ÖHV-Positionspapier Investitionen durch vorzeitige Abschreibungen

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Positionspapier

STÄRKERE INVESTITIONSIMPULSE FÜR DEN TOURISMUS • Konjunkturbelebungsgesetz nimmt Anreize für Gebäudeinvestitionen aus • Investitionsimpulse durch Investitionsprämie

Aktualisierte Fassung – 15.07.2010

© ÖHV, 1010 Wien

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Der Nächtigungsrückgang in Österreich fiel nach Region und Kategorie unterschiedlich aus. Stadthotels waren früher betroffen als Ferienhotels, mitarbeiterund investitionsintensive Häuser der gehobenen Kategorien stärker als Privatzimmervermieter oder Campingplätze. Noch stärker als der Rückgang bei den Nächtigungen, der sich Experten zufolge durch die zunehmende Arbeitslosigkeit fortsetzen wird, wirkt sich die dadurch in Gang gesetzte Preisspirale aus: Die Kombination aus starkem Bettenwachstum und sinkenden Nächtigungen haben für einen Preisverfall gesorgt. Voraussichtlich keine Gewinne in kommenden Jahren hotels.com zeigt in seinem Hotel Price Index bei Buchungen über hotels.com einen Rückgang von 23 % bei den bezahlten Preisen. STR zufolge ist die average day rate im year to date-Vergleich zwischen Oktober 2008 und Oktober 2009 in Wien um 10,5 % gesunken, in Salzburg um 12,5 %. Die ÖHV geht mit Bewusstseinsbildung in Vorträgen, Newslettern, Fachartikeln und Seminaren gegen diese Preispolitik vor. Ein Ende dieser Entwicklung ist jedoch erst mit dem Ende des Nächtigungsrückgangs zu erwarten. Nicht zuletzt deswegen wir ein großer Teil der österreichischen Hotels in den nächsten Jahren voraussichtlich keine Gewinne schreiben.

Kurzfristige Erfolgsrechnung 4-Sterne und 4-Sterne Superior 2008 Erlöse gesamt WES gesamt DB I Personalaufwand gesamt ohne UL DB II Kommunikation Dienstleistung Provisionen Betriebssteuern Verwaltung Marketing Instandhaltung Energie Diverses Übriger Betriebsaufwand gesamt DB III (GOP) Betriebsergebnis Management /Franchise Fee Miete, Pacht, Leasing Versicherung Abschreibung Sonstiger Betriebsaufwand gesamt DB IV (EBIT) Gewinn/Verlust vor Zinsen und Steuern Finanzerträge - Finanzaufwände DB V (EGT) Gewinn/Verlust vor Steuern

2009

(in %, n=394) Prognose in % in % 100,0 -7,5 100,0 15,9 -3,0 16,7 84,1 83,3 32,8 2,4 36,3 51,4 47,0 0,8 0,0 0,9 2,2 0,2 2,4 0,0 0,0 0,0 2,0 0,0 2,2 2,2 -0,3 2,4 3,8 0,4 4,1 5,8 -15,0 5,3 5,8 -1,1 6,2 5,6 0,0 6,1 28,4 29,5 22,9 17,5 0,0 0,0 0,0 2,2 0,0 2,4 0,3 0,0 0,3 13,0 1,5 14,3 14,0 17,0 9,0 0,6 -9,2 -35,0 -6,5 -0,2

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Konnte das durchschnittliche 4-Sterne- bzw. 4-Sterne-Superior-Hotel 2008 noch ein EBIT von 9 % erzielen, konnte beim EGT nur ein Ergebnis von -0,2 % erzielt werden. Auf Basis der Werte von 2008 und der Annahme einer realistischen Entwicklung der unterschiedlichen Kosten- bzw. Einnahmenparameter ergibt sich für 2009 ein durchschnittliches EBIT von 0,6 %, das EGT dürfte auf -5,9 % sinken. Diese Bilanz des Jahres 2009 wird die Bonität der Betriebe noch länger belasten und damit die Aufnahme von Fremdkapital erschweren. Basis dieser Kalkulation sind die ÖHTBilanzen von 394 Vier-Sterne- und Vier-Sterne-Superior-Betrieben. Hoteliers rücken von Investitionsplänen ab Österreichs Tourismusbetriebe stehen im internationalen Wettbewerb und müssen pro Jahr 2 bis 3 Mrd. Euro in Modernisierung und Qualitätsverbesserung investieren, um insgesamt Gleichstand wahren zu können. 80 % dieser Investitionen werden an Betriebe im Umkreis von 90 km vergeben. Die jährliche Befragung der ÖHV unter Österreichs 3- bis 5-Sterne-Hoteliers zeigt nach 2009 auch für die Sommersaison 2010 weiterhin starke Zurückhaltung bei der Investitionstätigkeit: aktuell geben 37 % des repräsentativen Samples an, geplante Investitionen nicht zu tätigen oder zu verschieben. Dies hat natürlich direkte Auswirkungen auf die Auftragslage in den Gewerbebetrieben. Besonders in Regionen mit einem hohen regionalen BIP-Anteil des Tourismus könnten die Konsequenzen stark spürbar sein. Auftragsrückgang im Gewerbe: Die Gefahr ist nicht gebannt Im zweiten Quartal 2010 bleibt die Einschätzung der Geschäftslage der Gewerbebetriebe laut Daten der KMU Forschung Austria weiterhin angespannt. Von einem sich selbst tragenden Aufschwung ist Österreich noch weit entfernt. Während einzelne Branchen deutliche Auftragssteigerungen verbuchen, zeigen vor allem investitionsabhängige Betriebe immer noch ein deutliches Minus bei ihren Auftragsständen. Veränderung des durchschnittlichen Auftragsbestands der investitionsgüternahen Branchen in Wochen im 2. Quartal 2010 zum Vorjahr2 Dachdecker und Pflasterer Spengler und Kupferschmiede Bau Bauhilfsgewerbe Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker Elektro- und Alarmanlagentechnik sowie Kommunikationselektronik Fleischer Gesamtdurchschnitt Gewerbe und Handwerk

-4,7 % -2,8 % -4,9 % -4,0 % -11,0 % -6,0 % -7,0 % -2,3 %

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Benachteiligung für die Hotellerie abschaffen Die im Rahmen des neuen Konjunkturpaketes II geschaffene vorzeitige Abschreibung für Abnutzung (AfA) gilt nur für körperliche Wirtschaftsgüter. Von der vorzeitigen AfA ausgenommen sind jedoch Aufwendungen für das eigene Gebäude und Mieterinvestitionen für das Mietobjekt. Tatsächlich wird damit faktisch die gesamte Hotellerie von der vorzeitigen AfA ausgenommen und gegenüber anderen Branchen benachteiligt Die Folgeeffekte, nicht zuletzt in Form von gesicherten Arbeitsplätzen, wären gerade in Zeiten der stärksten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten volkswirtschaftlich besonders zu begrüßen. Eine adaptierte Variante der derzeitigen Investitionsförderung für die Hotellerie würde hingegen gewährleisten, dass die Hotellerie im internationalen Standortwettbewerb nicht an Boden verliert und die Lücken in den Auftragsbüchern der Gewerbebetriebe füllen helfen. Steuerrechtliche Ausgangslage Bei Gebäuden sind im § 8 Absatz 1 Einkommensteuergesetz 1988 bestimmte Abschreibungssätze vorgesehen. Dies ist bei einem Hotelgebäude eine Abschreibung auf 33 Jahre bzw. 3 Prozent pro Jahr. Gemäß § 8 Absatz 1 EStG kann durch ein Gutachten auch der Nachweis erbracht werden, dass eine kürzere Nutzungsdauer möglich ist. Das Wahlrecht zur Nachweisführung steht aber immer nur für das gesamte Gebäude zu. Es kann somit derzeit grundsätzlich immer nur eine einheitliche Abschreibung für das gesamte Wirtschaftsgut, somit für das gesamte Gebäude geltend gemacht werden. Es gibt aber unterschiedliche Abschreibungssätze hinsichtlich einzelner Gebäudeteile bei unterschiedlicher, so genannter gemischter Nutzung eines Gebäudes. Die Abschreibung soll grundsätzlich zum einen die Wertminderung die ein Wirtschaftsgut im Betrieb erleidet zum Ausdruck bringen und zum anderen die Ausgaben für Anlagegüter auf ihre Nutzungsdauer aufteilen. Die Abschreibung dient somit der periodengerechten Erfolgsermittlung. Zum Gebäude gehören alle mit dem Gebäude fest verbunden Wirtschaftsgüter. Wann eine feste Verbindung mit dem Gebäude vorliegt wird in den Einkommenssteuerrichtlinien RZ 3169 erläutert. Dort heißt es: Ist ein Wirtschaftsgut mit einem Gebäude derartig verbunden, dass es ohne Verletzung seiner Substanz nicht an einem anderen Ort versetzt werden kann, ist es als Teil des Gebäudes und als unbeweglich anzusehen. Damit teilt es steuerrechtlich das Schicksal der Gesamtanlage. „Ist eine Anlage nach ihrer Bauart (wegen ihrer geringen, jederzeit leicht aufhebbaren Verbindung mit dem Gebäude) nach der Verkehrsauffassung aber als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen, ist sie in der Regel als beweglich zu behandeln.“ Gilt eine Anlage als Teil eines Gebäudes, ist die Absetzung für Abnutzung nach dem Nutzungsdauer des Gebäudes zu bemessen. Werden als Teil des Gebäudes N:\Windows\HOF_Verein\Lobbyingthemen\Investitionen\PositionspapierVorzeitigeAbschreibung15072010.doc 15072010/mg

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anzusehende Anlagen später in das Gebäude eingebaut, erhöht sich der Restbuchwert um die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Anlage. Dieser erhöhte Restbuchwert ist dann auf die Restnutzungsdauer abzuschreiben. Durch einen aktivierungspflichtigen nachträglichen Herstellungsaufwand kann sich auch die Restnutzungsdauer eines Gebäudes verlängern. Wird eine bestehende Anlage jedoch lediglich erneuert bzw. durch eine modernere ersetzt, bilden die dafür aufgewendeten Kosten als Erhaltungsaufwand im Jahre ihrer entstehenden Betriebsausgaben (vergleiche Einkommenssteuerrichtlinien RZ 3172). In der Praxis besteht in der Abgrenzung aber hohe Rechtsunsicherheit. Diese Bewertungsrichtlinien gelten grundsätzlich für alle Gebäude egal welcher Branche. Während allerdings bei anderen Branchen wie Industrieunternehmen oder Handelsbetriebe und der gleichen das Gebäude nur eines der Betriebsmittel ist, stellt das Gebäude bei einem Hotelbetrieb den Mittelpunkt aller Investitionen dar und beinhaltet meistens auch 80 bis 90 Prozent des gesamten Vermögens. In der Hotellerie bringen die oben angeführten Regelungen somit wirtschaftliche Probleme mit sich. Um im Tourismus konkurrenzfähig zu bleiben, muss laufend der Standard verbessert und das Angebot erweitert werden. Investitionen in Sauna und Wellnessanlagen, Komfortverbesserungen, Ausbau im Bereich der sanitären Anlagen, Anschaffung von Klimaanlagen/Lüftungsanlagen etc. sind durchzuführen. Alle diese Beispiele fallen steuerrechtlich unter dem Begriff Gebäude und sind daher nach oben angeführten Regeln zu behandeln. Hier ist ein Auseinanderklaffen zwischen der wirtschaftlichen und der steuerlich gesetzlich vorgesehenen Nutzungsdauer von 33 Jahren offensichtlich. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Kapitalgeber insbesondere die Banken nicht bereit sind Kredite länger als für die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu gewähren. Da die wirtschaftliche Nutzungsdauer dieser Anlagen max. 15 Jahre beträgt, ist auch nur eine Finanzierung über 15 Jahre möglich. Dies bewirkt bei einer Abschreibungsdauer von 33 Jahren und einer Rückzahlungsverpflichtung innerhalb von 15 Jahren eine erheblich Besteuerung von Scheingewinnen die es den Hoteliers teilweise unmöglich macht die entsprechenden Tilgungen der Kredite zu finanzieren. Unser Vorschlag Wir schlagen vor, dass für Herstellungsaufwendungen für Gebäudeteile die eine eigenständige Funktion aufweisen und die einer schnellen Abnutzung unterliegen ein eigener Abschreibungssatz von 6,67 % bzw. 15 Jahre festgelegt wird. Die Tourismusstrategie des BMWFJ sieht ebenfalls die Annäherung der AfA an die wirtschaftliche Lebensdauer bei Wellness und Freizeitinfrastruktur (15 Jahre statt 33 Jahre) als Maßnahme vor. Alle anderen Gebäudeteile werden zum Satz gemäß § 8 Abs. 1 abgeschrieben, derzeit 33 Jahre. Eine Nutzungsdauer von 15 Jahren ist richtig für: • Bäder bzw. sanitäre Anlagen: N:\Windows\HOF_Verein\Lobbyingthemen\Investitionen\PositionspapierVorzeitigeAbschreibung15072010.doc 15072010/mg

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Waschtische, Badewannen, Toiletten, Beleuchtungsanlagen, Türschnallen und ähnliche Gegenstände einschließlich Fliesen und Böden in solchen Anlagen und inkl. der technischen Anschlüsse • Eingebaute Wellnessanlagen und Saunaanlagen: Alle Teile inkl. der technischen Anschlüsse und der Fliesen bzw. Böden • Belüftungs-, Entlüftungs- und Klimaanlagen: Alle Teile inkl. der technischen Anschlüsse • Sonstige Gebäudeteile, die nachweislich einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren unterliegen Alternativ könnte man bei Verlustbetrieben eine Prämie für Investitionen in diese Bereiche einführen, diese wäre zwischen 6 und 8 % der Investition (Barwertberechnungen zeigen, dass der Steuereffekt mit 4 % Abzinsung und Bankzinser unterstellt ca. 8,2 % der Investition ausmachen). Als die Vorteile der richtigen Abschreibung können festgehalten werden: • Durch die Verteilung der Investitionskosten auf die tatsächliche wirtschaftliche Nutzungsdauer wird im Jahr der Investition das Ergebnis mit dem tatsächlichen Aufwand belastet und ein periodengerechter Gewinn ausgewiesen und versteuert. • Die Versteuerung von Schweingewinnen durch zu lange Nutzungsdauern wird vermieden. • Durch die Anpassung der steuerlichen Nutzungsdauer auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer kann die Abschreibung besser in der Preiskalkulation berücksichtigt werden. Die Finanzierungsfunktion der Abschreibung kommt besser zum Tragen. • Die Optimierung von vorhandenen Gegebenheiten durch innovative Investitionen ist möglich. Dies führt nicht nur zu Wettbewerbsvorteilen, sondern hat auch gesamtwirtschaftliche Vorteile. • Das Eigenkapital wird richtig ausgewiesen und die Bilanz zeigt dadurch ein wahrheitsgetreues Bild der Vermögens- und Ertragslage.

Quellennachweis Mag. Stefan Rohrmoser, Prodinger & Partner, Zell am See 1: Quelle: WEBMARK Hotellerie, Bilanzdaten 2008 (Durchschnittswert), Stand März 2010 WEBMARK Hotellerie wird von MANOVA in Kooperation mit dem Fachverband der Hotellerie der Wirtschaftskammer, dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie mit der Österreichischen Tourismusbank angeboten. Zudem unterstützt die Österreichische Hoteliervereinung das Projekt tatkräftig. Bei den Werten für 2008 handelt es sich um Durchschnittswerte aus 394 IST-Bilanzen der 4-Sterne und 4-Sterne SuperiorKategorie in Österreich. Die Prognosewerte für die einzelnen Positionen der Kurzfristigen Erfolgsrechnung (KER) beziehen sich bei den Erlösen auf Berechnungen des WIFO, bei den Aufwendungen (WES, Personalaufwand, Energie etc.) wurden diese in Abstimmung mit den Wirtschaftstreuhändern von Prodinger & Partner berechnet. Für das Jahr 2009 ergibt sich gemäß dieser Berechnung ein Verlust vor Steuern von 5,9% der Erlöse. Es wird deutlich, dass die Erlöseinbußen nicht durch Kosteneinsparungen abgefedert werden können. 2: Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Konjunkturdatenbank

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