Gartenstory

Page 1

Gartenbesuch

Parfüm vom Paradies

Einfach herrlich, diese Sinfonie der Duftnoten. Jetzt im Juni blühen sie alle, die historischen Rosen von Elsbeth Mayer in Bad Urach. Betörender Schnupperkurs auf der Schwäbischen Alb. Text: STEPHANIE LAHRTZ Fotos: Nicole Lautner

26 Servus


Sitzecke im hinteren Gartenteil, eingerahmt von der Strauchrose „Gipsy Boy“ und einer Kletterrose. Großes Foto links: „Rotilia“ macht ihrem Namen alle Ehre – sie strahlt den ganzen Sommer saftig rot.

Servus 27


E

lsbeth Mayer im schwäbischen Bad Urach hatte ein richtiges Aha-Erlebnis: „Vor bald 20 Jahren stand ich zum Pläuschle bei einer Freundin im Garten und war plötzlich wie vom Donner gerührt – intensiver Rosenduft hüllte mich ein. Da war mir klar: Das will ich auch, einen richtigen Rosengarten.“ Überall suchte und fand die emsige Gärtnerin nun ein Plätzchen für ihre Rosen: auf und neben der Spielwiese für die Kinder, die längst größer geworden waren, im ehemaligen Gemüsegarten, vor der Terrasse. „Ungefähr neunzig verschiedene Kletter-, Strauch- und Beetrosen habe ich mittler­ weile gesetzt, manche doppelt und dreifach“, erzählt sie uns mit leuchtenden Augen. „Fast alle sind sogenannte historische Rosen. Das heißt, sie blühen nur einmal im Jahr. Dafür duften sie richtig intensiv.“ Dieser Duft ist an fast jeder Stelle des leicht abschüssigen Hanggartens so präsent, dass wir das Gefühl haben, ihn nicht nur

w So

ird’s gemach t

So schneide ich Meine rosen im Sommer von Elsbeth Mayer Rosen, die pro Saison einmal blühen. Noch bevor die Rosen zu blühen beginnen, schießen hellgrüne Triebe hervor. Das sind vegetative Triebe, die in diesem Jahr keine Blüten bilden. Das heißt: Sie saugen Energie aus der Pflanze, die besser für die Blütenproduktion genutzt werden kann. Also schneide ich diese Triebe weg, in Höhe der obersten Blütenknospen. Nach der Blüte wachsen die Triebe erneut. Ich entferne sie – bis in den August hinein. Schon mal vormerken: Natürlich erfolgt der Winterschnitt im Frühjahr – in meinem Garten, wenn die Forsythien blühen. Rosen, die pro Saison mehrfach blühen. Ich entferne verblühte Triebe. Wenn ich wenig bis gar nicht schneide, belohnen mich die Rosen mit schönen Hagebutten.

28 Servus

Jugendstilkannen vom Flohmarkt leuchten mit Dahlien um die Wette.


Im ehemaligen Gemüsebeet herrscht zwischen den Rosenbüschen fröhlich-buntes Treiben aus violettem und zartgrünem Zierlauch, Lavendel und roter Heuchera.

mit der Nase aufzunehmen, sondern ihn fast schon fühlen zu können. Schon die rosa Fantin-Latour-Rose direkt bei der Terrasse lässt uns staunend innehalten – nicht nur wegen des wunderbar zartsüßen Dufts. Auch meinen wir die gesamte Palette an Rosatönen an diesem einen Busch zu sehen: Die Knospen sind dunkelrosa. Die offene Blüte leuchtet hellrosa. Und mit dem Verblühen werden die Blüten fast weiß. „Diese Vielfalt an Farbtönen ist ganz typisch für alte Rosen.“ Einige Schritte weiter wartet eine wei­ tere Besonderheit, eine Moosrose in Pink. Auch sie duftet, doch etwas zarter als ihre

Kollegin. „Die Moosrose hat ihren Namen von den moosartigen grünen Blättern, die die geschlossenen Knospen umhüllen und sich später nach dem Öffnen leicht nach unten neigen.“ Oase für den Rosenkäfer

Sollen wir nun dem starken Duft folgen, der von der Gartendusche herweht? Dort wartet ein Bogen aus dicken kleinen zart­ rosa Blütenbüscheln. Oder lieber nach links abbiegen und die lange Rosenreihe nach unten erleben? Wir machen erst das eine, dann das andere. Mal umhüllt uns ein süßer Geruch, dann weht

es ganz lieblich herüber, dann wieder wird unsere Nase von einem frischen Parfümduft gekitzelt. Manche Rosen haben gefüllte Blüten, andere hingegen sind auf den ersten Blick eher einfach und mit offenen Blüten. Doch gerade diese sind bei den Insekten sehr beliebt, da diese hier ganz leicht an den begehrten Nektar gelangen. Während wir noch den Duft einer dunkelroten Schönheit inhalieren, kommt ein grün schillernder Rosenkäfer brummend angeflogen und plumpst mitten hinein ins kleine Paradies. Ganz wohlig räkelt er sich und streckt seine Beinchen aus. Muss herrlich sein, in der Wohlfühloase Rose. ➻

Servus 29


Rosenliebe geht durch die Nase: von der süßen „Tuscany“ bis zur sehr aromatischen Damaszenerrose „Rose de Resht“ bei den Steinen. Dazwischen Storchenschnabel in Pink und blaue Katzenminze.

Elsbeth findet, „Rosen sind eigentlich gar nicht schwierig. Man muss halt nur die richtige Sorte für den jeweiligen Standort kaufen. Hier oben auf meiner Schwäbischen Alb auf 730 Meter Höhe und mit dem Wind: Da ist es im Winter ganz schön kalt. Also nehme ich nur Rosen, die extra winterhart sind. Und ich kaufe nur bei anerkannten Rosenzüchtern.“ Jeden Sommer ruht sie unterm Apfelbaum – natürlich umgeben von Rosen­ blüten und deren Düften – und sucht sich neue Sorten aus. Die bestellt sie dann ­wurzelnackt, also ohne Erdballen. Sie setzt sie ein, und „meist habe ich schon

30 Servus

9

was braucht eine schönheit, um optimal zu wirken? natürlich den richtigen gefährten.

9

im nächsten Frühjahr ein oder zwei Blüten, alles ohne Einpacken“, betont sie. Angesichts der üp­pigen Pracht sind wir verblüfft, wie simpel das sein soll. in guter Clematis-Gesellschaft

Natürlich hat Elsbeth nicht nur Rosen in ihrem Garten, denn: „Rosen brauchen die richtigen Begleiter, um ihre ganze Pracht zu entfalten.“ Passende Gefährten für ihre Rosen sind für die Gärtnerin natürlich Clematis, am liebsten in dunkleren Violetttönen. Im ehemaligen Gemüsegarten stehen hinter den knöchelhohen Buchshecken auch weiße und rosa Fingerhüte sowie ➻


Eine Knospe der „Fantin Latour“ öffnet sich. Unten: Im Bogengang wech­seln sich Rosen, Clematis und Efeu ab. Unten links: dekorativ – Heuchera in einer alten Sauciere.


Zu Füßen der Kletterrose entfalten sich Funkien, das Ende des Beets bilden eine Goldrobinie und eine Serbische Fichte.

32 Servus


Elsbeth Mayer pflanzt ­Muehlenbeckien in alte Tassen. Ihre Terrasse wird von selbst gezogenen Buchskugeln, Efeu und Rosenbüschen eingerahmt. „Carpe diem – Nutze den Tag“ steht auf der Hauswand geschrieben.

die bei Bienen beliebten Taubnesseln. Hortensien und Zierlauch lockern das Bild auf. Und weiß-gelbes Mutterkraut sowie weißen und blauen Eisenhut finden wir auch immer wieder. „Der ist mein Ersatz für den Rittersporn – dieser wollte hier einfach nicht wachsen. Das hab ich irgendwann einge­sehen.“ Statt­dessen darf nun Eisenhut durch den Garten wandern.

der Mayer-Garten in Bad Urach W

Hänge-Esche S

N

ehemaliges Gemüsebeet

O

das danach

Rosenbögen Schattenbeet

Gartendusche Apfelbaum

Goldulme

Kirschbaum

Rosenreihe

Terrasse Fantin-LatourRose Kiesgarten

illustration: julia lammers

Wohnhaus

Garage ca. 25 m

„Natürlich ist für mich der Juni der Höhepunkt des Gartenjahres, das ist ja klar. Aber danach bin ich auch wieder froh, wenn der Rosenrausch vorbei ist. Denn ein halbes Jahr durchgehend so viel Pracht – das wäre selbst mir zu viel.“ Danach freut sie sich auf die Sommerblumen, auf die Obsternte von den Apfeloder Kirschbäumen – und ganz besonders auf den Herbst mit seinem Füllhorn an Farben. „Deshalb habe ich gezielt Bäume mit einer besonders schönen Herbstfärbung ­gepflanzt wie die Ahorn oder Amber.“ Doch noch blühen und duften all die Rosen um die Wette. Schließlich müssen wir ade sagen, und sogar noch draußen auf der Straße weht uns Rosenduft an – ein zarter Hauch, ein stiller Gruß vom Paradies. 3

✽ Servus-Tipp: Elsbeth Mayers Rosen sind am 21. Juni, am Tag der offenen Albgärten, zu besichtigen; mehr Informationen und ­weitere Gärten: www.staudenfreunde-­ reutlingen.de/offene-gaerten

Servus 33


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.