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Johannes Fleischmann: Künstler-Statement
Schon seit frühester Jugend faszinierte mich das Kino Hollywoods, besonders die Musik großer Produktionen hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei mir. Der Reiz bestand u.a. darin, dass sich die Klänge sehr oft vertraut anfühlten. Gerade die Wiener Musik spielte in meiner Kindheit familiär bedingt eine große Rolle, so machte ich mich neugierig auf die Suche der Hintergründe und stieß auf Erich Wolfgang Korngold, der beide Stile in seiner Musik vereinte und entdeckte ihn für mich als einen der faszinierendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, wobei ihm sein Talent auch dazu verhalf die Musiklandschaft Hollywoods nachhaltig zu beeinflussen. Im Jahr 1913 wurde die Violinsonate von Korngold uraufgeführt. Ein eindrucksvolles Werk, in dem sich der damals erst 16-jährige Komponist schon mehrmals selbst zitierte, wie es auf dieser Aufnahme zu hören sein wird. Zu diesem Zeitpunkt war an den rasanten Zusammenbruch der alten Welt, welcher 1914 durch den Beginn des 1. Weltkrieges eingeläutet wurde, und dessen Folgen noch nicht zu denken. Hier beginnt unsere Reise – der „Exodus“.
Als ich im Jahr 2014 die Violinsonate von Korngold in der Villa Aurora in Los Angeles aufführte, war Barbara Zeisl-Schoenberg im Publikum anwesend. Bei einer nachfolgenden Einladung in das Schoenberg-Haus in Los Angeles zu Kaffee, Sachertorte und Vanillekipferl erzählte Barbara von ihrem Vater Erich Zeisl und seiner tragischen Geschichte.
Nachdem Zeisl sich als Komponist in Kalifornien etablieren konnte, begann er auf eine neue innere Stimme zu hören, die seine jüdische Seele mit seiner Musik verband. Eines der spannendsten Resultate stellt „Brandeis-Sonate“ für Violine und Klavier dar, welche die Eindrücke der Flucht aus Österreich, deren Folgen, sowie die daraus resultierenden Gefühle, musikalisch verarbeitet. Nicht nur der Schmerz und das Leid werden in diesem Werk vertont, sondern auch Lebenslust und Mut sowie die Hoffnung an die Zukunft. Im Jahr 2020 feiert diese großartige Sonate das 70. Jubiläum ihrer Uraufführung. Den Bogen zwischen diesen unterschiedlichen Werken, deren Entstehungszeit durch zwei Weltkriege getrennt ist, und den Umstand, dass die beiden aus Wien stammenden Komponisten erst im Exil in Los Angeles die Möglichkeit hatten, eine Freundschaft zu entwickeln, empfand ich als inhaltlich überaus gehaltvoll, sodass ich den Drang verspürte, sie auf einer Aufnahme zu verbinden. Sowohl Korngold als auch Zeisl haben durch ihr Schaffen einen wichtigen Platz in der Geschichte eingenommen, in der sie durch ihr Erbe zur Weiterentwicklung der klassischen-, der jüdischen- und der Filmmusik maßgeblich beitrugen. Es macht mich sehr glücklich, mit dieser Aufnahme die Tradition weitertragen zu können und die Musik so einer weiteren, neuen Generation zugänglich zu machen.