20 MEDIEN
Dienstag, 18. Juni 2013 Kölner Stadt-Anzeiger
Der Kunde hat alle Macht Deutsche Unternehmen sind auf den digitalen Wandel nur unzureichend eingestellt
VON DANIELA JASCHOB
Die Digitalisierung und Charles Darwin haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. TechnologiePionier Karl-Heinz Land sieht das anders, für ihn sind die Theorien des vor rund 200 Jahren geborenen britischen Naturforschers hervorragend geeignet, um zu erläutern, wie sich unsere Gesellschaft zurzeit verändert: „Charles Darwin hat die Evolutionstheorie in der Natur beschrieben. Dabei galt das Prinzip: Nicht die großen oder intelligenten Lebewesen werden überleben, sondern die, die sich am besten und schnellsten an die geänderten Umweltbedingungen anpassen können. Dies gilt auch im Falle der Digitalisierung. Denn die Umweltbedingungen für die Unternehmen haben sich gewaltig verändert: »Adapt or Die« ist auch hier das Prinzip. Deshalb lässt sich die Evolutionstheorie auch im Zusammenhang mit der Digitalisierung anwenden: Ich nenne es digitalen Darwinismus.“ Am Dienstag eröffnet Land mit seinen Gedanken zum „Digitalen Darwinismus“ in der Trinitatiskirche die erste Interactive Cologne. Land kennt sich aus. Im Juni ist zu diesem Thema sein Buch, das er gemeinsam mit Ralf T. Kreutzer geschrieben hat, erschienen. Der Untertitel lautet: „Der stille An•• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • ••
INTERACTIVE COLOGNE 17. bis 23. Juni 2013
•• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • ••
griff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke“. Eine provokanter Aussage: „Der stille Angriff bedeutet, dass es zunächst fast unhörbar passiert. Zu Beginn geht der Umsatz eines Unternehmens nur um einige wenige Prozent zurück, nur ein paar Kunden gehen verloren. Das ist ein schleichender Prozess.“ Er erinnere sich an ein Gespräch mit dem damaligen Telekom-Vorstand Kai Ricke, der sagte: „Skype ist keine Gefahr, die Kunden wollen weiter unseren Service“. Heute sei klar, dass dies eine grobe Fehleinschätzung war. US-Unternehmen würde ein solcher Fehler kaum passieren, weiß Land. Als Marketing- und Digitalisierungsexperte berät er weltweit Kunden. Vor allem aber Unternehmen in den USA, die in Sachen Digitalisierung weit fort-
KONGRESS Festakt zum
60-jährigen Bestehen der Deutschen Welle VON ANNE BURGMER
Schon mal gesehen? Wenn Firmen nicht mal wissen, was ein Hashtag ist, dann wird es für sie schwierig, Geschäftsmodelle für die digitale Welt zu entwickeln. BILD: WE
geschritten sind: „Die Firmen in den USA haben wesentlich früher mit der Digitalisierung begonnen. Das liegt sicher auch daran, dass die Konsumenten in den USA noch schneller auf neue Trends und Technologien anspringen als hier in Europa oder Deutschland.“ Hiesige Unternehmen benötigten dringend eine digitale Transformationsstrategie und eine digitale Vision. Und genau die fehlt laut Land: „Die wenigsten Firmen in Deutschland haben bisher eine digitale Strategie. Man macht die Dinge eher taktisch. Hier eine App zur Kundenbindung, da ein wenig Online-Vertrieb, aber es fehlt die digitaleVision. Die kann nur vom Top-Management kommen – und da liegt immer noch das Problem: Dieses Top-Management nutzt die neuen Technologien leider zu selten, um
zu verstehen, welcher Nutzen hierin tatsächlich für das Unternehmen liegt.“ Konkret schlägt sich das in einer aktuellen Studie der Strategieberatung Booz mit dem World Economic Forum nieder: Deutschland belegt bei der Digitalisierung Platz 13 der insgesamt 144 untersuchten Staaten. Warum sich deutsche Unternehmen nach wie vor so schwer mit der Digitalisierung tun, weiß Land: „Es liegt vor allem an der Mentalität der Deutschen. Sie sind eher zurückhaltend und abwartend, was neue Technologien betrifft. Lieber lassen sie andere, wie die Amerikaner, zuerst alles ausprobieren.“ Dabei müssen sich die Unternehmen auf Veränderungen schnell einstellen. Als wichtigste Herausforderungen identifiziert Land drei Paradigmenwechsel: „Erstens die totale Transparenz.
Zur Person „Grand Centrix“. Er lebt Karl-Heinz Land, gebomit seiner Familie in ren 1962, wurde 2006 Bensberg. vom „Time Magazine“ zum Technologie-PioSein Buch „Digitaler Darnier des Jahres ausgewinismus“, das er gezeichnet. Er ist Vizeprämeinsam mit Ralf T. sident von MicroStrateKreutzer geschrieben gy, einer US-Computer- Karl-Heinz firma, sowie Gründer Land BILD: PRIVAT hat“, ist in diesem Monat erschienen. Land hält die des Beratungsbüros Keynote-Rede zur Eröffnung der „neuland“ und Mitgründer der Interactive Cologne. (dj) Kölner Entwicklerschmiede
Der Kunde ist heute über alles informiert und sucht sich das beste Angebot. Zweitens: Märkte sind nun Dialoge. Ein Konsument, der sein Feedback gibt und auf Facebook, Pinterest, einem Blog oder Twitter einen Sachverhalt kommentiert, kann unter Umständen so viele Menschen erreichen wie der »Kölner Stadt-Anzeiger« oder die »New York Times«, ohne Millionen in Maschinen zu investieren. Und drittens: Es beginnt das Zeitalter des Kunden, denn er hat nun die Macht. Aber das ist bisher kaum bei den Entscheidern angekommen.“ Als Beispiel, das zeigt, wie es in Zukunft funktionieren könnte, führt Land ein Unternehmen aus Großbritannien an: „Tesco ist da ein gutes Beispiel. Hier können die Kunden auf Facebook abstimmen, welche Produkte sie nächste Woche im Angebot finden möchten. Dies fördert die Loyalität zum Unternehmen und den Absatz gleichermaßen.“ Welche Unternehmen werden es am Ende also sein, die den digitalen Darwinismus überleben werden? „Die Unternehmen, die den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Die Unternehmen, die einen Spitzenservice liefern. Diejenigen, die wissen, was ihre Kunden wünschen und den Kunden relevanten, bequemen und guten Service bieten und ihn so zum freiwilligen Markenbotschafter machen.“
Mit einem Festakt zum 60-jährigen Bestehen der Deutschen Welle (DW) hat der Auslandssender am Montag sein „Global Media Forum“ in Bonn eröffnet. Intendant Erik Bettermann bezeichnete sein Haus als Juwel innerhalb der deutschen öffentlich-rechtlichen Sender, das als „vollständiges Mitglied des deutschen Mediensystems“ auf Augenhöhe mit ARD, ZDF und Deutschlandradio agieren müsse. Das schönste Geschenk zum 60. Geburtstag hat Bettermann bereits in der vergangenen Woche bekommen. Am Donnerstag hatten Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder vereinbart, dass ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle ihre Zusammenarbeit künftig verstärken. Dabei geht es unter anderem um Übernahmen aus dem Programm der Inlandssender durch die Deutsche Welle. Bettermann, der sein Amt bald an Nachfolger Peter Limbourg abgibt, hatte sich jahrelang für eine stärkere Zusammenarbeit eingesetzt. Er bezeichnete die Vereinbarung als „Meilenstein in der Medienpolitik Deutsch-
lands“, die die Zukunft der Deutschen Welle sichern werde. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sagte, die Kooperation sei das Beste, „was der Deutschen Welle passieren könne“. Auch die ARD profitiere, wenn sie ihre „Programmperlen“ im Ausland zeigen kann. Kulturstaatsminister Bernd Neumann würdigte den Sender als „mediale Visitenkarte Deutschlands in der Welt“. Er nannte die DW „Brückenbauer zwischen den Kulturen“. Sie sei ein steuerfinanzierter Auslandssender, aber kein Staatssender. Sie wird anders als die anderen öffentlich-rechtlichen Sender aus dem Bundeshaushalt finanziert. 2013 stehen dafür rund 270 Millionen Euro zur Verfügung. Neumann erinnerte an die Anfänge der Welle. Am 3. Mai 1953 war sie mit einem dreistündigen deutschsprachigen Hörfunkprogramm aus Köln über Kurzwelle auf Sendung gegangen. Heute arbeiten etwa 3000 feste und freie Mitarbeiter für den Auslandsrundfunk. Sie produzieren Angebote in 30 Sprachen. Laut Senderangaben nutzen jede Woche 86 Millionen Menschen die Deutsche Welle als Informationsquelle. Auch NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann würdigte die Rolle des Senders für die Außenwirkung Deutschlands. Sie arbeite unabhängig, glaubwürdig und qualitativ hochwertig.
Global Media Forum journalistischen Umgang mit dem üppigen Zahlenmaterial geäußert. Denn es ist nicht so, dass man Zahlen einfach sprechen lassen kann. Zwar sei der moderne Datenjournalismus ein Gewinn, doch erhöhe er die Ansprüche an Ein Thema am Montag war etwa Medienbildung, wie Giannina die wachsende Flut der Daten in Segnini, die am Projekt „Offshore allen Medien. Im Workshop „Ge- Leaks“ maßgeblich beteiligt war, es formulierte: „Es ist leichter, aus sellschaft und Transparenz: Ist moderner Datenjournalismus ein einem Computerfachmann einen großer Sprung nach vorn?“ wurde Journalisten zu machen, als einen gestandenen Journalisten für Daauch Skepsis gegenüber Missinten zu sensibilisieren.“ (uws) formation durch allzu arglosen Das sechste „Global Media Forum“ steht unter dem Motto „Die Zukunft des Wachstums – Wirtschaft, Werte und Medien“. Erwartet werden rund 2500 Teilnehmer.
NOTIERT •• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • ••
INTERNET
Glaubwürdige Visitenkarte Deutschlands im Ausland
Der Kölner Staatsanwaltschaft liegen rund zehn Anzeigen gegen die Kirchensatire „Dunk den Herrn“ der Kabarettistin Carolin Kebekus vor. Die Anzeigenerstatter werfen Kebekus einen Verstoß gegen Paragraf 166 des Strafgesetzbuchs (StGB) vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die Anzeigen hielten sich alle an die Vorlage auf der Online-Seite der Piusbruderschaft, fügte er hinzu. (kna)
Tom Buhrow tritt sein Amt als WDR-Intendant nach Senderangaben am 1. Juli an. Buhrow beendete am Sonntag seine letzte „Tagesthemen“ -Moderation mit einem Fontane-Zitat: „Tröste dich, die Stunden eilen, und was alles drücken mag, auch die allerschlimmste kann nicht weilen, und es kommt ein anderer Tag.“ Wer Buhrow bei den „Tagesthemen“ folgen wird, steht noch nicht fest. (ksta)
Kölner Stadt-Anzeiger und studio dumont präsentieren
Bechstein Young Professionals Ivan Turkalj (Violoncello) und Oliver Wehlmann (Klavier) spielen Werke von Webern, Debussy, Bartók und Martinů. Moderation: Alexander Zolotarev (Pianist und Dozent an der Hochschule für Musik Köln) Freitag, 28. Juni 2013, 18:00 Uhr studio dumont, Breite Straße 72, 50667 Köln Eintritt: 11,50 Euro inkl. VVK-Gebühren 9,50 Euro inkl. VVK-Gebühren für Inhaber der ABOCARD 9,00 Euro inkl. VVK-Gebühren für Schüler/Studenten
Lieben Sie Klassik?
Tickets: Servicecenter (DuMont-Carré), Breite Straße 72, Köln KölnTicket-Hotline 02 21/28 01, www.koelnticket.de ABOCARD-Sonderpreis wird nur beim Kauf im Servicecenter, unter www.abocard.de oder über den ABOCARD-Ticket-Service 02 21/28 03 44 gewährt. Das Konzert wird von Center TV aufgezeichnet.
Haben Sie Fragen zum Abonnement des Kölner Stadt-Anzeiger? Rufen Sie an: 02 21/92 58 64-20