Dieter Kränzlein: Skulpturen und Wandarbeiten.

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DIETER KRÄNZLEIN

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DIETER KRĂ„NZLEIN Skulpturen und Wandarbeiten Ausgewählte Werke 1998 - 2008

Mit einem Vorwort von Beate Ermacora und einem Text von Torsten Obrist

April 2008

Detailansicht vgl. Seite 44 3

Titelbild: Detailansicht, vgl. Seite 30f 4


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Vorwort Dr. Beate Ermacora

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Skulpturen und Wandarbeiten Torsten Obrist

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Ausstellungs端bersicht

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Biographie

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Danksagungen und Impressum

Detailansicht vgl. Seite 7 5

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Ohne Titel, 2006 Marmor, 18 x 15 x 62 cm (Sammlung Schoess) 7

Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, 8 x 41 x 37 cm 8


Vorwort Zeit, Bewegung und Prozess spielen im Werk von Dieter Kränzlein eine wichtige Rolle. In einem Katalogstatement spricht er von seinen Erfahrungen beim Arbeitsprozess: »Durch die getroffenen Schutzmaßnahmen gegen Lärm und Staub und das dadurch gedämpfte, monotone Kreischen der Flex beim Setzen der Schnitte wird ein Zustand der Isolation und Konzentration erzeugt, der einem meditativen Versunkensein gleichkommt.« Dieter Kränzlein verwandelt das kompakte Material von Muschelkalk oder Marmor in eine dynamische, vielgestaltige Masse. Einschnitte, Fräsungen, Spaltungen und Schichtungen lassen uns Schweres leicht, und Statisches bewegt empfinden. Seine Fräsungen in hartes Material, das er damit zu einem neuen und anderem Leben erweckt, bestehen aus Linienstrukturen, die unter die Oberflächen blicken

wollen, um dem unbelebten Stein eine Geschichte über seine Entstehung und sein Wesen zu entlocken. Kränzleins Skulpturen sind nicht darauf bedacht, aus dem gewählten Material im Sinne von Bildhauerei Skulpturen oder Plastiken zu formen. Der Künstler lässt das Material sprechen und lässt ungeahnte Nuancen zur Ansicht kommen. Dass Dieter Kränzlein gerade Muschelkalk als Ausgangsmaterial verwendet, in dem sich Zeitschichten abgelagert haben, verweist auf umfassende Kategorien von Zeit und Wachstum, Beschleunigung und Entschleunigung. Dieter Kränzlein dringt in das Innere von Steinen vor, um den Geheimnissen der Natur auf die Spur zu kommen und sie im künstlerischen Prozess nachzuempfinden. Dr. Beate Ermacora Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr

Detailansicht vgl. Seite 43 9

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Ohne Titel, 2004 Rielingshausener Muschelkalk, 40 x 38 x 16 cm 11

Ohne Titel, 2005 Mooser Muschelkalk, 20 x 20 x 20 cm (Sammlung Schoess) 12


»Die Fünf Farben blenden des Menschen Auge; Die Fünf Töne ertauben des Menschen Ohr; Die Fünf Würzen stumpfen des Menschen Geschmack; Jagd, Rennen und Hetze verrücken des Menschen Geist; Seltene Schätze rauben des Menschen Schlaf.« Laotse

Skulpturen und Wandarbeiten A6, nahe Heilbronn. Noch eine halbe Stunde gen Süden entlang einer sanften Hügellandschaft. Meine Ausfahrt: ein Städtchen kurz vor Stuttgart. Hier lebt und arbeitet Dieter Kränzlein, Bildhauer. Ein idyllisches Nest, gerade noch mit einem Supermarkt, und einem Ökoladen. Eine Durchgangsstraße mit vielen Tausend Autos täglich. Ich erinnere mich, dass Kränzlein einmal als demonstrativen Akt des zivilen Ungehorsams diese Straße eigenhändig sperren wollte, um den Asphalt durchzuflexen, als öffentlichkeitswirksames Symbol gegen den Straßenwahn. Und ich erinnere mich an seine beharrliche Konsequenz in der Vorbereitung dieser Aktion und seine schelmische Freude. Da ist es: ein Haus mit Werkstatt, Atelier und Studio. Seine Familie: Die Ehefrau Gabriele, die fast erwachsenen Kinder Patrizia und Sebastian, ein Hund und viel Beschaulichkeit. Ein warmherziger Empfang, der so sehr in Kontrast steht zu der eiligen Fahrt hierhin. Ich freue mich jetzt auf Dieters neue Arbeiten. Dieter Kränzlein ist wahrlich nicht der Prototyp eines Bildhauers, vielleicht auch nicht der eines Künstlers. Seine Statur ist eher filigran, schmächtig, sicher nicht hünenhaft, wie es vielen Bildhauern eigen ist. Sein Charakter strahlt Ruhe aus, Heiterkeit und Gelassenheit, da ist keine Spur von fiebriger Exaltiertheit oder Größenwahn. Kränzlein ist täglich mindestens acht Stunden in seiner Werkstatt, und arbeitet. Harte, disziplinierte Arbeit, staubig und schweißtreibend, wenn die schwere Maschine sich in das Gestein frisst, und Werke von faszinierender Schlichtheit und Schönheit entstehen. In diesen Skulpturen vereinen sich größtmögliche Kontraste und Gegensätze, und

doch strahlen sie eine unüberhörbare Stille aus. Man möchte sie berühren, und wird gleich wieder durch ihren wehrhaften Charakter zurückgehalten. Diese Skulpturen stehen für sich, und verweisen auf nichts außer sich selbst. Von ihnen soll in diesem Katalog nun die Rede sein. Es sind hier Arbeiten aus den letzten zehn Jahren versammelt, die zur Hälfte aus der Bochumer Privatsammlung Waltraud und Peter Schoess stammen, ergänzt um eine Reihe von aktuellen Arbeiten. Damit wird ein umfassender und repräsentativer Überblick über das Schaffen von Dieter Kränzlein gegeben. Es wird sich zeigen, dass eine Betrachtung der Arbeiten unter den Kategorien Hülle und Form sinnvoll ist. Hülle Die hier vorgestellten Arbeiten sind aus Stein, vornehmlich Muschelkalkstein aus den Steinbrüchen in Moos bei Würzburg und Rielingshausen, einige wenige Arbeiten sind aus weißem Marmor. Das vordergründige Element bei der Gestaltung des Steins ist die Struktur, mit der Kränzlein die Arbeiten überzieht. Diese Struktur entsteht aus dem rhythmischen Ansatz der Trennscheibe, die sich in verschiedenen Bearbeitungsmustern in den Stein frisst. Die erste Form dieser Arbeitsweise ist ein Muster, das die gesamte Oberfläche mit kurzen Schnitten, kreuz und quer überzieht, und sie stark aufklüftet, vergleichbar etwa mit mancher Korallenart, oder auch mit einem grobflorigen Teppich (Abbildung Seite 2). Diese textile Assoziation widerspricht aber der Stacheligkeit, die sich bei der ersten Berührung zeigt. Was hier geschieht, ist ein Aufbrechen der Oberfläche, so dass die eigentliche Form nicht mehr in scharfen Konturen gegeben ist, und sich vom umgebenden Raum klar abtrennt, sondern sich mit ihm verschränkt. Es ist die Spannung zwischen Anziehung – das Weiche – und Abwehr – das Stachelige –, die den besonderen Reiz dieser Struktur ausmacht. Im Vorgehen wäre in der Malerei ein Vergleich mit Jackson Pollock zu ziehen, der in seinen »Drippings« die gesamte Leinwand mit unregelmäßigen und zufälligen Farbspritzern überzog, die in der Gesamtheit

Detailansicht vgl. Seite 11 13

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dann aber doch ein regelmäßiges Muster erzeugten. Das »Chaos« im Detail ordnet sich zu einer gleichmäßigen Struktur im Gesamten, auch bei Kränzleins Skulpturen dieser Gruppe. Denn im zeitlichen Verlauf des künstlerischen Prozesses verteilen sich die zufälligen Gesten gleichmäßig über den gesamten Bildträger. In der weiteren Werksentwicklung treten dann andere Strukturmuster hinzu, die jene chaotische Anordnung mehr und mehr gleichrichten. Eine Stele aus dem Jahr 2000 beispielsweise zeigt eine Bearbeitung, die sich streng an der vertikalen Ausrichtung der Skulptur orientiert, und an eine Baumrinde denken lässt (Abbildung Seite 41). In einem nächsten Schritt werden die Schnitte dann horizontal und vertikal auf verschiedenen Tiefenebenen angesetzt, das heißt, dass die Waagerechten sich als tiefe Schnitte durchziehen – wie Zeilen in einem Skript – und dass die Senkrechten die Oberfläche des Steines im belebten Auf und Ab von Furche und Grat strukturieren (Abbildung Seite 30f). Man denkt an eine zeichenhafte Kalligraphie, oder – um in der textilen Anmutung zu bleiben – an Kette und Schuss beim Weben. Eine Sonderform dieser Struktur beinhaltet waagerechte und senkrechte Einschnitte von gleicher Tiefe. Zwischen den Schnitten bleiben Quader von unterschiedlicher Höhe stehen, und aus der Draufsicht ergibt sich ein Bild, dass an die Vogelperspektive auf eine große Metropole erinnert (Abbildung Seite 4, 7 und 11). In einem bis dato letzten Schritt werden alle Grate und erhabenen Teile wieder entfernt, und somit die Oberfläche des Steines bis auf die Furchen wieder geglättet. Diese Umkehrung der Bearbeitung erinnert an Tiefdruckverfahren: Nicht ohne Grund sind bei einigen neuen Arbeiten die zurückbleibenden, tieferen Furchen schwarz gefärbt, was den Eindruck eines Druckstockes noch verstärkt. Insbesondere die Wandarbeiten sind in diesem Zusammenhang zu sehen, und tatsächlich hat Kränzlein auch Monotypien auf Papier von verschiedenen Tafeln hergestellt. Nun gibt es auch einige hauptsächlich schwarze Arbeiten, sowohl Skulpturen als auch Wandreliefs, die

nicht etwa aus einem schwarzen Gestein bestehen, sondern vom Künstler an der gesamten Oberfläche schwarz eingefärbt werden. In seiner rauen und spröden Anmutung wird die Oberfläche dann häufig mit verkohltem Holz verglichen. Und dieser Vergleich ist auch durchaus im Rahmen der angedachten Interpretationen. Mit dem Farbstoff wird das offenporige Gestein geschlossen, und auch die für den Muschelkalkstein typischen bräunlichen Einschlüsse werden abgedeckt. Während diese also bei den ungefärbten Arbeiten eine wichtige Rolle in der Belebung der Oberfläche spielen, gehen sie hier ganz in der monochromen Oberfläche auf. Einzig in den vertieften Einschnitten wird die ursprüngliche und natürliche Färbung des Gesteines wieder freigelegt. Wie in der Natur offenbart sich die Substanz erst unter den Verkrustungen der Hülle. »Steter Tropfen höhlt den Stein« heißt ein Sprichwort, und das gleichmäßig meditative Ansetzen der Trennscheibe wird so zu einem Gleichnis für eine geistige Haltung, die den Menschen und sein Tun als integrale Bestandteile der Naturvorgänge begreift. Die Vergleiche mit Textilien, organischen Strukturen und Schriftsätzen zeigen, dass Kränzlein die Attribute des Gesteines häufig in Frage stellt: Der Stein ist mehr als anorganische Masse, sein Ausdruck und seine Eigenschaften sind veränderlich, unter den Händen des Künstlers stecken in ihm ungeahnte Möglichkeiten.

»Das Feste ist Wurzel des Leichten, Das Ruhende ist Meister des Eiligen.«

Form Um weiter zum Kern der Arbeiten vorzudringen, verbleiben wir bei der Betrachtung der Struktur, die ja nur die Hülle des Steines ist, an dieser Stelle, und untersuchen die eigentliche skulpturale Form. Der weitaus größte Teil der Skulpturen von Dieter Kränzlein ist ungegenständlich. Dass Kränzlein aber ursprünglich aus einer gegenständlich-figurativen Schule stammt, ist noch an einem Kopf aus dem Jahre 2003 (Abbildung Seite 14 und Abbildung A) erkennbar. Kränzlein hatte eine Lehre als Steinbildhauer

Abbildung A: Vgl. Seite 14

Ohne Titel, 2003 Rielingshausener Muschelkalk, 36 x 45 x 8 cm (Sammlung Schoess) 15

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Abbildung D: Ohne Titel, 2001. Mooser Muschelkalk, Farbe, 9teilig, ca. 200 x 200 x 8 cm (Sammlung Paulus)

Abbildung B: Detailansicht vgl. Seite 41

Abbildung C: Ohne Titel, 2001, Mooser Muschelkalk, Farbe, 9teilig, ca. 8 x 200 x 200 cm

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gemacht und nahm danach Privatunterricht bei dem renommierten ungarischen Bildhauer Franz Dàkay. Hier lernte er figürliches Arbeiten, und die Skulpturen aus dieser Frühzeit sind naturalistische Portraits, exzellent in der Ausführung. In dem besagten Kopf ist vielleicht noch eine motivische Reminiszenz zu sehen, in Form und Gestaltung liegt dieser Kopf aber viel näher an den rein abstrakten Arbeiten. Bei diesen beschränkt sich Kränzlein auf einfachste Grundformen: Würfel, Quader, Oval, und verschiedene Kombinationen daraus. Kränzlein gibt sich nicht mit dem amorphen des Gesteines zufrieden, und folgt ihm in seiner Arbeit. Vielmehr drängt er den Stein in abstrakte Formen, die seiner Substanz und seinem Ausdruck – ganz im Sinne der äußeren Struktur - zuwiderlaufen. Die bereits erwähnte Stele, die an einen Baumstumpf erinnert (Abbildung Seite 41 und Abbildung B), ist hierfür ein erstes Beispiel: Es scheint, als sei hier in die Aushöhlung eines ersten Steines ein zweiter quaderförmiger Stein hineinverschränkt worden. Tatsächlich aber ist die Skulptur ganz aus einem Stück herausgearbeitet: Die Gesamtheit ist eine Ganzheit. In dieser Stele können wir den Vorläufer einer Werksgruppe sehen, die eine Sonderstellung im Gesamtwerk von Dieter Kränzlein einnimmt: Es sind die sogenannten Schichtungen (Abbildung Seite 10 und 36 bis 40). Dem Anschein nach sind in dieser Gruppe grob rechteckige Täfelchen in einem prekären Gleichgewicht aufeinandergestapelt, bzw. geschichtet. Natürlich sind aber auch diese Skulpturen aus einem Stück, und der »Beinahe-Unfall« ist nur simuliert. Auch die geometrischeren Würfel und Quader (Abbildung Seite 18 und 19) wirken häufig wie übereinander geschichtete Einzeltafeln oder Bündel von steinernen Rechteckstäben (Abbildung Seite 11 und 12), aber auch hier gilt nicht der Anschein: auch sie sind aus einem einzelnen Block herausgearbeitet. Immer wieder fordert Kränzlein vom Stein das Unmögliche: Er soll sich biegen und dehnen, elastisch und leicht machen. Eine große Werkgruppe beinhaltet deshalb Kissen- und Ovalformen. Das Schmeichelnde

und Einladende des Kissens konterkariert die Sprödheit und Härte des Materiales; Das Oval oder Ei als Ursprung des Lebens und des Wachstums steht der anorganischen Konsistenz des Steines gegenüber; Einige Arbeiten wie beispielsweise das sogenannte »Marmorsegel« wirken gebogen oder gewölbt, ein Charakteristikum, das dem festen oder brüchigen Stein diametral widerspricht (Abbildung Seite 2 und 44). Zu einer umfangreichen Werkgruppe sind neben den Klein- und Großskulpturen in den letzten Jahren die Wandarbeiten angewachsen, die als Reliefs durch ihr geringes Raumgreifen eine Zwitterstellung zwischen Skulptur und Bild einnehmen. Hier werden alle besprochenen strukturalen und formalen Elemente noch einmal durchgespielt. Eine der ersten Wandarbeiten ist eine schwarz gefärbte Tafel (Abbildung Seite 22) die ursprünglich als Horizontalarbeit geplant war. Sie stellt eine stark verkleinerte Form der großen neunteiligen Bodenarbeit dar, die erstmals in Portland, Oregon präsentiert wurde (Abbildung C und D). Die Idee zum vertikalen Wandrelief war also eine Entwicklung aus der Horizontalen, denn auch die neunteilige Arbeit wurde schließlich nur noch als Wandarbeit gezeigt. Um das Fliehende des Volumens zu den Rändern hin vollständig erfassen zu können, war es erforderlich,

den Betrachterstandpunkt in die Mitte der Arbeit zu versetzen, und das ist an der Wand viel eher möglich, als am Boden (sofern man sich nicht mitten in die Arbeit hineinstellen möchte). In dieser, wie auch vielen folgenden Wandarbeiten erfahren die »Kissenbilder« von Gotthard Graubner eine Neuinterpretation, indem zu den Faktoren des Volumens und der Weichheit zu den Rändern hin noch die pure Präsenz der Masse des Steines hinzukommt. Zusammen mit der oft textilen Anmutung in der Struktur ist hier der Kontrast zwischen dem Weichen und dem Harten, dem Leichten und dem Schweren, dem Anziehenden und dem Abwehrenden der größtmögliche. Von der Wandtafel zum Fries ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. – Häufig werden bei Dieter Kränzlein Tafeln zu mehrteiligen Friesen zusammengesetzt. Seit einigen Jahren ist aber ein Projekt entstanden, das alles Bisherige übertrifft. Es ist ein Fries, das aus geschwärzten Tafeln im Format 29 x 67 cm besteht (Abbildung Seite 32f) und das ständig erweitert wird, solange, bis ein noch zu erwählender Kunstraum rundum bestückt werden kann. In einer einzigartigen Ausstellung sollen dann alle Teile des Frieses aus den verschiedenen Sammlungen wieder zusammengeführt werden. Bis dahin wird das Fries wohl etwa 36 Meter lang sein, mit einem Gewicht von mehr als 700 Kilogramm. Synthese Die Skulpturen von Dieter Kränzlein stehen – im wahrsten Sinne des Wortes – im Raum. Sie nehmen ein Raumvolumen ein, und stehen uns als Objekte einer anderen, abstrakten Welt gegenüber. Sie stehen allein für sich, sind präsent als künstlerische Neuschöpfungen. Manchmal sind da entfernte Erinnerungen an Dinge aus der Natur: Das Ei, die Muschel, der Igel, der Kopf. Kränzleins Skulpturen bleiben aber nicht bei der Mimesis, der Nachahmung von Natur stehen. Alle Formen - organische, aber auch eben Kissenformen u.a. – kommen in Betracht, sofern sie in der Lage sind, den Betrachter auf einer vorbewussten, emotionalen Ebene zu berühren. Diese Skulpturen sind geschaffen für die intellektuelle

und emotionale Auseinandersetzung mit dem Rezipienten, sei es in der privaten oder der musealen Ausstellung. Sie werden betrachtet und empfunden. Kränzlein verbindet in seinen Skulpturen wie selbstverständlich die Gegensätze. In der Zwiesprache von Stein und Werkzeug als verlängertem Arm des Künstlers, in einem dialogischen Prozess von Zufall und Notwendigkeit entstehen Werke, die sich von der Natur ihres Materiales freigemacht haben - Eine Objektwelt parallel zur Natur. Kränzlein übersetzt das amorphe Gestein in geformte Objekte, und vollzieht im schöpferischen Prozess die Naturvorgänge nach, als Demiurg und Schöpfer einer Welt, die das Chaos ordnet. In diesem Jahr ist Dieter Kränzlein seit zwanzig Jahren als freischaffender Bildhauer tätig, gut die Hälfte dieser Zeit ist er mit mir und meiner Galerie freundschaftlich verbunden. Ich darf also behaupten, dass ich sein Werk und dessen Entwicklung über die letzten Jahre intensiv begleite. Für mich ist gerade in diesen Jahren eine enorme Entwicklung eingetreten: Von den frühen figürlichen Studien zu den ersten abstrakten Arbeiten aus Stein und Holz (Abbildung E), dann die »Befreiung« des nackten Steins in reduzierte Formen und der Kränzlein eigenen strukturalen Prägung, schließlich wieder die Bekleidung des Steins durch Färbung – All dies zeugt von dem reflektierten Reifeprozess eines souveränen Künstlers. Kränzlein ist nun in der Mitte des Lebens, und man darf sich darauf freuen, dass sich seine ambitionierte Arbeit in der Zukunft noch weiter entwickeln wird.

Abbildung E: Ohne Titel, 1998, Mooser Muschelkalk, Holz, 39 x 19 x 8 cm

Torsten Obrist

Zitate von Laotse, 6. Jhrdt. v. Chr., in der Übersetzung von Lin Yutang, Frankfurt am Main (Fischer) 1986

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Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, 59 x 10 x 10 cm 19

Ohne Titel, 2008 Mooser Muschelkalk, 29 x 12 x 12 cm 20


Ohne Titel, 2007 Mooser Muschelkalk, 35 x 35 x 19 cm 21

Ohne Titel, 2007 Mooser Muschelkalk, Farbe, 24 x 23 x 10 cm 22


Ohne Titel, 2001 Mooser Muschelkalk, Farbe, 55 x 55 x 4 cm (Privatsammlung Essen) 23

Ohne Titel, 2008 Marmor, 50 x 50 x 5 cm 24


Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, 55 x 55 x 5 cm 25

Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, 55 x 55 x 5 cm 26


Ohne Titel, 2008 Mooser Muschelkalk, 5teilig, 85 x 144 x 4 cm 27

Ohne Titel, 2007 Mooser Muschelkalk, Farbe, 27 x 13 x 23 cm 28


Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, 3teilig, 60 x 154 x 4 cm 29

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Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, 3teilig, 30 x 184 x 5 cm (Sammlung Schoess) 31

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Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, endlos fortsetzbar, je Tafel 29 x 67 x 5 cm 33

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Ohne Titel, 2008 Mooser Muschelkalk, Farbe, 85 x 85 x 8 cm 35

Ohne Titel, 2008 Mooser Muschelkalk, Farbe, 85 x 85 x 8 cm 36


Detailansicht vgl. Seite 10 37

Ohne Titel, 2004 Rielingshausener Muschelkalk, 53 x 34 x 17 cm 38


Ohne Titel, 2004 Rielingshausener Muschelkalk, 23 x 21 x 17 cm (Sammlung Schoess) 39

Ohne Titel, 2004 Rielingshausener Muschelkalk, 21 x 13 x 19 cm 40


Ohne Titel, 2005 Rielingshausener Muschelkalk, 50 x 11 x 6 cm (Sammlung Schoess) 41

Ohne Titel, 2000 Mooser Muschelkalk, 180 x 22 x 18 cm (Sammlung Schoess) 42


Ohne Titel, 2006 Mooser Muschelkalk, Farbe, 16 x 28 x 23 cm (Sammlung Schoess) 43

Ohne Titel, 2007 Mooser Muschelkalk, Farbe, 20 x 35 x 35 cm 44


Ohne Titel, 2005 Marmor, 71 x 40 x 10 cm (Sammlung Schoess) 45

Ohne Titel, 2000, Mooser Muschelkalk, Spotlight, Stahlseil, zweiteilige Arbeit, h채ngendes Teil 150 x 34 x 10 cm, liegendes Teil 60 x 17 x 15 cm (Sammlung Schoess, Aufstellung als Dauerleihgabe in der Propsteikirche Bochum) 46


Einzelausstellungen (E) und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl): 2008

2007

2006

2005

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artKarlsruhe (GAM Galerie Obrist (E), Essen; Galerie Roland Aphold, CH) GAM Galerie Obrist (E), Essen Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, CH Galerie Dorn, Stuttgart

2004

artKarlsruhe (Galerie Aphold, Allschwil-Basel, CH) Künstlerhaus, Ulm Diözesanmuseum, Rottenburg/Neckar Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, CH 5. Kleinskulpturenbiennale, Galerie Dorn, Stuttgart

2003

Galerie Monika Beck (E), Homburg/Saar 5. Bildhauersymposium, Marbach/Neckar

artKarlsruhe (GAM Galerie Obrist (E), Essen) Regierungspräsidium, Karlsruhe Foyer Neues Schloss, Stuttgart Galerie Dorn, Stuttgart Liste-Köln (Galerie Aphold, One-Artist-Show) GAM Galerie Obrist, Essen Galerie Monika Beck, Homburg/Saar Kunst Zürich (GAM Galerie Obrist, Essen) Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, CH TIAF International Art Fair Toronto, Kanada (GAM Galerie Obrist, Essen)

2002

Skulpturenweg »EigenArt«, Aidlingen Galerie der Kreissparkasse (E), Böblingen Galerie Dorn, Stuttgart 1. Skulpturenbiennale im Elsaß, Straßburg/Schiltigheim (F) 4. Kleinskulpturenbiennale, Galerie Dorn, Stuttgart

2001

Galerie Dorn (E), Stuttgart Galerie Obrist (E), Essen PNCA, Philip Feldman Gallery (E), Portland, Oregon, USA Kunstzentrum Karlskaserne (E), Ludwigsburg artFrankfurt (Galerie Monika Beck, Homburg/Saar)

artKarlsruhe (GAM Galerie Obrist, Essen) Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen Galerie Dorn, Stuttgart Neckarkunst (Internationales Kunstprojekt des Landkreises Ludwigsburg) Skulpturengarten Sürth, Köln Kunsthalle Kempten Galerie Dorn (E), Stuttgart GAM Galerie Obrist (E), Essen 6. Kleinskulpturenbiennale (Galerie Dorn, Stuttgart) Galerie Roland Aphold (E), Allschwil-Basel, CH Galerie Netuschil, Darmstadt

2000

Installation Kloster Maulbronn Installation Kloster Alpirsbach 3. Kleinskulpturenbiennale, Galerie Dorn, Stuttgart Galerie Obrist, Essen

artKarlsruhe (Galerie Obrist, Essen; Galerie Aphold, Allschwil-Basel, CH) Galerie Obrist (E), Essen Galerie der Künstlergilde Buslat (E), Knittlingen Galerie der Stadt Herrenberg Bildhauersymposium, Karlskaserne Ludwigsburg Kunstprojekt zum Schillerjahr 2005, 2. Skulpturenbiennale im Elsaß, Straßburg/Schiltigheim (F) Galerie der Stadt Herrenberg Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, CH Rathaus Stuttgart

Biographie 1962 1982-85 1985-89 seit 1989

geboren in Stuttgart Ausbildung zum Steinbildhauer Schüler von Franz Dàkay freischaffend

1988-1999 (Auswahl) Kleinskulpturenausstellung Filderstadt Galerie im Müßiggängerhaus, Kempten Galerie im Gartenhaus, Ravensburg Landesgewerbeamt, Karlsruhe Galerie Zaunkönig, Ludwigsburg Landratsamt, Residenzschloß, Stuttgart Kunstverein Böblingen Villa Merkel, Esslingen

In privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten: U.a. Sammlung Gordon Gilkey im Portland Art Museum, Oregon, USA; Landesbank Baden-Württemberg; Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen; Stadt Herrenberg; Stadt Böblingen; Landkreis Böblingen; Landkreis Ludwigsburg; Regierungspräsidium Stuttgart

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Einzelausstellungen von Dieter Kränzlein in 2008: GAM | Galerie Obrist, Essen (www.gam-essen.de) Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, Schweiz (www.galerie-roland-aphold.com) Eine Sonderausgabe dieses Buches in einer Auflage von 40 Exemplaren mit einem signierten und nummerierten Steindruck von Dieter Kränzlein ist über den Herausgeber erhältlich.

Dank an

Peter Schoess Gabriele Kränzlein Bianca Weber Galerie Roland Aphold, Allschwil-Basel, Schweiz Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr galerie m beck, Homburg/Saar Galerie Netuschil, Darmstadt

In Erinnerung an Franz Dàkay

Herausgeber

Text Fotos

Gestaltung Druck und Verlag

GAM | Galerie Obrist Torsten Obrist & Juri Czyborra Kahrstraße 59 45128 Essen Beate Ermacora und Torsten Obrist Andy Scholz Jürgen Knopf (Seite 18-21, 23, 26-27, 32-35, 37) Gabriele Kränzlein (Seite 47) GAM | Galerie Obrist (Seite 16 oben rechts und unten) Andy Scholz DruckVerlag Kettler GmbH Robert-Bosch-Straße 14 59199 Bönen

© für die abgebildeten Werke: Dieter Kränzlein © April 2008. Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany.

Dieter Kränzlein. Skulpturen und Wandarbeiten. Ausgewählte Werke 1998-2008. Beate Ermacora, Torsten Obrist (Autoren). ISBN 978-3-939825-91-3

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