null22eins#18

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#18 kรถlner kulturen magazin | www.null22eins-magazin.de

FREIEXEMPLAR | EHRENAMTLICH | WERT 5 EURO: EINFACH MAL SPENDEN



editorial Wenn Industrie oder ein ursprünglicher Nutzungssinn von Orten verschwindet, entsteht Raum für Neues. Neues, das alten Hallen oder Werken und ganzen Arealen durch Kreativität Charm verleiht. Orte des Drecks werden zu Anziehungspunkten. Räume der Vergangenheit zu lebendigen Oasen. Wenn das Neue wieder verschwinden soll, entsteht Verwirrung und es stellen sich Fragen wie: Ist es gut, das Underground einem Schulgebäude weichen zu lassen? Ist es sinnvoll, bestehende Büronutzungen im alten 4711-Komplex in Wohnraum zu verwandeln? Ist es gerechtfertigt, ganze Orte tot zu reden, ohne sich vor Ort eine echte Meinung zu bilden? Ist es richtig, etablierten Kneipen, Veranstaltungsorten und weiteren Läden immer wieder Steine in den Weg zu legen? Wandel hat die bemerkenswerte Eigenschaft, dass er nicht aufhaltbar ist. Das ist gut. Sonst würden unzählige Orte der Kölner Vergangenheit brach vor sich hinvegetieren. Es ist ein Prozess. Mit neuen Nutzungen kommen neue Nutzer. Und somit sind manche Wandlungen eine einfache logische Folge. Für das Leben in der Stadt bleibt dennoch eine Frage von immenser Bedeutung: Wollen wir das? Müssen wir tatenlos zuschauen, wenn ein für uns attraktiver Ort der Ansicht neuer Anwohner weichen muss – und sei es nur der Kiosk von nebenan? Müssen wir es hinnehmen, dass denen, die sich einbringen wollen und wissen, welche Bedürfnisse vor Ort existieren, Raum eher genommen anstatt gegeben wird? Köln ist eine große Stadt. Ein riesiger urbaner Raum, der, wie alle solche Orte, mit einem großen Wandel abgeschlossen hat. Aus industrialisierten Molochen sind blühende Kreativitätsinseln entstanden – zwar nicht überall, doch zumindest an vielen Orten. Nun gilt es, weitere Ort zu finden, aber eben auch zu zeigen, dass der Sinn vieler bestehender Räume nicht überholt ist. Also haltet eure Augen offen und bringt euch ein! null22eins #18 greift dieses Thema etwas stärker auf, zeigt euch einige dieser Orte und stellt ein paar davon in einen Zusammenhang. Gegen Wandel an sich haben wir nichts. Wir sind ja schließlich nicht von gestern, wie manch eine Strömung in der Politik. Genau wie dort, müssen nur viel mehr Menschen erkennen, was es manchmal zu verteidigen gilt. Denn einmal weg, ist bereits verloren. Einmal aufstehen und darauf aufmerksam machen, ist definitiv ein Gewinn.


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INHALT

INHALT #18 4

ALT | NEU /// BYE BYE BETON Vom Haubrich-Forum zum Ebertplatz

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LITERATUR /// WELT IN WELT IN WELT Buchhandlung auf der Domstraße

10 KÖLNER ORTE /// STUDIO 11 Theater! Mehr als nur Raum 12 WERKSCHAU /// ZWISCHENTÖNE BEX Studio Verlag Records 14 KÖLNER ORTE /// TRADITION IM NEUEN STIL Spontaneität und Geschichte im Guerilla Kino 16 INTERVIEW /// DER SELBSTERFINDER Der Kölner Künstler Jo Pellenz 20 KÖLNER ORTE /// KÜNSTLER LEBEN WG Das co/Atelier in der Nippeser Sechzigstraße 22 FOTOSTRECKE /// DEINE KREATIVEN ORTE IN NRW Ein artishocke-Projekt auf den Open Squares 28 MUSIK /// ZWEI FÜR LAUE SOMMERNÄCHTE Sign In Rossa 30 MUSIK /// MUSIK IN KÖLN Franc-Guitar-O, Lucie Licht, Roads&Shoes, Schlagsaite 32 KÖLN-SZENE /// FASZINATION HONIGBIENE Inspirierend und bedroht 36 LEBEN /// DIAMANT ODER ROSINE Vorstellungsversuche in Bewerbungen Ü30 40 ZWISCHENRAUM /// ONLINE AUF DER ANDEREN SEITE Kein neuer Tab: das digitale Vermächtnis 44 PORTRAIT /// KREATIVES WANDERN Sängerin mit Kontra-Alt: Birgit Breidenbach 46 PROSA /// WINTERKAMERADEN Eine deutsche Gruselgeschichte


IMPRESSUM

IMPRESSUM NULL22EINS #18

veröffentlicht im März 2018

HERAUSGEBER

artishocke e.V. Mauenheimer Straße 150 • 50733 Köln redaktion@null22eins-magazin.de

V.I.S.D.P

Robert Filgner robert@null22eins-magazin.de

REDAKTION UND REDAKTIONELLE MITARBEIT

Miriam Barzynski, Nele Beckmann, Dakini Böhmer, Robert Filgner, Christina Löw, Jonas Mattusch, Christina Pilop, Andreas Richartz, Anna Stroh, Ion Willaschek, Christine Willen

LAYOUT

Anne Feiler, Stefanie Grawe, Alicja Kmita, Kirsten Piepenbring, Andi Wahle, Julia Ziolkowski

FOTOS

Alessandro De Matteis, Jann Höfer, Gianna Maier-Quadt, Jo Pellenz, Kato Sergato, Wolfgang Sturm, Andi Wahle, Ion Willaschek

ILLUSTRATIONEN

Anne Feiler, Tobias Hees, Alicja Kmita, Lea-Marie Lepper, Kirsten Piepenbring

TITEL RÜCKSEITE EDITORIAL

Ion Willaschek Andi Wahle Tobias Hees

DRUCK

D+L Printpartner GmbH Schlavenhorst 10 • 46395 Bocholt dul-print.de

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gedruckt

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Vom Haubrich-Forum zum Ebertplatz

bye bye beton TEXT UND FOTOS /// ION WILLASCHEK


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Als der Rat der Stadt Köln im Oktober 2017 beschloss, die Zugänge zum Ebertplatz zu verschließen und als das Liegenschaftsamt in Eigenregie den dort ansässigen Kunstgalerien und Ladenbetreibern die Kündigungen einreichte, da schnappte manch Kunstliebhaber in Köln nach Luft. Zwar hat sich die Lage wieder etwas beruhigt. Die Kündigungen wurden nach lautstarkem Protest zurückgenommen und die sehr vielfältigen Nutzungsinteressen scheinen zunehmend Gehör zu finden. Doch manch einer erinnerte sich an ein ganz anderes Ereignis. Vor 15 Jahren wurde schon einmal ein funktionierender Ort für zeitgenössische und progressive Kunst von der Landkarte getilgt, ebenfalls ein Ort, der durch seinen brutalistisch anmutenden Betonlook die Hassliebe manch Bildungsbürgers auf sich zog. Der Abriss der Josef-Haubrich-Kunsthalle gilt als Meilenstein einer Kölner Politik des Kaputtsparens, die in den frühen 1980er Jahren einsetzte und im Laufe der Jahrzehnte den Ruf Kölns als eine der (man mag es heute kaum glauben) wichtigsten Kunststädte weltweit ruinierte.

Schaufenster der Zeit und Wegbereiter für Zukunft Die Josef-Haubrich-Kunsthalle zeigte als „Schaufenster der Museen“ ab den späten 1960er Jahren repräsentative Ausstellungen von Andy Warhol, Pablo Picasso, Jasper Johns und vielen anderen. Gleichzeitig tagte hier in seinen Anfängen der Kölner Kunstmarkt, aus dem sich die älteste Kunstmesse der Welt, die Art Cologne, entwickelte, die zum internationalen Vorbild für alle späteren Kunstmessen wurde. Doch ihr eigentlicher Verdienst gründete auf dem autonomen und progressiven Treiben, das ihr durch einen unabhängigen künstlerischen Direktor garantiert wurde, der dafür sorgen sollte, dass – wie es der damalige Kulturdezernent Hackenberg formulierte – „auch das Unbequeme, das dem Gewohnten Widerstrebende das Wort erhält“. Unter der Leitung dieser unabhängigen Direktoren, wie Helmut Leppien oder Siegfried Gohr, wurden junge Talente früh erkannt und gepusht. Georg Baselitz hatte hier eine seiner ersten wichtigen Ausstellungen und A.R. Penck seine erste Retrospektive. Gerhard Richter und Sigmar Polke waren zum Zeitpunkt ihrer Ausstellungsbeteiligungen meilenweit davon entfernt zum Kanon der Kunstgeschichte zu gehören und Michael Buthe hatte gerade erst die Realschule absolviert. Ebenso unvergessen sind die frühen Fluxusaktionen von Wolf Vostell in der Tiefgarage der Kunsthalle und die Störaktion durch die LIDL-Truppe um Jörg Immendorff, bei der während einer Rede des Oberbürgermeisters einige Feuerlöscher explodierten.

Metropole der Kunst

Trotz bundesweiteN Protestes wurde die Josef-Haubrich-Kunsthalle vor knapp 15 Jahren abgerissen. Zeit für uns, Parallelen zur Situation am Ebertplatz zu ziehen und an die letzte, bisher fast unbekannte Ausstellung in der Kunsthalle zu erinnern, die dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.

Der damalige Ruf der Kunsthalle kann nicht isoliert betrachtet werden. Der an sie angrenzende Kunstverein zeigte in den Jahrzehnten wegweisende Ausstellungen wie Happening und Fluxus, kuratiert durch Harald Szeemann (1970), und zahlreiche Werkschauen von beispielsweise Robert Rauschenberg, Gerhard Marcks, Ernst Wilhelm Nay, Rebecca Horn, Peter Fischli und David Weiss, Marina und Ulay Abramovic und endlos vielen anderen. Zusammen bildeten Kunsthalle und Kunstverein das sogenannte Haubrich-Forum, von dem die lokale Galerienszene extrem profitierte, denn wer erst einmal im Haubrich-Forum war, schlenderte von dort begierig weiter.


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Wo sind diese Zeiten hin? Der Absturz kam schrittweise. Erst wurden Anfang der 1980er Jahre die Öffnungszeiten verkürzt und die Eintrittspreise erhöht. Es folgten Sparmaßnahmen am Gebäude und schließlich die Streichung der Stelle des unabhängigen künstlerischen Direktors im Jahr 1991. Schließlich wurde das gesamte Ensemble Kunsthalle und Kunstverein 1995 in einem Ausschreibungstext für eine Neubebauung zum Abriss freigegeben. Als 2002 nach fehlgeschlagenen Protesten durch die Initiative HaubrichForum die ersten Mauern der Kunsthalle fielen, schien ihre Ausstellungsgeschichte längst abgeschlossen zu sein. Die Kunsthalle galt sowohl bei Gegnern als auch Befürwortern des Abrisses als funktional nicht mehr existent. Völlig ignorant gegenüber diesem Konsens hängten am 2. Dezember 2002 die Künstler Ion Willaschek, Carsten Folgmann und Mauna Tunger ihre Arbeiten aus dem Bereich Malerei, Grafik und Fotografie genau dort auf. Auch Fotoarbeiten von Sabine Große-Wortmann zierten die kargen Wände auf dem Gelände. Die Ausstellungsreihe mit dem Titel „Letzte Ausstellungen der Josef-Haubrich-Kunsthalle“ hatte begonnen. Pünktlich zum fragwürdigen Jubiläum und passend zur eigenen räumlichen Situation hat sich die Projektgalerie LABOR mit Sitz in den Ebertplatzpassagen im Frühjahr 2018 der Aktion angenommen – mit Fotografien von Ion Willaschek, die er bei seiner Aktion vor 15 Jahren in der Ruine der Josef-Haubrich-Kunsthalle und den ehemaligen Räumen des Kölnischen Kunstvereins anfertigte. Und die auch diesen häufig bedrohten Kunstraum – das null22eins-Magazin – auf diesen Seiten füllen. Die Zukunft der Kunsträume am Ebertplatz (übrigens nominiert für den Kölner Kulturpreis 2016) ist bis dato nicht gänzlich geklärt. Immerhin sind die Mieter der Projekträume, aber auch die des CopyShops und der afrikanischen Bars, nun mit der Stadt Köln im Dialog.

Unbequem, hässlich, erhaltenswert Dank des enormen ehrenamtlichen Einsatzes aller Kunstraumbetreiber (LABOR, BRUCH & DALLAS, GOLD+BETON und TIEFGARAGE) und durch das Wirken der European Kunsthalle zwischen 2008 und 2009 ist am Ebertplatz parallel zur baulichen Verwahrlosung eine Plattform für zeitgenössische, experimentelle und zumeist junge Kunst entstanden. Jenseits des musealen Betriebs und jenseits einer primär kommerziellen Ausrichtung entfalten sich hier Kunst- und Meinungsfreiheit. Eine ähnliche Aufgabe käme wohl auch einer Kölner Kunsthalle zu, wenn sie denn noch existierte. Über die Funktion als Schaufenster der Museen weit hinausgehend, hatte der eigenständige künstlerische Direktor die ausdrückliche Aufgabe, unbequeme und ungewohnte künstlerische Positionen in den Vordergrund zu stellen. Wäre es heutzutage, da diese Aufgabe in städtischer Trägerschaft nicht mehr wahrgenommen wird, nicht um so angebrachter, die vielen Projekträume in Köln, die diese progressive, nicht-museale und nicht-kommerzielle Aufgabe übernommen haben, zu unterstützen?

Alles nur Beton – und in ZUkunft Glas? Kunsthalle und Projekträume zeigen: Wer heute geehrt wird, kann morgen abgeschrieben werden. Das gilt umso mehr für jene, deren Treiben in (noch) ungeliebter Architektur stattfindet. Die Betonfassade der Kunsthalle, einst entworfen von Ernst Wille, galt vielen als nicht mehr zeitgemäß. Ebenso gehört das Jammern über die Hässlichkeit des Ebertplatzes zum Kölner Selbstverständnis. Doch was, wenn alle sperrigen Betonbauten der 1950er bis 1970er Jahre verschwinden? Wo bleibt neben dem Respekt vor lebendigen Räumen der Kunst das historische Bewusstsein für die manchmal sperrige Betonarchitektur? Einige dieser mehr und mehr historischen Zeugnisse müssen bewahrt werden. Warum nicht jene, die auch noch wichtige kulturelle Aufgaben erfüllen?



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LITERATUR

Welt in Welt in Welt


LITERATUR

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E. DE SS S /// ST R A INFO DOM E R G E N U WEIT ND L HH A BUC

ILLUSTRATION /// KIRSTEN PIEPENBRING

TEXT /// DAKINI BÖHMER

Buchhändler und -geschäfte gibt es viele. Selten findet man jedoch eine so ausgeprägte Kombination aus Enthusiasmus, Literatur, Kunst und Vernetzung wie in der Buchhandlung Domstraße in Köln. Wenn der Sturm der Welt draußen tobt, ist es hier drinnen ganz ruhig. Zumindest für die meisten Menschen. Für mich ist die Stille erfüllt von tausenden Stimmen und Geschichten, die an den Buchdeckeln rütteln, während ich Bestellungen in den Computer tippe oder das Sortiment durchgehe. Heute ist einer dieser Tage, an denen ich mich nicht zwinge zu widerstehen; ich setze mich auf meine blaue Bank, in meinem Wohnzimmer, das eigentlich meine Buchhandlung ist, und schlage die erste Seite eines neu eigetroffenen Lyrik-Bandes auf. Den Autoren kenne ich schon lange. Bereits vor vielen Jahren hat er in meinen Räumen gelesen; damals noch etwas scheu, unveröffentlicht, mit losen Blättern vor sich, auf denen seine Gedichte handgeschrieben standen. Ich veranstalte viele Lesungen für noch unbekannte Jungautoren. Manchmal kommen auch bereits etablierte Literaten, doch für gewöhnlich unterstütze ich lieber Talente, die in den Startlöchern stehen, noch keine Bühne haben. Und nicht selten erlebe ich dann Momente wie diesen: eine sich ausbreitende Freude in mir, wenn ich den Aufstieg eines von mir geschätzten Künstlers erlebe, ein Erinnern an damals und ein Verstehen von heute. Noch während ich gedankenversunken auf die Zeilen vor mir starre ertönt die Türglocke. Eine Stammkundin wird hereingeweht, zerzauste Haare, rote Wangen, ein leicht genervtes Grinsen auf den Lippen. Sie erkundigt sich nach der Malerin, deren Bilder ich in den Schaufenstern und zwischen den Regalen aufgehängt habe. Ich entdecke und bewundere nicht nur Wort-Jongleure, mich

begeistert jede Art von Kunst, von Leidenschaft und Eigenheit. Wenn mich etwas besonders anzieht, stelle ich es hier aus. Erwerben kann man es dann zu dem vom Künstler festgelegten Betrag. Ein bisschen wie in einer Galerie, nur dass ich keine Provision verlange und tatsächlich nur das exponiere, was mir persönlich gefällt. Kunstempfinden ist immer subjektiv und meine Freiheit besteht darin, auch subjektiv auswählen zu dürfen. In diesem Fall handelt es sich um Tuschezeichnungen auf weißem Papier; minimalistisch, ein wenig japanisch. Ich unterhalte mich eine Weile mit der Kundin, erzähle ihr von der Malerin, freue mich, Enthusiasmus in ihrem Gesicht zu erkennen. Dann wird sie wieder vom Grau des Nachmittags verschluckt. Den Lyrikband lasse ich auf dem Bücherstapel neben der Bank liegen, um mich stattdessen der Planung meiner baldigen Veranstaltungen zu widmen. Es wird einen Rezitationsabend geben, außerdem Musik. Ich möchte weitere Ideen verwirklichen, neue Plattformen anbieten. Ich denke an all die Menschen, die mich täglich hier besuchen und mit mir auf die eine oder andere Art verbunden sind. Meine Lust auf ein Gemeinschaftsprojekt steigt und ich notiere mir ein paar Stichpunkte zu einzelnen Personen, die ich gern dabei hätte. Meine Überlegungen kreisen um Diskussionsrunden, mit heißem Tee und Stimmgemurmel um einen großen Tisch; um Lyrik und Prosa, vielleicht mit Instrumenten verbunden, mit bemalten Leinwänden im Hintergrund. Phantastereien ergeben langsam konkrete Vorstellungen, ich bin aufgeregt, möchte sofort anfangen. Ich beschließe, möglichst bald mit der Umsetzung zu beginnen, als ich wieder die Glocke vernehme. Ein neuer Kunde tritt ein …“


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KÖLNER ORTE

Studio 11 Im Herzen von Ehrenfeld versteckt, liegt ein kleines Theaterstudio. Das Studio 11 in der Gravenreuthstrasse 11 hat immer offene Tore für kreative Ideen und anderes künstlerisches Schaffen.


KÖLNER ORTE

mehr als ein Experimentierfeld Die Theaterpädagoginnen Maria Jachertz und Patricia Lempke geben einem kleinen, aber feinen Raum einen kreativen Sinn. Im Mai 2016 eröffneten sie ihr erstes gemeinsames Mikrotheater. Der schwarze Tanzboden wurde ausgerollt, die Scheinwerfer in Position gebracht und die Spiegelwand frisch poliert.

Das Mikrotheater versteht sich nicht nur als eine Spielwiese für Kinder und Jugendliche. Es eröffnet den Pädagoginnen selbst ganz neue Möglichkeiten: Sie inszenieren eigene Theaterstücke, führen Regie und stehen auch selber auf der Bühne. Maria und Patricia sind das Aushängeschild des Studio 11. Ihren Leidenschaften und Berufen haben sie dafür ein eigenes Zuhause kreiert.

mehr als ein Raum

Sieben Tage die Woche Neu Erfinden

Das Studio 11 bietet vor allem jungen Men- Sieben Tage die Woche ist das kleine Theater schen die Möglichkeit, sich kreativ auszu- in Ehrenfeld in Betrieb. Das bringt neben leben. Von Kinder- und Jugendtheater bis dem kreativen Schaffensprozess auch viel hin zu Yoga- und Capoeirakursen unter- Arbeit: Zu Beginn der Woche müssen die stützt das Studio in seinen vier Wänden den Schäden vom Wochenende beseitigt werkünstlerischen Entstehungsprozess. Das den. Wischen und Putzen stehen auf dem liegt unter anderem an der Ausbildung der Programm. Mit dem Kaffee in der Hand auf beiden Besitzerinnen. Maria Jachertz war dem Boden sitzend beginnt der Alltag für lange Zeit im Jugendclub des Maxim Gor- Maria und Patricia mit der Vorbereitung ki Theaters in Berlin tätig. Patricia Lempke der Kurse für die anstehende Woche: Kinbleibt mit ihrem Kollektiv „trio.projektBar“ der-, Studio-, Schulkurse, aber auch eigene generell lieber unstet, experimentell. Dies Projekte. Dabei wird durchgehend geprobt, zu teilen und andere Menschen an die Kunst getanzt, experimentiert und immer wieder des „Spielens“ und Bewegens heranzufüh- geputzt. Meist an den Wochenenden prären, macht den beiden Spaß und fließt auch sentiert das Studio 11 der Öffentlichkeit ihre erarbeiteten Theaterstücke, musikalische in ihre eigenen Projekte ein. Projekte und andere künstlerische Arbeiten.

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Das ist doch kein Theater, das ist doch nur ein Raum! Das Studio 11 steckt zwar noch in den Kinderschuhen, ist aber bereits in der kurzen Zeit zu einem beliebten kulturellen Treffpunkt gereift. Jeder Mensch, der sich theatral und künstlerisch ausprobieren möchte, ist in der Gravenreuthstraße herzlich willkommen. Ein Theaterabend am Wochenende in Ehrenfeld, erst künstlerisch berieseln lassen, dann das Nachtleben genießen, ist nicht nur ein schöner Ausgehplan. Mit der Offenheit, die man im Studio 11 antrifft, wird aus einem Besuch manchmal auch mehr als eine kulturelle Bereicherung.

TEXT /// ANNA STROH FOTOS /// GIANNA MAIER-QUADT WEITERE INFOS /// WWW.STUDIOELFKOELN.DE


Zwischentรถne


WERKSCHAU

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Das Bex Studio ist mehr als ein nostalgischer Raum für eine leidenschaftliche Branche. Und der Inhaber ist mehr als ein hektischer Musikproduzent für umtriebige Bands. Willkommen in einem besonderen Studio. TEXT /// DAKINI BÖHMER FOTOS /// ALESSANDRO DE MATTEIS

Über ein – über dieses bestimmte – Tonstudio lässt sich einiges sagen. Man kann darauf hinweisen, dass bereits Iron Maiden dort probten und Songs aufnahmen. Oder dass es in einem Hinterhof liegt, zwischen Proberäumen, Partylocations und Veranstaltungs-Planern. Man kann auch darüber informieren, wie alt der Inhaber ist oder warum er diesen Beruf macht (Überraschung: Weil er es will!). Oder, und das soll hier der Fall sein, man dringt zum Innersten durch und erzählt davon, was die Essenz des Ganzen ist, wie sich die Musikbranche verändert und warum ein Wohnzimmerstudio eben doch nicht mithalten kann.

zu können, ist das Interesse an professionellen Studioaufnahmen stark zurückgegangen.“ Seiner guten Laune kann dies dennoch nichts anhaben. Er hofft auf eigene Projekte und will selbst wieder mehr Musik machen. „Das Komponieren ist in den letzten Jahren ziemlich auf der Strecke geblieben, das soll sich nun ändern.“

Drei Dekaden Business

Handfestes und Leidenschaft

Seit mittlerweile 30 Jahren arbeitet Hanno Kahl Wenn man ihn reden hört und sich dabei in als selbstständiger Musikproduzent. Nebenbei dem riesigen Raum umsieht, wird man etwas komponiert er, spielt Klavier und nimmt mit wehmütig. Dass der sympathisch-chaotische Fremden und Freunden gemeinsam auch eige- Charme dieses Studios keinen wahren Anne Alben auf. Dies alles geschieht in den BEX klang mehr findet ist mehr als nur schade. Studio Verlag Records in Köln-Bickendorf, in Dass die Arbeit und Qualität eines Produdenen Künstler auch Platz zum Proben finden zenten kaum noch wahrgenommen oder geund wo es hin und wieder Live-Aufnahmen in schätzt wird ebenso. Es ist noch gar nicht lanKonzertform auf die Ohren gibt. Techniklieb- ge her, da war es eine blühende Branche. Da haber finden hier alles, was das Herz begehrt: wurden Parties gefeiert, während oder nachvon wertvollen Sammlerstücken über große dem eine Platte aufgenommen wurde, man Mischpulte in Kombination mit der neuesten traf Kollegen und Freunde, es ergaben sich digitalen Computer-Staffierung bis hin zu di- neue Kontakte und es gab ein ganz eigenes versen Instrumenten, Verstärkern und Syn- Flair von Beisammensein, Musik und Hinthesizern. „Selbstverständlich habe ich mich gabe. Das mag etwas zu nostalgisch klingen, dem Wandel der Zeit angepasst und erledige doch in dem Business ging und geht es eben mittlerweile vieles am PC. Ich arbeite aber nicht nur um das reine Geschäft. Es geht auch auch immer noch gern analog“, sagt Hanno. um die Leidenschaft, die dahintersteckt, um „Die Musiker haben da natürlich Mitsprache- den Enthusiasmus und die Energie. recht, ich passe mich an ihre Wünsche an.“ Man mag vielleicht eine einigermaßen pasDer ehemalige musikalische Leiter des sable Aufnahme allein auf dem heimischen Schlosstheaters Moers und der Wupperta- Sofa hinbekommen. Doch den Austausch, die ler Bühnen, der bereits mit Größen wie Pina Kommunikation und vor allem das besondere Bausch zusammenarbeitete, ist allerdings Re- Erlebnis hat man dadurch noch lange nicht. alist: „Die Musikbranche ist nicht mehr das, „Außerdem ist es für mich auch immer noch was sie einmal war. Durch das Internet, Stre- reizvoller, eine CD mitsamt Booklet, Songtexaming und die zig Möglichkeiten heutzutage ten und Cover in der Hand zu haben als nur auch als Laie aufnehmen und produzieren eine Audio-Datei auf dem Computer.“

WEITERE INFOS /// WWW.BEXSTUDIO.DE


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KÖLNER ORTE

TR ADI T ION IM NEU E N S T I L Während heutige Filmpaläste häufig mit besonderem Komfort und immer größeren Leinwänden werben, legt „Guerilla Kino“ vor allem Wert auf Spontaneität und Geschichte. Wir leben in einer Zeit, in der lieber neu gekauft statt repariert wird; in der Wertigkeit schnell an Wert verliert, sobald irgendetwas nicht mehr ganz rund läuft. Das lässt sich nicht nur am Konsumverhalten beobachten, sondern auch im Bereich Kultur. Galerien schließen wieder, kaum dass sie eröffnet haben, Begegnungsstätten werden abgerissen und der Charme alter Traditionen verliert scheinbar mehr und mehr an Reiz. Zumindest erkannte Tobias Leveringhaus dieses Phänomen im Bereich des Kinos – und beschloss dagegen anzugehen. Selbst Absolvent der internationalen Filmschule

Köln, Produzent, Programmplaner und Film-Liebhaber, weiß er um das Flair auf Leinwand projizierter Bewegtbilder, wenn man mit vielen Menschen in einem dunklen Raum sitzt und sich mitreißen lässt. „Das Essenzielle am Kino ist das entstehende Gemeinschaftsgefühl; die Kraft gemeinsam zelebrierter Emotionen“, findet er. Um dies wieder in den Vordergrund zu rücken, hat der 36-Jährige die Initiative „Guerilla Kino“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, jeden Ort, der einst ein Filmtheater war, neu zu bespielen: mit mobilem Kino. „Jeder dieser Plätze beherbergt eine Geschichte; ich möchte sie


KÖLNER ORTE

erzählen und in die Gegenwart holen“, sagt Tobias und erklärt weiter: „Ob mittlerweile ein Supermarkt oder eine Ruine – überall, wo früher einmal ein Lichtspielhaus war, soll es für einen Abend wieder eine Leinwand, Hintergrundinformationen und das Gefühl vergangener Tage geben. Möglichst weiterhin kostenlos.“ Dabei liegt ihm vor allem auch am Herzen, den jeweiligen Orten eine Stimme zu geben, von der Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu erzählen, durch Gespräche vor und nach dem Film Interesse für die Kölner Geschichte zu erwecken. Es soll sich erinnert werden. Organisiert wird das Ganze über seine Kino-on-demandPlattform „Kinoflimmern“, finanzielle Unterstützung gibt es vom Kulturamt Köln. Ein solcher Abend besteht aus einem Kurzfilm, einer Gesprächsrunde mit einem geladenen Gast, der Kenntnisse zu Ort und/ oder Film mitbringt und einem Langfilm. Wer möchte, kann anschließend noch gemütlich etwas trinken und mit den Anwesenden plaudern oder netzwerken. Auch Tobias hat nach der Veranstaltung stets ein offenes Ohr und freut sich über anregende Diskussionen. „Das ist es doch, was erwünscht ist: ein Austausch, eine Gruppendynamik.“

TEXT /// DAKINI BÖHMER ILLUSTRATIONEN /// ALICJA KMITA WEITERE INFOS /// WWW.GUERILLAKINO.DE WWW.KINOFLIMMERN.COM

Premiere war im Sommer 2017 im Stadtgarten mit einer Independent-Komödie, eine weitere Aufführung gab es am 8. Dezember im Urania-Theater mit dem Film „Edelweißpiraten“. In Zukunft soll alle zwei bis drei Monate ein Kino-Abend veranstaltet werden, möglichst spontan und mit eher unbekannten Filmen, die nicht zu den Blockbustern zählen. Wer dabei sein will, sollte sich für den Newsletter auf der Homepage eintragen. Aktuelle Informationen gibt es zudem auf der Facebook-Seite. „Es ist kein Job – es ist eine Leidenschaft!“ Ganz nach dem Motto des gebürtigen Herforders bleibt es spannend, wo die nächste Geschichte erzählt wird.

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INTERVIEW

DER SELBSTERFINDER Jo Pellenz hilft, Kölner Orte schöner zu Machen – mithilfe von Kindern und Kunst, für ein soziales „Wir-Gefühl“, wo es häufig fehlt. Der Kölner Künstler im Interview.

Seit 1985 entwickelt Jo Pellenz Papierarbeiten zu unterschiedlich großen Installationen und zeigt diese in diversen Projekt-Räumen. Die in Pulheim im letzten Jahrzehnt etablierte und inzwischen erfolgreich nach Emmerich und ins belgische Eupen exportierte Produzentenmesse art’pu:l ist ein weiteres Feld seiner gesellschaftlichen Arbeit. Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen an Streetwork-Projekten und skulpturalen Installationen im öffentlichen Raum ein drittes. Das ist sein leidenschaftlichster Job, der ihm nicht nur die Existenz und die Kraft sichert

für Projekte, die ihm als Künstler und Macher Reichweite und einen wachsenden Bekanntheitsgrad bescheren. Denn es geht ihm um die Vermittlung künstlerischer Praktiken an diesbezüglich unterversorgte Kinder. Jo Pellenz verschafft jungen Menschen Anerkennung und Wertschätzung in Kölner Vierteln, die damit nicht gerade gesegnet sind. null22eins begab sich in ein sehr lebendiges Gespräch mit einem schwer umtriebigen Köln-Mülheimer mit Hätz.


INTERVIEW

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Damit wart ihr so erfolgreich, dass ihr euer Konzept sogar nach Belgien als art´pu:l - Eupen exportieren konntet. Vor drei Jahren habt ihr euer Format auch noch Emmerich angeboten. Warum? Wir haben die Notwendigkeit erkannt, am Bedarf einer großen Zahl von Künstlern entlang eine Messe auszurichten, die konkrete Verkaufsmöglichkeiten bietet. Das ist – vor allem bei kleineren Galerien und Kunstvereinen – nicht unbedingt gegeben. Das Format wächst. Die 2017 zum ersten Mal in Halle ausgerichtete HAL ART will zeigen, dass das auch im Osten funktioniert. Man wird nicht zuletzt wegen dieser Expansion des Formats den Zweifel nicht los, ob sich an dieser Form von „pay to play“ nicht auch

null22eins: Einem größeren Publikum bist du bekannt geworden durch die Erfindung der art`pu:l, die du mit vier Business-Kollegen seit acht Jahren in einer der schönsten Locations im Rhein-Erft-Kreis ausrichtest. Pellenz: Dafür haben wir zu fünft die kunstfirma a2b gegründet. Die Idee war, eine Kunst-Messe zu machen, wie wir sie uns als Künstler gewünscht hätten. Eine Produzentenmesse, die den Künstlern die Möglichkeit bietet, mit ihr und darüber hinaus zu wachsen. Die die Lücke schließt zwischen etablierter Kunst und Künstlern auf dem Sprung, quer durch die Altersklassen. Die Frage war, können wir ein Stück kultureller Wirklichkeit abbilden? Wo entwickelt die sich überhaupt? Ich meine, jedenfalls nicht im Atelier von Jonathan Meese.

Veranstalter satt machen, die die Verzweiflung einer arbeitslosen Künstler-Klasse ausnutzen. Es gibt Produzentenmessen, die ganz klar Chimären sind, bei denen die Macher zusätzlich profitieren, indem sie mitausstellen und dadurch Verkäufe erzielen können. Für mich ein No-Go. Genauso absurd ist es, jeden Anfrager zu nehmen. Unsere Messen sind ausnahmslos juriert, bei einer Wiederholungsquote von etwa 30 bis 40 Prozent. Das zeigt, dass die Künstler verstehen, was wir da machen. Wir betreiben Evaluierung, indem wir einen Bogen im Nachgang rausschicken, der Verkaufszahlen und Anregungen für Verbesserungen nachfragt. Wir betreiben einen hohen Aufwand für wenig Knete. Wir versuchen eine Win-Win-Strategie, bei der wir als Kunstfirma mindestens neutrale Zahlen schreiben wollen. Wie steht es um die Wahrnehmung eurer Messen vonseiten derjenigen Kollegen, die für die wirklichkeitsnahe Besprechung von Kunstentwicklungen zuständig sind? Wir laufen unter dem Radar eines ein­schlägigen Kulturjournalismus. Der Kunst­markt-­Wahnsinn hat ja nicht nur die Künstler vergessen. Das deutsche Feuilleton macht da auch noch mit, selbst da, wo es nicht Feuilleton heißt. Wir werden von den lokalen Regio-Journalisten abgehandelt wie ein Karnickelzüchter­verein eben auch. Da waren unsere Erwartungen schon andere. Immerhin hat die Fachzeitschrift Atelier mal darauf hingewiesen, dass es uns gibt.


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INTERVIEW

Weitere Schwerpunktthemen wie beispielsweise Syrien auf der art´pu:l 2015 vor der ersten großen Welle von Flüchtenden wären ein möglicher Weg zu höherer Aufmerksamkeit in den Medien. Syrien 2015 war möglich, weil wir Berliner Kooperationspartner einbinden konnten. Ein regelmäßiger Schwerpunkt, dann noch auf allen drei Messen im Jahr, ist schwierig. Das ist in hoher Präsentationsqualität in einem kleinen Team einfach nicht zu leisten. Neben deiner Tätigkeit als Künstler und als Messeausrichter arbeitest du auch in einem pädagogischen Kontext von Kunst-Projekten. Wie kam das? Anfang der 1980er Jahre kam ich zur MüTZe in Köln-Mülheim, deren Träger der Mülheimer Selbsthilfe e.V. ist. Die Zielsetzung war, Räume für die Bevölkerung zu schaffen. Ein Gebrauchtmöbellager und ein Café zu gründen, kamen als Ideen hinzu. Wir haben dann auf städtischer wie auch auf Landesebene für ein soziokulturelles Bürger-Zentrum gekämpft. Wir forderten: ‚Wir haben ein Recht auf Geld von der Gesellschaft.‘ Daraufhin genehmigte die Stadt dann Betriebskostenzuschüsse. 2004 bist du raus aus dem Abenteuer MüTZe. Wenn Etablierung um sich greift, wird es mir schnell zu langweilig. Aber das war schon ein tolles Becken für Selbstunternehmer wie mich, für Menschen, die gerne „machen“… Ich hatte dann aber die klare Vorstellung, mit meiner Kreativität künstlerisch leben zu wollen.

Was eine harte Entscheidung ist, wie wir beide wissen … Ich bin ein Gesellschafts-Träumer. Doch wenn es um meine Existenz geht, bin ich Realist. Ich wusste, dass ich das in Jobs ummünzen muss. Es fing damit an, dass ich Kindern von Freunden einmal in der Woche anbot, bei und mit mir malen zu dürfen. Eines Tages fragte mich eine ehemalige MüTZe-Praktikantin, die schließlich bei der GAG gelandet war, ob ich mir vorstellen könnte, Kinder im öffentlichen Raum kreativ anzusprechen, das es auch Immobilien-Maklern gefiele. Die GAG Immobilien AG ist mit rund 43.000 Wohnungen Kölns größte Vermieterin und bietet etwa 100.000 Menschen ein Dach über dem Kopf. Seit ihrer Gründung 1913 ist die GAG ein wirtschaftlicher Ableger der Stadt, der neben der üblichen InvestorenPolitik auch soziale Wohnungs-Module von der Stadt und damit Verantwortung geerbt hat. Warum genau die? Sie haben, obwohl sie ein gewinn­orientiertes Unternehmen sind, verstanden, dass Konzepte für konkrete Entwicklungen von mehr Lebensqualität mit in ihre Zuständigkeitsbereiche gehören. Inzwischen hat die GAG ein Sozialmanagement, dessen Mitarbeiter die Projekte vorbereiten, die ich ihnen anbiete. Hat diese Form von Partizipations-Angeboten nicht etwas leicht Gezwungenes, Bemühtes? Könnte man denken. Aber die Frage ist doch: Wie gibt man den Leuten das Gefühl, dass es ihre Plätze sind, die da vor der Haustür sind? Zumal Plätze ja oft hoch unattraktiv sind, nicht nur, wenn sie alt sind. Eine Möglichkeit ist, sie einzubinden in ein Geschehen. Das geht am leichtesten mit Kindern. Ich hatte von Anfang an eine klare Prämisse: Die Leute sollen nicht erst hinterher, sondern von Anfang an das Gefühl haben, dass es ihre Kunst auf ihrem Platz ist, die sie sich da hinstellen. Aneignung übers selber machen. Ich komm da nicht als Künstler und stell eine Skulptur auf. Es geht um Lebendigkeit vor Ort. Ich erhalte ein Briefing darüber, wo was möglich wäre und schreibe ein punktgenaues technisches und pädagogisches Angebot. So wie ich das sehe, ist diese Form von Entwicklung künstlerischer Arbeit mit Menschen in ihren Vierteln vor Ort ein absolut eigenständiges Produkt kunstpädagogischer Arbeit. Welche Projekte hast du in dieser Weise realisiert oder an welchen bist du gerade dran? Ich erarbeite seit Jahren Projekte in Siedlungen mit Sozialbedarf. Aktuell bespiele ich ein Projekt in Köln-Dünnwald. Ein typisches Unplatz-Projekt, ein toter Parkplatz mitten im Viertel, der nicht angenommen wird. So ein Platz muss langsam zum Platz der Leute werden. Da werden die Wände an der Tiefgarageneinfahrt und der Platz über Jahre soziokulturell entwickelt. Das hat dann auch soziale und gestalterische Qualität. Der Gedanke: eine nachhaltige partizipative Energie zu erhalten. Solche Interventionen über mehrere Jahre zu denken, war auch für die GAG neu.


INTERVIEW

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Für viele Kleinkommunen ist das bis heute völlig undenkbar. Neben den Stahlskulpturen, die ich den Kindern übereigne, indem ich sie entscheiden lasse, wie sie sie bemalen und ein oder zwei Jahre später „restaurieren“ wollen, macht die GAG noch mehr auf einem solchen Platz, zum Beispiel Fotoaktionen mit den Skulpturen im Sommer, Urban-Gardening-Projekte und Mieterfeste. Klingt eigentlich traumhaft: Soziale Arbeit, die vor Ort vom Eigner der Immobilien selbst organisiert ist. Die GAG mag das komisch finden, aber sie haben das Vertrauen, dass ich weiß, wie integrative und inklusive Projekte in dieser Größenordnung funktionieren. Partizipation erzeugt Sinn und den kann man nicht einfach verordnen, man muss ihn herstellen. Sieben angemalte Skulpturen gehören bereits den Menschen, die dort wohnen. Wenn

2018 vier neue Skulpturen dazukommen, können die alten wieder neu bemalt werden. Es gibt kein Fertig. Und so fühlen die Leute an einem nicht nur schönen Ort: Dieser Platz und diese Werke gehören uns, sie sind Teil dieses Viertels und wir sind es auch. Der geringe Vandalismusdruck, der auf den von uns bearbeiteten Flächen liegt, bestätigt das durchaus. Die Leute begreifen: Kunst ist nicht heilig. Sie hat einen Alltagszweck. Und darum müssen sie auch nicht mehr befremdet über Kunst lachen, wenn sie ihr in Zukunft irgendwo anders begegnen. Diese Wertschätzung gegenüber künstlerischer Arbeit macht mich glücklich. Wenn Menschen zu Akteuren ihres Lebensumfeldes werden und dabei froh sind, dann machen wir wohl etwas richtig.

TEXT /// ANDREAS RICHARTZ FOTOS /// JANN HÖFER, JO PELLENZ, WOLFGANG STURM WEITERE INFOS /// WWW.JO-PELLENZ.DE WWW.EMMERICH.ARTPUL.DE/APEM_2018 WWW.KUNSTFIRMA.EU


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KÖLNER ORTE

Das Co/Atelier: Künstler leben WG Raum teilen, Ideen gemeinsam entwickeln, Kreativ zueinanderfinden – Das Co/Atelier in Nippes lebt Co-Working auf kreativer und künstlerischer Ebene. Den Köpfen dahinter geht es jedoch um weitaus mehr als reines SpaceSharing. Diese „Künstler-WG“ ist ein offenes Kollektiv und lebendiges Netzwerk. Es ist nicht neu, dass Kölner Raum für Kreativität rar oder bedroht ist. Den Weg zur eigenen Schöpfungskraft erschweren die allgemein hohen Mieten – für Kunstschaffende gibt es nur wenige bezahlbare und noch weniger von der Stadt geförderte Ateliers. Diesen Umstand haben Ralf Steffens Kollektiv mit Schaffenskraft und Vinya Cameron im Frühjahr 2015 zum „Das co steht bei uns für co-Working, co-Operation und ‚Care Of‘ – Anlass genommen, die Sharing-Modelle der als Heimat und Verbund im Künstlerkollektiv“, sagt Ralf, der unter Arbeitswelt auf die Künstlerebene zu über- dem Alias Kosmo freie Kunst produziert. „Unser Konzept umfasst tragen. Mit ihrem co/Atelier in der Nippeser viel mehr, als das reine Teilen der Räumlichkeiten. Wir stehen den Sechzigstraße geben sie Kunstschaffenden Kunstschaffenden auch auf anderen Ebenen zur Seite und machen individuelle Arbeitsplätze. Das „Art-Space- aus unserem Atelier einen lebendigen Ort der Kunst, des Austauschs Sharing“ reicht von Teilzeitvarianten für und der Vernetzung.“ Der 49-Jährige sagt das nicht einfach so daher. wenige Stunden bis hin zu Vollzeitplätzen. Neben Gruppen- und Solo-Ausstellungen bewegt das Kollektiv viel. Die Künstlerinnen und Künstler erhalten Die aktuell 23 „Co-Artists“ organisieren gemeinsam Workshops und Zugang zu den Räumlichkeiten, können andere Veranstaltungen, bringen sich mit gemeinnützigen Auktionen Lager und Materialien sowie weitere Infra- ein und realisieren ganz eigene innovative Projekte. struktur mitnutzen. Außerdem haben die „Wir sind nicht nur ein offener Raum, sondern auch eine offene „Co-Artists“ die Möglichkeit, ihre Werke vor Gemeinschaft. Alle hier inspirieren sich gegenseitig und geben auch Ort auszustellen. untereinander Hilfestellungen. Dieser soziale Aspekt, einen wert-


KÖLNER ORTE

TEXT /// ROBERT FILGNER ILLUSTRATIONEN /// ANNE FEILER WEITERE INFOS /// WWW.CO-ATELIER.DE

Vom Netzwerk und ‚Sein‘ freien Raum zu schaffen, der neue, kreative Kooperationen ermöglicht, war ein Wunschgedanke von uns. Dass diese Ateliergemeinschaft aber tatsächlich so ein starkes WGFeeling lebt, erfreut mich immer wieder aufs Neue“, betont Ralf. Davon profitieren letztlich auch andere: Während der jährlichen Auktionen, wo alle aus dem Atelier eigene Malereien, Zeichnungen, Illustrationen und Collagen für einen guten Zweck versteigern, kommen ordentliche Summen zusammen. 2017 beispielsweise wurden die Erlöse für den „Kältebus“ gespendet.

Ein weiterer Service ist dem co/Atelier wichtig: Das Netzwerk, das sich Ralf und Vinya über Jahre erarbeitet haben, teilen sie gerne. Während Kunstmessen in der Region zeigt die Produzentengalerie ihr Potenzial. Auf der art’pu:l in Pulheim und der Kölner Liste hat das co/Atelier einen festen Platz und bietet diesen auch für andere Künstlerinnen und Künstler mit an. In diesem Coworking-Space für Kreative verstehen sich alle als echtes Kollektiv, das nicht nur gemeinsam etwas erschafft, sondern sich darüber auf allen Ebenen weiterentwickelt. Das co/Atelier ist ein inspirierender kreativer Raum, der nicht nur eine Lücke im urbanen Platzmangel schließt, sondern auf sehr liebenswerte Art und Weise das Zusammenarbeiten und -kreieren lebt und fördert. ‚Jeder kann und darf hier alles machen‘ ist hier keine Floskel.

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FOTOSTRECKE


FOTOSTRECKE

Dein kreativster Ort Orte der Kreativität gibt es in Köln viele – und auch im Rest von NRW. „Welche Orte sind für dich besonders kreativ?“ Die Besucher der Open squares haben es für uns aufgemalt. Du gehst auf ein Festival, hörst Musik und triffst auf kreative Gruppen, die ihren ganz eigenen Raum mit Leben füllen. Das ist kurz formuliert der Sinn der Open Squares im Rahmen des Open Source Festivals in Düsseldorf.

null22eins war nun mehrfach dabei und zeigt hier ein paar Ergebnisse der letzten Aktion: das „null22eins NRW-Mapping“ – für eine Karte der Kreativität in unserem NRW. Ja, wir verlassen ab und zu unseren Kasten Köln und geben auch anderen Orten Platz in unserem eigenen Kreativraum null22eins. Während der Open Squares 2017 haben unzählige Besucher an unserer Foto-Aktion teilgenommen und auch die weiteren Angebote an unserem Stand genutzt. Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Mal – und sagen hiermit „Danke“ für die schöne Zeit.

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Dortmund, Düsseldorf, Münster, die Dusche, mein Schreibtisch und natürlich Köln u.v.m.: So bunt wie das Publikum auf dem Open Source Festival, so gemischt waren auch die Antworten auf unsere Frage nach dem kreativsten Ort in NRW. Am wichtigsten jedoch: Alle hatten einen Riesenspaß – von jung bis alt, von Familie bis Partygänger. Die Open Squares und das Open Source Festival sind übrigens genau wie null22eins ein Gemeinschaftsprojekt: Ohne die unzähligen Helfer, die über das ganze Jahr dieses kleine, aber sehr feine Festival vorbereiten, würde nicht nur ein schönes Wochenende im musikalischen Sommerterminplan fehlen.

Viele Start-Ups und kreative Tausendsassa würden die Open Squares ebenso schmerzlich vermissen. Diese Pop Up-Galerie für Kreativwirtschaft ist dennoch von Jahr zu Jahr bedroht. Die Organisatoren kämpfen wie so viele andere auch stets um Fördermittel. Aktuell ist 2018 wohl gesichert. Damit das so bleibt, wollen wir auch in diesem Jahr wieder die „offenen Plätze“ zum Brummen bringen. FOTOS /// ALESSANDRO DE MATTEIS ILLUSTRATIONEN /// KIRSTEN PIEPENBRING WEITERE INFOS ZU DEN OPEN SQUARES /// WWW.OPEN-SOURCE-FESTIVAL.DE

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MUSIK

ZWEI FÜR LAUE SOMMERNÄCHTE TEXT /// CHRISTINA PILOP FOTO /// SIGN IN ROSSA


MUSIK

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Kann man bei zwei Leuten überhaupt von einer Band sprechen? Auf jeden Fall! Was Max und Will als „Sign In Rossa“ auf die Bühne bringen, muss sich nicht hinter weiteren Bandmitgliedern verstecken. Gesang, Percussions, E-Gitarre und Loops sorgen für einen vollen Klang und verbinden sich zu Musik für die Seele. Musik für die Seele – das lässt sich einfach dahinsagen. Diese Band muss man sich aber nur an einem lauen Sommerabend vorstellen und schon ist man von Max Kallmeyer und Williams Davids verzaubert. Und das nicht nur von ihrem Sound, sondern auch von den beiden selbst. Die zwei Kölner mögen es unkompliziert. Proben, Terminfindung und Diskussionen funktionieren zu zweit wesentlich einfacher, als mit mehr Leuten. Dennoch sind sie für die Unterstützung aus ihrem Umfeld dankbar. Tontechnik, Grafik, Fotos und natürlich ein Testpublikum – all das kommt aus dem Freundes- und Bekanntenkreis.

Genre? Lieber nicht! Im Januar 2017 gegründet, hatte das Duo seinen ersten Auftritt bereits im Mai 2017 im Scheuen Reh in Köln. Das gemeinsame Musizieren stand schon da im Vordergrund und ist auch heute noch wichtiger als das Drumherum. Die beiden wollen ihre Musik nicht auf ein bestimmtes Genre beschränken oder sich in eine Schublade stecken lassen. Dennoch stehen die Bezeichnungen „Soul. Pop. Love.“ oder „Future-Soul“ im Raum. Der Soul, also wörtlich die Seele, spielt in ihrer Musik eine große Rolle. So verarbeiten sie in ihren Texten und Kompositionen persönliche Erfahrungen. Sie lassen sich von Musik aus vergangenen Jahrzehnten inspirieren und verbinden sie durch ihre Erfahrungen und Einflüsse aus der heutigen Zeit zu etwas Neuem. Die Vollblutmusiker sind sich einig: Musik ist mehr als man mit Worten beschreiben kann.

Ausprobieren, verwerfen, neu machen

„Music gives a soul to the universe, wings to the mind, flight to the imagination and life to everything.“ (Plato)

Beim Liederschreiben sind Max und Will sehr spontan. Es wird ausprobiert, was gefällt. Was nicht funktioniert, wird auch schnell wieder verworfen. Wenn der Proberaum zu eintönig wird, gehen sie zum Jammen auch mal an die frische Luft, um zum Beispiel am Rheinufer neue Inspiration zu finden. Was

die Musik ausmacht? „Im Prinzip ist es eine Mischung aus Perfektionismus und Improvisation“ sagt Max. Selbstkritik spielt bei aller Spontaneität immer eine große Rolle. Manche Lieder werden von Probe zu Probe – oder auch von Auftritt zu Auftritt – weiterentwickelt und verbessert. Trotzdem haben sie mittlerweile ein Repertoire von 14 Songs und möchten Ende des Jahres eine EP veröffentlichen.

Heimat und Kulturszene in Köln Als Kölner Band sind Sign in Rossa stark mit der Stadt verbunden. Ihre bevorzugten Locations sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Dazu gehören das Scheue Reh am Stadtgarten, das as/if Café im Belgischen Viertel, ihr Proberaum in Zollstock, das Rheinufer oder auch der Barbarossaplatz. Letzterer hat für sie eine besondere Bedeutung: Nachdem sie sich dort zufällig wiedergetroffen hatten, beschlossen Max und Will gemeinsam Musik zu machen. Diese schicksalhafte Begegnung war für sie ein Zeichen – ein „Sign am Rossa“ wonach sie sich sagten „Sign in!“ Das nennt man einen treffenden Bandnamen. „Die Leute sollen mehr auf Konzerte gehen. Mehr Kultur genießen – Kultur ist wie Essen für die Seele“, sagt Will. Das ist ihnen persönlich wichtig. Als Band werden sie ihrem Anspruch selbst weiter folgen. Zumeist im Scheuen Reh, aber in diesem Jahr auch auf vielen weiteren Konzerten, wollen Sign in Rossa zeigen, was sie können. Und dann werden sie mit ihrem souligen FunkPop-Rock mit E-Gitarre und Percussions die Seelen ihrer Zuhörer füttern. WEITERE INFOS /// WWW.SIGNINROSSA.COM WWW.FACEBOOK.COM/SIGNINROSSA


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Musik in KÖLN

Das ist unsere Plattform für Musiker aus und in Köln. Egal, ob ganz frisch im Geschäft, etabliert oder kurz vor dem großen Durchbruch: Die Bands und Künstler leisten ihren kleinen Beitrag und helfen, diese Seite zu produzieren. Interesse? E-Mail an: redaktion@null22eins-magazin.de

HANDGEMACHTES AUS KÖLN

SCHLAGSAITE Nouvelle Chanson geht auch auf Deutsch, Hooks funktionieren auch auf Akkordeon und Geige, der Bass darf auch aus Holz sein: Auf diversen Festivals vom TFF Rudolstadt bis zur Fusion sowie bei unzähligen Club- und Wohnzimmerkonzerten hat die Kölner Band Schlagsaite das mit ihrem Mix aus virtuosem Folk und treibender Offbeat-Polka, gepaart mit eingängigen Akustik-Balladen und nachdenklichen Lyrikvertonungen, nachdrücklich bewiesen. Ihren tanzbaren Mix werden die fünf Jungs auch wieder anlässlich der Veröffentlichung ihres vierten Studioalbums „Vom Mond“ am 14. April im Gebäude 9 präsentieren. Bereits im März startet die PreReleasetour, die Schlagsaite unter anderem nach Wuppertal, Hamburg und Berlin führt. Zur Einstimmung darf man gerne das aktuelle Musikvideo „Affe auf der Schulter“ auf Youtube anschauen. Um den Song dann bei nächster Gelegenheit auch live zu genießen! WEITERE INFOS /// WWW.SCHLAGSAITE.DE WWW.FACEBOOK.COM/SCHLAGSAITE

TIEFSINNIGES MIT GEFÜHL

ROADS&SHOES Das Debütalbum „Left Unsaid“ des Kölner Duos ROADS&SHOES ist eine gelungene Mischung aus Folk, Pop, Singer/Songwriter und Rock. Fast zwei Jahre arbeiteten die beiden Musikerinnen an ihrem Album und nun steht die Veröffentlichung kurz bevor. Das Ergebnis sind fragile aber eingängige Songs, Geschichten aus der Gefühlswelt, eine abwechslungsreiche Mischung einer großzügigen aber nicht üppig wirkenden Instrumentierung. Es kommen Klavier, Cello, Gitarren, Geige, Bratsche, Ukulele, Orgel, E-Bass, Kontrabass, Percussion, Schlagzeug und elektronische Klänge zum Einsatz. Ihre Songs sind Schnappschüsse, Bilder, Geschichten und Erzählungen, die einladen, sich fallen und die Poesie wirken zu lassen, und davon quillen die intimen aber mitreißenden Songs von ROADS&SHOES über.

WEITERE INFOS /// WWW.ROADSANDSHOES.DE


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ERHELLENDES MIT PEPP

LUCIE LICHT Spot an, Licht an – jetzt kommt Lucie! Das Energiebündel aus Köln mischt die Musikszene auf. Mit coolem deutschen Pop und mit ganz viel Lucie-Style! Wie der klingt? Nach guter Laune! Und das kommt nicht von ungefähr. Denn der charmante Struwwelpeter begann schon früh eigene Songs zu schreiben. Mal Action, mal still. Lucie ist nicht nur schwarz oder weiß. Lucie ist bunt, laut, frech, anders! Überall auf der Welt holt sie sich neue Ideen für fantastische neue Lieder. Es geht um Lebensfreude, das wahre Leben und ein bisschen Liebeskummer: Themen, die uns alle etwas angehen. Themen, die Lucie mit Power und Herz zum Gute-Laune-Pop macht. WEITERE INFOS /// WWW.LUCIELICHT.DE WWW.FACEBOOK.COM/LUCIELICHTOFFICIAL WWW.INSTAGRAM.COM/LUCIELICHT

ROCKIGES MIT EIGENEM STIL

FRANC-GUITAR-O Franc-Guitar-O ist Vollblutmusiker aus Leidenschaft. Die rockig röhrende Stimme und die schwere Gitarre stehen im Vordergrund des Musikers aus Brühl. Auf seinem neuen Album „When You Have To Start Again“ darf man das zum wiederholten Mal erleben. Die Platte bietet knackige Rockmusik in viel erdigem Blues getränkt. Da geht es vom Rock ‘n‘ Roller „The Solution“ über das balladesk anmutende Wasteland-Stück „KN“ zu „Undistance“, einem Song, der „heavy“ genauso beinhaltet wie „crazy“ und „heart“. Eine amtliche Ballade und ein Instrumentalstück runden das „Ich will mehr-Album“ ab. Kurzweil pur für alle Freunde ehrlichen Rock- und Blues-Songwritings. Mit der brandneuen CD im Gepäck startet ab März 2018 die aktuelle Tour von Franc-Guitar-O, deren Großteil er Solo bestreiten wird. WEITERE INFOS /// WWW.FRANC.GUITAR.O.COM


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KÖLN-SZENE

FASZINATION INSPIRIEREND UND BEDROHT Der Mensch, die Tierwelt, die Pflanzenwelt und sogar unser Klima profitieren immens von bienen. Dennoch führt die Honigbiene in vielen Köpfen ein schwarzgelbes Schattendasein. Vielleicht aus Angst vor ihrem Stachel? Zwei Kölnerinnen haben sich connected, um mehr Menschen anzustacheln, sich für Bienen einzusetzen: Das Smarte Projekt Honigconnection.

TEXT /// CHRISTINE WILLEN ILLUSTRATIONEN /// ANNE FEILER


KÖLN-SZENE

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Die Honigbiene ist gut für die Wirtschaft und auch für die Gesundheit: „Der Konsum von regionalem Honig birgt zum Beispiel das Potenzial, Pollen-Allergiker desensibilisieren zu können. Zumindest gibt es Fallbeispiele für derartige positive Effekte. Dabei muss der Honig allerdings wirklich regional sein, am besten aus der gleichen Stadt, da der Al- chen auch zum Aufstellen ihrer Bienenstöcke. lergiker nur dann mit den gleichen Pollen- An diesen Stellen können aber auch Pflanzen Produkten reagieren kann, auf die er auch gesät werden, die den Bestäubern helfen. Laallergisch reagiert“, erläutert Iris Pinkepank. vendel, Sonnenhut, Sonnenblume, RingelDarüber hinaus kommt speziell gereinigter blumen, Kapuzinerkresse, Vergissmeinnicht Honig beispielsweise zum Verschließen von und Küchenkräuter sind ein paar davon. milliardenschwer und klimaneutral „In Deutschland gab es einmal rund 560 Ho- Wunden zum Einsatz und Propolis (Bienen- „Nur die beliebte Garten- und Balkonpflannigbienenarten. Davon ist jedoch nur noch kittharz) ist für seine antibiotische, antivirale ze Stiefmütterchen ist für Honigbienen im Frühjahr gar nicht so spannend. Besser wäre die Hälfte auffindbar.“ Das weiß Stephanie und antimykotische Wirkung bekannt. es stattdessen Krokusse zu pflanzen“, rät Iris Breil von der Kölner HonigConnection, die Pinkepank. zusammen mit ihrer Kollegin Iris Pinke- Mehr Vielfalt, besserer Geschmack Auf dem Land gibt es kaum noch Rückpank die Bildungsinitiative gegründet hat Honigbienen sind blütenstet. Das heißt, sie und leitet. Das Schrumpfen der Artenviel- fliegen im Prinzip immer wieder zu den zugsgebiete und Habitate für die Honigbiene. falt verdeutlicht das massive Bienenster- gleichen Blütenpflanzen, bis diese abgeern- Eine aufgeräumte Kulturlandschaft und Moben. Wenn Honigbienen aussterben, hat das tet sind: „Wenn Wildbienen, Honigbienen nokulturen auf dem Feld entziehen den Howeitreichende Auswirkungen auf Flora und und Schwebfliegen darin Bestäuber-Ge- nigbienen radikal ihre Existenzgrundlagen, Fauna, wie beispielsweise für Vögel, Igel und meinschaften bilden, ist das für die pflanz- wie Stephanie Breil erklärt: „Es wäre schön, Insekten. Denn sie sind ein zentrales Glied in liche Vielfalt ein richtiger Glücksfall, weil wenn der Mensch etwas mehr Unordnung deren Nahrungsketten. Davon ist in großem dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass aushalten würde, also auch einmal Stein-, Umfang auch die Landwirtschaft betroffen: unterschiedlicher Pollen einer Art die jewei- Holz- oder Laubhaufen im Garten tolerieren „Allein in Deutschland hat die Bestäubungs- ligen Blüten von Blumen, Obstbäumen oder und die Blumenbeete bunter gestalten würde. leistung der Honigbienen jedes Jahr einen Gemüse bestäuben. Das hat sogar positive Denn Unkraut gibt es für Bienen nicht.“ Solwirtschaftlichen Wert von mindestens zwei Auswirkungen auf den Geschmack der Ern- che Habitate findet man allenfalls noch im Übergangsgebiet zwischen Stadt und Land. Milliarden Euro – und das komplett klima- te“, sagt Stephanie Breil. Und das ist viel zu wenig, um das Bienensterneutral. Sie verbraucht keine relevanten Resben aufzuhalten. sourcen, sie erschafft sie beim Bestäuben“, Krokus, Lavendel und Sonnenhut Die HonigConnection vermittelt Wissen verdeutlicht Iris Pinkepank. Die Honigernte Der gute Geschmack, die Gesundheit und durch Imker ist in dieser Rechnung noch unsere Wirtschaft können ausschlaggebend über die Bienen. Mit zahlreichen Aktionen nicht einmal berücksichtigt. Durch ihre Kli- dafür sein, sich von der Honigbiene im über- und Infoveranstaltungen geben sie konkrete maneutralität ist die Honigbiene einzigartig. tragenen Sinn „anstacheln“ zu lassen: Dafür Beispiele, wie wir alle selbst etwas machen Kein anderes Nutztier (Schwein, Rind etc.) stehen auch in der Stadt zahlreiche Mög- können. Das Insektenschutz-Projekt des Kölkann derart wirtschaftliche Ressourcen für lichkeiten zur Verfügung, zum Beispiel auf ner Imkerverein von 1882 e.V. lädt beispielsdie Menschen bereitstellen. Für ihre Arbeit dem Dach und Balkon, im eigenen Garten weise zum WildBienenTag ein. Auf solchen rund um die Aufklärung bei diesem Thema oder Schrebergarten. Selbst auf dem Friedhof Veranstaltungen werden über Foto-Projekte wurde HonigConnection zu einem „smarten“ bieten sich Räume, die Bienen für sich und Kinder und Erwachsene gleichermaßen angeMitglied der SmartCity-Initiativen in Köln uns nutzen können. Die 265 Stadt-Imker aus sprochen. Denn es gilt, uns alle von der Faserklärt. dem Kölner Imkerverein nutzen solche Flä- zination der Bienen anstacheln zu lassen.


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KÖLN-SZENE

connec t ion Was macht die honigconnection?

Der Kölner Imkerverein von 1882 e.V. klärt seit 2018 kompetent über das Insektensterben auf. Dafür hat er die Umweltbildungsinitiative „HonigConnection“ ins Leben gerufen. Sie möchten drei Dinge erreichen: Licht ins Dunkel des Imkereiwesens bringen, dem lokalen Lebensmittel Honig zu dem Wert verhelfen, der ihm zusteht und darüber aufklären, was jeder einzelne Mensch dazu beitragen kann, damit es den Bienen besser geht. Sie konzentrieren sich dabei nicht ausschließlich auf die Honigbiene. Ihre Verwandten, die Wildbienen, zu denen auch Hummeln, Wespen, Hornissen etc. gehören, sind genauso Thema.

kann man helfen?

en na l o i Reg onig eren H mi su kon

Zur besten Unterstützung der Honigbiene lautet das Stichwort „regional“. Denn dann ist es bienenfreundlich. Ein Weg hierbei ist, die richtigen Pflanzen anzubauen, zum Beispiel: Krokus, Lavendel, Sonnenhut, Sonnenblume, Ringelblume, Kapuzinerkresse, Wandelröschen, Klatschmohn, Glockenblume, Vergissmeinnicht und Küchenkräuter (Salbei, Rosmarin, Pfefferminze, Thymian).

e na l o i Reg mker zen I tüt ers unt

Veranstaltungen der HonigConnection (kostenlos) Bienenhaltung in der Stadt Praxiseinführung für alle, die sich überlegen, selbst mit der Imkerei zu beginnen. Samstag, 21. April 2018, 15 bis 17 Uhr Kreisverband Kölner Gartenfreunde e.V., Siegburger Straße 514, Köln

Vortrag über Bienensterben und Neonicotinoide Vortrag mit Publikumsbeteiligung von Prof. Randolf Menzel. Mittwoch, 16. Mai 2018, 19:30 bis 21:30 Uhr Universität zu Köln, Hauptgebäude, Hörsaal ll, Albertus-Magnuns-Platz, Köln

Hilfe, Bienenstich-Allergie – was tun? Können Menschen, die allergisch auf Bienenstiche reagieren, überhaupt Bienen halten? Dr. Schlüter gibt kompetent Auskunft. Mittwoch, 13. Juni 2018, ab 18:30 Uhr Zum alten Brauhaus, Severinstr. 51, Köln


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LEBEN

UNGESCHLIFFENER DIAMANT ODER VERTROCKNETE ROSINE? Es folgt der verzweifelte Versuch einer Frau, ihr klägliches Dasein in vorsortierte Schubladen zu ­quetschen. Bei der Zusammenfassung ihres Lebens entsteht ein innerer Konflikt.

Ich bin alt! Raus aus der Uni, rein in den Arbeitsmarkt. Ab jetzt heißt es Bewerbungen schreiben. Hoch motiviert scanne ich alle meine Zeugnisse, Arbeitsproben, Praktikumsnachweise und all die anderen unterschriebenen Formulare, die mein in die Länge gezogenes Studium rechtfertigen sollen, ein. Eigentlich bin ich so gut wie fertig. Jetzt nur noch meinen Lebenslauf und das vorgefertigte Anschreiben auf den neuesten Stand bringen und los geht´s. Leider holt mich die Realität beim Durchstöbern meiner verstaubten Festplatte viel zu schnell ein und boxt mir mit einer dicken Faust ins Gesicht.

Meinen Lebenslauf habe ich anscheinend vor Jahrzehnten erstellt. Aus der linken oberen Ecke grinst mich eine verpickelte junge Frau an, die wohl eine Vorliebe für die Verwendung sämtlicher Word-Schriften hat. Spätestens jetzt bekomme ich Existenzängste. Was bringen mir die ganzen Praktika und das ewige Studieren, wenn ich die magische 30 erreicht und keinen blassen Schimmer habe, wie die perfekte Bewerbung heute auszusehen hat? Schließlich ist meine Konkurrenz mindestens fünf Jahre jünger und garantiert top informiert. Da wird mir meine Lebensweisheit wohl auch nicht mehr weiterhelfen.


LEBEN

Lebenslauf

Was bleibt mir anderes übrig als das zu tun, was ich am besten kann: recherchieren und mich anpassen! Ach ja, dabei aber nicht vergessen, immer aus der Masse hervorzustechen und individuell zu sein. Natürlich! Im Internet finde ich ziemlich schnell die neuesten Informationen zu den vorgegebenen Anforderungen, die an einen Bewerber gestellt werden und verfalle in Panik. Wie soll ich mit meinem verkorkstem Leben jemanden beeindrucken und den Voraussetzungen gerecht werden?

Mein adrettes Passfoto interessiert heute niemanden mehr. Fotoshootings sind jetzt angesagt, am besten mit einem Attribut. Etwas, das mich und meine Persönlichkeit widerspiegelt. Aber was ist mein Attribut? Sollte ich mich mit einem Stift in der rechten Hand in einem Wald fotografieren lassen? Na klar, ich schreibe gerne und die Natur kommt doch auch immer gut an. So schön öko und vegan. Wenn es nach meinem wirklichen treuen Begleiter gehen würde, dann müsste ich mich mit einer Becks-Flasche oder einem Handy in der Hand abbilden lassen. Aber das will natürlich keiner sehen. Ist dann vermutlich doch zu authentisch. Bezüglich meiner Adresse bin ich beruhigt, dass es so was wie einen Nachsendeantrag gibt. So oft, wie ich in meinem Leben bereits umgezogen bin, kann ich nicht garantieren, dass meine Adresse in einem Monat noch aktuell ist. Als nächstes sticht mein Geburtsdatum ins Auge. Bei dem überschaubaren Lebenslauf wird man sich an dieser Stelle vermutlich denken, ich hätte mich im Jahrzehnt vertippt. Mein Familienstand hinterlässt garaniert einen tollen Eindruck! Ich habe es tatsächlich geschafft, einen Mann an mich zu binden, kann aber kaum Berufserfahrung vorweisen. Na dann weiß der potenzielle Arbeitgeber doch direkt, wie ich meine Prioritäten setze. Ich war immer sehr stolz darauf, dass ich mich und mein Studium komplett selbst finanzieren konnte. Leider wird mir aber an dieser Stelle bewusst, dass meine 15-jährige Gastronomie-Karriere niemanden hier interessiert. Heute werden nämlich fleißig Praktikastellen wie früher Sportabzeichen gesammelt. Ganz nach dem Motto: Sei ein guter Student, absolviere möglichst viele Praktika und versuche dich über Wasser zu halten – wenn du es nicht kannst, bekommst du auch keinen Job. Wenigstens lief bis zu meinem Abitur noch alles glatt. Keine Lücken in der Schullaufbahn! Doch wie verpacke ich jetzt am besten meinen Uni-Werdegang? Zu lange studiert, zu oft gewechselt, zu wenig durchgezogen! Für alles gibt es immer eine persönliche und logische Erklärung, die ich am liebsten mit einem Sternchen versehen und als Anmerkung erläutern würde. Doch eine Stellungnahme sowie eine individuelle Reflektion sind hier vermutlich fehl am Platz. An dieser Stelle bietet sich die Möglichkeit, alle Kenntnisse und ­Kompetenzen, die man hat oder meint zu haben, auflisten zu können: jede Sprache, die man in seinem Leben einmal in einem Kurs kennengelernt hat, jedes Bildbearbeitungsprogramm, dessen Benutzeroberfläche man schon einmal gesehen hat sowie eine Zusammenfassung der persönlichen Eigenschaften. Zum Schluss werden die ganzen niedergeschriebenen Skills nur noch hübsch in ein Diagramm verpackt und mit süßen kleinen Bildchen versehen. Fertig! TEXT /// ANNA STROH INSTALLATION /// LEA-MARIE LEPPER

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EIN Artishocke-Projekt | Teil 1 Gestaltung: Andi Wahle

365 Tage Musik koelner-philharmonie.de 0221 280 280


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ZWISCHENRAUM

ONLINE AUF DER ANDEREN SEITE


ZWISCHENRAUM

„Wie wird mir – Leichte Wolken heben mich – Der schwere Panzer wird zum Flügelkleide. Hinauf – hinauf – die Erde flieht zurück – Kurz ist der Schmerz, und ewig ist die Freude.“ Friedrich Schiller: Die Jungfrau von Orleans

Auch in Zeiten globaler Vernetzung und ständiger Erreichbarkeit endet das Leben zwangsläufig mit dem Tod. Nichts ist endgültiger, nichts natürlicher. Und doch fällt es schwer zu glauben, dass diese finale Statusänderung – von den Lebenden zu den Toten, von Profil zu Gedenken – einen so brutalen Spalt in unsere Mitte reißt. Digitale Identitäten leben jedoch, konträr zu den analogen, in vielen Fällen noch post mortem weiter. Ob als digitale „Karteileichen“ oder im inszenierten Gedenken: Wer wirklich „loslassen“ will, verheddert sich schnell im World Wide Web. Für die Handhabung des digitalen Nachlasses wird nur selten testamentarisch vorgesorgt. Das gilt sowohl für den Umgang mit lokal gespeicherten Dateien auf vererbten Rechnern oder Speichermedien, als auch für die Verfügung über immaterielle Spuren im Netz, wie Social-Network-Accounts, E-MailPostfächer oder Gaming-Profile. Inzwischen ist es der Regelfall, dass Angehörige sich neben Organisation der Bestattung, Entrümpelung der Wohnung und Verwaltung des Erbes ebenso mit der digitalen Identität des Verstorbenen auseinandersetzen müssen.

R.I.W. – Rest In Web Die gleichzeitige Eröffnung einer OnlineGedenkseite für einen geliebten Angehörigen oder Freund erscheint vielen da nur konsequent und zeitgemäß. Fündig werden Hin-

terbliebene zu dem Zweck bei zahlreichen Dienstleistern allein im deutschsprachigen Raum. Ob auf trauer.de, strassederbesten.de, infrieden.de oder schlicht und ergreifend auf gedenkseiten.de: All diese Portale bieten die Möglichkeit, eine Gedenkseite für Verstorbene einzurichten, ähnlich zum Aufbau eines Social-Media-Profils. Diese kann mit eigenem Material, wie etwa Fotos, Videos, Biographie oder Hintergrundmusik personalisiert werden. Zusatzleistungen einiger Anbieter bestehen in den Optionen virtuelle Kerzen zu entzünden oder den „Psalm der Woche“ verlesen zu lassen. Das ist im Premiumangebot meist enthalten und erfolgt im Standardpaket gegen geringe Gebühr. So kann auf den Online-Friedhöfen, unabhängig vom eigenen Standort und der Uhrzeit, allzeit ein direkter Gruß ans Totenreich gesendet werden. Einen ergänzenden Service dazu bietet grabsicht.de, mit dem vom Rechner aus die örtliche Grabpflege verwaltet werden kann. Wer stirbt, übertritt eine Schwelle, aber wer online bleibt, ist weder ganz Diesseits noch ganz Jenseits.

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ZWISCHENRAUM

An genau dieser Schnittstelle von analoger und digitaler Welt setzt ein weiterer Friedhofstrend an, der in Köln erst seit März 2014 rechtens geworden, in Japan hingegen bereits seit zwei Jahrzehnten gebräuchlich ist: Die Integration von QR-Codes auf Grabsteinen. Die Pixellabyrinthe weisen zwar nicht den Weg ins Paradies, aber stellen beim Scannen mit der Smartphonekamera eine direkte Verbindung zu den Online-Gedenkseiten der Grabbewohner her. Der Kölner Steinmetz Andreas Rosenkranz ist Pionier in der gestalterischen Einbringung von QR-Codes auf Grabsteinen. Er nutzte deutschlandweit erstmalig Naturstein zur Einbringung der Information. Man stellte sich in der Domstadt zunächst seitens der Stadtverwaltung und des Grünflächenamtes quer. Auf den 55 Kölner Friedhöfen solle es weiterhin ruhig und

würdevoll zugehen und nicht wie an einem Touristenhotspot, an dem ein jeder mit gezücktem Smartphone umher rennt. Man befürchte, hinterlegte Musik oder Videodateien könnten die Trauer anderer Friedhofsbesucher stören. Außerdem sei der Schutzraum Friedhof gefährdet, da Inhalte der entsprechenden Seiten leicht veränderbar und somit nicht mehr kontrollierbar seien. Möglich machte den Grabstein 2.0 auf Kölner Friedhöfen erst ein Antrag der FDP und die Festlegung, dass die Hinterbliebenen allein für die Pflege der Website verantwortlich sind.

Unter jedem Grab eine Weltgeschichte Durch die Verwendung zeitgenössischer Medien in der Trauerverarbeitung bestätigt sich einmal mehr das kölsche Grundgesetz: „Et bliev nix wie et wor.“ Die sich hier abzeichnende Individualisierung von Tod und Trauer steht im engen Verhältnis zu den drastisch veränderten Lebensbedingungen und Kommunikationsweisen unserer postmodernen Gesellschaft. Der Friedhof verliert dabei als verbindlicher und verbindender Trauerraum

immer mehr seine soziale Funktion. Stattdessen verlagert sich die Trauerverarbeitung zunehmend in den digitalen Raum. Der QRCode auf Grabsteinen wird hierbei als Transmitter benutzt. Als auslesbares, symbolhaftes Zeichen, das an das Heine-Zitat „Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte vergraben.“ erinnert. Die Möglichkeiten der Verlinkungen sind dabei reichlich. So kann neben den Gedenkseiten auch auf ein digitales Kondolenzbuch, Gedichte oder private Gedanken geleitet werden. Ungewiss bleibt dabei, ob der Verstorbene mit seiner nachträglichen Repräsentation im Netz „seinen Frieden finden“ könnte. Andreas Rosenkranz betont dazu jedoch: „Wer seine Ruhe haben will, bleibt eh offline.“


ZWISCHENRAUM

Andererseits widerspricht die Digitalisierung der Friedhöfe dem ur-kölschen Grundgedanken: „Wat fott es, es fott.“ Wenn die Toten online sind, erweckt dies schnell den Eindruck virtueller Unsterblichkeit. So manch einer stellt sich den Cyberspace schon wie wahr gewordenes Himmelreich vor. Sicher nicht in der Reinheit der Inhalte, aber doch in der Reichweite der Ewigkeit. Wer schon einmal mit einem inzwischen verstorbenen Arbeitskollegen auf dem Business-Netzwerk Xing vernetzt war, wird ihn auch nach dessen Ableben, sofern nicht beim Betreiber als verstorben gemeldet, stets als Vorschlag in der Liste möglicher Bekannter auffinden. Facebook ermöglicht bei einem Todesfall zwei Optionen: Die Beantragung der Löschung oder das Versetzen des Accounts in den Gedenkzustand.

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Bei Twitter gibt es keine Memorial Funktion. währt, da im wieder Verlassen des Friedhofs Daher twittern die Toten nach ihrem Able- auch die aktive Trauer ein Stück hinter sich ben häufig fröhlich weiter. Da drängt sich gelassen werden kann. Auf das lebendige leicht die Illusion auf, Speicherplatz wäre un- Erinnern folgt das stille Gedenken. Für jede begrenzt und es müsse nicht in Minen nach Phase der Trauer gibt es mögliche Zugänge immer neuen Kapazitäten gegraben werden, und im Einarbeiten von QR-Codes auf Grabum Speicherchips und Festplatten herzu- steine steckt vielleicht nur einmal mehr das stellen. Diese werden nämlich (oh Wunder) Bedürfnis, Trauer sichtbar zu machen. Das nicht aus der formlosen Materie des Geistes „Schwarztragen“ der Digital-Natives sozusageneriert, sondern aus Glas und Metall-Le- gen. gierungen. Die scheinbare Grenzenlosigkeit des virtuellen Raums ergibt sich aus der Un- TEXT /// NELE BECKMANN begrenztheit der möglichen Surfrouten. ILLUSTRATIONEN /// TOBIAS HEES

Likes statt Blumen Der große Vorteil der Online-Trauerverarbeitung liegt in der Mobilität, einer distanzlosen Zugänglichkeit. Auch wer gerade auf Teneriffa ausspannt oder geschäftlich in Tokyo zu tun hat, kann so dem Grab der Oma an ihrem Todestag einen Besuch abstatten und spart sich über das Anklicken des Links den Gang zum Friedhof. Andererseits hat sich eine gewisse Ortsgebundenheit bei der Trauerverarbeitung über Jahrhunderte be-


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PORTRAIT

Es gibt Momente, in denen Musik uns so berührt, dass es einfach ‚Klick‘ macht. Eine solche Erfahrung teilen viele Zuhörer, die die Sängerin Birgit Breidenbach erleben. Ein Grund dafür ist einerseits ihr für Frauen seltenes und tiefes Stimmfach Kontra-Alt. Andererseits ist es ihre Ausstrahlung und Authentizität: Die Sängerin lotet in der Musik an erster Stelle jede Emotion für sich selbst aus, ihre eigenen Erfahrungen und Erinnerungen werden zur Blaupause eines interpretierten Werks. Hier weiß Breidenbach sowohl Freude als auch Leid wertzuschätzen, ihre gesangliche Darstellung ist wie Balsam in einer Zeit, in der Emotionalität nicht selten als Launenhaftigkeit abgetan wird. In diesem nie übertriebenen Ausdruck erkennen sich die Zuhörenden wieder. Diese Wechselwirkung ist zentraler Bestandteil im Schaffen der Sängerin. Ein Geben und Nehmen, gegenseitiges Verständnis und sich verbunden fühlen machen für sie das Universelle in der Musik aus. Jeder erlebt hier individuell, wo er sich wiedererkennt.


Wirtschaftlichkeit und Winterreise Besonderes Talent Für Breidenbach sind beispielsweise der Komponist Richard Wagner (1813 bis 1883) und Udo Lindenberg prägende und inspirierende Begleiter auf ihrem künstlerischen Weg, der früh begann. Schon während der Schulzeit war Breidenbach Jungstudentin an der Hochschule für Musik in Köln, es folgten das Vollstudium und ergänzende Studien bei den weltweit anerkannten Wagner-Interpreten Anna Reynolds und Jean Cox in Bayreuth. Nun unterrichtet sie selbst an der Hochschule für Musik in Münster und gibt ihr Wissen an junge Sängerinnen und Sänger weiter. Hierbei geht es für die Dozentin nicht um die reine Technik, sie verfolgt einen allumfassenden Ansatz: Sie gibt den Lernenden nicht nur das Werkzeug für den späteren Beruf mit auf den Weg, sondern lehrt, die Musik und sich selbst zu verstehen, die eigene Person miteinzubringen und ernstzunehmen. Ihr Talent liegt darin, das Besondere jedes Einzelnen früh zu erkennen und zu fördern.

Das Individuelle ist auch im eigenen Schaffen der Sängerin zentral: neben ihrer besonderen Stimmlage lässt sie auch viel Persönliches in Konzertabende einfließen. Sie kuratiert neben Schüler- und Studentenkonzerten eigene Programme, knüpft für sie wichtige Werke thematisch zu einem roten Faden und steht dabei selbst auf der Bühne. Bei einer solch persönlichen, intimen Arbeit, die sich aus dem eigenen Inneren speist, auch das Wirtschaften nicht aus den Augen zu verlieren, ist ein schmaler Grat. Zurzeit finanziert die Sängerin alles durch Konzerte und Verkäufe von Aufnahmen, ohne die Strukturen eines Vertriebs oder Managements. So nahm sie kürzlich die Urfassung von Schuberts Winterreise (1827) in einem Durchgang auf und gab dem ursprünglich für Männerstimme geschriebenen Liederzyklus ihre weibliche, intuitive Note. Auch hier stechen das Unkonventionelle und das Ursprüngliche hervor: Das, was Breidenbach umsetzt, folgt einem inneren, künstlerischen Kompass und sie ist unumstößlich der Auffassung, dass Musik lebenswichtig ist, um unsere Seele gesunden zu lassen.

Die aktuelle Aufnahme von Schuberts Winterreise mit Birgit Breidenbach und Gerda Ziethen-Hantich ist auf allen einschlägigen Plattformen oder direkt auf der Internetseite von Birgit Breidenbach erhältlich. TEXT /// MIRIAM BARZYNSKI FOTOS /// KATO SERGATO WEITERE INFOS /// BIRGIT-BREIDENBACH.COM


Winterkameraden Eine deutsche Gruselgeschichte TEXT /// ANDREAS RICHARTZ ILLUSTRATION /// KIRSTEN PIEPENBRING


PROSA

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Die Welt war ein missbräuchlicher Ort. Vor allem an Tagen wie diesen. Wenn die Dunkelheit einem bereits schwer verletzten Morgen kaum wich und die dumpfen Stunden zwischen Tagesanbruch und frühabendlicher Dämmerung das Gefühl hinterließen, dass es nicht reichte ohne ein ganztägiges Glimmen der Straßenlaternen. Nebel und Nässe verstärkten in diesen Mittwintertagen den Eindruck einer schwarzweißen Welt; ein bleiernes Grau, das am Gipfelpunkt seiner klammen Leuchtkraft in schwere Finsternis stürzte. Die Laternen am Abend umgeben von einem matten und milchigen Lichtkranz, wahrgenommen mit Augen, die wie von Chlorwasser verschleiert einen Halt im Irgendwo suchten. Die Luft erfüllt von Modergeruch, Kälte und Nieselregen. Letzte schwarzfaulende Kastanienschalen, die das zerfledderte Gefieder eines nassen, toten Raben säumten. Tage des Stumpfsinns, der Langeweile und Trostlosigkeit. Keine Erlösung nach ermüdenden, quälenden Schultagen, keine Kraft für Hausaufgaben, nicht einmal ein Gedanke daran. Draußen sein, weil die Eltern beide arbeiten mussten, weil es sonst nicht reichte, weil niemand zuhause wartete. Weil das Jahr jung war. Hoffen, dass man jemanden traf, der auch alleine war, der auch die Zeit vergessen wollte, bis der Abend anbrach. Unterkühlt nachhause schleichen, an den Ort der Prozeduren, die den nächsten Tag vorwegnehmen wollten. Kopien von Einlagerungen stetiger Handlungs-Wiederholung, Prozeduren, denen die Leute das Wort Feierabend schenkten. Vorbereitungen für ein Morgen, unbefragt nach dem Sinn. Nichts davon zu spüren, dass Menschen einander liebten, dass es ein umsorgendes Zuhause gab. Das große Fest, das Jahr für Jahr so beharrlich Einlass begehrte, lag erst wenige Wochen hinter ihnen.

inmal – in dieser erstarrten Welt aus Warterei, einer bescheidenen Hoffnung auf Neuanfang – erblickte Valentin darin seine Mörderfratze. Es war, als er einen etwa drei Jahre jüngeren Spielkumpanen mit beiden Händen unter seinen Brustkorb und dabei den kleinen sehnigen Hals des Jungen immer weiter zudrückte. Es war nur eben eine Langeweile zwischen ihnen entstanden, das war der einzige Grund, an den er sich später erinnerte. Er war nicht wütend oder verärgert. Es fiel ihm nur einfach nichts Besseres ein. Er war so um die 11 oder 12 Jahre alt, sein Spielkamerad nur wenig jünger. Doch das spielte an jenem und allen nachfolgenden Tagen, nachdem er und Alvin für immer ihre Unschuld und ihr Vertrauen zueinander verloren hatten, keine Rolle: Einmal geweckt, kannte die Lust zu töten kein Alter. Und wie sie wuchs, als er bemerkte, dass langsam aber stetig eine angestrengte Bläue in Alvins Gesicht heraufzog. Diese Blaufärbung des Gesichts, die der ewigen Bewusstseins-Nacht glich und von der die Leute redeten, wenn jemand erdrosselt worden war. Er wollte dieses Blau noch dunkler werden sehen und drückte fester zu. Seine Lust und das Gefühl seiner Unsterblichkeit wuchsen. Endlich Berührung, endlich ganz nah. Als Alvins Blick ihn ungläubig flehte, erschien ihm dieser voller Überraschung, als träfe Alvin die Erkenntnis, dass er nun sterben solle wie das Erlebnis einer großen Verwunderung. Vor wenigen Minuten noch hatten sie in Eintracht miteinander gespielt. Dieser dumme kleine Junge, der ihm vertraut hatte, sein Hals, den er nun immer mehr zusammen presste, bis seine schmutzigen Finger sich am Haaransatz des schwitzenden Hinterkopfes fächerartig verschränkten. Er fühlte sich so gut an. Als Alvins Augen sich immer mehr weiteten, als die winzigen Kapillargefäße ihres Weiß sich von den Rändern wie aufbrechende Risse auf einer blutenden Eisfläche vermehrten und die Pupille langsam überspült wurde von Tränenflüssigkeit, fühlten seine Finger eine herrliche Befreiung in der engen Umarmung mit der warmen und geschmeidigen Haut des Freundes. Er widerstand Alvins bittender Sterbens-Verwunderung und wunderte sich seinerseits, wie leicht es war, ihn jetzt zu töten. Jetzt. Wie leicht es alles war. Er drückte und drückte fester zu und Alvin hatte nicht den Hauch einer Möglichkeit. Gleich war es geschafft.

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ann ließ er ihn los. Alvins Hustenanfälle knirschten ihm schroff ins Gehör. Wie dem Jungen der Speichel aus den Tiefen seiner gequetschten Luftröhre und den Bronchien troff. Wie er sich kaum halten konnte. Valentin stützte ihn, beruhigte ihn, half ihm auf die Beine. Er nahm das Taschentuch, das seine Mutter ihm noch am Morgen mit auf den Schulweg gegeben hatte und tupfte Alvin damit dessen verzerrte und verschmierte Mundwinkel ab, den Schweiß von seiner gefluteten Stirn und von seinem heißen Nacken. Er sprach ruhig auf ihn ein, fragte ihn, ob alles in Ordnung sei, streichelte ihn schließlich, weil er bemerkte, dass Alvin sich nicht so schnell würde beruhigen lassen. Nun brach der Jüngere auch noch in ein langes Weinen aus, erschlaffte zitternd in Valentins Armen. Dabei blickte er ihn immer wieder mit verängstigtem und verzweifeltem Ausdruck an; und sah in den Augen seines Peinigers dieselbe Verzweiflung und Angst. Er sprach kein Wort, er schien wie verstummt, sein ratloses Wimmern erfüllte den grauen Morgen im Hinterhof der alten Arbeitersiedlung. Der Nieselregen und sein Wimmern, sie bildeten die einzigen Geräusche in jenem Augenblick. Der süßliche Verwesungsgeruch aus der nahen Zuckerfabrik, den sie beide gerne rochen, stieg ihnen in die Nasen. Valentin schien es plötzlich, als schwiegen die Stare und Krähen und sähen ihn unfreundlich an. Er wurde ungeduldig, er verachtete Alvins Schwäche. Seine ihm übertrieben erscheinende Aufregung beunruhigte ihn und er ärgerte sich darüber, wie sehr es den anderen mitnahm. Seine Lust war längst vergangen, ihr geringer Rest wich jäh der Angst, Alvin könne etwas davon erzählen. Dabei hab ich doch so gut wie nichts getan, sprach es Valentin innerlich vor: „Ich hab doch gar nichts gemacht.“, platzte er laut heraus, mit dem Bemühen um gespielte Empörung in der Stimme. Er hatte seinem Freund doch nur das Leben gerettet, es ihm zurück geschenkt, was gab es da so jämmerlich zu klagen? „Komm Kumpel, ich geb dir nen Big Red aus“, sagte er hektisch lachend, legte den Arm um die Schulter des taumelnden Jungen und zog ihn mit sich in die giftige Dauer dieses unwirklichen Wintertages. Die Welt war ein unwahrscheinlicher Ort. Am Abend, nachdem sie in die leeren Umtriebigkeiten ihrer Lebensmitten zurückgekehrt waren, sprachen beide kein einziges Wort.


ARTISHOCKE E.V.

Gestalten 2018 Vereinsarbeit braucht Unterstützung Wie die meisten unserer Leser wissen, ist das Magazin null22eins ein Vereinsprojekt. Der artishocke e.V. setzt sich nunmehr im siebten Jahr das Ziel, regelmäßig einen Raum für noch unbekannte oder unterrepräsentierte Themen zu bieten. Einen Raum, wo sich jede und jeder mit eigenen Ideen einbringen kann, in dem Zusammenarbeiten und gemeinsames Schaffen die zentralen Ankerpunkte sind. Damit dieses Magazin gedruckt werden kann, braucht es enorme Anstrengungen, die durch die Vereinsmittel allein nicht zu stemmen sind. Daher brauchen wir regelmäßig Anzeigen. Die Philharmonie unterstützt uns bereits seit vier Ausgaben. Nun haben wir diese Kooperation auf einen Sockel gestellt.

Anzeigen made by artishocke In dieser Ausgabe und in den nächsten werdet ihr ganz spezielle Anzeigenmotive für die Philharmonie sehen. Unsere artishocken gestalten ab nun in ihrem ganz eigenen Stil das Erscheinungsbild dieser Werbung. Für diese Kooperation bedanken wir uns ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der Kölner Philharmonie, die diese Form der Zusammenarbeit ermöglicht haben. Den Anfang hat Andi Wahle gemacht. Auf den Seiten 38 und 39 seht ihr seine Interpretation: eine sprudelnde und lebendige Vielfalt im Programm, unter der Oberfläche des Heinrich-Böll-Platzes verborgen, stets im Fluss von Melodien. Eine verzaubernde Kombination aus der Leichtigkeit von Musik und der Lebendigkeit von Elementen. Lasst euch in den nächsten Ausgaben überraschen, welche Interpretationen unsere Artishocken gestalten werden. Und für Interessierte: Schreibt uns an! Wir freuen uns über viele weitere Möglichkeiten, die uns helfen, auf festen Beinen zu stehen.

Die Ausgabe 18 unseres kleinen Magazins geht nun im Frühjahr erneut auf die Reise durch die Stadt. In vielen Cafés, Kiosken, Läden, Kneipen, Hotels und zahlreichen Einrichtungen wie Hochschulen und Museen legen wir null22eins #18 wieder aus. Und auf mehreren Events. Nach wunderschönen Momenten 2017, zum Beispiel auf dem „Tag des Guten Lebens“, auf dem Open Source Festival und schließlich während unseres eigenen artishocke-Festes, stehen auch 2018 wieder tolle Gelegenheiten an. Wir laden bereits jetzt dazu ein!

Nutzt den Raum Nach einem viel zu dunklen Winter und viel zu düsteren Themen in der Gesellschaft wird es Zeit für neues Licht. Die artishocken strahlen, wenn das Magazin aus dem Druck kommt und in den eigenen Händen liegt. Sie sind begeistert, wenn sich andere über ihre Arbeit freuen. Auch wenn manch artishocke-Projekt nicht so schnell vorankommt wie erhofft, so lebt dieses Netzwerk doch Tag für Tag. Daran dürfen viele weitere Menschen teilhaben. Mit einer breiten Vereinsbasis können wir noch viel mehr leisten und weitere Projekte umsetzen. Wir wollen uns beispielsweise im Web noch stärker und aktueller ausbreiten. Mit der Hilfe von vielen ist all das gar nicht so schwer. Online erfahrt ihr, wie ihr uns unterstützen könnt. Und wo und wie wir das eigentlich alles machen. INSTALLATION /// DAKINI BÖHMER, ALESSANDRO DE MATTEIS WEITERE INFOS /// WWW.NULL22EINS-MAGAZIN.DE




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