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EINHAUSFÜR DIEKUNST

MitLiebezumDetailhateinimKunst-und AntiquitätenhandeltätigesPaareinealteVilla amLuganerseezuneuemLebenerweckt

Text: KERSTINROSE Fotos: CHRISTIAN SCHAULIN

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Blickfang mit acht grossformatigen Bildern des belgischen Künstlers Guy Vandenbranden. Der Biedermeier-Tisch davor stammt aus dem frühen 19 Jahrhundert.

Viele Jahre liebäugelte Milo Miler mit einer etwas heruntergekommenen Villa in Capolago am südlichen Ende des Luganersees. «Das Haus hat eineunglaublicheGeschichte,warum1830 Keimzelle des Widerstands der Italiener gegen die Österreicher. Hier druckten sie ihre Aufrufe und Pamphlete», erzählt der LiebhaberalterSchriften.Zuletztbewohnten Flüchtlinge das Haus. Dann stand es leer Niemand interessierte sich für die Immobilie, die zwischen der Hauptstrasse und der Eisenbahnlinie Lugano–Chiasso liegt. «Vielleicht war das der Grund, dass sie zu einem Preis zu haben war, für den maninLuganonureineGaragebekommt.»

MiloMilerundseineFrauJuliaKessler sind Kunst- und Antiquitätenhändler und waren auf der Suche nach einer grossen Ausstellungs- und Verkaufsfläche. Als die beidendasHausschliesslichkauften,ahnte Julia Kessler nicht, dass es auch einmal ihr Zuhause sein würde. Denn zunächst einmal standen sie vor der grössten Herausforderung ihres Lebens 80 cm dicke Wände undinsgesamt500m2aufdreiEtagenlagen vorihnen–kaputteBöden,Türen,Decken und Zwischenwände. Eine Grossbaustelle. «Monatelang haben wir nur abgerissen.»

Sanierung als gewaltiger Kraftakt

Im Lauf der letzten Jahrzehnte hatten unterschiedliche Besitzer die Villa immer wieder neu aufgeteilt und viele kleine Räume konstruiert, die das Paar Raum für Raum wieder auflöste. Fünf Jahre lang realisierten sie ohne Hilfe eines Architekten denUmbau,StockwerkfürStockwerk.Wie Archäologen legten sie Mauern frei. Dabei kamen sogar Reste von Fresken zum Vorschein Im Erdgeschoss entdeckten sie Kreuzgewölbe aus der Zeit der Entstehung desHausesum1670undimAnbaueinGewölbe von 1800 «Es war eine Freude und zugleich ein enormer Kraftakt.»

AlssichdieneuenBewohnerendlichbis zumDachgeschossvorgearbeitethattenund das Ende der Renovierungstortour nahen sahen, stellten sie durch Zufall fest, dass die niedrigen Decken nur abgehängt waren –alsofasstensiesicheinHerzundrissenauch diese noch herunter Zum Vorschein kam einjahrhundertealtesGebälk.UndeinLoch im Budget. Schnell warklar,wasJulia Kessler eigentlich vermeiden wollte. «Wir müssen hier auch wohnen, damit sich der ganze

Oben:

Sitzlandschaft von Wohnbedarf aus den 1930er Jahren

Links:

Ausblick auf das südliche Ende des Sees und die Promenade von Capolago

Kleine Skulptur des Zürcher Bildhauers Hans Aeschbacher.

Aufwandrechnet.»Alsobautensiediedritte Etage zu ihrem privaten Bereich aus und vereintensieoptischmittelsweissverputzter Wände und eines grau gefärbten Zementbodens mit den anderen zwei Etagen

Irgendwann war es fertig, das grosszügige Haus. Nun leben sie sozusagen mit denHeldenihrerSammlungunterdemgleichen Dach. Wie etwa mit dem belgischen Architekten und Möbelgestalter Gustave

Serrurier-Bovy (1858–1910). «Wir können hier seine Möbel endlich ausstellen», sagt Miler. Im gesamten Haus finden sich seine mit Messingbeschlägen verzierten Jugendstilmöbel neben ausgesuchten Kunstobjekten. Ausreichend Platz finden auch andere Objekte, die von Interessierten nach Terminabsprache begutachtet werden können. EinigeMaleimJahrladendiebeidenHändler zu thematischen Ausstellungen ein,

Links:

Kunstbesessen: Julia Kessler und Milo Miler.

Rechts: arrangieren Möbel und Kunst zu Interiors, kombinieren unterschiedliche Stilrichtungen und Epochen.

Die Anstrengung lohnte sich: Aus der baufälligen Villa wurde ein Bijou.

EingeradezucharakteristischesEnsemble für den exklusiven Mix bilden im Erdgeschoss die acht bunten Bilder von Guy Vandenbranden aus den 1980er Jahren, ein Biedermeier-Tisch,denJuliaKesslerinihrer Werkstatt überarbeitete, sowie vier Stühle aus den 1940er Jahren, mit grasgrünem

Stoff neu bezogen. Gemeinsam haben diese Werke, dass sie häufig von «zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Künstlern» gefertigt wurden Und gerade die schätzen Julia Kessler und Milo Miler ganz besonders.

Kurze Wege, reiche Geschichte

Stets sind sie auf der Suche nach diesen unterschätzten Meistern. Dabei wählen sie, diebeideausAntiquitätenhändler-Familien stammen, nach persönlichem Gusto aus, nichtnachNamen,ModenoderMarktwert. «EsmussunsinersterLiniegefallen,künstlerisch wertvoll sein und von hoher Qualität», erklärt Miler sein Auswahlverfahren

In Anlehnung an die politische Geschichte des Hauses haben Kessler und Miler die einstige Druckerei «Tipografia Elvetica» zu neuem Leben erweckt. Heute verlegen die beiden besondere Bücher (tipografiahelvetica.ch). Bei der Auswahl der Autoren gehen sie ähnlich vor wie bei den Künstlern: Sie konzentrieren sich auf unterschätze Meister ihres Genres

Inzwischen schätzt Julia Kessler die Vorzüge von Wohnen und Arbeiten unter einemDach.DieWegesindkurz,undalldie schönenDinge,dieihrsovielbedeuten,sind immerumsieherum.Unddannistdanoch die Lage am See. Es sind nur eine paar Schritte bis zur Badestelle. Der Blick ist grandios AndievorbeiratterndenZügeder Strecke Lugano–Chiasso haben sie sich auch gewöhnt. Irgendwie.

Die Ausstellungsräume in der Casa d’Arte Miler können nach Absprache besichtigt werden miler.ch

Wirwollten schonimmer einmal einenbleibenden Eindruck im NZZResidence hinterlassen.

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