dresden ein besonders hohes Ausmaß erreicht hat. So berichten viele männliche Demonstrationsteilnehmer, dass die Dresdnerinnen schon sehr sehr lange nicht mehr mit ihnen geschlafen haben. Aus religiösen Gründen! Es bleibt zu hoffen, dass die Bewegung Erfolg hat. Wenn Deutschland es schafft, sich gegen die ganze Überfremdung zu wehren, selbstverständlich nur mit Hilfe des demokratischen Rechtsstaates, dann könnten die Deutschen schon in 300 Jahren ausgestorben sein. Es wäre zu schön um wahr zu sein.
»Wer betrügt, der fliegt«. Wer hat den Spruch nicht noch in Erinnerung? Waren damit die Rumänen gemeint, die angeblich Anfang des Jahres nach Bayern in Scharen kommen sollten, um den Freistaat zu ruinieren und gegen die man die Stimmung machte? Oder vielleicht doch der verurteilte Steuerbetrüger Uli Hoeneß, der nach seiner Verurteilung ins Gefängnis flog? Vielleicht aber auch Karl-Heinz Rummenigge, der eine Strafe von 249 900 Euro akzeptierte, weil er vergessen hatte, auf eingeführte Luxusuhren Steuern zu zahlen? Damit gilt er als vorbestraft, was natürlich keine Konsequenzen auf seinen Job beim FC Bayern hatte. Oder war gar die zurückgetretene Frau Christine Haderthauer gemeint, gegen die angeblich wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird? Dem folgte aus Bayern die Ausländer-Maut und in den letzten Tagen die Aufforderung, Zuwanderer sollen daheim in ihren Familien deutsch sprechen. Hoeneß, Rummenigge und Haderthauer – sie sind immer noch im Freistaat, sie werden nicht rausfliegen, denn die Aussage, »Wer betrügt, der fliegt« gilt natürlich nicht für solche verdienstvollen und ehrenhaften Bayern. Lutz Heuer, Berlin
Der Teufel kann gar nicht schwarz genug sein Zu »Er kommt jetzt öfter vorbei«, 6./7.12., S. 5 Was ist das nur für ein Geschrei um die Wahl des Ministerpräsidenten
in Thüringen. Da sprechen »unsere« Repräsentanten ständig von Demokratie und Freiheit, aber wenn jemand aus einer Partei, die demokratisch und freiheitlich gewählt wurde (jedoch ein Dorn im Auge einiger Parteien ist), das Amt eines Ministerpräsidenten übernimmt, kann der Teufel nicht schwarz genug sein, den man jetzt an die Wand malt. Brigitte Tichauer, Berlin Am vergangenen Freitag, schien das Abendland unterzugehen. Einer von der LINKEN wird demokratisch zum Ministerpräsident eines Bundeslandes gewählt! Die Normalität zieht in dieser Republik endlich ein, und dies trotz einer unappetitlichen Medienkampagne mit Unterstützung von Bundespräsident, Kanzlerin und eines heruntergekommenen Balladensängers. Dennoch konnten die Medien nicht umhin, »Bodo dem Gerechten« Stimme und Kamera zu geben, damit er sich in seiner frischen Art Gehör verschaffen konnte. Das machte er so gut, dass auch das ZDF in einem Spezial fast eingestehen musste, es ist etwas Neues in Deutschland entstanden. Das konnte aber so nicht weitergehen. Schon am Samstag verschwanden fast alle Nachrichten über »R2G«. Nur noch Weihnachten und andere so wichtige Nachrichten wie das Konsumverhalten der Bürger. Dass mir keiner sagt, dass wir eine Zensur haben gegen unangenehme Meldungen. Ich bin gespannt, ob es eine objektive Meinungsumfrage zu diesem Zeitenwechsel geben wird. Eine Andeutung hatte es dazu im RBB (Brandenburg) durch eine kurze Internetbefragung gegeben. Dr. Marcel Bähler, Falkenhagen
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Politik
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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NACHRICHTEN DGB will EU-Abkommen nachverhandeln Frankfurt am Main. Der DGB fordert, das geplante EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) noch einmal aufzuschnüren. »Wir möchten Sie dringend bitten, darauf hinzuwirken, dass die Verhandlungen mit Kanada noch einmal aufgenommen werden«, heißt es laut »Frankfurter Allgemeiner Zeitung« in einem Brief des DGBVorsitzenden Reiner Hoffmann an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ziel müsse dabei sein, »die problematischen Stellen in Ceta zu korrigieren«. Der DGB sorgt sich bei Ceta unter anderem um den Schutz von Arbeitnehmerrechten. Auch die vorgesehenen Klagerechte privater Investoren gegen Staaten lehnt er ab. Ceta gilt als Blaupause für das geplante TTIP-Abkommen der EU mit den USA. AFP/nd
Ver.di lehnt Zumutungen für Karstadt-Angestellte ab Sieben Bundeswehrsoldaten waren als Ausbildervorhut bereits Mitte September nach Erbil aufgebrochen.
Foto: dpa/Daniel Reinhardt
»Wir« statt Mandat? Erklärungsbedürftig! Von der Leyens Aussagen zur Ausweitung des deutschen Anti-IS-Engagements in Irak werfen Fragen auf Bis Weihnachten könnte eine Entscheidung zur Bundeswehrausbildung in Irak fallen. Die Verteidigungsministerin gab ein Interview in der »Bild«-Zeitung, ohne viele Worte zu machen. Das reicht nicht. Von René Heilig »Wir müssen die Terrormiliz militärisch bezwingen. Wir müssen ihre Finanzquellen austrocknen. Und wir müssen ihre unerträgliche Propaganda entlarven.« Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gab »Bild« ein wenig bildendes Interview. Es sei denn, die Ministerin bildet sich wirklich ein, Bundeswehrsoldaten als Ausbilder und Berater der kurdischen Peschmerga ohne Bundestagsmandat nach Irak schicken zu können. Doch nur so ist die folgende Passage zu erklären: »Wir prüfen zurzeit mit unseren Verbündeten, wie wir die Ausbildung der irakischen Truppen intensivieren. Eine Entscheidung darüber könnte noch vor Weihnachten fallen.« Vor Weihnachten? Vielleicht im Kabinett. Nicht aber im Bundes-
tag. Der hat nur noch eine Sitzungswoche vor Weihnachten. Frühestens im Januar könnte also parlamentarisch über ein Mandat beraten werden. Dass die Koalition es mit ihrer Mehrheit »durchstimmen« könnte, ist klar. Auch wenn »der Kampf gegen die ISIS Jahre dauern« kann, wie die Ministerin richtig vermutet. Ohne Mandat wäre der Bundeswehreinsatz in einem Land, das sich im Bürgerkrieg befindet, rechtlich höchst bedenklich. Letztlich wären die deutschen Soldaten kaum befugter, nach Irak zu gehen, als jene Angehörigen militanter Sekten, die in BerlinKreuzberg oder Köln für Einsätze aufseiten des Islamischen Staates rekrutiert werden. Die Union warb in den vergangenen Wochen verstärkt um die Einführung eines pauschalen Entsenderechts für die Regierung. Zumeist wurde das mit den kurzen Reaktionszeiten in Osteuropa begründet. Doch die SPD hat davor gescheut. Was die Sache mit der Kurden-Militärberater-Hilfe für die Regierung nicht einfacher macht.
Als Vorlage für ein reguläres IrakBundeswehr-Mandat könnte SchwarzRot das 2013 für den Mali-Einsatz beschlossene nehmen. Auch da ging es um Ausbildung bestehender Streitkräfte. Nach diversen UN-Beschlüssen hatte die Europäische Union die Trainingsmission European Training Mission Mali (EUTM Mali) angeschoben. Von der Leyens Amtsvorgänger Thomas de Maizière (CDU) hob damals hervor, Deutschland wolle einen militärischen Beitrag leisten, um dem afrikanischen Land »Stabilität und Frieden« zu bringen. Das ist weniger als die aktuelle Aussagen »wir« müssten die ISIS-Terrormilizen »militärisch bezwingen«. Obgleich das Verteidigungsministerium – wie auch jetzt im Falle Irak – betonte, dass die Ausbildungsmission »in sicherem Umfeld« angesiedelt sei, spielte de Maizière beim Mandatswerben mit offenen Karten: »Kein Einsatz ist ein Spaziergang«, sagte der Minister. Gerade deshalb versicherte die Regierung damals, dass keine deutschen Ausbilder malische Soldaten »in die Kampfzone« begleiteten.
In Mali war eine solche Aussage möglich, in Irak wäre sie leichtsinnig, merkt der Außenpolitikexperte der Bundestagslinksfraktion Jan von Aken gegenüber »nd« an. Er war in den vergangenen Wochen mehrmals in der
»Wir müssen die Terrormiliz militärisch bezwingen.« Ursula von der Leyen in der »Bild«-Zeitung
Gegend und weiß, dass die äußerst flexiblen Frontlinien sich nur 50 Kilometer vor der Kurdenhochburg Erbil erstrecken, wo die bereits bestehende deutsche Ausbildung an gelieferten Waffen ausgebaut werden soll. Als Grundlage für den Irak-Einsatz wird auch der Grundgesetzartikel 24 debattiert: »Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Be-
schränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.« Nun ist Irak nicht in Europa und für den Kampf deutscher Soldaten gegen ISIS fehlt eine wichtige Voraussetzung. Weder die UN noch die NATO oder die EU führen eine Mission. Es gibt nur ein undefiniertes Gerüst der Willigen, das die USA propagandistisch übers Knie gebrochen haben. Mit welchen Verbündeten prüft also von der Leyen die Intensivierung der Ausbildung in Irak? Und wie will sie das »vermeintliche Mythos« der ISIS-Unbesiegbarkeit brechen und dafür sorgen, dass ISIS-Terroristen »den Rückhalt in der sunnitischen Bevölkerung verlieren«. Mit Gewehrlieferungen an die Kurden wird das allein nicht gelingen. Um ISIS – wie von der Leyen sagt – militärisch zu bezwingen, müssten Bodentruppen ran. Doch falls die deutsche Regierung aus dem Afghanistan-Debakel wirklich etwas gelernt hat, scheiden deutsche aus. Wer also ist »wir«?
Neue Formulierung Zu viele Waffen in Konfliktgebiete in umstrittenem Antrag Kirchen kritisieren deutsche Rüstungsexporte / LINKE: Keine Kehrtwende in Sicht CSU will Migranten zum Deutschsprechen motivieren München. Die Christsozialen haben ihren umstrittenen Leitantrag zum Deutschlernen für Migranten abgemildert. In der vom CSU-Vorstand in München am Montag einstimmig beschlossenen neuen Variante heißt es nun, Migranten sollten zum Deutschsprechen im Alltag »motiviert« werden. Die Teilnehmer der Sitzung berichteten von einer kontroversen Diskussion über die Formulierung. In der ursprünglichen Variante des Antrags zum am Freitag in Nürnberg beginnenden Parteitag hieß es: »Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen«. Dies war der CSU nicht nur vom politischen Gegner, sondern auch aus Reihen der Union so ausgelegt worden, dass sie das Deutschsprechen überwachen will. Mancher Kritiker erwartete den Einsatz einer »Sprachpolizei«. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hielt den Kritikern des ursprünglichen Textes vor, sie hätten
diesen bewusst missverstanden. Es sei der CSU von Anfang an um einen Appell gegangen, nicht um Gängelung, Vorschriften oder Pflichten für Migranten zu Hause. Scheuer erklärte, trotz der Änderung am Text halte die CSU an ihrer Grundforderung fest: »Das Thema Sprache ist für uns im Zentrum für Integration und Bildung.« Während der Generalsekretär die ursprüngliche Formulierung noch bis zu Beginn der Vorstandssitzung verteidigt hatte, gingen mehrere Vorstandsmitglieder auf Distanz. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ durchblicken, dass sie nichts von einer Deutschvorgabe für das Familienleben von Einwanderern hält. »Gute Deutschkenntnisse gehören zur Integration dazu«, sagte die CDU-Vorsitzende. »Allerdings ist es auch kein Fehler, wenn Kinder zum Beispiel zweisprachig aufwachsen und eine Fremdsprache weniger lernen müssen. Ich halte das insgesamt für einen Vorteil.« Agenturen/nd
Wer Nächstenliebe predigt , tut sich mit Waffengeschäften naturgemäß schwer. Die Kirchen haben vor allem mit dem Verkauf von Rüstungsgütern an undemokratische Länder ein Problem. Berlin. Die beiden großen Kirchen haben ihre Kritik an deutschen Rüstungsexporten in Staaten mit bedenklicher menschenrechtlicher Lage bekräftigt. Im vergangenen Jahr seien Lieferungen deutscher Rüstungsgüter in Länder außerhalb der Europäischen Union, der NATO und dem Militärbündnis gleichgestellten Staatengruppen im Umfang von 3,6 Milliarden Euro genehmigt worden, heißt es in dem am Montag vorgestellten Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). Dies waren 62 Prozent aller erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen. »Besondere Sorgen bereitet uns die weiter steigende Bedeutung nordafrikanischer Staaten und Länder aus dem Nahen und Mittleren Osten als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter«, erklärte der katholische GKKE-Vorsitzende, Prälat Karl Jüsten.
Als Staaten mit »sehr schlechter Menschenrechtssituation» stuft die GKKE unter anderem Saudi-Arabien, Algerien, Israel und Indonesien ein. Heftige Kritik übten die Kirchen unter anderem an U-Boot-Lieferungen an Israel sowie am Verkauf von Patrouillenbooten an Saudi-Arabien. Verständnis zeigten sie dagegen für die Lieferung von Waffen aus Bundeswehr-Beständen an kurdische Kämpfer in Nordirak. Dadurch sei Schlimmeres verhindert worden. Ein Schwerpunkt des GKKE-Berichts ist der Verkauf von Klein- und Leichtwaffen. Besonders deren illegale Weitergabe stelle ein weltweites Risiko dar, sagte der Vorsitzende der Fachgruppe Rüstungsexporte der GKKE, Jan Grebe. Als Beispiele nannte er die mutmaßlichen Exporte der deutschen Waffenhersteller Sig Sauer über die USA nach Kolumbien. Grebe forderte eine »grundsätzliche Begründungspflicht« nicht nur für den Export von Kleinwaffen, sondern auch für Munition und Lizenzen. Gute Noten erhielt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Er hat dafür gesorgt, dass der Bundestag häufiger als bisher über die Ge-
nehmigung für Rüstungsexporte informiert wird. Dieses Lob ließ der außenpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Jan van Aken, nicht gelten. »Abseits von ein bisschen zusätzlicher Transparenz steht nach einem Jahr Gabriel unter dem Strich so gut wie nichts auf der Habenseite einer echten Einschränkung von Rüstungsexporten«, erklärte van Aken. Er sprach sich für ein generelles Verbot deutscher Waffenexporte aus. Agenturen/nd Kommentar Seite 4
Berlin. Von den für Dienstag geplanten Tarifverhandlungen bei Karstadt erwartet ver.di ein Bekenntnis zur Zukunft der Warenhauskette. Bisher setze Karstadt »ausschließlich auf weitere Zumutungen für die Beschäftigten und auf eine konzeptlose Sparpolitik«, kritisierte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Arno Peukes, am Montag. Ziel von ver.di sei es, so viele Arbeitsplätze und Standorte wie möglich zu erhalten. Zudem solle für die Beschäftigten wieder die Tarifbindung gelten. KarstadtChef Stephan Fanderl hatte die Schließung von sechs Standorten im nächsten Jahr angekündigt. Weitere acht bis zehn stehen auf dem Prüfstand. AFP/nd
Wachmann steht Ende Januar vor Gericht Plauen. Nach dem Tod eines Flüchtlings in Plauen steht der Wachmann einer privaten Security-Firma vom 27. Januar an vor Gericht. Er muss sich wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten, wie ein Sprecher des Amtsgerichts Plauen am Montag sagte. Der libysche Flüchtling war im Februar an einer Lungenembolie gestorben. Zuvor soll er über starke Schmerzen geklagt haben, der Wachmann in dem Asylheim hatte jedoch keinen Notarzt verständigt. Aus dem Obduktionsbericht gehe hervor, dass der Flüchtling mit »an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« auch gestorben wäre, wenn der Wachmann einen Notarzt gerufen hätte, sagte der Gerichtssprecher. epd/nd
Umgang mit Bundeswehr an Schulen geregelt Magdeburg. Für Sachsen-Anhalts Schulen sind Grundsätze für den Umgang mit Jugendoffizieren und weiteren Angehörigen der Bundeswehr festgelegt worden. Wenn Armeevertreter in Schulen ihre Positionen zur Friedens- und Sicherheitspolitik darstellen, müsse gleichberechtigt auch die Friedensbewegung zu Wort kommen und umgekehrt, teilte das Kultusministerium am Montag mit. Dazu sei eine Handreichung im Schulverwaltungsblatt veröffentlicht worden. epd/nd
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Klick das das Gegenmedium: Gegenmedium: Weltnetz.tv Weltnetz.tv + + NachDenkSeiten.de NachDenkSeiten.de + + Hinter-den-Schlagzeilen.de Hinter-den-Schlagzeilen.de Klick V.i.S.d.P.: K. Vogler, S. Wagenknecht V.i.S.d.P.:MdBs MdBsD. D.Dehm, Dehm,W. W.Gehrcke, Gehrcke,A.A.Hunko, Hunko,S.S.Leidig, Leidig,A.K.Neu, Vogler, S. Wagenknecht
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6 Politik
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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NACHRICHTEN Bereits mehr als 180 000 Asylanträge Berlin. Die Zahl der Asylanträge steigt wie erwartet weiter. Im November baten gut 22 000 Menschen in Deutschland um Asyl, wie das Bundesinnenministerium am Montag mitteilte. Das waren 56 Prozent mehr als im November 2013. Für das laufende Jahr stieg die Zahl der Asylanträge damit auf insgesamt fast 181 500. Auch dies ist ein Plus von 57 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Hauptherkunftsländer der Flüchtlinge waren in diesem Jahr bislang Syrien, Serbien, Eritrea, Afghanistan und Irak, gefolgt von Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Es wird erwartet, dass die Zahl der Anträge bis zum Jahresende auf insgesamt rund 200 000 steigt. Im kommenden Jahr rechnen die Behörden mit einem weiteren Anstieg. Schon jetzt liegt die Zahl der Asylbewerber deutlich über dem Vorjahreswert: 2013 hatten insgesamt 127 000 Menschen Asyl in der Bundesrepublik beantragt. dpa/nd
Clubs sollen im Nordosten für Polizeieinsätze zahlen Schwerin. In der Diskussion um die Beteiligung der Proficlubs an den Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen werden die Sozialdemokraten im Schweriner Landtag nach eigenen Angaben von Koalitionspartner CDU ausgebremst. Die SPD habe nach dem Bremer Modell einen Gesetzentwurf erarbeitet, nach dem Vereine herangezogen werden könnten. »Den würden wir gern im Landtag debattieren. Das aber verhindert die Union«, sagte SPDFraktionschef Norbert Nieszery am Montag. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) beklage die hohen Kosten für Polizeieinsätze bei Fußballspielen, wolle aber die Clubs weiterhin nicht in die Pflicht nehmen. dpa/nd
154 beschädigte Fässer in Brunsbüttel Brunsbüttel. Mehr als jedes vierte Atommüllfass im stillgelegten Kernkraftwerk Brunsbüttel in Schleswig-Holstein ist stark beschädigt. Das teilte der Konzern Vattenfall am Montag in einer vorläufigen Bilanz mit. Demnach sind 154 von 573 untersuchten Fässern mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen erheblich beschädigt. Alle sechs unterirdische Betondepots wurden in diesem Jahr untersucht. »57 Fässer in der sechsten Kaverne konnte die Kamera aber wegen der engen Lagerung nicht vollständig einsehen«, erläuterte eine VattenfallSprecherin. Messungen hätten aber keine gefährliche Radioaktivität gezeigt. dpa/nd
Berufung gegen die Dresdner Verhältnisse Am Montag begann der zweite Prozess gegen den Antifaschisten Tim H. Tim H. wurde vor knapp zwei Jahren zu 22 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er als Rädelsführer die Blockade des Naziaufmarsches in Dresden 2011 angeführt haben soll.
jährigen Gefängnisstrafe zu verurteilen, ist schon sehr irritierend. (…) Das sind schon eigentümliche Dresdner Justizverhältnisse.« Nun kam es am Montag zum lange erwarteten Berufungsprozess. Die Verteidigung hat mittlerweile über andere Verfahren, etwa gegen den Jenaer Pfarrer Lothar König und den Geschäftsführer der Berliner Vereini-
Von Paula Schulte Im Februar 2011 blockierten in Dresden 20 000 Antifaschisten den damals größten Naziaufmarsch Europas. Dabei kam es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei, als diese versuchte, die Blockierer aus einer eingerichteten Verbotszone rund um die Demonstration der Neonazis heraus zu halten. An der Dresdener Bernhardstraße durchbrachen Demonstranten eine Sperrstelle der Polizei. Dem Berliner Tim H. wurde vorgeworfen, dies mit einem Megafon koordiniert zu haben. Die auf Videoaufnahmen zu hörenden Worte »Kommt nach vorne« deutete das Amtsgericht Dresden als Aufruf zu Straftaten gegen die Polizisten. Obwohl keiner der beteiligten Polizisten Tim H. identifizieren konnte und ein Anwohner sich sogar sicher war, dass Tim H. nicht die Person am Megafon war, verurteilte ihn das Amtsgericht Dresden im Januar 2013 zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung. Das Urteil rief bundesweit Empörung hervor. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) äußerte sein »höchstes Befremden« über das Urteil: »Einem Angeklagten ausdrücklich die Taten Anderer anzurechnen und ihn gewissermaßen stellvertretend zu einer knapp zwei-
gung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der AntifaschistInnen (VVN – BdA), Markus Tervooren, entlastendes Videomaterial der Polizei erhalten. Aufnahmen, die bereits im ersten Verfahren gegen Tim H. verwendet wurden, seien hingegen durch die Polizei so zurecht geschnitten worden, dass mindestens fünf weitere Personen mit Megafonen, die ebenfalls an der fraglichen Situation beteiligt waren, in dem Video nicht zu sehen waren, argumentierten Tim H’s Anwälte. Weiterhin lagen der Polizei drei weitere Aufnahmen vor, die die Konfrontation von anderen Blickwinkeln zeigen und deutlich machen: den einen Rädelsführer hat es nicht gegeben. Aus keiner dieser Aufnahmen wird deutlich, welcher Person die hörbaren Durchsagen zuzuordnen sind. Ob Ansagen wie »Nach vorne« überhaupt als Aufruf zum Angriff auf die Sperrstelle gewertet werden können, ist ebenfalls umstritten. Pikanterweise wurden die offiziellen Videos von den gleichen Beamten bearbeitet, die auch für die Aufnahmen im Prozess gegen Lothar König verantwortlich waren. Auch in dessen Fall fehlte eindeutig entlastendes Material in den Zusammenschnitten. Königs Verteidigung sprach damals von einer regelrechten »Fälscherwerk-
Foto: 123rf/johan2011
statt«. Gegen die Beamten laufen Ermittlungen wegen Unterschlagung und Verfälschung von Beweismitteln. Wenige Minuten nach Prozessbeginn zogen sich am Montag Richter, Staatsanwältin und Verteidigung zu Verhandlungen zurück, konnten sich bis zum Mittag aber auf keine einvernehmliche Lösung einigen. Nach der Mittagspause begann deshalb die neue Verhandlung. Tim H.’s Anwälte beantragten daraufhin die Hinzuziehung und Inaugenscheinnahme der bisher vorenthaltenen Videoaufnahmen. Am Nachmittag wurden zudem Zeugen angehört, darunter ein 2011 beteiligter Polizeibeamter, der die Situation zwar als besonders kritisch in Erinnerung hat, aber sich lediglich daran erinnern kann, Ansagen über ein Megafon gehört zu haben. Auf die Frage, ob er eine Person, die Tim H. ähnelt, wahrgenommen habe, antwortete er schlicht: »Nein«. Unterstützer aus Dresden, Jena und Berlin hatten am Morgen vor dem Landgericht demonstriert. Darunter waren auch Politiker von SPD und LINKER. Im Internet unterzeichneten Hunderte eine Solidaritätserklärung für Tim, darunter die LINKE-Parteivorsitzende Katja Kipping, selbst aus Dresden, Konstantin Wecker und Gregor Gysi. Viele kündigten bereits an, Tim H. auch finanziell bei einer möglichen Strafe und den Prozesskosten unterstützen zu wollen. Auf Facebook schrieb eine Unterstützerin, dass so ein Prozess genauso gut jeden anderen Antifaschisten, der 2011 in Dresden den Naziaufmarsch blockierte, hätte treffen können. Daher solle Tim nicht alleine auf den Kosten sitzen bleiben. Auf der Webseite www.kommtnachvorne.com werden deshalb Spenden gesammelt.
Hauptsache was mit »gida« Nach dem Vorbild der rassistischen Demos in Dresden gibt es in zahlreichen Städten Demos gegen eine angebliche Islamisierung In der Bundesrepublik gehen derzeit praktisch täglich Menschen auf die Straße, um gegen Muslime und Flüchtlinge zu demonstrieren.
Neben Dresden, wo mit den »Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes« sozusagen die original »gida« am Montag bereits zum achten Mal auf die Straße gehen wollte, sollte in Kassel die zweite und in Düsseldorf die erste derartige Veranstaltung stattfinden. Ebenso schnell wie sich die »gida«Gruppen nach Dresdner Vorbild nun bilden, formiert sich aber auch der Widerstand gegen die rechten Demos. Vor den Protesten des antifaschistischen Bündnisses gegen den Aufmarsch des rassistischten Pegida-Ablegers Dügida erklärte dessen Sprecher Thomas Bose am Montag: »Wir sind mit der Mobilisierung gerade we-
Berlin. Rassismus im Zeichen der absurden Abkürzungen: Nach Hogesa, Pegida, Kadiga, Dügida. Um die Hooligans gegen Salafisten ist es derzeit zwar eher ruhig, dafür geht in mehreren deutschen Städten Montagabends eine Mischung aus Nazis, Rechtspopulisten und »besorgten Bürgern« auf die Straße, um gegen eine vermeintliche Islamisierung des Abendlandes, das Asylrecht und überhaupt alles zu demonstrieren, das von ihnen als »fremd« angesehen wird.
gen der Kurzfristigkeit sehr zufrieden. Weit über 20 Gruppen und Parteien aus dem fortschrittlichen Spektrum, vom Türkeizentrum über das Zakk bis lokalen Antifa-Gruppen rufen dazu auf, den Rassistenaufmarsch zu stoppen«, so Bose. »Alle Aufrufe zu mehr Zivilcourage, von Angela Merkel über Joachim Gauck bis hin zu dem Düsseldorfer Oberbürgermeister bleiben Lippenbekenntnisse, wenn nicht den Rassisten effektiv ihre Erlebniswelt ›Demonstration‹ genommen wird! Wir freuen uns über jede Blockade von rassistischen Aufmärschen!« Auch ein bürgerliches Bündnis von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und Migrantenvereinen hat eine Kundgebung
unter dem Motto »Mit rheinischer Toleranz gegen Ausgrenzung und Hysterie« angemeldet. In Dresden, wo Pegida in der vergangenen Woche etwa 7500 Menschen brachte, deren Aufmarsch allerdings von Gegendemonstranten zum ersten Mal seit Beginn der montäglichen Demonstrationen blockiert werden konnte, ist der Widerstand gegen die Rassisten mittlerweile sehr breit. So mobilisierten zu dem geplanten Sternmarsch unter dem Motto »Dresden für alle – Für ein weltoffenes Dresden« unter anderem die Kirchen, das Islamische Zentrum, die Jüdische Gemeinde, der Ausländerrat, das Bündnis Dresden Nazifrei und
die Technische Universität. Auch Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) unterstützte die Aktion, Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und Vize Martin Dulig (SPD) hatten zur Teilnahme aufgerufen. Am Montag äußerte sich auch die Bundesregierung zu den Anti-IslamDemonstrationen. Demnach gebe es keinerlei Bestreben, die Zuwanderung von Muslimen zu beschränken. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte in Berlin, Religion sei kein Hinderungsgrund für Zuwanderung. Grundsätzlich seien Menschen aller Glaubensrichtungen willkommen. Und allen werde die freie Ausübung ihres Glaubens ermöglicht. nd
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Politik 7
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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NACHRICHTEN
Das Kreuz mit dem Rassismus Anhaltende Proteste gegen Polizeigewalt in den USA / Obama: Diskriminierung in der Gesellschaft tief verwurzelt In einem Fernsehinterview hat Präsident Barack Obama den tief in der US-Gesellschaft verwurzelten Rassismus angeprangert. Die landesweiten Proteste gegen Polizeigewalt gehen derweil weiter. Von Olaf Standke Eine Schnellstraße zwischen den Städten Berkeley und Oakland blockiert, gleich an mehreren Orten in Kalifornien gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizisten, die Tränengas und Gummigeschosse einsetzen, eingeworfene Schaufenster, beschädigte Autos, erneute Festnahmen – die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt in den USA gingen auch am Wochenende und am Montag weiter, wie die Zeitungen »San Francisco Chronicle« und »San Jose Mercury News« berichten. Seit etlichen Tagen wird nun schon auf den Straßen des Landes Gerechtigkeit für Schwarze gefordert, die von weißen Polizisten
getötet wurden. In New York legten sich Demonstranten wieder zum »Die-In« auf den Boden der Wartehalle in der Grand Central Station, um mit diesem symbolischen Akt an die letzten Minuten von Eric Garner zu erinnern, der im Würgegriff der Polizei gestorben ist. Die Rufe nach einer Justiz- und Polizeireform in den Vereinigten werden lauter. »Lasst uns alles tun, um weitere derartige Situationen zu verhindern«, appellierte etwa der Aktivist Kevin Powell am Wochenende in seiner Trauerrede für den im November erschossenen 28-jährigen Akai Gurley. Der tragische Vorfall ereignete sich am 20. November: Gurley ging mit seiner Freundin in einem dunklen Treppenhaus nach unten, weil der Fahrstuhl nicht funktionierte. Der junge Polizist Peter Liang zog seine Waffe und tötete ihn, ohne dass sich der Vater einer kleinen Tochter verdächtig verhalten hätte, wie der Schütze selbst einräumt.
»Das ist modernes Lynchen, immer und immer wieder«, so Powell in einer Baptistenkirche im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Deutliche Worte, die viele Afroamerikaner von »ihrem« Präsidenten vermissen. Doch Barack Obama hat sich nie als Lobbyist des schwarzen Amerikas im Weißen Haus verstanden. Zumindest wurde er jetzt in einem Fernsehgespräch grundsätzlich: Rassismus gegenüber Afroamerikanern sei tief in der amerikanischen Gesellschaft und Geschichte verwurzelt, sagte der Präsident dem TVSender BET, der sich vor allem an ein schwarzes Publikum wendet, in einem Interview, das am Montag in voller Länge ausgestrahlt werden sollte. Um dann aber sofort wieder nachzuschieben, dass man in dieser Debatte auch bisherige Errungenschaften erkennen müsse, um weiter Fortschritte machen zu können. »Wenn Sie mit Ihren Eltern, Großeltern, Onkeln sprechen, werden sie Ihnen sagen, dass die Dinge besser
sind – nicht gut, aber besser«, erklärte der Präsident mit Blick auf die Situation vor fünf Jahrzehnten. Doch in der schwarzen Gemeinschaft dominieren tiefe Zweifel am Rechtsstaat Made in USA. Laut einer Umfrage des Pew-Forschungszentrums misstrauten über zwei Drittel der Afroamerikaner der Polizei. Auch die »Washington Post« findet es da »bemerkenswert«, wie »zurückhaltend« sich Obama in seinem jüngsten Interview äußert: »In seiner Autobiografie und in einer viel beachteten Wahlkampfrede 2008 hatte er in der Rassismus-Frage noch sehr emotional an die Nation appelliert.« Der Präsident der ältesten schwarzen Bürgerrechtsorganisation NAACP, Cornell Williams Brooks, nimmt Obama dagegen gleichsam in Schutz: Wenn schwarze Männer ein 21 Mal höheres Risiko als weiße trügen, von einem Polizisten erschossen zu werden, wenn jeder vierte Afroamerikaner berichte, von Polizisten schikaniert worden zu sein, dann
gehe es nicht so sehr darum, ob der Präsident jetzt den richtigen Ton trifft. »Es geht um reale Veränderungen unseres Justizsystems, die die Werte unserer Verfassung reflektieren.« Diese Probleme rassischer Gleichberechtigung aber könnten nicht in Obamas Amtszeit gelöst werden, betont Brooks. »Nur ein wirklich nationales Reformprogramm kann die gewalttätigen Übergriffe eindämmen«, ist sich der linksliberale britische »Observer« sicher. »Dazu müssen lokale Polizeidienststellen überprüft, einheitliche Regeln für angemessenes Verhalten der Polizei aufgestellt und gemeinnützige Alternativen zu Haftstrafen entwickelt werden.« Die 75 Millionen Dollar (rund 60 Millionen Euro), die Präsident Obama als Sofortmaßnahme in den kommenden drei Jahren für die Anschaffung von 50 000 Mini-Körperkameras an Polizisten bereitzustellen will, sind da allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Griechisches Parlament verabschiedet Haushalt trotz Troika-Kritik Athen. Trotz starker Vorbehalte der internationalen Gläubiger hat das griechische Parlament am Montag den Haushalt für 2015 gebilligt. Die Regierung in Athen rechnet darin mit einem nahezu ausgeglichenen Budget und einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent. Über ihre abweichenden Prognosen informierte die Gläubiger-Troika die Finanzminister der Eurozone, die in Brüssel über die Zukunft des Hilfsprogramms für das Krisenland berieten. Für den Budgetentwurf votierten in Athen 155 Abgeordnete, 134 Parlamentarier stimmten dagegen. Der Entwurf sieht ein Defizit in Höhe von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Die Gläubiger aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) gehen allerdings von einem Defizit zwischen zwei und drei Prozent aus und sehen fehlende Einnahmen im griechischen Staatshaushalt in Höhe von zwei bis drei Milliarden Euro. AFP/nd
UN müssen 2015 mehr als 57 Millionen helfen
Kreuze – ein immer wieder bei den Protesten in Ferguson gezeigtes Symbol. Auf dem rechten Bild wird auf Offenbarung 18,4 im Neuen Testament verwiesen: »Dann hörte ich eine andere Stimme vom Himmel her rufen: Verlass die Stadt, mein Volk, damit du nicht mitschuldig wirst an ihren Sünden und von ihren Plagen mitgetroffen wirst.« Fotos: AFP/Michael B. Thomas
Genf. Die Vereinten Nationen und ihre humanitären Partnerorganisationen müssen im kommenden Jahr Nothilfe für mehr als 57 Millionen Menschen leisten. Die Weltorganisation braucht dafür 16,4 Milliarden US-Dollar, wie aus ihrem globalen UN-Hilfsappell hervorgeht, der am Montag in Genf veröffentlicht wurde. Mehr als 80 Prozent der Bedürftigen leben in Ländern wie Syrien oder Südsudan, die unter Krieg und Gewalt leiden, wie die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos betonte. Einsatzschwerpunkte werden im nächsten Jahr laut Amos auch Afghanistan, Irak, die Ukraine und die Zentralafrikanische Republik sein. epd/nd
Atomwaffenkonferenz soll Abrüstung fördern
Waffenbrüder wider Willen Bagdad erhält Kriegshilfe von USA, aber auch Iran Die irakische Regierung in Bagdad hat am Montag gemeldet, bei Luftangriffen der internationalen gegen Verbände des Islamischen Staates in Nordirak um die Großstadt Kirkuk seien 38 IS-Kämpfer ums Leben gekommen. Die »internationale Koalition« – das sind hauptsächlich die Luftstreitkräfte der USA, mehr symbolisch ergänzt durch wenige Kampfflugzeuge von NATO-Verbündeten wie Frankreich und aus den hochgerüsteten Monarchien am Persischen Golf. Die irakischen Streitkräfte können dazu derzeit fast nichts beitragen. So überlässt man ihnen die Verkündung militärischer Erfolgsmeldungen. Was weder den arabischen noch den US-amerikanischen Bundesgenossen gefallen wird, ist die zunehmend offenere Allianz der – schiitisch dominierten – irakischen Regierung mit der schiitischen Regionalmacht Iran. Die Iraner flogen ebenfalls Luftangriffe auf IS-Stellungen in Irak; offensichtlich wohlabgestimmt mit der US Air Force, was Teheran genüsslich bestätigt, vom Pentagon aber lediglich »nicht kommentiert« wird. Die bedrängte irakische Führung nimmt, was sie kriegen kann. Trotz der Nörgelei der US-Regierung nutzt sie die »uneingeschränkte Solidarität« zwischen Irak und Iran. So jedenfalls drückte es Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Sonntag gegenüber seinem irakischen Amtskollegen Ibrahim alDschafari am Sonntag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Teheran aus. Dort hat man weniger Probleme mit der unerklärten Waffenbrüderschaft. dpa/roe
Netanjahus Bomber sind handlungsfähig
»Maul zu, Frau #Merkel. Frankreich ist frei«
Weiterer uneingestandener Angriff Israels auf Syrien
Kanzlerin stößt in Paris auf wenig Verständnis
Israels Luftwaffe hat am Sonntag Ziele in Syrien angegriffen. Bombardiert wurden Einrichtungen der syrischen Armee. Dort sollen für die Hisbollah bestimmte Waffen gelagert worden sein.
Merkel verärgert die französische Politik. Mit ihrer Kritik am Reformwillen in Paris ruft sie ruppige Reaktionen hervor.
Von Oliver Eberhardt, Jerusalem »Kein Kommentar«, sagt das Verteidigungsministerium; »wir äußern uns grundsätzlich nicht zu ausländischen Medienberichten«, heißt es im Büro von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Doch was man nicht zu hören bekommt, ist: »Wir waren’s nicht«. Denn so oder ähnlich hört es sich regelmäßig an, wenn Israels Regierung oder Sicherheitsapparat mit etwas überhaupt nicht im gleichen Atemzug genannt werden will. Allerdings: Bei den Ereignissen am Sonntag gibt es auch wenig zu bestreiten. Am helllichten Tag, was ungewöhnlich ist, griffen mehrere Kampfjets das Lagerhaus einer Import-Export-Firma, die sich im Besitz der syrischen Regierung befindet, am Flughafen von Damaskus an. Fotos zeigen Kampfjets und die für Raketen typischen weißen Streifen in der Luft; die Bilder werden für echt gehalten. Ausländische Journalisten am Ort berichteten am Montag zudem von weiträumigen Absperrungen rund um das Gelände. Außerdem wurde eine Militärbasis zwischen Damaskus und der libanesischen Grenze bombardiert. Im Umfeld des israelischen Sicherheitsapparates heißt es, an den beiden Orten seien Waffen gelagert worden, die für die Hisbollah in Libanon bestimmt gewesen seien. Juwal Steinitz, Israels Geheimdienstminister, sagte zudem im israeli-
schen Rundfunk: »Unser Linie ist es, Lieferungen von fortgeschrittenen Waffensystemen an terroristische Organisationen zu verhindern.« Wobei mit solchen Organisationen die Hisbollah gemeint sein dürfte. Sie wird sowohl von Syrien als auch Iran, dem derzeit engsten Verbündeten von Syriens Präsident Baschar al-Assad, militärisch und finanziell unterstützt. Bemerkenswert ist auch, dass Steinitz sich so schnell zu einem Interview bereit fand. Tage zuvor, nachdem in Israel die Koalition zusammengebrochen war, hatte man in der Öffentlichkeit die Frage diskutiert, wie handlungsfähig Israels Regierungsapparat in der sehr langen Übergangszeit bis zur Vereidigung von neuem Parlament und neuer Regierung frühestens im April sein werde. Denn die Lage im Gaza-Streifen ist nach wie vor instabil; im Westjordanland droht eine weitere Intifada. Israelische Medien werteten die Angriffe deshalb als Signal an die Öffentlichkeit wie an die Gegner jenseits der Grenzen. »Natürlich sind wir auch in diesen Monaten handlungsfähig«, sagt ein Mitarbeiter Netanjahus. Doch dieses Signal baut voll und ganz auf der Annahme, dass weder Syriens Militär noch die Hisbollah derzeit Vergeltung gegen Israel üben werden. Es war das bislang achte Mal, dass Israel Ziele in Syrien angegriffen hat; zwölf Mal wurden Stellungen vom Golan aus beschossen. Syriens Militär schlug bisher nie zurück. Denn Damaskus müsste dafür eine weitere Front eröffnen. Die Hisbollah antwortete einmal, nachdem Anfang 2013 Ziele in Libanon bombardiert worden waren.
Paris. Mit ihrem Reformaufruf an Frankreich hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine scharfe Attacke aus dem Nachbarland eingehandelt. »Maul zu, Frau #Merkel. Frankreich ist frei«, twitterte der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon am Sonntagabend auf Deutsch. Der sozialdemokratische Finanzminister Michel Sapin betonte, seine Regierung setze ihre Reformen für Frankreich um – und »nicht, um diesem oder jenem europäischen Politiker eine Freude zu machen«. Merkel hatte am Wochenende in der »Welt am Sonntag« die bisherigen Reformanstrengungen in Frankreich und Italien als unzureichend eingestuft. Die EU-Kommission habe »deutlich gemacht, dass das, was bis jetzt auf dem Tisch liegt, noch nicht ausreicht«, sagte Merkel und hob hervor: »Dem schließe ich mich an.« In seiner Twitter-Botschaft forderte Mélenchon Merkel dazu auf, sie solle sich besser um die »Armen« in ihrem eigenen Land und um die ruinierte Infrastruktur in Deutschland kümmern. Der 63-Jährige, der 2012 als Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich für Furore gesorgt hatte, hatte bereits in der Vergangenheit scharfe Kritik an Merkels Politik geübt. So warf er der Bundeskanzlerin eine »engstirnige und sehr dogmatische Politik« vor. Merkels Sprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin zu Mélenchons Twitter-Botschaft: Für den französischen Politiker gelte die Meinungsfreiheit. »Ansonsten könnte man sich fragen, ob eine andere,
freundlichere Formulierung möglich gewesen wäre.« Es handele sich um »keinen ernsthaften Beitrag zur Debatte, wie wir alle den Stabilitäts- und Wachstumspakt einhalten«. Seibert betonte, es sei nicht Aufgabe der Bundesregierung, von einem Nachbarland »konkrete Reformen« zu verlangen. »Das tun wir auch nicht.« Vielmehr sei die EU-Kommission in Brüssel dafür zuständig, dass das europäische Regelwerk »glaubwürdig angewandt wird«. In deutschen Regierungskreisen wird befürchtet, dass das wirtschaftlich angeschlagene Frankreich wichtige Reformen nicht umsetzt und nicht genug unternimmt, um das Defizit abzubauen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte Ende November darauf verzichtet, Strafen gegen Frankreich und Italien zu verhängen, obwohl diese die EUStabilitätsvorgaben nicht einhalten. Brüssel gab vielmehr Frankreich, Italien und fünf weiteren Ländern noch bis Anfang März Zeit, um ihre Haushaltsprobleme zu schultern. Der französische Finanzminister Sapin sagte im Sender France 5, Merkels Äußerungen müssten im Zusammenhang mit dem Parteitag ihrer CDU in Köln gesehen werden. Er versuchte zugleich, die Wogen zu glätten: »Ich sage auch manchmal Dinge über Deutschland. Ich sage zum Beispiel, dass ich gerne hätte, dass in Deutschland mehr investiert wird.« Die sozialdemokratische Regierung in Paris legt an diesem Mittwoch ein neues Reformgesetz für die Wirtschaft vor. Dieses sieht unter anderem die Ausweitung verkaufsoffener Sonntage vor und zudem eine Liberalisierung bei den sogenannten geschützten Berufen und bei den Fernbussen. AFP/nd
Wien. Rund 800 Delegierte aus mehr als 150 Ländern beraten seit Montag in Österreich über die Folgen von Atomwaffentests und die Gefahren eines versehentlichen Einsatzes der Massenvernichtungswaffen. Die zweitägige »Wiener Konferenz zu den humanitären Auswirkungen von Kernwaffen« soll auch einen weiteren Anstoß zur Reduzierung der Atomwaffenarsenale geben. Im Mai kommenden Jahres findet in New York eine UN-Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag statt. Erstmals nahmen auch Vertreter der Atommächte USA und Großbritanniens teil. Die Vorgängerkonferenzen in Norwegen und Mexiko hatten beide Länder noch gemieden. Aus der Gruppe der Atommächte sind auch Pakistan und Indien vertreten. Russland, Frankreich und China schickten keine offiziellen Delegationen. AFP/nd
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8 Politik
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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NACHRICHTEN Erdogan: »Es herrscht Hass auf den Islam« Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht sich persönlich, sein Land und den Islam als Ziel ungerechtfertigter Angriffe ausländischer Mächte. »Wir stellen Fragen, die in den vergangenen 200 Jahren nicht gestellt wurden: weshalb uns die Welt angreift«, sagte Erdogan am Montag vor Geistlichen in Ankara. »Wir sind Operationen ausgesetzt gewesen, die sowohl national als auch international andauern.« Der Präsident erklärte weiter: »Ich wurde angegriffen, als ich fragte, warum Koranunterricht nicht genauso verpflichtend sein könne wie Physik.« Der Islam unterstütze Bildung, werde aber als eine Religion dargestellt, die Wissenschaft ablehne. »Sie sagen, Religion und Politik sind falsch, aber die (christliche) Kirche hat eine Beziehung zur Politik. Es herrscht ein großer Hass auf den Islam.« Erdogan warf internationalen Medien vor, ihre Taktik sei es, die Türkei anzugreifen. »Sie wollen uns ruhig halten. Wir sagen Palästina. Wir sagen Demokratie in Ägypten. Wir sagen Gerechtigkeit in Syrien. Wir kritisieren die Struktur der UN.« Erdogan kündigte an, in Schulen werde künftig auch Türkisch aus der osmanischen Zeit unterrichtet werden, »damit die Jugend ihre Geschichte lernt«. dpa/nd
Todesurteile in Provinz Xinjiang verhängt Peking. Acht Angeklagte sind in der chinesischen Uiguren-Provinz Xinjiang wegen zwei Anschlägen zum Tode verurteilt worden. Das berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. Bei weiteren fünf Angeklagten wurde die Todesstrafe auf Bewährung verhängt. Sie wird in der Regel in lebenslänglich umgewandelt. Die Urteile bezogen sich auf einen Angriff mit Fahrzeugen und Bomben im Mai auf einen Markt in der Provinzhauptstadt Ürümqi. Dabei starben 39 Menschen. Bei einem Anschlag auf einen Bahnhof im April wurde ein Mensch getötet. epd/nd
Am 21. Dezember ist Stichwahl in Tunesien Tunis. Das Rennen um die Präsidentschaft in Tunesien entscheidet sich am 21. Dezember. An diesem Tag findet eine Stichwahl zwischen Ex-Regierungschef Béji Caid Essebsi und Interimspräsident Moncef Marzouki statt, wie die Wahlkommission am Montag in Tunis mitteilte. Der Wahlkampf beginnt an diesem Dienstag und endet zwei Tage vor der Abstimmung. Die Wahlkommission ermahnte die beiden Politiker und die Medien, sich an die Regeln zu halten. AFP/nd
Moldau droht Wahlwiederholung Sozialisten und Kommunisten klagen wegen Betruges und hätten beste Siegeschancen Ein Drittel der wahlberechtigten Moldauer kam Ende November nicht an die Stimmzettel. Ihr Votum fehlte den Linken, die klagen. Von Irina Wolkowa, Moskau Schon auf der konstituierenden Sitzung des Parlaments der Ex-Sowjetrepublik Moldawien, das am 30. November neu gewählt wurde, dürfte es krachen. Igor Dodon, Chef der Sozialistischen Partei, die mit gut 20 Prozent siegte, will eine Wiederholung der Abstimmung fordern. Er und die Kommunisten, die mit rund 18 Prozent auf Platz drei kamen, haben zudem bereits Klage wegen Wahlbetrugs eingereicht. Es geht dabei vor allem um die Stimmen der rund 700 000 in Russland beschäftigten Moldauer. Sie bilden gut ein Drittel aller Stimmberechtigten in der Republik, die gerade einmal 3,6 Millionen Einwohner zählt. Bei der Zentralen Wahlkommission in der Hauptstadt Chisinău indes gingen ganze 15 000 Stimmzettel ein. Nur durch Manipulationen, so glauben beide Parteien, habe die aus drei liberalen Parteien bestehende und regierende pro-europäische Koalition einen Machtwechsel verhindert, mit nur insgesamt 46 Prozent die absolute Mehrheit jedoch verfehlt. Bei Wahlwiederholung würde ihr Vorsprung weiter zusammenschnurren. Die Stimmung im Lande, so Sozialist Dodon, sei grottenschlecht. In der Tat. Voll ohnmächtiger Wut sehen Obstbauern zu, wie 180 000 Tonnen Äpfel verfaulen. Moskau hatte gleich nachdem im Oktober das Assoziierungsabkommen mit der EU in Kraft trat, die Einfuhr moldauischer Agrarerzeugnisse gestoppt. Weil Eu-
KP-Chef Woronin ist seit dem Wahltag nicht fröhlicher geworden.
ropa wegen des Moskauer Lebensmittelembargos auf seiner Ernte sitzen bleibt, hat auch der Westen keinen Bedarf. Die Kassenwarte des Agrarlandes registrierten in nur acht Wochen bereits Ausfälle von über 200 Millionen US-Dollar. Die Bauern, von denen viele vor dem Ruin stehen, weil sie nicht wissen, wie sie Kredite für Land, Düngemittel und Maschinen abzahlen sollen, haben bereits mit Massenprotesten in Chisinău gedroht.
Foto: dpa/Dumitro Doru
Linken Parteien, die statt auf Integration in westliche Strukturen auf engere Kooperation mit Zoll- und Eurasischer Union setzen, mit der Russland die UdSSR-Spaltprodukte reintegrieren will, sagen Beobachter daher im Falle einer Wahlwiederholung einen erdrutschartigen Sieg voraus. Zumal Souverän Volk eher ihnen als den Liberalen die Bewahrung der staatlichen Einheit zutraut. Zu Recht: Deren Koalition ist zwar im Zentrum
stärkste Kraft, auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners gezimmert jedoch instabil. Stärkste Kraft im prorussischen, landwirtschaftlich geprägten Norden sind dagegen die Sozialisten. Sie haben sich mittlerweile sogar mit der von Moskau unterstützten Slawenregion Transnistrien, die sich 1992 vom überwiegend rumänischsprachigen Moldawien abspaltete, über konkrete Mechanismen für eine Föderation geeinigt, die sich der von Russland dominierten Zollunion anschließt. Dieser will auch die Halbautonomie Gagausien beitreten. Die Gagausen – Türken, aber orthodoxe Christen – leben im Süden Moldawiens und der Ukraine. Sie streben nach Wiedervereinigung, drohten aber schon öfter mit Abspaltung. Der Konflikt dürfte im Februar erneut eskalieren, wenn die moldauischen Gagausen einen neuen Verwaltungschef wählen. Um prorussischen Kräften den Rücken zu stärken, hat Moskau Gagausien vom Einfuhrstopp für moldawische Weine, Obst und Gemüse ausdrücklich ausgenommen. Doch das Projekt könnte an Rivalitäten zwischen Sozialisten und Kommunisten ebenso scheitern wie eine linke Koalition auf nationaler Ebene. Beide Parteiführer sind sich spinnefeind. KP-Chef Wladimir Woronin, der bis zu den Unruhen 2009 – aus Moskaus Sicht Generalprobe für Maidan und Umsturz in der Ukraine – Präsident Moldaus war, drängt es mit Macht zurück an die Macht. Wenigstens in der Rolle des Königsmachers, der eine liberale Minderheitsregierung duldet, dafür aber einen hohen Preis fordern werde: Korrektur des proeuropäischen Kurses.
Erneut Versuch zur Waffenruhe in der Ukraine Gesprächstermin für Minsk noch unklar / IWF in Kiew Kiew. In den umkämpften Regionen der Ukraine soll an diesem Dienstag eine zwischen beiden Seiten vereinbarte Waffenruhe in Kraft treten. Zudem wollen Vertreter der Konfliktparteien in der weißrussischen Hauptstadt Minsk erstmals seit drei Monaten wieder über eine dauerhafte Beilegung des Konflikts sprechen. Auf die Waffenruhe einigten sich Regierung und Separatisten in der vergangenen Woche überraschend. Allerdings sollten im Osten des Landes bereits seit Anfang September die Waffen schweigen, was jedoch bislang nicht gelang. Wann neue Friedensverhandlungen in Minsk genau beginnen, war noch unklar. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko kündigte bereits für Dienstag Gespräche an. Einige Anführer der Separatisten bezeichneten den Termin aber als »zu früh« .An den Gesprächen in der belorussischen Hauptstadt sollen Vertreter Russlands und der EU teilnehmen. Mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) soll am Dienstag in der Hauptstadt Kiew über Reformen beraten werden. Im Gegenzug für zugesagte Hilfszahlungen von knapp 22 Milliarden Euro fordert der IWF etwa höhere Energiepreise und Kürzungen bei Sozialleistungen. Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow warf den USA vor, mit den Sanktionen unverhüllt die sozial-wirtschaftlichen Bedingungen für einen Machtwechsel in Moskau schaffen zu wollen. Agenturen/nd
Schweden vor Abstimmung über Zuwanderung Rechtspopulisten legen weiter zu und zwingen anderen Parteien ihr Wahlkampfthema Nummer eins auf Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten haben die rot-grüne Regierung gestürzt. Bei den Neuwahlen am 22. März steht dann auch die bislang generöse Einwanderungspolitik auf dem Prüfstand. Von Bengt Arvidsson, Stockholm Bislang galt Schweden als Bollwerk gegen Rechtspopulismus. Sowohl die acht Jahre regierende bürgerliche Vorgängerregierung als auch die seit zwei Monaten regierender rot-grüne Koalition hatten das Thema Einwanderung bei den vergangenen drei regulären Wahlen einvernehmlich ausgeklammert und die Schwedendemokraten (SD) ignoriert. Man werde nicht die gleichen Fehler machen wie die etablierten Par-
teien bei den skandinavischen Nachbarn, hieß es. Aus Angst vor Stimmenverlusten durch aufstrebende Rechtspopulisten wetteiferten in Dänemark Sozialdemokraten und Bürgerliche lange um eine restriktivere Einwanderungspolitik. Das half aber nicht. Genauso wenig wie die Integration der Rechtspopulisten. Die ausländerfeindliche Dänische Volkspartei (DF) setzte als Stützpartei einer bürgerlichen Minderheitsregierung eine extrem stramme Einwanderungspolitik durch. Die DF ist laut der jüngsten Umfrage erstmals die stärkste politische Partei Dänemarks. Auch in Norwegen, wo die Fortschrittspartei erstmals in einer bürgerlichen Regierung sitzt, nimmt rechter Einfluss zu.
Doch auch an der Basis der Sozialdemokraten brodelt es. »Es gibt viele Sozialdemokraten, die finden, wir müssen das Thema übernehmen und die Einwanderung reduzieren. Aber es ist noch nicht stubenrein, das offiziell zu fordern«, bekennt ein Stockholmer Parteifunktionär gegenüber dieser Zeitung. In den bürgerlichen Parteien, die bei den jüngsten Wahlen erhebliche Wähleranteile an die SD verloren haben, sieht es ähnlich aus. Die SD, eine Partei mit inzwischen weggewaschener Neonazi-Vergangenheit, thematisierte bislang als einzige Partei die Zuwanderung als Problem. Sie zog erst 2010 mit über vier Prozent in das Parlament ein. Im September steigerte sie ihren Stimmenanteil bereits auf 12,9 Prozent.
Verwunderlich bleibt es laut konservativen wie linken schwedischen Kommentatoren dennoch, dass die etablierten Parteien es zu Neuwahlen haben kommen lassen. Ministerpräsident Stefan Löfven hatte die bürgerliche Opposition nahezu angefleht, einem Kompromiss beim Haushaltsentwurf zuzustimmen, um die Neuwahlen abzuwenden. Das konservative Lager aber ließ seinen Entwurf von den Schwedendemokraten absegnen. Nur die SD, nach deren Pfeife man nun tanze, könne sich eigentlich darüber freuen. Ihr Vorsitzender Mattias Karlsson kündigte bereits an: »Wir wollen, dass diese Wahl zu einer Volksabstimmung über Einwanderung wird.« Bei dem Urnengang wird seine Partei vermutlich noch
mehr Stimmen erhalten und die Rolle als Königsmacher zwischen den Blöcken im Reichstag weiter ausbauen. In Umfragen klettert SD bereits auf knapp 17 Prozent. Bei der Neuwahl im März wird erwartet, dass der Linksblock etwas mehr Stimmen erhalten wird als der bürgerliche und erneut den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt. Neuwahlen könnten somit nur aus der Pattsituation führen, wenn die Sozialdemokraten sie dazu nutzen, die Grünen aus der Regierung zu werfen und sich vom bürgerlichen Lager tolerieren zu lassen. Der zum rechten Flügel gehörende Löfven dürfte prinzipiell nichts dagegen haben. Er rief bereits dazu auf, alte Blockgrenzen aufzulösen. Eine große Koalition gilt in Schweden aber bislang als Tabu.
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ND-LESERREISE MAZEDONIEN – INFORMATIONSVERANSTALTUNG aus der Reihe »Kulturgeschichte der Menschheit«
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30/29 7 8-1620 leserreis en@nd-o nline.de Foto: M. Müller
Zu einer visuellen und informativen Informationsveranstaltung zum Thema »Leserreise Mazedonien« vom Veranstalter KulturenLeben, Rüsselsheim, laden nd-Leserreisen und Michael Müller (Reisebegleitung)
Heute, 9. Dezember, 17:00 – 18:30 Uhr im nd-Verlagsgebäude am Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin (Raum Leserreisen im Erdgeschoss, direkt neben dem nd-Shop) ein. Wir freuen uns über Ihr Interesse.
Vor Jemen ertrunken
Kein Jahr des Kindes
70 Flüchtlingen aus Äthiopien gelang Überfahrt nicht
UNICEF konstatiert Gewalt durch Kriege und Krisen
Wieder starben Flüchtlinge auf See. Diesmal kamen 70 Äthiopier bei dem Versuch ums Leben, nach Jemen zu gelangen.
Die Gewalt gegen Kinder hat nach Angaben der Organisation UNICEF in diesem Jahr »katastrophale« Ausmaße erreicht.
Sanaa. Vor der Küste Jemens sind 70 äthiopische Flüchtlinge ertrunken. 21 Leichen seien bislang geborgen worden, meldete das Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Montag. Die Suche nach weiteren Opfern dauere an. Das Boot war nach Angaben der UN-Organisation in der Nacht zum Samstag gekentert. Das Innenministerium in Sanaa machte schlechtes Wetter für das Unglück verantwortlich. Das Flüchtlingsboot sank in der Nähe der Meeresstraße Bab alMandeb. Alle 70 Passagiere seien tot, hieß es in der Erklärung des jemenitischen Innenministeriums. Es sei vor der Hafenstadt Mokka im Roten Meer untergegangen, meldete die jemenitische Nachrichtenagentur Saba am späten Sonntag-
abend. Das Boot gehöre einem bekannten Menschenschmuggler, erklärten die Behörden. Nach ihm werde gefahndet. Laut Behördenangaben habe es sich um Migranten aus Äthiopien gehandelt, die vom Horn Afrikas aus die Überfahrt nach Jemen gewagt hätten. Das Rote Meer zwischen Afrika und der Arabischen Halbinsel ist dort nur 40 Kilometer breit. Jährlich kommen laut Angaben der jemenitischen Küstenwache rund 100 000 afrikanische Flüchtlinge auf diesem Wege nach Jemen. In den Gewässern zwischen Horn und Halbinsel kommt es immer wieder zu tödlichen Unglücken. Oft steigen die Flüchtlinge in überfüllte Boote, die der hohen See nicht standhalten. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks kamen von Januar bis Ende Oktober mehr als 200 Migranten aus Afrika bei Schiffsunglücken vor der Küste Jemens ums Leben. Agenturen/nd
New York. Von den großen Weltkonflikten und -krisen seien mehr als 15 Millionen Kinder unmittelbar durch Gewalt, Zerstörung und Vertreibung betroffen gewesen. Das teilte das Kinderhilfswerk UNICEF am Montag in New York mit. »Noch nie in der jüngeren Vergangenheit waren so viele Kinder solch unaussprechlicher Brutalität ausgesetzt«, erklärte Exekutivdirektor Anthony Lake. »2014 war ein Katastrophenjahr für Kinder.« Schätzungen des Kinderhilfswerks zufolge leben weltweit etwa 230 Millionen Kinder in Ländern und Regionen mit bewaffneten Konflikten. In den momentan am stärksten betroffenen Krisenregionen in Syrien, Irak, Ukraine, Südsudan, der Zentralafrikanischen
Republik und dem Gaza-Streifen sei die Situation für Kinder besonders dramatisch. Dort seien Tausende Kinder als Soldaten rekrutiert, vergewaltigt, ermordet oder zu Flüchtlingen und Waisen gemacht worden. Doch auch in Dauerkrisenländern wie Afghanistan, Nigeria oder Somalia seien Kinder weiterhin ständiger Brutalität ausgesetzt. Vielfach habe sich die Gewalt 2014 direkt gegen Schulen und Krankenhäuser gerichtet. Allein in Syrien hätten die UN bis Ende September 35 Angriffe auf Schulen gezählt, bei denen 105 Kinder getötet und fast 300 weitere verletzt wurden. Dort und im benachbarten Irak seien zudem viele hunderttausend Flüchtlingskinder im nahenden Winter schutzlos Regen, Kälte und Schnee ausgesetzt. »Gewalt und Trauma fügen nicht nur dem einzelnen Kind großen Schaden zu – sie unterhöhlen die Gesellschaften als Ganzes«, sagte Lake. AFP/nd
Wirtschaft – Soziales – Umwelt 9
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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NACHRICHTEN
Milliarden für den Ausbau des Internets
Kein Hartz IV für süchtige Wohnprojektmitglieder
Berlin schlägt EU-Parlament Investitionen vor Berlin. Deutschland schlägt für das geplante Investitionspaket der EUKommission Projekte im Umfang von 89 Milliarden Euro vor. Die Bundesregierung hat dafür 58 Vorhaben aus verschiedenen Bereichen aufgelistet, wie eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Montag sagte. Die Vorschläge würden in einen Bericht einfließen, der noch im Dezember vom Europäischen Rat besprochen werden solle. Die Vorlage der Liste bedeute nicht, dass die Projekte auch tatsächlich alle umgesetzt würden, so die Sprecherin. Wie die »Süddeutsche Zeitung« unter Berufung auf die Liste der europäischen Vorhaben schrieb, liegt der Schwerpunkt der in Deutschland geplanten Investitionen auf dem landesweiten Ausbau schneller Internetverbindungen. Private Unternehmen sollen hierfür mit Hilfe öffentlicher Anreize 24 Milliarden Euro investieren. Der Liste zufolge sollen außerdem 13,5 Milliarden Euro in die Windkraft und weitere zehn Milliarden Euro in die Erweiterung von Autobahnen fließen. Die EU-Kommission will mit dem Investitionspaket insbesondere Projekte in den Bereichen Verkehr, Internet, Energie, Klimaschutz, Bildung und Forschung fördern. Ein Betrag von 21 Milliarden Euro soll demnach über die kommenden drei Jahre Investitionen von mindestens 315 Milliarden Euro auslösen. Die Grünen warfen der Regierung vor, den Bundestag umgangen zu haben. Dass die Bundesregierung »klammheimlich« eine Projektliste nach Brüssel geschickt habe, ohne das Parlament zu unterrichten, verstoße gegen die Beteiligungsrechte des Bundestages, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, dem »Handelsblatt«. Die Sprecherin des Finanzministeriums wies die Kritik zurück. Die zuständigen Ausschüsse des Bundestages seien entsprechend den gesetzlichen Vorgaben unterrichtet worden, erklärte sie. AFP/nd
Bahnreisende müssen sich im kommenden Jahr auf vielen Strecken auf längere Fahrzeiten gefasst machen.
Bahn spielt Bau-Bau Rund 80 Bahn-Korridore sollen im kommenden Jahr mit Milliardensummen modernisiert werden. Dies ist Teil einer neuen Finanzierungsvereinbarung mit dem Bund. Von Kurt Stenger Für die Bauindustrie ist es eine Art kleines Konjunkturprogramm, was die Deutsche Bahn (DB) am Montag in ihrem Tower am Potsdamer Platz in Berlin-Mitte ankündigte: Allein im kommenden Jahr sollen rund 3800 Kilometer Schienen, 2000 Weichen, 2,5 Millionen Eisenbahnschwellen und etwa vier Millionen Tonnen Schotter erneuert oder instand gehalten werden. 5,3 Milliarden Euro darf und soll der bundeseigene Konzern 2015 investieren. Der für den Bereich Infrastruktur zuständige DB-Vorstand Volker Kefer ist begeistert und spricht vom »größten Modernisierungsprogramm, das es in der Infrastruktur der Bahn je gegeben hat«.
Studie: Ungleiche Verteilung verringert BIP-Wachstum
Paris. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die wachsende Einkommensungleichheit nicht nur soziale Auswirkungen, sondern beeinflusst auch die wirtschaftliche Entwicklung. Laut einer aktuellen Studie wuchs etwa in Deutschland das inflationsbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf zwischen 1990 und 2010 um etwa 26 Prozent. Nach Berechnung der Autoren hätte das Wachstum bei stagnierender Einkommensungleichheit aber um fast sechs Prozentpunkte höher ausfallen können. Noch stärker sei der Effekt in Neuseeland oder Mexiko: Hier habe die Ungleichheit über zehn Prozentpunkte des BIP-Wachstums gekostet. Den größten negativen Einfluss hat demnach das Auseinanderdriften der ärmsten 40 Prozent vom bessergestellten Bevölkerungsteil. Ärmere Gruppen investierten meist weniger in Bildung; das beeinflusse die soziale Mobilität und die Ausbildung von Kompetenzen. So seien Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss haben, weniger gebildet als Kinder von Eltern mit mittlerer oder hoher Bildung. In Ländern, in denen die Einkommen ungleicher verteilt sind, verschlech-
LBS sorgt mit Kündigung von Verträgen für Protest
Ab 2015 soll die Schienen-Infrastruktur in großem Stil erneuert werden
Einkommensschere schadet der Wirtschaft Wachsende gesellschaftliche Ungleichheit führt zu ungleichen Bildungschancen, sagt die OECD. Und fordert Umverteilung.
Foto: dpa/Rene Ruprecht
tern sich die Ergebnisse dieser Kinder noch einmal. Ähnliches lässt sich bei der Bildungsbeteiligung beobachten: Bei Menschen mit sozial schwachem Hintergrund nimmt sie ab – und zwar stärker in Ländern mit hoher Ungleichheit. Diese »Investitionslücke in Bildung« betreffe nicht nur die Ärmsten, sondern auch die untere Mittelklasse. Neben finanzieller Unterstützung sei deshalb ein verbesserter Zugang zu Bildung und Weiterbildung sowie zu Gesundheitsdienstleistungen notwendig. Eine Umverteilung mittels Steuern und Transfers müsse nicht schlecht für das Wirtschaftswachstum sein, wenn sie zielgerichtet stattfinde, so die Autoren. Vor allem Familien mit Kindern sowie junge Menschen brauchten Unterstützung. »Der Kampf gegen Ungleichheit muss in das Zentrum der politischen Debatte rücken. Wachsen und gedeihen werden vor allem jene Länder, die alles daran setzen, dass ihre Bürger von klein auf gleiche Chancen haben«, sagte OECDGeneralsekretär Angel Gurría. Laut der Studie ist die Kluft zwischen Arm und Reich in vielen der 34 OECD-Länder so groß wie seit 30 Jahren nicht mehr. Auch in Deutschland hat sich der Abstand zwischen Arm und Reich seit Mitte der 1980er erhöht: Damals verdienten die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung fünf Mal so viel wie die ärmsten zehn Prozent. Inzwischen liegt das Verhältnis bei 7:1. nd
Der Erneuerungsboom ist auf die in der vergangenen Woche vom Bundestag beschlossene »Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung« (LuFV II) zwischen Bund und Bahn zurückzuführen. Laut dieser stehen bis 2019 mindestens 28 Milliarden Euro für Ersatzinvestitionen und Instandhaltung der bestehenden Schieneninfrastruktur bereit. Das ist eine Art Quantensprung, denn die Bahn wendete nach eigenen Angaben in den Jahren 2009 bis 2012 durchschnittlich nur 1,44 Milliarden Euro dafür auf. Die Folge ist der viel zitierte Investitionsstau. Nun aber soll es richtig losgehen mit der Restaurierung von Brücken, Tunneln, Stellwerken, Gleisen und Weichen. Rund 1700 Mitarbeiter will die Bahn dafür zusätzlich einstellen. In Spitzenzeiten soll es gleichzeitig 850 Baustellen geben. Das bringt Verzögerungen für Reisende mit sich, die die DB mit einem speziellen Baufahrplan abzufedern versucht. Außerdem sollen möglichst wenige
Strecken gleichzeitig gesperrt werden. Daher werden Bauarbeiten an einem Streckenabschnitt gleichzeitig ausgeführt – 2015 sind rund 80 solcher Korridore mit rund 500 Einzel-
Bei der Finanzierung haben sich die Bahn und der Bund auf ein »linke Tasche, rechte Tasche« geeinigt.
maßnahmen vorgesehen. Zu den Schwerpunkten zählen die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und dem Rhein-Main-Gebiet, das Berliner S-Bahn-Netz und Bayern. Bei der Finanzierung haben sich die Bahn und der Bund auf ein »linke Tasche, rechte Tasche« geeinigt. »Mit der neuen LuFV wird jeder Cent, den wir infrastrukturseitig verdienen, an den Bund ausgeschüttet und fließt
von dort ohne Abstriche wieder in die Infrastruktur zurück«, beteuerte Vorstand Kefer. Das sieht die Bundestagsopposition anders. Der Verkehrsexperte der Grünen, Matthias Gastel, weist auf fehlende Kontrollmechanismen beim Einsatz der Milliarden hin, was auch der Bundesrechnungshof bemängelt hat. Ein Blick in die Vergangenheit macht Gastel skeptisch: Es sei »absurd, dass in den Infrastrukturzustandsberichten der DB Netz AG der vergangenen Jahre meist alle Zielvorgaben erreicht worden sind und dennoch von einem Investitionsstau von 30 Milliarden Euro die Rede ist«. Für die LINKE ist dies ein Ergebnis des anhaltenden Privatisierungskurses. Die Bahn AG sei »auf privatwirtschaftliche Bilanzziele gepolt«, kritisiert die verkehrspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Sabine Leidig. Das Kernproblem, dass Bundesmittel letztendlich in Gewinne der DB Netz AG umgewandelt werden, bestehe auch mit der neuen LuFV weiter.
Abe stellt die Vertrauensfrage Japan in der Rezession – Premier setzt auf Konsumförderung statt Schuldenabbau Die Parlamentswahl in Japan am Wochenende ist für Premier Shinzo Abe eine Vertrauensfrage zu seiner Wirtschaftspolitik. Korrigierte Wachstumszahlen zeigen deutlich: Japan steckt in einer tiefen Krise. Von Felix Lill, Tokio Die Lage in Japan ist noch schlimmer als erwartet: Zwischen Juli und September schrumpfte die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt um aufs Jahr gerechnete 1,9 Prozent, wie die Regierung am Montag bekanntgab. Erste Schätzungen waren von einem 1,6prozentigen Minus ausgegangen. Premierminister Shinzo Abe wird nun grübeln, ob die Idee mit den für Sonntag angesetzten vorgezogenen Neuwahlen wirklich so gut war. Er hatte im November das Parlament mit der Begründung aufgelöst, er wolle sich für seine Wirtschaftspolitik des Mandats der Bevölkerung versichern. Die Rezession, in der Japan steckt, war nicht geplant, denn die »Abenomics« sollten für einen Boom sorgen. So hatte es der Rechtskonservative im Wahlkampf vor zwei Jahren versprochen. Abe wollte das Land aus der seit rund zwanzig Jahren anhaltenden Deflationsspirale mit fallenden Preisen, auf die die Erwartung weiter fallender Preise folgt, herausholen. Eine Kombination aus lockerer Geldpolitik und hohen Konjunkturausgaben sollte ein investitionsfreundliches Klima schaffen und die Preise zum Steigen bringen, was die Japaner zum Kaufen bewegen sollte. In einem weiteren Schritt kündigte Abe wachstumsfreundliche Strukturreformen an.
Berlin. Bewohner eines Wohnund Betreuungsprojektes für Suchtkranke haben nach einem Urteil des Berliner Sozialgerichtes keinen Anspruch auf Hartz IV. Das Leben in einem Haus der Synanon-Stiftung, einer Selbsthilfegemeinschaft für suchtkranke Menschen in der Hauptstadt, entspreche der Unterbringung in einer stationären Einrichtung, erklärte das Gericht in einem am Montag veröffentlichten Urteil. Es schließe eine Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt grundsätzlich aus. Mitglieder der Selbsthilfegemeinschaft hätten damit keinen Anspruch gegenüber den Jobcentern auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach Hartz IV. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Hintergrund ist eine Klage von rund 80 Synanon-Bewohnern gegen die Entscheidung Berliner Jobcenter, ihnen von 2013 an kein Hartz IV mehr zu zahlen, nachdem sie die Leistungen zuvor jahrelang gewährt hatten. epd/nd
München. Zahlreiche Bausparer in Bayern haben gegen die Kündigung ihrer hochverzinsten Altverträge bei der Landesbausparkasse LBS protestiert. Es seien rund 1100 Beschwerden von Kunden gegen die Kündigungen eingegangen, sagte Vizechef Helmut Straubinger am Montag. Um sich von ihren früheren Zinsversprechen zu befreien, hatte die LBS Bayern vor wenigen Wochen 26 000 Bausparverträge aus alten Zeiten gekündigt. Betroffen waren Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, von den Kunden aber nicht in Anspruch genommen worden waren. Für ihr angespartes Guthaben hatten die Kunden zum Teil mehr als 3,5 Prozent Zinsen erhalten. Aktuell sind es 0,25 Prozent. dpa/nd
Gewerkschaft setzt Streiks bei KiK aus Bönen. Ver.di hat die seit drei Wochen andauernden Streiks im Zentrallager des Textildiscounters KiK bis nach Weihnachten ausgesetzt. Die Streikenden sollten »belastungsfreie Feiertage« mit ihren Familien und Freunden genießen, erklärte die Streikleiterin der Gewerkschaft, Christiane Vogt am Montag. Ziel von ver.di ist es, die Anerkennung aller Tarifverträge des NRW-Einzelhandels für die Beschäftigten der KiK-Logistik durchzusetzen. Vom Zentrallager in Bönen werden alle Filialen des Discounters in Deutschland beliefert. dpa/nd
Taxi-App Uber in den Niederlanden verboten
Orchideenschau in Saitama – es gibt doch noch Wachstum in Japan.
Zunächst schien alles nach Plan zu laufen. Kaum war Abe ins Amt gewählt, legten die Börsenkurse zu, die Preise begannen zu steigen und die Wirtschaft wuchs. Allerdings ist von den Reformen bisher nicht viel zu sehen. Und die von der Vorgängerregierung beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer dämpfte angesichts sinkender Reallöhne den Konsum. Nach zwei Quartalen mit schrumpfender Wirtschaft in Folge steckt das Land nun erneut in der Rezession. Abe will eine weitere, zum 1. Januar geplante Mehrwertsteuererhöhung zurücknehmen, um Konsumenten nicht noch mehr zu belasten. Kritiker sagen, dass die Wirtschaft im frischen Aufschwung nicht mit höheren Steuern unter Druck gesetzt werden solle. Die Wirtschaftsleistung sei stark vom Binnenkonsum abhängig. Der
Foto: dpa/Robichon
müsse gestärkt werden, das bringe auch höhere Steuereinnahmen. Vertreter der anderen Seite verweisen auf die Staatsschulden, die mit rund 240 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung deutlich höher sind als die jeder anderen Industrienation. Gerade hat die Ratingagentur Moody’s wegen Zweifeln am Schuldenabbau Japans Bonitätsnote um eine Stufe gesenkt. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die bei vergleichsweise niedrigen acht Prozent liegt, soll Mehreinnahmen bringen. Dass die meisten Umfragen Abes Liberaldemokratische Partei bei den Wahlen dennoch klar vorn sehen, liegt am Fehlen einer glaubwürdigen Alternative. Die Opposition gleicht eher einem Scherbenhaufen. Daher wird der alte Premier die Wahl wohl klar gewinnen – trotz der Rezession.
Den Haag. Ein Gericht hat den Taxidienst UberPop in den Niederlanden verboten. Die Wirtschaftskammer gab am Montag in Den Haag der Aufsichtsbehörde recht, die hohe Geldstrafen gegen UberPop-Fahrer verhängt hatte. Der Dienst über eine Smartphone-App verstoße gegen das niederländische Taxigesetz, erklärten die Richter. Mit UberPop finden Privatpersonen Kunden, um sie gegen Bezahlung in ihrem eigenen Auto zu chauffieren. Das ist nach Auffassung der Richter illegal, da die Fahrer nicht über eine Lizenz verfügten. Uber will gegen das Urteil Berufung einlegen. dpa/nd
682 000 Kinder kamen in Deutschland zur Welt Wiesbaden. Die Zahl der Geburten in Deutschland ist im vergangenen Jahr leicht angestiegen. 2013 kamen rund 8500 Kinder (1,3 Prozent) mehr zur Welt als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 682 069 Kinder geboren. epd/nd
10 Schwerpunkt
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
»Wir müssen die Opfer um Vergebung bitten« Nicolás Rodríguez Bautista, 1. Kommandant der kolumbianischen ELN-Guerilla, über den Friedensprozess Illustration: 123RF/maigi [M]
Nord-Süd-Forum
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Das Nationale Befreiungsheer Kolumbiens (ELN) hat im Verlauf seines 50-jährigen Bestehens wiederholt Versuche unternommen, mit der Regierung in Bogotá Friedensgespräche aufzunehmen. Leider konnten diese nie erfolgreich abgeschlossen werden. Seit Januar dieses Jahres befindet sich das ELN in einer Sondierungsphase mit der Regierung des kürzlich wiedergewählten Präsidenten Juan Manuel Santos, um darauf aufbauend Friedensgespräche zu beginnen. Mit Nicolás Rodríguez Bautista, 1. Kommandant des ELN, sprach für »nd« Clara Pinzón.
KOMMENTAR
Pflaster auf die neoliberalen Wunden Martin Ling über den Ausbau der Entwicklungshilfe für Kolumbien
Foto: Clara Pinzón
Es hört sich beeindruckend an: Deutschland verdoppelt fast seine Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit mit Kolumbien in den kommenden zwei Jahren. Wie das Entwicklungsministerium (BMZ) anlässlich der Reise des Ministers Gerd Müller verkündete, sollen die rund 327 Millionen Euro vor allem in die Umsetzung von Friedensgesetzen, die Landreform und die strafrechtliche Aufarbeitung des Konflikts sowie die Entschädigung der Opfer fließen. Außerdem verstärke Deutschland seine Zusammenarbeit im Klimaund Umweltschutz. Das BMZ spricht vollmundig von der Besiegelung eines neuen Kapitels in der Entwicklungszusammenarbeit mit Kolumbien. So richtig neu ist der Ansatz freilich nicht. Schon unter Rot-Grün wurden die hochgelobten sogenannten EU-Friedenslabors unterstützt. Dabei waren jene Teile eines staatlichen Befriedungsplanes. Oft genug hieß das Befriedung, nachdem Militärs und Paramilitärs vorher »aufgeräumt« hatten. Aus entwicklungspolitischer Sicht ist auch die Politik der Bundesregierung alles andere als kohärent: Das EU-Freihandelsabkommen mit Kolumbien wurde 2013 durchgewinkt – obwohl selbst eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie zu dem Schluss kam, dass damit die bestehenden Landkonflikte weiter verschärft würden. Denn Freihandel heißt freie Fahrt für Investoren zulasten von Kleinbauern: Plantagen statt Grundnahrungsmittel. Und dass in Deutschland Steinkohle aus Kolumbien verheizt wird, an der das Blut von ermordeten Gewerkschaftern klebt und deren Abbau Zehntausende zu Binnenflüchtlingen gemacht hat, ist wohl dokumentiert. Ein neues, faires Kapitel in der Handelspolitik steht aus – es bleibt bei Pflaster auf die neoliberalen Wunden.
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos sagt einerseits, dass die Friedensverhandlungen mit den FARC bis Jahresende abgeschlossen werden sollen, andererseits droht er hin und wieder mit dem Ende: »Ihr spielt mit dem Feuer. Dieser Prozess kann beendet werden.« Außerdem hat er betont, »es existiert nicht einmal die geringste Chance, dass wir uns auf irgendetwas einlassen ohne eine Entwaffnung«. Inzwischen hat auch das Nationale Befreiungsheer Kolumbiens (ELN) Sondierungsgespräche mit der Santos-Regierung aufgenommen. Ist Santos überhaupt ein glaubwürdiger Verhandlungspartner? Wir kommen nicht umhin festzustellen, dass es bei Präsident Santos schwere Ungereimtheiten gibt. Trotzdem wollen wir schauen, was mit ihm möglich ist. In seiner ersten Präsidentschaftsansprache, vor mehr als vier Jahren, hat er gesagt, er hätte den Schlüssel zum Frieden. Wer in Kolumbien aber wirklich den Schlüssel für den Frieden hat, sind die großen Mehrheiten, gemeinsam mit der gesamten Gesellschaft. Es ist keine Sache von Einzelnen – ohne die Bedeutung Einzelner kleinzureden.
ACTION
Mit Pilzen zum Erfolg
Heute in Berlin – »Yasuní – el buen vivir«, Dokumentation über die Yasuní-ITT-Initiative in Ecuador, bei der der Erhalt der Biodiversität über die Ausbeutung der Rohstoffe gestellt werden sollte – sie ist 2013 vorerst gescheitert. Im Anschluss an den Film findet ein Gespräch über die Potenziale der Idee statt. 19 - 21 Uhr, Moviemento Kino, Kottbusser Damm 22, 10967 Berlin, Eintritt frei. Heute in Berlin – »Das indigene Volk der Asháninka im peruanischen Regenwald – Geschichte und Gegenwart einer Verfolgung« Über eine Annäherung an die Zeit der Repression versuchen wir eine Einschätzung, wie – trotz scheinbarer »Normalität« mit gestärkten Organisationen der Asháninka – das Trauma dieser schlimmen Zeit bis heute weiter wirkt. 18.30 bis 20 Uhr, Zentrum für Demokratie, Michael-Brückner-Str. 1/Spreestraße, 12439 Berlin. Eintritt frei.
Inwieweit hat Santos für seine Verhandlungen Rückhalt in der Gesellschaft? Es wurde ein Friedensprozess vorgeschlagen, den man innerhalb kurzer Zeit abschließen wollte, doch die Realität des Landes ließ diese Rechnung nicht aufgehen. Seine Strategie, inmitten des Konflikts zu verhandeln, obwohl von Seiten der Gesellschaft, vielen internationalen Stimmen und von den Aufständischen auf eine beidseitige Waffenruhe bestanden wurde, um ein günstiges Klima für die Verhandlungen zu schaffen, bedroht täglich den Prozess. Seine Strategie reichert ihn mit Unsicherheiten an und verschafft den Feinden des Friedens Spielraum. Der Präsident verhandelt mit den Aufständischen, ohne einen Rückhalt im Staat zu haben, denn in Kolumbien
gibt es keine staatliche Politik des Friedens, sondern des Krieges. Während die Guerilla all ihre Strukturen dem Frieden verpflichtet, tut es der Präsident ohne Rückhalt und Engagement der restlichen staatlichen Mächte. Warum verhandelt das ELN trotzdem? Weil Frieden inmitten all dieser Inkohärenzen und Schwierigkeiten eine Forderung der ausgeschlossenen Mehrheiten und der gesamten Gesellschaft ist. Die Kolumbianer sind eines quasi seit 1948 währenden ununterbrochenen bewaffneten Konfliktes müde, der ihnen von der sich an der Macht befindenden Klasse aufgezwungen wurde. Und genauso ist es auch mit der Sehnsucht der Aufständischen, die vor 50 Jahren zu den Waffen griffen. Sie träumten von einem Frieden mit Gerechtigkeit, sozialer
Gleichheit, Demokratie und Souveränität in einem Land, dessen Schicksal die Machtergreifung einer ranzigen Oligarchie gewesen ist. Eine Oligarchie, die auf Staatsterrorismus und illegale Kriegsmachenschaften zurückgreift, um das Streben der Enteigneten nach Gerechtigkeit zu verhindern. Warum begann das ELN erst jetzt Gespräche mit der Regierung von Präsident Juan Manuel Santos? Das erste Treffen unserer Delegation, um Gespräche mit der Regierung Santos zu initiieren, fand mit einigen Gesandten der Regierung Mitte 2012 statt. Ab diesem Moment war es die Regierung, die die Zeiten vorgab und obwohl es weitere Treffen gab, dauerte es bis Ende 2013, dass sich die Delegation der Regierung dafür entschied, einen schnelleren Kurs einzuschlagen. Und so kommt es, dass es erst am vergangenen 11. Juni zu einem ersten für die Öffentlichkeit bestimmten Kommuniqué kam, das von beiden Seiten unterschrieben wurde. Seit den ersten Kontakten hat unsere Delegation vorgeschlagen, die Gespräche müssten öffentlich sein. Trotzdem forderte die Regierung die Gespräche müssten vertraulich und im Ausland abgehalten werden. Wir haben dies in unserem Interesse, Wege zum Frieden zu erkunden, akzeptiert. In dem Kommuniqué haben sich beide Seiten bereits auf zwei Punkte festgelegt: der Umgang mit den Opfern des Konfliktes und die Beteiligung der Bevölkerung. Warum sind diese Punkte die ersten, auf die sie sich einigen konnten?
Der Wunsch nach Frieden ist in Kolumbien weit verbreitet.
Weil es die ersten beiden Punkte der Agenda sind, die derzeit diskutiert wird. Beide Punkte haben eine tiefgreifende Bedeutung. Ein ernsthafter Friedensprozess mit richtiger Tragweite kann nicht ausschließlich von der Guerilla und der Regierung getragen werden, sondern muss von der ganzen Bevölkerung mitgetragen werden, insbesondere von den Ausgegrenzten und der marginalisierten Mehrheit. Sie sind diejenigen, die in diesem Konflikt leiden. Hinzu kommt, dass ein ernsthafter Friedensprozess nur von den Gemeinden ausgehend aufgebaut werden kann. Sie sind es, die das Land so gestalten müssen, wie sie es sich wünschen und sie müssen dafür kämpfen. Das ist der Friedensprozess, den Kolumbien braucht und deshalb ist es auch keine akademische Angelegenheit oder damit getan, Papiere zu unterzeichnen. Es ist ein Prozess der Wahrheit, von dem man weiß, wann er beginnt, aber nicht, wann er aufhört.
ren der Konfrontation haben wir Fehler begangen und müssen die Opfer um Vergebung bitten. Das ist die zwingende Voraussetzung für Aussöhnung. Die Opfer müssen sich für diesen Prozess organisieren. Klar ist aber auch, dass der Staat nicht Richter und zugleich Verantwortlicher sein kann. Die Hochrechnungen besagen, dass Angehörige des Staatsapparats für mehr als 80 Prozent der Menschenrechtsverbrechen verantwortlich sind.
Den Opfern räumen Sie hohen Stellenwert ein. Weshalb? Der Punkt zum Umgang mit den Opfern des Konfliktes ist von großer Bedeutung, denn die Konstruktion eines Friedens verläuft über ein Ausheilen sehr tiefer Wunden, ohne das eine Aussöhnung nicht möglich ist. In diesem von den Mächtigen eskalierten und seit vielen Jahren ausgeuferten Konflikt ist die Zahl an Opfern sehr hoch. Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung sind Teil dieses Heilungsprozesses. Das ELN hatte niemals die Absicht, der Bevölkerung Schaden zuzufügen, aber in 50 Jah-
Die Regierungen Brasiliens, Chiles, Kubas, Ecuadors, Venezuelas und Norwegens haben die Sondierungsphase begleitet. Welche Rolle spielt die internationale Gemeinschaft im Allgemeinen und die genannten Regierungen im Besonderen während des Friedensprozesses? Das ELN hält die Beteiligung der internationalen Gemeinschaft auf der Suche nach Frieden in Kolumbien für unentbehrlich. In früheren Prozessen haben andere Regierungen diese Prozesse begleitet, und jetzt eben wieder. Diese Begleitung wiederholt sich, weil es die Art und Weise ist, wie den Konfliktparteien dabei geholfen werden kann, Schwierigkeiten zu überwinden, die immer auftauchen. Wenn dieser Friedensprozess Erfolg hat, die Abkommen unterzeichnet sind, bleibt die Begleitung durch die internationale Gemeinschaft auch danach unabdingbar, Ihrer Unterstützung bedarf es, damit sich die Bevölkerung aus der tiefen Krise lösen kann, in der sie sich heute befindet. Das wird nach Jahrzehnten des Konflikts eine sehr komplexe Aufgabe werden.
Foto: AFP/ Diana Sánchez
Was erwarten Sie von den europäischen Regierungen und insbesondere von der deutschen Regierung als Zeichen der Unterstützung für den Friedensprozess in Kolumbien? Im Jahr 1998 hat das ELN im Kloster Himmelspforten in Würzburg ein Treffen mit wichtigen kolumbianischen Persönlichkeiten abgehalten, um über den Frieden zu reden; ein weiteres gab es im Jahr 2000. Diese Bemühungen waren nicht umsonst, genau wie viele andere wichtige Aktivitäten für den Frieden in Kolumbien in den letzten 23 Jahren. All das Vorangegangene gibt uns die Klarheit, dass das was heute geschieht, ein erneutes Bemühen für den Frieden ist und der Frieden alle Mühe wert ist. Die in Deutschland durchgeführten Bemühungen wären nicht ohne die Beteiligung der deutschen Kirche, wichtige Persönlichkeiten und der deutschen Regierung möglich gewesen. Wir zweifeln nicht daran, dass wenn die Umstände es verlangen, wir erneut auf die Unterstützung der deutschen Bevölkerung und Regierung zählen können bei dieser wichtigen Aufgabe für den Frieden in Kolumbien.
Die Simbabwerin Chido Govera schaffte es aus armen Verhältnissen zur Agrarunternehmerin und gilt vielen Frauen als Vorbild Chido Govera entfloh Armut und Missbrauch im ländlichen Simbabwe und baute eine Pilzzucht auf – erfolgreich. Heute reist die junge Frau durch Afrika, um anderen dabei zu helfen, ihr Leben zu verändern. Von Anne Gonschorek, Kapstadt Chido lernte ihren Vater nie kennen. Ihre Mutter starb an Aids, als sie sieben Jahre alt war. Danach wuchs sie zusammen mit ihrem jüngeren Bruder bei der nahezu blinden Großmutter auf. Oft musste Chido als kleines Mädchen um vier Uhr morgens aufstehen, um Feuerholz zu sammeln und um Wasser von der viele Kilometer entfernten Wasserstelle zu holen. Neben der Schule arbeitete sie auf dem Feld und ging oft hungrig zu Bett. Im Alter von neun Jahren verließ sie schließlich die Schule, um ihre Familie besser unterstützen zu
können. »Das war schwer«, sagte sie gegenüber der britischen Zeitung »The Guardian«. »Ich erinnere mich, dass ich viele Tage lang weinte und den anderen Kindern, mit denen ich sonst immer spielte, zusah, wie sie zur Schule gingen. Es tat weh.« Noch schlimmer sei es jedoch gewesen, in die Schule zu gehen und immerzu daran zu denken, dass ihre Großmutter und ihr Bruder hungrig daheim saßen. Als sie zehn Jahre alt war, bot ihr eine Verwandte einen in Simbabwe leider allzu üblichen Ausweg aus der Armut an: Heirat. »Er ist um die 40 und hat Probleme damit, eine Frau zu finden.« Ein Treffen wurde arrangiert. Chido entschied sich jedoch, anders als viele ihrer Altersgenossinnen, das Angebot ihrer Verwandten nicht anzunehmen. Sie wollte ihre Großmutter und ihren Bruder nicht im Stich lassen. 18 Jahre später ist Chido Govera ei-
ne erfolgreiche Bäuerin und leitet ihre eigene Stiftung »The Future of Hope« – Zukunft der Hoffnung. Sie hat fast tausend Menschen in Gemeinden Simbabwes, Ghanas, Kameruns, Tansanias, Südafrikas und der Demokra-
»Wenn wir Dinge ändern wollen, müssen wir zur Basis gehen und ihnen beibringen für sich selbst einzustehen.« Chido Govera
tischen Republik Kongo ausgebildet. Ihre Bemühungen reichen von Schulen in Indien zu Eingeborenen in Australien und Unternehmern in den Vereinigten Staaten und Europa. Ihr Schlüssel zum Erfolg? Pilze.
Ein Jahr, nachdem sie den Heiratsantrag des Fremden abgelehnt hatte, wurde Chido als eines von 15 Waisenmädchen in Simbabwe dazu eingeladen, an einer von dem belgischen Umweltunternehmer Gunter Pauli unterstützten Ausbildung zum Pilzanbau teilzunehmen. Sie war bereits an das Sammeln von Pilzen im Busch gewohnt, doch dies war eine neue Herausforderung. »Meine Großmutter war so begabt, dass sie selbst als sie schon nichts mehr sah, riechen konnte, welche Pilze essbar, nicht essbar oder giftig waren. Aber sie zu anzubauen, das war sehr seltsam.« Bald produzierte die Gruppe genügend Pilze, um sie zu verkaufen. Mit dem Geld konnten sie Nahrungsmittel kaufen und für die Schulgebühren von Waisen wie Chidos Bruder bezahlen. Der Erfolg der Mädchen machte sie zu begehrten Heiratsanwärterinnen. Von den 15 Mäd-
chen, die an dem Programm teilnahmen, fanden 13 auch bald Ehemänner. Chido jedoch entschied sich abermals gegen den traditionellen Weg. Stattdessen verbrachte sie ihre Teenagerjahre in einem Universitätslabor und vergrub sich in Studien des Pilzanbaus, die sie in Kolumbien, Serbien und China weiterführen sollte. Wenn Chido nun in verschiedene Entwicklungsländer reist, um Frauen und Waisen im Pilzanbau zu unterrichten, bereitet sie auch den Weg für neue Methoden. So benutzt sie zum Beispiel Kaffeeböden für die kommerzielle Pilzkultivierung. Trotz Simbabwes umstrittener politischer Führung unter Robert Mugabe glaubt die 28-Jährige, dass Wandel auch in ihrem Heimatland möglich ist: »Wenn wir Dinge ändern wollen, müssen wir zur Basis gehen und ihnen beibringen, für sich selbst einzustehen.«
Berlin
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
11
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MEINE SICHT
Alles Grün!? Sarah Liebigt wiederholt sich immer wieder gern Wer Berlin und Berlins, an dieser Stelle bewusst in Gänsefüßchen gesetzte, »Vielfalt« gut kennt, der weiß, wo man relativ leicht bewusstseinserweiternde Substanzen erwerben kann. Oder welchen Park frau in nächtlichen oder winterdunklen Stunden, auf dem schönen Spaziergang vom about:blank nach Hause nach Kreuzberg lieber meidet. Seit Wochen nun ist der Görlitzer Park wieder grün. Oder dunkelblau. Jeden Tag ist die Berliner Polizei mit Hundertschaften im Einsatz, seit in dessen Umgebung Anfang November ein Streit lebensgefährlich eskalierte. Der »Görli«, beliebt im Sommer bei Kreuzbergern wie Friedrichshainern, hat seinen Ruf schon lange weg. Nun also präsentierte Polizeipräsident Klaus Kandt eine Bilanz des »Kampfes« gegen die Dealer: Erhöhte Preise und weniger Verkaufspersonal. Applaus. Kollege Martin Kröger forderte an dieser Stelle vor rund drei Wochen ein Umdenken ein. Die Legalisierung von Marihuana müsse endlich diskutiert werden. Auch dürfe man »die Dealer« nicht einfach als Kriminelle, die es zu verjagen gilt, abtun. Davon war am Montag nicht viel zu hören. Zu schön schließlich der Soforterfolg der Sofortmaßnahme. Wer will denn auch gleich wieder Bedenken äußern, der Drogenhandel würde nur verlagert, nicht »ausgemerzt«, um mal in der Schädlingsbekämpferlyrik zu bleiben. Die Forderung nach einer Legalisierung von Cannabis wird eine regierende CDU solange ablehnen, wie sie die Grünen-Idee eines Coffeeshops verspottet. Dagegen anzukommen braucht es Ausdauer. Und stete Wiederholung der richtigen Argumente.
Schulfrei für Humanisten Kinder aus humanistischen Elternhäusern haben im kommendem Jahr zum ersten Mal am 21. Juni schulfrei. Die Senatsverwaltung für Bildung hat den Welthumanistentag entsprechend der Regelungen für religiöse Feiertage in die neue Ausführungsvorschrift (AV) Schulbesuchspflicht aufgenommen und »gibt ab kommenden Schuljahr humanistischen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich zur Pflege ihrer Feierkultur auf Antrag beurlauben zu lassen«. Der Welthumanistentag soll »humanistischen Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, über den Zusammenhalt und das Miteinander in unserer Gesellschaft nachzudenken und ihre Feierkultur zu pflegen«, so Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Laut Bildungssenat steigen die Teilnehmerzahlen für das Fach Lebenskunde kontinuierlich. Während im Jahr 2007/2008 noch 44 758 Kinder am Lebenskundeunterricht teilnahmen, sind es im Jahr 2013/2014 bereits 55 559 und im Schuljahr 2014/15 insgesamt 55 689 Schülerinnen und Schüler. Die Regelung war vom Humanistischen Verband Deutschlands beantragt worden. Die Beurlaubung setzt allerdings die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden weltanschaulichen Gruppe voraus, teilte die Schulverwaltung mit. Der Welthumanistentag wurde 1986 in Oslo von der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union (IHEU) als Feiertag ausgerufen. Er wird nach Verbandsangaben weltweit von etwa fünf Millionen Humanisten als Feiertag begangen. nd/epd
Görli-Taskforce zeigt Erfolge Polizei-Maßnahmen sollen unbefristet andauern / Bezirk kämpft um Sozialmittel für Kiez Die Lage im Görlitzer Park hat sich geändert: Aufgrund der hohen Polizeipräsenz und der Bezirksmaßnahmen ist der Drogenhandel stark zurückgegangen. Gelöst ist das Problem indes noch lange nicht. Von Martin Kröger Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist mit seinen Arbeiten fast fertig. »Was der Bezirk vor Ort im Görlitzer Park machen kann, das haben wir gemacht«, sagt der Sprecher des Bezirksamtes, Sascha Langenbach, dem »nd«. So wurden in den vergangenen Tagen Brombeersträucher gestutzt, Sichtschneisen geschlagen und ein Hohlweg vom Spreewaldplatz in den Park zugeschüttet. Ganz nebenbei entsorgte das Grünflächenamt »enorme Mengen an Müll«. Wie der große Rattenbefall in der Grünanlage zeigt, wären die Arbeiten auch ohne die öffentliche Debatte zum Drogenhandel dringend nötig gewesen. Die baulichen Maßnahmen und vor allem der weiter starke Polizeieinsatz rund um den Görlitzer Park zeigen unterdessen Wirkung. Zwischen dem Nachmittag und spätabends, am Wochenende auch bis spätnachts, ist eine ganze Hundertschaft der Bereitschaftspolizei in der Gegend im Einsatz. »Unser Ziel ist es, gemeinsam mit dem Bezirk den Park für die Anwohner zurückzuerobern«, erklärte Staatssekretär Bernd Krömer (CDU) am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Nachdem es vor drei Wochen im Umfeld des Parks zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Dealern und Gewerbetreibenden gekommen war, habe es »beachtliche Erfolge« gegeben, so Krömer. Inzwischen könnten Anwohner und Besucher den Park wieder unbeeinträchtigt von Drogenhändlern besuchen. Die von Innensenator Frank Henkel (CDU) ins Leben gerufene Taskforce habe inzwischen drei Arbeitsgruppen eingesetzt: zur effektiveren Strafverfolgung der Drogenhändler, zu präventiven Maßnahmen im Park und zu einer strengeren Anwendung des Ausländerrechts. Laut Polizeipräsident Klaus Kandt haben sich infolge der Maßnahmen die Drogenpreise inzwischen teil-
Polizisten kontrollieren bein einem der zahlreichen Brennpunkteinsätze Jugendliche im Görlitzer Park.
weise »verdreifacht«. Trotz der »großen Kraftanstrengung« soll der Polizeieinsatz »unbefristet« weitergehen. Auf Direktionsebene soll überdies eine neue »Ermittlungseinheit« mit Unterstützung der Kripo gebildet werden. Deren Ziel: Mit Hilfe von »operativen Maßnahmen« soll aufgeklärt werden, wer hinter dem Drogenhandel im Görlitzer Park steht. Dass es durchaus Fortschritte gibt, erkennt unterdessen auch die Be-
zirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, an. »Solange die Polizei da ist, ist es okay«, sagt sie dem »nd«. Aber sobald die Polizei weg sei, gehe es wieder los. Der Görlitzer Park sei »nur ein kleiner Hotspot im großen Hotspot« des Drogenhandels in der Partymetropole. Um vor Ort nicht nur ein Strohfeuer zu entfachen, ist der Bezirk derzeit deshalb auch darum bemüht, die Finanzierung für das Quartiersmanagement im
Polizeieinsätze im Görlitzer Park }
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Die Polizei führte im Oktober im Görlitzer Park insgesamt 38 Einsätze durch, im November waren es 64. Dabei wurden im Oktober 911 Einsatzstunden gefahren. Im darauf folgenden Monat leisteten die Polizisten 9069 Stunden. Von den Polizisten wurden im Oktober 191 Personen überprüft, im November waren es insgesamt 1217. Als Resultat der Einsätze verweist die Behörde auf 69 Platzverweise (Oktober) und 156 (November). Darüber hinaus wurden im Oktober 15 Personen die Freiheit entzogen, im November gab es 156 Freiheitsentziehungen. Die Zahl der Ermittlungsverfahren schnellte von 64 im Oktober, auf 521 im November in die Höhe. dpa/nd
Foto: nd/Ulli Winkler
Wrangelkiez, zu sichern, die andernfalls kommendes Jahr ausläuft. Auch das Projekt »Akoma-Ntoso« des Vereins Joliba soll dringend benötigtes Geld bekommen. Hierbei versuchen Engagierte mit den oftmals aus Afrika stammenden Kleindealern in Kontakt zu kommen, um sie aus der organisierten Kriminalität herauszulotsen. Die Linkspartei im Abgeordnetenhaus bewertete die Maßnahmen am Montag im Innenausschuss als unzureichend. »Mehr Polizeieinsätze sind reiner Politikaktivismus«, sagte der Innenexperte der Linksfraktion, Hakan Taş. Der Drogenhandel würde lediglich an andere Orte verlagert werden. Anwohner und Kiezbesucher würden zudem stigmatisiert. Nötig sei eine Legalisierung von Cannabis und Haschisch, die auf Bundesebene beschlossen werden müsste. Dass am Görlitzer Park etwas gegen den »aggressiven« Drogenhandel mit seinen negativen Begleiterscheinungen passieren musste, ist unter den Abgeordneten Konsens. Doch das wie bleibt weiter umstritten.
Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs
Kirchenkreis sucht Paten für Flüchtlinge Der Evangelische Kirchenkreis Stadtmitte sucht Paten für 85 Flüchtlinge. Diese sind seit Monaten in Einrichtungen des Kirchenkreises vorübergehend untergebracht. Ausgehend davon, dass Versorgung und Unterbringung eines Flüchtlings pro Tag etwa neun Euro kosteten, würden Patenschaften für eine Woche (63 Euro), einen Monat (270 Euro) oder über den Winter (1000 Euro) gesucht, sagte der stellvertretende Superintendent, Pfarrer Peter Storck, am Montag in Berlin. Jeder andere Betrag sei aber auch willkommen. »Wir brauchen ein breites Netzwerk an Unterstützern«, so Storck. Derzeit organisiert der Kirchenkreis nach eigenen Angaben die Unterbringung und Versorgung von 85 Flüchtlingen, die sonst obdachlos wären. Die meisten von ihnen haben zuvor auf dem Kreuzberger Oranienplatz oder in der GerhartHauptmann-Schule gelebt. Derzeit müssten die Flüchtlinge alle sechs Wochen umziehen. Die Unterkünfte hätten oft nur den Standard von Einrichtungen der Kältehilfe. Vereinzelt wurden Flüchtlinge aber auch in Privatwohnungen aufgenommen. An den Senat appellierte Pfarrer Jürgen Quandt von der Arbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, das Gespräch mit den obdachlosen Flüchtlingen vom Oranienplatz wieder aufzunehmen und nach einer Lösung zu suchen. epd/nd
Gutachten über Friedensrichter Der Senat will die Rolle der sogenannten Friedensrichter in der Stadt untersuchen. Es werde vermutet, dass sie Opfer schwerer Gewalttaten veranlasst haben, vor Gericht ihre Aussagen zurückzuziehen, berichtet die »Berliner Morgenpost«. Justizminister Thomas Heilmann (CDU) sagte dazu: »Diese Fälle sind aus rechtsstaatlicher Sicht nicht hinzunehmen.« Ein Jurist der Universität Erlangen soll nun ein 140 000 Euro kostendes Gutachten erstellen. Dessen Ergebnisse sollen Ende 2015 vorliegen und Grundlagen für weitere Maßnahmen liefern. »Friedensrichter« gibt es vor allem in arabischen Ländern und in einigen Regionen der Türkei. In Berlin handle es sich um ein Problem »integrationsferner Migrantenmilieus«, heißt es dem Bericht zufolge in einer Vorlage der Justizverwaltung für das Abgeordnetenhaus. dpa/nd
Getshemane wird saniert
Fünf Menschen haben in der Nacht zu Montag versucht, über den Zaun in die besetzte frühere Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg zu gelangen. Gegen sie wurde Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet, wie die Poli-
zei mitteilte. Es ist noch nicht bekannt, ob es sich um Flüchtlinge oder Sympathisanten handelt. Das Gebäude darf nur von den Personen betreten werden, die beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg registriert sind. Die dort
noch wohnenden etwa 40 Flüchtlinge sollten die einstige Schule eigentlich Ende Oktober verlassen. Dagegen sind jedoch Rechtsmittel eingelegt worden. dpa/nd Foto: dpa/Florian Schuh
Die wegen ihrer Bedeutung für DDR-Oppositionelle überregional bekannte Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg kann ab nächstem Jahr saniert werden. Vertreter der Senatsbauverwaltung, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Beckschen Stiftung und von Lotto Berlin überreichten am Montag entsprechende Förderbescheide über insgesamt fast eine Million Euro. Davon entfallen 900 000 Euro auf einen ersten Bauabschnitt sowie 50 000 Euro auf die Außenfassade. Das Geld stammt zu großen Teilen aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz. Mit den Mitteln sollen ab dem kommenden Jahr die Kirchenfassade und das Dach der evangelischen Kirche erneuert werden, teilte die Senatsbauverwaltung mit. dpa/nd
12 Wohnen wie daheim
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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TIPPS
Von WG über Residenz bis Wohnheim
Politik »Fritz Behrens und seine rätekommunistische Kritik sozialistischer Reform« – Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Thomas Kuczynski am 10.12., 19 Uhr, im »Max-LingnerHaus«, Straße 201, Nr. 2 (Niederschönhausen).
Die Broschüre »Wohnen im Alter« stellt verschiedene Projekte für Senioren vor Was beispielsweise Netzwerke wie die Agentur »GenerationenWohnen« (www.netzwerk-generationen.de) leisten, kann man im Internet nachlesen oder in manchen Kiezcafés erfragen. Oder nachschlagen: Mehr als 400 verschiedene Wohnformen für Senioren in Berlin präsentiert der apercu-Verlag. Sortiert nach Bezirken lässt sich auf 120 Seiten nachlesen, wo es welche Pflegeheime, »Residenzen«, Wohngemeinschaften oder Betreutes Wohnen gibt: Die »Wohnen im Alter 2014/2015«soll helfen, die verschiedenen Angebote in Berlin zu überblicken. »Die meisten Menschen, 70 Prozent, wollen solange es irgendwie geht in ihrer Wohnung bleiben«, so der Verlag. »Wohnen im Alter 2014/15« stelle Meister im Konfliktlösen vor: Mehrgenerationen-Projekte beispielsweise aus Alt-Treptow und Alt-Stralau. Sie gibt einen Überblick über zehn geförderte Berliner Mehrgenerationenhäuser. Unter dem Titel »Weiter denken. Weiter wohnen.« werden zudem viele nützliche Hinweise für Wohnraumanpassung und ein barrierefreies Wohnen zusammengefasst. Mario Czaja (CDU), Senator für Gesundheit und Soziales, würdigt im Vorwort der Broschüre, wie Jung und Alt Vorzüge und Grenzen von Mehrgenerationen-Projekten ausloten. Die Erfahrungen nach über fünf Jahren des Miteinanders seien überwiegend positiv. Weitere Interessenten für solche Wohnformen würden durch die vom Senat initiierte Beratungsstelle für generationsübergreifendes Wohnen in Berlin, die Netzwerkagentur Generationen Wohnen, unterstützt. Erarbeitet werde zur Zeit ein Eckpunktepapier zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung von Menschen um die 80, um auf den bevorstehenden Altersstrukturwandel vorbereitet zu sein. Die Broschüre lässt einen Ernährungswissenschaftler zu Wort kommen und zeigt an zwei Beispielen aus der Kampagne »Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum«, welche Motive dahinter stehen. Ein Sportpsychologe gibt Tipps für Aktivwerden auch im Alter. Auf zwei Seiten werden Senioren-Aktivplätze in den Berliner Bezirken vorgestellt. nd Die Broschüre »Wohnen im Alter Land Berlin 2014/15«, ISBN-Nummer 978-3-938810-28-6, ist für 1,50 EUR erhältlich bei der apercu Verlagsgesellschaft mbH, Gubener Str. 47, 10243 Berlin, Tel. 29 37 15 09 (AB). Gegen Zusendung von zwei Briefmarken á 1,45 EUR wird die Broschüre vom Verlag versandt.
Im Internet kann man in dem Heft blättern: www.verlag-apercu.de/ebroschueren Außerdem gibt kann man über die App »Berlin-Broschueren«. die Publikation »Wohnen im Alter« im Google-Play-Store und im AppStore kostenfrei auf Handys oder andere mobile Geräte herunterladen.
URANIA Die URANIA, An der Urania 17, bietet heute folgende Veranstaltungen an: 15.30 Uhr: Wie halte ich mein Gedächtnis jung? – Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Ludger Schiffler. 17.30 Uhr: Diagnose »Psychopath« – Einblick in die Krankenakte des Hans Fallada – Vortrag und Buchpräsentation mit Prof. Dr. med. Klaus-Jürgen Neumärker. 19.30 Uhr: Die zweite Art von Glück – Interaktiver Vortrag von Ulrike Scheuermann.
Kinder »Warten auf den Weihnachtsmann« – Mitmachprogramm mit Ulf dem Spielmann am 10.12., 10 Uhr, im »Stadttheater Cöpenick«, Friedrichshagener Straße 9.
Modell des geplanten Neubauprojekts »Future Livings« in Adlershof
Wohnen wie in der Zukunft Auf dem Gelände des Campus in Adlershof entstehen topmoderne Neubauten Nach Jahren des Stillstands zieht der Neubau in Berlin endlich wieder an: Wie die altersgerechten Wohnungen der Zukunft aussehen könnten, zeigt ein Projekt in Adlershof. Von Karl Hoffmann Bis zu 55 000 neue Wohnungen könnten in Berlin bis zum Jahr 2017 entstehen. Diese Zahl geht aus einer neuen Studie der Investitionsbank Berlin (IBB) hervor, über die die »Berliner Morgenpost« und der »Tagesspiegel« berichten. Die Volkswirte der IBB haben demnach zur Ermittlung der Zahlen die bereits erteilten und der in den kommenden Monaten zu erwartenden Baugenehmigungen ausgewertet. Neben einigen Ausbauund Erweiterungsbauten bestehender Gebäude soll das Gros der neuen Wohnungen tatsächlich neu gebaut werden. Berlin könnte einen Baum-
boom erfahren wie seit den Neunziger Jahren nicht mehr. Einige dieser neuen Wohnungen sollen auf einem über 7000 Quadratmeter großen Grundstück am Groß-Berliner Damm/HermannDorner-Allee in Adlershof entstehen. Dort schloss am vergangenen 2. Dezember die GSW Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau Baden-Württemberg mit Sitz in Sigmaringen einen Kaufvertrag mit der Adlershof Projekt GmbH ab, die das Areal als städtebaulicher Entwicklungsträger und Treuhänder des Landes Berlin verwaltete. Die Süddeutschen wollen nun gemeinsam mit ihrem Projektentwickler, der Krebs Unternehmensgruppe, innerhalb der nächsten zwei Jahre 54 Wohnungen und 20 Studios im Rahmen eines sogenannten »Boardinghouses« errichten. Das moderne Ensemble wird Teil des neuen Adlershofer Quartiers »Wohnen am Cam-
pus« sein, das auf 14 Hektar zwischen dem Campus der HumboldtUniversität zu Berlin und dem Landschaftspark entsteht. Ingesamt 1000 neuen Wohnungen sollen hier gebaut werden. Die sogenannten »Future Living Homes« der GSW Bawü, übersetzt »Wohneinheiten der Zukunft«, sollen eine topmoderne technische Ausstattung erhalten, die ein »selbstbestimmtes Leben« in jedem Alter ermöglichen sollen, wie es in einer aktuellen Pressemitteilung zu dem Projekt heißt. Im Fachjargon lauten die Systeme, die Menschen das längere Verbleiben in den eigenen vier Wänden ermöglichen sollen: »Ambient Assisted Living« (AAL), also »Leben im helfenden Ambiente«. Komplimentiert wird das Projekt einer Wohnanlage der Zukunft darüber hinaus durch einen Veranstaltungsort, an dem Zukunftsdialoge zum Wohnen stattfinden sollen. In dem spezi-
ell eingerichteten Ort sollen außerdem neue Technologien präsentiert werden, Weiterbildungen angeboten und Anwendungen gezeigt werden. »Wir werden mit unserem Projekt dazu beitragen, alltagsunterstützende Technologien in die Wohn- und Lebenswelt der Menschen zu tragen«, ist sich GSW-Geschäftsführer Roy Lilienthal sicher. Die Technik soll älteren Menschen künftig helfen, länger eigenständig in ihren Wohnungen bleiben zu können. Wer in die neuen Wohnungen in Adlershof einzieht, wird dabei allerdings selber Teil des Fortschritts: Aus den Wohnverhalten werden Nutzungsdaten gezogen, die zur Weiterentwicklung des Zukunftswohnen dienen sollen. »Unser Projekt verbindet Wohnen mit Zukunftstechnologie, Praxis und Forschung«, ergänzt Projektentwickler Klaus D. Krebs. Ganz passend zum Technologiestandort Adlershof.
Sesshaftbleiben lautet das Motto der Stunde Die hohen Mietsteigerungen führen dazu, dass in Großstädten wie Berlin immer weniger Menschen umziehen Wer noch einen günstigen Mietvertrag hat, bestellt in Berlin ungern den Möbelwagen. Immer weniger Mieter ziehen dort um. Warum das für Möbelpacker schlecht ist, aber Maklern wenig ausmacht. Von Burkhard Fraune Achim Dulitz kann die Leute ja verstehen. »Die überlegen sich fünfmal, ob sie einen alten Super-Mietvertrag aufgeben und umziehen.« Aber ge-
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Landesverband Berlin im Deutschen Mieterbund Geschäftsstelle: Spichernstraße 1 · 10777 Berlin bmv@berliner-mieterverein.de
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nau davon lebt Dulitz: dass Menschen umziehen. In 14 Städten hat die Berliner Firma Zapf Umzüge Standorte. Das Kerngeschäft Privatumzüge lasse nach, sagt Vorstand Dulitz. »Das ist kein Berliner Problem, das ist bundesweit so.« Weil die Mieten vielerorts stark gestiegen sind, ziehen in den Großstädten immer weniger Menschen um. Bundesweit ist die Umzugsquote nach Angaben des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen gesunken. Besonders Großstädte und Ballungsräume sind betroffen. Innerhalb Berlins zogen 2013 ein Fünftel weniger Menschen um als zehn Jahre zuvor, wie aus dem Immobilienmarktbericht der Investitionsbank Berlin-Brandenburg hervorgeht. In den oft recht günstigen Landes- und Genossenschaftswohnungen wagte in manchen Innenstadtvierteln nur noch jeder zwanzigste den Umzug. Gerade für Geringverdiener scheint es unbezahlbar zu werden. Sesshaftigkeit aus Mangel an Alternativen – der Deutsche Mieterbund hält davon nichts. »Es ist nicht wünschenswert, wenn die Leute in Wohnungen bleiben, die nicht mehr für sie geeignet sind, nur weil sie sich eine neue nicht leisten können«, sagt Sprecher Ulrich Ropertz. Wenig Neubau, viel Zuzug – das hat die Mieten über Jahre getrieben.
Die sieben größten Städten haben laut Bundesbauministerium insgesamt 330 000 Einwohner mehr als 2007. Allein Berlin wuchs im vergangenen Jahr um 48 000 Menschen, weil immer mehr in die Hauptstadt ziehen und weil es dort wieder mehr Geburten als Todesfälle gibt. Zwar wird an vielen Ecken gebaut, doch die neuen Wohnungen
»Wir haben ja auch Zuzug, Berlin ist so angesagt wie keine andere Stadt auf der Welt.« Achim Dulitz, Vorstand Zapf-Umzüge
sind für viele Mieter zu teuer. Die Baukosten in den meisten Städten lassen sich für Investoren nur mit Kaltmieten über zehn Euro je Quadratmeter refinanzieren. Wer noch einen günstigen alten Mietvertrag hat, bleibt und hofft, dass der Vermieter nicht erhöht. Von einer uneingeschränkt positiven Wirkung des Baubooms könne keine Rede sein, klagte der Bundesverband Möbelspedition und Logistik schon im vergangenen Herbst. Mittlerweile gehe in Ballungsräumen
nach fast jedem Auszug die Miete hoch, klagen die Umzugsunternehmer-Vertreter. In einigen Regionen führe das zu einer gewissen Immobilität. »Wir spüren das seit eineinhalb, zwei Jahren«, sagt Zapf-Chef Dulitz. Sein Unternehmen hat deshalb andere Standbeine gestärkt, etwa Firmenumzüge und das Einlagern für Privatleute und Unternehmen. »Insgesamt stehen wir gut da«, betont Dulitz. Miet-Transporter sind trotzdem gefragt. »Wir haben einen stetigen Zuwachs«, sagt etwa Ulrich Wientjes, dessen Wagen der blauen Robbe in Berlin zum Stadtbild gehören. »Wir haben ja auch Zuzug, Berlin ist so angesagt wie keine andere Stadt auf der Welt.« Auch die Makler in den Großstädten stört es nicht besonders, dass weniger Mieter umziehen, wie es beim Immobilienverband Deutschland heißt. »Makler leben vor allem vom Verkauf«, sagt Sprecher Jürgen-Michael Schick. Und da ist für die Branche in Zeiten niedriger Zinsen viel zu holen. In Städten mit über einer halbe Million Einwohner leben laut Landesbausparkassen inzwischen 22 Prozent der Bürger in den eigenen vier Wänden. Vor zehn Jahren waren es 18 Prozent. Auch die selbst gewählte Sesshaftigkeit nimmt zu. dpa
»Vom Fischer und seiner Frau« frei nach dem Märchen der Gebrüder Grimm – Vorstellung am 10. und 11.12., jeweils 10 Uhr, in der »Schaubude«, Greifswalder Straße 81-84. »Peter und der Wolf – Sinfonie der Puppen« – Puppenspiel und Musik nach Sergej Prokofjew am 10. und 11.12., jeweils 10 Uhr, am 13.12., 11 Uhr und am 14.12., 16 Uhr, im »Theater Mirakulum«, Brunnenstraße 35. »Das klingende Haus« – Märchen von Dorothea Renckhoff mit Liedtexten von Steffen Thiemann am 10. und 11.12., jeweils 10 Uhr, im »Schlossplatztheater«, Alt-Köpenick 31-33.
Freizeit »Aus der Mitte Amerikas – Neue mittelamerikanische Lyrik« – Vortrag und Lesung mit Timo Berger und Alan Mills heute, 19 Uhr, im »IberoAmerikanischen Institut«, Potsdamer Straße 37 (Tiergarten). »Charles Dickens ›Weihnachtsgeschichte‹« – »Hörspiel zum Zugucken« mit Christine Marx, Klaus Nothnagel und Theo Vadersen heute, 19.30 Uhr, im »Kulturhaus Karlshorst«, Treskowallee 112. »Bilder einer Ausstellung« – Konzert der Akkordeon-Ensembles Bellakkor und D'Akkord heute, 20 Uhr, in der »WABE«, Danziger Straße 101. »Der Tod des Iwan Iljitsch« von Lew Tolstoi – Lesung mit Juliane Gregori heute, 20 Uhr, in der »Brotfabrik«, Caligariplatz 1 (Weißensee). »Mensch Merkel« – Best-of Programm zum Jahreswechsel heute und am 10.12., jeweils 20 Uhr, im »Kabarett-Theater DISTEL«, Friedrichstraße 101. Matthias Tschopp Quartett plays Miró – Konzert am 10.12., 20.30 Uhr, im »Jazzkeller69« im Aufsturz, Oranienburger Straße 67 (Mitte).
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Brandenburg 13
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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Urteil zu Privatschulen am Freitag
Lärmschutz abgeknickt
Gestritten wird um die Berechnung der staatlichen Zuschüsse an die freien Schulen. Das Landesverfassungsgericht wird seine Entscheidung nun verkünden.
Das Oberverwaltungsgericht verhandelte am Montag Klagen eines Anwohners und der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow gegen die Obere Luftfahrtsbehörde und gegen die Flughafengesellschaft.
Potsdam. Das Landesverfassungsgericht verkündet am Freitag sein Urteil zur Finanzierung der freien Schulen. Das teilte das Gericht am Montag mit. Hintergrund des Verfahrens ist die im Mai 2012 eingereichte Normenkontrollklage von 31 oppositionellen Landtagsabgeordneten von CDU, Grünen und FDP gegen das 2011 vom Landtag beschlossene neue Verfahren zur Berechnung der staatlichen Zuschüsse an die Privatschulen. Eine weitere Verfassungsklage von zehn Schulträgern von insgesamt fast 50 freien Schulen gegen die neuen Finanzierungsregeln ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Die Opposition und die Schulträger sehen die freien Schulen durch die geänderte Finanzierung in ihrer Existenz bedroht. Nach Auffassung des Bildungsministeriums wird mit dem neuen Berechnungsmodell für mehr Gerechtigkeit zwischen öffentlichen und privaten Schulen gesorgt. Bis zum Schuljahr 2011/2012 bekamen die Privatschulen in Brandenburg 94 Prozent der Personalkosten vergleichbarer staatlicher Schulen als öffentliche Förderung. Seit 2012 wird dabei eine neue mathematische Formel zur Berechnung benutzt, bei der nun auch die Zahl der Unterrichtsstunden pro Lehrkraft und der Schüler pro Klasse an öffentlichen Schulen berücksichtigt wird. Bei der mündlichen Verhandlung Mitte Oktober betonte der Rechtsvertreter der Regierung, Jörg Ennuschat, das Privatschulwesen in Brandenburg sei durch die Neuregelungen nicht in seinem Bestand gefährdet. Garantien für einzelne Schulen könne es jedoch nicht geben. Nach Auffassung der Kläger muss hingegen das Existenzminimum der einzelnen Schulen gesichert werden. Gerichtspräsident Jes Möller meinte im Oktober, die Formel sei entgegen der Kritik der Oppositionsabgeordneten durchaus verständlich. epd/nd
Von Andreas Fritsche
Provisorischer Terminal für Staatsgäste Schönefeld. Für Staatsgäste der Bundesregierung soll nach Informationen des »Tagesspiegels« am Flughafen Schönefeld ein Interimsbau entstehen und genutzt werden, bis der neue Regierungsterminal fertig ist. Wie die Zeitung in ihrer Montagausgabe berichtet, soll der Bund nach Aufgabe des Flugbetriebs in BerlinTegel seine Gäste zunächst in einem kleinen Terminal westlich vom künftigen Regierungsbereich in Schönefeld empfangen. Der noch nicht begonnene Neubau soll einschließlich der Hangars für die Maschinen der Flugbereitschaft und zusätzlichen Flächen mehr als 300 Millionen Euro kosten. Später sollen Geschäftsflieger den Bau nutzen. Damit könne das alte Abfertigungsgebäude – wie von Flughafenchef Hartmut Mehdorn favorisiert – vorübergehend weiter für den Flugverkehr genutzt werden. Ursprünglich wollte der Bund in die Altbauten einziehen, bis sein Neubau fertig ist, der vor dem heutigen Terminal D entsteht. Der alte Gebäudetrakt hätte für mehrere Millionen Euro fit gemacht werden sollen. Die jetzige Lösung sei billiger, hieß es. Ein Einzug in die Villa, die von der DDR als Regierungsterminal genutzt wurde, sei vom Tisch. Für den mehrfach verschobenen Start des Hauptstadtflughafens gibt es keinen Termin. dpa/nd
NACHRICHTEN
Wer durch die neuen Flugrouten plötzlich verschont wird, erhält keine Besserstellung
Gerrit S. ist Miteigentümer eines Grundstücks in Blankenfelde. Für den Anwohner des künftigen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld sah es jahrelang so aus, als würden jene Maschinen, die von der südlichen Startbahn in Richtung Westen abheben, geradewegs über seinen Kopf hinwegfliegen. Die neuen Flugrouten knicken jedoch ab, wodurch Gerrit S. nicht mehr ganz so viel Fluglärm abbekommt. Trotzdem möchte Gerrit S. beim Fluglärm von der Flughafengesellschaft FBB so behandelt werden, als hätte sich nichts geändert. Am Montag wurde der Fall vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) BerlinBrandenburg verhandelt. Bekäme Gerrit S. Recht, hätte dies erhebliche Auswirkungen. Der für den Schallschutz zuständige FBB-Abteilungsleiter Ralf Wagner wollte sich zwar nicht zitieren lassen. Fest steht aber, dass tausende Anwohner in einer ähnlichen Lage sind wie Gerrit S., und dass die Flughafengesellschaft mit Mehrausgaben in Millionenhöhe rechnen müsste, falls das Gericht im Sinne von Gerrit S. urteilt. Außerdem müsste erneut ein erheblicher bürokratischer Aufwand getrieben werden, um zu ermitteln, welche Schallschutzmaßnahmen für die einzelnen Gebäude notwendig sind. Das Oberverwaltungsgericht hatte vorsorglich zwei Verhandlungstermine am Montag und Dienstag reserviert. Das schloss nicht aus, dass
bereits am Montag eine Entscheidung fällt. Bei Redaktionsschluss war dergleichen allerdings nicht bekannt. Es deutete sich allerdings im Verlauf der mündlichen Verhandlung bereits am Montagvormittag an, dass der Grundstückseigentümer in dem Verfahren wahrscheinlich unterliegen wird. Den Flughafenanwohnern ist zugesichert, dass der Krach in den Räumen ihrer Häuser tagsüber niemals den Grenzwert von 55 Dezibel übersteigen darf. Notfalls sind Schallschutzfenster einzubauen, und auch Lüftungsanlagen, damit die Fenster für die Frischluftzufuhr nicht angeklappt werden müssen. Bezahlen muss das die Flughafengesellschaft. In speziell festgelegten Schutzgebieten wird der Fluglärm der Einfachheit halber nicht extra gemessen, sondern abstrakt berechnet. Dabei spielt eine Rolle, welche Flugzeuge starten und landen und wo sie entlangfliegen. Überqueren die Maschinen ein Grundstück, wird es natürlich lauter, als wenn sie die Gegend in einiger Entfernung passieren. Gerrit S. möchte einen Lärmschutz finanziert haben, als wenn er unmittelbar unter einer Flugroute zu leiden hätte, obwohl dies nach den aktuellen Absichten nicht mehr der Fall ist. Er hätte es im Erfolgsfall demnach in seinem Domizil leiser als die Nachbarn, die direkt unter einer Flugroute wohnen. »Es wäre eine Übersicherung«, stellte Gerichtspräsident Jochen Buchheister am Montag klar. Der Rechtsanwalt von Gerrit S. bestätigte dies, verlangte jedoch Bestands- und Vertrauensschutz für seinen Mandanten, der nicht damit rechnen konnte, dass die Flugrouten plötzlich anders gelegt werden als jahrelang
angenommen. »Das Beste gilt dann halt«, meinte der Anwalt. Mit dieser Sichtweise sind die Flughafengesellschaft und die Luftfahrtbehörde aber ganz und gar nicht einverstanden. Ihre Rechtsanwälte argumentierten, der Schallschutz müsse nach dem tatsächlichen Fluglärm dimensioniert werden und nicht nach irgendeinem »fiktiven Lärm«. Deswegen könne den Bewohnern der Schutzgebiete, die nun doch nicht unter Flugrouten liegen, die geforderte Sonderbehandlung nicht gewährt werden. Einen Vorteil haben diese Leute aber doch. Sie müssen – anders als Flughafenanwohner außerhalb der
»Es wäre eine Übersicherung.« Richter Jochen Buchheister
Schutzgebiete – ihren Anspruch auf Schallschutz nicht erst nachweisen. »Sie müssen nur den Finger heben«, wie sich Gerichtspräsident Buchheister durch eine Nachfrage von der Luftfahrtbehörde und der Flughafengesellschaft bestätigen ließ. Alle anderen müssen den Fluglärm messen lassen – mit dem Risiko, dass der Grenzwert nicht überschritten wird und sie die Kosten für die Messung dann selbst zu bezahlen haben. In die Entscheidung spielte mit hinein, ob das Oberverwaltungsgericht für diese Streitsache überhaupt zuständig ist? Müsste Gerrit S. nicht zivilrechtlich gegen die Flughafengesellschaft vorgehen, sich demnach an ein Amtsgericht wenden? Oder müsste er, falls ein Amtsgericht die falsche Adresse ist, nicht zunächst vor ein Verwaltungsgericht ziehen? Er
verklagte stattdessen die Luftfahrtbehörde. Diese soll die Flughafengesellschaft anweisen, seinen Wünschen zu entsprechen. Und er wandte sich gleich an das OVG, dass in allen grundsätzlichen Fragen des Flughafens die erste Instanz ist, um die Verfahren abzukürzen und die Eröffnung juristisch nicht zu lange hinauszuzögern. »Es gibt kein Rechtsschutzinteresse, diesen Umweg zu wählen«, fand Klaus-Peter Dolde, Anwalt der Luftfahrtbehörde. FBB-Anwalt Volker Gronefeld ergänzte: »Die Klage ist unzulässig.« Für den Gerichtspräsidenten Buchheister stellte sich die Frage, wo die Grenze für die Befassung seines Oberverwaltungsgerichts als erste Instanz zu ziehen sei. Dabei verwies er auf die Lärmschutzklage der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow, die am Montag gleich mit verhandelt wurde. Bei dieser Klage ging es der Gemeinde im Interesse ihrer eigenen Wohnhausgrundstücke unter anderem darum, feststellen zu lassen, dass die Lüftungsanlagen nach der Norm DIN 1946-6 eingebaut werden müssen, selbst wenn nur ein einziger Lüfter pro Wohnung vorgesehen ist. Wäre das OVG dann am Ende gezwungen, sogar einen vergleichsweise läppischen Streit um das Lüftungskabel über oder unter Putz als erste Instanz zu behandeln, wollte Richter Buchheister wissen. Dabei wäre dies doch sicherlich kein Hindernis für die Eröffnung des Großflughafens. Der Verweis auf eine grundsätzliche Bedeutung überzeugte den Richter nicht. Grundsätzliches Bedeutung habe vieles, auch das Kabel unter Putz. Es betreffe immer Tausende, wäre damit ein »Massenphänomen«.
Landesinvestitionsbank baut neuen Dienstsitz Potsdam. Die Bauarbeiten für den neuen Dienstsitz der Landesinvestitionsbank ILB beginnen in dieser Woche in Potsdam. Am Donnerstag ist am Hauptbahnhof der erste Spatenstich für das Millionenvorhaben geplant, wie die ILB mitteilte. Auf 20 000 Quadratmetern sollen ab Ende 2016 neben den Mitarbeitern der ILB auch die der Zukunftsagentur Brandenburg und die der Landesagentur für Struktur und Arbeit Platz finden. Der Leasingvertrag für den derzeitigen Amtssitz in der Potsdamer Steinstraße läuft 2016 aus. Wie hoch die Kosten für den Neubau genau sind, soll am Donnerstag bekanntgegeben werden. dpa/nd
Senioren für ihr Engagement geehrt Potsdam. Zehn Senioren sind am Montag von Sozialministerin Diana Golze (LINKE) für ihr besonderes ehrenamtliches Engagement mit dem »Veltener Teller« ausgezeichnet worden. »Es ist ein großes Glück, dass sich so viele Ältere für ihre Mitmenschen einsetzen«, erklärte Golze. Mehr als 563 000 Brandenburger sind aktuell älter als 65 Jahre. Das sind rund 22 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl auf über 844 000 steigen. Daher sei das Engagement von Senioren in vielen verschiedenen Lebensbereichen ein wertvolles Potenzial, betonte Golze. Der »Veltener Teller« geht auf eine Initiative der früheren Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) zurück. Er wurde 1995 in der Werkstatt der Künstlerin Hedwig Bollhagen entworfen und wird jedes Jahr im Dezember verliehen. Bislang haben 207 Senioren den Teller erhalten. dpa/nd
Kunstwerke kehren in Wallfahrtskirche zurück Pritzwalk. Knapp 500 Jahre nach der Weihe der Wallfahrtskirche in Alt Krüssow (Prignitz) ist erstmals die Kapelle im Inneren saniert worden. Die Arbeiten seien fast abgeschlossen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Fördervereins Wallfahrtskirche, Uwe Dummer. »Die Originalausstattung kehrt bald zurück«, sagte Dummer. Der dreiflüglige Altar und mehrere mittelalterliche Schnitzfiguren seien derzeit noch im Klosterstift Heiligengrabe und im Museum Perleberg zu sehen. Wann sie ihren angestammten Platz in Alt Krüssow wieder einnehmen, ist aber noch unklar. Die Bedingungen in der Kirche müssen aus Sicht der Denkmalpfleger optimal sein. Auch Außenfassade und Kirchturm sollen wieder hergerichtet werden, was wahrscheinlich 200 000 Euro kosten wird. Bislang flossen 320 000 Euro. Die Kirche war 1520 geweiht worden. Kurzzeitig war das Dorf ein bedeutender Wallfahrtsort. Vermutlich wurden dort Reliquien zur Schau gestellt. dpa/nd
Mischwald mitmachen Zum Start des Projektes »Mitmachwald« pflanzten am Montag der Geschäftsführer des Naturschutzfonds Brandenburg, Bernhard Schmidt-Ruhe (3.v.r.), und der Geschäftsführer der Bio Company, Georg Kaiser (4.v.r.) symbolisch eine Traubeneiche im Wald bei Joachimsthal (Barnim). Bei dem Projekt renaturieren Naturschutzfonds und Bio Company Waldflächen im Naturerbegebiet Hubertusstock. Zunächst werden auf 1,2 Hektar rund 3600 heimische Traubeneichen gepflanzt. Diese Arbeit übernimmt der Bundesforstbetrieb. Ziel ist die Umgestaltung des Nadelwaldes in einen Mischwald. Mittels eines Spendepasses können Verbraucher mithelfen. dpa/nd Foto: dpa/Patrick Pleul
Landesimmobilien auf Verschleiß gefahren Rechnungshof tadelt mangelnde Instandsetzung / Finanzministerium weist die Kritik zurück Die rechtzeitige Wartung von Gebäuden kann teure Reparaturen ersparen. Der Landesrechnungshof wirft der rot-roten Regierung vor, die landeseigenen Gebäude zu vernachlässigen. Von Wilfried Neiße Rund zwölf Millionen Euro gibt das Land Brandenburg jährlich für die Instandhaltung seiner Gebäude und Liegenschaften aus. Denn an Polizeidienststellen, Gerichtsgebäuden und Finanzämtern nagt der Zahn der Zeit. Die zwölf Millionen sind viel zu wenig, errechnete der Landesrechnungshof (LRH). Wenn der Wert der Immobilien auch nur erhalten werden sollte, so müsste doppelt soviel Geld eingesetzt werden. Dem verantwortlichen Landesbetrieb für Lie-
genschaften und Bauen wirft der Rechnungshof vor, über keine Gebäudedokumentation zu verfügen, die auf die Belange der Instandhaltung ausgerichtet wäre, und überhaupt die Aufgabe der Instandhaltung der ihm anvertrauten Gebäude nicht wahrzunehmen. Weil die Instandsetzung vernachlässigt werde, führe das zu einer erhöhten Abnutzung der Gebäudesubstanz. Die Folge davon: Baumängel, ein erhöhter Energieverbrauch, eine eingeschränkte Nutzbarkeit und ein vorzeitiger Sanierungsbedarf. Eine ordnungsgemäße Instandhaltung müsste Inspektion, Wartung und Instandsetzung einschließen, so der LRH. »Ziel ist es, Schäden rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen«. Der Rechnungshof hatte die Situation an 55 landeseigenen Gebäuden
untersucht und dabei gravierende Schäden fotografiert. Bei 29 Gebäuden war das Budget für Instandsetzung nur halb so hoch wie die tatsächlich für die Instandsetzung erforderlichen Mittel, hieß es im LRHBericht. Außerdem seien die zuständigen Reparatureinheiten personell zu 25 bis 65 Prozent unterbesetzt. Infolge dieses »drastischen Personaldefizits« seien für den Gebäudeerhalt zuständige Mitarbeiter gezwungen, »Aufgaben des technischen Gebäudemanagements mit erledigen zu müssen«. Hinzu komme: »Aufgrund des weiteren Personalabbaus und der Altersstruktur der Mitarbeiterschaft wird sich das Verhältnis zwischen dem Soll- und dem Ist-Personalbestand weiter verschlechtern.« Das zuständige Finanzministerium akzeptierte zwar die Kritik wegen der
fehlenden Gebäudedokumentation. Es machte aber geltend, dass sich das Instandsetzungsbudget seit dem Jahr 2012 erhöht habe. Das Ministerium kritisierte seinerseits die Rechnungsprüfer. Ein systematischer Ansatz bei der erfolgten Auswahl der Objekte sei nicht erkennbar. Es bestehe kein Fehlbedarf an finanziellen Mitteln in der vom LRH genannten Größenordnung. Das wiederum ließ der Landesrechnungshof nicht auf sich sitzen. Er betonte: »Im Gegensatz zur Auffassung des Finanzministeriums wählt der LRH seine Stichproben systematisch aus den Liegenschaften aller Servicebereiche aus und berücksichtigt dabei typische Nutzungsarten. (Gericht, Polizeidienststelle, Finanzamt, allgemeine Verwaltung, Fachverwaltung).«
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SPENDE
14 Berlin-Kultur
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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Wowereit: Preußen am Zug
Ergreifender Holzweg
Der scheidende Berliner Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) sieht beim geplanten Museum der Moderne jetzt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am Zug. »Derjenige, der baut, muss doch erstmal sagen, wo er hin will. Dann ist Berlin bereit, konstruktiv an einer Lösung mitzuarbeiten«, sagte Wowereit in einem Abschiedsgespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Der SPD-Politiker erklärte, die für den Bau verantwortliche Stiftung habe sich bisher für einen Standort hinter der Neuen Nationalgalerie ausgesprochen. Wenn nun der größere und prominentere Platz an der Potsdamer Straße gewählt werde, müsse sich die Stiftung positionieren. »Diesen Beschluss gibt’s so nicht. Der muss jetzt auch mal gefasst werden, damit Klarheit besteht und es nicht ein ewiges Hin und Her gibt.« Der Bundestag hatte bei den abschließenden Haushaltsberatungen Mitte November überraschend 200 Millionen Euro für ein in Berlin schon lange erhofftes Museum für das 20. Jahrhundert zur Verfügung gestellt. Wowereit dankte ausdrücklich den Haushaltsexperten Rüdiger Kruse (CDU) und Johannes Kahrs (SPD) für ihr Engagement. »Im Haushalt der Kulturstaatsministerin stand für das Museum eine Null. Der Beschluss geht auf die Initiative der beiden Bundestagsabgeordneten zurück«, sagte Wowereit. »Ich freue mich sehr, dass Berlin dieses Museum bekommt.«
Von Hans-Dieter Schütt
Wahnsinn der letzten Kriegsmonate Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert eine Berliner Ausstellung an die letzten Kriegsmonate in Deutschland – von Weihnachten 1944 bis Mai 1945. Die Stiftung Topographie des Terrors zeigt die Schau ab Dienstag (9. Dezember). Die Macher wollen ein »umfassendes Bild vom Wahnsinn der Zeit« und dem Terror der Staatsmacht gegen die eigene Bevölkerung zeichnen. An Aktualität gewinnt die Ausstellung durch die Ukraine-Krise: »Die Möglichkeit, dass Krieg zurück nach Europa kehrt, ist nicht so weit entfernt«, sagte Rolf-Dieter Müller, einer der wissenschaftlichen Berater der Kuratorin Claudia Steur, am Montag. epd
Berlin fördert interkulturelle Projekte Die Berliner Kulturverwaltung fördert im kommenden Jahr interkulturelle Projekte mit insgesamt 120 000 Euro. Von insgesamt 68 Anträgen im Gesamtumfang von knapp 1 112 000 Euro konnten nach Angaben der Kulturverwaltung vom Montag nur acht von der Jury bewilligt werden. Das Spektrum reiche wieder von Theateraufführungen über Performances bis hin zu spartenübergreifenden Projekten, hieß es. Gefördert werden unter anderem das Tanztheater XX-Riots mit 20 000 Euro, die Konzertreihe Musik der Gegenwart mit 10 000 Euro oder das Kulturfest Nächte des Ramadan im Heimathafen Neukölln mit 17 000 Euro. epd
AdK lädt ein An diesem Dienstag bittet die Akademie der Künste am Pariser Platz zum Dichter-Gespräch Eugen Gomringer – Nora Gomringer. Was verbindet Vater und Tochter? nd
Lutz Friedels Köpfe im Mauer-Mahnmal des Deutschen Bundestages Dass Köpfe rollen, gehört zu den hässlichen Kopfgeburten deutscher Sprachkultur. Am hässlichsten daran: Schon jeden abrupten Personalwechsel begleitet heutzutage dieser martialische Symbolismus. Als sorge der rollende Kopf für mehr Bewegung als der denkende. Im Mauer-Mahnmal des Deutschen Bundestages am Berliner Spreeufer ist eine Ausstellung des Malers und Bildhauers Lutz Friedel zu sehen, deren Zentrum – Köpfe sind. Begleitet werden die Skulpturen von Gemälden und einem Katalog. Dessen Kern: ein Tagebuch des Künstlers von 1980 bis zur Ausreise aus der DDR, November 1984. Die Ausstellung heißt »Möve auf Sirene – vom Untergang der Titanic und anderem«. Grandios einfach und einleuchtend, jene Skizze, die zum Titel führte: der Vogel, auf dem Sirenenkopf sitzend – wie zart darf etwas sein, damit das Auslösen eines Alarms gerade noch verhindert wird? Und wie viel Frieden geht von einer Sirene aus, die aber doch jeden Moment losheulen kann? Die DDR schwitzte und schwatzte, mauerte und muffelte sich auf einen Zustand zu, bei dem irgendwann eine Daunenfeder gereicht hätte, um den Sirenenknopf sirren zu lassen. Friedels Tagebuch erzählt von Bewachungsbooten auf der Ostsee, vom »Scheißgefühl«, nicht über den »drei Meter hohen Betongartenzaun« sehen zu können. »Ja, wir sind eine Herde Schafe geworden.« Er leidet unter der Unfreiheit, und zugleich treibt der Druck zu dunklen, kräftigen Bildern. Stürzender Ikarus; Leute jenseits des »neuen Menschenbildes«; triste Stadt; Flugzeuge über Häusern. Der große Vor-Bildner: Beckmann. Es ist das Erfahrungsbuch eines Suchenden, der sich an Käfigstäben wund reibt. Friedel, Jahrgang 1948, Junger Pionier, Kinder-und Jugendsportschüler, Student in Dresden und Leipzig, NVA (»ein Blick in die Abgründe menschlicher Existenz«), Meisterschüler bei Bernhard Heisig, dann endlich die Ausreise und die Erkenntnis: »Im Osten nutzte sich die Sehnsucht immer mehr ab, während im Westen Verdrängung und selbstzufriedene Ignoranz zunahmen.« Aber die Makel dort, wo man hinkommt, taugen nicht als Argument gegen das, was man verlassen will: Enge, Bevormundung, Heuchelei, Erfahrungsentzug; immer nur Weltanschauung statt Welt. Er leidet unter dem Grundgesetz ideologischer Intelligenz: Das, was sie berührt, lässt sie verarmt zurück. Schön an diesen Köpfen, dass sie keine Schlipse tragen können – man wünscht heute ja allen, die so einen Strick tragen, sie hätten Kraft, aus all ihren Krawatten ein Fluchtseil zu knüpfen, runter vom hohen Ross des Amtes, der Bedeutung. Und abseilen ins »Walhall der Nichtse«, wie Frie-
del seine Köpfe-Konferenz einmal genannt hat. Diese Köpfe aus Eichenholz, gebrannt, bemalt, überlebensgroß, sie sagen nichts, sie geben keine Auskunft, sie gestehen nicht einmal, ob sie Mann oder Frau sind. Sie sind einfach nur da und bieten sich deiner Fantasie an. Die kann uns viel erzählen. Also soll sie’s tun. Von Kopf zu Kopf. Der eine guckt, als sei er sein ganzes Leben nur immer ausgeliehen gewesen. Alles, was ich mache, ist verkehrt, denkt der eine traurig. Ein anderer denkt das Gleiche, aber freudig. Und einer blickt, als schaue er einem Mädchen hinterher, das in Ballettschuhen einen Steinbruch durchtanzt. Einer wartet auf die Frage, wie es ihm gehe, und man sieht ihm die Hoffnung an, dass er ehrlich antworten darf. Der da drüben scheint zu erschrecken: Er hat den Vornamen Gottes vergessen. Einer träumt davon, lauter Umzugskartons mit Leere zu füllen. Einer schaut dich an und sagt: Versetz dich doch mal in deine Lage! Und der da hinten, tritt leise zu ihm, dann kannst du den Selbstgesprächen eines Witwers lauschen. Köpfe. Erinnerungsdeponie. Seelenpferch. Sehnsuchtsambiente. Daseinsschatten. Einer mag zu einer Danksagung ansetzen, ein anderer zu einer Verzichtserklärung. Einer schaut, als könne er in einer Wasserleitung das Ozeantropfen hören. So ist das, genau so – und doch ganz anders. Diese Köpfe geistern, sie lösen nicht ein, was sie vielleicht darstellen könnten – sie lösen aus. Assoziationen. Sie sind so tot wie lebendig. Wiedergänger. Komparsen wie Könige. Auf wessen Stirn würde sich ein verirrtes Pfauenauge setzen? Wer ist Opfer, wer Täter? Einige Köpfe wirken
Fotos: Junophoto/DBT
müde – aber wer nicht ein bisschen aller Dinge müde ist, mit dem lohnt nicht die Mühe eines Gesprächs. So staunt, so spinnt man sich durch diese Ausstellung. Wie Marionetten: Du blickst sie lebendig. Holz. Holzköpfe. Entstanden aus Hacken und Sägen, Feilen und Schlagen. Viel aushalten muss ein Kopf. Friedels Bildhauerei ist Baumhauerei. Er bietet Material und Mythos zugleich. Bäu-
me waren lange vor uns da, sie wissen und erfuhren mehr als wir, also übernahmen wir sie in unsere Sprache: Auch Menschen schlagen Wurzeln, blühen auf, werden geschlagen; der Holzweg gibt unseren Kurs an; zwischen Baum und Borke verendet unsere Entscheidungskraft; grenzenlos produzieren wir Schlagbäume; wir kommen auf keinen grünen Zweig – weil wir den Ast sägen, auf
dem wir sitzen. Menschenfleisch, Baumfleisch, beides ähnlich hell. Literaturgeschichte, Geschichte in Literatur, könnte man entlang von Bäumen erzählen. Eine Strecke von Schönheit und Hieben. Hesses Trotz etwa, »geduldig neue Blätter treib ich/ aus Ästen hundertmal zerspellt«. Mit dem »Kirschgarten« Tschechows wird eine ganze Welt unter Äxte gelegt. Thomas Bernhards »Holzfällen«: ein schnürender Monolog aus Zerstören, Scheitern und Überleben. Friedel hatte jüngst im neuen Potsdamer Landtagsgebäude für Aufsehen gesorgt, mit seiner Ausstellung »Ich! Meine Selbstporträts zwischen 1635 und 2003«. Die eigenen Gesichtszüge in Korrespondenz zu geschichtlichen wie gegenwärtigen Prominenzen. Geister wie Ungeister – in jedem Menschen leben Tugend und Tyrannei Herzschlag an Herzschlag. »Selbst als Sebastian de Morra – Hommage à Velazquez« heißt ein Ölbild von 1980, die erste Abbildung im Katalog: der Maler als unwirscher, jämmerlicher Kobold, ein Kind fast, das Bild einer in Langeweile und Stilllegung endenden jungen (Künstler-)Generation in der DDR. Das Tagebuch: »Kleiner wütender dummer Friedel in der Schmollecke«, da malt man sich schon mal trotzig das Hitlerbärtchen ins Gesicht. Natürlich entwickeln Friedels Köpfe an einem Gedenkort für DDR-Opfer ihren sehr eigenen Wirkungssog. Ich denke an angstvoll Weglaufende wie an gedankenlos Mitlaufende. Kunst ist wahrhaftig, wenn sie raffiniert uneindeutig ist. Die Nichts – logischerweise gemahnen sie an den Menschen, der sein Gewissen oft genug belügt, um angesichts des vielfältigen Druckes, dem Leben ausgesetzt ist, nicht verzweifeln zu müssen. Dafür sucht man schon mal kühnste Umschreibungen für den Schießbefehl. Und verwechselt bereitwillig das Korsett mit dem Charakter. Schönes Bedürfnis nach Sauberkeit: Alle lästigen Fragen – vom Tisch wischen. Gelobt werden für – genau diese saubere Haltung. Ist man erst mal bei diesem Gedanken, schauen alle Köpfe Friedels plötzlich sehr undurchsichtig. Und wirken gefährlich, tumb. Und du weißt einmal mehr: Ein Volk besinnt sich nie, das kann nur ein Einzelner. Ja: Wenn man sich von den Leuten unterscheiden will, muss man ein Charakter sein. Auch gegen den Irrtum, Parteilichkeit schon für Moral zu halten. Irgend eine Einsicht in die Notwendigkeit, so hofft der Mitläufer, wird ihn retten. Bis sich diese Notwendigkeit als das Alibi für Feigheit enthüllt. Diese Köpfe, rissig, verwittert, grob oder gütig, haben ein Geheimnis und erzählen so ihren Schöpfer: Jeder Künstler bleibt ein paar Schritte vor dem unsichtbaren Ziel stehen. Lutz Friedel: Ausstellung im MauerMahnmal des Deutschen Bundestages, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus Schiffbauerdamm, bis 22. Februar 2015
Eins mit der besseren Welt Andrea Marcon leitete Johann Sebastian Bachs h-moll-Messe im Konzerthaus Berlin Von Stefan Amzoll Beim ersten Takt des Kyrie schon zuckt die Hirnhaut. Da meldet sich der Weltgeist in Gestalt des gemessen schreitenden, emotional aufgeladenen Chorsatzes, der dann nach einem langen instrumentalen Zwischenspiel verändert wiederkehrt. Grandios schon dies. Und wie grandios erst die gewaltigen Chöre im Credo und Gloria, die fröhliches Gottgedenken und Glück verheißen. Dem gesellen sich Nachdenk- und Trauerchöre von geläuterter Schwere, wie sie Bach nur in den Passionen komponierte. Der Italiener Andrea Marcon, erfahrener Barock-Dirigent, besorgte die Aufführung der h-moll-Messe für Soli, Chor und Orchester (BWV 232). Wunderbare zwei Stunden Musik, gekrönt vom chorisch-orchestralen »Dona nobis pacem«, das durch Mauern hindurch in den Konzertsaal der
Menschheit hineintönte – als Bitte. Im voll besetzten Großen Saal des Konzerthauses gelang den Aufführenden nahezu alles. Andrea Marcon durfte den großartigen, in dieser Messe voll beschäftigten RIAS-Kammerchor leiten (wann legt der bloß endlich seinen hässlichen Namen ab: »Rundfunk im Amerikanischen Sektor«Chor). Von seinen drei Sängerinnen stach die eingesprungene Sophie Harmsen mit ihren drei Auftritten hervor. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin präsentierte sich dem Dirigenten als bereitwilliger, die Barockkultur beherzt umsetzender Klangkörper. Die h-moll-Messe zu machen, ein Ritual? Immer mal wieder? Einmal gehört und rasch zurück in die Geschäftswelt? Max Regers Spruch, Bach sei der Anfang und das Ende aller Musik, mag übertrieben sein, aber die beiden Passionen und die h-moll-Messe des Komponisten sind gewiss der
Glutkern des Barock und aller nachfolgenden oratorischen Musik. Ihrer gedanklich-kompositorischen Höhe und emotionalen Wirkung verdankt sich, dass dieses Dreigestirn in den Zentren der Welt ungebrochen aufgeführt wird. Von ersten Chören und Solisten gesungen, besten, keineswegs nur auf Barock oder alte Musik spezialisierten Orchestern musiziert. Heute bietet sich der deutschen und internationalen Hörerschaft eine breite Kultur der Aufführungspraxis Bachscher Chor- und Instrumentalmusik, über deren Stand zahllose Gastspiele auch in Berlin und diverse CD-Aufnahmen überzeugend Auskunft geben. Bekannt sind hierzulande die Aufführungstraditionen in Leipzig (Ramin, Rotzsch, Biller), Dresden (Mauersberger, Flämig, Kreile), München (Karl Richter und Nachfolger). Vor reichlich dreißig Jahren setzte Helmut Rilling mit der Gächinger Kantorei und dem Stutt-
garter Bach-Ensemble neuartige Akzente, die Großwerke erschienen dramatischer. Neben der ostdeutschen währt diese Tradition dauerhaft und hat ihre Nachschöpfer. Wenige Jahre später betrat die Szene der vom Jazz herkommende Holländer Ton Koopman, Dirigent, Cembalist, Organist, Musikwissenschaftler, der mit dem alte Instrumente integrierenden Amsterdamer Barockorchester-Chor das komplette Bachsche vokalinstrumentale Werk vorzüglich eingespielt hat – Verwirklichung einer hoch differenzierten Kultur der Vokalität. Koopman, er wurde im Oktober 70 Jahre alt, setzte damit neue Maßstäbe. Auf ähnlicher Höhe bewegt sich die britische Bach-Interpretation zum Beispiel unter Trevor Pinnock (English Concert). Meisterhaft bewältigt wurden die Bach-Kantaten unter Sigiswal Kuijken (La Petite Bande), nicht minder in Aufführungen von Gustav Leon-
hardt (Les Chantres du Centre de Musique Baroque de Versailles), René Jacobs (Akademie für Alte Musik), Philippe Herreweghe (Collegium Vocale) und anderen mehr. Bachs Name ist in New York, Montreal, Mexiko City, Brasilia, Canberra, Paris, London, Warschau so bekannt wie in Moskau, Kiew, Wladiwostok, Kairo, Neu Delhi, Seoul oder Tokio. Seine Bedeutung steigt, während die Friedensrate fällt. Die Altarie »Agnus dei« (Lamm Gottes) steht vor dem Schlusschor »Dona nobis pacem«. Eine Musik, die das empfindliche Ohr hundert Mal hören kann, ohne sich abzuwenden. Sophie Harmsen hat sie ungeheuer schön gebracht und zugleich mit merklichen Impulsen versehen. Eine Musik des vollkommenen Eingedenkens, extrem menschlich, extrem eins mit der besseren Welt. Weitere Aufführung: 9.12., 20 Uhr
Feuilleton
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
15
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Lortzing in Annaberg
»Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen.«
Weihnachten und Alpenglühen
Jean Paul Sartre
Von Roberto Becker
E
s gibt viele Gründe, in der Vorweihnachtszeit nach Annaberg-Buchholz zu fahren. Bei den Erzgebirglern wirkt selbst der kommerzielle Teil des Advents authentischer als anderswo. Einer der besten Gründe aber ist ein Besuch des Eduard-von-WintersteinTheaters. Schon, weil es Häuser wie dieses immer noch gibt und hoffentlich noch lange geben wird. Für überregionale Resonanz braucht es heute aber das Besondere. Die Uraufführung eines Singspiels von Albert Lortzing (1801-1851) gehört ohne Zweifel dazu. Schon, dass dessen »Andreas Hofer« nach seiner Fertigstellung 1832 von der Zensur verboten wurde, ist ein guter Grund. Außerdem überfordern solche Ausgrabungen kleine Häuser nicht. So gab es hier schon die komische Oper »Der Löwe von Venedig« von Peter Gast, einen »Götz von Berlichingen« von Carl Goldmark und einen zeitlich mit Wagner konkurrierenden »Tannhäuser« von Carl Amand Mangold. Jetzt haben Intendant Ingolf Huhn als Regisseur und sein Generalmusikdirektor Naoshi Takahashi die um 182 Jahre verspätete Uraufführung des LortzingSingspiels mit dem biedermeierlich launigen »Weihnachtsabend« kombiniert, für dessen zehn Nummern sich der Komponist die Musik unter anderem bei Mozarts »Don Giovanni« und der »Zauberflöte« ausgeborgt hat. Das Tiroler Unabhängigkeitsidol Andreas Hofer endet hier freilich nicht unter den Salven des Exekutionskommandos, sondern mit einem Happy End der Marke »gerade noch mal gut gegangen«. Es waren eben doch keine Feinde, die anrückten, sondern Verbündete. Und weil auch der Kaiser seinen Segen gab, endet alles mit einem
Eine 182 Jahre verspätete Uraufführung »Gott erhalte Franz, den Kaiser« zur allzu bekannten hymnischen Haydn-Komposition. Im Unterschied zum »Weihnachtsabend« hat Lortzing hier die Musik für die Hälfte der zehn Nummern selbst komponiert. Die Ouvertüre immerhin verweist deutlich auf die eigene Meisterschaft. Szenisch bleibt es bei »Andreas Hofer«, diesem auf die patriotische Karte setzenden politischen Stück, beim selben BiedermeierWohnzimmer, das Ausstatter Thilo Staudte schon für den »Weihnachtsabend« gebaut hatte. Fenster und Türen sind so vergrößert, dass alle Personen darin klein wie Kinder wirken. Im zweiten Teil ist da genügend Platz für die schneebedeckten kleinen Alpengipfel, die das freiheitsliebende Tirol markieren. Dazwischen lassen sich sowohl ein geschickt imaginiertes Echo zwischen den Schluchten als auch jede Art von Intrige, kumpelhaftem Besäufnis, Liebelei und Freiheitspathos unterbringen, wie Lortzing sie hier auftischt. Im Unterschied zum »Weihnachtsabend«, in den launige Ironie geschickt eingewoben ist, geraten vor alle die gesprochenen Passagen beim Hofer Andreas oft unfreiwillig komisch. Allein, was tut’s? – das Orchester und das Ensemble sind mit Eifer bei der Sache, und wir können sagen, wir sind bei der Uraufführung eines Singspiels von Albert Lortzing dabeigewesen! Nächste Vorstellung: 10.12.
Patrick Modiano
Mysterien aufklären
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Foto: Fredrik von Erichsen/dpa
Der Fall Tugce – Ein kleines Lehrstück über mediale Erregung
Angst vor dem Pöbel Von Christian Baron
S
ie hatte keine Chance. Ihren beherzten Einsatz für mehrere Prügelopfer bezahlte die 22-Jährige mit dem Leben, weil ein 18-Jähriger ihr im Gerangel auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants offenbar einen Schlag versetzte. Tuğçe Albayrak – eine tragische Geschichte, die seit Tagen die Republik erschüttert. Allenthalben wird ihr zu Recht höchster Respekt gezollt, Medien nennen sie »Engel der Barmherzigkeit« (»FAZ«), »die Mutige« (»Spiegel«) und ein »großes Vorbild« (»Tagesspiegel«). Ihr Anwalt attestiert der Deutsch-Türkin eine »ausgeprägte soziale Ader« (»Stuttgarter Nachrichten«). Vom Star-Fußballer bis zum hochrangigen Politiker demonstrierten zahllose Prominente ihre Solidarität mit der Toten. Im Internet kursiert gar eine Petition, die den Bundespräsidenten auffordert, ihr das Bundesverdienstkreuz zu verleihen. Der mutmaßliche Täter ist ein muslimischer Migrant mit schwieriger Biografie. Ein Fall, der augenfällig an eine fünf Jahre zurückliegende Tragödie erinnert. Dominik Brunner saß damals in der Münchener U-Bahn Richtung Solln. Ihm fiel auf, wie zwei Jugendliche vier Schülern handfeste Gewalt androhten. Brunner stellte sich schützend vor das Quartett und alarmierte die Polizei. Als er später mit den beiden ausstieg, prügelten sie den Mann zu Tode. Brunner war von nun an der »S-Bahn-Held« (»Bild«), dem man posthum als leuchtendes Symbol für Zivilcourage das Bundesverdienstkreuz verlieh, sogar ein Denkmal wurde ihm errichtet. Den aus materiell armen Verhältnissen stammenden Tätern wünschten Medien und Politik unisono höchstmögliche Haftstrafen, und sie wurden erhört: Beide erhielten beispiellos harte Gerichtsurteile. Zwei Jahre später, im April 2011, prügelte am U-Bahnhof Berlin-Friedrichstraße der sturzbetrunkene Thorben P. einen 29-Jährigen fast zu Tode. Die beiden hatten sich zuvor hef-
tig gestritten, worauf P. seinem Opfer eine volle Cola-Flasche ins Gesicht schlug, ihn zu Boden warf und dem Bewusstlosen immer wieder mit voller Wucht gegen den Kopf trat. Ein Tourist griff ein und geriet dabei selbst in die Gewaltorgie des Täters. Nur mit viel Glück starb niemand. Auch die Aggressionen des Thorben P. hatten Gründe, die seine Tat zu erklären vermögen, wenn sie sie auch weder rechtfertigen noch relativieren dürfen: Seine Eltern waren schwer krank, der Vater litt an Parkinson und die Mutter an Depressionen. Beim zuständigen Richter rief dies empathische Gefühle hervor und die Strafe fiel vergleichsweise milde aus, um dem Schläger – wie der Jurist betonte – nicht alle Zukunftschancen zu
Wäre Tuğçe Albayrak eine verschleierte, Kiezdeutsch grölende Kreuzberg-Göre gewesen, das mitfühlende Medienecho wäre nach wenigen Stunden verhallt.
verbauen. Bis zum Haftantritt durfte der Delinquent sogar weiterhin zur Schule gehen. Anlass für die Öffentlichkeit, wutschnaubend die angebliche deutsche Gutmenschen-Justiz anzuprangern? Ganz im Gegenteil: Was die »Zeit« schrieb, sagten und schrieben damals sinngemäß fast alle: »Das Verfahren hat nicht den Täter zum Opfer gemacht, sondern aus dem Monster einen Menschen.« Man staunte, zu welcher Sachlichkeit die erregungsökonomisch sensiblen Medien, Mandatsträger und Mutbürger fähig sind. Aber warum nur waren sie hier so gnädig? Das wiederum erklärt die Pointe: Thorben P. entstammt einem bürgerlichen, »autochthon-deutschen«
Hause, besuchte ein Gymnasium für Hochbegabte mit Leistungsschwäche. Die Täter im Fall Brunner und der Inkriminierte im Fall Tuğçe hingegen kommen allesamt aus sozialen Verhältnissen, die die bürgerlichen Medien so gerne despektierlich als »bildungsferne Unterschicht« bezeichnen. Tuğçe erscheint dagegen als Musterbeispiel einer gut integrierten Türkin: Sie entsprach dem gängigen Schönheitsideal, studierte auf Lehramt, spielte Klavier, ja sie besaß sogar einen Organspendeausweis – für die dies ostentativ betonenden Medien offenbar ein Beweis dafür, dass sie artig die »christliche Nächstenliebe« verinnerlicht hatte. Dem gegenüber steht der »KomaSchläger« (»Bild«) und »Intensivtäter« (»N-TV«): Sanel M. ist gläubiger Muslim, kam 1996 mit seiner Familie aus Serbien nach Deutschland, hat die Schule abgebrochen und ist schon länger arbeitslos. Seine missliche soziale Lage trieb ihn in die Kleinkriminalität. Dieser »Teufel« (»Spiegel«) wurde »schon viermal verurteilt« (»Bild«), sodass »Die Welt« gerne einer etwaigen Milde der Richter entgegenwirken möchte und besorgt fragt: »Darf für den 18-Jährigen noch das Jugendstrafrecht gelten?« Wie auch immer die Judikative entscheiden mag: Zumindest Mainstream-Medien und Politik haben ihr Urteil, so scheint es, bereits gefällt. Das liegt einerseits am Vorbild-Charakter des Opfers und der sozialen Herkunft des mutmaßlichen Täters – lässt sich doch hier die hegemoniale Erzählung vom »guten« und vom »bösen« Migranten weiterspinnen: hier der affektgetriebene, brutale Totschläger mit seinen »hohlen Formen von Ehre und Respekt« (»Spiegel«), dort die »entzückende junge Frau«, die sich auf ihrer Abiturfeier »im roten Rüschenkleid am Flügel« (»Die Welt«) als nützliches Gesellschaftsmitglied präsentiert. Es liegt aber auch an der Angst des Bürgers vor dem Pöbel: Dominik Brunner wurde im Münchener Nobelviertel Solln totgeschlagen. Dorthin, so äußerten sich besorgte Medi-
en, haben diese Unterschichtsmonster uns brave Bürger also schon verfolgt! Um diese Kampagne nicht zu unterlaufen, wurde damals in der Berichterstattung systematisch unterschlagen, dass der gut betuchte Manager Brunner die Jugendlichen provozierte und nachweislich zuerst zugeschlagen hatte, während die (dadurch natürlich nicht zu rechtfertigenden) Schläge der Jugendlichen eine Reaktion darauf waren. Brunner blieb der selbstlose Held. Es bedarf keiner intellektuellen Meisterleistung, um zu erahnen: Wäre Tuğçe Albayrak eine verschleierte, Kiezdeutsch grölende Kreuzberg-Göre gewesen, das mitfühlende Medienecho wäre nach wenigen Stunden verhallt. Stattdessen klingt nun bereits an, wie erneut die Geschichte eines junger Mannes, der zufällig muslimischer Migrant und gewiss kein Traum deutscher Schwiegermütter ist, zum Anlass genommen wird, um die Lüge von den gewalttätigen Muslimen zu verbreiten, die sich nicht integrieren, sondern ihre »Macho-Kultur« (»Spiegel«) pflegen. Sanel M. gilt den Medien damit als Ausdruck einer »fehlgeschlagenen Integration« (»Stern«), derweil Tuğçe fleißig alles angenommen habe, »was dieses Land ihr bietet« (»Spiegel«). Dies zu verallgemeinern, ist so falsch wie unlauter. Noch ist die mediale Debatte nicht allzu weit vorangeschritten. Zu sehr sind die Journalisten noch damit beschäftigt, den Tatverdächtigen zu dämonisieren und die Familie des Opfers ins Rampenlicht zu zerren, um deren Trauer auszuschlachten. Es bleibt die vage Hoffnung, dass sich die grundlegende Debatte diesmal auf dem Niveau der Äußerung des überraschend hellsichtigen Bundesjustizministers Heiko Maas einpendelt: »Wer glaubt, mit härteren Strafen solche Verbrechen zu verhindern, ist auf dem Irrweg.« Eine klare Ansage und eine große Chance auch und vor allem für die Medien, endlich einmal über die weitaus tiefer liegenden Ursachen solcher unfassbarer Gewaltausbrüche nachzudenken.
er diesjährige Literaturnobelpreisträger Patrick Modiano hat in seiner Nobelrede am Sonntag über seine Scheu vor öffentlichen Auftritten gesprochen. »Dies ist das erste Mal, dass ich eine Rede vor einem so großen Publikum halten muss, und ich bin etwas besorgt darüber«, sagte der französische Schriftsteller (»Gräser der Nacht«), der für seine Zurückhaltung bekannt ist, in Stockholm. Schriftsteller hätten ein schwieriges Verhältnis zur Rede, auch weil sie es gewohnt seien, Textpassagen zu streichen. »Ich gehöre außerdem zu einer Generation, in der die Kinder gesehen und nicht gehört wurden, außer zu seltenen Gelegenheiten, und nur, nachdem sie um Erlaubnis gefragt hatten.« Die Vergabe des Nobelpreises an ihn nannte der 69-Jährige irreal. In der traditionellen Vorlesung sprach der Autor drei Tage vor der feierlichen Verleihung des Preises auch über seine Kindheit im Paris der Nachkriegszeit, das er einen »seltsamen Ort« nennt. »Dieses Paris hat nie aufgehört, mich zu verfolgen, und meine Bücher sind manchmal in sein verschleiertes Licht getaucht.« Während seiner Kindheit sei er für gewöhnlich getrennt von seinen Eltern gewesen, habe bei Freunden übernachtet, in einer Reihe von Orten und Häusern. »Ein Kind überrascht nichts, und selbst bizarre Situationen scheinen vollkommen normal.« Als Erwachsener habe er jedoch versucht, dieses Rätsel zu lösen und sich auf die Suche nach den früheren Weggefährten gemacht. »Aber es ist mir nicht gelungen, alle Menschen und Orte und alle Häuser der Vergangenheit (...) ausfindig zu machen«, erzählte Modiano. »Dieser Antrieb, Rätsel ohne wirklichen Erfolg zu lösen und zu versuchen, ein Mysterium aufzuklären, hat mir die Sehnsucht nach dem Schreiben gegeben, als ob das Schreiben und die Vorstellungskraft mir endlich helfen könnten, alle losen Enden zu verknüpfen.« Es sei die Aufgabe eines Schriftstellers, das Mysteriöse aufzudecken, sagte Modiano. »Er ist auch ein Seismograph, der bereitsteht, um kaum spürbare Bewegungen aufzunehmen.« Die Schwedische Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt, hatte den Franzosen für seine »Kunst der Erinnerung« geehrt. »1945 geboren zu sein, nachdem Städte zerstört und ganze Bevölkerungen verschwunden waren, muss mich, wie andere meines Alters, sensibler für die Themen Erinnerung und Vergessen gemacht haben«, sagte Modiano am Sonntag. dpa
KURZKULTUR Schwerin. Vor dem Theater-Gipfel für den Osten Mecklenburg-Vorpommerns am Freitag verlangte die Linksfraktion im Landtag mehr Geld für die Theater bereits von 2016 an. +++ Regensburg. Im kommenden Jahr wird der Grundstein für das Museum der Bayerischen Geschichte gelegt. Noch im Dezember sollen die archäologischen Arbeiten am künftigen Standort beendet werden. dpa/nd
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Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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Ausschreibung
Kinderfilme mit Anspruch gesucht
In Memoriam: Marie Marcks
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ie Initiative »Der besondere Kinderfilm« will im Frühjahr eine weitere Ausschreibungsrunde für anspruchsvolle Kinderfilme starten. Künftig könnten im Rahmen der Initiative neben Spielfilmen mit realen Personen auch Animationsfilme unterstützt werden, teilte die Initiative am Montag in Erfurt mit. Für die Realisierung der ausgewählten Projekte haben 22 Institutionen eine finanzielle Förderung in Millionenhöhe zugesagt. Die vor gut zwei Jahren gestartete Initiative unter anderem von Rundfunk- und Filmförderanstalten habe bei Filmwirtschaft, Politik und Sendern ein unerwartet lebhaftes Echo gefunden, sagte Intendantin Karola Wille vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), die zugleich Film-Intendantin der ARD ist. Die dritte Ausschreibung startet den Angaben zufolge am 16. Februar und läuft bis 24. April. Gesucht werden Filme für ein Publikum von acht bis zwölf Jahren. Aus allen Einsendungen werden bis zu sechs Projekte von einer Jury ausgewählt, die zur Erarbeitung einer ersten Drehbuchfassung mit je 20 000 Euro für die Drehbuchautoren und 5000 Euro für die Produzenten gefördert werden. In der zweiten Stufe sollen mindestens zwei dieser Filmideen mit finanzieller Unterstützung der beteiligten Partner umgesetzt werden. Aus dem ersten Jahrgang seien zwei Spielfilmstoffe in Produktion gegangen, hieß es. »Winnetous Sohn« sei in der Fertigstellung und komme Anfang April in die Kinos. Für das Filmprojekt »Ente gut!« sollen nach den gegenwärtigen Castings im Juni die Dreharbeiten beginnen. Jedes Projekt werde mit etwa 2,4 Millionen Euro gefördert. epd
Karikaturen – vor allem die politischen – haben einen großen Nachteil: Ohne den Zeitkontext, in dem sie entstanden sind, erklären sie sich meist nur schwer selbst. Das trifft auf obenstehend abgebildete Zeichnung von Marie Marcks in besonderem Maße zu. Sie erschien in dieser Form 1980 im »Stern«. Da lag die Zeit der sexuellen Revolte der 68er-Bewegung schon mehr als zehn Jahre zurück. Das Original stammt allerdings nicht aus dem Jahr 1980, sondern erschien bereits 1973 in der »Süddeutschen Zeitung« – allerdings mit einer deutlich unverfänglichen Antwort des Vaters (»Meinetwegen, kommt rein, aber woher habt ihr den al-
bernen Ausdruck?«). Marcks hat die Zeichnung, mit der sie die Haltung der 68er aufs Korn nahm, alles Sexuelle zu enttabuisieren, einmal als eine ihrer Lieblingskarikaturen bezeichnet und bedauert, dass ihr bei der Erstveröffentlichung von der »Süddeutschen« aus Rücksicht auf die Befindlichkeit der Leser (»zu gewagt«) der Witz genommen wurde. Heute wäre eine solche Zeichnung nicht nur gewagt, sie würde sich der Gefahr aussetzen, missverstanden zu werden. Viele dürften die Comic-Figur »Schweinchen Dick« gar nicht mehr kennen und würden die Anspielung als frivolen Witz fehlinterpretieren.
Marie Marcks war eine Chronistin der sozialen Bewegungen in der Bundesrepublik. Ihre Zeichnungen – in den 1960er Jahren pointiert gegen die bleiernen Zustände der AdenauerRepublik gerichtet, später der Frauen- und Umweltbewegung freundschaftlich-kritisch zugetan – spiegelten die großen Themen dieser Zeiten wider: Wiederbewaffnung, Ostverträge, Gleichberechtigung von Mann und Frau. Am 7. Dezember ist Marie Marcks im Alter von 92 Jahren in Heidelberg gestorben. Die nebenstehende Karikatur entnahmen wir der Reihe »Meister der komischen Kunst: Marie Marcks«, erschienen im Verlag Antje Kunstmann, München 2011, 111 S., 16 €. jam
Bekenntnisschriften
Neue Edition
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um 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine wissenschaftliche Neuausgabe der lutherischen Bekenntnisschriften vorgestellt. Das drei Bände umfassende Werk wurde am Montagabend in der historischen Augsburger Annakirche präsentiert. Die neue Edition des theologischen Fundaments der Protestanten, zu dem als wichtigste Schrift die Confessio Augustana von 1530 zählt, ersetze die alte Edition von 1930, sagte die Mainzer Kirchenhistorikerin Irene Dingel als Herausgeberin. Die Neuauflage dokumentiere »das aufrichtige Bemühen innerhalb des Luthertums, zu gemeinsamen Bekenntnis- und Lehraussagen zu kommen«. Günther Beckstein als Vize-Präses der EKD-Synode verwies bei dem Festakt vor allem auf die Bedeutung der Confessio Augustana, deren 28 Artikel die gültigen Grundsätze der evangelischen Lehre für die rund 70 Millionen lutherischen Christen weltweit darstellen. Die Neuausgabe der evangelischen Bekenntnisschriften gründet auf dem »Konkordienbuch« von 1580, das neben der Confessio Augustana noch weitere wesentliche Lehrtraktate und Dokumente, wie den Großen und Kleinen Katechismus, die »Schmalkaldischen Artikel« mit den Kernpunkten der lutherischen Lehre oder die »Konkordienformel« von 1577, ein Konsenspapier unterschiedlicher lutherischer Positionen, umfasst. Diesen Hauptband der Bekenntnisschriften ergänzen zwei »Materialbände« mit textkritischen Anmerkungen und den verschiedenen Überarbeitungen der Confessio sowie Texten aus Luthers Tischreden und Lieder. edp/nd
Unter falschem Namen im Versteck: Hans Keilsons »Tagebuch 1944«
Vollgepumpt mit Angst Von Klaus Bellin
A
nfang März 1944 entschloss er sich zu einem Tagebuch. »Keine Angst mehr, mich anzuschauen«, notierte er. »Nicht mehr schönfärben. Sagen, wie ich es mir im Geheimen sage. Die Hemmung des weißen Papiers auf den Denk- und Schreibvorgang ist überwunden. Ich werde meine Gedanken und Erfahrungen niederschreiben.« Da lebte Hans Keilson, der deutsche Jude, der Emigrant, der Erzähler, schon eine Weile versteckt im niederländischen Delft, versehen mit einem gefälschten Pass, ausgestellt auf den Namen Dr. van der Linden, und dankbar, dass ihm das Ehepaar Riemtsma Unterschlupf gewährte. Er war, geboren 1909 in Bad Freienwalde, jetzt vierunddreißig Jahre alt, war Jazzmusiker, Turnund Schwimmlehrer gewesen, hatte 1933 bei S. Fischer seinen Debütroman »Das Leben geht weiter« veröffentlicht, der, kaum ausgeliefert, schon verboten wurde, und war 1936 in die Niederlande geflohen. Friedrich Hebbels Tagebuch, das Keilson im letzten Sommer gelesen hatte, gab nun den Anstoß: Genauso streng und unerbittlich wollte er sich selber befragen. Er führte sein Journal zehn Monate lang bis Ende Dezember 1944. Drei Jahre nach seinem Tod im Mai 2011 kommt es jetzt, ediert im S. Fischer Verlag, zu den Lesern. Die Augenblicke, in denen Keilson über seinen Eintragungen sitzt, heißt es einmal, »sind die echten Momente der Kontemplation« und »die einzige Möglichkeit, der Lüge zu entgehen«. Ein Dokument der Aufrichtigkeit soll
dieses Tagebuch sein, ein Bericht, der nichts schönt, nichts entschuldigt, Konflikte nicht mildert. Draußen, jenseits des Verstecks, lebt Gertrud mit seinem Kind, die Frau, die er liebt und von der er sich doch immer wieder entfernt, ganz nah hingegen ist Hanna, jung und begehrt, ein Wesen, das ihm Wärme und Kraft gibt und ihn gleichzeitig zum Poeten macht. Ihr sind die sechsundvierzig Sonette gewidmet, die er in diesem Jahr schreibt (und die im Anhang des Bandes abgedruckt sind). »Krieg und Verfolgung ist die Melodei«, dichtet er, »auf die die Weise unserer Liebe geht«. Hans Keilson protokolliert die Gewissensnöte, den Zwiespalt, dem er nicht entrinnen kann, sein Wissen um den Schmerz, den er Frau und Kind zufügt, den Liebesrausch mit Hanna, auch ihre vergeblichen Anstrengungen, sich von ihm loszureißen. Er beschreibt seine Wünsche, seine Versäumnisse, Verluste und Verzweiflung, die kurzen Ausflüge in die Stadt, die Begegnung etwa mit einem sehr alten, stummen und rührenden Liebespaar, die Gespräche, die Arbeit an Prosatexten und Gedichten, die der »Existenzerhellung« dienen. In vierzehn Tagen schafft er einmal sieben Sonette sowie drei weitere Strophen. Es ist ihm selber unbegreiflich. Er hatte geglaubt, nie wieder etwas schreiben zu können. Er liest viel, schwärmt, widerspricht, misst alles, was er in Büchern findet, an der eigenen Lage. Liest die Bibel, Kierkegaard, Buber, Petrarca, Shakespeares Sonette, Stefan George, Rilke, Kafka, Dostojewskis »Schuld und Sühne«, eine Begegnung, die ihn immer wieder erschüttert.
Foto: dpa/Soeren Stache
Zuweilen kann man beinah vergessen, wo das notiert worden ist. Doch dann macht sich wieder der Krieg bemerkbar mit einer Razzia in Rotterdam, der »Menschenjagd in Delft«, mit Elend und Terror. Die Meldungen über verheerende Zerstörungen und Bombardements dringen bis ins Versteck. »Eydtkuhnen gefallen!«, liest man dann. »Geburtsstadt meines Vaters! Ob er es noch hört?« Die Frage bleibt ohne Antwort. Die Eltern, die Deutschland nicht verließen, werden deportiert und in Auschwitz ermordet.
»Mit wieviel Angst sind wir vollgepumpt«, notiert Keilson. Er berichtet, wie ihn am Morgen des 9. Dezember die Hausglocke weckt, wie er, seit langem vorbereitet auf dieses Signal, in den Wandschrank kriecht und dort die langsamen Schritte von Militärstiefeln verfolgt. Er hat Glück: Er wird bei der Hausdurchsuchung nicht entdeckt und ist bald schon wieder bei seinen Sonetten. Er schämt sich, »solche Gedichte zu schreiben. Auf Deutsch«. Er ertappt sich bei Träumen, »wie man mich später von Deutschland aus officiell ehrt für meine Verse, und ich ablehne. Ja, ablehne. Das wäre mein größter Triumph: diese Anerkennung abzulehnen.« Wenn Keilson an die Zukunft denkt, die Zeit nach dem Krieg, dann spielen seine Gedichte eine eminente Rolle. Es wird lange dauern, meint er, doch sie werden ihm einen Platz unter den deutschen Dichtern in der Welt sichern. »Aber mein Ziel«, fügt er hinzu, »ist Arzt.« Er hat später tatsächlich als Arzt gearbeitet, hauptsächlich als Psychoanalytiker in Bossum, wo er sich, weithin bekannt, vor allem um traumatisierte jüdische Kriegswaisen kümmerte. Die Doktorarbeit nannte er sein wichtigstes Werk. Seine Praxis gab er erst auf, als die Augen immer schwächer wurden. Da war er Mitte neunzig. Auch bei der Literatur ist es geblieben. Was er schrieb, definierte seine Erfahrungen in einer Welt ständiger Bedrohung, das Schicksal der Juden, ihr Leid, ihren Hass, das Leben im Exil. Bekannt wurde das alles erst, als Hans Keilson mit seinen Gedichten, Romanen, Erzählungen und Aufsätzen zu S. Fischer zurückkehr-
te, wo einmal alles angefangen hat. 2005 erschien dort, versammelt in zwei Bänden, fast das gesamte Werk, entstanden in sieben Jahrzehnten und veröffentlicht an entlegenen Orten, damals freilich kaum wahrgenommen. Als Unbekannter, von dem nicht einmal einschlägige Lexika wussten, kam er wieder und war schon fünf Jahre danach eine Berühmtheit, von der »New York Times« im August 2010 in einem hymnischen Artikel gefeiert, gewürdigt in Großbritannien und Spanien und schließlich übersetzt in viele Sprachen.
Protokollant der Gewissensnöte, des Zwiespalts, dem er nicht entrinnen konnte. Er lebte noch, als Marita KeilsonLauritz, seine Frau, für den Hundertjährigen etwas suchen sollte und dabei in einer Schublade ein Heft fand, über vierzig eng beschriebene, eigenhändig geheftete Seiten im Folio-Format, die Aufzeichnungen aus dem Jahr 1944. Keilson hat an eine Publikation dieser intimen Bekenntnisse offenbar nie gedacht, aber er hat das Tagebuch, das einzige, das erhalten blieb, auch nicht vernichtet. So kommt dieses Zeugnis, zu dem Heinrich Detering ein instruktives Nachwort geschrieben hat, doch noch ans Licht, ein kostbares Lebens- und Zeitdokument. Hans Keilson: Tagebuch 1944. Hg. von Marita Keilson-Lauritz, S. Fischer Verlag, 254 S., geb., 18,99 €.
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u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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»The European«
»Wetten, dass ...?«
Magazin mit neuem Besitzer
Lob vom GrimmeInstitut
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as Debattenmagazin »The European« bekommt einen neuen Hauptgesellschafter. Die im fränkischen Kulmbach (Bayern) ansässige Börsenmedien AG übernimmt 78 Prozent der Anteile, wie »The European« am Montag in Berlin mitteilte. Gründer Alexander Görlach hält in Zukunft noch 15 Prozent, die restlichen Anteile liegen bei Kleinstgesellschaftern. Hinter der Börsenmedien AG, die unter anderem das Wochenmagazin »Der Aktionär« und den TV-Sender DAF (Deutsches Anleger Fernsehen) betreibt, steht der Unternehmer Bernd Förtsch. »The European« erscheint seit 2009 im Internet und seit 2012 auch vier Mal im Jahr gedruckt. Ab 2015 soll die Anzahl der Printausgaben auf bis zu zehn pro Jahr steigen. Zudem soll die englischsprachige Online-Ausgabe erweitert werden. Görlach, der Herausgeber und Chefredakteur bleiben wird, will die Debattenkultur des Magazins beibehalten. Es gehe darum, »zu informieren, gesellschaftliche, inhaltsgetriebene Debatten anzustoßen und dort anzuecken, wo Missstände aufgedeckt werden müssen«, sagte er. Der neue Besitzer Förtsch erklärte, Zukäufe wie jetzt bei »The European« sollten dazu beitragen, die Börsenmedien AG zu einem führenden unabhängigen Inhalte-Anbieter für Finanzen, Wirtschaft und Politik weiterzuentwickeln. Nach Angaben der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) verzeichnete die deutschsprachige Online-Ausgabe von »The European« im November gut 133 000 Visits. epd/nd
The Good German
N
ur noch vier Mal muss das Fernsehvolk schlafen, dann ist es vollbracht: Deutschlands größte, einzigartige, phänomenalste und überhaupt unvergleichliche Fernsehsendung läuft zum letzten Mal im Programm des Zweiten Deutschen Fernsehens, des Zet-De-Ef. »Wetten, dass ...?« ist ein Mysterium: keine andere Unterhaltungssendung, die in den frühen 1980er Jahren entstand, als es das Privatfernsehen noch nicht gab und die Öffentlich-Rechtlichen bei der Bespaßung des Fernsehvolks unwidersprochen ein Monopol besaßen, konnte sich so lange im Programm halten. Die Sendung kennzeichnete etwas, was früher einmal als »Familienunterhaltung« bezeichnet wurde. Genau genommen war »Wetten, dass ...?« aber schon in den 1980ern ein Dino – die Zeit der großen Samstagsabendunterhaltungsshows neigte sich dem Ende zu, als die Fernbedienung zur Standardausstattung der TV-Geräte wurde. Wenn das Ende naht, wird auch die leichte Muse zum Kulturgut. Die Leiterin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, hat jetzt »Wetten, dass ...?« bescheinigt, sich »große Verdienste« um die deutsche TV-Kultur erworben zu haben. Zwar sei der Zeitpunkt, die Sendung würdevoll zu verabschieden, verpasst worden, schreibt Gerlach in einem Beitrag für die »taz.am wochenende«. Die Show habe allerdings nicht nur »Familien vor dem Fernseher verbunden«, sondern immer auch »ein bisschen gegen die Trägheit des Alltags opponiert«. Die ZDFShow mit Moderator Markus Lanz wird zum letzten Mal am 13. Dezember gesendet. jam (mit Agenturen)
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs reist Jake (George Clooney, re.), Korrespondent einer US-Zeitung, nach Berlin, um über die Konferenz der Siegermächte in Potsdam zu berichten. Dort begegnet er seiner Ex-Geliebten Lena (Cate Blanchett, li.) wieder, deren Mann auf der Fahndungsliste der Alliierten steht. Steven Soderberghs Hommage an das Kino der 1940er Jahre aus dem Jahre 2006 ist konsequent in einer Schwarz-Weiß-Ästhetik gehalten. Foto: Tele 5/TMG
Tele 5, 20.15 Uhr
Die Aldi-Story Sie gehörten zu den wohl mächtigsten Menschen in Deutschland nach 1945: die Brüder Karl (li.) und Theo Albrecht (re.). Privates über die Gründer des Discounter-Imperiums Aldi ist allerdings wenig bekannt. Selbst der Tod der beiden (Theo starb 2010, Karl 2014) wurde erst nach ihrer Beerdigung publik. Die Autoren dieser Doku erhielten Zugang zu bislang unveröffentlichten Unterlagen und Bildern der Familie. Foto: ZDF/privat
ZDF, 20.15 Uhr
Dienstag
ARD
ZDF
Arte
3Sat
MDR
RBB
NDR
WDR
SWR
5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00 Tagesschau 9.05 Rote Rosen 9.55 Sturm der Liebe 10.45 Um Himmels Willen 11.35 Das Waisenhaus für wilde Tiere 12.00 Tagesschau 12.15 ARD-Buffet 13.00 ZDF-Mittagsmagazin 14.00 Tagesschau 14.10 Rote Rosen 15.00 Tagesschau 15.10 Sturm der Liebe 16.00 Tagesschau 16.10 Seehund, Puma & Co. 17.00 Tagesschau 17.15 Brisant 18.00 Verbotene Liebe 18.50 Morden im Norden 19.45 Wissen vor acht – Mensch 19.50 Wetter vor acht 19.55 Börse vor acht 20.00 Tagesschau 20.15 Mord mit Aussicht Tod eines Roadies · Krimiserie 21.00 In aller Freundschaft Mit einem Paukenschlag 21.45 Fakt Das MDR Magazin 22.15 Tagesthemen Mit Wetter 22.45 Menschen bei Maischberger 0.00 Nachtmagazin 0.20 Topjob – Showdown im Supermarkt Komödie, USA 2008 1.45 Menschen bei Maischberger 3.00 Gesundheits-Check (2/2)
5.00 hallo deutschland 5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00 heute 9.05 Volle Kanne – Service täglich 10.30 Die Rosenheim-Cops 11.15 SOKO Wismar 12.00 heute 12.10 drehscheibe 13.00 ZDF-Mittagsmagazin 14.00 heute – in Deutschland 14.15 Die Küchenschlacht 15.00 heute 15.05 Topfgeldjäger 16.00 heute – in Europa 16.10 SOKO Kitzbühel 17.00 heute 17.10 hallo deutschland 17.45 Leute heute 18.05 SOKO Köln 19.00 heute 19.20 Wetter 19.25 Die Rosenheim-Cops Ein Callcenter unter Verdacht 20.15 Die Aldi-Story Karl und Theo Albrecht 21.00 Frontal 21 21.45 heute-journal Wetter 22.15 Die Anstalt Politsatire · Mit Christian Ehring, Matthias Egersdörfer, Rainald Grebe 23.00 jung.radikal Mit Leidenschaft für eine bessere Welt 23.30 Markus Lanz 0.45 heute nacht 1.00 Neu im Kino „Zeitgeist“ von Jason Reitman
7.20 Yourope (VPS 7.15) 7.45 Polar Sea 360° – Per Anhalter durch die Arktis 8.30 X:enius 8.55 Busenwunder 9.50 Die besondere Wissenschaft vom Urin 10.45 Karambolage 10.55 Nächster Halt 11.20 Planet Plankton 12.05 360° – Geo Reportage 12.50 Wie das Land, so der Mensch 13.20 ARTE Journal 13.50 Huhn mit Pflaumen (Wh.) Tragikomödie, F/D/B 2011 15.20 Was Du nicht siehst 15.45 Royal Dinner 16.15 Heimathafen 17.05 X:enius 17.35 Das Voynich-Manuskript 18.25 Wüstenschiffe 19.10 ARTE Journal 19.30 Polar Sea 360° – Per Anhalter durch die Arktis 20.15 Die flimmernde Macht der Emirate (1+2/2) Der Golf wird erobert / Die Welt wird erobert 22.05 Debatte 22.15 Kirkuk – Allein gegen die ISIS (VPS 22.10) 23.00 Debatte ·Zu Gast: M. Lüders 23.10 Der Kampf geht weiter: Generation Post-Mandela 0.05 Der Lange Marsch des Nelson Mandela (VPS 0.00) · Dokumentarfilm, USA 1999
5.05 Reisewege 5.50 Pause 6.20 Kulturzeit 7.00 nano 7.30 Alpenpanorama 9.00 ZIB 9.05 Kulturzeit 9.45 nano 10.15 Hart aber fair 11.45 Natur im Garten 12.10 Am Schauplatz 13.00 ZIB 13.20 Glocken – Klang zwischen Himmel und Erde (VPS 13.15) 14.05 Über allen Gipfeln 14.55 Erlebnis Österreich (VPS 14.50) 15.20 Universum 18.30 nano 19.00 heute 19.20 Kulturzeit 20.00 Tagesschau 20.15 Am Kreuzweg Drama, D 2011 Mit Harald Krassnitzer, Karoline Eichhorn, C. Reinhardt u.a. 21.45 Kino Kino U.a.: „Alles ist Liebe“ / Mein Lieblingsfilm: Günter Grünwald / „Haindling – und überhaupts ...“ 22.00 ZIB 2 22.25 Die Unbesiegbaren Rückkehr der Seuchen 23.10 Unterschätzte Gefahr – Der Kampf gegen Ebola (VPS 23.09) 23.40 Die Heilige Kubas (VPS 23.35) Dokumentarfilm, D 2014 0.40 10vor10 (VPS 21.50)
5.20 Thüringen-Journal 5.50 Wuhladko 6.20 LexiTV – Wissen für alle 7.20 Rote Rosen 8.10 Sturm der Liebe 9.00 Brisant 9.45 Mach dich ran! 10.10 Giraffe, Erdmännchen & Co. 11.00 MDR um elf 11.45 In aller Freundschaft 12.35 Peter schießt den Vogel ab (Wh.) · Komödie, D 1959 14.00 MDR um zwei 15.00 L exiTV – Wissen für alle 16.00 MDR um vier 17.45 MDR aktuell 18.05 Wetter für 3 18.10 Brisant 18.54 Unser Sandmännchen 19.00 Regional 19.30 MDR aktuell 19.50 Einfach genial 20.15 Umschau extra Die Trickser (2) 20.45 Der Osten Der geheimnisvolle Dom zu Erfurt 21.15 Geschichte Mitteldeutschlands U.a.: Jugendzimmer Meerane / Tapetenwechsel: Stefanie Hertel 21.45 MDR aktuell 22.05 Der Kunstpapst Will Grohmann – Eine Erinnerung 22.50 Polizeiruf 110 Tod durch elektrischen Strom · TV-Kriminalfilm, DDR 1990 · Mit J. Frohriep u.a. 0.00 Dostojewski Dramaserie
7.30 El Sistema – Das Musikwunder von Caracas 8.00 Brandenburg aktuell 8.30 Abendschau 9.00 ZiBB 9.55 ARD-Buffet 10.35 Rote Rosen 11.25 Sturm der Liebe 12.15 Panda, Gorilla & Co. 13.00 rbb aktuell 13.05 Schloss Einstein 13.30 In aller Freundschaft 14.15 Planet Wissen 15.15 Reisewege 16.00 rbb aktuell 16.05 Lecker aufs Land 16.50 kurz vor 5 17.00 rbb aktuell 17.05 Giraffe, Erdmännchen & Co. 17.55 Unser Sandmännchen 18.00 rbb um 6 18.30 ZiBB 19.25 rbb wetter 19.30 Abendschau 19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15 Wowereit – war das gut so? 21.00 Mein Berlin, Dein Berlin Jugend in der Mauerstadt 21.45 rbb aktuell 22.15 Thadeusz Zu Gast: Klaus Wowereit 22.45 Deutsche gegen Devisen. Ein Geschäft im Kalten Krieg 23.30 1989 Dokufilm, D/DK 2014 1.00 Thadeusz
6.35 Markt 7.20 Rote Rosen 8.10 Sturm der Liebe 9.00 Nordmagazin 9.30 Hamburg Journal 10.00 Schleswig-Holstein Magazin 10.30 Regional 11.00 Hallo Niedersachsen 11.30 Eisbären können nicht weinen 12.15 In aller Freundschaft 13.00 Typisch! 13.30 Brisant 14.00 NDR aktuell 14.15 Bilderbuch Deutschland 15.00 NDR aktuell 15.15 Vor Schottlands Küste 16.00 NDR aktuell 16.10 Mein Nachmittag 17.10 Das Waisenhaus für wilde Tiere 18.00 Regional 18.15 NaturNah 18.45 DAS! 19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15 Visite U.a.: Abenteuer Diagnose: quälende Enge / Spezial: Multiple Sklerose: wie moderne Medizin helfen kann 21.15 Panorama 3 21.45 NDR aktuell 22.00 Tatort Grabenkämpfe · TVKriminalfilm, D 2011 · Mit Richy Müller, Felix Klare u.a. 23.30 Weltbilder 0.00 Seelenvögel Dokufilm, D 2009
5.50 Lokalzeit Südwestfalen 6.20 Lokalzeit aus Bonn 6.50 Lokalzeit aus Duisburg 7.20 10 Dinge, die du wissen musst 7.50 Kampf um Tibet 8.20 Dichter dran! 8.30 Hier und heute 8.45 Hart aber fair 10.00 Lokalzeit 10.30 Aktuelle Stunde 11.10 Das Waisenhaus für wilde Tiere 12.00 Eisbär, Affe & Co. 12.45 WDR aktuell 13.00 Servicezeit 13.30 In aller Freundschaft 14.15 Faszinierende Wildnis 15.00 Planet Wissen 16.00 WDR aktuell 16.15 daheim & unterwegs 18.00 Lokalzeit 18.05 Hier und heute 18.20 Servicezeit 18.50 Aktuelle Stunde 19.30 Lokalzeit 20.00 Tagesschau 20.15 Abenteuer Erde Polarfüchse – Bewährungsprobe in der Arktis 21.00 Quarks & Co. U.a.: Ebola! / Ist das Virus zu stoppen? 21.45 WDR aktuell 22.00 Weltweit 22.30 West ART 23.15 Nichts zu verzollen Komödie, F 2010 · Mit B. Poelvoorde u.a. 1.00 Domian
9.20 SWR Landesschau RP 10.05 SWR Landesschau BW 10.50 ARD-Buffet 11.35 Nashorn, Zebra & Co. 13.15 Planet Wissen 14.15 Eisenbahn-Romantik 14.45 Bilderbuch Deutschland 15.30 Die Rezeptsucherin 16.00 SWR Landesschau aktuell 16.05 Kaffee oder Tee 17.00 SWR Landesschau aktuell 17.05 Kaffee oder Tee (VPS 16.05) 18.00 SWR Landesschau aktuell 18.09 Stuttgarter Börse 18.12 Baden-Württemberg Wetter 18.15 natürlich! 18.45 SWR Landesschau BW 19.30 SWR Landesschau aktuell 20.00 Tagesschau 20.15 Tatort Scherbenhaufen · TVKriminalfilm, D 2012 · Mit Richy Müller, Felix Klare u.a. 21.45 SWR Landesschau aktuell 22.00 Hannes und der Bürgermeister Die Memoiren / Samba 22.30 Schreinerei Fleischmann und Freunde 23.00 Das Beste aus „Verstehen Sie Spaß?“ Mit Nena, Yvonne Catterfeld 23.25 Hannes und der Bürgermeister Die Memoiren / Samba 23.55 Die Mathias Richling Show 0.25 SWR3latenight Der Nächste bitte · Zu Gast: Olli Dittrich (Komiker)
Bayern
Sat1
Pro7
DLF
12.25 In aller Freundschaft 13.05 SternstundenAdventskalender 13.10 Elefant, Tiger und Co. 14.00 Gernstls Deutschlandreise 14.15 Der Tafelberg – Wächter des Südens 15.00 Sternstunden-Adventskalender 15.05 Polizeiinspektion 1 15.30 Wir in Bayern 16.45 Rundschau 17.00 Der Friedensweg (2/4) 18.00 Abendschau 18.43 Sternstunden-Adventskalender 18.45 Rundschau 19.00 Gesundheit! 19.45 Dahoam is Dahoam 20.15 BR unterwegs 21.00 50 Jahre Bayern im Fernsehen 21.45 Rundschau-Magazin 21.59 Sternstunden-Adventskalender 22.00 Münchner Runde 22.45 Auf der Suche nach Heilern · Dokumentarfilm, D 2014 0.10 Rundschau-Nacht 0.20 Sternstunden-Adventskalender
5.30 Sat.1-Frühstücksfernsehen 10.00 Auf Streife 11.00 Richterin Barbara Salesch 12.00 Richter Alexander Hold 13.00 Richter Alexander Hold 14.00 Auf Streife 15.00 Im Namen der Gerechtigkeit – Wir kämpfen für Sie! 16.00 Anwälte im Einsatz 17.00 Mein dunkles Geheimnis 17.30 Schicksale – und plötzlich ist alles anders 18.00 In Gefahr – Ein verhängnisvoller Moment 19.00 Navy CIS 19.55 Sat.1 Nachrichten 20.15 Kokowääh. Komödie, D 2011 22.50 Kein Angsthase – Til Schweiger macht Kino 23.50 akte 20.14 – Reporter kämpfen für Sie! 0.50 Criminal Minds · Die Suche 1.45 Navy CIS · Verraten 2.35 In Gefahr – Ein verhängnisvoller Moment 3.15 Schicksale – und plötzlich ist alles anders
5.15 Scrubs – Die Anfänger 5.55 Suburgatory 6.45 Two and a Half Men 8.10 2 Broke Girls 8.35 New Girl 9.05 How I Met Your Mother 10.25 The Big Bang Theory 11.45 Two and a Half Men 13.10 2 Broke Girls 13.40 New Girl 14.10 The Big Bang Theory 15.30 How I Met Your Mother 17.00 taff 18.00 Newstime 18.10 Die Simpsons 19.05 Galileo 20.15 Two and a Half Men · Das böse Lachen 20.45 Two and a Half Men · Nicht in meinen Mund! 21.15 2 Broke Girls · Funk und Trash 21.45 2 Broke Girls · Das Enthüllungsbuch 22.15 Friends with Better Lives · Handy Randy 22.45 Friends with Better Lives · Der Supermodel-Doc 23.15 TV total 0.15 Two and a Half Men · Das böse Lachen 0.45 Two and a Half Men · Nicht in meinen Mund!
11.35 Umwelt und Verbraucher 11.55 Verbrauchertipp 12.00 Nachrichten 12.10 Informationen am Mittag 13.35 Wirtschaft am Mittag 14.10 Deutschland heute 14.35 Campus und Karriere 15.05 Corso – Kultur nach 3 16.10 Büchermarkt 16.35 Forschung aktuell 17.05 Wirtschaft und Gesellschaft 17.35 Kultur heute 18.10 Informationen am Abend 18.40 Hintergrund 19.05 Kommentar 19.15 Das Feature 20.10 "Das sind nicht wir, das ist nur Glas" · Hörspiel nach Ivana Sajko 21.05 Jazz live · Jason Moran & the Bandwagon 22.05 Musikjournal · Berichte – Informationen – Kommentare 22.50 Sport aktuell 23.10 Das war der Tag · Journal vor Mitternacht 23.57 National- und Europahymne 0.05 Deutschlandfunk Radionacht
Hessen
RTL
VOX
DRadio
11.25 In aller Freundschaft (VPS 11.30) 12.10 Für immer 30 (Wh.) (VPS 12.15). Komödie, D 2011 13.40 Das Traumhotel (VPS 12.45) · Verliebt auf Mauritius · TV-Familienfilm, D/A 2004 15.10 Tierärztin Dr. Mertens (VPS 15.14) · Alarm im Zoo 16.00 Hessenschau kompakt 16.05 hallo hessen 16.45 Hessenschau kompakt 17.00 hallo hessen 17.50 Hessenschau kompakt 18.00 Maintower 18.20 Brisant 18.50 Service: Reisen 19.15 Alle Wetter! 19.30 Hessenschau 20.00 Tagesschau 20.15 Hessens große Adelsfamilien 21.45 Alte Hofgüter – junge Ideen 22.30 Hessenschau kompakt 22.45 Wenn Frauen morden (1/3) 23.30 Mankells Wallander: Inkasso. Kriminalfilm, S/D 2010 0.55 Schlittenfahrt in ein neues Leben
5.35 Explosiv – Das Magazin 6.00 Guten Morgen Deutschland 8.30 Gute Zeiten, schlechte Zeiten 9.00 Unter uns 9.30 Die Trovatos – Detektive decken auf 11.30 Traumkleid gesucht 12.00 Punkt 12 14.00 Verdachtsfälle 17.00 Berlin Models – Unser Leben, unser Traum 17.30 Unter uns 18.00 Explosiv – Das Magazin 18.30 Exclusiv 18.45 RTL aktuell 19.03 Wetter 19.05 Alles was zählt 19.40 Gute Zeiten, schlechte Zeiten 20.15 Bones – Die Knochenjägerin · Der Zeh und die Dazugehörige 21.15 Bones – Die Knochenjägerin · Das Bein im Biest aus dem Becken 22.15 CSI – Den Tätern auf der Spur · Catherine Willows bedauert 23.10 CSI – Den Tätern auf der Spur · Catherine Willows wagt sich 0.00 RTL Nachtjournal
5.40 Hilf mir doch! 6.45 Verklag mich doch! 8.45 Verklag mich doch! 9.50 Hilf mir doch! 10.55 vox nachrichten 11.00 Mein himmlisches Hotel 12.00 Shopping Queen 13.00 Verklag mich doch! 14.00 Verklag mich doch! 15.00 Shopping Queen 16.00 Vier Hochzeiten und eine Traumreise 17.00 Mein himmlisches Hotel 18.00 Mieten, kaufen, wohnen 19.00 Das perfekte Dinner 20.00 Prominent! 20.15 Goodbye Deutschland! Die Auswanderer 23.15 Die Küchenchefs 0.15 vox nachrichten 0.35 Arrow · Strippenzieher 1.25 CSI: NY · Kunstfehler 2.05 White Collar · Neal Rising – Wie alles begann 2.50 White Collar · Beweise für Burma 3.35 Medical Detectives – Geheimnisse der Gerichtsmedizin 4.20 Mieten, kaufen, wohnen
9.07 Im Gespräch 10.07 Lesart 11.07 Tonart 12.07 Studio 9 13.30 Länderreport · Das Phantom vom Bundestag. Die wahre Geschichte des Abgeordneten J. M. Mierscheid 14.07 Kompressor 15.00 Kakadu – Nachrichten für Kinder 15.05 Kakadu · Computerspieltipps für den Wunschzettel 15.30 Tonart 17.07 Studio 9 18.30 Weltzeit 19.07 Zeitfragen 20.03 Konzert. Johann Sebastian Bach: Messe für Soli, Chor und Orchester h-Moll BWV 232 (Robin Johannsen, Sopran; Roberta Invernizzi, Sopran; Valer Sabadus, Countertenor; Julian Prégardien, Tenor; Luca Tittoto, Bass; RIASKammerchor; Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Leitung: Andrea Marcon) 22.30 Studio 9 kompakt 23.05 Fazit 0.05 Feature · Tag der Verkäuferinnen
Kruzzle:
Die Fragen müssen wie gewohnt gelöst und in Pfeilrichtung eingetragen werden. Bei den geschüttelten Begriffen in den grauen Feldern ist durch eine Neuordnung ein sinnvoller Begriff „herzustellen“. Vorsteher
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18 Leserbriefe
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
*
Würden Sie Flüchtlinge persönlich unterstützen?
rung, das heißt, bei der Zerstörung sorbischer Heimat zu reden sein. Schließlich wird dem vielschichtigen Problem nachzugehen sein, dass Kultur in Deutschland mehr ist als deutsche Kultur und alle Varianten von »Leitkultur« nur die Wiederbelebung jener o. a. schlechten Traditionen begünstigen. Peter Kroh, Neubrandenburg
Müllauto für eine gute Sache
Die Deutschen wollen Flüchtlinge gern persönlich unterstützen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach können sich 66 Prozent der Bevölkerung vorstellen, Asylsuchenden Sachspenden zu geben oder ihnen ehrenamtlich zu helfen. Außerdem gingen 34 Prozent der Bevölkerung davon aus, dass Deutschland von der Arbeitskraft von Asylbewerbern profitiert, heißt es in der Studie.
Der Osten hängt auch weiter am Tropf Zu »Zementierte Spaltung«, 29./30.11., S. 21 Der sehr informative Beitrag bedarf aus meiner Sicht zweier Ergänzungen: Erstens zeigt der Vergleich der West-Ost-Unterschiede bei der Prokopfproduktivität und des Prokopfeinkommens klar, dass der Osten am Tropf hängt. Denn bei den Einkommen ist die Kluft pro Monat mit rund 300 Euro weniger als ein Drittel des BIP pro Kopf mit rund 984 Euro. Eine Angleichung der Arbeitseinkommen und Renten ist wohl ohne eine »keynesianische« Industrialisierung mit massiver Staatshilfe nicht zu erwarten. Oft wird eingewandt, dass das Geld doch wieder nach dem Westen zurückflösse. Das ist zwar richtig, es wird dabei aber vergessen, dass die damit bezahlten Erzeugnisse und Leistungen vor Ort verbleiben und das Lebensniveau erhöhen. Es handelt sich nur eben leider nicht um eine eigenständige, »sich selbst tragende« Konsumtion. Das betrifft meines Erachtens die individuell-familiäre wie die gesellschaftliche Konsumtion. Zweitens sind ja im Osten durchaus Anstrengungen unternommen worden, neue Industriezweige zu etablieren, so etwa im Bereich der Windkraft- und der Sonnenenergienutzung. Aber infolge der bundesstaatlicherseits zurückgefahrenen Förderung der Erneuerbaren und auch der internationalen Konkurrenz preiswerterer Hersteller ist hier inzwischen so etwas wie eine »zweite Desindustrialisierung« in Gang gekommen. Volker Wirth, Berlin
Dank an Jürgen Reents und ein viel gefragtes »nd« Zu »Dank an einen Freund«, 29./30.11., S. 3 Hiermit möchte auch ich mich dem Dank an Jürgen Reents anschließen. Die Beiträge, die von ihm kamen, hatten immer interessante Inhalte und eine klare Ausdrucksform. Bestimmt hat sein Einarbeiten und auch Zuhören zu den Problemen der DDR eine Rolle gespielt. Den »Besserwessi« habe ich nicht gespürt. Mein »nd«, das ich schon seit meiner Studienzeit, ich bin 79 Jahre, abonniert habe, hat besonders in den letzten Jahren eine hohe Glaubwürdigkeit erreicht. Daran hat Jürgen
Für 87 Prozent der Bevölkerung seien Bürgerkriege in den Heimatländern von Flüchtlingen ein legitimer Grund für ein Asylbegehren in Deutschland, heißt es. Um jedoch Asylgesuche aus wirtschaftlichen Gründen zu vermeiden, wollen 59 Prozent der Befragten eine Verschärfung des Asylrechts. Auf die Frage, ob sie gegen ein geplantes Asylbewerberheim an ihrem Wohnort eine Protest-
Reents großen Anteil, dafür möchte ich danken und ihm für die Zukunft alles Gute wünschen. Noch eine kleine Episode zur Zeitung: Zur Zeit bin ich mit einer Reha-Maßnahme in einer Tagesklinik im Land Brandenburg. Man hat dort auch Pausen, dafür brachte ich von Anfang an mein »nd« mit. Meine Zeitung weckte großes Interesse. Viele dachten, dass es »neues deutschland« gar nicht mehr gebe. Nun lesen auch die anderen täglich die Zeitung, und ich muss immer zusehen, dass ich am Abend alle Seiten wieder zusammen bekomme. Helga Jonas, Berlin
War alles nur Unrecht und Verfolgung? Zu »Intellektuelle im Visier«, 2.12., S. 13 Nun bin ich mit 77 Lebensjahren einer von denen, die diese verblichene DDR mit aufgebaut haben. Allerdings mit meiner Umwelt mittlerweile schon etwas uneins, na gut, dem neoliberalen Mainstream kann vor Hass auf sozialistische Ideen schließlich nichts Positives einfallen. Doch mittlerweile haben nach 25 Jahren ja auch unsere linken Politiker das Unrecht in der DDR entdeckt und werden nicht fertig, es uns aufs Butterbrot zu schmieren. Nun steht das auch beim »nd« auf der Tagesordnung. Alles, was bisher über die DDR veröffentlicht wurde, ist lediglich haufenweis begangenes Unrecht in allen Schattierungen. Hat es eigentlich in den 40 Jahren des Bestehens der DDR nichts erhaltenswertes, keine positiven Seiten der Entwicklung gegeben, dass die 40 Jahre des Bestehens dieses Staates auf den Misthaufen der Geschichte gehören? Nur Unrecht, Diktatur, Verfolgung, Diskriminierung? Haben die 17 Millionen DDR-Bürger wirklich nur das Unrecht unterstützt? Kann es nicht sein, dass es schon krankhaft ist, hinter allem, was nach Sozialismus aussieht, Vergehen und Verbrechen zu sehen? Wie soll ich meine Biografie schreiben, wenn ich mit meiner Hände Arbeit nur dem Unrecht, der Diktatur und dem Verbrechen gedient habe? Kann man nicht hin und wieder auch die positiven Seiten dieser vierzigjährigen Geschichte aufzeigen? Gibt es wirklich nichts Bewahrenswertes aus den 40 Jahren DDR? Klaus Glaser, Schwarzenberg
note unterschreiben würden, antworten bundesweit 24 Prozent mit Ja. Im Jahr 1992 waren dies noch 37 Prozent. Damals sagten 41 Prozent der Befragten, sie würden definitiv keinen Protestbrief unterschreiben. Heute antworten 51 Prozent entsprechend. Und Sie liebe Leserinnen und Leser, welche Meinung haben Sie zu Flüchtlingen? epd/nd
Ob Jesus im Bundestag reden dürfte? Zu »Die plötzliche Wärme der Worte «, 29./30.11., S. 10 Eine Betrachtung zum Beginn der Adventszeit, der ich uneingeschränkt zustimmen kann. Das betrifft auch die Erläuterung des Begriffs »Versöhnung«: Übereinkunft zwischen den Menschen – auf der Basis von Gewaltfreiheit und ausgleichender Gerechtigkeit. Auch die Auffassung: »Käme der Mann aus Nazareth wieder, er würde kaum willkommen geheißen...« trifft zu. Christus könnte schließlich die Frage stellen, wie ernst wir alle das Christentum wirklich nehmen. Manchen Politikern könnte er die Frage nach Einhaltung solcher Gebote wie »Du sollst nicht falsch Zeugnis reden, nicht töten, nicht ehebrechen« u. a. stellen. Ob man ihn im Bundestag auftreten ließe? Sehr zutreffend ist der vorletzte Satz im Artikel: »Aber nur dort, wo die Räume erfüllt sein werden vom Bewusstsein des Unerfüllten, des unerfüllten Humanen, nur dort geschieht gelingende Adventszeit.« Das werden in den nächsten Wochen vor allem die Kirchenräume sein. Draußen, wohin man sieht: die Hektik der »Kaufhofnarren«. Ich denke, Advent (lat.) »Ankunft« müsste mehr sein, länger andauern als nur in der Zeit vor Weihnachten. Dr. Hans Bomke, Schwerin
Sorben sind genau so gefordert wie Regierung Zu »Sorgenvolle Sorben« und »Vermummter Hass«, 26.11., S. 1 und 3 Jetzt werden nicht mehr »nur« Schilder beschmiert, Wegkreuze zerstört, antisorbische Parolen an Wände gesprüht und sorbische Informationstafeln in Brand gesteckt. Gezielt und geplant werden Menschen bedroht und geschlagen. So fing es in den späten 1920er und frühen 1930er schon einmal an, als die Scheune des sorbischen Sägewerksbesitzers Jakub Lorenc-Zaleški in Schleife (Slepo) angesteckt wurde, der Domowina-Gründer Arnošt Bart, von einer Versammlung kommend, auf dem Heimweg verprügelt wurde. Viele demokratisch gesinnte Sorben saßen später in Hitlers Gefängnissen und Konzentrationslagern. Wenn der Wiederbelebung dieser Tradition Einhalt geboten werden soll, dann müssen die jetzt unmit-
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telbar notwendigen polizeilichen und strafrechtlichen Maßnahmen ergänzt werden durch eine offene und öffentliche politische Diskussion über den generellen Umgang der Deutschen mit dem Fremden, dem Anderen, der anderen Kultur. Das hat auch eine generelle Bedeutung, betrifft nicht allein dem Umgang mit Sorben. In jedem Fall sind die Sorben selbst gefordert. Sie müssen öffentlich die Frage beantworten: Was wollen / können / müssen sie selbst tun, damit sie als Angehörige einer slawischen Minderheit im deutschen Staat gleichberechtigt und gleichgeachtet ihr Leben gestalten können? Die Domowina und die Initiative zur Gründung eines sorbischen Parlaments (Serbski Sejmik) stehen hier vor gemeinsam zu lösenden Aufgaben. Aber auch der Staat ist gefordert. Er muss die Frage beantworten: Was will / kann / muss er politisch und juristisch regeln, damit seine Staatsbürger sorbischer Nationalität keine Bürger zweiter Klasse werden. Ich sehe diesbezüglich Regelungsbedarf zum Beispiel darin, dass im Grundgesetz eine Bestimmung zum Minderheitenrecht fehlt; dass Art.16 GG zur Staatsbürgerschaft nicht die Tatsache berücksichtigt, dass Sorben zwar deutsche Staatsbürger, aber nicht Deutsche, sondern Slawen sind. Mit Sicherheit wird über eine größere Mitbestimmung der autochthonen Minderheit bei der Vattenfall-Braunkohleförde-
Durch großzügige Hilfe vieler Spender, darunter auch durch die Hilfe von »neues deutschland« und deren Lesern, ist es im Jahr 2008 gelungen, ein Müllauto nach Bolivien zu transportieren. Ausgangspunkt war nach der Regierungsübernahme 2006 durch Präsident Evo Morales die Unterschutzstellung eines riesigen Quellgebietes in den östlichen Ausläufern der Anden. Die Gemeinde Samaipata hatte ein umfangreiches Programm erarbeitet, um Bäche und Flüsse sowie das Grundwasser vom Ursprung der Flussläufe an von Unrat und Abfällen aller Art freizuhalten. Der Bau einer neuen undurchlässigen Deponie als auch die Mülltrennung waren Gegenstand des Projektes. Schwerpunkt war auch die regelmäßige Müllabfuhr. Dazu hatte der Bürgermeister seinerzeit angefragt, ob es möglich wäre, ein modernes Müllfahrzeug aus Deutschland zu erhalten. Nun ist das mit der Nachhaltigkeit der Spenden manchmal so eine Sache. Deshalb fragten wir nun nach, was aus dem Müllauto geworden ist. Der Bürgermeister von Samaipata, Dr. Frank Herrera Bassta, teilte uns jetzt in einem Schreiben mit, dass sich das Fahrzeug in einem einwandfreien Zustand befindet, dass es von Mitarbeitern der Gemeinde gewartet und gepflegt wird und die Müllentsorgung dreimal wöchentlich erfolgt. Allen, die dazu beigetragen haben, das Fahrzeug zu spenden, drückt er seinen tief empfundenen Dank aus und betont seine immerwährende Zuneigung. Vielleicht freut sich der eine oder andere, dass sein Engagement ein winziges Stück dazu beigetragen hat, einem Land zu helfen, das in nur acht Jahren nach der Nationalisierung der Bodenschätze eine grandiose Entwicklung zum Wohl der Bürger genommen hat und das die Sympathie vieler Menschen in der ganzen Welt besitzt. Erika Hampel, Berlin
Ein Programm – Was für ein Programm? Zu »Sarkozy will wieder an die Spitze«, 29./30.11., S. 5 und zu diversen Berichten über die AfD Was ist nur los in einem der Stammländer der europäischen Aufklärung, in einer der ersten neuzeitlichen Republiken? Das fragten wir uns schon, als im Jahr 2002 Lionel Jospin knapp die Stichwahl versäumte, so dass demokratische Wähler und Wählerinnen »mit Handschuhen und Gasmaske« den »bürgerlichen« Atomzündler Jacques Chirac wiederwählen mussten. Nun: Teilweise ist Ähnliches los wie diesseits des Rheins. Unsägliche Kasper an den Spitzen beider »gemäßigten« Parteien, dort wie hier Politikverzicht in allen wirklich
wichtigen Zukunftsfragen und eben auch kritikloses Opfern der Souveränität an eine undemokratische EU. Letzteres hätte uns als Linke mindestens dazu veranlassen sollen, unser Wahlprogramm zur Europawahl in der Form des Entwurfs zu belassen, in dem die EU angemessen kritisch charakterisiert wurde. Vielleicht hätten wir weniger Stimmen an die AfD verloren. Man kann sehr wohl gegen die EU und ihre schlimmsten »Alternativlosigkeiten« sein und sie fundiert von links kritisieren! Den Politikverzicht wie auch die EU betrifft die Kernenergiefrage als Kernfrage: Wenn ein Staat Jahrzehnte nach Tschernobyl und Jahre nach Fukushima noch immer drei Viertel seines Stroms in Atomkraftwerken produziert und am Fusionsreaktor forscht, wäre sowohl eine französische Partei gefragt, die noch bei Verstand ist, als auch die EU – da Verseuchungen, siehe Tschernobyl, nicht an Staatsgrenzen halt machen. Der einstigen Präsidentschaftskandidatin S. Royal (PS) fiel auf eine diesbezügliche Journalistenfrage nur ein, das müsse sie noch überlegen. Nicht umsonst kommentierte ihr Partei- und früherer persönlicher Freund Hollande: »Programm? – Sie hat keines.« Das nahm mich für ihn ein – im Glauben, er hätte vielleicht wenigstens eines. Wenn darüber hinaus schon errechnet ist, dass Frankreich theoretisch komplett mit Meereswellenenergie versorgt werden könnte; wenn man als Reisender selbst im Vergleich zu Belgien nochmals viel weniger Solardächer und Windräder wahrnimmt; und wenn drittens die schwächelnde Volkswirtschaft dringend zukunftsorientierte Konjunkturprogramme braucht: Dann liegt doch eine ebenso zügige wie großzügige Förderung sauberer Energien geradezu auf der Hand! Bernhard May, Solingen
Welch wunderbare Möglichkeit Zu »Schreiben Sie noch Weihnachtskarten?«, 25.11., S. 18 Unter den vorgedruckten Weihnachts- und Neujahrswünschen lediglich meine Unterschrift zu setzen, lehne ich entschieden ab. Weil das formal und sinnlos wäre. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, wenn ich in meiner Weihnachtspost auf Erlebnisse des Adressaten im ablaufenden Jahr eingehe, die ihn sehr beschäftigt haben, sei es, dass ihm ein Unheil widerfahren ist, sei es, dass ihm ein unverhofftes Glück zuteil wurde. Auch die Weihnachtssendungen mit kleinen literarischen Kostbarkeiten anzureichern, zum Beispiel Ditte Clemens’ »Der grünste Baum«, Jakob Heins »Erfahrungen mit der Adventsbäckerei« oder Erich Kästners »Sechsundvierzig Heiligabende« kann ich empfehlen. In den Dankesbriefen erfahre ich dann, welche Resonanz die mitgesandten Texte ausgelöst haben, wie viel Nachdenklichkeit zu spüren war, aber auch, wie köstlich sich die Festtagsgesellschaft beim Vorlesen amüsiert hat. Welch eine wunderbare Möglichkeit, das Interesse an Literatur wachzuhalten oder es überhaupt zu wecken. Die Kultur des Vorlesens zu pflegen, halte ich außerdem für einen schönen Nebeneffekt. Ilse Gotthardt, Rostock
TERMINE Berlin. 10.12., 19 Uhr: »Fritz Behrens und seine rätekommunistische Kritik sozialistischer Reform«. Referent: Prof. Dr. Thomas Kuczynski, Max-LingnerHaus, Straße 201, Nr. 2, Niederschönhausen Berlin. 11.12., 19 Uhr: »Zwangsräumungen und Krise des Hilfesystems«. Mit Laura Berner und Dr. Andrej Holm. Helle Panke, Kopenhagener Straße 9, Prenzlauer Berg Berlin. 12.12., 18 Uhr: »12. Dezember 1969 – 45 Jahre Bombenanschlag auf die Piazza Fontana in Mailand«. Referenten: Dr. Frank Engster und Cinzia Rivieri. //:about blank, Markgrafendamm 24 c, Friedrichshain Berlin. 12.12., 19 Uhr bis zum 14.12., 16 Uhr: Einführungsworkshop in »Das
Kapital« von Karl Marx – Junge Panke mit Dr. Nadja Rakowitz und Birgit Ziener. Helle Panke, Kopenhagener Straße 9, Prenzlauer Berg
Halle. 9.12., 18 Uhr: »Hoffnung inmitten der Barbarei – zum Bürgerkrieg in Syrien«, Löwengebäude der Martin-Luther-Universität, HS 13, Uniplatz
Dresden. 10.12., 19 Uhr: 1989-2014. Was ist aus der Idee vom »gemeinsamen europäischen Haus« geworden? – Vortrag und Diskussion mit Dr. Erhard Crome. in der WIR-AG, Martin-LutherStraße 21
Leipzig. 13.12., 10 bis 13 Uhr: Analyse politischer Kommunikation – Ständiges Seminar mit Prof. Dr. Peter Porsch und Dr. Ruth Geier. Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen, Harkortstraße 10
Dresden. 16.12., 18 Uhr: »Schwierigkeiten um die Nation – ein linkes Dauerthema«. Mit Dr. Wilfried Trompelt, Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen-AK Dresden. WIR-AG, Martin-Luther-Str. 21 Greifswald. 11.12., 19 Uhr: Die Antifa – Szene oder Bewegung. Versuch einer Standortbestimmung. »Salon de la critique«. Ikuwo, Goethestraße 1
Rostock. 13.12., 10 bis 15 Uhr: Planungstreffen der RLS-Freundeskreise. Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Augustenstraße 78
Senftenberg. 11.12., 19 Uhr: Vortrag und Gespräch in der Reihe »Reden über Philosophie, Kunst und Politik« über Immanuel Kant mit Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann. Tenglers Buchhandlung, Markt 11
Sport 19
u neues deutschland Dienstag, 9. Dezember 2014
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NACHRICHTEN
Bach-Reformen werden durchgewinkt
Robert Harting sieht nur wenig Hoffnung für eine erfolgreiche Verteidigung seines WM-Titels vom 29. August bis 6. September 2015 in Peking. Der derzeit am Kreuzband verletzte DiskusOlympiasieger wird voraussichtlich Ende Januar wird er wieder ins Training einsteigen.
26 von 40 Vorschlägen der Agenda 2020 des IOC-Präsidenten Thomas Bach angenommen
Karsten Baumann soll nach Medienberichten neuer Trainer beim Fußball-Drittligisten Hansa Rostock werden. Hansa hatte nach der erneuten Niederlage am Sonnabend den bisherigen Coach Peter Vollmann beurlaubt. Die endgültige Entscheidung durch den Aufsichtsrat soll allerdings frühestens am Dienstag fallen. Michele Ferrari, der lebenslang gesperrte Skandalarzt, soll vor der Saison 2014 Radprofis des Astana-Teams getroffen haben. Zu den Begegnungen sei es im November 2013 in Montecatini Terme (Toscana) gekommen, schreibt die Gazzetta dello Sport. Die Staatsanwaltschaft Padua hat dazu ein 550-seitiges Dossier erstellt. Am Mittwoch will der Radsportweltverband UCI die Entscheidung über die World-Tour-Lizenz der Equipe um Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali bekanntgeben.
Mächtig: IOC-Präsident Thomas Bach auf der 127. Session in Monaco
Olympia soll billiger und attraktiver werden. Mit breiter Zustimmung verabschiedet das IOC in Monte Carlo Vorschläge zur eigenen Neuausrichtung. Gelingt der erste Schritt aus der Glaubwürdigkeitskrise? Von Sven Busch, Monaco Ein Olympia-Kanal, länderübergreifende Spiele, Modernisierung des Programms und Kostensenkungen: Mit einhelliger Zustimmung hat das IOC in Monte Carlo historische Reformen beschlossen. Ohne Gegenstimme verabschiedeten die 96 Olympier am Montag in Monte Carlo die ersten 26 der 40 Vorschläge zur Neuausrichtung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und hoffen so, den ersten Schritt aus ihrer Glaubwürdigkeitskrise gemacht zu haben. »Ich bin sehr zufrieden und glücklich«, sagte IOC-Präsident Thomas Bach zu den einschneidendsten Veränderungen seit dem Reformkon-
gress 1999 nach dem Korruptionsskandal um die Vergabe der Winterspiele an Salt Lake City. Die Umsetzung der Agenda 2020 soll sofort beginnen, um das in der Öffentlichkeit verlorene Vertrauen zurückzugewinnen Vor allem die Kreation eines eigenen TV-Senders, der 490 Millionen Euro kosten und zunächst als digitale Plattform den olympischen Sportarten zwischen den Spielen zu deutlich mehr Aufmerksamkeit verhelfen soll, sorgte für Aufsehen. »Dies ist ein historischer Schritt für das IOC und die olympische Bewegung«, kommentierte Bach. Das IOC beschloss zudem, aus Gründen der Nachhaltigkeit »die Austragung ganzer Sportarten oder einzelner Disziplinen außerhalb der Gastgeber-Stadt oder in Ausnahmefällen außerhalb des Landes zu erlauben«. Künftig soll verstärkt auf temporäre Bauten gesetzt werden, es sei denn, der Gastgeber kann ein schlüssiges Nachhaltigkeitskonzept für die Sportstätten vorlegen.
Foto: dpa/Sebastien Nogier
Für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erhöhen sich damit die Variationsmöglichkeiten. Hamburg könnte sich zum Beispiel die Konstruktion einer teuren Kanu-Slalom-Strecke sparen und die Wettbewerbe ins sächsische Markkleeberg auslagern. Vorrundenspiele im Handball, Volleyball und Basketball wären in Kiel, Bremen, Flensburg oder Schwerin denkbar. Berlin hätte die Möglichkeit, auf Arenen in Potsdam, Magdeburg und Leipzig zurückzugreifen. Eine Doppel-Bewerbung von Berlin und Hamburg für die Spiele 2024 schloss DOSB-Generaldirektor Michael Vesper erneut aus. Die IOC-Entscheidungen, den oft kritisierten Ausrichtervertrag zu veröffentlichen und die Bewerbungskosten zu senken, wurden von Vesper begrüßt. Eine deutsche Bewerbung bekomme dadurch »deutlichen Rückenwind«. »Heute ist der Tag der Entscheidungen. Wollen wir uns verändern oder wollen wir verändert werden?«, fragte Bach bei der Eröffnung der 127.
Vollversammlung im Grimaldi Forum und nahm damit seine Kollegen in die Pflicht. In einer sich ständig verändernden Welt müsse sich auch das IOC wandeln, um nicht zum Spielball der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung zu werden. Die Olympier folgten dem Wunsch des 60-Jährigen mit der erwarteten Einigkeit - die Umsetzung des ambitionierten Großprojekts steht aber noch aus. Neben einer Reduzierung der Ausgaben für die Olympistädte war auch die überfällige Modernisierung des olympischen Programms einer der zentralen Punkte in Bachs Plänen. In Zukunft dürfen die jeweiligen Ausrichter neue Disziplinen oder sogar neue Sportarten vorschlagen, die sie bei ihren Heimspielen gern präsentieren würden - die Wünsche müssen vom IOC allerdings abgesegnet werden. Das bisherige Limit von 28 Sportarten bei Sommerspielen und sieben bei Winterspielen wurde aufgehoben, die Obergrenze von 10 500 Athleten im Sommer und 2900 bei den
Winterspielen aber beibehalten. Bach verspricht sich dadurch mehr Flexibilität für das olympische Hochglanzprodukt und mehr interessierte Bewerber für die Winterspiele. Nicht erst seit den 50 Milliarden Dollar teuren Retortenspiele von Sotschi mit all ihren Sünden wandten sich traditionelle Wintersportländer vom IOC ab. Das soll sich nun ändern. »Das ist eine beschleunigte Evolution, keine Revolution«, erklärte IOCSpitzenfunktionär Richard Pound, warnte aber vor übersteigerten Erwartungen bei der zeitnahen Implementierung aller Initiativen: »Das ist erst der Anfang. Wir können nicht alle 40 Punkte in den nächsten sechs Monaten umsetzen, sondern müssen priorisieren.« Auch für IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger war die Sitzung in Monte Carlo erst der Anfang. »Thomas Bach wollte alle aufwecken. Das hat er getan«, sagte der 85-Jährige. »Jetzt muss man sehen, ob das IOC und die globale Gesellschaft vorbereitet sind, das alles umzusetzen.« . dpa/nd
Ein 18-jähriger Schiedsrichter ist am Wochenende bei einem C-Jugendspiel zwischen Arminia Hannover III und dem Mühlenberger SV zusammengeschlagen worden. Der Schiedsrichter wollte die Partie nach Pöbeleien beim Stand von 3:0 für das Heimteam abbrechen. Darauf hin sei der Referee von 14 bis 15-jährigen Gästespielern tätlich angegriffen und von bis zu zwölf Spielern getreten worden. Der DFB will Botschaften auf T-Shirts von Fußball-Profis in den Stadien nicht mehr tolerieren. Nach den Aktionen von Anthony Ujah und Haris Seferovic in der Bundesliga wird der Verband in den kommenden Tagen alle Spieler über ihre Vereine anschreiben, um auf das Verbot persönlicher Botschaften hinzuweisen. Agenturen/nd
TV-Tipp 17.45 - 20.00 Uhr, Eurosport: Fußball, UEFA Youth League, Gruppenphase, 6. Spieltag, Gruppe A: Juventus Turin - Atlético Madrid
Viel zu wenig rote Karten Urawa Red Diamonds verpasst den Meistertitel, der Trainer hadert mit dem Fair-Play-Ideal im japanischen Fußball In Japan ist man stolz auf Fair Play. Michael Petrovic indes, österreichischer Trainer von Urawa Red Diamonds, sieht hierin den Grund für die verspielte Meisterschaft seiner Mannschaft. Von Felix Lill, Tokio In der zurückhaltenden, höflichen japanischen Gesellschaft funktioniert Fußball nicht wie in Europa. Auf dem Platz wird weniger geschrien, auch eine Kultur aggressiver Fans existiert kaum. Der Schiedsrichter dagegen gilt auf dem Rasen als unfehlbar, auch die Presse diskutiert dessen Leistungen nicht. Ein Beispiel: Als beim Eröffnungsspiel der WM 2014 der japanische Schiedsrichter Yuichi Nishimura einen sehr fragwürdigen Elfmeter für Brasilien gegeben hatte, regte sich die ganze Welt tagelang auf. In Japans Medien allerdings blieb es still. Auch böse Fouls gibt es im japanischen Fußball kaum. Die Spielregeln, so scheint es hier, werden nicht als etwas interpretiert, das man ausreizen und auch überschreiten kann, sondern eher als allerletzte, mahnende Grenze des Möglichen. Und darauf ist man in Japan auch stolz. Die Fair-Play-Awards, die japanische Nationalmannschaften regelmäßig bei internationalen Turnieren gewinnen, werden im Fußballmuseum im Zentrum Tokios ausgestellt. Japanische Fußballer bräuchten eben
keine Fouls, um Erfolg zu haben, so die Botschaft. Etwas anders sieht das vermutlich Michael Petrovic, Trainer von den Urawa Red Diamonds. »Immer dieses Fair Play«, muss sich der Mann am Spielfeldrand, vornehm in Anzug gekleidet, am Sonnabend gedacht haben. Zwar stürmte er bei dem entscheidenden Spiel seiner Mannschaft nicht aus der Coachingzone heraus. Aber an ein paar japanische Gepflogenheiten scheint sich der Österreicher trotzdem nicht gewöhnt zu haben. Er sprang und stampfte herum und mehrere Male war seine Wut auf der Pressetribüne zu hören. Denn eigentlich hätte der Serbe mit österreichischem Pass japanischer Meister werden müssen. Eigentlich: Noch drei Wochen vor Saisonende hatte der Spitzenclub Urawa Red Diamonds, bei dem Petrovic seit 2012 unter Vertrag steht, mit fünf Punkten Vorsprung die Tabelle der J-League angeführt. Doch dann zeigte das Team Nerven. Nach einer Niederlage am vorletzten Spieltag gab der Club aus einem Vorort von Tokio die Tabellenführung an Gamba Osaka ab. Und am letzten Spieltag empfing Urawa daheim Nagoya Grampus, eine Mannschaft aus dem Tabellenmittelfeld. Gegen sie musste unbedingt ein Sieg her, wollte man die Chancen auf den Titel wahren. Tabellenführer Gamba Osaka indes genügte ein Sieg gegen Tokushima Vortis, den Tabellenletzten.
Für Petrovic‘ Urawa begann alles wie geplant. Die Gastgeber lagen vor 53 000 Zuschauer im WM-Stadion von 2002 in Saitama schon nach zwei Minuten in Führung – und waren so vorübergehend japanischer Meister. Denn in der zeitgleichen Begegnung zwischen Tokushima und Osaka fiel kein Tor. So plätscherte die Partie Urawa gegen Grampus dahin, streckenweise wurde schöner Fußball gespielt. Doch nach einem Spiel, in dem es für Urawa um die Meisterschaft ging, sah es nicht aus. In der 72. Minute gab es die Quittung: Nach einer Ecke fiel aus dem Nichts der Ausgleich. Danach war der große Favorit Urawa wie gelähmt und fing sich kurz vor Schluss auch noch das 1:2 ein. »Bevor ich nach Japan kam, hatte ich so etwas noch nie erlebt«, moserte Michael Petrovic nach verlorenem Spiel und verschenkter Meisterschaft. Seit acht Jahren ist der gebürtige Belgrader, der einst für Sturm Graz spielte und auch drei Jahre lang Trainer des Clubs war, in Japan zuhause. Dass der Trainerjob in Fernost mit seiner Fair-Play-Mentalität für diesen aufbrausenden, herzlichen Typen nicht immer einfach ist, konnte er nicht verbergen. »Hier ist es egal, ob es in einem Spiel um alles geht oder um nichts. Es wird immer gleich gespielt.« Das Feuer, die Leidenschaft fehle in Momenten, wenn sonst nichts mehr helfe. So könne man nichts gewinnen. Vor versammelter
japanischer Presse erzählte Petrovic Anekdoten, die von seinem sichtlich betretenen japanischen Übersetzer in die Landessprache übertragen wurde. »Bei unserem Spitzenspiel gegen Gamba Osaka vor ein paar Wochen pfiff der Schiedsrichter Ecke. Aber es hätte Elfmeter sein müssen. Das sahen wir alle so. Aber keiner meiner Spieler reklamierte.« Die Journalisten schwiegen, Petrovic zuckte mit den Achseln. Nach dem verkorksten Saisonfinale scheint der aufbrausende Petrovic mit seiner Kritik an der FairPlay-Mentalität in Japan recht zu haben. »Fußball ist eigentlich ein sehr schmutziger Sport«, moserte er. »Manchmal musst du drei rote Karten bekommen, solange du am Ende gewinnst.« Und er fragte seinen Übersetzer: »Wann haben meine Spieler eigentlich das letzte Mal eine gelbe Karte bekommen?« Für den ehemaligen jugoslawischen Nationalspieler Petrovic, der nach insgesamt 16 Jahren in Österreich 2006 als Trainer nach Hiroshima wechselte, wäre die Meisterschaft der J-League der bisher größte Erfolg gewesen. Immerhin: Wie zuvor während seiner Zeit in Hiroshima hat Petrovic die Mannschaft erneuert und auf Erfolgskurs geführt. »Aber Japans Fußball hat sich sehr stark entwickelt«, sagte er nach dem Spiel am Samstag trotz aller Wut. Als die Profiliga J-League vor 20 Jahren gegründet wurde, importierten de-
Die Spieler der Urawa Reds nach der verspielten Meisterschaft
ren Klubs noch im großen Stil gealterte Weltstars. »Heute sind die jungen Spieler viel besser als die großen Namen, die mal gut waren.« Damit zielte Petrovic auch gegen den Club Cerezo Osaka, der in diesem Jahr mit den Altstars Diego Forlán aus Uruguay und Cacau aus
Foto: AFP/Jili Press
Deutschland Großes vorhatte, dann aber abstieg. In der Aufstellung der Urawa Red Diamonds spielte am Sonnabend dagegen weder ein Ausländer noch ein alter Superstar. Allerdings könnte ihm so ein Spieler gerade gefehlt haben. Zum Beispiel für eine gelbe Karte.
20 Panorama
Dienstag, 9. Dezember 2014 u neues deutschland
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Auch bei Beersheva wechselt in einem Schmitah-Jahr das Land den Besitzer.
durch, dass die verarbeitende Industrie aus Rücksicht auf ultraorthodoxe Kunden nur Agrarprodukte verwendet, bei denen die Schmitah strikt eingehalten wurde, verstärken sich die Auswirkungen auf die Erzeuger. Nur 450 der rund 6700 Bauernhöfe, sagt das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, ließen ihr Land komplett ruhen. 50 Bauern machten gar nicht mit; viele andere bedienten sich eines Tricks aus dem 19. Jahrhundert: Sie verkaufen das Land einfach vor Jahresbeginn an einen Nicht-Juden. Und so wurde im September aus dem 25-jährigen russischen Einwanderer George Schteinmann, der zwar
einen jüdischen Vater hat, selbst aber kein Jude ist, zumindest auf dem Papier der größte Grundbesitzer Israels. Der Preis: 2000 Schekel, umgerechnet an die 360 Euro. Es sind vor allem diese geringen Summen, die vor allem Ultraorthodoxe an der Echtheit des Deals zweifeln lassen. Das Land gehöre den Käufern nicht, auch wenn es nun sein Eigentum sei, sagen ultraorthodoxe Rabbiner, während Israels modernorthodox ausgerichtetes Chefrabbinat solche Mittelwege absegnet. Früher wurden die Zahlungen allerdings in Form eines Schecks geleistet, der nicht eingelöst oder nach Jahresende
soEinDing.de! SUDOKU - Oktober 2011 Sudoku Nr. 9 (standard)
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1 Überflutungen auf der Insel Samar
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Nullgradgrenze: des 24h-Tages 700 Meter
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Das Zahlenrätsel muss so vervollständigt werden, dass in jeder 1 waagerechten und jeder senkrechten Zeile sowie in jedem der neun Unterquadrate jede Ziff 4er von 1 bis 9 nur einmal auftaucht.
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Belastung
Schlafstörungen Reaktionszeit Herzbeschwerden Erkältungsgefahr Konzentration
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Sudoku Nr. 12 (standard)
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Heute gibt es zeitweise Sonnenschein, aber auch viele Wolken, und die Temperaturen steigen auf Werte um 2 Grad. Der Wind weht mäßig, in Böen frisch aus Südwest. In der Nacht funkeln die Sterne, begleitet von wenigen Wolken. Die Tiefstwerte betragen zumeist -1 Grad.
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Mit freundlicher Unterstützung von www.sudoku-drucken.de
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Sudoku Nr. 11 (standard)
Wetter in der Region
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Flüge wurden gestrichen. Die küstennahen Slums wurden geräumt. Dort leben Zehntausende Menschen in leicht gebauten Bretterverschlägen, die bei Überflutungen zur Todesfalle werden können. Die Stadt richtete in Schulen und Turnhallen Notlager ein. »Hagupit« hatte in den Zentralphilippinen am Wochenende schwer gewütet. Ein Jahr nach »Haiyan« wurden Tausende Menschen zum zweiten Mal obdachlos. Dennoch atmete die Bevölkerung auf: 2013 waren viele Menschen in ihren Häusern von Flutwellen überrascht worden. Mehr als 7000 starben. »Unsere Vorkehrungen mit den Evakuierungen haben sich ausgezahlt«, sagte Innenminister Mar Roxas. Die Behörden hatten vor dem Sturm in der Region Lager mit Hilfsmitteln angelegt und versprachen eine zügige Auslieferung. dpa/nd
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Manila. Mit hefigem Wind und Regen haben die Ausläufer des Tropensturms »Hagupit« die philippinische Hauptstadt Manila erreicht. Das Schlimmste wurde für die Nacht zum Dienstag (Ortszeit) erwartet, so der Wetterdienst. »Hagupit« hat nach seinem zerstörerischen Zug quer über den Inselstaat am Wochenende an Kraft verloren und wurde mit Windgeschwindigkeiten von 120 Kilometern pro Stunde von einem Taifun zu einem tropischen Sturm herabgestuft. Die Zwölf-Millionen-Stadt Manila ist vorgewarnt: Ein ähnlicher Sturm
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hatte dort 2009 verheerende Überflutungen angerichtet. 200 Menschen starben damals. »Hagupit« hat bislang 24 Opfer gefordert. Allein 16 Menschen ertranken auf der Insel Samar. Dort hatte der Taifun in der Nacht zu Sonntag das Land erreicht. Ein Ehepaar und ein Kind wurden von umstürzenden Bäumen erschlagen, ein Junge starb, als er eine abgerissene Stromleitung berührte. »Wir müssen in Alarmbereitschaft bleiben«, sagte Meteorologe Alvin Pura mit Blick auf Manila. »Uns trifft zwar nicht das Auge des Sturms, aber es wird heftig regnen, und das kann zu Überschwemmungen führen.« Die Behörden erinnerten daran, Handys aufzuladen und Taschenlampen zu besorgen. In Manila blieben am Montag Schulen und Ämter geschlossen.
Sudoku Nr. 10 (standard)
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Taifun forderte bisher auf den Philippinen 24 Todesopfer Die Ausläufer von »Hagupit« erreichen die philippinische Metropole. Es drohen heftiger Regen und Fluten. Börse, Schulen und Ämter bleiben geschlossen. Schlimme Erinnerungen an 2009 werden wach.
(http://sudoku.soeinding.de)
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Manila zittert vor »Hagupit«
zurückgegeben wurde, womit der Kaufvertrag nichtig wurde. In diesem Jahr wurde erstmals eine echte Zahlung geleistet; doch überzeugt hat das die Religiösen nicht: Sie kaufen lieber Produkte von arabischen Höfen. »Unzeitgemäß«, nennt man die ultraorthodoxe Auslegung bei Israels Handelskammer: »Die Erzeuger brauchen Möglichkeiten, Religion und Geschäft in Einklang zu bringen«, sagt man dort. Denn selbst mit dem Landverkauf breche der Umsatz in diesen Jahren ein, viele Arbeiter müssten entlassen werden, weil die Ware von großen Teilen der Bevölkerung boykottiert wird.
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el ist mittlerweile sehr stark industrialisiert,« sagt Jael Herzog von der Umweltschutzorganisation SPNI. »Diese Regelung würde es dem Land ermöglichen, sich kurzzeitig zu erholen. Wenn sie eingehalten wird.« Denn für die Agrarwirtschaft ist die religiöse Vorschrift ein Fluch. Sie ist seit der Gründung Israels zu einer Milliardenindustrie herangewachsen und ergreift jede Gelegenheit, die Regel zu umgehen, ohne dass jemand mitbekommt, dass man sie umgeht. Denn es ist mitnichten die Regierung, die die Schmitah vorschreibt; es sind die Konsumenten. Gut zehn Prozent der Israelis sind strikt religiös. Nur: Da-
Foto: AFP/Menahem Kahana
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Als sie an der Reihe ist, fällt ihr Blick als allererstes auf die Beschriftungen der Kartons mit dem Obst und Gemüse. »Ist das aus den palästinensischen Gebieten?«, fragt die Frau den Obsthändler. Der Mann deutet mit missmutigem Blick auf ein Schreiben auf der Theke vor ihm. Darin bestätigt ein palästinensischer Großhändler, dass er seinem jüdischen Geschäftspartner tatsächlich so und so viel von diesem und jenem geliefert hat, und dass das von hier und da stammt, aber keinesfalls von einem Bauernhof, der zur Zeit Juden gehört. Während die Welt darüber rätselt, ob die dritte Intifada nah oder da ist, macht die palästinensische Landwirtschaft im Westjordanland zur Zeit ein Riesengeschäft mit der anderen Seite. Denn in Israel hat mit dem jüdischen Neujahrsfest im September ein sogenanntes Schmitah-Jahr begonnen: In jedem siebten Jahr muss in den Grenzen Israels zu biblischen Zeiten Land, dass sich im Besitz von Juden befindet, ruhen, so steht es in Leviticus 25: 3-6. Bauern dürfen dieses Land nicht pflügen, bepflanzen und abernten, haben daraufhin im Laufe der Jahrhunderte die Rabbiner entschieden. Erlaubt sind nur Maßnahmen, die der Erhaltung des Landes dienen. Wo die Grenzen des historischen Landes verliefen, ist nicht genau bekannt, der Süden gehörte aber nicht dazu. Für die einen ist diese Vorschrift ein Segen: »Jeder sollte diese Jahre zum Anlass nehmen, sich damit auseinanderzusetzen, dass das, was uns die Erde gibt, nicht garantiert ist«, sagt Rabbi Menachem Litzman vom Jerusalemer Rabbinat. Und auch aus Sicht von Umweltschützern hat die Schmitah ihre Reize: »Die Landnutzung in Isra-
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In Australien sind sieben bis zu zehn Meter lange Pottwale gestrandet. Anwohner entdeckten die leblosen Tiere am Montag in Yorke bei Adelaide. Experten waren perplex: Pottwale schwimmen normalerweise nicht in der Region. Für Strandungen mehrerer Wale kann es unterschiedliche Gründe geben. So wird die natürliche Echoortung der Tiere durch Unterwasserlärm, durch Ölförderung oder vom Militär eingesetzte Sonargeräte, gestört. Auch Flucht vor Feinden und eine starke Sonnenaktivität, die Einfluss auf den Orientierungssinn haben könnte, werden als Ursachen diskutiert. Agenturen/nd
Von Oliver Eberhardt, Jerusalem
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Die Tochter des Chefs der südkoreanischen Fluggesellschaft Korean Air hat im Zorn um ungefragt servierte Nüsse eine Maschine am Abheben gehindert. Cho Hyun Ah, die als Managerin bei der familiengeführten Airline arbeitet, seien kurz vor dem Start von New York nach Seoul Macadamianüsse serviert worden, um die sie nicht gebeten habe, so Korean Air. Cho habe darauf bestanden, dass die Chefin des Kabinenpersonals das Flugzeug verlassen müsse. Sie sei für den Verstoß gegen Servicevorschriften verantwortlich.
In jedem siebten Jahr müssen jüdische Bauern in Israel ihr Land ruhen lassen. Um diese religiöse Vorschrift zu umgehen, verkaufen viele Höfe ihr Land an Nicht-Juden – was nicht jedem Recht ist.
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Der Ausbruch des Vulkans Pico de Fogo im afrikanischen Inselstaat Kapverden hat sich verstärkt. Wie die Regierung am Sonntag mitteilte, erreichten die Lavaströme auf der Insel Fogo einen zweiten Ort. In Bangaeira seien eine Pension und mehrere Wohnhäuser beschädigt worden. Im Nachbardorf Portela seien zwei Kirchen weitgehend zerstört. Die 1500 Bewohner beider Orte waren zu Beginn des Ausbruchs vor zwei Wochen in Sicherheit gebracht worden. Die Dörfer liegen im von Felswänden umgebenen Kessel Chã das Caldeiras. In Portela hatten Lavaströme Dutzende Häuser, ein Hotel und die Schule zerstört. Mehrere Hektar Anbaufläche wurden unter der Lava begraben. Der 2829 m hohe Pico de Fogo war zuletzt 1995 ausgebrochen.
Mit der symbolischen Veräußerung in jedem siebten Jahr wird in Israel ein religiöses Gesetz umgangen
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Base-Springer Gareth Jones ist vor dem Hafen von Sydney von einer Klippe in den Tod gestürzt. Australische Polizisten bestätigten am Montag die Identität des 25jährigen Briten. Er sei über eine Absperrung geklettert, um den Sonnenaufgang zu betrachten. Dabei habe er den Halt verloren. Jones hatte über 500 Sprünge gemacht. Beim Base-Jumping springt man mit einem Schirm von festen Objekten in die Tiefe.
Jüdisches Land an Nichtjuden verkauft
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Die Zahl der Todesfälle durch Malaria ist deutlich zurückgegangen. 2013 seien 584 000 Menschen daran gestorben. Dies sei fast die Hälfte weniger als 2000, so die Weltgesundheitsorganisation in Genf. Grund sei vor allem der bessere Schutz vor Moskitostichen. So habe 2013 fast jeder zweite Afrikaner ein mit Insektizid behandeltes Moskitonetz benutzt, während zehn Jahre zuvor nicht einmal einer von 33 Afrikanern ein solches Netz besessen habe. Auch Medikamente und Diagnosetests hätten beigetragen.
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