© ÖGB Arhciv (Jahr 1955)
3432 l März 2016 www.oegb.at
ÖGB-Plakat aus dem Jahr 1955 zum Thema Pension.
MANCH UNSINN ist zu hö- sind Vorschläge wie etwa
Arbeitsanreiz schaffen!
Diese Zeit ist voll an herausragenden Ideen. So mancher Unternehmer möchte die Mindestsicherung kürzen, weil der Unterschied zum Lohn, den er seinen AbwäscherInnen bezahlt, so niedrig ist, dass niemand bei ihm arbeiten will. Gleichzeitig will so manche Unternehmerin nur mehr Löhne zahlen (vor allem an AusländerInnen), die deutlich unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn liegen. Aber dann wäre der Unterschied zwischen „Sozialhilfe“ und Dumpinglohn ja erst wieder niedriger, und es bestünde kein Anreiz, einen Job zu suchen. Die Lösung hätten die UnternehmerInnen selbst in der Hand: Zum Beispiel könnten die WirtInnen, die immer jammern, sie fänden kein Personal, ganz einfach höhere Löhne zahlen. Und auf einmal wäre für viele Menschen der Arbeitsanreiz gegeben. Das dürfen GastronomInnen, ganz ohne jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen.
❮ Florian Kräftner
ren: „Das Pensionssystem ist zu teuer“, „Das Pensionsantrittsalter muss angehoben werden“, „Die private Pensionsvorsorge muss gestärkt werden“ … Pensionen sind zurzeit Thema Nummer eins und beherrschen die Medienlandschaft wie fast kein anderes. Kein Wunder: Seit Jahren wird in Österreich am Pensionssystem herumgedoktert, am 29. Februar beim Pensionsgipfel ist es wieder einmal so weit. Eines ist aber klar: Für den ÖGB
eine Pensionsautomatik absolut diskussionsunwürdig. Bei allen Pensionsreformen in der Vergangenheit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits ihren Preis gezahlt. „Nun ist die Wirtschaft an der Reihe, einen Beitrag zu leisten, damit die Menschen länger in Beschäftigung bleiben“, fordert Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB. Mehr Informationen zum Thema gibt es auf den Seiten 2, 3 und 8. ❮
GEWERKSCHAFT: Aktionstag zur Mitgliederwerbekampagne; Entsenderichtlinie. Seiten 4 und 9 FRAUEN-EXTRA: Internationaler Frauentag 2016: Erfolge und Forderungen. Seiten 5 bis 8 SERVICE: Neu aufgelegte Broschüren des ÖGB. Seite 11
DIE LÖSUNG SIND ARBEITSPLÄTZE
Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, will die Unternehmen in die Pflicht nehmen. © ÖGB / Thomas Reimer
Die Menschen leben immer länger – sind Einschnitte bei den Pensionen nötig? Achitz: Alle Pensionsreformen in den vergangenen Jahren haben dazu geführt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer später in Pension gehen und trotzdem weniger Geld bekommen. Damit muss jetzt endlich Schluss sein. Es ist hoch an der Zeit, dass die Unternehmen ihren Beitrag leisten.
Was haben Firmen mit den Pensionen von ArbeiterInnen und Angestellten zu tun? Statt zu versuchen, ältere Beschäftigte möglichst schnell loszuwerden, müssen sie die Menschen länger beschäftigen. Mehr und bessere Arbeitsplätze sind die beste Antwort auf die steigende Lebenserwartung – und nicht Pensionskürzungen. Am Arbeitsmarkt liegen die Lösungen für die künftige
Betriebe, die Schwerarbeit von den Beschäftigten verlangen, sollen zahlen.
Finanzierbarkeit des Pensionssystems. Man kann der Zahl der ArbeitnehmerInnen nicht einfach nur die Zahl der PensionistInnen gegenüberstellen, sondern auch die der Arbeitslosen. Wenn nämlich die Zahl Letzterer sinkt, kann die Zahl der PensionistInnen ruhig steigen, und das System bleibt trotzdem finanzierbar.
BERNHARD ACHITZ, Leitender Sekretär des ÖGB
Was muss konkret passieren? Nachdenken muss man über eine Ausdehnung des Kündigungsschutzes und über einen Schwerarbeitsbeitrag von Betrieben, die ihren Beschäftigten Schwerarbeit abverlangen. Auch das für ab 2018 geplante Bonus-MalusSystem für die Beschäftigung Älterer kann man vorziehen. Über diese konkreten Maßnahmen hinaus muss aber auch die Arbeit gerechter verteilt werden. Wir brauchen also eine Arbeitszeitverkürzung, dann steigt die Beschäftigungsquote.
Wirtschaftstreibende klagen darüber, dass sie ohnehin schon stark belastet werden. Zum Pensionssystem tragen sie offensichtlich zu wenig bei, und zwar nicht nur indirekt, sondern auch direkt. Entsprechend viel müssen die SteuerzahlerInnen zu den Pensionen der UnternehmerInnen zuschießen: Bei pensionierten Gewerbetreibenden liegt der Bundeszuschuss bei 11.150 Euro, bei pensionierten ArbeitnehmerInnen hingegen nur bei 3.740 Euro. Da ist also noch Luft. ❮
1948 1949 1940 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1960 1991 1992 1993 1994 1995 1996
ZEITGESCHICHTE
„SOZIALE SICHERHEIT“ VERSUS „PERSÖNLICHES RISIKO“
Die Frage, wie die Pensionen finanziert werden sollen, gibt es seit Einführung der staatlichen Pensionsversicherung – auch vonseiten der Gewerkschaften. So auch 1959, als die Einbeziehung weiterer Bevölkerungsgruppen und die Angleichung der unter-
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schiedlichen Pensionen geplant waren. Die Gegner stellten nicht nur die Finanzierbarkeit des Systems infrage, sondern wandten sich generell gegen den „Versorgungsstaat“ und forderten ein „marktkonformes Sozialsystem“, das Sozialleistungen an die Wirtschaftsentwicklung koppelt. ❮
„Mit der Verunsicherung der Menschen bei den Pensionen muss endlich Schluss sein“, sagt ÖGBPräsident Erich Foglar. Die Regierung hat ihre Hausaufgaben längst gemacht: Das faktische Pensionsantrittsalter steigt.
DIE REFORMEN WIRKEN Das faktische Pensionsantrittsalter wird weiter steigen. DAFÜR WERDEN EINIGE BEREITS BESCHLOSSENE REFORMEN SORGEN: › Auslaufen der Hackler-Regelung für Frauen (vor 60) bis 2020 › Auslaufen der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer bis 2017 › Längere Wartezeit bei der Korridorpension und vorzeitiger Alterspension (ab 2017 40 Jahre) › Wer die Tätigkeit, die sie/er viele Jahre lang ausgeübt hat, nicht mehr ausüben kann, darf ab 2017 erst mit 60 in Pension gehen (Ansteigen des Antrittsalters für Tätigkeitsschutz) › Hoher finanzieller Anreiz, später in Pension zu gehen (ca. 9 Prozent plus pro Jahr des Aufschubs) › Ausbau der beruflichen und medizinischen Rehabilitation › Wirkung des Bonus-Malus-Systems › Angleichung des Regelpensionsalters für Frauen, die heute 52 oder jünger sind
Nur im öffentlichen System gibt es eine Mindestpension
Privatvorsorge muss man sich erst einmal leisten können
Die Pensionsversicherung finanziert nicht nur die Pensionen. Sie ist auch für Kuren zuständig, die es den ArbeitnehmerInnen ermöglichen, länger gesund zu bleiben und später in Pension zu gehen. Außerdem sorgt die Pensionsversicherung (im Gegensatz zu Firmen- und Privatpensionen) für sozialen Ausgleich: Wer nur eine sehr niedrige Pension bezieht, bekommt eine Ausgleichszulage dazu. Diese wird oft als „Mindestpension“ bezeichnet. (Alleinstehende mit weniger als 882,78 Euro Pension, Ehepaare mit weniger als 1.323,58 Euro.)
Will man auf 1.000 Euro Privatpension im Monat plus Urlaubsund Weihnachtsgeld kommen, und das geschätzte 20 Ruhestandsjahre lang, braucht man etwa 280.000 Euro. Um das zusammenzubekommen, müsste man 45 Arbeitsjahre lang Monat für Monat mehr als 500 Euro weglegen. Dann bleibt immer noch das Risiko eines Anlageverlusts. Da stellt sich die Frage: Wie sollen sich das DurchschnittsverdienerInnen leisten können, neben den täglichen Kosten für Wohnen, Heizen, Essen …?
Mythen und Wahrheiten zum Pensionssystem auf der ÖGB-Website: http://goo.gl/bbEW88 ❮ 3432 l März 2016
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GEMEINSAM STARK ÖGB und BetriebsrätInnen informierten beim österreichweiten Kampagnenauftakt. ANFANG DES JAHRES startete der ÖGB unter dem Motto „Da- meinschaft mehr erreichen kann als die/der Einzelne. „Je mehr
bei sein macht stark“ die größte Mitgliederwerbekampagne in seiner 71-jährigen Geschichte. Zum Auftakt der ersten Aktionswoche in der Zeit vom 25. bis 31. Jänner wurde die österreichische Bevölkerung über die Vorteile der Lohnsteuersenkung, die am 1. Jänner 2016 in Kraft trat, aufgeklärt, gleichzeitig aber auch über die Arbeit und Leistung des ÖGB informiert. Die Steuerreform ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine starke Ge-
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Mitglieder, desto größer sind auch die Chancen, die Interessen und Rechte der ArbeitnehmerInnen in der Zukunft durchzusetzen. Gemeinsam schaffen wir auch ein Plus an Mitgliedern“, sagt Willi Mernyi, Kampagnenleiter des ÖGB. Die besten Argumente, um Mitglieder zu werben, bietet die Broschüre „Neue Mitglieder gewinnen – für engagierte AktivistInnen“ unter: www.betriebsraete.at ❮
FRAUEN EXTRA
INTERNATI O NALER FRAUENTAG 2016
f der u a t s G i en U E N TA er steht für d ng. A R F O N A L E es Datum – hberechtigu ter I T A N hlech Gleic NTER ichtig D E R I Welt ein w Frauen um ng der Gesc lt Realin e u r ganze Kampf de Gleichstell est der W reichen R e e n lange ie vor ist di h noch im in vielen B c d w i n r Nach in Österre Frauen si ohn fü . L : l r i r R e e e H t d h E we eic tzt gen VIEL M de „Gl ht umgese t im Ge t. n H u – C t t O S ä n t c n IR N W wolhteilig g der erste is heute ni 22,4 Proze n c N n i a E e n s F e b AF tb um ste un o sie s order e Arbeit“ is chs Frauen . Die wenig en, M SCH sind, w nführung de F A t e r i S o D d N i g I en ch rti rre er Ei ass nicht GEME ichwe enten Öste chen Kolleg u durchbre ositiie vor Jahren seit d s gedacht, d e e l w g h c i i a l z al erd nn nn itig gsp 100 ke tte dam l Fraue e vorze ehr als 2015 v r als ihre mä serne Dec ten Führun ediglich Obwoh ich in den m dert: Wer hä üben und ein n? Wahrl e l lä ne ts än us wenig n es, die g gut bezah anteil liegt len, ha gs vieles ver viel Druck a rhindern kön sen, dass n n e i f e f ie so ve ta scha uen sind it: Der Frau nd Au Frauen ganisationen antrittsalters nicht nur bew ahlreiche a u r e F e h h n d s or oer nz sac un elte Frauen g des Pension ir haben ab nen, sonder g der Einrauen aus dem v e eine S nt. F n e e g W n n n n . i e e ö u l e u o Proze t, dass „Pf ein Klische ig: Nach w , Anheb sehr wenig verhindern k . Die Einführ r Fehlge9 , 5 i h t e b n ic n if be alt eit“ lau nen scheinl hlechterunge ere Handschr utzes nach ei sicht sind wer g Männerarb rt sich gew n, Soldatin d n c b s h s a n c r U s s u tur nne ng st, ir ungs ption wir Ve agen auch repara rhundert i ge Tischleri gen. ❮ r Kündig ern ohne Ado r Gleichstellu t, t o s t e e g d l , o Erf go g is Jah is zu eni ichte r Pflegeelt ss es b ger We ensber rigen t es sehr w artenpäda komm die Karenz fü t bewusst, da er und steini ch in Zurg b d is au eit vor gi und Kinde burt un e davon. Uns n noch ein w rden wir uns en. r e e tz ig er Pfleg nur ein n und Männ en Erfolgen w Frauen einse in r ue er er ekretä von Fra ärkt mit uns ie Anliegen d frauens s e d n t s u d e GB-B aber g rmüdlich für Guzi, Ö a l e l n e u b t a f ❮ Is kun
R A T N ME
© ÖGB/Stephanie Guberner
KOM
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8. März, Internationaler Frauentag: ein Tag, der daran erinnert, was bereits erreicht wurde und was noch zu tun ist. Im Jahr 1911 wurde erstmals der Frauentag begangen – seitdem hat sich die Situation von Frauen stark verbessert. Durch eine Reihe von Maßnahmen konnten bereits in den 1970erJahren des letzten Jahrhunderts wichtige Erfolge gefeiert werden, wie etwa die Reform des Familienrechts, das Gleichbehandlungsgesetz und die Abschaffung der Frauenlohngruppen in den Kollektivverträgen. Nicht so lange her sind die Einführung der diskriminierungsfreien Stelleninserate mit Gehaltsangaben, die Einkommensberichte und die Anrechnung von Karenzzeiten für Gehaltsvorrückungen und Urlaubsansprüche. „Wir werden nicht stehen bleiben und uns am Erreichten ausruhen. Es gibt noch viel zu tun und wir haben noch viel vor“, erklärt Renate Anderl, ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende.
WIR WOLLEN MEHR ... O AUCH FRAUEN SIND GUTE CHEFS
In der Chefetage sind überwiegend Männer vertreten. Sie werden in jeder Branche viel häufiger befördert als Frauen und somit auch besser bezahlt. Und das, obwohl Frauen bei Bildungsabschlüssen die Männer längst überholt haben. Laut der EU-Kommission sind nur vier Prozent der Vorstände und GeschäftsführerInnen Frauen. Qualifizierte Teilzeit und geteilte Führungsmodelle, um Frauen ein angemessenes Einkommen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, werden von Unternehmen selten praktiziert. „Frauen sind gute Managerinnen und Chefinnen und wir werden uns in Zukunft dafür einsetzen, dass sie die Chance bekommen, das auch zu beweisen“, so Anderl.
O AUS FÜR MÄNNERBERUFE UND FRAUENBERUFE
Welchen Beruf eine Person ausübt, hängt vor allem von ihrem Geschlecht ab. So sind Mechanikerinnen ebenso wie Kindergartenpädagogen seltene Exemplare. Das bedeutet, dass in einigen Branchen und Berufen verstärkt Frauen vertreten sind, in anderen Männer. Die einen schlecht bezahlt, die anderen gut bezahlt. „Die Trennung im Bildungswesen und am Arbeitsmarkt ist ein No-Go. Wir brauchen überall eine soziale Durchmischung– damit auch Berufe keinem Geschlecht mehr zugeschrieben werden“, erklärt Isabella Guzi, ÖGB-Bundesfrauensekretärin. ❮
GLEICHE WIR HABEN ERREICHT ... NACHHOLBEDARF O Lohnsteuerentlastung ab Jänner 2016 HERRSCHT NOCH BEI ... O Einbeziehung freier Dienstnehmerinnen in das Mutterschutzgesetz
O Kündigungs- und Entlassungsschutz nach einer Fehlgeburt
O Anspruch auf Elternteilzeit und Karenz für Pflegeeltern
ohne Adoptionsabsicht und gleichgeschlechtliche Paare
O Informationsrecht für Teilzeitbeschäftigte über im Unternehmen angebotene Vollzeit-Arbeitsplätze
O Verhinderung der geplanten Verkürzung der Elternteilzeit ❮
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O Mit dem neuen Kinderbetreuungsgeldkonto steht allen Frauen dieselbe Summe zur Verfügung, auch wenn sie schnell wieder in den Beruf einsteigen möchten. Beim Papamonat (= Familienzeitbonus) fehlt jedoch der Kündigungsschutz für Väter, der besonders wichtig ist.
O Einkommensberichte sind ein Instrument für mehr Ge-
rechtigkeit in der Berufswelt. Wichtig wären sie auch in Betrieben mit weniger als 150 Beschäftigten. Die ÖGBFrauen fordern auch verpflichtende Gespräche darüber und Sanktionen bei Nichterstellung. ❮
FRAUEN EXTRA
UMDENKEN DRINGEND NOTWENDIG Der Weltfrauentag ist vor über 100 Jahren ins Leben gerufen worden. Warum ist er auch im 21. Jahrhundert so wichtig? Anderl: Auch wenn wir in der Vergangenheit bereits viel erreicht haben, ist der Internationale Frauentag wichtig, um auf frauenspezifische Probleme auf der ganzen Welt hinzuweisen. In vielen Teilen der Welt sind Frauen in Partnerschaften, in der Familie, im Berufsleben und in der Gesellschaft benachteiligt, sie kämpfen täglich um ihre Rechte, um Respekt und nicht selten auch ums Überleben. Solange wir in einer Gesellschaft ohne Geschlechtergerechtigkeit leben, braucht es einen Frauentag, der an diese Ungerechtigkeit erinnert und auf sie aufmerksam macht.
Was muss sich konkret ändern, damit mehr Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt herrscht? Frauen müssen eine echte Chance bekommen, Renate Anderl, in ihrem Beruf ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende weiterzukommen und Familie und Beruf zu vereinbaren. Dazu gehört eine flächendeckende Versorgung durch Kinderbildungseinrichtungen mit Öffnungszeiten, die Frauen eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen. Dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden, ist nicht nur ungerecht, sondern auch nicht länger akzeptabel. Der vergangenes Jahr beschlossene Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt und die Informationspflicht für Teilzeitbeschäftigte über im Unternehmen angebotene Vollzeit-Arbeitsplätze sind wichtige Schritte für mehr Gerechtigkeit. Verbesse-
RECHTE
Was ist das größte Problem, mit dem Frauen zu kämpfen haben? Dass ihre Anliegen als „Frauenprobleme“ abgetan werden – damit muss Schluss sein. Frauenprobleme betreffen uns alle, nicht nur Frauen. Wenn Mann und Frau einer Beschäftigung nachgehen, so muss es endlich selbstverständlich werden, dass sich Mann und Frau auch die Verpflichtungen innerhalb der Familie teilen. Wir wären einen großen Schritt weiter, wenn sich mehr Männer solidarisch zeigen und den jahrzehntelangen Schrei der Frauen nach Gerechtigkeit bei der Entlohnung unterstützen. Vor allem am Arbeitsmarkt haben Frauen mit vielen Nachteilen zu kämpfen: Sie werden in Teilzeitjobs gedrängt, die zu einer geringen Pension und somit zu Altersarmut führen, und verdienen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Frauen sind nach wie vor in Spitzenpositionen – dort wo Entscheidungen getroffen werden – ganz selten anzutreffen, obwohl viele Studien belegen, dass sie gute und starke Managerinnen sind. FRAUEN EXTRA
rungsbedarf besteht noch beim Papamonat: Wir fordern zur Geldleistung während des Papamonats auch einen Kündigungsschutz für Väter, damit sie sich nach der Geburt des Kindes auf die Familie konzentrieren können, ohne Angst vor einem Jobverlust haben zu müssen. Stichwort Kind: Hat ein Mädchen die gleichen Zukunftschancen wie ein Bub? Grundsätzlich ja, aber wie schon erwähnt, haben es Frauen viel schwerer. Das liegt auch daran, dass Kinder bereits sehr früh durch die Gesellschaft geprägt und in bestimmte Rollen gedrängt werden. Der Bub wird ein gut bezahlter Ingenieur und das Mädchen Altenpflegerin. Für eine Veränderung dieser klischeehaften Vorstellung braucht es dringend ein Umdenken der Gesellschaft. Diese Veränderung muss vor allem in jungen Jahren spürbar sein, damit Mädchen und Jungen alle Möglichkeiten offenstehen und ein gleichberechtigter Start in ihr Leben gewährleistet wird. ❮ 3432 l März 2016
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GLEICHSTELLUNG DARF NICHT BEIM PENSIONSANTRITTSALTER BEGINNEN Bessere Löhne und Gehälter machen die Frauenpensionen höher. IMMER WIEDER WIRD GEFORDERT, das gesetzliche Pensi- des Pensionsalters nur bedeuten, dass sie länger arbeitslos sind.
onsantrittsalter der Frauen (derzeit 60 Jahre) an das der Männer (65 Jahre) anzugleichen. Dabei passiert das ab dem Jahr 2024 ohnehin. Es besteht also kein Grund zur Eile. „Es gibt andere Punkte, wo man schleunigst für Gleichstellung sorgen muss, vor allem bei der Bezahlung. Wenn die Frauen endlich so viel verdienen werden wie die Männer, dann steigen dadurch auch ihre Pensionen“, sagt dazu Renate Anderl, ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende.
O DAS FRAUENPENSIONSALTER WIRD
OHNEHIN ANGEGLICHEN
Die Angleichung des Antrittsalters der Frauen an das der Männer beginnt in wenigen Jahren. Ab 2024 wird die reguläre Alterspensionsgrenze in Halbjahresschritten angehoben. Die Angleichung wurde beschlossen, weil man angenommen hatte, dass bis dahin Gleichstellung bei Einkommen und Karriere herrschen würde. Derzeit sind diese Ziele aber noch lange nicht erreicht.
Schon jetzt ist der Prozentsatz der Frauen hoch, die nicht aus dem Arbeitsleben, sondern aus der Arbeitslosigkeit in die Pension wechseln. In Zeiten der Rekordarbeitslosigkeit wäre eine Anhebung des Frauenpensionsalters daher verantwortungslos.
O FRAUENPENSIONEN STEIGEN, WENN DIE
ARBEITSBEDINGUNGEN BESSER WERDEN
Die Hauptgründe dafür, dass die Frauenpensionen deutlich niedriger als jene der Männer sind: Frauen bekommen weniger Lohn/Gehalt, und sie sind oft zu Teilzeitarbeit gezwungen. Weil die Kinderbetreuung bei ihnen hängen bleibt und weil viele Firmen nur Teilzeitjobs anbieten. Gleichstellungspolitik muss also bei den Arbeits- und Lohnbedingungen ansetzen, muss dafür sorgen, dass auch am Land genug ganztägige Kindergartenplätze vorhanden sind … ❮
O FRAUEN GEHEN NICHT VIEL FRÜ-
HER IN PENSION ALS MÄNNER
Auf dem Papier, beim gesetzlichen Antrittsalter, liegen Frauen und Männer um fünf Jahre auseinander. Beim tatsächlichen Antrittsalter ist der Unterschied viel geringer: Frauen gehen mit durchschnittlich 59 Jahren und 2 Monaten in Pension, Männer mit 61 Jahren und 3 Monaten (alle Direktpensionen; Pensionsmonitoring 2015). Außerdem ist es für Frauen nicht verboten, länger als bis 60 zu arbeiten.
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Gemeinsam sind wir stärker und erreichen mehr für alle, nicht nur für Frauen.
O SPÄTER IN PENSI-
ON GEHEN HEISST NICHT LÄNGER ARBEITEN
Arbeitsplätze fehlen, und gerade Ältere werden von vielen Unternehmen bei der erstbesten Gelegenheit auf die Straße gesetzt. Für viele Frauen würde eine Anhebung 8
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FRAUEN EXTRA
LOHNDUMPING ÜBER DIE GRENZE
Damit das Grundprinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ in der Europäischen Union nicht zum toten Recht wird, muss die Entsenderichtlinie verschärft werden.
© ÖGB VERLAG/Paul Sturm
Die Personenfreizügigkeit wird für Lohn- und Sozialdumping missbraucht.
„PROBLEME ENTSTEHEN teren Wettbewerbsvorteil“, den Verkäufer selbst, nicht und Strafen müssten endlich dann, wenn Personenfreizügigkeit als Grundlage für Lohn- und Sozialdumping missbraucht wird. Dem müssen wir rigoros und ohne Ausnahme einen Riegel vorschieben“, sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar: „Das Grundprinzip lautet ‚Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort‘.“ Nach der derzeitig geltenden EU-Entsenderichtlinie müssen ausländische Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte nach Österreich schicken, zwar Löhne bezahlen, die den österreichischen Kollektivverträgen entsprechen. Andere Lohnbestandteile dürfen sie aber im Herkunftsland bezahlen. „Zum Beispiel verlangt die ungarische Sozialversicherung ihre Beiträge nur auf Basis des ungarischen Lohns. Dadurch haben ungarische Unternehmen geringere Personalkosten und einen unlau-
erklärt Oliver Röpke, Leiter des ÖGB-Europabüros. Daher fordert der ÖGB, dass künftig alle Lohnbestandteile nach den Regeln des Landes zu berechnen sind, in dem die Arbeit verrichtet wird. Aus österreichischer Sicht wären besonders Aufwandsentschädigungen wie zum Beispiel Taggelder im Bausektor von Bedeutung. Auch die Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sollte verpflichtend auf Basis der Ansprüche nach der Entsenderichtlinie erfolgen.
BEREICH ERWEITERN
Der Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie sollte auf jeden grenzüberschreitenden Einsatz von ArbeitnehmerInnen erweitert werden. Derzeit sind bestimmte Bereiche, wie etwa die Warenlieferung oder der Einbau beim Kauf durch
erfasst.
SCHARF KONTROLLIEREN
Die EU-Kommission hat schon vor einiger Zeit Änderungen der Richtlinie angekündigt, es gibt aber Widerstand aus einigen Mitgliedstaaten. Neben dem Inhalt der Richtlinie müssten aber auch die Kontrollen verschärft werden –
grenzüberschreitend vollstreckbar sein. ÖGB-Präsident Foglar: „Hier sind alle EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert, an einer gemeinsamen Lösung mitzuarbeiten. Mittlerweile gibt es Regelungen, um Strafmandate bei Verkehrs übertretungen europaweit zu exekutieren, bei Sozialbetrug muss das auch möglich sein.“ ❮
ENTSENDERICHTLINIE Die Entsenderichtlinie enthält Vorschriften für die Anwendung von Bestimmungen im Arbeitsrecht der Mitgliedsstaaten auf ArbeitnehmerInnen, die von einem in einem EU-Mitgliedsstaat ansässigen Arbeitgeber zur Erbringung von Dienstleistungen in ein anderes Land entsandt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass in einem Mitgliedsstaat über einen längeren Zeitraum ArbeitnehmerInnen tätig sind, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem Recht dieses Landes unterworfen sind – die also zum Beispiel weniger verdienen, als die Kollektivverträge dieses Landes vorsehen. ❮ 3432 l März 2016
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ROCK IN VIENNA 2016 3. BIS 5. JUNI 2016
Die Sensation ist perfekt, denn zwei der am meisten gewünschten Bands der Festivalgemeinde geben einen ihrer raren Auftritte auf der Donauinsel – mitten in Wien! Nach dem erfolgreichen Debüt des „Rock in Vienna“ findet das Festival von 3. bis 5. Juni 2016 wieder auf der Wiener Donauinsel statt. Als erste Headliner wurden Rammstein und Iron Maiden bestätigt. Tageskarten minus 10 Euro 2-Tages-Karte minus 15 Euro 3-Tages-Pass minus 20 Euro
© Delinquent Habits @ Donauinselfest 2011, Wien / www.flickr.com/filedump
WIENER DONAUINSEL
Mehr kulturelle Angebote unter: http://kartenstelle.oegb.at Tel.: 01/534 44-39675, 39677, 39679, 39681 – Öffnungszeiten: Mo, Di, Mi: 9 bis 16 Uhr; Do: 9 bis 18 Uhr; Fr: 9 bis 13 Uhr. Adresse: Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien, E-Mail: ticketservice@oegb.at. Bei der Kartenbestellung bitte Ihre Gewerkschaftsmitgliedschaft nachweisen.
BELEGSCHAFTSVERTRETERIN
AM WORT
OLIVIA JANISCH, ÖBB Infrastruktur
Als Personalvertretung haben wir besonders den Generatio-
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nenwechsel im Fokus, denn ab 2018 werden viele erfahrene
Es braucht alter(n)sgerechte Arbeitsplätze, damit ältere KollegInnen gesund und leistungsfähig bleiben können.
OLIVIA JANISCH
Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gehen. Daher müssen schon jetzt die Weichen richtig gestellt werden, damit es auch in Zukunft faire Arbeitsplätze gibt und Wissen erhalten bleibt. Um den Wandel zu meistern, benötigen wir rechtzeitig qualifizierte Nachwuchskräfte. Auch das Rahmenrecht des für die neu eintretenden KollegInnen geltenden „EU-Kollektivvertrags“ muss verbessert werden. Gleichzeitig braucht es alter(n)sgerechte Arbeitsplätze, damit ältere KollegInnen gesund und leistungsfähig bleiben können. Unsere
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Forderung: Echte Perspektiven und (Karriere-)Möglichkeiten für alle ArbeitnehmerInnen! ❮
SEMINAR ARBEITEN MIT BEEINTRÄCHTIGUNG Der erste Teil des Seminars „Behinderung am Arbeitsplatz“ für BetriebsrätInnen und Behindertenvertrauenspersonen findet von 12. bis 14. April 2016 in Linz statt. Es soll den TeilnehmerInnen dabei helfen, sich Grundlagen rund um den Aufbau einer funktionierenden Be hindertenvertretung anzu eignen, Tipps und Tricks aus der Praxis zu erhalten, Netzwerke zu bilden und Kontakte zu wichtigen Anlaufstellen zu knüpfen. Genauere Informationen und Anmeldemöglichkeit gibt es online unter: http://tinyurl.com/ henq9az ❮
IMMER AUF DEM LAUFENDEN
Aktualisierte Broschüren gleich bestellen oder kostenlos downloaden.
BROSCHÜREN UND FOLDER DES ÖGB wurden aktualisiert werden. Die Bestellung ist möglich unter der Telefonnummer
und neu aufgelegt. Damit sind die PersonalvertreterInnen immer topinformiert. Die mehr als 30 Broschüren und Folder können beim ÖGB bestellt und auf der Website heruntergeladen
TIPPS FÜR DIE PRAKTISCHE ARBEIT Wie man eine Betriebsversammlung abhält, richtig argumentiert und welche Kommunikationsinstrumente und Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt – das sind die Themen in „Tipps für die praktische Arbeit“. ❮
RECHTE & PFLICHTEN Welche Befugnisse und Mitbestimmungsrechte hat ein Betriebsrat? Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung? Diese Broschüre informiert ausführlich über die Rechte und Pflichten von BetriebsrätInnen. ❮
AKTIV GEGEN MOBBING AM ARBEITSPLATZ Es wurden sowohl die Broschüre als auch der Folder neu aufgelegt. Beide Produkte informieren ausführlich über die Ursachen und Folgen von Mobbing und was man gegen Mobbing am Arbeitsplatz machen kann. ❮
01/534 44-39100 sowie per E-Mail unter service@oegb.at. Als Download gibt es die Broschüren unter: www.betriebsraete.at – Rubrik „Service“ (Log-in notwendig).
DAS ÖGB-SICHERHEITSPAKET ÖGB-Mitglieder profitieren von einer einzigartigen Form der beruflichen Sicherheit und Vorsorge. Dieser Folder bietet einen Überblick über die genauen Leistungen und Versicherungen des ÖGB. ❮
WAS SIE UNBEDINGT WISSEN SOLLTEN Die Broschüre fasst kurz und bündig die wichtigsten arbeitsrechtlichen und steuerlichen Bestimmungen zusammen. Außerdem sind die Bestimmungen für Eltern sowie Infos zur Arbeitslosenversicherung enthalten. ❮
DIE BEHINDERTENVERTRAUENSPERSON In der Broschüre dreht sich alles rund um die Wahl und die Aufgaben und Pflichten der Behindertenvertrauensperson. Tipps gibt es auch über mögliche Förderungsmaßnahmen durch den Ausgleichstaxfonds sowie andere Förderungsmöglichkeiten. ❮
DIE BETRIEBSRATSWAHL Wie man eine Betriebsratswahl durchführt, welche Fristen und Termine beachtet werden müssen, können BetriebsrätInnen in dieser Broschüre nachlesen. Zudem ist ein Zeitplan zum Herausnehmen enthalten. ❮
ARBEITNEHMERiNNENVERTRETUNG IM AUFSICHTSRAT In der Broschüre werden die Pflichten von ArbeitnehmervertreterInnen erklärt, die in den Aufsichtsrat entsandt sind. Informationen gibt es auch zum speziellen Versicherungsschutz des Gewerkschaftsbundes. ❮
AKTIV FÜR ATYPISCH BESCHÄFTIGTE! Immer mehr Menschen sind in Jobs, die von der herkömmlichen Vollzeitanstellung auf abweichen. Die Broschüre informiert über die rechtlichen Bestimmungen für freie DienstnehmerInnen und Neue Selbstständige. ❮
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INFOGRAFIK BESCHÄFTIGUNGSQUOTE FRAUEN 55 BIS 59 JAHRE
tatsächlich Regierungsprogramm
Quelle: Sozialministerium / Grafik zum Monitoring: Zeitreihe der Echtdaten und Regierungsprogramms-Zielwerte
DIE BESCHÄFTIGUNGSQUOTE von Frauen zwischen 55 und 59 Jahren steigt zwar kontinuierlich (rote Linie), bleibt aber seit dem Jahr 2013 trotzdem deutlich unter dem Wert, den sich die Regierung vorgenommen hat (schwarze Linie). Das bedeutet, dass weniger Frauen in dieser Altersgruppe eine Beschäftigung finden, als erhofft. Diese
Zahlen belegen, wie wichtig eine raschere Umsetzung des Bonus-Malus-Systems wäre, um ältere Menschen in Beschäftigung zu halten. Es wird auch ersichtlich, warum eine vorzeitige Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen lediglich Altersarmut produzieren würde. Von allen Frauen, die in Pension gehen, tun das bereits jetzt fast 30 Prozent aus der Arbeitslosigkeit heraus. ❮
NACHRICHTENDIENST ZVR-Nummer: 576439352
Herausgeber: ÖGB, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Leitung: Alexa Jirez, Christoph Höllriegl Redaktion: Amela Muratović, Florian Kräftner, Katja Dämmrich, Franz Fischill, Friederike Scherr Alle: 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1 Tel.: 01/534 44-39263, Fax: 01/534 44-39916, E-Mail: presse@oegb.at Medieninhaber und Hersteller: Verlag des ÖGB GmbH 1020 Wien, Johann-Böhm-Platz 1
Bildredaktion und Layout: ÖGB Kommunikation Jahres-Abo: € 21,80 (Einzelnummer € 1,05 + Versand) Zu bestellen unter Tel. 01/534 44-39738 Verlags- und Herstellungsort: Wien Adressänderungen: Tel.: 01/534 44-39100, E-Mail: service@oegb.at, Mo bis Do: 8.00–16.30, Fr: 8.00–12.00 Uhr Offenlegung gemäß Mediengesetz, § 25: www.oegb.at/offenlegung