Finnlands Südküste | Schafabtrieb in Island | Norwegische Industriekultur | Limfjord | Aktiv im Jotunheimen | Paddeln in Nordschweden | Mari Boine | Mythos Mökki
Juli/August 4/17 23. Jhrg. Deutschland € 5,- · Österreich € 5,50 Schweiz CHF 9,80 · Luxemburg € 5,80 K 13714 · ISSN 0946-1116
nordis.de · skandinavien.de
Das Nordeuropa-Magazin
FINNLAND Vielfalt an der Südküste NORWEGEN Im Wohnmobil durch das Fjordland SCHWEDEN Südschweden per Rad
SOMMER IM NORDEN
AKTIV UNTER DER
MITTERNACHTS-
SONNE
IHR VERMIETPARTNER IN EUROPA NEU GROSSBRITANNIEN AB 80£ tag
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EDITORIAL thomas krämer chefredaktion Nordis
Liebe Leserin, lieber Leser, haben Sie Ihren Koffer schon gepackt? Oder die Ausrüstung in die Schränke von Wohnmobil oder Wohnwagen geräumt? Dann kann die Reise ja beginnen! Aber warum geht man auf Reisen? Darüber habe ich mir kürzlich bei einer längeren Bahnfahrt ein paar Gedanken gemacht und auch mal nachgelesen, was kluge Menschen zu diesem Thema beizutragen haben. »Menschen reisen, um sich in Erinnerung zu rufen, dass die Welt größer und geheimnisvoller ist, als es scheinen mag«, so der Philosoph Alain de Botton, für den in diesem Zusammenhang auch die Flucht aus Alltag und Gewohnheit eine Rolle spielt. »Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf«, ließ einst Oscar Wilde vernehmen. Und natürlich hatte auch der reisefreudige Goethe dazu etwas beizutragen: »Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen«, so der deutsche Dichter und Denker. Ganz pragmatisch dagegen Wilhelm Busch: »Froh schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt man hat die Mittel«. Ob er damals ahnte, dass der Tourismus der drittgrößte Wirtschaftszweig der Welt werden würde? Und warum reisen Sie? Wir in der Nordis-Redaktion freuen uns über Ihre (nicht zu langen) Zuschriften, die wir gerne einmal im Heft oder auf unseren Internetseiten veröffentlichen … Und vielleicht führt Sie Ihr Weg ja auch zu einem der vielen spannenden Ziele, die wir Ihnen mit dieser Ausgabe wirklich ans Herz legen wollen und die jedes für sich ein Grund für eine Reise sind. Einen schönen Sommer und kommen Sie gesund und mit vielen neuen Eindrücken wieder nach Hause zurück, wünscht Ihnen Ihr
P.S.: »Wenn Reisende ein sehr großes Ergötzen auf ihren Bergklettereien empfinden, so ist für mich etwas Barbarisches, ja Gottloses in dieser Leidenschaft.« Auch Goethe, dem ich da jedoch widersprechen würde.
facebook.com/dasnordismagazin
Nordis 3
20 sheep-bOys auf 6 WO tRaditiON VeRWuRZelt ist
laNgeM tRekk
finnlands südküste ist mit ihren zahlreichen inseln eine sommerliche Verlockung. dazu kommen lukullische genüsse und kulturgeschichte, die in ehemaligen industrieanlagen lebendig wird. eine Reise für körper und geist!
im Wilden Westen Nordamerikas wurden einst die Rinder über die prärie getrieben. die isländer machen das mit ihren schafen und zeigen den tieren den Weg ins tal. und das kann bisweilen auch ganz schön wild werden.
24 MOduM Macht blau
28 bieR Zu fOssilieN, caVa Zu austeRN
die tiefblaue farbe im glas oder auf porzellan fasziniert bis heute. ebenso faszinierend ist, wie sie früher aus dem berg geholt und weiterverarbeitet wurde. Zu erleben ist das im blaafarveværket in Modum im süden Norwegens.
Nahezu senkrechte felswände kann man rund um den dänischen limfjord nicht erwarten. dafür schlürft man hier austern, blickt künstlern über die schulter oder taucht ein in eine viele Millionen jahre alte, versteinerte Vergangenheit.
50 ZWischeN eispaNZeR uNd RitteRspRuNg um im jotunheimen, dem »heim der Reisen« unterwegs zu sein, muss man nicht unbedingt eine riesige kondition haben. es gibt viele Ziele, die einem nur wenige schweißperlen über die stirn treiben. für den glittertind sollte man jedoch it und einigermaßen alpinerfahren sein.
56 auf ZWei RädeRN duRch die idylle im vergangen sommer wurde in südschweden ein neuer Radweg eröffnet. Nordis war auf dem sydostleden unterwegs und war angetan von dieser abwechslungsreichen tour.
66 ZuRück iN die ZukuNft
70 »heRausfORdeRuNgeN
Nokia beherrschte viele jahre den handymarkt. dann kamen smartphones und der abstieg des innischen unternehmens. Nach einigen misslungenen Versuchen, wieder fuß zu fassen, versucht man mit »smartphones mit Nokia-seele« einen Neustart. 4 Nordis
Mari boine galt als stimme der samen – und war einige jahre verstummt. Nun singt sie wieder – aber anders. und nicht nur das: auch ihre eigene Rolle deiniert sie heute neu.
siNd iMMeR gut«
INHALT 3 6
Editorial Titelgeschichte: Wo Tradition verwurzelt ist Streifzug entlang Finnlands Südküste
12
Reiseservice
Reise
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Zur steinernen Leinwand vorzeitlicher Künstler Bootstour auf dem finnischen Saimaa-See
20
S I LV I A F U R T WÄ N G L E R
Sheep-Boys auf langem Trekk
»Über Jahre habe ich einen Weg der Stille und Kraft in mir entwickelt.«
Schafabtrieb auf Island
24
Modum macht Blau Norwegische Industriegeschichte im Blaafarveværket
28
Bier zu Fossilien, Cava zu Austern Dänemarks Limfjord: eine prächtige Laune der Natur
32
Wasser, Berge und pittoreske Städtchen Mit dem Reisemobil durchs norwegische Fjordland
36 39
Sommerspezial: Aktiv unterwegs im skandinavischen Sommer Adventszauber in den Schären Leserreise: Mit Stena Line und Nordis ins weihnachtliche Göteborg
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»Paddelsattel« und sieben wilde Blumen Sehnsucht Schwedisch-Lappland, Teil 6
OutdOOR
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Neue Outdoorprodukte 44 Durchblicker Outdoorpraxis: Outdoorferngläser für die Westentasche
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Die süße Seite der Ostsee Paddeltour durch die nordschwedischen Schären
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Zwischen Eispanzer und Rittersprung Outdoorvielfalt im norwegischen Jotunheimen
55
Zu Gast bei Freunden Fjellfilmfestival in Gjendesheim
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Auf zwei Rädern durch die Idylle Radtour auf dem südschwedischen Sydostleden
RepORtage
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Auf dem Rad durch die Mittsommernacht Der Radsportklassiker »Trondheim – Oslo«
NORdeuROpa aktuell
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Fünf Fragen an … Samuel West, Experte für das Scheitern
64 65
Kolumne/Suzannes Wortreich Attentat in Stockholm
WiRtschaft
66
Zurück in die Zukunft Nokias Neustart unter der Regie von HMD Global
68
Wirtschaftsnews
NORdspORt 69
Mit Armkraft um den Vätternsee Die größte Volksradtour der Welt
kultuR & lebeN
70 72 73 74 76 77 78 79 80 82
Titelfoto:
»Herausforderungen sind immer gut« Die musikalische Wandlung der Mari Boine Concerto grotto – Musik in der Höhle Musiksommer auf den Färöern Schafe, Fjorde & Nordlicht-Panorama Die Gewinner des Nordis-Fotowettbewerbs stehen fest Kulturszene: Romane, CDs, Sachbücher, DVDs, TV-Vorschau Veranstaltungen Kochbuchtipp Leserforum/Rætsel Zeitzeichen: Die Finnen und ihr Sommer am See Vorschau/Impressum
© VisitMikkeli
Silvia Furtwängler – eine starke Frau lebt ihren Traum in ihrer Wahlheimat Norwegen. Wer ist diese Frau, die internationale Hundeschlitten-Rennen wie Yukon und Volga Quest unter härtesten Bedingungen meistert? Die vor allem ihrem Bauchgefühl vertraut? Hier erzählt sie, wie sie lernte, ihren eigenen Weg zu gehen, und welche Kraft sie durch ihr intensives Leben mit und in der Natur schöpft. € 17,99(D) ISBN 978-3-579-07093-3 Auch als E-Book erhältlich Erfahren Sie mehr unter www.zukunftsfreude.com
REISE
Zwischen helsinki und turku wird innische historie von aussteigern, unternehmen und investoren lebendig erhalten. teXt & fOtOs: MaRtiNa beRliNeR
streifzug entlang finnlands südküste
WO TRADITION
VERWURZELT
F
innland schmeckt bittersüß. Jedenfalls auf Rymättylä, einer der unzähligen Inseln im Schären-Archipel vor Turku. Wir sind zu Gast bei Oskari Kangas, einem dunkelblonden Nordmann mit leicht rötlichem Bart, blauen Augen und festem Händedruck. »Willkommen auf Herrankukkaro!« Aus rußgeschwärztem Kessel gießt er blassgelbe Flüssigkeit in grob geschnitzte Holzbecher und nickt in die Runde. »Kippis!« Den finnischen Trinkspruch kennen wir schon. Nicht aber dieses namenlose Gebräu. Vorsichtig kosten wir in kleinen Schlucken und identifizieren Wasser, Alkohol, Zucker sowie eine teerige Komponente, die an den Geruch von heißem Asphalt erinnert. Das Birkenaroma der Trinkgefäße ergänzt die Melange um eine herbe Note. Schmeckt sehr ungewöhnlich und irgendwie zum Ort passend. Beinahe wie ein Destillat dieses von Meer und Wald umgebenen Fischerdorfs. Bis in die 1950er-Jahre war das Fischerdorf bewohnt. Dann wurde es verlassen. Mit traditioneller Fangtechnik, flachen Uferkähnen 6 Nordis
und Reusen habe man nicht länger mit Trawlern und deren Riesen-Netzen konkurrieren können, erzählt Oskari. Sein Vater kaufte den Geisterort auf, um ein authentisches Stück Heimat zu erhalten und mit dem Ensemble von Hütten und Schuppen einen Platz zu schaffen, an dem Menschen zur Ruhe kommen, sich auf die Natur und sich selbst besinnen können. Heute kommen vor allem Vereine, Gruppen und Firmenbelegschaften für Tagungen, Meetings und Feierlichkeiten hierher. Aber auch für Einzelbesucher und Familien werden in den Sommermonaten regelmäßig Tage der offenen Tür veranstaltet. RUSSGERUCH IN DER RAUCHSAUNA Herrankukkaro bedeute direkt übersetzt Mutters Tasche. »Im Deutschen würde man wohl eher Abrahams Schoß sagen«, erklärt uns Oskari. Tatsächlich vermittelt der Ort ein Gefühl der Geborgenheit, indem er sinnliche Eindrücke bietet, die seit Urzeiten zum
menschlichen Leben gehören. Beim Angeln, beim Bootfahren, beim Braten von Fisch und Fleisch am offenen Feuer. Der Magen ist bald wohlig gefüllt. Das Auge kann sich nicht sattsehen. In der Ferne, zwischen Schären, zieht ein Schiff Richtung Turku vorbei. Am Steg dümpelt ein hölzerner Segler. Am Verschlag daneben lehnt Angelgerät, hängen verblichene Seekarten, Tampen und Taue. An Land schlängeln sich schmale Trampelpfade vorbei an silbergrauen Bretterbuden und Blockhäusern aus dicken Stämmen. Von Moos durchsetztes Gras grünt auf dem Dach einer runden Hütte, die sich in einer Senke in den Boden duckt. Ein verbeultes Schneemobil und ein alter Rodelschlitten warten am Wegesrand zwischen Blumen und Unkraut auf den Winter. Das alte Finnland – hier scheint es lebendig. Oskaris ganzer Stolz ist die Rauchsauna. Weil sie leicht in Brand geraten, gibt es in Finnland nicht mehr viele der traditionellen Schwitzhütten, deren Öfen mit Holz geheizt werden. Da sie keinen Schornstein haben,
der turm der klosterkirche von Naantali spiegelt sich im Wasser des hafenbeckens.
in herrankukkaro werden Würstchen über offenem feuer gegrillt.
IST dringt der Rauch des Feuers beim Aufheizen in jede Ritze. Vor dem Saunieren wird der Qualm durch Lüften entfernt. Der Rußgeruch aber bleibt. »Früher haben viele Frauen ihre Babys in der Sauna zur Welt gebracht, weil der Rauch Bakterien abtötet«, erklärt uns Oskari und öffnet die knarrende Holztür, um uns eintreten zu lassen. Zwölf Stunden lang hat er heute für uns den mehr als mannshohen, aus Natursteinen gemauerten Ofen beheizt und dabei mehr als einen Kubikmeter Holz verfeuert. Dennoch ist die Wärme moderat. Etwa 50 Grad Celsius herrschen in dem großen fensterlosen Raum. Die Wände bestehen stellenweise aus nacktem Fels. Im matten Licht von Petroleumlampen sind grob gezimmerte Sitzbalustraden erkennbar. Wir klettern auf den obersten Rang und gießen mit der langstieligen Schöpfkelle Wasser auf den Ofen. Es zischt, augenblicklich steigen unter der Decke des Gewölbes Feuchtigkeit und Temperatur. Wir fühlen uns wie Föten im Schoß von Mutter Erde. Und wie neu geboren, als wir nach
entspannung im warmen pool nach saunagang und abkühlung in der Ostsee.
Nordis 7
REISESERVICE Norwegen · Schweden · Dänemark · Finnland · Island · Färöer · Åland · Grönland
Foto: © Bård Basberg / Loen Skylift
STENA LINE FEIERT 50. JUBILÄUM DER LINIE GÖTEBORG – KIEL SCHWEDEN Vor 50 Jahren ist zum ersten Mal ein Fähr-
Hoch hinaus geht es mit der neuen Seilbahn am norwegischen Nordfjord.
HIMMELSSTÜRMER IN FJORDNORWEGEN ERÖFFNET NORWEGEN Ende Mai ist in Fjordnorwegen die steilste Seilbahn der Welt eröffnet worden. In nur fünf bis sieben Minuten Fahrzeit bringt der Loen Skylift die Fahrgäste vom Ufer des Nordfjords auf 1.000 Höhenmeter. Auf dem Gipfel des Bergs Hoven findet man rund 70 Kilometer markierte Wanderrouten, ein Bergrestaurant sowie ein grandioses Panorama über Berge, Fjorde und Seen. Ehrengast bei der Eröffnung war Norwegens Königin Sonja. Durch die neue Seilbahn erreichen auch Menschen die norwegische Bergwelt, die nicht so gut zu Fuß sind. Der Loen Skylift bietet in jeder der zwei Gondeln Platz für 40 bis 45 Personen, pendelt ohne feste Abfahrtszeiten und benötigt für die Fahrt zwischen Tal- und Bergstation fünf bis sieben Minuten. Die früheste Abfahrt ist um 9 Uhr, die letzte Rückfahrt während der hellen Sommermonate um 23 Uhr. Tickets sind im Internet, am Schalter und am Automaten erhältlich. Eine Rückfahrkarte für Erwachsene kostet im Sommer 485 NOK (ca. 51 Euro) und im Winter 390 NOK (ca. 41 Euro). Kinder im Alter zwischen sechs und 15 Jahren bezahlen NOK 225 bzw. 200 (ca. 24 und 21 Euro), bis zum Alter von sechs Jahren ist die Fahrt gratis. Weitere Infos zum Loen Skylift unter www.hovenloen.no und zu Fjordnorwegen unter www.fjordnorway.com. (tk)
schiff unter der Flagge der Stena Line auf der Route zwischen Kiel und Göteborg unterwegs gewesen. Fünf Jahre zuvor – im Jahr 1962 – war die Reederei von Sten A. Olsson gegründet worden. Die Verbindung zwischen der schwedischen und der deutschen Küstenstadt bildete zusammen mit der Route von Göteborg nach Skagen das wirtschaftliche Fundament für das Familienunternehmen. Der Aufstieg zu einer der größten Fährreedereien der Welt begann 1981, als Stena Line die Sessanlinjen übernahm, deren Schiffe zwischen Göteborg und Fredrikshavn und auch Travemünde pendelten. In den Achtziger- und Neunzigerjahren wurde das Quotennetzwerk stark erweitert und ist in den Niederlanden, dem vereinigten Königreich und Polen angelaufen. Heute ist die Stena Line AB eine Tochtergesellschaft des Hauptkonzerns Stena AB mit Sitz in Göteborg. 2016 wurden auf den 35 Stena-Schiffen über sieben Millionen Passagiere, 1,5 Millionen Autos und zwei Millionen Frachteinheiten von den Schiffen mit dem markanten weißen »S« auf rotem Grund befördert. Bei einem Jubiläum blickt man natürlich gerne zurück, jedoch auch in die Zukunft. Denn seit einigen Jahren stellen die Themen Nachhaltigkeit und umweltfreundlicher Fährbetrieb einen Schwerpunkt in der Unternehmensstrategie dar. »Mit 27.000 jährlichen Abfahrten auf 20 Routen ist Stena Line eine der größten Fährreedereien der Welt«, so Niclas Mårtenssån. Mit einem Unternehmen dieser Größe trage man eine besondere Verantwortung, den Betrieb nachhaltig zu gestalten. »Eine bessere Umweltbilanz ist entscheidend für langfristige Profitabilität, darum setzen wir uns ehrgeizige Ziele«, ergänzt der CEO der Stena Line. So pendelt auf der Route Kiel – Göteborg mit der Stena Germanica das weltweit erste Schiff, das nicht mehr mit schwefelhaltigem Schiffsdiesel, sondern mit umweltfreundlichem Methanol angetrieben wird. Weitere Verbesserungen für die Umwelt sind geplant oder werden bereits umgesetzt. (tk)
ISLAND Jökulsárlón gehört seit Jahren zu den beliebtesten Reisezielen der Vulkaninsel. Allein 2016 besuchten mehr als 500.000 ausländische Touristen die berühmte Gletscherlagune zwischen Skaftafell und Höfn. Um diese einmalige Landschaft auch für künftige Generationen zu erhalten, hat sich der isländische Staat nun am 9. Januar zum käuflichen Erwerb des Hofs Fell im Bezirk Suðursveit entschieden, auf dessen Land ein Großteil der Gletscherlagune liegt. Die Hälfte der Gletscherlagune ist bereits länger im Besitz des isländischen Staats, über die touristische Nutzung der anderen Hälfte stritten sich seit 20 Jahren die 40 Landbesitzer des Hofs Fell. Im November 2016 kam es nun zur Zwangsversteigerung von Fell. Das Unternehmen Fögrusalir, bereit 1,52 Mrd. ISK (ca. 12,65 Mio. Euro) hinzublättern, bekam den Zuschlag, vorausgesetzt, dass der isländische Staat nicht, innerhalb von 60 Tagen, von seinem Vorverkaufsrecht Gebrauch macht. Diese Option, eine Folge des Sonderstatus der Gletscherlagune als Naturdenkmal, hat der isländische Staat nun wahrgenommen. Björt Ólafsdóttir, die seit Januar 2016 amtierende Umweltministerin, feiert die Tatsache, dass die Gletscherlagune in staatliche Händen übergegangen ist und hofft, diese bald in den Nationalpark Vatnajökull eingliedern zu können. Langfristig werden eine Ausweitung des Nationalparks Vatnajökull auf das gesamte Hochland und dessen Anerkennung als UNESCO-Weltnaturerbe angestrebt. (Erik van de Perre) 12 Nordis
Foto: © Ronja Söderblom-Frase
JÖKULSÁRLÓN IST NUN IN STAATSBESITZ
50 Jahre Göteborg – Kiel: Alan Junger, erster Kapitän auf der Stena Germanica, und Geschäftsführer Niclas Mårtensson schneiden die Geburtstagstorte an.
REISE
Norwegische Industriegeschichte im Blaafarveværket
MODUM MACHT BLAU D Rund eineinhalbstunden Autostunden von Oslo entfernt kann man am südlichen Ausläufer des Tyrifjords ein Stück norwegischer Industrie entdecken und dem Geheimnis der blauen Farbe des Meißner Porzellans auf den Gruben-Grund gehen. TEXT & FOTOS: THOMAS KRÄMER
er Blick? Fantastisch! Das blaue Wasser des Tyrifjords schmiegt sich an einen Hügelzug, der eine enge Verbindung mit dem Himmel eingeht. Davor Felder und Wälder, ein paar Dörfer und einzelne Häuser, deren rote Fassaden einen Kontrapunkt zur Umgebung setzen. Ein Ort, für den man gerne die Fahrt auf einer Schotterstraße durch den südnorwegischen Wald auf sich nimmt. Doch es ist nicht die Aussicht, weshalb ich hier bin. Der Grund dafür liegt hinter mir und unter mir: die Kobaltgruben des Blaafarveværkets im Süden Norwegens, gerade einmal eineinhalb Autostunden von Oslo entfernt. Die letzten Kilometer zum Bergwerk verlaufen auf einem Schotterweg
durch eine herrliche Landschaft mit Seen und Wäldern. Bis man dann durch die Windscheibe blickt und bemerkt: Hier hat der Mensch das Unterste zuoberst gekehrt. »Ein Platz, der für die norwegische Industriegeschichte eine große Bedeutung hatte«, wie die deutsche Grubenführerin Sandy erzählt. Und natürlich kennt sie die Historie, mit der der Kobaltabbau seinen Anfang nahm.
MENSCH GESTALTET DIE LANDSCHAFT 1772 streift der Schürfer Ole Witloch durch die Wälder des nach einem Bauernhof benannten Skuterudåsen. Norwegen ist zu dieser Zeit noch Teil der Dänischen Krone und Witloch von seinem Arbeitgeber, dem Kongsberger Silberwerk, gerade entlassen worden. Da blickt er auf etwas, das seinem geschulten Auge als verdächtig erscheint und sich als Kobalt herausstellt. Diese Kobalt-Arsen-Verbindung – chemisch CoAs3 – wurde erstmals auf dem Gelände
Die Kraft des Wasser war wichtig, um in den Pochwerken des Blaafarveværkets das Gestein zu zerkleinern.
24 Nordis
REISE
dänemarks limfjord: eine prächtige laune der Natur
Bier zu Fossilien, Cava zu Austern das Reizklima im jütländischen Norden verführt bürger zur kunst, bildhauer zum spott und die Natur zur massenhaften fortplanzung. besucher schmausen sich in etappen durch allerlei kuriose fundorte an einem fjord, der eigentlich ein sund ist. teXt & fOtOs: MaRtiN MülleR
D
änemarks Nordwestpassage liegt eine Weltreise von Kopenhagen entfernt. Die Gegend ist kaum besungen, fast ein Stück Terra incognita des dänischen Archipels. Als Entdeckernatur reist man natürlich hin – und wird reich beschenkt. Denn im jütländischen Norden, wo sich Knurrhahn, Auster und Hummer tummeln, schöpfen die Anrainer des Limfjords aus dem Vollen. Die Natur meint es richtig gut mit den Leuten, die versprengt am Wasserweg zwischen Ost- und Nordsee wohnen. Die Nordjüten wissen die Laune der Natur zu schätzen und machen was draus. Craft-Bier sprudelt aus Zapfhähnen, in den alten Kalkgruben von Mønsted reifen jetzt 200 Tonnen Höhlenkäse; Austern und Muscheln türmen sich auf Teller und Tafel. Es gibt Entenflüsterer und Fossilienversteher, auch kunstsinnige Städtchen, dazu eine Schar Surfer. All das passiert auf engstem Raum,
Mors hat's in sich: in den steilwänden der limfjord-insel stecken 55 Millionen jahre alte fossilien, eingebettet in eine art blätterteig aus ton und Vulkanasche.
28 Nordis
aber wegen des vielen Wassers muss man zwischen den Koordinaten ganz schön mäandern. Die Reise wird zum Geocaching mit vielen Fundorten. UNKONVENTIONELLE KUNSTSAMMLUNG Beginnen wir ganz brav im Städtchen Viborg, schmuck am See Vedsø gelegen. Der doppeltürmige Dom spiegelt sich im See, das Straßenbild präsentiert sich aus einem Guss, weil nach einem Brand vor 200 Jahren vieles wieder aufgebaut werden musste. Die Seekulisse mit gemütlichen bis situierten Anwesen ist erholsam für die baumelnde und paddelnde Bürgerseele. Die dominierende Domkirche ist gut für die Erinnerung an den hier wirkenden »dänischen Luther« Hans Tausen, dem man 2004 protestantischpflichtschuldigst ein Denkmal setzte. Bildhauer Bjørn Nørgaard hat den Reformator buchstäblich wie einen Leviten-Drescher gestaltet, der mit metallgefassten Sprechblasen so comicartig wirkt, dass einigen Bürgern das wie ein Stachel im Fleisch vorkomme, lässt die Stadtführerin durchblicken. Künstler werden in Mitteljütland mit offe-
nen Armen empfangen – besonders in Holstebro, das beim Kulturhauptstadt-Projekt Aarhus 2017 mitmacht. Es dürfte weltweit keine 35.000-Seelen-Stadt geben, die so viele Skulpturen mitten in die Fußgängerzone platziert. Auf der abfallenden Meile grüßt oben gleich mal ein aufgekratztes Dutzend – die »Bürger von Holstebro« spielt auf Rodins »Bürger von Calais« an. Die verwegene Idee, zwölf freiwillige Stadtbekannte bloßund aufzustellen, stammt wieder vom Enfant terrible der Gegend, Nørregard. Überspringen wir mal die anderen Werke und kommen zum Gegenpol: der Giacometti-Figur »Maren«. Die typisch abgespeckte Frauengestalt schien den Holstebroern, nachdem sie persönlich beim Künstler erworben wurde, zu dürr geraten; mit Butterbroten als Votivgaben wollten sie Maren aufpäppeln – so viel humorvolles Mitgefühl erfährt ein Giacometti wohl nur in der Provinz. Dabei ist Holstebros Kunstsammlung nie provinziell, sondern erfrischend unkonventionell: Wegen Vandalismus fährt Maren jetzt nächtens per Aufzug unters Pflaster ein und erscheint jeden Morgen wieder, pünktlich zur Ladenöffnung. Woher hat die Kommune
REISE
Mit dem Reisemobil durchs norwegische Fjordland
Wasser, Berge und pittoreske Städtchen
Bei der Wanderung zum Preikestolen blickt man hinunter auf den Lysefjord.
G
anz nüchtern betrachtet ist das sogenannte Fjordland der Landesteil Westnorwegens, der aus den vier Provinzen Rogaland, Hordaland, Sogn og Fjordane und Møre og Romsdalen besteht. Unzählige, in der Eiszeit entstandene Fjorde schlängeln sich durch das Land, und der Küste vorgelagert sind Tausende Inseln. Wenn man jedoch erst einmal hinter dem Steuer seines Reisemobils sitzt und durch diese Region fährt, ist die Fahrt alles andere als nüchtern. Die grandiose Landschaft lässt das Herz höherschlagen. Norwegen eignet sich bestens für eine Tour mit dem Wohnmobil! Man reist stressfrei und ohne Hektik, freut sich über die vielen Rastplätze, das Parken bereitet kaum Probleme, Campingplätze sind im Fjordland zahlreich, die Zahl der Stellplätze nimmt zu und schließlich helfen die gastfreundschaftlichen Norweger gerne weiter. START IN STAVANGER Für viele fällt der Startschuss für die Fjordland-Reise in der Ölmetropole Stavanger. Gut so! Denn nach der Anreise mit der modernen Fähre von Fjord Line rollt das Reisemobil samt ausgeruhtem Fahrer und Beifahrer von der Fähre. Dem Reisemobil kann man schnell eine Pause gönnen, denn als erstes Ziel bietet sich die drittgrößte Stadt des Landes mit ihrem schönen Stadtzentrum an. In der Altstadt reihen sich weiße kleine Holzhäuser aneinander, am Hafenbecken stehen bunte Speicherhäuser mit Gastrono32 Nordis
Wenn ein Norwegenkenner von einem Reisemobilisten gefragt wird, welche Region sich am besten für eine Tour mit dem rollenden Heim eignet, wird er auf Anhieb viele Landstriche aufzählen können. Zwischen dem südlichsten Punkt, dem Kap Lindesnes, und dem Nordkap bietet sich nahezu jede Region für einen Urlaub an. Das interessanteste und vielseitigste Reiseziel ist dank der spektakulären Fjorde und der schönen Orte das Fjordland. TEXT & FOTOS: THOMAS KLIEM
mie und wenige Meter entfernt steht der stolze Dom. Nicht versäumen sollte man den Besuch des lehrreichen Erdölmuseums, dessen progressive Architektur jeder Reisende auf der Speicherkarte festhält. Nach dem kulturellen Warm-up sollten die Natur und eine Wanderung auf dem Programm stehen. Eine kurze Etappe bringt den Reisenden in die Nähe von Jørpeland. Hier steht direkt im Lysefjord der Preikestolen. Dieser »Predigtstuhl« gehört zu den bekanntesten Felsen in Europa und ist im Sommer ein Magnet für unzählige Wanderer. Dass nicht jeder Tourist zum Felsen wandert, liegt an der erforderlichen Kondition, denn immerhin benötigt man rund drei Stunden und dann geht es auch noch zurück. Doch die Anstrengung lohnt sich! So steht man mit erhöhter Herzfrequenz auf der quadratischen, natürlichen Plattform und blickt fasziniert rund 600 Meter hinunter zum Lysefjord und auf die grandiose Landschaft. Geländer sind hier ebenso Mangelware wie Kiosk oder Toiletten – halt ein dramatisches Stück norwegischer Natur. IMMER AN DEN FJORDEN ENTLANG Die Route durch das Fjordland kann man so wählen, dass man fast immer an den landschaftlich reizvollen Fjorden entlangfährt. Park- und Rastplätze liegen am Ufer und nicht selten sind es nur wenige Schritte zu einem Badestrand. Baden? Einen Badeurlaub wird man im Fjordland nicht machen, denn die eiszeitlichen Gletscher haben in
der Eiszeit ganze Arbeit geleistet. In rund 2,5 Millionen Jahren gruben sich die Eismassen so tief ein, dass die Fjorde heute tiefer sind als das Schelf vor der Küste. Die tiefste Stelle im rund 200 Kilometer langen Sognefjord misst immerhin 1.308 Meter, was ihn zum weltweiten Rekordhalter macht. Da sich die Fjorde im Sommer nicht ausreichend erwärmen, bleibt es für Reisende eher bei einer Abkühlung. Allerdings sollte man sich nicht täuschen, denn insbesondere seichte Badeplätze laden doch zu einem etwas längeren Bad ein. Hier gibt es bisweilen sogar Liegeflächen, Duschen und Toiletten, und Eintrittspreise sind ebenso unbekannt wie eine Kurtaxe. Nicht nur die vielen Rastmöglichkeiten tragen zu einem entspannten Reisetag bei, sondern auch die schönen Straßen durch eine herrliche Landschaft. Das Verkehrsaufkommen ist gering und dank der rücksichtsvollen norwegischen Autofahrer ist der Reisemobilist stressfrei unterwegs. Viele Straßen enden direkt am Fjord. Dann geht es mit der Fähre weiter. Zunächst reiht man sich in einer Wartespur ein, stöbert nochmal im Reiseführer, geht zum Ufer, um ein paar Fotos zu machen und beobachtet das Anlegen der Fähre. Rollt schließlich auf das Schiff und wartet auf den »Zahlmeister«, der nach Personenzahl und Länge des Reisemobils abrechnet. Ist die Fähre etwas länger unterwegs, kann man sich noch einen Kaffee in dem Bistro gönnen, denn an Deck weht den Passagieren schon mal ein frischer Wind um die
outDoor
Neue Outdoorprodukte
UNTERWEGS IM nordischen sommer ZUSAMMENGESTELLT VON GERHARD KRAUS
ÜBerArBeiteter klAssiker Der renegade gtX lo ist ein Klassiker. lowa hat den bequemen halbwanderschuh überarbeitet, die Verbesserungen kommen sowohl Komfort (etwas breiteres fußbett) als auch den Dämpfungseigenschaften (zwei unterschiedlich gehärtete Pu-Keile) zugute. Den nötigen grip bei Wanderungen und leichten Bergtouren bringt die renevo-Sohle von Vibram. trockene füße behält man durch die Kombination aus robustem nubuk-leder und gore-teX®-Membran. nordis-fazit: Im test überzeugte der Schuh trotz vergleichsweise geringen gewichts durch seinen robusten aufbau und hohen gehkomfort. (tk) straßenpreis ca. 120 € | www.lowa.de
foto (hintergrund): © thomas Krämer
nÜtzliche reisehelfer Manchmal weiß man gar nicht, welche kleinen helfer eine reise erleichtern können: nite Ize hat solche cleveren utensilien im Sortiment. Beispiele gefällig? eine universalhalterung (»handleband«) für das Smartphone, mit der man das gerät am fahrradlenker befestigen kann. oder – mit dem »Steelie« – an den lüftungsschlitzen im auto. Vielleicht auch die 3-in-1 leD taschenlampe mit fokussiertem lichtstrahl, einem umgebungslicht sowie einem rot blinkenden notfall-Signal. ein Blick auf die Internetseite lohnt sich. (tk) www.niteize.com
Perfekter dUrchBlick Die S-Way VlM+ von alpina passt sich wechselnden lichtverhältnissen bestens an, denn sie ist mit phototropen (selbsttönenden) gläsern ausgestattet. Sobald die Sonne strahlt, verdunkeln sich die gläser, wird das licht weniger, klärt sich das Brillenglas wieder auf. Sie schützt nicht nur vor schädlichen Infrarot- und uV-Strahlen. für immer klare Sicht sorgt bei schweißtreibenden aktivitäten eine fogstopBeschichtung, und eine hydrophobe außen-Beschichtung hält Wasser und Schmutz von den gläsern fern. Die alpina S-Way VlM+ deckt die Schutzstufen 1–4 ab. S4 ist für hochtouren besonders zu empfehlen, denn hier kommen besonders hohe Intensitäten an direkter und indirekter Strahlung vor. Brillen mit filterkategorie 4 sind aber fürs autofahren nicht geeignet. nordis-fazit: top-Brille, passt für jedes gesicht. 179,95 € | www.alpina-sports.com
nAchhAltig riesige Plastikmüll-teppiche und Mikroplastik-teile schwimmen über unsere Weltmeere. Dieser Müll bedeutet nicht nur tödliche gefahr für die gesamte nahrungskette im Meer, sondern letztendlich auch für uns Menschen. um die Verschmutzung der ozeane zu verringern, sind globale anstrengungen der Wirtschaft, Industrie und Politik und jedes einzelnen Menschen dringend notwendig. adidas und die umweltorganisation Parley for the oceans gehen nun gemeinsam einen Weg, Plastikmüll aus den Meeren zu sammeln, zu recyceln und daraus funktionale Sportprodukte zu entwickeln. Der abgebildete Sommerschuh adidas terrex climacool Parley Boat besteht aus verarbeiteten Plastikabfällen aus dem Meer. zur Produkteinführung gehört auch ein t-Shirt, hergestellt ebenfalls aus recycelten Meeres-Plastikabfällen und recyceltem Polyester. 129,95 € | www.adidas.com/outdoor
innoVAtiV Die running ¾ tights hotBonD® laufhose der österreichischen firma löfler punktet mit gleich mehreren Besonderheiten. Sie bietet maximalen Komfort durch die einzigartige hotBonD® technologie, durch die die nähte mit einer löfler-eigenen ultraschalltechnologie aneinandergefügt werden. zudem ist sie bei hoher elastizität und perfekter Passform (größen 34–46) extrem belastbar. für jeden, der gern etwas schneller in der nordischen natur unterwegs ist, der perfekte Partner. garantiert kein rutschen oder ziepen. (red) 59,99 € | www.loefler.at 42 Nordis
OUTDOOR
Paddeltour durch die nordschwedischen Schären
Die süße Seite der Ostsee Eine Paddeltour durch die schwedischen Schären – da denken die meisten an die Bohuslänküste im Westen des Landes. Ganz im Norden, wo Schweden und Finnland aneinanderstoßen, lugen ebenso unzählige kleine und größere Inseln aus dem Wasser und bilden ein abwechslungsreiches Paddelrevier. Das kann man sogar noch um eine Tour auf einem der einsamen Flüsse erweitern. TEXT & FOTOS: KIRSTEN PANZER
K
ann Salzwasser süß sein? In Schweden ist auch das möglich, vor allem kurz vor der Landesgrenze, sozusagen fast schon am nördlichen Ende des Bottnischen Meerbusens. Dort senken die Flüsse den Salzgehalt des Meeres. Es wird also nicht ganz so salzig, falls man ins Wasser fallen und sich dann vor Schreck verschlucken sollte. Kalt würde es aber dennoch werden oder zumindest frisch. Doch wer will schon ins Wasser fallen, wenn man sich auch auf ihm fortbewegen kann und es sich dennoch so anfühlt, als sei man mitten drin? Seekajak und Kanu sind genau die richtigen Fortbewegungsmittel, will man die Wasserseite Lapplands kennenlernen und das in all ihrer Unterschiedlichkeit mit Fluss und Meer. Natürlich fehlt auch der passende Schärengarten nicht. Von der Hafenstadt Luleå zieht er sich fast 40 Kilometer breit hoch nach Nordosten in Richtung 46 Nordis
Finnland, mit unzähligen Inseln und Inselchen. Die wenigsten sind bewohnt, Einsamkeit macht sich schnell breit, gerade im Sommer, wenn sie nur mit dem Schiff erreichbar sind. Beste Voraussetzungen also für eine ausgiebige Paddeltour mit ganz viel Zeit. Dunkel wird es schließlich kaum. Von Mitte bis Ende Juni geht die Sonne gar nicht mehr unter. Und wenn sie dann doch hinter dem Horizont versinkt, bleibt immer noch ihr in der Atmosphäre reflektiertes Licht. Der Polarkreis ist nicht weit. Knapp 100 Kilometer sind es nur noch bis zum legendären Arctic Circle. LEHRER MIT DURCHHALTEVERMÖGEN Das Land hat sich hier aus dem Meer erhoben. Einst lag Luleå weiter im Landesinneren, die Gammelstad, die alte Kirchstadt, zeugt auch heute noch davon. Doch dann stieg immer mehr Land aus dem Wasser,
der Hafen musste zurück an die Küste verlegt werden. Es entstand die Schärenküste, ein Paradies für alle Wassersportler, vor allem mit flachen Schiffen, denn die stören auch die Steine unter Wasser nicht weiter. Kratzt man sie, dreht man ab und passiert das Hindernis ein bisschen weiter rechts oder links. Unweit von Råneå erreicht man den beinahe nördlichsten Zipfel der schwedischen Ostsee. Nur vor Töre geht es noch knapp eineinhalb Seemeilen weiter nach Norden und dann ist wirklich Schluss. All diese Inseln – die Küste mit ihren Buchten und Winkeln, die von den Bergen mal wild, mal ganz ruhig herabströmenden Flüsse – sind das Heimatrevier von Oskar Hederyd, seine Spielwiese sozusagen. Er kennt die Region wie seine Westentasche. Ihn treibt es, sobald das Eis geschmolzen ist, hinaus aufs Wasser, binnen genauso wie buten. Er lebt das schwedische Outdoorgefühl und bringt
OUTDOOR
Outdoorvielfalt im norwegischen jotunheimen
Zwischen Eispanzer und Rittersprung im jotunheimen liegen die höchsten gipfel skandinaviens. Wer ihnen aufs haupt steigt, genießt grandiose ausblicke. doch man muss kein konditionsstarker alpinist sein, um am Ostrand des gebirges in Verzückung zu geraten. schöne und weniger schweißtreibende erlebnisse indet man fast überall – so wie im gebiet rund um Randsverk. teXt & fOtOs: thOMas kRäMeR
den gipfel des glittertind ziert eine eiskappe, die jedoch zusehends abschmilzt.
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OUTDOOR
Radtour auf dem südschwedischen Sydostleden
AUF ZWEI RÄDERN durch die Idylle 30
Grad im Schatten und strahlend blauer Himmel. Eigentlich ein paar Grad zu viel, um mit vollen Gepäcktaschen die erste – und gleichzeitig anstrengendste – Etappe zwischen Simrishamn und Brösarp in Angriff zu nehmen. Aber wenn einem der Wettergott schon einmal so gnädig gestimmt ist, will man nicht meckern und muss eben unterwegs die Augen nach Möglichkeiten der Abkühlung offenhalten. Was prinzipiell auf den ersten Kilometern, die bis Kivik immer mal wieder relativ nah an der Küste entlangführen, auch kein Problem ist. Ab Kivik geht es aber erst einmal bergauf ins Landesinnere – nicht sehr steil, aber trotzdem stellen sich immer wieder neue Hügel in den Weg. Und hier wird auch klar, warum Kivik für seine Äpfel berühmt ist: Die Strecke aus dem kleinen Ort hinaus führt vorbei an großen Apfelplantagen, lediglich vereinzelt unterbrochen von Getreideund Maisfeldern oder Wiesen. Über kleine, nahezu autofreie Nebenstraßen geht es etwa acht Kilometer in den kleinen Ort Vitaby, der in der sonntäglichen Mittagshitze döst. Hier bietet sich für eine Pause ein Abstecher in die kleine Kirche an, die 56 Nordis
weiß getüncht auf einer kleinen Anhöhe an der Straße nach Kivik thront. IDYLLE PUR BEI ALUNBRUKET Während man sich zwischen Kivik und Vitaby zu großen Teilen auf die traumhafte grüne Hügellandschaft konzentrieren kann, verlangt aber leider zwischen Vitaby und Alunbruket zu großen Teilen der Verkehr die meiste Aufmerksamkeit. Denn der Sydostleden führt nun überwiegend über Straßen, die auch bei Motorrad- und Autofahrern sehr beliebt zu sein scheinen. Für Familien mit Kindern sind diese letzten rund 15 Kilometer der Strecke eher ungeeignet. Und auch all jene, deren Beine nach all den Steigungen nicht mehr richtig wollen und die noch folgenden Hügel lieber schiebend in Angriff nehmen wollen, werden sich hier nicht wirklich wohl fühlen. Als Belohnung lockt jedoch das idyllische Café Alunbrukets Kaffestuga, die etwas abseits des Sydostleden in der Nähe von Andrarum zu einer genüsslichen Pause einlädt. Der schöne Garten und die historischen Häuschen aus dem 18. Jahrhundert, die einst zum Alaunwerk Alunbruk gehörten, bilden ein wahres Idyll, das ei-
nen dazu verleitet, länger bleiben zu wollen. Ganz zu schweigen von den hausgebackenen Leckereien, die den Energiehaushalt wieder auf Vordermann bringen. Wer hier die erste Etappe beenden möchte, kann sich im dazugehörigen kleinen B&B einmieten, das sich auf die kleinen historischen Häuser und Hütten der ehemaligen Alaunarbeiter verteilt. Die Ausstattung ist einfach und gemütlich – auf TV und WLAN muss hier verzichtet werden, was aber in dieser Umgebung völlig egal ist. Und außerdem ist man zu Fuß innerhalb von etwa zehn Minuten am nächsten See, um sich die wohlverdiente Abkühlung zu gönnen. Wer in Alunbrukets B&B übernachten möchte, sollte allerdings vorab reservieren und auch an seine abendliche Verpflegung denken: Restaurants und Supermärkte gibt es in der Nähe keine. Dafür aber eine Küche, die zur allgemeinen Nutzung zur Verfügung steht – ebenso wie ein Grillbereich im Garten. BADEVERGNÜGEN AM STRAND Die zweite der insgesamt sieben Etappen des Sydostleden beträgt etwas mehr als 50 Kilometer und führt über Brösarp und
VORSCHAU & IMPRESSUM DAS NÄCHSTE NORDIS-MAGAZIN ERSCHEINT AM 23. AUGUST 2017.
Nordis – Das Nordeuropa-Magazin Maxstr. 64 D-45127 Essen Tel. 02 01-8 72 29-0, Fax 02 01-89425-11
Thema werden spannende Kreuzfahrten über nordische Gewässer sein, aber auch ein Gang durch das interessante Designviertel in Helsinki sowie die mit Kunstwerken versehenen Straßen von Stavanger. Außerdem widmen wir uns der Höga Kusten und schlagen das Zelt an einem See im Südwesten Grönlands auf.
Foto: © Thomas Krämer
NOSTALGIE IM SCHÄRENREICH Früher sind die Menschen auf zugigen Schiffen in nordischen Gewässern unterwegs gewesen, um Wale vor die Harpune zu bekommen. Heute genießt man bei der Fahrt rund um Spitzbergen eine ganze Menge Komfort und bekommt Meeressäuger und Vögel vor die Linse.
ENTDECKUNGSREISE DURCH HELSINKIS DESIGNVIERTEL Junge Kreative aus allen Bereichen arbeiten hier eng zusammen. 200 Läden, darunter Künstlerateliers, Mode-Designer und VintageLäden, laden zum Stöbern ein. Schmuck aus Recycling-Material, neue Wohnideen oder Fusion-Food. Ein Viertel, in dem die Ideen nur so sprühen.
Foto: © Tanja Prüss Foto: © Thomas Krämer
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11 01 Jörn Backhaus, Geschäftsführung 02 Stefanie Becker, Print- und Onlineredaktion 03 Tilmann Bünz, Kolumnist 04 Frank Dittmann, Herausgeber 05 Hans Klüche, freie Mitarbeit 06 Thomas Krämer, Chefredaktion 07 Gerhard Kraus, freie Mitarbeit 08 Ronja Söderblom-Frase, Account Manager Skandinavien 09 Dagmar Tigges, Korrektorat 10 Esther Zisch, Grafik 11 Hans Zollinger, Nordis Schweiz
HOCHSTIMMUNG AN DER HÖGA KUSTEN Die Höga Kusten hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Reiseziel in Schweden gemausert. Nordis war mit Wanderschuhen und im Seekajak unterwegs und hat sich weitere reizvolle Ziele angeschaut – Surströmming inklusive.
AUSSERDEM: Schiffstour Lappeenranta – St. Peterburg • Alltag eines Bordgeistlichen • Whiskybrennerei in Dänemark • Besuch auf Ven • Schwimmwettbewerb in Stockholm • Nuart Festival Stavanger
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www.skandinavien.de/nordis www.nordis.de verlag@nordis.com Geschäftsführung: Jörn Backhaus Redaktionsanschrift: Maxstr. 64, 45127 Essen Nordis Schweiz: Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Herausgeber: Frank Dittmann (V.i.S.d.P.) Chefredaktion: Thomas Krämer (tk) Print- und Onlineredaktion: Stefanie Becker (sb) Korrektorat: Dagmar Tigges Ständige freie Mitarbeit: Frank Keil (fk); Gerhard Kraus (gk); Michael Kube (mku) (Klassik); Hans Klüche (hlrk); Claudia Rothkamp (cr); Suzanne Forsström (sf) Kolumnen: Tilmann Bünz Karten: Jochen Fischer Karthographie, Aichach Grafik/Layout: Esther Zisch Druck: Peter Pomp, Bottrop Anzeigenverkauf: Deutschland: Jörn Backhaus, Nordis Verlag GmbH, Maxstr. 64, 45127 Essen, Tel. 0201-8722-929, Fax: 0201-89425-11, joern.backhaus@nordis.com Finnland, Island, Dänemark, Norwegen, Schweden: Ronja Söderblom-Frase, Nordis Verlag GmbH, Maxstr. 64, 45127 Essen, Tel. 0201-89425-531, Fax: 0201-89425-11, ronja.soederblom@nordis.com Schweiz: Nordis Schweiz Hans Zollinger, Montelunaweg 2, CH-7310 Bad Ragaz Tel. 0041-(0)44-780 25 28 Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 22 vom 1. Oktober 2016. Abonnenten-Service: In Deutschland: Nordis Abonnentenservice, Maxstr. 64, D-45127 Essen, Tel. 02 01-8 72 29-0, Fax 02 01-89425-11, abo@nordis.com In der Schweiz: Nordis Schweiz Hans Zollinger, Montelunaweg 2, 7310 Bad Ragaz Tel. 0041-(0)44-780 25 28 Vertrieb Einzelverkauf: Deutschland: IPS Pressevertrieb GmbH Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Tel. 02225-8801-0, Fax: 02225-8801-199 www.ips-d.de, vertrieb@ips-d.de Schweiz: Valora AG, Hofackerstr. 40, CH-4132 Muttenz, Tel. 061-467 20 20 Bezugspreise: Einzelverkaufspreise: 5 € / 9,80 sFr / Österreich 5,50 € Jahresabonnement: 28 € (6 Ausgaben, einschl. Zustellgebühr und USt), 50 sFr Auslandsabonnement: 28 € zzgl. Auslandsversandkosten (5 €) Für Mitglieder der DNF ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge von Mitarbeitern geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Herausgeber wieder. Sämtliche Informationen wurden nach bestem Wissen recherchiert; für die Richtigkeit kann jedoch keine Gewähr gegeben werden. Die Redaktion hat versucht, alle Copyright-Inhaber der Bilder in dieser Ausgabe ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Etwaige Irrtümer oder fehlende Copyright-Hinweise werden bei Benachrichtigung in der jeweils kommenden Ausgabe aufgeführt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernehmen Verlag und Redaktion keine Haftung. In allen Fällen höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Nachlieferung und Rückzahlung des Bezugspreises. Eine Beilage der DNF befindet sich in der Aboauflage für DNF-Mitglieder. Im Jahr 2016 kompensierte der Nordis Verlag 5,65 t CO2e durch GOGREEN Produkte und Services. Das Carbon Management von Deutsche Post DHL Group glich die beim Transport entstandenen Emissionen durch Klimaschutzprojekte aus. Nordis Verlag GmbH 2017 | ISSN 0946-1116
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