Engel & Völkers (D)

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Geld & Geist

Herkunft und Aufstieg:

Die verborgenen

Treiber der sozialen Mobilität

Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich per Bundesverfassung unter anderem der Aufgabe verschrieben, möglichst grosse Chancengleichheit für ihre Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Doch was bedeutet Chancengleichheit eigentlich, und wie lässt sie sich messen? Chancengleichheit meint, dass jeder Mensch das Recht und die Möglichkeit hat, sein Potenzial zu entfalten – unabhängig von den Ausgangsbedingungen. Anders ausgedrückt: Erfolg sollte durch Anstrengung und Talent und nicht nur durch ererbte Ressourcen oder Beziehungen erreicht werden können. Um das Ausmass der Chancengleichheit in einer Gesellschaft zu bestimmen, wird daher die soziale Mobilität gemessen. Sie zeigt, wie stark der familiäre Hintergrund den eigenen Erfolg prägt.

Die meisten Untersuchungen zur sozialen Mobilität konzentrieren sich auf den Zusammenhang zwischen Eltern und Kindern. Ein starker Zusammenhang deutet darauf hin, dass die Gesellschaft wenig durchlässig ist und der eigene Erfolg stark durch das Elternhaus geprägt wird. Ist der Zusammenhang hingegen schwach, gilt die Gesellschaft als durchlässig. Möchte man jedoch den Einfluss der gesamten familiären Umgebung auf den eigenen Erfolg erfassen, lohnt es sich, neben den ElternKind-Beziehungen auch Geschwisteranalysen durchzuführen. Diese erweitern das Verständnis des familiären Einflusses. Geschwister teilen sich nicht nur die Eltern und deren finanzielle Ressourcen, sondern auch die Nachbarschaft, in der sie aufwachsen, die Schule, die sie besuchen, gemeinsame soziale Netzwerke und vieles mehr – kurzum: alle Faktoren, die im weitesten

Sinn als familiäre Einflüsse betrachtet werden können. Wer die Geschwisteranalysen für die Schweiz auswertet und sie mit denen aus anderen Ländern vergleicht, stellt fest: Der familiäre Einfluss ist hierzulande vergleichsweise gering. So erklärt der gesamte familiäre Hintergrund lediglich 15 Prozent der totalen Einkommensunterschiede.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 85 Prozent des eigenen Einkommens auf externe, also ausserhalb der Familie liegende Faktoren zurückzuführen sind. Dazu zählen zum Beispiel die eigenen Fähigkeiten, der eigene Einsatz und auch eine Portion Glück Zum Vergleich: Bei unserem nördlichen Nachbarn Deutschland beträgt der Anteil des familiären Effekts 43 Prozent, in den USA sogar 49 Prozent und selbst in dem als besonders durchlässig geltenden Dänemark 20 Prozent Diese Zahlen deuten auf eine intakte gesellschaftliche Durchlässigkeit in der Schweiz hin. Neben der Bestimmung des familiären Einflusses ist es entscheidend, die Faktoren zu identifizieren, die die gesellschaftliche Durchlässigkeit fördern oder hemmen. Die Forschung hat bereits gezeigt, dass das duale Bildungssystem und die frühkindliche Förderung zu einer Erhöhung der gesellschaftlichen Durchlässigkeit beitragen können. Unklar bleibt jedoch, welche Faktoren für die verbleibenden 15 Prozent des familiären Einflusses verantwortlich sind. Der renommierte amerikanische Ökonom Gary Solon bezeichnete bereits Ende der 1990er Jahre die Ursachen für die Ähnlichkeiten im sozialen Status von Geschwistern als ein «Geheimnis», das es zu entschlüsseln gelte. Gemeinsam mit Jonas Bühler und Christoph Schaltegger habe ich in einer wissenschaftlichen Untersuchung ver-

sucht, diesem Geheimnis für die Schweizer Gesellschaft auf die Spur zu kommen. Konkret haben wir untersucht, welcher Anteil des familiären Einflusses auf das elterliche Einkommen, die Nationalität, den Wohnort oder den Zivilstand der Eltern zurückzuführen ist – also auf jene Faktoren, die als deterministische Treiber betrachtet werden können. Wenn ein Grossteil des familiären Einflusses auf diese Elemente zurückzuführen wäre, würde dies das Bild einer chancengerechten Schweiz trüben. Denn wenn beispielsweise vor allem die Nationalität einer Familie ausschlaggebend für den Erfolg ihrer Mitglieder wäre, würde dies auf eine klare Chancenungleichheit hindeuten Unsere Analyse zeigt jedoch: Diese Faktoren erklären gemeinsam weniger als 10 Prozent des familiären Effekts. Das bedeutet dass mehr als 90 Prozent des familiären Einflusses nicht durch die häufig diskutierten deterministischen Faktoren bestimmt werden. Diese Erkenntnis ist zentral für die Beurteilung der Chancengerechtigkeit in der Schweiz. Der familiäre Einfluss ist nicht nur vergleichsweise gering sondern auch kaum von diskriminierenden Faktoren geprägt. Es scheint also kein einfaches Patentrezept für den Erfolg von Familien zu geben – und das ist mit Blick auf die Chancengleichheit gut so!

Zürcher Immobilienmarkt sucht sich neue Räume

Wohneigentum in derRegion Zürich wird immer knapper undteurer.

Dies führt dazu, dass Kaufinteressentenmit kleinerem Budget zunehmend in die Agglomerationenoderaufs Land ausweichen

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass die Schweizerische Nationalbank(SNB) den Grundbuchämtern im Kanton Zürich wieder mehr Arbeit bescherte. Tatsächlich gabes 2022 und 2023 wenigerImmobilientransaktionen, da dieFinanzierungskosten nach dem jähen Ende der Negativzinsen steil angestiegenwaren. Werrechnete,merkteoft: Mieten wargünstiger als Kaufen. Miteiner ersten LeitzinssenkungimMärz2024, der im Juni, September und Dezemberdreiweitere folgten, sorgte dieSNB aber wieder für mehr Dynamik im Markt.

Erfreulichdabei ist, dass in den Jahren, in denen die oberstenWährungshüterdie geldpolitischen Zügelstrafften,zwarweniger Handänderungen stattfanden, die Immobilienpreise im Kanton Zürich aberrobust blieben und an vielen Orten sogar leicht anzogen. Dies ist umso bemerkenswerter als nebenden gestiegenen Finanzierungs- undUnterhaltskosten auchkonjunkturelle Unsicherheitenund geopolitische Krisen denMarkt belasteten. Es gibt viele Zuzüger in der Stadt Zürich

Fürdiese ausserordentliche Resilienzder Immobilienpreise im bevölkerungsreichsten SchweizerKanton gibt es gute Gründe So lockt die wirtschaftliche Attraktivität der Region Zürich–und insbesondere derStadt Zürich–jährlichrund 15 000Zuzüger an, die meisten davon hochqualifizierte Arbeitskräfte ausdem Ausland. Auch diestabile politische Lage in unserem Landsowie dieausserordentlich hohe Lebensqualitättragenzur massivenNettozuwanderung bei. Da die Erstellungvon bezahlbarenWohnungen mit dem Bevölkerungswachstum nicht Schritt zu halten vermag (insbesondere

Orientierung fürWohneigentum in derRegionZürich PD

nicht an den zentralenLagen, wo einedeutliche Verdichtung beider Umsetzungauf Hürdenstösst), wird im Kanton ZürichWohnraum immerknapperund teurer. EinTrend der dazu führt, dass es nichtnur denoben beschriebenen anhaltendenZuzug vonExpats Schweizern ausanderen Landesteilen und vermögendenAusländern gibt: Es findetauch eine Migrationinnerhalb derRegionZürich statt–und zwar von Innen nach Aussen

Konkret: Da aufgrund dersteigenden ImmobilienpreiseWohneigentuminden begehrten Stadtkreisen undanden Seeufern zusehends einer Vermögenselite vorbehalten bleibt,weichen Kaufinteressenten mit kleinerem Budgetimmer öfteranverhältnismässig

günstigere AdressenamStadtrand, in der Agglomerationoder aufdem Land aus.Wir stellenfest,dass die Nachfrage nachWohneigentum in Gegenden, die in denAugen der oberen Mittelschicht früher wenig attraktiv waren, deutlich zugenommen hat.

Attraktivität derRegion Zürich erfordertFlexibilität

Wiesinddie Aussichten für den Immobilienmarktinder Region Zürich? Die bewährten Standortfaktoren spielen gerade auchindem aktuell unruhigen internationalenUmfeld lokal eine stabilisierendeRolle. Die hohe Lebensqualität,die Zuverlässigkeit derInfrastruktur und Sicherheit bleiben wesentliche Vorteile,die füreine hohe Nachfrage sorgen. Die regionale Bautätigkeit bewegt sich, auchaufgrund begrenzender regulatorischer Rahmenbedingungen, auf einem moderaten Niveau.Wir sehen aber auch attraktiveNeubau-Aktivitäten, die sukzessive aufden Markt kommen. Das aktuelle Niveauder Hypothekarzinsen unterstütztmit demerreichten niedrigen Refinanzierungssatzvon 0,5% seit Dezember2024eine weitere positiveEntwicklung deslokalen Immobilienmarkts,auch wenn dieEinführung des internationalenReformpakets für die Bankenunterdem Titel «Basel III» ab Januar2025 zu erhöhten Kosten führt. Hieraus resultieren höhere Anforderungen an dieHypothekarfinanzierungen. Das erreichte Preisniveau, dieüberschaubare Breite des Angebots und die höheren Tragbarkeitsanforderungen fürHypothekenfordern vonden Kaufinteressierten, gerade mit limitiertem Budget,eine erhöhteFlexibilitäthinsichtlich Lage, Grösse und Ausbaustandard.

Bei allenFragenrundumImmobilienkauf, -verkaufoder Projektentwicklung steht Engel &Völkersmit mehr als60Spezialisten an 13 Standorten im KantonZürich zur Verfügung.

Melanie Häner-Müller leitet den Bereich Sozialpolitik am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern.

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