Die wohltemperierte Gitarre

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VonChristianStoll

Die wohltemperierte Ciitarre In dieser Kolumne haben wir mehrfach über verschiedene Systeme berichtet, mit deren Entwicklung findige Zeitgenossen versuchen, die Unzulänglichkeiten unseres zwölftönigen Musiksystems für sensible Ohren auf ein erträgliches Maß zu bringen.

Quintenzirkels dahingehend ab, dass sie nur ein einziges reines Intervall zulässt: Die Oktave. Die

ine weitere Entwicklung in diese Richtung wurde auf der Sanden VRBTTSteelstring eingearbeitet: DasTrue Temperament Griffbrettsystem. Einen Test dieses Instrumentes aus Sicht des Gitarristen ist in dieser Ausgabe zu lesen.

E

dazwischen liegenden Töne und Intervalle werden nach dem System der gleichschwebend temperierten Stimmung ausgemittelt. Das bedeutet, vereinfacht gesagt, dass die vorher angesprochene Unstimmigkeit von 22 cent gleichmäßig auf die 12 Quinten verteilt wird. Jede einzelne Quint wird um 22/12 cent verringert. Danach stimmt dann die Oktave, aber alle anderen Intervalle sind in einem geringen Maße unrein. Diese Unreinheit

Quintenzirkel Um zu erkennen, warum solche IntonationsMaßnahmen nötig sind, muss man über gewisse theoretische Grundlagen verfügen: Die mathematisch korrekte Stimmung entsteht durch das Übereinanderschichten von zwölf reinen Quinten. Dieses System ermittelt die zwölf Halbtöne der chromatischen Stimmung und wird Quintenzirkel genannt. Rein rechnerisch müsste der letzte dabei ent-

ist so gering, dass man sie in der Regel nicht hört. Beim Klavier, wo jeweils drei Saiten für einen Ton angeschlagen werden, kann der Stimmer diese Unreinheit noch mehr "verwischen", indem er die drei Saiten nicht genau unisono, sondern mit einer minimalen Abweichung voneinander stimmt.

Bauteile ...

N

5

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Sanden VRB-TT Modell

Bei der Gitarre ist alles anders Hier haben wir es mit verschie-

stehende Ton genau sieben Oktaven höher sein als der Ausgangston. Da aber jede einzelne Quinte um ungefähr 1,8 cent zu groß ist, ist der Endton eben nicht sieben Oktaven, sondern sieben Oktaven und 22 cent höher

denen Faktoren zu tun, die die ganze Sache komplizieren. Da sind zum einen sechs einzelne Saiten, die verschiedene Dehnungseigenschaften haben, zum anderen ist da ein Griffbrett, in das - auf Basis der temperierten

als der Ursprungston. Zum Verständnis dieser Abweichung sei gesagt, dass die Oktave in 1200 cent unterteilt wird, das sind 100

Stimmung - parallel zueinandereine Anzahl

cent für jeden Halbtonschritt. Der letzte Ton der Reihe liegt also fast um ein Viertel eines Halbtonschrittes daneben. Solange man nur Einzeltöne spielt, kann man mit dieser Abweichung leben. Sobald aber Harmonien wichtig werden, können die Dissonanzen, die durch eine Tonabweichung dieser Größenordnung entstehen, sehr störend sein.

Die temperierte Stimmung Andreas Werckmeisters temperierte Stimmung aus dem siebzehnten Jahrhundert weicht von der mathematisch korrekten Stimmung des

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AKUSTIK

GITARRE

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Bundstäbchen eingelassen wurden. Wie wir alle wissen, ändert sich die Spannung der Saite durch Niederdrücken am Bundstäbchen. Genau hier, am Bundstäbchen, setzt das "True Temperament"-Griffbrettsystem des Schweden Anders Thidell an. Thidell ist Gitarrist und war seit langem mit der herkömmlichen Temperierung der Stimmung unzufrieden. Aus dieser Unzufriedenheit heraus entwickelte er für sich eine Elektrogitarre mit einer überlangen Mensur (30 Zoll, das entspricht etwa 76 cm) sowie 56 in Kurven gelegten Bünden. Die Bünde liegen nicht nur an den uns bekannten Positionen, sondern auch dazwischen. Um auf einem solchen Instrument spielen zu können, muss man tatsächlich noch einmal von Neuem


True Temperament Bundierung

sondere Herausforderung war die umsponnene G-Saite, wie auf Bild 2 zu sehen ist. Bei einer solchen Saite ist der Kerndurchmesserwesentlich kleiner als bei einer nicht umsponnenen Saite. Sie ist daher weniger steif, Schwingungs- und Dehnungsverhalten ähneln eher der D-Saite als der ebenfalls relativ steifen H-

Einflüssen auch die Reinheit der Stimmung. Je genauer ein Einzelton stimmt, umso lebendiger bestimmt das Obertonspektrum das Klangbild.

Saite. Entsprechend ergeben sich Differenzen in den Auflagepunkten.

Eine Überraschung ist die Tatsache, dass dieses aufgrund der Schlangenlinien der Bünde wirklich abenteuerlich aussehende Griffbrett

Auswirkungen auf den Klang

absolut keine Einschränkung der Spielbarkeit mit sich bringt: Diese Gitarre spielt sich wie gewohnt einfach. Wie bei allen anderen Optimierungen der Tonreinheit muss man allerdings auch hier damit rechnen, dass bei einer Änderung der Saitenstärke wenigstens ein Teil der Vorteile wieder verloren geht. Auch eine Neubundierung wird natürlich deutlich aufwändiger sein. Ersatzbünde gibt es wegen der komplizierten Fertigungstechnik ausschließlich beim Hersteller.

Praxis

Natürlich haben diese Maßnahmen auch einen

g

:'3 § Stark korrigierte Bünde in den tiefen Lagen

anfangen zu lernen. Daher scheidet diese Lösung für die Serienfertigung aus. Auf Basis der Erfahrungen, die Thidell mit dem 56-bündigen Instrument machte, entwickelte er in Zusammenarbeit mit dem in Stockholm ansässigen Gitarrentechniker Paul Guy Griffbretter mit der herkömmlichen Anzahl von Bünden, die auch an den gewohnten Stellen platziert sind. Der Unterschied: Die Bünde sind nicht gerade, sondern in Kurven gelegt.

wie wird das gemacht? Der Weg dahin war weder kurz noch leicht. Nach Thidells Aussage werden Positionen der einzelnen Bünde nicht mathematisch, sondern empirisch ermittelt. In langen Versuchsreihen wird die für die gewollte Stimmung erforderliche Position des Bundes für jeden einzelnen Ton bestimmt. Dadurch ergeben sich zum Teil skurril aussehende Schlangenlinien (Bildi). Sind diese alle festgelegt, wird von Hand ein Muster für jeden Bund gefertigt, welches als Modell für die Gussform dient. Die im Instrument verwendeten Bünde sind also kein Standardbunddraht von der Rolle, sondern Stück für Stück eine Einzelanfertigung. Auch die Schlitze, in die die Bünde eingelassen werden, können natürlich nicht, wie bei der herkömmlichen Gitarre, einfach gesägt werden: sie werden mit haarfeinen Fräsern mit CNCTechnolo-

Einfluss auf den Klang des Instruments. Um das näher zu erläutern, erlaube ich mir einen kleinen Ausflug in die Welt der Obertöne: Diese, auch Teiltöne genannt, bestimmen die Klangfarbe eines Instruments. Würden Musikinstrumente nur den reinen Grundton erzeugen - ohne Obertöne -, wäre dies ein Sinuston. Damit klängen alle Instrumente gleich. Allerdings schwingt ein elastischer Körper (hier: Saite) nicht nur in seiner gesamten Länge, sondern auch in Teilstrecken, wie der Hälfte, einem Drittel, Viertel und so weiter. Diese anderen Töne sind nicht einzeln hörbar. Ihre Reinheit und Intensität wird durch verschiedene Eigenschaften des Instruments bestimmt. Das sind neben den verwendeten Materialien und deren Eigenresonanzen, der Art der Tonerzeugung und anderen materiellen

Die oben erwähnte Lebendigkeit der Obertöne ist bei der vorliegenden Sanden-Gitarre stark ausgeprägt. Wer also schon immer mit der Intonation seiner Gitarre gehadert hat und endlich einmal sich selbst und seinen Zuhörern einen (im wahrsten Sinne des Wortes) reinen Hörgenuss verschaffen möchte, ist mit dem True-Temperament-Systemund entspre- l"IliI chender Bundierung gut bedient. Lf...:'J

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gie in das Griffbrett eingefräst. Nachdem Anders Thidell an elektrischen Gi-

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Ind.cD~

Before You Accuse Me. Green Island

A Thousand Kisses Deep Bleak Midwinter

tarren schon 15 Jahre Erfahrung mit seinen True-Temperament-Griffbrettern mitbrachte, fertigte er nun erstmals für die akustischen Stahlsaitengitarren von Michael Sanden temperierte Griffbretter an. Da Bronzesaiten auf akustischen Gitarren völlig anders reagieren und die Mensur um wenige Millimeter von derjenigen der bisher bearbeiteten E-Gitarren abwich, musste dafür die Position für jeden einzelnen Ton neu bestimmt werden. Eine be-

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