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Personelle und funktionelle Verteilung

Beamtenheere gross. « Umfassenden Schutz» zu versprechen war eine Anmassung und Übertölpelung der Bürger, weil man ihnen nicht im Voraus die Rechnung präsentierte: die ebenso umfassende Unterwerfung unter Vorschriften, Gesuche und Kontrollen, die Eingliederung in die Massengesellschaft abhängig Angestellter. Nach der Finanzkrise 2008, noch mehr nach den Tausendmilliarden-Paketen der Covid-Krise, schienen diese Umverteilungen aller Art an Vermögenlose wenig zu kosten – die Geldschöpfung der Notenbanken deckte die Defizite.

In unseren Köpfen muss eine Wende stattfinden. Besinnen wir uns zurück auf « gesellschaftliche » Mechanismen, die die Menschen wieder selbstbestimmt und selbstverantwortlich machen, die ihnen die Lebenseinkommen und die Vermögen direkt zuführen, nicht über wohlmeinende Umverteiler mit ihren Katalogen von Anträgen, Berechtigungen, Bedingungen. In diesem Buch sehen wir den Menschen als Täter, als Handelnden, nicht als Opfer. Wir sehen die neuen Netze als Chance, sich darin einzuklinken, ohne den umfassenden Staat als Rahmen. Ebenso rückt das Buch die wild gewordenen Finanzkreisläufe in den Fokus und sucht Lösungen für eine Umverteilung der durch Aktienverschachtelungen, Fonds und Börsenkonstruktionen geballten Vermögen.

Personelle und funktionelle Verteilung Die populärste Sicht auf die Verteilung der Vermögen ist die auf die Verteilung zwischen Personen. Stellt man sich die gesamte Bevölkerung bezüglich Vermögen in einer Reihe aufgestellt vor, dann stehen am Anfang das eine Prozent der Reichsten oder das Promille der Superreichen und am anderen Ende, ja oft schon von der Mitte an jene, die kaum etwas mehr als den Hausrat besitzen. Diese Aufreihung macht keinen Unterschied, ob die Vermögen bar auf Bankkonten liegen, aus Aktien oder Gewerbebetrieben bestehen, im Boden stecken oder in einer Kunstsammlung. Es gilt meist der Steuerwert.

Aber es geht nicht nur um Quantität, sondern auch um Qualität innerhalb der Vermögensanteile. Denn einerseits bilden sie produktives, gewinntragendes Realvermögen, andererseits sind sie eben blosse Nominalwerte wie Sparguthaben und Obligationen. Den « Konsumschutt » lassen wir besser beiseite: Eine Jacht, ein Auto sind kein Sachvermögen – ausser das Auto für einen Taxifahrer und der Privatjet für einen Piloten, der damit Aufträge ausführt. Die Qualität – die Verfügungsrechte sind eben in den Statistiken nicht mitgemeint. Nominalwerte sind nur Guthaben mit festem Zins ohne Gewinn- und Verfügungsrechte. Diesen

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qualitativen Unterschieden trägt die Sicht der funktionellen Verteilung besser Rechnung.

Stellen wir uns die Bevölkerung gemäss ihren wirtschaftlichen Funktionen, ihren Stellungen in zwei Gruppen aufgeteilt vor: die Gruppe der Kapitaleigentümer und die der Unselbstständigen. Den einen fliessen Gewinne aus Gewerbe, Dividenden aus Aktiengesellschaften und Einkünfte aus Zinsen und aus Mieten zu, den anderen die Löhne, für die sie in den Firmen der Kapitaleigentümer arbeiten.

Damit zeigt sich, dass die Vermögensverteilung, wie sie heute besteht, die daraus folgenden Einkommen weitgehend bestimmt. Denn wer aus seinem eher grossen Einkommen in einem Jahr sparen kann, wer reales Vermögen in Firmen, Gewerbe, Aktien oder Liegenschaften bildet, der hat sich für das folgende Jahr in der Vermögensverteilung vorgearbeitet. Der erfolgreiche und sparsame Taxifahrer kauft einen zweiten Wagen, der Bauer eine schnellere Erntemaschine, der Industrielle eine Verpackungsanlage. Die Bezüger abstrakter Einkommen – Aktionäre, Sparkontenbesitzer – investieren weiter damit. Und alle beziehen daraus in den folgenden Jahren wieder mehr Einkommen. Eher linke Theoretiker haben, seit Karl Marx, daraus einen unerbittlichen Trend zur Konzentration von Reichtum und Einkommen gefolgert. Diese « These der Vergeblichkeit» in allem, womit man sich abstrampelt, um gesellschaftlich und finanziell voranzukommen, ist weitverbreitet.

Abhilfe sahen viele im Umsturz der ganzen Eigentumsordnung, in Konfiskationen. Will und kann man die bestehende Vermögensverteilung aber nicht konfiszieren, dann kann man sie für die Zukunft umsteuern. Die Mechanismen dieser Konzentration können umgenutzt werden, um die Vermögen besser zu streuen.

Doch die bloss funktionelle Sicht täuscht. In Wirklichkeit kann eine Person in beiden volkswirtschaftlichen Lagern sein – als Kapitalbesitzer und als Arbeitnehmer. Ein Grossaktionär, der von seiner Firma angestellt ist, zählt in dieser Sicht als Arbeitnehmer, und ein Arbeitnehmer, der viel gespart und angelegt hat und seinerseits Kapitaleinkommen durch Mieten bezieht, steht mit den Aktionären auf der gleichen Seite der funktionellen Verteilung. Ein kümmerlich wirtschaftender Kleinladenbesitzer verdient oft weniger als ein Arbeitnehmer, steht also in der personellen Einkommensreihe hintan, obwohl er in der Gruppe der Gewerbetreibenden und damit statistisch bei den Kapitaleinkommen auf der funktionellen Seite der Einkommensströme steht. Die meisten Wirtschaftsbürger

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