Nordis 04/2015

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Paddeltour Geiranger | Fünen | 70 Jahre Pippi | Wale vor Island | Outdoorpraxis Energie Juli/August 4/15 21. Jhrg. € 5,-/sFr 9,80 · Österreich € 5,50 · Luxemburg € 5,80 K 13714

ISSN 0946-1116

nordis.de skandinavien.de

Das Nordeuropa-Magazin Norwegen

Angeln für Anfänger Finnland

Outdoor in der Mitternachtssonne Island

Abenteuerlicher Ferienhausurlaub

Im Takt

der Gleise

Mit der Bahn durch Schweden und Norwegen

Schweden

Tradition in Dalarna


Foto: Ole Walter Jacobsen

Foto: Svein Ulvund

Foto: Stein Lindseth Olsen/Anunatak AS

Europas spektakulärste Zugreisen Norwegen mit der Bahn zu erkunden, ist ein unver­ gessliches Urlaubserlebnis. Das Land hat zahlreiche wunderschöne Zug­ strecken zu bieten. Zu den vier beeindruckends­ ten Strecken gehören zweifellos die Rauma­, die Bergen­, die Nordland­ und die Dovre­Bahn. Vor dem Zugfenster ziehen mächtige Bergmassive, Flusstäler, Wasserfälle, Seen, Gletscher und Fjorde vorbei. Sie reisen durch charmante und ursprüngli­ che ländliche Regionen. Aufgrund der großen Höhenunterschiede können Sie auf einer einzigen Zugfahrt sowohl Schnee und Gletscher als auch saftig grüne Felder und Wiesen erleben.

Norwegische Züge sind bequem und umwelt­ freundlich. Nehmen Sie einfach Platz, entspannen Sie sich und genießen Sie die Landschaft. Auf der Website der Norwegischen Staatsbahn unter www.nsb.no/travel_inspiration finden Sie Infomercials, in denen die Routen und einzigartigen Reiseerlebnisse näher vorgestellt werden. Willkommen an Bord!

Weitere Informationen und Buchungen nsb.no tel. + 47 815 00 888 Interessante Angebote und Minipreis-Tickets ab 249 NOK Railpass-Angebote und beliebte Tourenpakete Interrail.eu railpasses Fjordtours.com tel. + 47 815 68 222 Top-Nord.de tel. + 49 9163-9967 76 Norway-Team-Travel.de tel. + 49 30200-51 710 Agtraveltrend.ch tel. + 41 31 3501515 Glur.ch tel. + 41 61 2059494 Kontiki.ch tel. + 41 56 2036666

Gardermoen

Die Nordland-Bahn – Die Reise zur Mitternachtssonne Die Dovre-Bahn – Die Reise ins Land der Trolle Die Rauma-Bahn – Die landschaftlich schönste Zugreise Die Bergen-Bahn – Die Reise zu den Fjorden

Europas spektakulärste Zugreisen


Editorial Thomas Krämer Chefredaktion Nordis

DIREKT UND GÜNSTIG NACH NORWEGEN

waren Sie schon einmal an Bord eines Non-Peanuts-Flights? Nein, das war kein Flug, bei dem gut betuchte Banker wie der ehemalige Deutsche Bank-Sprecher Hilmar Kopper aus der Maschine gewiesen wurden (er hatte einmal Handwerkerrechnungen über 50 Millionen Euro als »Peanuts« bezeichnet). Der Purser des SAS-Fliegers bat lediglich die Passagiere, keine Erdnüsse zu essen, ja nicht einmal Packungen mit der Knabberei zu öffnen. An Bord, so die Erklärung, saß ein Passagier, der extrem empfindlich auf Erdnüsse reagierte. Alle Fluggäste hielten sich an die dringende Bitte – ein tolles Beispiel für vorbildliche Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen. Prophetische Gaben bewies Nordis bei der Planung für das nun vorliegende Heft. Darin finden Sie einen Artikel über die tolle Reise mit der Inlandsbahn und der Norwegischen Eisenbahn durch Europas Norden sowie ein Zeitzeichen über den in Schweden geborenen Gewerkschafter Joe Hill, der vor 100 Jahren in den USA zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Ehrenwort: Den Bahnstreik, der im Mai Deutschland (nicht) bewegt hat, haben wir nicht vorausgesehen und auch nicht provoziert. Wir hoffen, auch mit den anderen Artikeln Ihr Interesse zu wecken, sei es für einen Ferienhausurlaub in Island, der Paddelei auf dem Geiranger, »nächtlichen« Aktivitäten in Salla oder dem Interview mit der Lindgren-Tochter Karin Nymann. Und natürlich hoffen wir, dass Sie einen schönen Sommerurlaub in unserer gemeinsamen Lieblingsregion Skandinavien verbringen. Bleiben Sie gesund und erholen Sie sich gut!

Foto: ©Styrk FjærtoftTrondsen

Liebe Leserin, lieber Leser,

59,-

inkl. Frühstücksb uffet

Hirtshals – Langesund (Oslo) Nur € 59,– für 2 Personen + 1 Pkw inkl. Frühstücksbuffet Inklusive Steuern, Gebühren und Treibstoffzuschlag.

Beratung und Buchung: Fjord Line GmbH | Nizzestraße 28 | D-18311 Ribnitz-Damgarten Tel.: +49 3821 709 72 10 | Fax: +49 3821 709 72 19 E-Mail: buchung@fjordline.de | Internet: www.fjordline.com


22 Voll am Haken

Hilfe, der Fisch hat angebissen! Im südnorwegischen Flå lernt man, was nun zu tun ist.

Ganz entspannt im Zug durch Schweden und Norwegen: So macht sogar das lange Unterwegssein Spaß!

Im Takt der Gleise

Kühe, Bären und schwitzende Sportler

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© Christoph Schrahe (2)

Am Siljan-Ufer oder auf der Alm, in der Spur der Vasaläufer oder vor der Höhle eines Bären: Dalarna lockt mit vielfältigen Erlebnissen.

Entspannt im eigenen Häuschen wohnen, dann zu kleinen und großen Abenteuern aufbrechen: Das ist Ferienhausurlaub in Island.

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Mehr Muße

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Fjordnomaden auf großer Fahrt

Kultur, Natur und Nervenkitzel: Langeweile kennt man auf Fünen nicht.

Brecht, Andersen und die Prinzessin auf der Brücke

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Die Nacht zum Tag gemacht

Wenn andere schlafen, wird man in Finnisch-Lappland aktiv – ganz besonders, wenn die Mitternachtssonne über Salla leuchtet. 4 Nordis

Seekajak statt Ausflugsboot: mit Muskelkraft von Geiranger nach Ålesund.

Pfannkuchen und Blaubeersaft

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Pippi wird 70: Lindgren-Tochter Karin Nyman erinnert sich an die Namensfindung.


I n h a l t 3 Editorial Titelgeschichte 6 Im Takt der Gleise

Mit dem Zug durch Schweden und Norwegen

16 Nordeuropa aktuell 18 Kolumne: Das dritte Geschlecht 20 Fünf Fragen an ... Kristian Blak, Musiker von den Färöer

Reise

Angeln im südnorwegischen Flå

22 Voll am Haken 26 Kühe, Bären und schwitzende Sportler

Vom Siljan-See in die Orsa-Finnmark

30 Mehr Muße

Ferienhausurlaub in Island

34 Meeressäuger in der Mitternachtssonne

Walbeobachtung in Nordisland

36 Brecht, Andersen und die Prinzessin auf der Brücke

Streifzug durch Fünen

40 Reiseservice 46 Nützliches für die Reise

Astrid Lindgrens Näs n unserer großen Erlebnisausstellung „Astrid Lindgren für die ganze Welt” können Sie die Geschichte Astrid Lindgrens von der Kindheit in Näs bis zum Leben als weltberühmte Schriftstellerin verfolgen. Ein Erlebnis für alle Sinne, das unterhält, vertieft und viel Wissenswertes vermittelt. Die Gärten von Astrid Lindgrens Näs

Outdoor

48 Fjordnomaden auf großer Fahrt

Im Seekajak von Geiranger nach Ålesund

54 Die Nacht zum Tag gemacht

Aktiv in der Mitternachtssonne Finnisch-Lapplands

58 Outdoorpraxis: Energie unterwegs 60 Neue Outdoorprodukte 62 Reportage: Helle Freude

Skurrile Bierstube am norwegischen Børgefjell

Wirtschaft

Neue Schwefelgrenzwerte zwingen Reedereien zu erheblichen Investitionen

64 »Grünere« Überfahrt nach Skandinavien 66 Wirtschaftsnews

Kultur & Leben

Astrid Lindgrens Tochter Karin Nyman über Pippis 70. Geburtstag

68 Mittsommer-Rezepte 70 Pfannkuchen und Blaubeersaft 72 Bilder hinter dem Bild

Der finnische Fotokünstler Ari Saarto

74 Kulturszene: Romane, CDs, Sachbücher, DVDs 76 TV-Vorschau 77 Veranstaltungen 78 Leserreise Göteborg im Advent 79 Leserforum/Rætsel 80 Zeitzeichen: Joe Hill 81 Kleinanzeigen 82 Vorschau/Impressum

Ein Ort für Erlebnisse, Wissen, Schönheit und Überraschung. Das zweite Kapitel wird im Juni 2015 eingeweiht. Genießen Sie unsere neu angelegten Gärten mit Apfelgarten, Pflaumenhain, Spielwiese und Wildrosengarten! Große Sommerausstellung Astrid Lindgrens Kriegstagebücher (1939–1945): „Die ganze Welt brennt” Weitere Information unter www.astridlindgrensnas.se 4.3.–7.5. Mi–So 11–16 Uhr 8.5.–12.6. täglich 11–16 Uhr 13.6.–6.9. täglich 11–18 Uhr 7.9.–27.9. täglich 11–16 Uhr 30.9.–20.12. Mi–So 11–16 Uhr

Prästgårdsg. 24 | Vimmerby Tel. +46 (0) 492-76 94 00

Titelbild: © Thomas Krämer

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Reise

Im Takt Text & Fotos: Thomas Kr채mer

Mit dem Zug durch Schweden und Norwegen

der Gleise

Mit der Inlandsbahn f채hrt man nicht. Man reist! Kommt in einem Tempo voran, das bestens zu dieser Landschaft passt. Kombiniert mit Zug und Bus auf norwegischer Seite wird daraus eine Rundreise, bei der sich die Vielfalt des Nordens ganz bequem entdecken l채sst.

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© Inlandsbanan

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in Wagen? Ein einziger Wagen? Das ist nicht gerade ein »großer Bahnhof« für die legendäre Inlandsbahn, die auf einer 1.300 Kilometer langen Strecke den Siljan-See mit Kiruna ganz im Norden von Schweden verbindet. Koffer einladen, seinen Platz suchen, ein Lächeln vom Zugbegleiter, so beginnt diese Reise, die keinen »großen Bahnhof« braucht.


Reise

Vom Siljan-See in die Orsa-Finnmark

Kühe, Bären und schwitzende Sportler Dalarna gilt für viele als »Schweden en miniature«. Mit Musik, Tanz und dem legendären Vasalauf wird die Tradition hochgehalten. Doch neben den roten Holzpferdchen gibt es noch viel mehr Dinge zu entdecken wie idyllische Almen und die Höhlen von Bären. TEXT & FOTOS: THOMAS KRÄMER

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ie rote Abendsonne spiegelt sich in den Pfützen wider. Gerade ist ein Gewitterschauer über den Siljansee gezogen. Dicke Regentropfen klatschen auf die Planken des Holzstegs, der mehr als 600 Meter in den See hinausführt. Genauso schnell, wie der Schauer gekommen war, hat er sich auch wieder verzogen. Im Süden, auf der anderen Seite des Sees, sind noch die Reste der nun erleichterten

Ohne Strom, mit Charme Eine ganz andere Art der Tradition hält man auf einer Almsiedlung nördlich von Rättvik am Leben. Kilometer für Kilometer geht es auf einer Schotterstraße durch den Wald. Dann treten die Bäume zurück, der Blick wird frei auf eine Ansammlung kleinerer und größerer Häuser. »Karl Tövåsens fäbod« steht auf einem der Schilder. Tin Gumuns hat hier seit 1992 beinahe

Hat ihren Platz in der Welt gefunden: Tim Gumuns von der Tövåsen-Alm.

Wolkentürme zu sehen. Sie zaubern dunkle Schatten auf die Wasseroberfläche, die in wunderbarem Kontrast zum leuchtenden Westteil des Sees stehen. »Jahreszeiten und Wetter haben einen großen Einfluss darauf, wie der See aussieht«, erzählt mir Cecilia beim Abendessen. Die Schwedin muss es wissen, schließlich lebt sie schon seit vielen Jahren hier. Wie kaum eine andere Region in Schweden steht Dalarna für Tradition. Hier werden alte Weisen so innig gefidelt, dass die Saiten reißen; an Feiertagen geht man in Tracht zum Gottesdienst, Gedichte huldigen der Schönheit dieser Landschaft. Dann gibt es noch die roten Dalapferdchen, die in Nusnäs geschnitzt werden und zum Symbol für Schweden schlechthin geworden sind. Und dann pflegt man eine Eigenart: Mittsommer wird in Dalarna im Gegensatz zu den anderen Teilen des Landes an verschiedenen Tagen gefeiert. »Jeder Ort hat hier seine eigene Mittsommertradition«, ergänzt Cecilia. 26 Nordis

jeden Sommer verbracht und betreibt mittlerweile zusammen mit ihrer Familie die Alm. Kaffee wird in einer gut 300 Jahre alten Hütte serviert – falls das Wetter nicht mitmacht. Denn ansonsten sitzt man draußen, hört Kühe muhen und Hühner gackern. Es gibt selbst gemachte Würste, Butter und Käse. »Das ist kein exklusives Café, aber so ist es nun mal mitten im Wald«, sagt die Schwedin, die hier oben »ihren Platz in der Welt sieht«. Wie alt genau die Ansiedlung ist, weiß man nicht. Und auch der etwas eigenartige Name bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen. Ob es diesen Karl Tövåsen wirklich gegeben hat, ist fraglich. Wahrscheinlich wurden vor Jahrhunderten hier auf dem »Kall«-Berg Signalfeuer entzündet, wenn sich Feinde näherten. Das ist natürlich heute nicht mehr nötig, das Mobiltelefon funktioniert sogar an einigen Stellen. »Aber elektrischen Strom gibt es nach wie vor keinen«, sagt Tin lachend. Früher, Mitte des 19. Jahrhunderts, grasten hier rund 100 Kühe sowie 350 Schafe und

Ziegen. Heute kommen tagtäglich rund 160 Liter Milch von deutlich weniger Tieren zusammen und werden als Butter oder Käse an Restaurants und Geschäfte in der Umgebung verkauft. Neben den Kühen – Rassen wie der Fjällkuh, die schon die Wikinger hielten, und der fast ausgestorbenen »Rödkulla« – leben hier oben auf rund 300 Metern Höhe Schweine, Hühner, Ziegen und Pferde. »Die dürfen wie unsere Kühe frei im Wald umherstreifen«, sagt Tin und warnt, bei der Rückfahrt auf Tiere auf der Straße zu achten. Vasalauf auf zwei Rädern Die Hauptroute von Rättvik nach Mora verläuft zu großen Teilen im Landesinneren – und ist damit deutlich langweiliger als die Strecke, die in der Nähe des Siljan-Ufers verläuft. Hier kann man an der alten Kirche von Rättvik mit ihrem hübschen Kirchdorf stoppen und sich von der rot-weißen Idylle kleiner Dörfer wie Sjurberg verzaubern lassen, bevor das Ortsschild von Mora passiert wird. Untrennbar ist der Name Anders Zorn mit dem Ort verbunden. Der Maler, Grafiker und Bildhauer kam am 18. Februar 1860 in Yvraden in der Nähe von Mora zur Welt und starb am 20. August 1920 in dem Siljan-Städtchen. Zorn muss ein ungewöhnlicher Mensch gewesen sein. Er studierte, reiste, lebte in England und Spanien und verbesserte dort seinen Stil und seinen Kontostand mit Auftragsarbeiten von Adligen, kehrte nach Schweden zurück und steigerte sein Renommee als bekannter Künstler. Er malte für Industrielle und Politiker unter anderem in den USA und dürfte auch ein guter Selbstvermarkter gewesen sein. Denn als er im Alter von 60 Jahren starb, hinterließ er dem schwedischen Staat ein Vermögen in Höhe von sechs Millionen Dollar und den Zorngården, das Haus, in dem er zusammen mit seiner Frau Emma lebte und das noch heute in einem Zustand wie vor rund einem Jahrhundert ist.

1 Rolf war Generalsekretär des Vasalaufs und ist heute auch auf dem Mountainbike unterwegs. 2 Postkartenidylle am Orsa-See. 3 Gunther vor einer Bärenhöhle im Koppången-Moor.


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Einer der einsamen Seen in der Orsa-Finnmark.

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Reise

Mehr Muße!

Ferienhausurlaub in Island

Viele Islandurlauber hetzen von Unterkunft zu Unterkunft, um die Insel zu entdecken. Weniger ist jedoch oft mehr, denn um die karge Schönheit der Landschaft zu entdecken, sollte man Zeit und Muße mitbringen – und kann am Abend das Bad im Hot Tub seines Häuschens genießen. TEXT & FOTOS THOMAS KRÄMER

Nervenkitzel: In einer offenen Gondel geht es zum Grund eines erloschenen Vulkans. Schönes Zuhause auf Zeit: komfortables Ferienhaus in Südisland.

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Und jetzt müsste es nach rechts abgehen«. Tatsächlich führt eine kleine Straße an Wiesen vorbei in Richtung eines Golfplatzes. Das stimmt mit der Beschreibung in der Skizze überein. In wenigen Minuten werden wir die Koffer in unser Ferienhaus tragen, Spaghetti in den Kochtopf werfen und dazu ein kühles Bier auf der Terrasse genießen. Tatsächlich sollte es jedoch ein paar Minuten länger dauern, denn noch haben wir uns nicht daran gewöhnen können, was in Island als Straße und was als Weg bezeichnet wird. Und dann ist da noch die Einsamkeit in der weitläufigen Landschaft. Sollte da wirklich noch ein Haus kommen? »Jaja, das passt«, bestätigt der Hausvermittler am Telefon unsere Frage nach dem Weg. Tatsächlich sitzen wir kurz darauf in unserem gemütlichen Heim ein Stück westlich von Selfoss. Schön eingerichtet ist es und bietet allen Komfort: moderne Küche mit Mikrowelle, TV, Stereoanlage und viel Platz. Nicht nur innen, sondern auch draußen auf der Terrasse, wo man auf der benachbarten Wiese ein Schaf blöken hört. Den Grill bringen wir an diesem Abend nicht mehr zum Glühen. Es ist schon spät und wir müssen früh raus. Farbenspiel im Untergrund Es gibt Dinge, die vergisst man sein Leben lang nicht. Den ersten Kuss, vermutlich auch den ersten Rausch. Und die Fahrt in den – glücklicherweise erkalteten – Schlot eines ehemaligen Vulkans gehört in diese Reihe. Der Marsch vom Parkplatz am Skigebiet Bláfjöll bei Reykjavík dauert rund eine Stunde. Wer viel Geld oder keine Kondition – oder beides – hat, lässt sich vom Hubschrauber direkt neben der kleinen Hütte am Vulkan absetzen, verpasst dann aber auch die rund einstündige Wanderung vom Parkplatz am Blafjallavegur. Die stimmt hervorragend auf die raue Schönheit Islands ein. Trittsicher sollte man in der flachen Landschaft jedoch sein, da der Untergrund bisweilen uneben und steinig ist. In der kleinen Hütte neben dem Schlot gibt es warme Suppe, Kaffee, Helm und Klettergurt und Informationen über die Fahrt in den Vulkan. »Hoffentlich wird es euch nicht zu warm«, wird mit der ersten Gruppe gewitzelt, die sich von Schneeflocken umwirbelt zum Spalt an der Spitze des benachbarten Hügels aufmacht. Nach deren Rückkehr sind wir an der Reihe. Erklimmen die höchste Stelle des Vulkanschlots, blicken in ein schwarzes Loch, zu dem ein schmaler Steg führt. An dessen Ende wartet eine Fensterputzergondel. Ich klinke meinen Karabiner in das Sicherungsseil ein, laufe zur Gondel hinüber, stelle mich in eine Ecke. »Wir haben jetzt 120 Meter Luft unter uns«, sagt Óli. Unser Gondoliere gibt noch ein paar Verhaltenstipps – »Passt auf,

dass ihr nicht mit Schals oder Haaren in die Seile kommt«, nimmt dann langsam Fahrt auf. Gemächlich geht es wie in einem Ofenrohr hinunter, ab und an streifen die seitlich an der Gondel angebrachten Rollen den Fels, dann hängen wir frei in dem natürlichen Schacht, der sich mehr und mehr weitet. Erst langsam begreifen wir die Dimensionen dieser Welt, in die wir nun lautlos hinunterschweben. Es ist eine Halle, in die die Freiheitsstatue locker hineinpassen würde und die die Fläche eines halben Fußballfelds hat. Eine Symphonie der Farben gleitet an uns vorbei, der Fels leuchtet rot und grün und gelb und schwarz, an der Decke sind einzelne Gänge zu erkennen, in die einst das Magma geströmt sein muss. Und ganz tief unter uns werden die kleinen Lichtpunkte zu Stirnlampen. Sanft setzen wir auf dem Grund auf. Lassen uns von der einzigartigen Atmosphäre des Vulkans einfangen, erkunden die Halle, klettern über Blöcke, setzen uns auf Felsen. Genießen die Ruhe. 4.000 Jahre ist es her, dass wir an der Stelle, an der wir nun sitzen, in Sekundenbruchteilen verglüht wären. Bei seinem letzten Ausbruch muss der Thrihnukagigur enorme Massen an Lava ausgespuckt haben, woraufhin dieser bunt schillernde Hohlraum blieb. Sechs Minuten dauert es, bis wir von der Magmawelt wieder an die Oberfläche kommen und gleich von einigen Windböen begrüßt werden. Landschaft für einen Mysterythriller »Aufheiterungen an der Südküste«, zitiert Begleiter Ulli den Wetterbericht, als wir wieder in unserem Landrover sitzen. Nach dem unterirdischen Nervenkitzel bietet sich ein touristisches Programm geradezu an. Im Südwesten Islands heißt das natürlich: Geysir, Gulfoss und – nein, nicht Þingvellir. Wir wollen stattdessen die Allrad-Fähigkeiten unseres Fahrzeugs ausnutzen, lassen uns zuerst vom Seljalandsfoss, dann vom Skógafoss »verzaubern« und fahren schließlich auf einer Piste ein paar Kilometer hinunter zum Meer. Die Wellen laufen rauschend an den Strand und versickern im schwarzen Sand. Wolkenfetzen umspielen die Vestmannaeyjar, ein paar Möwen schießen über das Meer. Auch ein mäßig begnadeter Regisseur könnte hier einen stimmungsvollen Mysterythriller drehen – mit der Natur in der Hauptrolle. Der strömende Regen, der uns auf dem Weg zurück zu unserem Urlaubsdomizil begleitet, würde sein Übriges dazutun. Paddeltour und Dosenbier Jón ist ein waschechter Isländer, hat jedoch lange Jahre in Bayern gelebt. Mit zwei Kajaks auf dem Dach holpern wir nun vom Ferienhaus Brekka über eine Wiese hinunter zum Strand des

Hvalfjörður nördlich der Hauptstadt Reykjavík. »Vielleicht sehen wir paar Seehunde“, sagt er, während wir uns in die Spritzdecken zwängen. Tatsächlich werden wir schon beim Einsteigen in die Kajaks neugierig beäugt. Doch die Köpfe der beiden Tiere verschwinden im Wasser, als wir hinaus auf den Fjord paddeln. Es ist eine fantastische Kulisse, auf die wir zusteuern. Auf den Bergen im Hintergrund liegt noch Schnee, während unten auf der gegenüberliegenden Seite die Wiesen gerade grün werden. Ein Schwall Wasser, der vom Bug meines Bootes aufspritzt, erinnert mich daran, dass es gerade einmal Ende Mai ist: Badetemperaturen sind es sicher nicht. Wir lassen einen schützenden Steinwall hinter uns und erreichen das offene Wasser des Fjords. Der Wind, der von Osten her über die Berge herunterweht, baut kleine Wellen. Nicht so, dass es gefährlich wäre. Nein, es ist genau die richtige Dosis, die das Salz in der Meeressuppe des Seekajakfahrens ausmacht. Wir paddeln über historisches Terrain. Der Hvalfjörður hatte im Mittelalter eine große Bedeutung für diesen Teil Islands als Handelsplatz, aber auch als Fischereizentrum. Vermutlich gab es hier am Südufer mit Maríuhöfn sogar den wichtigsten Handelsplatz des Landes. »An der Nordseite des Fjords wurde bis in die Achtzigerjahre die bedeutendste Walfangstation Islands betrieben«, ruft Jón von seinem Boot aus zu mir herüber. Und natürlich weckte der mit 84 Metern tiefste Meeresarm Islands das Interesse der Militärs. Hier wurden im Zweiten Weltkrieg die NordmeerGeleitzüge der Alliierten zusammengestellt, Briten und US-Amerikaner hatten eine Marinebasis. Jón zeigt auf seine Uhr und weist zurück zum Strand. Das Kommando ist klar, die Arme sind mittlerweile schwer. Der Gegenwind hat einiges an Kraft gekostet. Bereitwillig lassen wir uns vom Wind in Richtung Auto schieben – und kommen dort gerade noch rechtzeitig an. Die Flut hat das Wasser so weit ansteigen lassen, dass die Wellen schon fast an die Räder schwappen. Also erst einmal den Geländewagen ein Stück aufwärts bugsieren, erst dann können wir uns um die Boote und uns selbst kümmern. Bis zum am Hang gelegenen Ferienhaus Brekka, in dem wir nun einige Nächte verbringen, ist es nicht weit. Und der Weg vom Kühlschrank mit dem Bier bis zum Hot Tub noch kürzer. Klack, zisch – »Prost«. Ein Dreiklang, der wunderbar zu diesem Abend passt. Zumal wir auch nicht mehr selbst kochen müssen. Denn gespeist wird im nur wenige Hundert Meter entfernten Hotel Glymur, das für seine exzellente Küche bekannt ist. Lebensfeindliches Plateau Der Geländewagen steht vor der Tür, aber jetzt im Mai sind viele Hochlandpisten noch geschlossen. Trotzdem wollen wir ein Stück in Richtung

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Outdoor

Im Seekajak von Geiranger nach Ålesund

Fjordnomaden auf großer Fahrt Zwischen Geiranger und Ålesund lässt sich die wohl spektakulärste Seekajakreise Europas als langsame Outdoorerfahrung genießen. Ungewohnte Ein- und Ausblicke nicht nur auf die steilen Felswände über den Paddlern sind dabei garantiert.

TEXT & FOTOS: MARTIN MÜLLER

Lichtspiele: Wenn Sonne und von Fjordwänden regnendes Wasser sich treffen, erscheint ein famoses Kaleidoskop.

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osi kann so hinreißend genießen. Ihre Arme fliegen weit auf und umarmen das bestürzend schöne Panorama, welches die Vogelperspektive über dem Örtchen Geiranger am Ende des Geirangerfjords bietet: »Das gehört doch alles mir!« Hier oben bekommt der Blick Flügel und saust hinunter zum stillen dunkelblauen Fjord, um sich dann an senkrechten Felswänden wieder emporzuschrauben. Der Augenflug verursacht Hochgefühle und dazu wohligen Schwindel in der Magengrube. Welchen Ort auf dem Planeten sollten wir freiwillig gegen diese Aussicht eintauschen wollen? Den Fjord natürlich. Wir stechen in See. Etwas Aufsehen erregen wir schon, als unser gutes halbes Dutzend Kajaks vom Campingplatz in Geiranger ablegt. Hunderte Augenpaare verfolgen unsere ersten tastenden Paddelschläge in Richtung der monströsen Ankerketten eines Kreuzfahrtschiffes. Der Ort hinter uns ist tausendfach aufgebläht mit Touristen, die das winzige Mekka aller Norwegensehnsucht überfluten. Rechts schwingt sich eine Straße als vertikale Zickzacklinie gen Himmel. Das Fjordland ist mit kühnen Highways, engen Haarnadelkurven und humorlosen Tunnelgeraden erfahrbar

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gemacht. Zu Wasser ist der Verkehr auch erklecklich. Fähren, Segelboote, Ausflugsschiffe, betagte Fischkutter mit alten Fischern und Kreuzfahrer tummeln sich auf dem sommerlichen Geirangerfjord. Dagegen wirken unsere üppig beladenen Kajaks winzig. Auch im Vergleich zur emsigen Hurtigrute, auf die wir in der kommenden Woche täglich treffen werden. Eilig haben wir es allerdings nicht. Auf sachter Route – norwegisch: sakte – wollen wir durch Westnorwegens Fjordirrgarten zum offenen Meer paddeln.

Hochgefühl pur: Da unten liegt der Geirangerfjord!

Wie beim Paartanz Mit Bootspartnerin Annette habe ich es gut getroffen. Sie sitzt vorn und gibt einen munteren Armzug vor. Ich versuche, das Kajak von achtern über zwei Fußpedale zu steuern. Es geht gut voran, weil ich mich ihrem gleichmäßigen Schlag anschließe. In anderen Zweierkajaks wird noch um Synchronität gerungen. Es ist fast wie beim Paartanz: Auf engstem Raum muss die Beziehung im Takt gehalten werden. Der Geiranger kann entzweien, andererseits können Singles auch den Weg


Startpunkt: Geiranger ist ein Örtchen ohne Allüren.

Freier hüben können wir sofort nachvollziehen, als wir direkt in den kühlen Abwind des Freierfalls hineinpaddeln. Spätestens jetzt haben Ausflugsboote und Kreuzfahrtdeck keine Verlockung mehr. Uns entgeht hier kein Wassertropfen! Es heißt, bei Regen sei der Geiranger hier am berauschendsten, wenn die Wolken die Bergspitzen verschlucken und die Wasserfälle im Dutzend aus dem Nebel zischen. Aufstieg zum Skageflå-Hof Die Anziehungskraft der Fjordwände auf meine Kajaksteuerung ist unwiderstehlich. Bäume wachsen aus der Vertikale und bekommen dann den Dreh nach oben. Wie ein Fries haben sich Miesmuscheln an die Felsen gesaugt – köstliche Ernte und Vorspeise für unser Abendessen. Und dann ist da ein Steg und ein in ein gemeinsames Boot finden. Wer nur paddeln, partout aber nicht anbandeln möchte, reserviert sich ein Einerkajak. Das ist wendiger als ein Zweier, allerdings kann man sich nicht mal auf Kosten des Bootskameraden ausruhen. Auch diese urweltliche Perspektive gehört uns. Wir sind umstellt von schier unendlich nach oben strebenden Wänden, welche sich aus Hunderten Metern Untiefe erheben. Nur ein hauchdünner Wasserspiegel hält uns zwischen da unten und da oben. In den gutmütigen Reisekajaks spüren wir jeden Wellenschlag. Gefühlt tanzt mein Hintern unmittelbar auf dem Wasser. Es gurgelt, es gluckst, die Wellen des entfernten Schiffsverkehrs rauschen mit Verspätung heran und klatschen schmatzend von der Uferwand zurück. Anderthalb senkrechte Kilometer über uns schmilzt gerade der letzte Schnee. Was dort oben als Rinnsal beginnt, vereinigt sich zum Sturzbach und stiebt zuletzt Hunderte Meter in freiem Fall als silbriges Band in den Fjord. Zigfach. Rechts vor uns wehen sieben Wasserfälle lautlos in die Tiefe. Gegenüber donnert der mächtige »Freierfall« über eine Schräge wie in schäumender Lust. Die Legende von den sieben Schwestern drüben und dem verschmähten

Weg. Wir klettern den steilen Waldpfad hinauf, der an den prekärsten Stellen mit Geländer gesichert ist. An ausgesetzten Punkten hocken wir uns hin, denn nur so kann man der leisen Versuchung zu springen widerstehen. Auf einem kleinen Plateau erreichen wir das alte Berggehöft Skageflå, eine abgeschiedene Welt für sich, 250 Meter über dem Fjord. Stille. Bis 1916 waren der Hof und seine höher liegenden Sommeralmen bewirtschaftet. Ziegen gab‘s, Schafe, Kühe und bis zu 60 Bewohner. Die Kleinkinder spielten angeleint, damit sie beim Tollen nicht herabstürzten, die Schulkinder waren die Woche über in Geiranger oder Hellesylt am nächsten Fjord zur Schule. Nachbarn gab‘s auch. Man konnte die Menschen auf Knivsflå sehen, im gegenüberliegenden Fjordhang. Vielleicht dachte man hüben

Freier Fall: Die Sieben Schwestern sind Geirangerfälle, die nur bei genügend Wasser vollzählig sind.

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Outdoor

Aktiv in der Mitternachtssonne Finnisch-Lapplands

Die Nacht zum Tag gemacht

Wegen der Hitze! Würde man einem Spanienurlauber erzählen, warum die Sámi im Sommer die Nacht zum Tage machen – ungläubige Blicke wären einem gewiss. Tatsächlich machen Paddeln und Wandern am meisten Spaß, wenn die Sonne mit dem Horizont flirtet. Ausruhen kann man dann tagsüber an einem See. TEXT & FOTOS: THOMAS KRÄMER

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Von vorne die Sonne, von hinten der Mond: So wird Paddeln zu einem ganz besonderen Erlebnis.

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aula begrüßt mich in einem leichten Sonnentop. »Vor zwei Wochen habe ich noch Mütze und Handschuhe angehabt und Schnee weggefegt«, sagt die Finnin mit einem Schmunzeln. Ein später Wintereinbruch hatte Lappland noch Anfang Juni mit einem Zuckerguss überzogen. Dann legte Petrus oder vielleicht passender einer der nordischen Götter den Schalter um und wechselte von Gefrierschrank auf Grill. Zumindest fühle ich mich so, als wir durch die Straßen von Salla laufen. Vermutlich ist jeder, der noch einigermaßen zu Fuß ist, an diesem Abend unterwegs. An einer Straßenecke macht eine Band Soundcheck, woanders wird der Karaoke-König gesucht und Bingo gespielt. Die gute Laune der Menschen hüpft durch die Straßen wie der Ball, dem ein kleiner Junge hinterherrennt. An diesem Juli-Wochenende geht man in Salla spät ins Bett – oder gar nicht. »Guten Appetit!«, wünscht mir Paula ein wenig später, als wir uns zum Frühstück an einen dekorativ gedeckten Tisch im Restaurant Kiela setzen. Und das abends um acht Uhr! Wir trinken Kaffee, löffeln ein weich gekochtes Ei, legen Rentierwurst und Fisch auf die flachen Roggenbrote und gönnen uns zum Finale ein Croissant mit Moltebeerenmarmelade. Denn wir brauchen Kraft, wollen die Mittsommernacht durchmachen. Nicht in irgendeiner Kneipe oder Bar, sondern draußen in der Natur. Die Wochen rund um Mittsommer sind die Zeit, in der die Rentierzüchter tagsüber schlafen und erst am Abend aktiv werden. Wie ihre Tiere. Früher wie heute. Jetzt werden die Rentierkälber markiert. »Doch wenn sie im Gatter umherren-


nen, besteht die Gefahr, dass sie überhitzen«, erzählt Paula. Deshalb sei man für diese Arbeit in die Nacht ausgewichen. Im Sommer sei das ohnehin die beste Tageszeit mit einem fantastischen Licht, »das muss man einfach mal erlebt haben«, ergänzt die Finnin. In der Ruhe der hellen Nacht Wir steigen nach dem Frühstück die wenigen Stufen in einen Supermarkt hinauf, besorgen uns noch ein wenig Mückenschutzmittel und warten am Safarizentrum ein paar Kilometer außerhalb des Ortes auf unsere Guides sowie zwei Mädels aus Helsinki, mit denen wir auf nächtliche Kanutour gehen wollen. Teemo rumpelt mit seinem alten Jeep über einen Waldweg, der kurz zuvor noch für den Holztransport genutzt worden war. Entsprechend fühlt er sich jetzt auch an. »Der Wagen kann das ab«, sagt er grinsend. Wir fahren auf einen Hügelrücken hinauf, den die Gletscher der Eiszeit aufgeschüttet haben. Rechts erstreckt sich lichter Kiefernwald, links ein in der Sonne glitzernder See. Unser See, der Hangasjärvi. Kurz darauf schleifen wir die bun-

ten Boote hinunter zu dem Gewässer. Stellen die wasserdichten Tonnen in die Mitte, schnappen uns die Paddel und stoßen uns vom Ufer ab. Ein paar Paddelschläge später sind wir schon in der Mitte des langgestreckten Sees. Die Sonne lässt die Wolken am Himmel erglühen. Eine magische Stimmung liegt über dem Wasser. Ganz ruhig und doch lebendig wirkt die Natur. Ein Entenpaar lässt sich vom leise plätschernden Wasser unseres Kanus alarmieren und nimmt schimpfend Reißaus. Die Schwanenfamilie am anderen Ufer dagegen lässt sich durch unsere drei Boote nicht irritie-

ren und dümpelt friedlich dahin. Wir verlieren das Zeitgefühl, tauchen tief in die Stimmung des Abends. Nahezu lautlos gleiten wir durch das Schilf am Ende des Sees. Folgen einem kaum erkennbaren Wasserweg, legen an einem Steg an. Die beiden Guides haben sich eine Schutzhütte mit Feuerstelle als Ziel für unseren Ausflug ausgesucht. Zuerst wird gehackt und gezündelt, dann gegrillt. Diese typisch finnischen Würstchen, die man daheim an der Fleischtheke sicherlich liegen lassen würde, die hier aber unglaublich lecker schmecken. Ob es die Sonne ist, die mystische Mittsommerstimmung oder die beiden Mädels aus Helsinki sind, die Teemo und Kari übermütig werden lassen, bleibt ungeklärt. Doch die Vorführung, wie stabil die Boote auf dem Wasser liegen, fällt ins Wasser. Sprichwörtlich. Prustend vor Lachen tauchen die beiden neben ihrem kieloben schwimmenden Kanu auf, sammeln die auf dem Wasser treibenden Tonnen wieder ein, beklagen kurz den Verlust eines Smartphones und machen aus ihrem U-Boot wieder ein normales Kanu, indem sie ihr Gefährt am Ufer umdrehen. Unser Mitgefühl hält sich angesichts des warmen Wetters in Grenzen, unser Lachen kaum. Wir haben alle unseren Spaß! Und der Mann im Mond hat‘s auch gesehen, schließlich ist er kurz zuvor über die Wipfel der umstehenden Bäume geklettert. Muntermacher Nordic Walking Nach einem Kaffee im Safarizentrum sind wir kurz darauf mit Bart unterwegs zu einem See

eine halbe Stunde nordöstlich von Salla. Passieren zuvor den kleinen Ort Kelloselkä, blicken auf den »Eisernen Vorhang«, der mittlerweile schon ein wenig durchgerostet ist. »Tagsüber kann man die Grenze nach Russland passieren, jetzt ist sie aber geschlossen« ergänzt Teemo. Wir fahren nun über einen Feldweg direkt am Grenzstreifen, hoffen auf ein paar Elche, sehen aber lediglich einen Auerhahn und ein Kranichpaar, das über eine feuchte Wiese stakst. Vier Uhr ist es, als wir auf den Vogelbeobachtungsturm AapaTuohilampi steigen. »Schellenten«, sagt der Holländer und zeigt auf kleine schwarze Flecken, die am anderen Ufer des See in den niedrigen Wellen dümpeln. Im Fernglas sind auch noch ein Haubentaucherpaar sowie drei Säger zu sehen. Es liegt ein unglaublicher Friede über dem Land. Zu hören sind nur das zaghafte Zwitschern gerade aufgewachter Vögel im Unterholz und das Surren einiger Mücken. Auch die Sonne hat sich mit dieser Stimmung arrangiert und schickt ihre Strahlen durch ein paar dünne Wolken. Es ist, als ob ein fein gewebtes, alles dämpfendes Tuch über uns liegt. Ich erwache aus meinem Sekundenschlaf, als Bart den Motor des Autos stoppt. Es ist mittlerweile kurz nach fünf Uhr und eine gut gelaunte Riitta empfängt uns in Sallatunturi am Ufer des Keselmä. Die Lust, jetzt noch um den See zu walken, ist nicht sehr groß. Wie herrlich wäre es, jetzt gleich ins Bett in meiner gleich um die Ecke liegenden Hütte sinken zu dürfen! Doch die Finnin steckt uns mit ihrer Energie an.

Erst Holz hacken, dann Kaffee kochen: Das Koffein hilft dabei, die Nacht durchzumachen.

Nordis 55


VORSCHAU

IMPRESSUM

© Thomas Krämer

Das nächste Nordis-Magazin erscheint am 26. August 2015. In Nummer 5/15 haben wir folgende Themen vorgesehen:

NORDIS - Das Nordeuropa-Magazin Maxstr. 64 D-45127 Essen Tel. 02 01-8 72 29-0, Fax 02 01-89425-11

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www.skandinavien.de/nordis www.nordis.de verlag@nordis.com Geschäftsführung: Ilka Zamorowski

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Redaktionsanschrift: Maxstr. 64, 45127 Essen Nordis Schweiz Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Herausgeber: Frank Dittmann (V.i.S.d.P.) Chefredaktion: Thomas Krä­mer (tk)

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Objektleitung: Jörn Backhaus Volontärin: Stefanie Becker (sb) Korrektorat: Dagmar Tigges

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Mehr als nur Schafe Auf den Färöer leben viele Schafe und den Fußball darf ein Mitspieler beim Strafstoß mit der Hand festhalten. Und sonst? Vieles mehr! Nordis hat einige schöne Ecken auf der Inselgruppe entdeckt und kann einen Besuch nur empfehlen.

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Kolumnen: Tilmann Bünz Karten: J. Fischer Karthographie, Fürstenfeldbruck Layout/Art Direction: Uwe Heruth

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Druck: Peter Pomp, Bottrop Anzeigenverkauf:

Deutschland, Dänemark, Island:

11 © Martina Berliner

Ständige freie Mitarbeit: Frank Keil (fk); Gerhard Kraus (gk); Michael Kube (mku) (Klassik); Hans Klüche (hlrk); Claudia Rothkamp (cr)

01 Jörn Backhaus, Objektleiter 02 Stefanie Becker, Volontärin 03 Tilmann Bünz, Kolumnist 04 Frank Ditt­mann, Herausgeber 05 Jochen Engelstätter, Anzeigen Schweden 06 Uwe Heruth, Art Direction 07 Hans Klüche, freie Mitarbeit 08 Thomas Krämer, Chef­redaktion 09 Ger­hard Kraus, freie Mit­arbeit 10 Ilka Zamorowski, Geschäftsführung 11 Hans Zollinger, Nordis Schweiz

Jörn Backhaus, Anzeigen Deutschland & Island Nordis Verlag GmbH, Maxstr. 64, 45127 Essen Tel. 0201-8722-929, Fax: 0201-89425-11 joern.backhaus@nordis.com Norwegen, Schweden, Finnland:

Jochen Engelstätter, Strandmarksvg. 26, S-23192 Trelleborg, Tel. +46-410334961 jochen.engelstaetter@nordis.com Schweiz: Nordis Schweiz Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Tel. 0041-(0)44-780 25 28 Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 21 vom 1. Okto­ber 2014. Abonnenten-Service:

In Deutschland: NORDIS-Abonnentenservice,

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© Martin Müller

Gipfelglück auf den Vesterålen Die Vesterålen sind die unbekanntere Schwester der Lofoten in Nordnorwegen. Dabei kann es die Inselgruppe locker mit dem etwas weiter südlich gelegenen Archipel aufnehmen. Nordis ist in die Wanderschuhe geschlüpft und hat sich einige schöne Gipfel angesehen.

Deutschland: IPS Pressevertrieb GmbH Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Tel.: 02225-8801-0, Fax: 02225-8801-199 www.ips-d.de, vertrieb@ips-d.de Schweiz: Valora AG, Hofackerstr. 40, CH-4132 Muttenz, Tel. 061-467 20 20 Bezugspreise: Einzelverkaufspreise:

5 € / 9,80 sFr / Österreich 5,50 € Jahresabonnement: 28 € (6 Ausgaben, einschl. Zustellgebühr und USt), 50 sFr Auslandsabonnement: 28 € zzgl. Auslands­versand­kosten (5 €) Für Mitglieder der DNF und des Scanclubs ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge von Mit­­­ar­bei­tern geben nicht unbedingt die Meinung der Re­dak­tion oder der Herausgeber wieder. Sämt­liche Informa­tionen wurden nach bestem Wissen recherchiert; für die Richtig­keit kann je­doch keine Gewähr gegeben werden. Die Redaktion hat versucht, alle Copyright-Inhaber der Bil­der in dieser Ausgabe ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Etwaige Irrtümer oder fehlende Copyright-Hin­weise werden bei Benachrichtigung in der jeweils kom­menden Ausgabe aufgeführt. Für un­verlangt eingesandte Manuskripte und Fo­tos übernehmen Ver­lag und Redaktion keine Haf­tung. In allen Fällen höherer Gewalt be­steht kein An­spruch auf Nach­lieferung und Rück­zahlung des Bezugspreises. Eine Beilage der DNF befindet sich in der Aboauflage für DNFMitglieder.

Guten Appetit in Kopenhagen Mal kurz für ein Wochenende nach Kopenhagen? Das ist sicher eine gute Idee – auch für Freunde der nordischen Küche. Nordis war bei der Kochparade des mit einem Stern ausgezeichneten Lokals Relæ und gibt Tipps, wo es außerdem lecker schmeckt. Außerdem Naturparadies Spitzbergen · Östergötland · Tauchen in Island · Herbst bei den Rentierzüchtern · Fotowettbewerb Winter · Chice Outdoormode · Ingrid Bergmann Interview Uschi Disl · Jesper Stein · Werbung in Schweden · Outdoorpraxis 82 Nordis

Im Jahr 2013 kompensierte der Nordis Verlag 5,31 t CO2 durch GOGREEN Produkte und Services. Das Carbon Management von Deutsche Post DHL gleicht die beim Transport entstehenden Emissionen durch Klimaschutzprojekte aus. Nordis Verlag GmbH 2015 ISSN 0946-1116 facebook.com/dasnordismagazin Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft e.V. www.dnfev.de


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