FEINDBILD ROBOTER. Die digitale Revolution bringt immer bessere Maschinen hervor, die in wenigen Jahren Millionen von Menschen arbeitslos machen werden.
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Jobkiller kommen 22
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Digitale Revolution. Warum die dunkle Seite des zweiten Zeitalters der Maschinen in wenigen Jahren weit über 100 Millionen Menschen arbeitslos machen wird. Von Rainer Himmelfreundpointner
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anchmal kommt das Schlimmste ganz fährdet, für deren Arbeit Eigenschaften wie am Schluss. Zum Beispiel in der StuKunstfertigkeit, Verhandlungsgeschick, Überdie „Die Zukunft der Beschäftigung“ zeugungsfähigkeit, Einfühlungsvermögen oder der Oxford-Ökonomen Carl Benedikt Frey und soziale Kompetenz gefordert sind – TherapeuMichael A. Osborne von Ende 2013. Darin anaten, Manager, Kopfarbeiter aller Art. lysieren sie anhand des US-Arbeitsmarkts 702 Kurzum: Selbst wer sich in dieser Gruppe mit unterschiedliche Berufe darauf hin, wie leicht heute noch geringem Risiko befindet, also oder wie schwer deren Tätigkeiten computerivielfach Akademiker oder Fachleute mit hohem PROGNOSE siert, automatisiert, digitalisiert werden könBildungsgrad, könnte in gar nicht so ferner Zeit nen. Und so potenziell besser, schneller und bilseinen Job an einen Computer verlieren. Der inliger von Maschinen und Robotern zu erledigen ternationale Unternehmensberater McKinsey wären. Nicht irgendwann, sondern bereits, wie hat dieses „Chips statt Grips“-Szenario in Frey und Osborne prophezeien, in den nächsten höchst unerfreuliche Zahlen gegossen. Er Die gängige Annahme, zehn, maximal 20 Jahren. schätzt, dass bis zum Jahr 2025 auch in teils dass Digitalisierung und Erst am Ende ihrer Untersuchung wagen sie hochqualifizierten Sektoren wie Verwaltung & Automatisierung fast eine Aufzählung all dieser aussterbenden BeruVertrieb, Bildung & Gesundheit, Management, ausschließlich schlecht fe – es ist ein grimmige rote Liste der Jobs ohne Forschung & Entwicklung, IT, Finanzen und bezahlte, weniger anZukunft. Als Ersten wird es wahrscheinlich Recht weltweit zwischen 110 und 135 Millionen spruchsvolle Jobs verCallcenter-Keilern, Verkäufern, KreditsachbeArbeitsplätze durch Computer, Roboter oder nichtet, lässt sich nach arbeitern, Versicherungsgutachtern oder Bibdigitale Maschinen substituiert werden. jüngsten Forschungen liothekaren an den Kragen gehen. Bald darauf „Viele Menschen werden feststellen müssen“, nicht mehr aufrecht erfolgen Buchhalter in Steuerberatungskanzleien, so der renommierte Ökonom Tyler Cowen von halten. In spätestens ein, so manche Pharma-, Agrar-, Lebensmittel- oder der George Mason University bei Washington, zwei Dekaden sind auch Zahntechniker, Kraftfahrzeuglenker sowie „dass ihre Ausbildung obsolet wird.“ Auch werde die Arbeitsplätze von viele Jobs im Transport- oder Speditionswesen. diese digitale Revolution „bald mehr ArbeitsMillionen hochqualifiSelbst Köche, Ärzte oder Juristen – also Berufsplätze zerstören, als der Markt neue Stellen zierten Fachkräfte, teils gruppen mit einem hohen Maß an Talent, schaffen kann“, befürchtet Kenneth Brant, Formit jahrelanger akademiAusbildung und Spezialistentum – sind nicht schungschef bei Marktanalyse-Multi Gartner. scher Ausbildung, durch davor gefeit, von digitalen Robotern ersetzt zu immer bessere Compuwerden. Exponentielle Sprengkraft. Nur zögerlich drinter und Roboter extrem Laut dieser Horrorstudie wären mehr als die gen solche düsteren Expertenschätzungen ins gefährdet. McKinsey Hälfte dieser Berufe relativ leicht „computeriBewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. „Viel rechnet mit bis zu 140 sierbar“. Ihr zufolge fallen in den USA 47 Prozu langsam“, sagt der deutsche IT-UnternehMillionen Kopfarbeiterzent der insgesamt 150 Millionen Beschäftigten mensberater Karl-Heinz Land, der sich landauf, Jobs, die bis 2025 durch (siehe Grafik Seite 24) in die „Hochrisikogruplandab – wie auch kürzlich beim „Austrian Insie zerstört werden. pe“ – ein Befund, der mit regionalen Abnovation Forum“ in Wien – über deren stufungen für alle entwickelten Länder Verluste der Arbeitsplätze nach Sektoren potenzielle gesellschaftliche SprengVerwaltung, Kundendienst, Vertrieb der westlichen Welt gilt. kraft den Mund fusselig redet. „Unsere „In der ersten Welle werden vor allem jetzt drei Millionen Arbeitslosen in 50–60 Mio. Arbeiter, die in den Bereichen TransDeutschland verkraften wir ja locker, port und Logistik, Büro- und Verwal- Bildung, Gesundheit aber bei fünf beginnt das Land zu krib20–30 Mio. tungsadministration und maschineller beln, bei sieben brennt der Prenzlauer Produktion tätig sind, von Computern Berg, und bei neun, zehn Millionen ArManagement und Robotern ersetzt werden“, so Frey/ beitslosen stehen München, Köln und 15–20 Mio. Osborne. In der zweiten Welle der ComStuttgart ebenfalls in Flammen“ (siehe Forschung, Entwicklung, IT puterisierung, deren Einsetzen davon auch Interview Seite 25). abhängt, wie schnell die Forschung „diWie realistisch eine solche Bedro15 Mio. gitale Flaschenhälse“ wie kreative und hung ist, haben erstmals die beiden Finanzen, Recht soziale Intelligenz in Bits und Bytes MIT-Professoren Erik Brynjolfsson und 10 Mio. Quelle: McKinsey übersetzen kann, seien auch all jene geAndrew McAfee in ihrem Anfang 2014 >
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Kahlschlag bei Kopfarbeitern
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TOP TEN
Welche Jobs gekillt werden
VORREITER AMAZON. Der Onlinehändler hat das traditionelle Buchhandelsgeschäft ins Wanken gebracht und ist einer Haupttreiber der digitalen Revolution.
> auf Englisch, vor wenigen Wochen auch deutsch erschienenen Buch „The Second Maschine Age“ klargemacht. Darin schildern sie packend und verstörend zugleich, wie sich „Arbeit, Fortschritt und Wohlstand in einer Zeit brillanter Technologien“, so der Untertitel, entwickeln werden und was auf die Menschheit im zweiten Zeitalter der Maschinen zukommt. Die Zusammenfassung: Immer mehr Leute werden mit immer besseren, immer billigeren Hightech-Gadgets herumlaufen. Aber nur eine kleine Elite an Technologie-Superstars wird durch deren Entwicklung und Herstellung reich, während die breite Masse gleichzeitig ohne Arbeit dastehen wird, weil ihnen überlegenere Roboter und Computer fast alle Jobs wegnehmen. Während es im ersten Zeitalter der Maschinen, der industriellen Revolution ab Ende des 18. Jahrhunderts, „vorrangig darum ging, menschliche Muskelkraft durch mechanische Kraft zu ersetzen“, sagt McAfee, „brauchte es da-
Beschäftigte in Millionen
Jobs die verschwinden, Jobs die bleiben Geringes Risiko 33 % der Beschäftigten
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Geringste Jobgefährdung
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VORREITER AIRBNB. Die Online-Ferienwohnungsplattform hat 2013 in den USA erstmals mehr Übernachtungen vermittelt als die gesamte Hilton-Gruppe weltweit.
Quelle: The Future of Employment, Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne
Mittleres Risiko 20 % der Beschäftigten
Hohes Risiko 47 % der Beschäftigten
Management und Finanzwesen Computer, Ingenieurwesen und Wissenschaft Bildung, Recht, Soziales, Kunst und Medien Gesundheit, Pflege und Medizintechnik Dienstleistungen Verkauf und Vertrieb Büro und Verwaltung Landwirtschaft, Fischerei und Forstwesen Bau und Bergbau Haustechnik, Wartung und Reparatur Produktion Transport und Spedition
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1. KFZ-LENKER Egal ob Taxi oder Lkw – Kraftwagen fahren bald autonom. 2. MAKLER, VERKÄUFER Face-to-Face-Transaktionen werden von Onlinediensten ersetzt. 3. AUTOINDUSTRIE Carsharing kappt die Produktion um bis zu 30 Prozent. 4. STAHLINDUSTRIE Jobabbau durch 3D-Druck und weniger Nachfrage. 5. BAUINDUSTRIE Maurer, Verputzer, Installateure – in Zukunft Roboter. 6. MECHANIKER Roboter werden immer geschickter, Techniker arbeitslos. 7. FINANZWESEN Banksachbearbeiter, Versicherungsgutachter: Ade. 8. WERKZEUGBAU Jobverluste wegen Produktionsabbau und 3D-Druck. 9. BILDUNG Lehrer werden durch global verfügbare Online-Tutorials ersetzt. 10. PFLEGE Selbst diese Boom-Branche sehen Experte durch Pflegeroboter bedroht.
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mals immer noch Menschen für die Entwicklung, Bedienung und Kontrolle der Maschinen.“ Mensch und Maschine waren komplementär. Nicht jedoch in der neuen, aktuellen Ära. Durch die Fortschritte in der Erforschung der künstlichen Intelligenz werden Maschinen eigenständig lernen, so mehr und mehr kognitive Aufgaben schneller, besser und günstiger als Menschen übernehmen und folglich in bisher ungeahntem Ausmaß humane Arbeit ersetzen. Noch dazu in einem affenartigem Tempo. Brauchte es damals etwa 70 Jahre, allein um die Leistungsfähigkeit der Dampfmaschine zu verdoppeln, erfolgen die technologischen Quantensprünge in viel kürzeren Zeiträumen, weil sich gemäß des sogenannten „Moor’schen Gesetzes“ die Rechenleistung von Computerchips etwa alle 18 Monate verdoppelt. Warum das gerade jetzt von Bedeutung ist, erklären Brynjolfsson und McAfee sehr anschaulich am berühmten Schachbrett-Beispiel. So habe der Erfinder des Spiels als Lohn von seinem König bloß Reiskörner erbeten, um seine Familie ernähren zu können. Allerdings: ein Reiskorn für das erste Schachfeld, zwei für das zweite, vier für das dritte, acht für das vierte und so weiter und so fort. Für Feld 64 ergab das die aberwitzige Summe von 18 Quintilliarden Reiskörnern, und der König war pleite. Übersetzt auf die Welt der Computer sei die technische Entwicklung gerade eben in die zweite Hälfte des Schachbrettes vorgedrungen. Und mit jeder Verdoppelung der Menge der beherrschbaren Daten wird die „Digitalisierung von praktisch nun exponentiell und kombinatorisch“ voranschreiten und gleichzeitig aufgrund der Regeln der „Economies of scale“ die Kosten der jeweiligen digitalen Einheiten gegen Null treiben. Bedrohte Ärzte, gefährdete Juristen. All dies, kombiniert mit der Verbreitung des Internets, das die Welt zu einem globalen Dorf verdichtet, FORMAT 44.2014
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INTERVIEW
„Anpassen oder untergehen“
Der deutsche IT-Unternehmensberater Karl-Heinz Land – Selbstbezeichnung: digitaler Darwinist und Evangelist – über die Folgen der digitalen Revolution. von Rainer Himmelfreundpointner
FORMAT: Herr Land, Sie bezeichnen sich selbst als digitalen Darwinisten. Was meinen Sie damit? Land: Dass wir heute, da immer
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VORREITER AUTOINDUSTRIE. Fließbandroboter gehören hier längst zum Alltag. Bald werden auch die letzten Fabriksarbeiter der Digitalisierung zum Opfer fallen.
führe zu immer smarteren, preiswerteren und schnelleren Innovationen, denen der Mensch nichts mehr entgegenzusetzen habe. Es werde ihm, zitieren sie den berühmten Ökonomie-Kollegen Wassily Leontief, ergehen wie dem Pferd, das nie und nimmer gegen den Traktor ankommt, so sehr es sich auch anstrengt oder gar verschenkt wird. Etliche neue, immer leistungsstärkere Produkte belegen diese Entwicklung: Bald werden dank der Forschungen des Suchmaschinen-Giganten Google Autos von selbst fahren. Roboter bauen solche Fahrzeuge fast autonom zusammen. Handys werden zum Standard, neben denen jeder Tricorder aus „Raumschiff Enterprise“ wie Kinderspielzeug aussieht. Allein in Apples iPhone 4 war mehr Rechenleistung eingebaut als im schnellsten, fünf Millionen Dollar teuren Supercomputer 20 Jahre zuvor. Im Medizinbereich erstellen inzwischen Computer wie etwa der Watson von IBM, die vorher sämtliche Gesundheitsdatenbanken in sich hineingesaugt haben, binnen Sekunden Diagnosen, für die Ärzte 160 Stunden lang Fachliteratur lesen müssen, Roboter führen chirurgische Operationsschritte durch, Scan-Software wie R2 Digital spürt in Röntgenbildern für das menschliche Auge unsichtbare Krebsanzeichen auf. Auch die Juristen-Gilde wird von der digitalen Revolution durcheinandergewirbelt werden, wie das Beispiel des USEnergiekonzerns Constellation Energy zeigt: Bis vor Kurzem waren dort 30 Anwälte damit beschäftigt, Berge von Dokumenten nach juristischen Zweifelsfällen durchzustöbern. Das beschäftigte sie bis zu 45.000 Arbeitsstunden im Jahr. Nun erledigt die Juristen-Suchsoftware Clearwell die Arbeit von Tagen in wenigen Minuten. McKinsey schätzt, dass al- > FORMAT 44.2014
mehr Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen digitalisiert werden, nur eine Chance haben: Adapt or die. Entweder die Menschen und die Unternehmen passen sich dieser digitalen Revolution an, oder sie werden arbeitslos und gehen unter. Wir haben es mit einem immens disruptiven technologischen und gesellschaftlichen Trend zu tun. Woran machen Sie das fest?
Nehmen sie etwa AirBnB. Dieses Online-Ferienwohnungsportal hat gerade mal 140 Beschäftigte, aber im Vorjahr mehr Übernachtungen vermittelt als die komplette HiltonGruppe mit 800.000 Beschäftigten. Nehmen sie den neuen Taxidienst Uber, der überall in der Welt diesen geschützten Sektor aufmischt. Oder nehmen Sie einfach nur Ihr Handy: Das wird bald Ihre Kreditkarte, Ihre Schlüssel, Ihre Ausweise, Ihr Bankkonto und was weiß ich ersetzen. Das heißt?
Dass all die Menschen, die Sie früher in den Bankfilialen betreut haben, die an der Herstellung der Schlüssel und Ausweise arbeiten, und die komplette Infrastruktur dahinter, wegen der Digitalisierung kaum noch gebraucht werden. Und jetzt rede ich noch gar nicht von großen Branchen wie etwa der Auto- und Stahlindustrie, wo die Produktion we-
gen der neuen Sharing-Angebote um 30, 40 Prozent zurückgehen wird. Und zwar in den nächsten 15, 20 Jahren. Ist das Ihr Evangelium: Massenarbeitslosigkeit durch Digitalisierung?
Nein: Mein Evangelium lautet, dass sich dadurch auch jede Menge Chancen ergeben und auf die Menschen bessere Produkte zukommen. Aber nur dann, wenn sich die Politik und die Gesellschaft auf die enorme Sprengkraft dieser Entwicklung vorbereiten. In Deutschland verkraften wir unsere momentan drei Millionen Arbeitslosen jetzt ja noch locker. Aber bei fünf beginnt das Land zu kribbeln, bei sieben brennt der Prenzlauer Berg, und bei neun, zehn Millionen Arbeitslosen stehen München, Köln und Stuttgart ebenfalls in Flammen. Wie wäre das zu verhindern?
Erstens: ein Bewusstsein für diese Bedrohung schaffen. Zweitens: die Arbeitszeit verkürzen und die verbleibende Arbeit auf alle Beschäftigten bei vollem Lohnausgleich aufteilen. Das sollte sich ausgehen, denn die Produkte werden ja nach wie vor, halt eben vermehrt von Maschinen, hergestellt, und so bleibt die Wertschöpfung vorhanden. Außerdem haben auch vor hundert Jahren viele noch 60, 80 Stunden in der Woche gearbeitet, heute nicht mal mehr 40. Zusätzlich müssen wir uns über ein Grundeinkommen für alle Gedanken machen. Finanziert durch progressive Konsumund Ressourcenverbrauchs-Steuern. Wer glaubt, sich fünf RollsRoyces kaufen zu müssen, der wird eben besonders zur Kasse gebeten.
„Bei fünf Millionen Arbeitslosen wird Deutschland kribbeln, ab sieben brennen.“ Karl-Heinz Land Digitaler Darwinist und IT-Berater 25
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POLITIK
3 Anti-RoboterStrategien
The Winner takes it all. Diese Zukunft wird zwei Arten von Gewinnern sehen. Zuerst die Konsumenten, die sich einer nie erträumten Vielfalt von Science-Fiction-Geräten und günstigen digitalen Dienstleistungen erfreuen können. Aber die weitaus größeren Profiteure dürften jene Handvoll cleverer Zeitgenossen sein, die diese Dinge erfinden, finanzieren oder zu ihrem Vorteil nutzen. Glaubt man Brynjolfsson und McAfee, werden aber in Zukunft nur noch sehr wenige Menschen den Großteil der „bounty“, der Beute, einfahren. Zur Illustration vergleichen sie die beiden Fotografie-Unternehmen Instagram und Kodak. Instagram,
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mit dessen App bislang etwa 140 Millionen Menschen rund 17 Billionen Fotos geschossen haben, wurde nur 15 Monate nach seiner Gründung um eine Milliarde Dollar von Facebook gekauft und hat seine gerade mal ein Dutzend Gründungsmitarbeiter steinreich gemacht. Kodak hatte am Höhepunkt seiner Geschichte 145.000 Menschen, die meisten davon mit einem stattlichen Mittelklasse-Einkommen, beschäftigt und ist übrigens am gleichen Tag, als Instagram übernommen wurde, bankrott gegangen. Abgesehen davon, dass diese heraufziehende „Winner takes it all“-Ökonomie Öl auf dem Feuer der ohnedies hitzigen Verteilungsdebatte ist, zeigen sich einige der großen volkswirtschaftlichen Auswirkungen der digitalen Revolution auf den Arbeitmarkt bereits jetzt. Die Ökonomen der Universität Chicago Loukas Karabarbounis und Brent Neiman haben Daten aus 59 Ländern analysiert und den so genannten „Global Labor Share“ berechnet – also, grob gesagt, die Summe der Löhne und Gehälter gemessen am BIP seit 1980. Und der ist von circa 66 Prozent auf etwa 60 Prozent heute gefallen. Wohlgemerkt: Wir sind, was die Digitalisierung betrifft, erst auf der ersten Hälfte des Schachbretts angelangt. „Die Politik müsste auf diese radikale Entwicklung viel schneller reagieren“, sagt Land. Denn sonst drohe eine neue Ära der Maschinenstürmer wie zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als brotlose Weber die verhassten Webgeräte kurz und klein schlugen. So manch ein Betroffener liebäugelt bereits jetzt mit diesem Vorbild, beispielsweise der frühere niederländische Schach-Großmeister Hein Donner. Als er gefragt wurde, wie er sich denn auf ein Match gegen einen Computer wie etwa die Schachmaschine „Deep Blue von IBM vorbereiten würde, meinte er bloß trocken: „Mit einem Hammer.“ FORMAT 44.2014
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> leine in diesem Bereich die Arbeitsleistung von zehn Millionen Juristen und Finanzexperten bis 2025 digitalisiert werden könnte. Die Liste ließe sich nahezu endlos fortsetzen: Disponenten im Handels- und Transportwesen dürften ebenso ersetzt werden wie Aktien- und Rohstoffhändler oder Leute am Bankschalter. Sekretariatsarbeiten aller Art übernehmen bereits jetzt digitale Assistenten, und der Großteil des Verkaufspersonals sollte sich vielleicht ebenfalls lieber warm anziehen. Weil diese Jobs, so das brutale Urteil der Oxord-Forscher Frey und Osborne, trotz des Umgangs mit Menschen „nicht zwingend hohe soziale Intelligenz erfordert“. Wahrscheinlich verkauft die britische Engineered Arts deswegen ihren Serviceroboter namens Socibot bereits recht gut. Er hat ein Plastikgesicht, Kameraaugen, die die Laune des Kunden erkennen, und er kann einfache Gespräche führen. Kosten: Schlappe 17.600 Euro. Auch der Schweizer Lebensmittelriese Nestlé will digital aufrüsten und ab Dezember in Japan 1.000 Roboter als Verkäufer seiner Kaffeemaschinen einsetzen.
RISIKOGRUPPE ÄRZTE. Bereits heute übernehmen Diagnosecomputer und chirurgische Roboter zumindest in Teilen die Arbeit von vielen Medizinern.
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RISIKOGRUPPE BERUFSLENKER. Neues Carsharing, digitale Transportdienste und bald auch selbstfahrende Autos machen den Jobs des Profi-Drivers obsolet.
Jede Gegenmaßnahme, um die drohende Massenarbeitslosigkeit durch die digitale Revolution zu verhindern, gleicht einer politischen Herkulesaufgabe. Strategie Nummer eins: Arbeitszeitverkürzung. Wenn immer mehr Roboter Humanarbeiten übernehmen, müsste eben die verbleibende Arbeit neu aufgeteilt werden. Und zwar in Form von kürzeren Arbeitszeiten für Beschäftigte wie im Zuge der industriellen Revolution. Da zumindest ein Großteil der Produkte nach wie vor hergestellt wird, bliebe die Wertschöpfung gleich, die Arbeitszeitverkürzung könne bei vollem Lohnausgleich erfolgen. Strategie Nummer zwei: Ein vernünftiges Grundeinkommen für alle, finanziert durch Konsumsteuern je nach Ressourcenverbrauch. Strategie Nummer drei: Eine grundlegende Reform des Bildungssystems, das vorrangig auf Kreativität und Innovation Wert legt – die Hauptvoraussetzungen, um mit neuen Produkten wie etwa Hilfsrobotern zu reüssieren.