Starker Start auf dem Weg zu Netto-Null
Die Schweiz ist derzeit auf gutem Weg, ihre Klimaziele zu erreichen. Wie eine jüngst veröffentlichte Studie von UBS aufzeigt, gibt es jedoch noch viel zu tun. Experten haben die Herausforderungen und Chancen des Schweizer Transformationsprozesses analysiert.
Wie die meisten Industrieländer verfolgt die Schweiz ein ambitioniertes Ziel: Sie will ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null senken. Die Aussichten sind vielversprechend. Dank mehrerer Vorteile, die zum einen auf politische Entscheidungen und zum anderen auf geografische Gegebenheiten zurückzuführen sind, befindet sich das Land in einer starken Ausgangslage. So weist die Schweiz die niedrigste Kohlenstoffintensität aller Industriestaaten auf, und die Stromerzeugung im Inland erfolgt – in Kombination mit einem wirksamen CO2Abgabe-Mechanismus – zum grössten Teil kohlenstofffrei, vor allem über die Nutzung von Wasserkraft. Das bisher Erreichte lässt sich an einer Zahl ablesen: Bis 2022 sank der CO 2 -Ausstoss um 24 Prozent gegenüber 1990, dem Vergleichsjahr für die offiziellen Schweizer Emissionsziele, während die Wirtschaft im gleichen Zeitraum auf mehr als das Doppelte gewachsen ist.
Wie die jüngst von UBS veröffentlichte Studie «Downhill climb» konstatiert, ist die Schweiz derzeit auf gutem Weg, ihre Ziele zu erreichen. Gleichzeitig seien aber auch grosse Herausforderungen zu meistern. Der Transformationsprozess eröffnet hierzulande auch neue Chancen, gerade für Unternehmen, die innovative «grüne» Technologien entwickeln und auf den Markt bringen.
Balanceakt für sichere Energieversorgung
Um bei der Dekarbonisierung auf Kurs zu bleiben, ist der Studie zufolge eine stärkere Elektrifizierung erforderlich. Die Rede ist von einer Erhöhung der Stromerzeugungskapazität von heute 27 Gigawatt auf über 60 Gigawatt bis 2050. Diese Kraftanstrengung muss in der Schweiz zu einer Zeit umgesetzt werden, in der 32 Prozent der derzeitigen Erzeugungskapazität durch die Abschaltung der vier verbleibenden Kernreaktoren bis 2034 vom Netz gehen sollen. Um diese Lücke zu schliessen, wäre deshalb ein umfangreicher Ausbau der erneuerbaren Energien erforderlich – vor allem bei der Solarenergie. Zudem müssen die Energiespeicherkapazitäten erhöht werden um die Netzstabilität zu gewährleisten. Die Autoren der Studie halten fest: «Es wird ein schwieriger Balanceakt sein, die Elektrifizierung voranzutreiben und gleichzeitig einen stabilen Strommarkt und ein robustes Stromnetz aufrechtzuerhalten.» Es geht um die Energiesicherheit. Gefragt ist laut Studie der Bau einer grossflächigen neuen Energieinfrastruktur – zur Deckung der wachsenden Nachfrage, aber auch zur Stärkung der Unabhängigkeit von Nachbarländern. Neben der Skalierung bestehender Technologien – etwa zur Gewinnung und Nutzung erneuerbarer Energien – erfordert der Transformationsprozess in der Schweiz auch die Einführung von aufstrebenden neuen Technologien wie Kohlenstoffabscheidung und CO2-Entnahme, kohlenstoffarmer Zement und innovative CO 2 -Filter. Dies eröffnet Unternehmen, die das Potenzial haben, in diesen Bereichen künftig führend zu sein, neue geschäftliche Chancen. «Für Sektoren, die ihre Emissionen nicht vollständig eliminieren können, werden erhebliche Kapazitäten zur Abscheidung und Speicherung von CO2 benötigt, ungefähr im Umfang von einem

Viertel der derzeitigen Schweizer Emissionen», erklärt Michael Baldinger, UBS Chief Sustainability Officer. «Dies ist eine technologische, logistische und finanzielle Herausforderung, die der Schweiz jedoch die Möglichkeit bietet, in neuen grünen Märkten eine Führungsrolle zu übernehmen.»
Private Innovationen und Investitionen werden den Wandel in der Schweiz vorantreiben. Aber wie schnell und in welchem Umfang sie stattfinden, hängt der Studie zufolge von der Unterstützung im politischen Umfeld und von richtig gesetzten Anreizen ab. Für den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft hat der Gesetzgeber eine Reihe von regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen. Einige dieser Richtlinien und Vorschriften werden schon seit Jahren umgesetzt, etwa die im Jahr 2008 eingeführte CO 2Abgabe, andere sind erst in diesem Jahr hinzugekommen. Dazu zählen das Stromgesetz, das CO2-Gesetz sowie das Klima- und Innovationsgesetz. Darüber hinaus beabsichtigt die Schweizer Regierung, sich in bestimmten Schlüsselberei-
chen an bestehende EU-Vorschriften anzupassen, wie zum Beispiel in der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dadurch kann sich die Anzahl der berichtspflichtigen Schweizer Unternehmen künftig von 300 auf 3500 verzehnfachen.
Unterstützung durch die Finanzindustrie
Damit die Schweiz bei der Klimawende weiter vorankommen kann, sind konsequente Investitionen erforderlich. Nach Schätzungen der Schweizerischen Bankiervereinigung werden hierzulande bis 2050 jährlich 13 Milliarden Franken benötigt, um das Netto-NullZiel zu erreichen. Das entspricht etwa zwei Prozent des jährlichen Schweizer BIP. In der Erwartung, dass die benötigten Mittel zum Grossteil aus privaten Quellen kommen, richten sich viele Augen auf die Finanzinstitute.
Tatsächlich verfügt der Finanzsektor über vielfältige Möglichkeiten und Instrumente, um die Schweizer Wirtschaft bei ihrer Transformation zu unterstützen. Dazu gehören das Bereitstellen klas-
Die Rolle der CO2-Entfernung beim Übergang zu Netto-Null in der Schweiz
sischer Bankdarlehen, die Kapitalmarktfinanzierung durch Anleihen und Investitionen in Eigenkapital, Misch-Finanzierungslösungen («Blended Finance») oder öffentlich-private Partnerschaften zur Unterstützung des Markteintritts und des Ausbaus neuer Technologien. Wie die Autoren der Studie hervorheben, haben die Finanzinstitute viele Möglichkeiten, um auch zu beraten, Kontakte zwischen Investoren und bestimmten Projekten herzustellen, Anlagen in die Dekarbonisierung im Rahmen ihres Engagements mit Portfoliounternehmen zu fördern und Innovationen voranzutreiben, nicht zuletzt durch die aktive Ausübung von Aktionärsrechten.
Neue Chancen für Schweizer Unternehmen
Die Schweiz geht von einer beneidenswerten Position aus, um aber ihre Vorteile auszubauen, bedarf es eines konzertierten Handelns aller Beteiligten – von der Politik über die Unternehmen bis hin zu den Verbrauchern und Financiers. Die Elektrifizierung der Wirtschaft bei gleich-
Die negativen Treibhausgasemissionen aus der CO2-Entfernung nach Prognosen der EP 2050+-Strategie

zeitiger Aufrechterhaltung der Energiesicherheit ist eine gewaltige, aber überwindbare Herausforderung.
Die Chancen, die sich aus neuen Märkten wie der CO 2-Entfernung ergeben, bieten Schweizer Unternehmen die Möglichkeit, eine Führungsrolle zu übernehmen – mit potenziellen Vorteilen nicht nur für sie, sondern für die Gesellschaft als Ganzes.
Unterschiedliche Pfade zur Transformation
Alle Branchen sind gefordert, ihren Beitrag zur Transformation in der Schweiz zu leisten. Sie müssen dabei aber ihren jeweils eigenen Weg gehen. Denn die Anforderungen sind meist sehr unterschiedlich gelagert, wie diese Beispiele zeigen:
• Im Gebäudesektor werden die Sanierungsraten weiter niedrig sein, wenn es dafür nicht die nötige Unterstützung gibt und Anreize zur Kostensenkung ausbleiben sollten.
• Beim Leichtverkehr (Motorräder, Personenwagen und Lkw bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen) müssen sich die Verbraucherpräferenzen schneller auf Elektrofahrzeuge und alternative Verkehrsträger verlagern. Benötigt werden dazu geeignete Infrastrukturen.
• In der Industrie müssen die Prozesse elektrifiziert werden. Hier kommt es darauf an, Restemissionen aufzufangen und dauerhaft zu speichern.
Wenn Sie wissen wollen, wie Unternehmen die Transformation angehen, und mehr über die Chancen und Herausforderungen einzelner Branchen erfahren möchten, gehen Sie auf ubs.com/sustainability-ch oder scannen Sie diesen QRCode:
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