Nordis-Magazin 05/2015

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Streifzug Östergötland | Kopenhagen kulinarisch | Fremde Töpfe in Helsinki | Outdoorpraxis Zelte | Jesper Stein

September/Oktober 5/15 21. Jhrg. € 5,-/sFr 9,80 · Österreich € 5,50 · Luxemburg € 5,80 K 13714

ISSN 0946-1116

nordis.de skandinavien.de

Das Nordeuropa-Magazin Norwegen

Bergtouren auf den Vesterålen Schweden

Auf den Spuren von John Bauer Island

Tauchen zwischen den Kontinenten

Vielfalt

auf dem Teller

Neue Nordische Küche: mehr als Köttbullar und Kabeljau

Norwegen

Fantastisches Inselreich vor Trøndelags Küste


IDYLLISCHE DÖRFER, FJORDE, BUCHTEN, DIE NORDISCHE NATUR UND NATÜRLICH DER MÄRCHENDICHTER H. C. ANDERSEN MACHEN DÄNEMARKS INSEL FÜNEN SO BESONDERS. SPANNENDE GESCHICHTEN, PORTRÄTS UND TOURENTIPPS GIBT ES JETZT IM OUTDOOR-JOURNAL WEITBLICK.

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Editorial Thomas Krämer Chefredaktion Nordis

Minitrip

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Kiel – GöteborG – Kiel

können Sie sich auch noch an die Zeit erinnern, in der man unter »Essen gehen« in Skandinavien meist den Stopp an der Imbissbude neben der Tankstelle verstand, vielleicht auch noch in brauner Soße ertränkte Köttbullar mit Kartoffeln in einem wenig schön eingerichteten »Restaurant«? Diese kulinarischen Tiefflüge sind Vergangenheit. Zum Glück. Es ist erstaunlich und erfreulich, welche Entwicklung die Gastronomie in Europas Norden genommen hat. Da wird mit ungewöhnlichen Ingredienzen experimentiert und mit heimischen Zutaten einfach leckeres Essen gezaubert. Vorbildlich! Wir geben Ihnen mit dieser Ausgabe einige Ideen, wo man fantasievoll zubereitete Gerichte bekommt. Und natürlich blicken wir – im wahren Wortsinne – über den Tellerrand hinaus. Vergraben die Füße im Sand der Stokkøya in Trøndelag, steigen mit Schweißtropfen auf der Stirn auf die Berge Nordnorwegens und gehen – ein wenig bibbernd – auf Tauchstation in Island. Außerdem finden Sie in dieser Ausgabe die Gewinnerbilder unseres Winter-Fotowettbewerbs – quasi als Einstimmung in die kalte Jahreszeit, für die wir auch einige tolle Tipps parat haben. Viele Spaß beim Lesen und – im übertragenen Sinne »Guten Appetit« auf dieses Heft – wünscht Ihnen

Ihr

*

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20 Viel mehr als nur Schafe

Für viele gehören die Färöer zu den schönsten Inselreichen der Welt. Doch es ist nicht nur die Natur, die fasziniert: Es ist auch das leckere Essen.

Ein wenig abseits der Touristenströme liegen die Inseln vor der Küste Trøndelags. Hier findet man eine ganze Menge Natur, Kultur und eine hippe Beachbar.

6 Kulinarischer Stadtrundgang 28 Nackte Felsen, feiner Sand

© Christoph Schrahe (2)

Keine andere Stadt wird mit der »Neuen Nordischen Küche« so verbunden wie Kopenhagen. Unser kulinarischer Stadtrundgang lässt schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wenn die Schweden von einem John-Bauer-Wald sprechen, denken sie an Moose, Farne, Steinblöcke und dicht an dicht stehende Bäume. All das sieht man auf dem John Bauerleden in Småland.

Malerischer Wanderweg

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Steil recken sich die Berge der Vesterålen in den nordischen Himmel. Höhepunkt des Archipels ist der Møysalen, von dessen Gipfel man einen grandiosen Rundumblick genießt.

Grandioser Ausblick

Unterwasserparadies

In Island tauchen? Das klingt erst einmal exotisch, wird mit einem wärmenden Anzug jedoch zu einem unvergesslichen Ausflug in ungemein klares Wasser und in die Erdgeschichte.

Krimistadt Kopenhagen

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Der Krimiautor Jesper Stein bezieht die Ideen für seine Romane auch aus der Realität in Kopenhagen. Der gute Beobachter hat einige Veränderungen in der dänischen Hauptstadt wahrgenommen.

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Blutiges Familienfest

Immer, wenn die Rentiere geschlachtet werden, treffen sich die Samenfamilien in Nordschweden zum gemeinsamen 4 Nordis Arbeiten und Feiern.


Titelbild: © Thomas Krämer

I n h a l t 3 Editorial Titelgeschichte 6 Panoramablick auf Felsen, Sand und Wellen

Im Inselreich von Trøndelag

14 Nordeuropa aktuell/Kolumne 16 Nordeuropa aktuell/Suzannes Wortreich 18 Fünf Fragen an ... John Karlsson, Elchexperte

Reise

Herbst auf den Färöern

HIGH QUALITY OUTDOOR EQUIPMENT SINCE 1908

20 Faszinierender Dreikäsehoch 24 Lecker hoch drei

Kulinarische Reise durch Östergötland

28 Viele Köche beleben den Brei

Ein Zug durch Kopenhagens kulinarische Gassen

32 Essen aus Nachbars Töpfen

Kulinarisches Erlebnis in Helsinki

34 Spaß im Schnee

Nordis-Tipps für den kommenden Winter

36 Reiseservice

Outdoor

42 Auf königlichen Pfaden

Wandern auf den Vesterålen

48 Mit den Augen des Malers

Wandern in der Heimat John Bauers

54 Eisiges Wasser zwischen den Kontinenten

Tauchen und Schnorcheln in Island

HANS KRISTIAN KROGH-HANSSEN

58 Outdoorpraxis: Zelte 60 Neue Outdoorprodukte

REPORTAGE

LIFESTYLE

62 Nichts für zarte Gemüter

Rentierschlachtung im schwedischen Fjäll

Wirtschaft

64 Sex sells???

Werbung in Deutschland und Schweden

66 Wirtschaftsnews

Kultur & Leben

Der dänische Krimiautor Jesper Stein

68 Düsteres Kopenhagen

70 »Spüren, wie es klingt«

Der finnische Dirigent Sakari Oramo

72 Winterbilder

Die Gewinnerfotos unseres Leserwettbewerbs

74 Kulturszene: Romane, CDs, Sachbücher, DVDs 76 TV-Vorschau 77 Veranstaltungen 78 Zeitzeichen: Ingrid Bergman 79 Leserforum/Rætsel 80 Szene 81 Kleinanzeigen 82 Vorschau/Impressum

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Reise

Panoramablick

auf Felsen, Sand und Wellen

Im Inselreich von Trøndelag

Früher waren die Inseln Mittelnorwegens eine wichtige Anlaufstelle für die Schiffe, die

Waren und Menschen entlang der norwegischen Küste transportierten. Heute liegt der Archipel am Trondheimfjord abseits der Hauptverbindungsstraßen und ist dank seiner interessanten Geschichte und der abwechslungsreichen Natur ein lohnendes Ziel für schöne Urlaubstage.

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Text & Fotos: Thomas Krämer


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om Festland abgetrennt: Genau das bedeutet Hitrar auf Altnorwegisch. Welch passender Name! Denn um auf die Insel zu kommen, muss man entweder ein Boot nehmen oder in einem Tunnel viele Meter unter der Meeresoberfläche steil bergab und dann wieder bergauf fahren. Im dritten Gang ins Schärenreich!

Dem alten Handelsposten Hopsjø wurde neues Leben eingehaucht.

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Reise

Herbst auf den Färöer

Faszinierender Dreikäsehoch Eigentlich spielt es keine große Rolle, wann man die Färöer besucht. Denn die Inselgruppe mitten im Nordatlantik wird vom Golfstrom umflossen. Und der sorgt für ein ausgeglichenes Klima mit kühlen Sommern und vergleichsweise warmen Wintern. TEXT & FOTOS: THOMAS KRÄMER

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Mittlerweile ist aus dem rötlichen Licht des jungen Tages ein klarer Schein geworden. Gleißend hell wirft die weiße Fassade der Dorfkirche von Gjógv das Licht zurück. Ein schmaler Pfad führt auf eine Anhöhe hinauf, unterhalb der die Wellen an das nackte Gestein klatschen. Ein Geräusch, das von den Felswänden mehrfach widerhallt. Diese enge Schlucht hat dem Ort den Namen gegeben »und war der natürliche Hafen für die Fischer aus dem Ort«, wie Bergur Samuelsson sagt. Aber nur, wenn Wind und Wellen aus der passenden Richtung kamen, ansonsten war die enge Einfahrt sehr schwierig und auch gefähr-

urch die Vorhänge fällt ein heller Schimmer. Im Osten ist der Himmel rotgefärbt, gerade so, als ob Thor dort ein Lagerfeuer entfacht hätte. Darüber wölbt sich ein Himmel, der alle Farbnuancen zwischen Rot und Dunkelblau abdeckt. Bei allem, was man über das wechselhafte Wetter auf den Färöer weiß, sollte das Grund genug zum Aufstehen sein – auch wenn noch kein Hahn gekräht hat und Schafe auch noch ruhig im Gras liegen. Wie ein hochkarätiger Diamant blitzt wenig später die Sonne über einem der Berggrate im Osten, die sich scherenschnittgleich aus dem Meer erheben. Ein Moment, den man festhalten möchte und der doch nur für wenige Sekunden anhält. Die Sonnenstrahlen lassen die Tautropfen glitzern und wecken auch die Schafe auf, die neugierig dem morgendlichen Spaziergänger hinterherblicken. Argwöhnisch betrachtet eine Gans die Szenerie und weiß nicht, ob sie flüchten oder weiter im Gras faulenzen soll.

lich, ergänzt der Lehrer und Fremdenführer. Die Wellen könnten dann hier bis zu zehn Meter hoch werden.

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Fischen in der Freizeit

Gjógv, das aus dem Munde des Einheimischen wie »Tschägg« klingt, ist eine der typischen Siedlungen auf den Färöer. Heimat von Fischern und Schafzüchtern, lange Zeit nur mit dem Boot erreichbar oder mühsam zu Fuß über die Berge. Ein Denkmal erinnert wie in einigen anderen Orten des Archipels an die Seeleute, die in ihrem Kampf um das Dasein ein nasses Grab gefunden haben. Manchmal wurden nur Wrackstücke des Schiffs oder gar – wie bei einem Unglück im Jahr 1957 – nur eine Rettungsweste gefunden. Lediglich zwei Boote liegen heute hier im Hafen. »Sie sehen aus wie die Schiffe, mit denen vor 1.000 Jahren Wikinger kamen. Nur sind sie heute manchmal auch aus Plastik«, erläutert Bergur die traditionelle Bootsform auf den Färöer. Und noch mehr hat sich verändert. Früher hätten sich die Leute das Geld vor allem mit dem Fischfang verdient, heute werfe man hier die Leine oder das Netz nur noch für den Eigenbedarf aus. Abends landen dann vor allem Kabeljau, Rotbarsch und Schellfisch oder mit etwas Glück auch Heilbutt auf den Tellern in den bunten Häuschen, die sich so hübsch vom sattgrünen Gras abheben. Es ist still an den Hängen oberhalb der Felsspalte. Nur ein paar vereinzelte Möwen kreisen am Himmel. »Die meisten Zugvögel verlassen die Inseln Mitte oder Ende August«, erzählt Bergur. Im Frühjahr brütet auf den grasigen Klippen zudem eine erkleckliche Zahl von Papageitauchern. »Deren Population ist im Unterschied

zu Norwegen bei uns glücklicherweise stabil«, ergänzt der Guide. Der Wind kommt heute aus Südost. Und das bedeute Nebel in der Hauptstadt Tórshavn. »Deshalb bleiben wir erst einmal auf der Nordseite und lassen uns Zeit«, sagt Bergur. Saksun heißt das erste Ziel. Das Dorf liegt am Ende eines fruchtbaren Tals und ist wegen der malerischen Lage, eines Museums in einem Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert sowie wegen seines für die Färöer seltenen Sandstrandes ein beliebtes Ausflugsziel. Von der aus einem anderen Ort auf einem Wanderweg herangeschafften Dorfkirche aus blickt man auf eine Meeresbucht, die an einen überdimensionalen Kessel erinnert. Der Sand wurde einst durch einen Sturm hier angespült. Nur schade, dass man ihn nicht so richtig nutzen kann, zumindest zum Baden. Das Wasser hat während des ganzen Jahres eine Temperatur von lediglich rund zehn Grad. Tausendsassa am Kochtopf

Das blaue Segelboot am Kai im Hafen von Tórshavn ist neben den anderen Schiffen sehr gut auszumachen. Die Norðlýsið – übersetzt »Nordlicht« – ist im Zweiten Weltkrieg aus kanadischem Eichenholz gebaut worden und »sehr stark«, wie Birger sagt. »Geliefert wurde es genau an dem Tag, an dem der Krieg endete. Damit wurde vor Island und England gefischt »und es war das erste Schiff, mit dem Hering in Netzen gefangen wurde«, erzählt der Kapitän, Koch, Taucher, Maler – schlicht Tausendsassa – und klettert durch eine Luke eine steile Treppe ... und bringt vor allem Meeresfrüchte und Fisch auf die Teller.

Óli Rubeksen zerteilt das La mm. havn. Ruderboot im Hafen von Tórs Birger ist nicht nur Taucher, sond ern auch renommier ter Koch ...

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Reise

Viele Köche bEleBen Den Brei TEXT & FOTOS: MARTIN MÜLLER

Ein Zug durch Kopenhagens kulinarische Gassen Hafergrütze, Sterneküche und Streetfood sind in der heimlichen Gourmethauptstadt Europas vorzügliche Nachbarn. Die Dänen tüfteln erfolgreich und voller Lust am kreativen Kochen. Erleben kann man dies unter anderem in diesen Tagen beim Food-Festival.

Hinter jedem Bart steckt ein findiger Gourmet, der seine Wurzeln liebt: In der Kantine ØL&Brød - Bier und Brot - wird Smørrebrød nouveau serviert - vom Akvavit ganz zu schweigen.

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n dieser Straße scheint alles möglich. In Hausnummer 50 wird ein Teller Porridge – also Hafergrütze – zu einem märchenhaften Brei veredelt, der Kopenhagen verzaubert. Und das, obwohl gegenüber ein Restaurant wartet, das Relæ (Nummer 41), dem vor drei Jahren ein Michelinstern unerwartet ins Souterrain fiel – Auszeichnung anhaltend. In Nummer 10 röstet und serviert man im kleinen Laden »Coffee Collective« fair und direkt gehandelten Kaffee. In Nummer 47 wird im Atelier »Skin and Bone« derart kunstvoll-kulturell tätowiert, dass die Warteliste sogar weltweit besetzt ist. Im Schmuckkollektiv »Ladyfingers« (Nummer 4) werkelt eine junge Architektin so brillanten Schmuck, dass die Aufmerksamkeit internationale Wellen schlägt. Als typischer Kontrapunkt stricken in Nummer 11 Damen aus dem Altersheim Kindermützen mit Kultcharakter. Und die so unterschiedlichen Talente schätzen einander. Etwas märchenhaft ist das schon. Die Jægersborggade wäre beim Monopoly aktuell Kopenhagens begehrteste Straße. Der Kiez im Problemviertel Nørrebro hat sich quasi am Schopf aus dem Drogenund Rockersumpf gezogen. Vor allem deshalb, weil die 400 Wohnungen der nur 350 Meter langen Straße fast komplett in der Hand der Anwohnergenossenschaft sind. So können sie sich die Ladenbetreiber im Erdgeschoss aussuchen. Gemütlicher Retrostil in zwei Cafés, Anti-Luxuslook, der schon beim Ladenschilderwald beginnt, sowie Querdenkerei liegen durchaus im Kopenhagener Trend. Entstanden ist aber auch eine Art Labor für nachhaltig kreativen Lebensstil. Wie kommt es plötzlich zu professioneller Nischenkultur in einer Straße, die gestern noch fest im Griff hartgesottener Kriminalität war? Entspannte Einfachheit

Es lohnt sich, den noch jungen Koch Christian F. Puglisi dazu zu befragen. »Kreative Energie und Weitsicht der Anwohner haben die Jægersborggade total verändert«, sagt der Däne mit sizilianischen Wurzeln, der die Küche im »Relæ« führt. Puglisi hat zwar in dem seit Jahren die Gourmetwelt toppenden Noma gearbeitet, ihm war aber mehr nach einer Viertagewoche plus Gourmetküche ohne Schickimicki auf dem Teller. Sterneküche ohne Stress? »Wir sind hier sehr locker, down to earth, eben dänisch«, meint er (hat aber gerade zusätzlich eine Pizzeria eröffnet und ein

Buch geschrieben). Bezahlbar sollte es sein (Viergängemenü für 50 Euro), allerdings nicht ohne die anspornende hektisch-elektrische Energie in einer Küche mit bis zu zehn Souschefs – deshalb die eigenartige Namensgebung Relais, dänisch Relæ. Begonnen hat der Sternekoch vis-à-vis auf kleinerer Flamme mit dem Bistro »Manfred‘s«, wo ungeschwefelter Biowein französischer Winzer neben Tagesgerichten die Hauptrolle spielt. Manche Tafelrunden erinnern nachher fast ein wenig an Wikingergelage. In beiden Restaurants ist die Einrichtung simpel gehalten. Die Tische sind Schulmobiliar, das Besteck liegt in braunen Papiertüten jeweils in den Schubladen. Entspannte Einfachheit ist also ein Erfolgsrezept. Das passt famos zur kleinen Porridgekantine »Grød«, wo der 27-jährige Lasse Skjønning Andersen am Herd steht und ausschließlich ökologisch korrekten Brei kocht. Und der Laden funktioniert! Eindeutig wieder so

Tivoli plus Austern-Besteck von Arne Jacobsen, vom und im Toprestaurant Alberto K.

ein typischer Bissen dänischen Understatements. Erfinder Lasse erzählt cool, wie er nach dem Abitur in London Musik machte und dann dahinterkam, dass man schließlich überall auf der Welt irgendeinen Brei äße. Die Reisgrütze Congee aus Asien etwa steht auf seinem jahreszeitlich wechselnden Menü. Lasse schlug die Idee des ersten Grützerestaurants der Welt dem Anwohnerrat der Jægersborggade vor, und der biss an. Grød – also Grütze: in Möhrensaft gekochte, demeterkontrollierte Getreideflocken an Rosinen und Ingwersirup gefällig? Lecker!

Futtern wie bei Muttern

Der sprichwörtliche Brei wird also von den vielen Köchen in der Jægersborggade nicht verdorben, sondern veredelt. Man sucht und findet die Balance zwischen Haute Cuisine und, sagen wir, Volksnahrung. Eigentlich möchten alle schmausen wie am mütterlichen Herd. Nur: Wie kommt der ausgekochte Kopenhagener zurück zu diesen Wurzeln? Indem er der Sterneküche ein Ausprobierlabor anschließt und ein paar Leuten europäische Kulturfondgelder besorgt, damit die jenem alten Geschmack wieder auf die Spur kommen. Das Projekt »Fermented Works« in der na-Sie-wissen-schon-Straße beschäftigt zwei Foodingenieure, die sich mit viel Appetit darauf stürzen, der guten alten Fermentierung und Präservierung dänischer Obstsorten neue Geschmacksrichtungen abzugewinnen. Die Mütter von den Jungs sind sicher entzückt, Relæ und Manfred‘s sowieso. Fermented Works zieht es auf der Spur des Eingemachten und Gesäuerten sogar bis ins ferne Japan, um sich inspirieren zu lassen. Gesäuertes ist in: Der Mentor des so erfolgreichen, puristischen Kochdogmas »Nordic Cuisine«, Claus Meyer, hat eine Sauerteigbäckerei in der Straße. Manche Gaumenfreuden können auch säuerlich aufstoßen. Jeppe Foldager, 29-jährig schon hochdekorierter Chefkoch, findet den urigen Ökowein im Manfred‘s ganz schön »crazy«. Dabei ist seine eigene Laufbahn auch verrückt erfolgreich, denn der Mann mit dem Kindergesicht gewann bereits 2013 bei der bocusschen Koch-WM die Silbermedaille. »Bei jenem Wettbewerb kommt es auf jedes I-Tüpfelchen an«, erklärt er, weshalb Foldager sicher als Perfektionist zu gelten hat. Genau deshalb passt er wie gemalt auf den höchstgelegenen Küchenchefposten Kopenhagens im Restaurant »Alberto K« im 20. Stock des Royal-Hotels am Bahnhof. Der denkmalgeschützte Hotelbau wurde vom Architekten und Designer Arne Jacobsen 1960 fertiggestellt. Weil Jacobsen alles perfekt haben wollte, verpasste er dem Hotel gleich auch Interieur und Mobiliar, etwa die beiden Sesselklassiker Schwan und Ei. Die stehen heute im Fünfsternehotel nur noch im Foyer und einem Vorzeigezimmer. Aber wer sich zum Essen mit toller Aussicht auf Tivoli und Rathaus ins Alberto K (benannt nach dem ersten Hotelchef A. Kappenberger) begibt, der sitzt auf Nordis 29


Outdoor

Wandern auf den Vesterålen

Auf königlichen Pfaden Der nordnorwegische Archipel ist bevorzugtes Wanderziel von Königin Sonja. Kein Wunder. Die Natur ist hier wahrhaft majestätisch und lässt sich an Land und zu Wasser erleben. TEXT & FOTOS: MARTINA BERLINER

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nd da soll ich rauf? Der Blick aus dem Flugzeugfenster raubt mir den Atem. Aus dem blauen Wasser des Nordatlantiks steigen Berge auf, viel höher und imposanter, als ich mir vorgestellt hatte. Die Flanken von Gletschern glatt geschmirgelt, spitz zackig die Gipfel, die auch während der Eiszeit aus dem glazialen Panzer ragten. Auf einigen der Bergspitzen liegt auch jetzt, im August, noch Schnee. Ich habe keine Ahnung, ob diese Berge noch zu Lofoten gehören oder schon zur nördlich anschließenden Inselgruppe der Vesterålen. Aber ich weiß, dass ich mich für die Besteigung des höchsten dieser Riesen entschieden habe! Welcher Übermut hat mich da bloß geritten? Während die Maschine in Dronningruta: Aussicht auf den Hafen von Stø.

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den Landeanflug auf Evenes einschwenkt, den Flughafen von Harstad/ Narvik, rutscht mir das Herz in die Hose. Die Wanderung auf den Møysalen sei geeignet für Bergerfahrene in guter physischer Verfassung, erfordere Trittsicherheit und Freiheit von Höhenangst, hatte es geheißen. Zumindest die letzten beiden Punkte treffen uneingeschränkt auf mich zu. Mit der Erfahrung ist es dagegen nicht weit her. Und die Fitness – nun ja. Bisher hat sie immer gereicht. Allerdings habe ich auch noch nie eine Tour unternommen, die auch nur annähernd diese Anforderungen stellt: 1.262 Höhenmeter sind zu überwinden – und gleich anschließend die gleiche Strecke bergab. Immerhin gehen wir

vor der großen Wanderung ja noch auf Übungstour, tröste ich mich. Wiederbelebtes Dorf Das Abenteuer Vesterålen beginnt mit der Übernachtung in einem Geisterdorf. Genauer: im ehemals verlassenen, jetzt wieder belebten Fischerort Nyksund. Er liegt auf zwei der Insel Langøya vorgelagerten kleinen Eilanden und ist über eine Mole zu erreichen. Das Dorf war in den 1960er Jahren aufgegeben worden, weil sich das kleine Hafenbecken für die immer größeren Fangschiffe als zu flach erwies. Zudem zahlte der Staat den Einwohnern Prämien für das Verlassen ihrer Häuser. Denn vor dem Erdölboom sah sich Norwegen nicht in der Lage, eine Infrastruktur für die


zahllosen winzigen Siedlungen zu schaffen. Zentralisierung schien damals der richtige Weg. Myre wurde anstelle von Nyksund Zentrum nordnorwegischer Fischerei. Dass der ehemals reiche und bedeutsame Ort nicht gänzlich verfiel, ist Studenten der Uni Berlin zu verdanken, die Mitte der 80er Jahre auf den Ort aufmerksam wurden und mit dem Wiederaufbau begannen. Bis ganzjährig Leben in Nyksund einzog, sollte es noch lange dauern. 1997 kam ein Düsseldorfer, um dauerhaft zu bleiben: Ssemjon Gerlitz. Sein ganzer Stolz ist »Holmvik Brygge«, die ehemalige Fischannahmestelle, deren Schaufassade an einen Westernsaloon erinnert. Heute ist das renovierte Pack- und Lagerhaus eine von drei Herbergen in Nyksund und vermittelt mit historischen Gegenständen den Eindruck eines lebendigen Museums. Dass ehemalige Türen jetzt als Tischplatten und Fischkisten als Regale dienen, ist nicht nur der Romantik geschuldet, sondern der Geldnot der Anfangsjahre. Heute hat Nyksund 25 ständige Bewohner, darunter zwei Kinder. Für die jährlich bis zu 35.000 Gäste haben im Sommer mehrere Restaurants geöffnet und der Kramladen von anno dazumal, der einst die Poststation beherbergte, lädt zum Stöbern in

Antiquitäten ein. In Nyksund hat man sommers die Möglichkeit, die Mitternachtssonne zu genießen und kann winters Polarlicht bestaunen. Und man kann mit allen Sinnen Nordnorwegens Fischereigeschichte nachspüren, denke ich, während ich mir köstlichen arktischen Saibling auf der Zunge zergehen lasse. Auf der Spur der Königin Am nächsten Morgen startet unsere Übungstour: Wir folgen der Dronningruta. Seinen Namen verdankt der Rundweg der Begeisterung Königin Sonjas. Die als »rot« – also sehr anspruchsvoll – eingestufte Wanderung ist etwa 15 Kilometer lang. Zwar liegt der höchste Punkt »nur« 448 Meter hoch. Doch wenn man von Nyksund über den Bergrücken zum nächsten Fischerdorf Stø und an der Küste zurück marschieren möchte, müssen 800 Höhenmeter überwunden werden, weil kurz vor dem Ziel nochmals eine Felsnase zu bezwingen ist. Der Anstieg zur höchsten Erhebung ist so steil, dass wir uns streckenweise in Erde, an Wurzeln und Felsen festkrallen. Sicherungsseile gibt es nur an wenigen Stellen. Auf der Hochebene geht es sich mühelos. Wie fantastisch die Aussicht bei klarem Wetter sein muss, erahnen wir, als der Wolkenvorhang

Die Dronningruta hat steile Passagen.

sich hebt und den Blick frei gibt auf moorige Ebenen, Steilküsten, Inseln und Meer. Gut acht Stunden brauchen wir für die Rundtour, die Mittagspause im kleinen Restaurant des Wohnmobilcamps in Stø inklusive. Selbst nach norwegischen Maßstäben liegen wir gut in der Zeit. Na bitte, geht doch! Zur Regeneration unserer Muskeln fahren wir am folgenden Tag nach Andenes auf der Insel Andøya. Hier am nördlichen Ende von Vesterålen lebten früher Walfänger. Schon unweit der Küste jagen Pottwale nach Kraken,

1 In der ehemaligen Poststation von Nyksund befindet sich heute ein Kramladen. 2 Das gelbe Gebäude mit Schaufassade gehört Ssemjon Gerlitz.

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3 Einst Geisterstadt, heute bunt: Nyksund.

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Outdoor

Wandern in der Heimat John Bauers

Mit den Augen des Malers John Bauer kennt in Schweden jedes Kind. Der 1918 bei einem Schiffsunglück im Vättern ums Leben gekommene Maler hatte Inspiration für seine Arbeiten auch in den Wäldern Smålands bekommen und eine Zeit lang am Bunn-See gewohnt. An ihn erinnert der John Bauerleden, der über rund 50 Kilometer von Huskvarna nach Gränna führt. TEXT & FOTOS: THOMAS KRÄMER

»

Wann hast du das letzte Mal eine Blume genauer angeschaut? « Sven bringt mich zum Grübeln. Ich sitze mit dem Schweden an einer Feuerstelle des John Bauerleden, beiße in mein Käsebrot, während er sich eine Tasse Kaffee einschenkt. »Schon lange her«,

bekenne ich. Und auch auf seine Frage hin, ob ich mich schon einmal zumindest für ein paar Minuten dem Alltag einer Ameise gewidmet habe, muss ich passen. »Schon komisch«, sagt er, »im Fernsehen werden von den Menschen Naturdokumentationen eingeschaltet, sind

sie aber selbst draußen, schauen sie nicht mehr hin«, sagt der IT-Techniker aus Göteborg, der sich für den Bauerleden ganze vier Tage Zeit genommen hat. Es war eine Begegnung mitten in den Wäldern Smålands, die mich auf der ganzen Wanderung begleiten sollte.

Schweißtreibender Beginn Rund 50 Kilometer ist der Wanderweg durch den nördlichen Teil von Småland lang. Keine Extremtour, mit der man vor seinen Freunden prahlen kann. Auch keine Wanderung durch die Wildnis. Zwar ist Schweden in diesem Bereich dünn besiedelt, aber der Mensch hat hier überall seine Spuren hinterlassen. Der Beginn des Bauerledens in Huskvarna ist schweißtreibend. Es geht steil hinauf auf den Huskvarnabergen. Der liegt rund 150 Meter über dem Vättern und ist eine geologische Besonderheit: Er besteht aus Gabbro und Diorit, die deutlich mehr Minerale enthalten

als Granit, der in weiten Teilen Smålands dominiert. Daher wachsen hier Pflanzen, die man sonst eher selten in dem Landstrich findet. Etwas Besonderes ist auch die Aussicht auf den See und die Häuser von Jönköping. Sonne und Wolken treiben an diesem Tag ein spannendes Schauspiel mit interessanten Beleuchtungsvarianten – sprich: Regenschauer und Sonne wechseln sich in schneller Folge ab. Sobald man die IKHP-Stuga, das Heim des örtlichen Sportvereins, hinter sich gelassen hat, beginnt die Wanderung durch das Land von John Bauer. Beeindruckend schon zu Anfang das Ulvadalen mit einer artenreichen

Fauna und Flora. Zwei Aussichtspunkte, dann schwenkt der Weg nach Westen. Wälder und Felder wechseln sich ab und von Brunkulla aus blickt man auf gleich zwei Gewässer: den Landsjön sowie den dahinter sich schier endlos ausbreitenden Vättern. Fjällstorp, knapp zehn Kilometer nach dem Start des Bauerleden gelegen, ist die erste Übernachtungsmöglichkeit auf der Strecke. Windschutz, Feuerstelle, Toilette und die Chance, die Wasservorräte aufzubessern: Mehr braucht man als Wanderer nicht.

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1 Farbenprächtige Glockenblumen. 2 Verlockende Blütenpracht am Bunn-See.

Wer diesen Blick auf Huskvarna und Jönköping genießt, hat schon den ersten Anstieg hinter sich.

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Tauchen und Schnorcheln in Island

Eisiges

Wasser

zwischen den

Kontinenten Wer sich vor kaltem Wasser nicht scheut, bekommt beim Tauchen in der Þingvellir-Region glasklare Einblicke in die geologische Entwicklung des Landes. Hier schwebt man über Neonalgen und erstarrte Lava – ein außerordentliches Abenteuer! TEXT: HANS KLÜCHE

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uli steht im Kalender, aber es ist kalt, nieselig, windig, ungemütlich. Das kann es im Islandsommer geben, aber warum gerade dann, wenn ich mich unter freiem Himmel in einen Tauchertrockenanzug zwängen muss, inklusive wärmender Fleece-Unterwäsche? Zum Glück hat der kleine Miet-SUV, mit dem ich durchs Land reise, einen großen Kofferraum. Dem entsteige ich wenig später ideal gegen Regen und Kälte geschützt, denn die Neoprenkluft soll mich auch beim Schnorcheln im Wasser der Silfra-Spalte warm halten – dort steigen die Temperaturen selbst im Sommer nie über vier Grad Celsius. Das Wasser kommt 50 Kilometer landeinwärts vom Langjökull, ist dort aber nicht gestern abgetaut, sondern vor Jahrzehnten. Eigentlich ist Schmelzwasser von Islands Gletschern immer milchig weiß bis grau, voller Sedimente. Hier aber sickert es langsam durch einen gigantischen Lavafilter. Perfekt gereinigt und kristallklar tritt es aus Quellen direkt in der Silfra-Spalte aus und strömt nach Süden zum See Þingvallavatn. Das Wasser in den Erdspalten scheint zu stehen, fließt jedoch auch dort durch unterirdische Kanäle weiter, wo sich keine Erdrisse an der Oberfläche zeigen.

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© dive.is

Outdoor


© dive.is

Kontinente in Bewegung Wir Schnorchler und Taucher sind in dieser Dreiviertelstunde faktisch durch eine Dehnungsspalte zwischen den Kontinentalplatten Europas auf der östlichen Seite und Amerikas westlich von uns gedriftet. Diese Spalte verläuft an dieser Stelle durch den Þingvellir Nationalpark knapp eine Autostunde nordöstlich von Islands Hauptstadt Reykjavík. Der Nationalpark bewahrt seit 1928 ein Stück Weltkulturerbe – den historischen Versammlungsplatz des ältesten Parlamentes der Welt – sowie ein Stück Weltnaturerbe. Nirgendwo sonst auf der Erde zeigt sich das Auseinanderdriften zweier Kontinentalplatten so prägnant: Eine breite Senke markiert die eigentliche Driftzone der amerikanischen und eurasischen Platte. An den Rändern entstanden beeindruckende Abbruchspalten. Wegen ihrer historischen Bedeutung ist die Almannagjá auf der amerikanischen Seite die bekanntere. Ihr Name Allmännerschlucht geht auf Sagas der Wikingerzeit zurück, die 2

berichten, dass bei der ersten Thingversammlung alle freien Männer der jungen Oligarchie hier hineinpassten. Almannagjá und ihr fünf Kilometer östlich liegendes Pendant Hrafnagjá entfernen sich pro Jahr fünf bis zehn Millimeter voneinander, in ähnlicher Größenordnung senkt sich der Boden der Thing-Ebene. Im Schnitt einmal pro Jahrzehnt sorgt ein spürbares Erdbeben für einen größeren Sprung. So liegt der Boden von Þingvellir bis zu 40 Meter unter dem umgebenden Landschaftsniveau. Vor rund 9.000 Jahren, so sagen Geologen, war er noch plan mit dem umliegenden Gelände.

Linke Seite und 1 Tauchergruppe auf dem Weg zwischen den Kontinenten in der Dehnungsspalte gleich nach dem Einstieg ... 2 und 3 ... und in der Lagune kurz vor Ende des Tauchgangs.

© dive.is

Andere Dimension des Tauchens Die Sicht in Silfra ist für Unterwasserwelten scheinbar unendlich. Erfahrene aus der Tauchergruppe schwärmen später bei der obligatorischen wärmenden Suppe euphorisch vom klarsten Wasser, das sie je erlebt haben, von einer anderen Dimension des Tauchens, die es so auf der Welt nicht noch einmal gebe. Canyonartige Tiefen, in denen ich weit unten die Taucher sehe, wechseln ab mit flachen Stellen, an denen Felsblöcke von Kontinent bis Kontinent reichen und ich mit dem Bauch fast Bodenberührung habe. Dann folgen sandige Passagen, wo Silfra sich zum Þingvallavatn öffnet. Hier müssen die beiden Guides aufpassen, dass keiner ihrer Schützlinge vom rechten Weg abkommt und in den Weiten des Sees verschwindet.

Bis zu diesem Punkt kann man sich sogar gemächlich treiben lassen, erst dann müssen wir Froschmänner ein paar Meter über geradezu künstlerisch drapierte Neonalgen hinweg gegen eine kaum spürbare Strömung anschwimmen bis zur Ausstiegsplattform am Rande einer flachen Sandbucht. Als ich aussteige, kommt es mir vor, ich wäre nur Minuten im Wasser gewesen, dabei war es eine Dreiviertelstunde. Und war da Kälte zwischendurch? Wahrgenommen habe ich sie nach den ersten Sekunden nicht wirklich. Und draußen – ich liebe isländisches Wetter! – ist der Himmel inzwischen aufgerissen. Das zweite Open-Air-Umziehen heute ist ein Kleiderwechsel in der Sonne und mit Weitblick auf den Þingvallavatn im Süden, die Ausläufer des isländischen Hochlandes im Norden und Felswände im Westen und Osten – die Ränder Amerikas und Europas.

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Glasklares Wasser Aron, der an diesem Tag die Schnorcheltruppe führt, und Andy, der zeitgleich mit Tauchern unterwegs ist, treiben uns in den schweren Anzügen vom Umzieh-Parkplatz zum Einstieg und erklären uns dort unser Verhalten im Wasser. Anschließend führen sie uns zurück zum Parkplatz, um die Ausrüstung an Kopf und Händen zu ergänzen. Schließlich laufen wir mit Brillen, Schnorchel und Flossen bepackt wieder zum Einstieg, die Taucher haben dabei noch etliche Kilos mehr zu schleppen. Aber wer sich auskennt, der weiß: Das macht warm und die Wärme bleibt im Anzug. Als wir endlich von der schmalen Eisentreppe ins Wasser gleiten, sind nur ein paar Fitzelchen Haut um Brille und Mundstück der eisigen Kälte ausgesetzt. »Puhhh Hääää.« Erste Berührungen schmerzen, aber nur Augenblicke, dann nimmt man die Umgebung wahr. Überwältigend! Glasklares Wasser, dunkelblau, wo es tiefer wird, dazwischen neongrüne Algenfäden. Deutlich überall Spuren des Vulkanismus, markante Flächen mit zerbrochener Stricklava.

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langs ndergleichen: Norge på Ein Wanderabenteuer so

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VORSCHAU

IMPRESSUM

© Thomas Krämer

Das nächste Nordis-Magazin erscheint am 28. Oktober 2015. In Nummer 6/15 haben wir folgende Themen vorgesehen:

NORDIS - Das Nordeuropa-Magazin Maxstr. 64 D-45127 Essen Tel. 02 01-8 72 29-0, Fax 02 01-89425-11

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www.skandinavien.de/nordis www.nordis.de verlag@nordis.com Geschäftsführung: Ilka Zamorowski

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Redaktionsanschrift: Maxstr. 64, 45127 Essen Nordis Schweiz Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Herausgeber: Frank Dittmann (V.i.S.d.P.) Chefredaktion: Thomas Krä­mer (tk)

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Objektleitung: Jörn Backhaus Volontärin: Stefanie Becker (sb) Korrektorat: Dagmar Tigges

07 Lichterstimmung mit Lucia Die Vorweihnachtszeit wird an vielen Orten in Skandinavien besonders stimmungsvoll begangen. Der Auftritt der Lucia im Stockholmer Freilichtmuseum Skansen ist einer der Höhepunkte im Advent. Nordis war mit dabei und ist außerdem über die Weihnachtsmärkte in Dänemarks Süden geschlendert.

Kolumnen: Tilmann Bünz Karten: J. Fischer Karthographie, Fürstenfeldbruck Art Direction/Layout: Uwe Heruth Grafik/Layout: Esther Zisch

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Druck: Peter Pomp, Bottrop Anzeigenverkauf:

Deutschland, Dänemark, Island:

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Ständige freie Mitarbeit: Frank Keil (fk); Gerhard Kraus (gk); Michael Kube (mku) (Klassik); Hans Klüche (hlrk); Claudia Rothkamp (cr)

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Jörn Backhaus, Anzeigen Deutschland & Island Nordis Verlag GmbH, Maxstr. 64, 45127 Essen Tel. 0201-8722-929, Fax: 0201-89425-11 joern.backhaus@nordis.com Norwegen, Schweden, Finnland:

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© Martin Müller

Mit Schneeschuhen in Nordnorwegen Der Winter an der nordnorwegischen Küste ist etwas ganz Besonderes. Zwischen dem dunklen Wasser des Fjords und der gleißenden Schneelandschaft liegen nur wenige Meter. Nordis war mit Schneeschuhen und Schneemobil am Lavangenfjord sowie auf dem Altevatn unterwegs und hat mit den Wölfen im Polar Park von Bardu gekuschelt.

01 Jörn Backhaus, Objektleiter 02 Stefanie Becker, Volontärin 03 Tilmann Bünz, Kolumnist 04 Frank Ditt­mann, Herausgeber 05 Jochen Engelstätter, Anzeigen Schweden 06 Uwe Heruth, Art Direction 07 Hans Klüche, freie Mitarbeit 08 Thomas Krämer, Chef­redaktion 09 Ger­hard Kraus, freie Mit­arbeit 10 Dagmar Tigges, Korrektorat 11 Ilka Zamorowski, Geschäftsführung 12 Esther Zisch, Grafik 13 Hans Zollinger, Nordis Schweiz

Jochen Engelstätter, Strandmarksvg. 26, S-23192 Trelleborg, Tel. +46-410334961 jochen.engelstaetter@nordis.com Schweiz: Nordis Schweiz Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Tel. 0041-(0)44-780 25 28 Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 21 vom 1. Okto­ber 2014. Abonnenten-Service:

In Deutschland: NORDIS-Abonnentenservice,

Maxstr. 64, D-45127 Essen, Tel. 02 01-8 72 29-0, Fax 02 01-89425-11 abo@nordis.com In der Schweiz: Nordis Schweiz Hans Zollinger, Johanniterstrasse 3, CH-8820 Wädenswil Tel. 0041-(0)44-780 25 28 Vertrieb Einzelverkauf:

Deutschland: IPS Pressevertrieb GmbH Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Tel.: 02225-8801-0, Fax: 02225-8801-199 www.ips-d.de, vertrieb@ips-d.de Schweiz: Valora AG, Hofackerstr. 40, CH-4132 Muttenz, Tel. 061-467 20 20 Bezugspreise: Einzelverkaufspreise:

5 € / 9,80 sFr / Österreich 5,50 € Jahresabonnement: 28 € (6 Ausgaben, einschl. Zustellgebühr und USt), 50 sFr Auslandsabonnement: 28 € zzgl. Auslands­versand­kosten (5 €) Für Mitglieder der DNF und des Scanclubs ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten. Namentlich gekennzeichnete Beiträge von Mit­­­ar­bei­tern geben nicht unbedingt die Meinung der Re­dak­tion oder der Herausgeber wieder. Sämt­liche Informa­tionen wurden nach bestem Wissen recherchiert; für die Richtig­keit kann je­doch keine Gewähr gegeben werden. Die Redaktion hat versucht, alle Copyright-Inhaber der Bil­der in dieser Ausgabe ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Etwaige Irrtümer oder fehlende Copyright-Hin­weise werden bei Benachrichtigung in der jeweils kom­menden Ausgabe aufgeführt. Für un­verlangt eingesandte Manuskripte und Fo­tos übernehmen Ver­lag und Redaktion keine Haf­tung. In allen Fällen höherer Gewalt be­steht kein An­spruch auf Nach­lieferung und Rück­zahlung des Bezugspreises. Eine Beilage der DNF befindet sich in der Aboauflage für DNFMitglieder.

Eiskalte Lounge Wie überlebt man draußen bei minus 20 Grad in schwedischer Wildnis? Thomas Turpeinen, der mit seiner Frau Rebecca die Schule des bushcraft lehrt, zeigt, dass bei guter Vorbereitung die gefrorene Natur Norrbottens zur Lounge werden kann. Außerdem

Winterguide Finnland – Spaß im Schnee & Eis Lapplands

Ski & mehr in der Heimat von Ingemar Stenmark · Langlauf im RondaneNationalpark · Bärenforscher in Dalarna · Chice Outdoormode · Geschenketipps für Weihnachten · Viveca Sten · Niviaq Korneliussen 82 Nordis

Im Jahr 2014 kompensierte der Nordis Verlag 6,43 t CO2 durch GOGREEN Produkte und Services. Das Carbon Management von Deutsche Post DHL gleicht die beim Transport entstehenden Emissionen durch Klimaschutzprojekte aus. Nordis Verlag GmbH 2015 ISSN 0946-1116 facebook.com/dasnordismagazin Deutsch-Norwegische Freundschaftsgesellschaft e.V. www.dnfev.de PEFC zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen. www.pefc.de


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