OrangeZone.Mag #3 2019/20

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STORY: SETH HINRICHS INTERVIEW: CHRISTOPH PHILIPPS FEATURE: CLUB-BAND

I AM KILLIAN


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TITELBILD Alexander Fischer GESTALTUNG Agentur Halma FOTO Thorsten Ochs

SAGT UNS EURE MEINUNG! WE ARE ONE! WENN NICHT JETZT, WANN DANN? Ein Virus geht um die Welt. Und trifft uns in kürzester Zeit in allen Bereichen. Da gehört der Sport natürlich auch dazu. Schon vor der Corona-Krise haben wir immer versucht, Risiken zu minimieren. Die Spieler haben sich nach der Abklatschrunde die Hände desinfiziert, bei kleineren Beschwerden wurde frühzeitig unser medizinisches Personal kontaktiert. Auch zuhause haben die Athleten eine Erstausstattung von Medikamenten, natürlich auch Dank unseres Hauptsponsors ratiopharm. Generell verwenden wir viel Zeit für regenerative Maßnahmen, wobei uns mit Beurer ein weiterer Partner hilft. Das alles soll auf dem OrangeCampus noch weiter optimiert werden. Dort soll ein sogenanntes „Athletic Lab“ integriert werden, in dem sowohl der Athletikbereich, als auch die Regeneration und Rehabilitation einen weiteren Schub erhalten. Das Ganze ist Zukunftsmusik. Jetzt zählt einzig und allein der Kampf gegen das Virus und dessen Folgen. Dafür müssen alle zusammenhalten. Jeder Einzelne muss mithelfen, die Verbreitung zu stoppen, ohne die mediale Hysterie zu nah an sich

rankommen zu lassen. Dabei geht es auch weiterhin darum, sich gegenseitig zu unterstützen. Gefährdet sind vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen. Die gilt es zu schützen und gleichzeitig zu versorgen. Also bitte macht die Augen auf, ob in der Nachbarschaft jemand Hilfe braucht. Hilfe brauchen mit Sicherheit auch sehr viele Betriebe und Firmen in den nächsten Monaten. Das Virus richtet einen bisher einzigartigen wirtschaftlichen Schaden an. Das betrifft auch den Sport. Und nein, da geht es NICHT nur um die Unterhaltung, um ein paar Spieler, die einem Ball oder Puck hinterherrennen, sondern um viele Mitarbeiter und ihre Familien, die davon leben; um viele Dienstleister und Partnerfirmen, die durch schwere Zeiten gehen. Es geht dabei auch um ein Lebensgefühl, um eine Konstante in unserer Gesellschaft, um Spaß und Freude. Die lassen wir uns von keinem Virus dieser Welt nehmen. Gemeinsam schaffen wir das. WE ARE ONE. Ihr Dr. Thomas Stoll

10 KILLIAN HAYES Ein Junge unter Männern: Wie Killian Hayes sein erstes Jahr als Anführer meistert.

18 CHRISTOPH PHILIPPS Von der U8 in die Bundesliga: Christoph Phillipps hat das alles in 15 Jahren in Ulm geschafft.

14 SETH HINRICHS Früher war Seth Hinrichs Fan von ratiopharm ulm. Heute ist es eine Ehre für ihn, ein Uuulmer zu sein.

26 INTERVIEW Der eine hat ihn erdacht, der andere erbaut. Ein DoppelInterview mit zwei Männern, ohne die der OrangeCampus nie entstanden wäre.

IMPRESSUM HERAUSGEBER OrangeZone GmbH Lessingstraße 10c 89231 Neu-Ulm info@orangezone.one

Eine Bitte an alle Leser: Nehmt euch fünf bis zehn Minuten Zeit und sagt uns eure Meinung! Wir wollen wissen, was euch gefällt, was euch fehlt und was wir im OrangeZone.Mag noch besser machen können! Erstmalig erscheint das Magazin in reduziertem Umfang. Statt der gewohnten 40 Seiten umfasst diese Ausgabe nur 32 Seiten. Der Grund: Auch die OrangeZone hat unter der Anzeigen-Krise im Printgeschäft zu leiden. Deshalb ist uns eure Meinung ganz besonders wichtig! Wir wollen, dass sich das Magazin auch weiterhin am Anzeigen-Markt behauptet. Damit uns das gelingt, wollen wir euch mehr denn je das bestmögliche Magazin anbieten. Helft uns dabei. Macht mit bei der Leserbefragung unter:

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ART DIRECTION & LAYOUT HALMA GmbH & Co. KG Agentur für Werbung Pfarrer-Weiß-Weg 16 · 89077 Ulm www.agentur-halma.de info@agentur-halma.de DRUCK CEWE-PRINT GmbH Meerweg 30-32 · 26133 Oldenburg www.cewe-print.de service@cewe-print.de


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FOTO Privat, Harry Langer, Marcel Greiner, Steffen Eirich, HALMA

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LOOKS LIKE HALMA! Über ein Jahr ist es nun her, seitdem wir dem OrangeZone.Mag ein Facelift verpasst haben. Und hat es ihm geschadet? Nein, ganz im Gegenteil! Deutschlands heißestes Basketball-Magazin erstrahlt seither mit jeder neuen Ausgabe auch in neuem Glanz. Und das liegt hauptsächlich daran, dass jede Ausgabe von uns mit einem eigenen Look in Szene gesetzt

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TEXT Alexander Vormstein

UNTERM RADAR

WIE DER VATER, SO DER SOHN Seit Sommer letzten Jahres gehört Igor Milicic zur Familie von ratiopharm ulm. Familie ist auch das Stichwort, will man die Basketball-Geschichte des gebürtigen Polen erzählen. Ihm wurden das Talent und die Liebe zum Spiel sozusagen in die Wiege gelegt. Denn sein Vater, Igor Milicic Senior, war früher selbst ein erfolgreicher Basketball-Profi. Zwei polnische Meisterschaften und drei Pokalsiege durfte er mit seinen Teams feiern. 2001 wurde er zudem als MVP des Pokalfinals ausgezeichnet. Derzeit coacht der polnische Trainer des Jahres 2016 den amtierenden Meister und Champions-League-Teilnehmer Anwil Wloclawek. Derweil lebt der 17-jährige Igor Junior zusammen mit seinen zwei Brüdern, Zoran (14), Theo (11) und seiner Mutter Barbara in Ulm. „Dass ein Basketballinsider wie Igor Milicic sich für BBU ´01 als Ausbildungsstandort für seine Söhne entschieden hat, ist ein Zeichen des Respekts“, erklärt Jugendkoordinator Chris Ensminger, der Igor auch in der NBBL trainiert.

Der Pole geht jedoch nicht nur für die NBBL von ratiopharm ulm, sondern seit November auch für die OrangeAcademy in der ProB auf Korbjagd. Der 2,06 Meter große Teenager hat sich inzwischen mit guten Leistungen in die Rotation von Academy-Head Coach Anton Gavel gespielt. Im ersten Spiel des Jahres 2020 avancierte er mit 15 Punkten sogar zum Topscorer seines Teams. Zwei Wochen später markierte Milicic Junior beim Adidas Next Generation Turnier – einem Turnier, bei dem sich die besten U18-Teams aus Europa messen – 17 Punkte pro Spiel und war erneut der treffsicherste Ulmer. Dabei kommt er sehr vielseitig zu seinen Punkten: Sei es durch einen Catch-and-Shoot-Dreier von außen, mit schnellem Zug zum Korb oder per krachendem Dunk. Für einen gerademal 17-Jährigen ein ordentliches Repertoire. Igor kann aufgrund seiner Größe, Schnelligkeit und Technik eigentlich auf jeder Position spielen. Hierbei spielt es ihm in die Karten, dass er zum einen mit Chris Ensminger einen

ehemaligen Top Big Man und zum anderen mit Anton Gavel einen ehemaligen Nationalspieler auf der Point Guard Position als Coach hat: „Beide kennen alle Tricks und die kleinen Dinge, die es braucht, um Spiele zu gewinnen“, weiß Milicic. Obwohl das polnische Nachwuchstalent, das auch schon für die U16-Nationalmannschaft auflief, auf ganz verschiedenen Positionen spielen kann, ist ihm eine am liebsten: „Ich liebe es, als Point Guard zu spielen.“ Mit 2,06 Metern würde er auf dieser Position schon zu den größten gehören und er wird wohl noch weiter in die Höhe schießen: „Vergangenes Jahr bin ich sieben Zentimeter gewachsen“, gibt Milicic zu. In einem Artikel über ihn resümiert das Basketball-Magazin BIG: „Ein 2,10 großer Point Guard, der drei Positionen spielen kann? Für Ulm ein Versprechen für die Zukunft, für alle Gegner eine Bedrohung …“.

BBU ’01

GROSS TRIFFT KLEIN Der März war ein ganz großer Monat für die Nachwuchsteams von BBU ’01! Von den ganz Kleinen bis zur U16 erhielten die Jugendmannschaften des zweitgrößten Basketball-Vereins Deutschlands Besuch von den ratiopharm ulm Profis. Und Christoph Philipps & Co. nahmen das Motto „Groß trifft klein – trainieren mit den Profis“ durchaus wörtlich. Die Großen waren nicht nur zum Anschauen, sondern tatsächlich zum Anfassen und Mitspielen gekommen. Killian Hayes zockte mit den U14 Mädels und Grant Jerrett machte der U13 Beine. „Wir wollen den Nachwuchsbereich und unsere Profi-Mannschaft näher zusammenführen und neue Berührungspunkte herstellen. Es soll darum gehen, dass unsere Profis Impulse geben und einen besonderen Mehrwert für unsere jungen Spieler schaffen. Ich glaube, dass beide Seiten davon enorm profitieren können und die Identifikation mit dem Verein gestärkt wird“, kommentiert Sportdirektor Thorsten Leibenath die gelungene Aktion.


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GOT NEXXT

EINE REVOLUTIONÄRE IDEE Folgende Szene: Knappes Spiel, ein Team führt mit vier Punkten, noch zwei Minuten zu spielen. Bis dahin ist die Partie packend. Es geht hin und her. Alles in der Halle ist bereit für ein Finale furioso. Die führende Mannschaft bringt den Ball nach vorne und … Foul, Freiwürfe, Auszeit, gefolgt von einem hastig abgeschlossenen Angriff, Foul, Freiwürfe, Auszeit und irgendwann die Schlusssirene. Egal wie spektakulär ein Basketballspiel auch sein mag, die Gefahr, dass eine enge Partie am Ende in ein unansehnlich, sich ewig hinziehendes Freiwurffestival mündet, ist real. „Stop the clock for the win“ … würg. Wenn es dafür doch nur eine Lösung geben würde … Die gute Nachricht: Es gibt diese Lösung! Und seit dem All-Star-Game der NBA im Februar kennt sie auch die Basketballwelt. Die Rede ist vom „Elam Ending“. Nick Elam war Student an der University of Dayton und besuchte ein Basketballturnier seiner Uni. Er sah, wieder und wieder die oben

beschriebene Szene: absichtliche Fouls, Freiwurforgien. Gleichzeitig spielten die in Führung liegenden Teams anders, sie wollten die Uhr soweit herunter laufen lassen wie möglich. Der Gedanke daran ließ ihn nicht los und drei Jahre später erfand er das Elam Ending. Die ersten drei Viertel einer Partie würden normal mit Uhr gespielt werden. Dann im Schlussdurchgang würde bei der ersten Unterbrechungen nach der Vier-Minuten-Marke die Spieluhr ausgeschaltet. Auf die Punktzahl des führenden Teams würden sieben Zähler addiert. Diese Zahl musste der spätere Sieger als erster erreichen. Würde es also 100:98 stehen, würde die Mannschaft gewinnen, die als erste 107 Punkte erzielt hätte. Elam fand in Jon Mugar, dem Organisator des „The Basketball Tournaments“ (TBT), einen Verbündeten, der bei seinem hoch dotierten quasi 5-gegen-5-Streetballturnier, die neue Schlussphase in seine Partien einbaute. Die Resultate sprachen für sich. NBA-Superstar Chris Paul gefiel die Idee und er sorgte für die abgewandelte Einfüh-

rung des Elam Endings beim All-Star-Game 2020. Das Resultat: Team LeBron und Team Giannis lieferten sich ein episches viertes Viertel, es wurde so verbissen verteidigt, wie wohl noch nie auf dieser Bühne. Aus einem über drei Viertel munteren Showspielchen wurde plötzlich gefühlt das siebte Spiel der NBA Finals. Was das mit der BBL zu tun hat? Die Liga hat den perfekten Wettbewerb, um diese spektakuläre Variante einzubauen: den (ungeliebten) BBL-Pokal. TV-Partner MagentaTV dürfte sich über diese Revolution freuen, die Spieler und Coaches ebenfalls. Let’s do it! Der gebürtige Wolfsburger – und bekennende VFL-Fan – André Voigt ist Chefredakteur der FIVE, Autor & Herausgeber von „Planet Basketball“ und informiert Basketballdeutschland regelmäßig in seinem Audio-Podcast „Got Nexxt“ und auf seiner Homepage ³meter⁵.de über alles Wissenswerte aus der NBA, Euroleague und BBL. Seine Kolumne erscheint exklusiv für das OrangeZone.Mag.


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ORANGE NUMBERS

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4000 PUNKTE

MIT EINEM DREIER ERZIELT PER GÜNTHER KURZ VOR WEIHNACHTEN SEINEN 4.000STEN PUNKT IN DER BASKETBALL BUNDESLIGA. NACH SEINEM 1.400STEN ASSIST IST ES SCHON DIE ZWEITE MARKE, DIE ER IN DIESER SAISON KNACKT.

ORAN

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DIE DREI KINDER VON JAKA LAKOVIC (ZWEI SÖHNE, EINE TOCHTER) SIND ECHTE SPRACHTALENTE: NACH SLOWENISCH, KATALANISCH UND SPANISCH LERNEN SIE JETZT AUCH NOCH DEUTSCH.

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GAVIN SCHILLING SPRINGT AUS DEM STAND 71 ZENTIMETER HOCH. ES WURDE BEI RATIOPHARM ULM NOCH KEIN HÖHERER WERT GEMESSEN – TEAMINTERNER REKORD.

NUMB STAND 19.02.

HABEN IN DIESER SAISON BEI DEN UUULMER FANS EIN NEUES ZUHAUSE GEFUNDEN. TOP-SELLER: DAS TRIKOT VON KILLIAN HAYES.


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ANGE

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1085 ROLLEN

TAPE HAT PHYSIOTHERAPEUT ANDREAS LACHER IN DER BISHERIGEN SAISON VERBRAUCHT. UM EIN TAPE AM SPRUNGGELENK ANZULEGEN, BENÖTIGT ER LEDIGLICH ZWEI BIS DREI MINUTEN.

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UND 31 EINSÄTZE IN DER STARTING FIVE: GRANT JERRETT UND KILLIAN HAYES SIND DIE BEIDEN MR. ZUVERLÄSSIG BEI RATIOPHARM ULM UND STARTETEN BISHER IN JEDER PARTIE DER SAISON.

9.760 KILOGRAMM

BERS

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FAST ZEHN TONNEN EIS VERBRAUCHTE RATIOPHARM ULM BISHER. IM EISBAD REGENERIEREN DIE ATHLETEN FÜR CA. ZEHN MINUTEN IM 10 GRAD KALTEN WASSER.

HAT ARCHIE GOODWIN FÜR DIE PHOENIX SUNS, NEW ORLEANS PELICANS UND BROOKLYN NETS BESTRITTEN. IN DER BBL GIBT ES MIT GREG MONROE (632) NUR EINEN, DER HÄUFIGER IN DER NBA GESPIELT HAT.


KILLIAN HAYES

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N UMBE R T H R E E

N UMBE R T H R E E

TITEL

KILLIAN EIN JUNGE UNTER MÄNNERN: WIE KILLIAN HAYES SEIN ERSTES JAHR ALS ANFÜHRER MEISTERT.


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„Das Schild hängt da schon seit ich eingezogen bin“, sagt Killian Hayes grinsend. „Kleine Kehrwoche“ lautet die Erinnerung, die die Hausverwaltung vor der Wohnung im Neu-Ulmer Stadtteil Vorfeld angebracht hat. In die schwäbische Eigenart hat Teambetreuerin Carolin Imhof Killian nicht eingeweiht, sie kümmert sich lieber selber drum. Darüber hinaus muss man dem 18-Jährigen kaum helfen, er hat sich innerhalb von sechs Monaten zu einem der Anführer einer ProfiMannschaft entwickelt. „Wenn ich den Killian von heute mit dem zum Saisonstart vergleiche, sehe ich, dass er sich sowohl als Spieler, als auch als Persönlichkeit entwickelt hat“, sagt sein Trainer Jaka Lakovic. Sein wahres Alter merkt man Killian nur selten an; wenn er von DesignerKlamotten schwärmt oder einen zu riskanten Pass spielt, dann vielleicht. „Ich sehe mich nicht als 18-Jährigen, sondern als Profi, der in seinem dritten Jahr ist. Ich bin noch ein junger Spieler aber kein Rookie mehr“, sagt Killian über sich selbst. Nach zwei Spielzeiten in Cholet spielt der Point Guard tatsächlich schon sein drittes Jahr unter gestandenen Männern. „Bei manchen beginnt die Lernkurve eben früher“, sagt Per Günther und erinnert sich an sein drittes Profijahr. „Das ist das Jahr, in dem du allmählich anfängst zu glauben, dass da was gehen könnte. Bei Killian setzt dieser Prozess eben schon mit 18 Jahren ein“, so der mittlerweile 32-jährige Teamkapitän. Dem gängigen Entwicklungsschema ist Killian schon vor zwei Jahren entwachsen. Mit 16, als er zum ersten Mal im Profi-Kader von Cholet stand und regelmäßig mit den Erwachsenen trainierte, hatte er am Ende des Schuljahres ein Vierteljahr an Fehlstunden angesammelt. Das Schulsystem war nicht auf einen 16-jährigen Jungprofi eingestellt, also nahm Vater DeRon seinen Sohn noch vor dem Abschluss aus dem „Collège“. DeRon, der selbst als amerikanischer Profi 15 Jahre in Europa verbrachte, ist auch der Grund, warum Killian zunächst in Cholet und jetzt in Ulm landete. „Ich wollte, dass Killian sich mit harter Arbeit durchsetzt. In Amerika wird sehr vieles von Stars und Sponsoren dominiert. Das wollte ich nicht. Ich wollte, dass Killian sich hocharbeitet“, sagt sein Vater. Killian war damals anderer Meinung und auch heute hört man aus seiner Antwort den Jungen heraus, der es liebt, seine Urlaube in Amerika zu verbringen. „Ich wäre schon gerne ans College oder die High School gegangen. Wenn du dich dort durchsetzt, bist du ‚The man‘. Bei meinen Jugendspielen hat niemand zugeschaut und wir haben mit 50 Punkten Unterschied gewonnen.“ Erst als Hayes mit der französischen Junioren-Nationalmannschaft Erfolge feierte und für Cholet in der ersten Liga auflief, stieg das Interesse an ihm. „Letztlich bin ich sehr zufrieden, hier in Ulm zu sein“, sagt Killian heute. Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich Hayes nicht mehr beschweren. Beim Ulmer EuroCup-Spiel gegen Monaco waren neun NBA-Clubs in der Halle, um Killian spielen zu sehen. Mit Jon Horst reiste sogar der General Manager der Milwaukee Bucks an. „Normalerweise musst du als Spieler einmal oder zweimal die Woche performen. Killian muss das in fast jedem Training, weil eben fast immer jemand da ist, der ihn beobachtet. Wie er damit umgeht, ist schon wirklich beeindruckend“, sagt Per Günther.

DERON HAYES

Killian Hayes sitzt gemeinsam mit seinem Vater DeRon in der geräumigen Dreizimmerwohnung. Das Trainingszentrum ist keine fünf Minuten von Hayes` Wohnung entfernt, die ratiopharm arena vielleicht zehn. Das ist wichtig, denn der 18-Jährige hat noch immer keinen Führerschein. Ansonsten hat er sich gut eingelebt im neuen Land, der neuen Stadt, dem neuen Club. Nur die Sache mit der Kehrwoche ist ihm noch fremd. Aber das wird schon noch, denn Killian lernt schnell – das ist eine seiner größten Stärken.

„ICH WOLLTE, DASS KILLIAN SICH HOCHARBEITET.“

TEXT Martin Fünkele FOTO Marcel Merli, Harry Langer, Alexander Fischer


TITEL

KILLIAN HAYES

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Cody Christensen hat den selben Eindruck. Der Amerikaner ist Film-Produzent und dreht für das US-Video-Portal „Overtime“ eine Dokumentation über Killian Hayes. Christensen lebt eigentlich in Berlin, für die Produktion ist er schon vier Mal für einige Tage aus der Hauptstadt nach Ulm gereist. Er sagt: „Ich habe Killian als einen außergewöhnlichen jungen Mann kennengelernt, der in der Lage ist, sich immer auf das zu konzentrieren, was als nächstes ansteht.“ Der Filmemacher hat Hayes stundenlang durch sein Kameraobjektiv beobachtet und dabei festgestellt: „Er ist so fokussiert – sowohl auf seine eigene Entwicklung, als auch auf den Erfolg der Mannschaft –, dass er Dinge, die um ihn herum passieren, ausblendet.“ Am 20. November 2019 war Killian Hayes so fokussiert, dass ihm etwas gelungen ist, das zuvor nur ein Spieler seines Alters geschafft hatte: Nur dem spanischen NBA-Star Ricky Rubio war es bisher als U19-Spieler gelungen – wie Hayes in Patras mit 12 Punkten und elf Assists – im EuroCup ein Double Double aufzulegen. Drei Monate später ist Hayes einer von drei Kandidaten, die für den EuroCup „Rising Star Award“ nominiert sind. Mit 6,2 Assists pro Spiel hat der Franzose die EuroCup-Hauptrunde als drittbester Assistgeber abgeschlossen. „Die Lösungen, die er im Pick & Roll findet, habe ich so noch nicht gesehen“, ist Per Günther beeindruckt. Wie gut Hayes ist, fällt Günther immer dann auf, wenn er durch Christoph Philipps an seine eigene Entwicklung erinnert wird. Philipps ist nach einer langen Verletzungspause in dieser Spielzeit mit 21 Jahren ein großer Schritt nach vorne gelungen. Günther sagt: „Wenn Chrissi starke zehn Minuten in einem Spiel hatte, dann hat er ein Offensivfoul aufgenommen und einen Backdoor-Layup gemacht.“ Bei Günther war das früher nicht anders. „Da hat sich jeder über acht Punkte von mir gefreut. Mit Killian hast du einen, der ist drei Jahre jünger und für ihn bedeutet ein gutes Spiel: 24 Punkte und fünf Assists in Bamberg. Das ist schon irre.“ Und wie sich der Basketball seit Günthers erster Profisaison 2008 verändert hat, so haben sich auch die Spieler verändert. „Die Generation, die jetzt heranwächst, ist in vielen Bereichen weiter, als das bei mir der Fall war“, sagt Günther. Und sie macht einige Dinge anders. „Ich wäre in seinem Alter sicher öfter im Ulmer Nachtleben unterwegs gewesen, ihn interessiert das nicht.“ Hayes geht stattdessen in die Kältekammer und probiert auch sonst viele Dinge aus, um sich zu verbessern. „Wenn sich früher ein Spieler mit Yoga, Atemübungen oder anderen ausgefallenen Techniken beschäftigt hätte, wäre er ein absoluter Exot gewesen“, sagt Günther. Auch der Umgang mit der Kamera ist ein anderer geworden. Hayes posiert vor den vielen Selfie-Jägern so selbstverständlich, wie er dem Doku-Team von „Overtime“ sein Leben in Deutschland zeigt. „Ich muss ja keine andere Rolle spielen, sondern bin immer ich selbst. Kameras sind für mich nichts Besonderes, sie sind einfach normal“, sagt Killian. Nur als die Amerikaner ihren Topstar nach Ulm schickten, wurde es Vater DeRon etwas zu viel. „Overtime Larry“ ist ein Internetphänomen, dessen Beiträge auf Youtube ein Millionen-Publikum erreichen. Im Januar reiste Larry von New York nach Ulm. DeRon sagt: „Auch wenn mir das manchmal Kopfschmerzen bereitet, gehört es nun mal dazu.” Die Außenwirkung von Killian Hayes ist die eine Sache. Eine andere ist, wie der junge Franzose innerhalb des Clubs wirkt. Dabei geben die Trikotverkäufe der Nummer 3 nur eine Ahnung davon, welche Fußstapfen der junge Franzose schon nach einem halben Jahr in Ulm hinterlassen hat. Ein Beispiel aus dem Trainingsalltag: Die ratiopharm arena ist fast leer. Tyler Harvey und Grant Jerrett arbeiten auf dem einen Korb, Seth Hinrichs, Andi Obst und Christoph Philipps auf dem anderen. In der Mitte des Courts steht Assistant Coach Danny Jansson. Aus einem Ballwagen holt der Finne vier Basketbälle. Zwei für Killian und zwei für Zach Ensminger. Die beiden Youngster dribbeln die Bälle hinter ihrem Rücken und zwischen den Beinen. Mit zwei Bällen gleichzeitig ist das nicht ganz einfach. Richtig schwierig wird es, wenn man sich dabei noch die Hand geben soll.

„ICH WÄRE IN SEINEM ALTER ÖFTER UM DIE HÄUSER GEZOGEN.“ PER GÜNTHER


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„Das habe ich so noch nie gemacht“, sagt Ensminger nach der 15-minütigen Extraschicht, die den Teenagern den Schweiß auf die Stirn treibt. „Für mich ist es eine Zusatzmotivation, mit einem jungen Athleten wie Killian zu trainieren“, so der 18-Jährige, der erstmals zum Kader von ratiopharm ulm gehört. „Killian ist einer der besten Spieler Europas in seinem Alter und trotzdem unheimlich cool und locker“, sagt Zach. Danny Jansson, der viel mit den jungen Ulmer Talenten arbeitet, sagt: „Ich merke, dass Killian offener geworden ist. Es hat sich eine Vertrauensbasis entwickelt und er ist leichter zu coachen als am Anfang der Saison.“ Head Coach Jaka Lakovic hat die Entwicklung des Youngsters ähnlich beschrieben. Er nennt Killian „einen Diamanten“, erinnert sich aber auch an die erste Kontaktaufnahme im Sommer 2019. „Es war ein Risiko, einem so jungen Point Guard so viel Verantwortung zu übertragen. Aber wir sehen das Glas hier immer halbvoll, weshalb wir das Potenzial erkennen und die Herausforderung akzeptieren.“ Genau dieser Mut hat auch DeRon Hayes beeindruckt. „Ich hatte von Beginn an das Gefühl, dass der Club gemeinsam mit Killian wachsen will. Jaka ist als Head Coach genauso in seiner ersten Saison wie Thorsten als Sportdirektor. In dieser Situation einem jungen Spieler wie Killian zu vertrauen, hat uns beeindruckt.“

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Nach einem halben Jahr in Ulm hat Killian Hayes nicht nur seine anfängliche Angst überwunden, er ist auch der mit Abstand effektivste U22-Spieler in der Basketball Bundesliga. Der zweitbeste ist der 21-jährige Luis Olinde aus Bamberg. Bei all dem Wirbel, der um ihn gemacht wird, „hebt er nicht ab, steht mit beiden Beinen auf dem Boden“, sagt Coach Lakovic. Die einzige Extravaganz, die Killian Hayes sich erlaubt, sind schillernde DesignerStücke. Von seinem ersten Profi-Salär in Frankreich hat er sich einen Gucci-Rucksack gekauft und zu Weihnachten gönnte er sich in diesem Jahr ein paar pinkfarbene VersaceFlip-Flops. „Ich gebe sonst kaum Geld aus und laufe den ganzen Tag im Jogging-Anzug durch die Gegend“, sagt Hayes und grinst dabei wie ein 18-jähriger Lausbub.

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STORY

SETH HINRICHS

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TEXT Nils Bernemann FOTO Marcel Merli, Harry Langer,

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Alexander Fischer

TEAMPLAYER, CO-KAPITÄN, MR. ZUVERLÄSSIG: SETH HINRICHS IST EIN ROLLENSPIELER MIT VIELEN AUFGABEN.

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SETH HINRICHS

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>> ERSTE STATION IN DEUTSCHLAND - EIN KATZENSPRUNG VON ULM ENTFERNT <<

Vor vier Jahren wurde Seth Hinrichs Fan von ratiopharm ulm. Heute ist er Teil dessen, was er damals bewundert hat. Eine Geschichte über einen sympathischen Forward aus dem Niemandsland der USA, der die Karriereleiter Stück für Stück hochgeklettert ist und es über Umwege nach Ulm geschafft hat.

STAND 16.03.2020

Auch wenn für Seth bereits früh feststeht, dass Basketball Priorität hat, probiert er sich während seiner Zeit an der Maccray High School auch in anderen Disziplinen aus – vor allem immer dann wenn die Basketball-Saison pausiert. Egal ob Football im Herbst, Baseball im Frühling oder Leichtathletik im Sommer. In dieser Zeit lernt Seth auch seine spätere Frau

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Während seine Brüder Isaac, Tyler und Austin die naheliegende Bethel University in Minneapolis besuchen, ist Seth der Einzige in seiner Familie, den es weiter weg zieht. In seinem letzten High School-Jahr liegt ihm ein Angebot für ein Stipendium an der Lafayette University vor. Das College liegt in Pennsylvania – 20 Autostunden von Minnesota entfernt. Für den damals 18-Jährigen ist es der erste große Schritt in seiner Karriere als Basketballer. Insgesamt vier Jahre geht Seth fortan für die Leopards auf Korbjagd – und das mit großem Erfolg: Mit seinen 1.535 erzielten Punkten landet er auf Platz fünf im All-Time-Ranking der Hochschule. Seine Dreierquote von 43,1 Prozent bringt ihm sogar Platz vier ein. Lafayette gehört zu den kleineren Colleges in der Division 1, der höchsten Spielklasse im amerikanischen College-System. In Seths letztem Jahr gewinnen die Leopards erst die Meisterschaft in ihrer Conference und qualifizieren sich anschließend zum ersten Mal seit 15 Jahren

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T W E N T YO N E

Seth Hinrichs wächst in Clara City im US-Bundesstaat Minnesota auf. 110 Meilen entfernt von Minneapolis, Minnesotas größter Metropole, liegt die beschauliche Kleinstadt (1.300 Einwohner) mitten in den Weiten des mittleren Westens der USA. Sein Vater ist Landwirt. Als jüngster von vier Söhnen ist Seth Teil einer Familie, in der Basketball eine große Rolle spielt. Alle drei seiner älteren Brüder spielen, erst an der Highschool und später auch am College. „Wir haben in unserer frühen Kindheit damit angefangen. Irgendwo lag immer ein Ball im Haus. Es war etwas, worauf wir uns alle einigen konnten“, erzählt Hinrichs.

Andrea kennen. Sie wohnt keine zehn Meilen entfernt in Maynard, einem 300-Seelen-Dorf am Ende der Straße. Beide besuchen dieselbe Schule und kennen sich, seit sie 14 Jahre alt sind. „Seth ist noch immer dieselbe Person, die ich damals kennengelernt habe. Auch wenn sich mittlerweile einiges in unserem Leben geändert hat, bleibt er sich treu“, sagt die gelernte Krankenschwester.


STORY

SETH HINRICHS

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>> MVP UND PUBLIKUMSLIEBLING IN VECHTA – HALBFINALE MIT GEBROCHENER HAND << wieder für die Teilnahme am NCAA-Tournament, dem wichtigsten College-Basketball-Turnier des Landes. Hinrichs ist Kapitän des Teams und legt starke 13,1 Punkte und 5,7 Rebounds pro Partie auf. „Es war ein unvergessliches Jahr und ein großartiger Abschluss für mich. Als wir in der eigenen Halle die Patriot League gewinnen konnten, sind unsere Fans auf das Feld gestürmt, um mit uns zu feiern. Das war unglaublich. Die Teilnahme an der March Madness war dann die Krönung“, so Hinrichs. Trotz dieser beeindruckenden Saison bleibt das Interesse an Hinrichs in den USA überschaubar. Einige NBA-Teams laden den Forward während seines letzten College-Jahres zwar zum Probetraining ein, doch für eine Chance, im Draft ausgewählt zu werden, reicht es nicht. Hinzu kommt eine Fußverletzung im Sommer, die ihn zurückwirft. „Er ist immer optimistisch und sehr geduldig, auch wenn Dinge mal nicht auf Anhieb funktionieren“, liefert Andrea eine Erklärung, warum Seth den Kopf nicht in den Sand steckte. Zusammen mit seinem Agenten entscheidet sich der Power Forward, auf ein Angebot aus Europa zu warten.

der Geburt seiner Tochter Collins geht es für Seth also wieder zurück nach Europa. Auch wenn es nicht für einen Vertrag bei den Barockstädtern reicht, wird mit den Kirchheim Knights ein anderes Team aus dem Schwabenland auf ihn aufmerksam. Dort gelingt dem frischgebackenen Vater der Durchbruch: In 35 ProA-Spielen kommt er durchschnittlich auf 11,5 Punkte und 6,1 Rebounds und erreicht mit den Rittern das Halbfinale in den Playoffs. In Kirchheim, das nur circa 60 Kilometer von Ulm entfernt ist, wird Seth auch zum ersten Mal auf seinen heutigen Arbeitgeber aufmerksam: ratiopharm ulm befindet sich gerade inmitten einer besonderen Saison,

SETH HINRICHS` WEG NACH ULM

2011 - 15: LAFAYETTE COLLEGE, NCAA Ganz nebenbei hat Seth in die2015/16: FC PORTO, PORTUGAL sem Sommer noch eine andere 2016/17: KIRCHHEIM KNIGHTS, PROA wichtige Sache im Kopf. Nach 2017/18: RASTA VECHTA, PROA vier Jahren Fernbeziehung hei2018/19: RASTA VECHTA, BBL raten Andrea und er. Unmittel2019/20: RATIOPHARM ULM, BBL & EUROCUP bar nach den Flitterwochen bezieht das frisch vermählte Paar in Portugal seine erste gemeinsame Wohnung. Beim FC Porto Ferpinta, in der die Donaustädter einen neuen Bunder Basketballabteilung des renommierten desligarekord mit 27 Siegen in Folge aufFußball-Clubs, unterschreibt Seth seinen stellen. „Wir haben in Kirchheim immer auf ersten Profivertrag. Ein Jahr verbringen die die BBL und besonders auf Ulm geschielt. beiden in der portugiesischen Hafenstadt, Ich kann mich noch gut an die Siegesserie in der Seth auch seine ersten Erfahrungen erinnern – das war großartiger Basketball. im FIBA Europe Cup sammelt (6,7 PpS). Es kam mir damals utopisch vor, jemals für Mit Hinrichs im Aufgebot holen sich die einen Club wie ratiopharm ulm spielen zu „Drachen“ zum zwölften Mal in der Ver- dürfen. Von daher ist es heute eine große einsgeschichte die portugiesische Meis- Ehre für mich“, verrät Seth. Auch Andrea terschaft. Kurz nach dem Ende der Saison kann es retrospektiv manchmal noch nicht wird sein Abschied aus Porto verkündet. ganz glauben: „Wenn man zurück schaut, ist es schon verrückt, wo wir heute sind.“ Da Seth und Andrea Ende August 2016 ihr erstes Kind erwarten, verbringen sie die Off- Doch bevor Hinrichs in Ulm landet, wird er season in der Heimat. Nach einer längeren Teil der kometenhaften Erfolgsgeschichte Warteperiode, während der der Forward von RASTA Vechta. In seiner Premierenerneut einen gebrochenen Fuß auskuriert, Saison für die Niedersachsen gelingen ihm wird ihm Mitte August schließlich ein An- eindrucksvolle 13,8 Punkte, 6,4 Rebounds, gebot für ein Tryout bei den MHP RIESEN 2,7 Assists und 1,4 Steals. Als Topscorer Ludwigsburg unterbreitet. Vier Tage nach gewinnt er mit RASTA 2018 die ProA-Meis-

terschaft, wird von den Zuschauern als Publikumsliebling gefeiert und erhält schließlich die Auszeichnung zum Most Valuable Player (MVP). Und auch in Deutschlands höchster Spielklasse geht Hinrichs Aufstieg weiter: In der Saison 2018/19 gehörte der Allrounder zu den 15 effektivsten Spielern der Bundesliga und legt dabei sieben Mal 20 Punkte oder mehr auf. „Seth ist ein harter Arbeiter und hilft einer Mannschaft auch in vielen Details, die auf dem Statistikbogen gar nicht zu sehen sind“, sagt sein damaliger Coach Pedro Calles über den Allrounder, der im November 2018 zum zweiten Mal Vater wird. Doch Hinrichs Karriere verläuft nicht ohne Rückschläge: Kurz vor Ende der Saison 2018/19 zieht sich der 26-Jährige in Ludwigsburg einen Mittelhandbruch zu und verpasst die erste Playoff-Serie der Vechtaner Vereinsgeschichte. Im Halbfinale kehrt er gegen München zurück aufs Parkett und zeigt dort, aus welchem Holz er geschnitzt ist: Trotz seiner Verletzung überzeugt er im ersten Halbfinale als Scorer (21 Punkte), legt im zweiten ein Double Double auf und verteilt im dritten neun Assists. „Ich konnte mit meiner linken Hand zwar nicht wirklich dribbeln, aber es hat trotzdem alles irgendwie funktioniert“, erinnert sich Hinrichs. Und wie geht es einem, der auf seinem Weg nach Ulm so viele Hindernisse überwinden musste, wenn er endlich angekommen ist? „Das Gefühl war für mich einfach unglaublich, fast schon einschüchternd. In dem Moment dachte ich: Wow, wir sind wirklich hier“, erinnert sich Hinrichs an seinen ersten Auftritt in der ratiopharm arena. Und auch hier bleibt sich der bescheidene Allrounder treu. Während andere als Scorer auffallen, sammelt Hinrichs die drittmeisten Effektivitätspunkte. Topscorer ist Hinrichs also nie, dafür gehört er häufig zu den effektivsten Spielern seiner Mannschaft. „Seth ist der Spieler, der dir auf dem Feld zwar nicht immer besonders auffällt. Sobald du dann aber auf die Statistiken schaust, merkst du, wie stark und effizient er ist. Er braucht den Ball nicht in seinen Händen und stellt sich immer in den Dienst der Mannschaft“, beschreibt Head Coach Jaka Lakovic seinen Co-Kapitän.


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PHILIPPS PHILIPPS PHILIPPS PHILIPPS PHILIPPS PHILIPPS RUBRIK

ARTIKELNAME

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INTERVIEW

CHRISTOPH PHILIPPS

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ICH BIN ERST AM ANFANG MEINES WEGES SEIT 15 JAHREN SPIELT CHRISTOPH PHILIPPS BASKETBALL – IN ULM. ER IST DER ERSTE UND BISHER EINZIGE UUULMER, DER ALLE JUGENDTEAMS DURCHLAUFEN HAT UND SEIT DIESER SAISON AUCH EINE FESTE ROLLE IM PROFITEAM SPIELT.

TEXT Florian Eisebitt FOTO Marcel Greiner, Harry Langer,

Marcel Merli

Bei einem Messebesuch kam Christoph Philipps erstmalig in Kontakt mit dem Ulmer Basketball. Seitdem ist er immer am Ball geblieben – hat sich auch von Verletzungen nicht unterkriegen lassen. Dennoch ist Basketball für den gebürtigen Münchener nicht alles. Christoph, wenn Per Günther das Gesicht von ratiopharm ulm ist, dann bist du das Gesicht von BBU ’01! Würdest du dem zustimmen? Das würde ich jetzt nicht so sagen. Ich habe mich nie so gesehen. Ich habe zwar jede Jugendmannschaft durchlaufen und stehe jetzt auch im Profikader – das ist aber nichts, womit ich angeben würde. Richtig cool fand ich, dass ich mal auf einem BBU ’01 Camp-Poster abgebildet war. Da habe ich mich schon geehrt gefühlt. Aber du bist eben der erste, der es von der U8 bis fest in den Profi-Kader geschafft hat. Bist du dir dieser Besonderheit bewusst? Es ist schon cool, dass ich es so weit geschafft habe – oder besser gesagt, auf einem guten Weg bin. Ich würde nicht sagen, dass Ich schon ein gestandener Bundesliga-Profi bin. Dass ich aber die Chance habe, dieses Ziel zu erreichen, finde ich toll. Vor allem, wenn man sieht, dass keiner, mit dem ich damals angefangen habe, übrig geblieben ist. Das macht mich schon stolz.

Was braucht es, damit du dich selbst als festen Teil des BBL-Teams sehen würdest? Konstante Spielzeit und Leistungen über mehrere Jahre. Das ist jetzt meine erste Saison, in der ich wirklich Minuten erhalte – die letzten beiden Jahre zählen da nicht wirklich. Da habe ich zwar schon im EuroCup und in der BBL ein paar Minuten bekommen. Aber es war nicht so, dass ich bei jedem Spiel dabei war und eine feste Rolle im Team hatte – so wie es jetzt der Fall ist. Wenn das jetzt anhält oder ich mich weiter steigern kann, dann würde ich sagen: ich bin angekommen. Ich bin jetzt erst am Anfang meines Weges. Kannst du dich noch erinnern, wie du das erste Mal mit ratiopharm ulm in Kontakt gekommen bist? Das war 2005 auf der Messe Leben-Wohnen-Freizeit. Meine Schwester und ich haben damals am PromoStand von ratiopharm ulm ein bisschen geworfen und Freikarten gewonnen. Dann waren wir als Zuschauer in der Kuhberghalle, damals noch in der zweiten Liga. Kurze Zeit später habe ich an einem Camp in der Kepler-Halle teilgenommen. Und dort wurde ich zum ersten Training eingeladen. Dann warst du Mitglied des ersten Ulmer Jugendteams, hast die damaligen Profis von den altehrwürdigen Teppichplätzen in der Kuhberghalle angefeuert, warst Wischerkind in der ratiopharm

2K5 2K14 2K15 2K17 2K17/18 2K18/19

ERSTES BASKETBALL-TRAINING NOMINIERUNG FÜR U16 NATIONALMANNSCHAFT VERLETZUNG, 21 MONATE PAUSE COMEBACK UND ERSTE BUNDESLIGA-PUNKTE PROA: 11:37 MIN | 3,3 PPS BBL: 1:38 MIN | 1,3 PPS PROB: 24:27 MIN | 10,9 PPS | BBL: 2:02 MIN 1,3 PPS EUROCUP: 10:17 MIN | 0,8 PPS 2K19/20 PROB: 27:14 MIN | 14,7 PPS | BBL: 7:30 MIN | 1,8 PPS EUROCUP: 10:45 MIN | 1,7 PPS

STAND 16.03.2020

PHILIPPS ULMER PHILIPPS’ KARRIERE


arena – gibt es eigentlich irgendwas, was du für den Ulmer Basketball noch nicht gemacht hast? Da fällt mir jetzt nichts ein. Deinen ersten BBL-Einsatz hattest du Ende 2017 zuhause gegen den MBC. Mit zwei Freiwürfen hast du die letzten beiden Zähler zum 93:76-Endstand erzielt. Wurde an diesem Tag ein Traum für dich wahr? Das auf jeden Fall. Ich habe mir das Datum zwar nicht im Kalender markiert, aber es war schon etwas Besonderes für mich. Es kam sehr kurzfristig, dass ich in den Kader gerutscht bin. Ich habe vormittags noch mit der ProB trainiert und mittags hat Thorsten Leibenath mir eine Nachricht geschrieben. Von da an war ich den Rest des Tages unglaublich aufgeregt. Ich hatte zwar schon ein paar Mal mit den Profis trainiert, aber jetzt sollte ich das erste Mal dabei sein. Was ging dir durch den Kopf, als du an der Freiwurflinie standest? Ich habe nur gedacht: Hoffentlich triffst du den Ring. Dass ich beide getroffen habe, war perfekt. Das waren meine ersten Punkte in der Liga. Ich würde sagen, es war ein perfekter Abend für mich. War der Abend für dich auch deshalb so perfekt, weil deine Karriere nach einem Knorpelschaden fast schon vorbei war? Das war die härteste Zeit meiner bisherigen Karriere. Wir haben am Anfang viel konservativ probiert. Mit einigen Fehldiagnosen habe ich viel Zeit verloren. Es schien, als sähe alles gut aus, ich dachte ich wäre bereit für die Rückkehr und dann kam der große Schock. Der Arzt sagte mir, dass der Schaden erst jetzt sichtbar wäre. Nach einem Dreivierteljahr war klar, dass ich mich doch operieren lassen musste. Das war kurz vor dem NBBL Top Four in Ulm. Die Reha hat insgesamt elf Monate gedauert, dann konnte ich endlich wieder aufs Feld. Und dass es dort so schnell wieder so gut geklappt hat, hätte ich nicht erwartet. Trotz der Schock-Diagnose hast du kein Training und kein Spiel verpasst. Woher hast du die Kraft genommen? Nur weil ich verletzt war, wollte ich nicht wegbleiben. Ich hatte keine Lust alleine zu Hause zu sitzen, nichts zu tun und meine Freunde nicht mehr zu sehen. Es hat sich für mich nie die Frage gestellt, ob ich jetzt aufhören sollte, Basketball zu spielen. Ich wollte immer weiter machen, nicht abwesend sein. Auch wenn du nur von außen zusehen kannst, kannst du trotzdem etwas lernen.

CHRISTOPH PHILIPPS

Trotz der Rückschläge hast du dir jetzt deine feste Rolle im Profi-Team erkämpft. Wusstest du schon vor der Saison, dass du so viele Minuten bekommen würdest? Nein – aber ich hatte es mir gewünscht. Ich habe nie im Leben damit gerechnet. Gleich in den ersten beiden Spielen gegen Vechta waren es schon viele Minuten. Und da wurde mir bewusst, was ich tun muss, um meine Spielzeit zu bekommen. Ich habe schnell gemerkt, was Jaka vom Team will – Defense, Einsatz in jedem Training. Das versuche ich immer zu geben und bekomme im Gegenzug vom Coach das Vertrauen zurück. Vor allem als junger Spieler musst du immer vollen Einsatz bringen. Immer wieder betraut dich Jaka Lakovic mit defensiven Spezialaufgaben. Ist die Verteidigung deine größte Stärke? In der Bundesliga würde ich sagen, ja. Ich denke es gehört zu meinen Vorteilen, dass ich mehrere Positionen verteidigen kann. Aber ich sehe auch in meiner Defensive immer noch Raum für Verbesserung. Offensiv gelingen dir in der ProB 14,5 Punkte pro Spiel – fünf Mal waren es sogar mehr als 20. Wieso funktioniert das Punkten in der ProB, in der BBL allerdings noch nicht? Die Defensive ist hier deutlich aggressiver, das Spiel viel athletischer und körperlicher. Der Basketball-IQ aller Spieler in der BBL ist deutlich höher, sodass jeder Fehler bestraft wird. Hier muss ich auf viel mehr Kleinigkeiten achten. Das, was mir in der ProB gelingt, ist in der BBL wesentlich schwieriger umsetzbar. Außer die Defense, die geht immer. Wie meisterst du diesen Rollen-Spagat? Für mich stellt das kein großes Problem dar, weil ich die Jungs in der OrangeAcademy lang genug kenne. Das Vertrauen auf beiden Seiten ist da und macht den Rollenwechsel leichter. Ich versuche einmal in der Woche mit dem ProB-Team zu trainieren und komme am Freitag regelmäßig zum Videoscouting. Außerdem sind einige der Jungs ebenfalls regelmäßig im BBL-Training mit dabei, da reißt der Kontakt nicht ab. Neben der sportlichen Doppelbelastung studierst du zusätzlich noch BWL und Wirtschaftspsychologie im Fernstudium. Wie bekommst du das hin? Im Fernstudium funktioniert das perfekt. Per hat das auch schon gemacht. Ich habe keine feste Prüfungsphase, in der ich fünf oder sechs Klausuren absolvieren muss, wie an einer Präsenz-Uni. Ich kann mir

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meine Zeit daher gut einteilen, lerne immer nur ein Modul und schreibe dann die Klausur. Auch den Prüfungstermin kann ich frei wählen. Wieso hast du dich für diesen Studiengang entschieden? Das Studium ist zur Hälfte BWL und Psychologie. Es interessiert mich zu verstehen, wie Menschen ticken und wie du beispielsweise dein Geschäft an das Verhalten deiner Zielgruppe anpassen kannst. Grundsätzlich ist das Studium eine Absicherung meiner Zukunft. Als Profisportler weißt du nie, ob die jetzige Saison schon deine letzte ist. Außerdem hatte ich in der Zeit nach meinem Abitur und während meiner Verletzung – in der ich bis auf zwei Trainingsbesuche nichts gemacht habe, außer zu schlafen, aufs Handy zu schauen oder Serien zu streamen – das Gefühl, dass ich regelrecht verblöde. Ich habe gemerkt, dass ich auch etwas für meinen Kopf machen muss.

CHRISTOPH PHILIPPS

INTERVIEW


BBU ’01

ANALYSE

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TEXT Hans-Uli Thierer FOTO Harry Langer

HANS-ULI THIERER SCHAUT ALS BBU-BEIRATSMITGLIED VON INNEN AUFS GROSSE GANZE. Aus, vorbei, over? Oder doch nicht? Ganz egal, was in diesen Tagen von Corona vollends passiert, ob die BBL-Saison nun nur ausgesetzt ist oder beendet wird, ein seltsames Virus hat in dieser Saison Teile der Ulmer Fangemeinde ergriffen. Nennen wir es das Virus der Hin- und Hergerissenheit. Es äußert sich in der Unüberhörbarkeit eines Gegrummels und Geraunes. Warum hat es das Team bis zur Unterbrechung der Hauptrunde nicht geschafft, zu einer Kontinuität zu finden? Warum kann nicht an die erfolgreichen vier Spielzeiten zwischen 2011 und 2016 mit zwei Vize-Meisterschaften angeknüpft werden? Wird zu viel Kraft in den OrangeCampus investiert? Gemach. Rückblende auf Mitte Februar: ratiopharm ulm ist nach hart erkämpften Heimsiegen, einem 96:95 gegen Alba Berlin und einem 98:94 gegen die Braunschweiger Löwen, auf den sechsten Platz der Tabelle geklettert. Und das, obwohl Top-Scorer Zoran Dragic Ulm im Januar in Richtung Spanien verlassen hat. So ist es nicht gekommen. Die beiden Heimspiele gingen knapp verloren. Statt auf Platz 6 steht das Team Mitte Februar auf Platz 9. Unter der Fangemeinde herrscht eine Mischung aus Zweifeln und Verzweiflung, Unmut und Unverständnis. Den Atem dieser Verunsicherung spüren die Vorstände Dr. Thomas Stoll und Andreas Oettel sowie Sportdirektor Thorsten Leibenath. Ist der eher durchwachsene sportliche Zwischenstand, diese Flatterhaftigkeit des Teams, den Anstrengungen für den OrangeCampus geschuldet? Bindet das Millionen-Projekt zu viel mentale Kraft und monetäre Substanz? Finanzchef Andreas Oettel verneint. Der Profi-Sportetat in Millionenhöhe sei nicht niedriger als früher. Allerdings sei das Wachstum unabhängig von den Belastungen durch den Campus begrenzt. Konjunkturtief, Krisen der Autoindustrie und ihrer Zulieferer, Schwächen des Handels und schwierige Kapitalstrukturen vieler Firmen ließen Unternehmen die Gürtel enger schnallen. Engagement und Sponsoring im Sport sind keine Selbstläufer mehr. Schon gar nicht in einer durch den Mittelstand geprägten Wirtschaftsregion wie Ulm/Neu-Ulm, in der Vorsicht und Zurückhaltung das Agieren in den Vorstands- und Chefetagen prägen. Auch wenn keine konkreten Zahlen genannt werden – höhere Transparenz aller BBL-Teams wäre sehr im Sinne der Fans –, liefert das einst

so erfolgreiche Brose Bamberg aktuell den schlagenden Beweis für die Grenzen des Wachstums. Ulm ist nicht München oder Berlin. Vergleiche mit Bayern oder Alba verhallen wie Rufe in den Wald. Um mit anderen Teams dauerhaft auf Augenhöhe zu bleiben, muss ratiopharm ulm andere Wege einschlagen. Der OrangeCampus bildet dabei eine tragende Säule. Warum wohl hat der anerkannte Basketball-Experte Stefan Koch dieses Projekt jüngst an dieser Stelle „einzigartig“ und wegweisend für die Jugendarbeit genannt? Es geht nicht um ein Entweder-Oder, nicht um entweder ProfiBasketball oder Nachwuchsarbeit. Die Ulmer Chance, auf sich aufmerksam zu machen, liegt in der Parallelität, im Sowohl-als-Auch. Im sowohl Spitzen-Basketball als auch Rekrutieren und Fördern von Talenten. Durch den Campus eröffnet sich die Chance, dass Ulm zur nationalen Talentschmiede von Rang und zum Magnet für junge Spitzenbasketballer aus ganz Europa aufsteigt. Thomas Stoll beschreibt das mentale Dilemma der Fangemeinde so: „Unser Problem ist, dass man nach den Über-Leistungen in der Vergangenheit immer denkt, es müsse automatisch so weitergehen. Das ist leider nicht möglich. Realistisch gesehen war Platz 6 in der vergangenen Saison gut. Auch wenn wir selber natürlich immer mehr wollen.“ Einfach gesagt: Man wird zum Sklaven der eigenen Erfolge. Sportliche Höhen und Tiefen sind im hiesigen Basketball bekannte Größen. Man erinnere sich der Spielzeiten 2009/10 und 2010/11, als viele Anstrengungen der Realisierung und dem Umzug in die ratiopharm arena galten, das Team aber nur die Plätze 13 und 14 in der BBL erreichte. Dieses Beispiel lehrt, die augenblickliche „Wundertüte Basketball“ zwar mit Verve, aber auch mit Gelassenheit zu begleiten. Und ihr durch einen mitgliederstarken Verein BBU ’01 das notwendige Rückgrat in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Szenario: Nach der durch das Corona-Virus erzwungenen Spielpause ist die Hauptrunde Ende April fortgesetzt worden. ratiopharm ulm hat sich nach einem Heimsieg gegen die Gießen 46ers am letzten Spieltag für die Finalrunde qualifiziert. Sie wird der besonderen Umstände wegen nach einem neuen, verkürzten KO-Modus von den acht besten Hauptrunden-Teams Anfang Juni ausgetragen. Wie eine Eins stehen die Ulmer hintern ihrer Mannschaft. Das alte – hochemotionale aber gesundheitlich unbedenkliche – Basketball-Virus hat die Ulmer Fans wieder erfasst: We are one.


FEATURE

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FÄTTER SUPPORT! WIE ACHT BLASMUSIKER DIE ULMER BASKETBALLCOMMUNITY ZUM HÜPFEN BRINGEN.


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>> BLASMUSIK ZWISCHEN TRADITION UND MODERNE << TEXT Martin Fünkele FOTO Alexander Fischer, Harry Langer, Marcel Merli

Wenn die Anfangstöne von Gigi D‘Agostinos „L‘Amour Toujours“ in der ratiopharm arena erklingen, gibt es kein Halten mehr. Tanzende Fans, lachende Gesichter – Party-Stimmung, ausgelöst von acht Musikern, die ihre Instrumente alle von Hand spielen. Kein Synthie, kein Loop, kein Schnickschnack. Musik pur – allerdings mit ganz viel Schub und Tanzpotential, das ist das Rezept von Fättes Blech, der offiziellen Club-Band von ratiopharm ulm. Typisch Ulm! Als erster Club der BBL präsentiert ratiopharm ulm eine eigene Club-Band. Und wie der Club selbst, ist Fättes Blech alles andere als Mainstream. Wo andere Sportvereine sich an einer Vereinshymne versuchen, präsentiert ratiopharm ulm Blasmusik der anderen Art. Gegründet vor rund sieben Jahren im Allgäu spielt Fättes Blech mittlerweile bis zu 30 Konzerte im Jahr. Was auf Geburtstagen und Familienfesten rund um das idyllische Wangen begann, ist dem heimeligen Rahmen längst entwachsen. Schon im Sommer 2017 begeisterte Fättes Blech in der oberösterreichischen Gemeinde Ort mehr als 15.000 Menschen. „Woodstock der Blasmusik“ nennt sich das Festival, bei dem Fättes Blech auch diesen Sommer wieder zu hören sein wird. Doch egal auf welcher Bühne die achtköpfige Band spielt, ihren eigenwilligen Sound machen sie immer

WER IST FÄTTES BLECH?

selbst. Die Tuba sorgt für den Schub, Saxophon und Trompete geben die Melodie vor und wenn Posaunist Andreas Joos loslegt, ist der Funke meist schon übergesprungen. „Wenn die Leute tanzen, obwohl ich nur Posaune spiele, dann ist das schon speziell“, beschreibt Joos die Magie der Töne. Joos hat die Band als Teenager mit der Idee, „Blasmusik populär zu spielen“, gegründet. „Wichtig war uns immer: Wir brauchen nur unsere Instrumente und dann geht es los.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn Fättes Blech vor den Heimspielen von ratiopharm ulm im Foyer der Arena spielt, funktioniert dieses Prinzip genauso, wie bei ihrem Musik-Video. Im Sommer 2017 hat sich die Band im Englischen Garten in München getroffen und spontan den Song „Mixtape“ des Jazz-Komponisten Jamie Cullum eingespielt. Ihrem Publikum war das Stück genauso unbekannt wie die Musiker selbst. „Wir hatten nichts geplant und einfach gehofft, dass die Leute zu unserer Musik tanzen“, erinnert sich Joos an den Video-Dreh. Der fertige Clip, den immerhin rund 40.000 Menschen auf YouTube gesehen haben, gleicht einem Feel-GoodMovie in dem shiny happy people den Moment genießen. Aber das Prinzip „Fättes Blech“ funktioniert nicht nur bei jungen Leuten. „Ich erinnere mich noch gut an eine Situation in

Das sind Saxophonistin Isabella Lingg, Schlagzeuger Elias Bentele im ständigen Groove mit dem Schwermetall von Tubist Florian Hatzelmann. Arrangeur und Leader der Band ist Andreas Joos, der zusammen mit Simon Heimpel Posaune spielt. Dazu das fätte Trompetentrio mit Bartholomäus Natter, Robert Rothenhäusler und – auch als Sänger am Start – Philip Stotz. Inzwischen international gefragt, tourt Fättes Blech nicht nur in Deutschland von der „Brasswiesn“ bis zu den „World Blasmusik Days“, sondern ist auch bei den „Kantonalen Musiktagen“ in Luzern, BLOW! Festival in Kerkrade oder beim „Woodstock der Blasmusik“ in Ort am Inn am Start. fättesblech.de


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>> WIR SPIELEN OHNE ELEKTRONIK, NUR MIT HANDGEMACHTER BLASMUSIK <<

einer Fußgängerzone, als wir ein Stück von Blumentopf gespielt haben und ein älterer Herr dazu getanzt hat. Hätte Blumentopf im HipHop-Stil gespielt, hätte der Mann nicht getanzt. Unsere Blasinstrumente haben ihn gepackt“, sagt Joos. So seltsam die Kombination aus Blasmusik und Basketball daherkommt, so gut passt die Mischung zusammen. Das verdeutlichen nicht nur die Auftritte von Fättes Blech bei den Ulmer Heimspielen, das erklärt auch die lange Tradition von „Brass Bands“ im College-Sport. Wenn die sogenannten Marching Bands loslegen, wird jeder mitgenommen. Fättes Blech spielt aber nicht nur auf großen Bühnen und in vollen Bierzelten. Für den Bayerischen Rundfunk haben sie einmal ein Guerilla-Konzert in Oberstaufen gegeben – in kurzen Hosen und auf der Skipiste. „Wir spielen ohne Elektronik, nur mit handgemachter Blasmusik. Eine E-Gitarre klingt immer gleich, eine Posaune nicht immer. Der Effekt begeistert die Leute“, sagt Joos in dem BR-Beitrag. „Bei uns auf dem Dorf hast du die Wahl zwischen Fußballverein und Blasmusik. Wenn du für Fußball zu langsam bist, gehst du zur Blasmusik“, beschreibt Bandmitglied Florian Hatzelmann den typischen Werdegang eines Blasmusikers. Diesen Weg ist auch Andreas Joos gegangen – allerdings auf sehr hohem musikalischem Niveau. Angefangen hat der 22-Jährige im Musikverein. Dann folgte die Musikschule, später das Musikstudium in Basel und Augsburg. Heute ist Joos einer von vier Profi-Musikern in der Band. Joos studiert klassische Posaune,

kann also sowohl im Symphonie Orchester musizieren, als auch mit Fättes Blech Alarm machen. Im Sommer ist die Band fast jedes Wochenende auf Tour. Gespielt wird auf Musikfesten, Brass-Festivals oder FeuerwehrJubiläen. Das erfordert großen Einsatz und Flexibilität. Für Sänger Philip Stotz ist das am schwierigsten: Im echten Leben ist Stotz Apfel-Bauer und bewirtschaftet einen Bio-Bauernhof. Doch die Liebe zur Musik und der Wunsch, „mit Blasinstrumenten Popmusik zu machen“, (Joos) schweißt die Band zusammen. Aktuell arbeitet Fättes Blech am ersten eigenen Album. Den Sound beschreibt Bandleader Joos mit „Hip-Hop-PopBrass“. Die Einflüsse von LaBrassBanda oder Moop Mama, den bekanntesten deutschen Brass-Bands, werden immer noch zu hören sein, doch Fättes Blech will seinen eigenen Stil entwickeln und Cover-Songs durch Eigenkompositionen ersetzen. Bis das neue Album im November 2020 erscheint und die Songs in den Köpfen und Füßen der Menschen angekommen sind, wird es noch ein bisschen dauern. Bis dahin werden Fättes Blech ihren Gigi D‘Agostino Klassiker als Club-Band von ratiopharm ulm noch einige Male in der ratiopharm arena spielen. Und wem das nicht reicht, der kann sich Fättes Blech auf sein ganz persönliches Wohnzimmer-Konzert nachhause holen. Wobei Andreas Joos zu bedenken gibt. „Wir haben das schon ein paar Mal gemacht und aus den geplanten 45 Minuten sind meistens eineinhalb Stunden geworden. Einfach deshalb, weil es uns so großen Spaß macht, die Leute mit unserer Musik zum Tanzen zu bringen.“

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Ihr wollt es mal so richtig krachen lassen? Eure Freunde einladen, eine Party feiern und dafür eine Live-Band präsentieren? Mit der Band können wir Euch helfen! Am Samstag, den 9. Mai spielt Fättes Blech ein exklusives Wohnzimmer-Konzert! Und Ihr könnt es gewinnen! Wenn die Ulmer ause auftreten soll, schickt uns einfach eine E-Mail mit dem Betreff „Fättes Club-Band bei Euch zu Hause Blech“ an orangezone@bbu01.com und erklärt uns, warum gerade Ihr der richtige Gastgeber seid.


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INTERVIEW

ORANGECAMPUS

TEXT Martin Fünkele FOTO Harry Langer

BESSER KANN

Dr. Wolfgange Klimke ist Geschäftsführer von Scherr+Klimke. Die 1957 gegründete Planungsgesellschaft ist seit 2004 eine Aktiengesellschaft. Die Geschäftsanteile werden ausschließlich von leitenden Mitarbeitern gehalten. Das Unternehmen mit über 140 Mitarbeitern an vier Standorten gehört zu den führenden Planungsgesellschaften in Süddeutschland. Scherr+Klimke ist seit 2011 Club Partner von ratiopharm ulm.

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Christian Schmid ist einer der drei Geschäftsführer beim Bauunternehmen Matthäus Schmid. Das 1963 von Matthäus Schmid gegründete Unternehmen ist insbesondere im süddeutschen Raum im Hochbau, im Brücken- und Ingenieurbau, im Holz- und Stahlbau, in der Sanierung sowie im schlüsselfertigen Komplettbau tätig. Die Firma wird in zweiter Generation von den drei Söhnen des Unternehmensgründers geleitet. Die Firmengruppe Schmid beschäftigt rund 350 Mitarbeiter und ist seit 2018 Top Partner von ratiopharm ulm.

ES NICHT SEIN!


INTERVIEW

ORANGECAMPUS

DR. WOLFGANG KLIMKE HAT IHN ERDACHT, CHRISTIAN SCHMID ERBAUT. EIN DOPPELINTERVIEW MIT ZWEI MÄNNERN, OHNE DIE DER ORANGECAMPUS NIE ENTSTANDEN WÄRE.

Es ist ein kalter Februarmorgen. Christian Schmid und Dr. Wolfgang Klimke sitzen im Baucontainer. Noch ist der OrangeCampus eine matschige Baustelle. An den Wänden der Behelfsunterkunft ist der Bauprozess abgebildet: Der detaillierte Monatsplan weist auf die Eröffnung im Frühsommer hin. Höchste Zeit, um über die Entstehungsgeschichte zu sprechen.

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Was empfinden Sie, wenn Sie im Frühjahr 2020 über die Baustelle gehen? Klimke: Freude und ein bisschen Stolz. Was wir sehen, ist ein großartiges Projekt, das an einer ganz prominenten Stelle genau so entsteht, wie wir uns das gewünscht haben. Besser kann es nicht sein. Herr Schmid, wie viele Menschen arbeiten gleichzeitig auf der Campus-Baustelle? Christian Schmid: So wie die Baustelle gewachsen ist, so nimmt auch die Anzahl der Arbeiter zu. Los ging es im Oktober 2018, im September 2019 war dann der Rohbau fertig und jetzt steht die Fertigstellung im Mai 2020 kurz bevor. Aktuell sind wir zwischen 50 und 100 Arbeiter.

Ihre Firmen wurden beide 2016 mit dem BIM-Award für innovatives Planen und Bauen ausgezeichnet. Ist es ein Zufall, dass sie nun gemeinsam am OrangeCampus arbeiten? Klimke: Ja, das ist Zufall. Schmid: Ich glaube nicht, dass es Zufall ist. Dazu muss man zunächst wissen, was BIM ist. Dabei geht es nicht um eine Software, sondern um einen Prozess, der das Ziel hat, Gebäude gesamtheitlich zu betrachten. Also vom Entwurf über alle Lebenszyklen bis zum Abbruch. Scherr+Klimke hatte ein BIM-Modell erstellt, das uns 2016 in der Kostenschätzung sehr geholfen hat. Auf dieser Grundlage haben wir unser Angebot verbessert und uns letztlich damit durchgesetzt. Daraus hat sich ein Partnerschaftsmodell entwickelt, mit dem alle immer die Kosten im Blick haben. Ein wesentlicher Bestandteil von BIM ist ja, dass man gemeinschaftlich denkt und handelt, also Daten und Informationen jederzeit austauscht. Dieser teamorientierte Gedanke passt sehr gut zum Basketball.

Wie organisiert man so eine große Gruppe. Der eine muss ja wissen, was der andere tut? Schmid: Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Das ganze Team wird von einer starken Bauleitungstruppe, allen voran unser Projektleiter Peter Seifert, geführt. Damit das alles zusammenläuft, gibt es sehr viele Besprechungstermine. Sowohl mit dem Bauherrn, als auch intern. Außerdem wurde das gesamte Gebäude ja in 3D modelliert, was sowohl den Planern, als auch allen beteiligten Handwerkern sehr hilft. Um all das zu bündeln, haben wir ein Lean-System entwickelt, mit dem wir immer die kommenden sechs Wochen taggenau gemeinsam mit allen Akteuren vorplanen.

Auf dem OrangeCampus bauen Sie ja eigentlich für zwei Bauherren: Einmal für den gemeinnützigen Verein BBU ’01, dann für eine wachstumsorientierte GmbH. Herr Schmid, wissen Sie wo die Trennlinie zwischen gemeinnützigem und gewerblichem Teil verläuft? Schmid: Das wissen wir sehr genau. Die Trennlinie ist auf allen Plänen markiert. So gehören die Hallen, die Umkleidekabinen, die Sanitärräume und ein großer Teil des Foyers zum Verein, das Fitnessstudio, die Büros und die Kantine hingegen zur GmbH.

Herr Dr. Klimke, wie viel hat der OrangeCampus noch mit der Skizze zu tun, die Sie ganz am Anfang der Planungen auf einem Papiertaschentuch angefertigt haben? Wolfgang Klimke: Eigentlich kommt die erste Skizze gar nicht von mir, sondern von Dr. Thomas Stoll. Er hat bei einem ganz frühen Treffen ein kariertes DIN A4-Blatt dabeigehabt, auf das er ein paar Rechtecke gemalt hatte. Das Papiertaschentuch ist also ein Mythos, wenngleich ich im weiteren Verlauf der Planung immer wieder kleine Zeichnungen auf Bierdeckel und Servietten gemacht habe. Sie begleiten das Projekt seit der ersten Stunde. Hatten Sie zwischenzeitlich die Befürchtung, dass aus der Idee niemals Realität werden würde? Klimke: Eigentlich nie. Ich kenne Dr. Thomas Stoll und Andreas Oettel schon sehr lange und habe miterlebt, wie sie ratiopharm ulm entwickelt haben. Deshalb war ich mir sicher: Die packen das an und ziehen es durch. Aus heutiger Sicht überrascht mich mein Optimismus, weil es ja doch einige Rückschläge gab. Aber das zeigt eben auch, wie unbeirrt die beiden an die Idee geglaubt haben.

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INTERVIEW

ORANGECAMPUS

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Herr Schmid, der OrangeCampus ist nicht nur aufgrund seiner Lange am DonauUfer ein „Green Campus“, sondern vor allem, weil er 80 Prozent seines Energieverbrauchs selbst deckt. Können Sie die Hintergründe einem Laien erklären? Schmid: Grundsätzlich geht es um zwei Punkte: Mit welcher Anlagetechnik gewinne ich die Energie und wie sorge ich dafür, dass möglichst wenig davon verloren geht? Ein wesentlicher Punkt im OrangeCampus ist, dass wir das Grundwasser als Wärmeträger verwenden. Wir haben auf dem Gelände vier Wärmepumpen mit einer

Welche Herausforderungen ergeben sich aus dieser Konstellation? Schmid: Wir müssen alle Beauftragungen und Abrechnungen einmal dem Verein und einmal der GmbH zuordnen. Die Aufträge sind so gesplittet, dass zum Beispiel der Trockenbauer immer weiß, ob er für die GmbH oder den Verein arbeitet. Klimke: Über diese Trennung wurde im Vorfeld ja intensiv diskutiert. Insbesondere im Ulmer Rathaus gab es mehrere Gespräche, wo es um den Verlauf der Trennlinie ging. Schmid: Das Ergebnis ist, dass eine Realteilung theoretisch möglich ist. Das heißt, dass ein Teil theoretisch autark vom anBeim „Building Information Modeling“ (BIM) deren betrieben werden könnte.

WAS IST BIM?

werden alle relevanten Gebäudedaten digital

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ses System liefert eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. In Verbindung mit weiteren energiesparenden Materialien wie LEDLampen und einer sehr guten Dämmung kommen wir auf einen Effizienzwert, der deutlich unterhalb der gesetzlichen Vorgaben liegt. Klimaneutralität ist nicht nur im Bau eines der großen Themen unserer Zeit. Herr Klimke, kann der OrangeCampus in diesem Zusammenhang eine ähnliche Vorreiterrolle einnehmen wie, in der Nachwuchsförderung? Klimke: Das ist vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen. Wenngleich hier viele gute und neue Elemente verbaut wurden, die der Nachhaltigkeit dienen, ging es immer um die Funktion des Gebäudes. Und das ist: optimale Trainingsbedingungen für die Sportler zu schaffen. Dass ein solches Gebäude in unserer heutigen Zeit möglichst energieeffizient gebaut wird, war von Beginn an sehr wichtig.

erfasst, kombiniert und vernetzt. Es entsteht Sie haben mit Ihren Unterein dreidimensionales Modell, auf das alle nehmen in Ulm schon bemerAkteure in jeder Planungsphase Zugriff haben. kenswerte Projekte realisiert (Anm. d. Red. Scherr+Klimke Die Planung erfolgt in fünf Dimensionen: realisierte das mehrfach ausgeZusätzlich zum 3D-Modell des Bauwerks zeichnete Parkhaus Neue Mitte, werden die Kostenbausteine (4. Dimension) Matthäus Schmid baute unter sowie die Zeitkomponenten (5. Dimension) anderem die Synagoge oder die hinterlegt. Änderungen in der Planung wirken Blautalbrücke). Wie ordnen Sie sich demnach unmittelbar auf Kosten und Zeit den OrangeCampus in diesem aus. Sowohl Scherr+Klimke, als auch Matthäus Zusammenhang ein? Schmid wurden mit einem „BIM-Award“ Schmid: Als ein sehr spannenausgezeichnet. des Projekt, das durch seine Größe eine tolle Referenz für das Partnerschaftsmodell ist. Klimke: Was die Region betrifft, ist der OrangeCampus ohne Zweifel ein Leuchtturmprojekt. Wenn man bedenkt, was an dieser Stelle Gesamtleistung von 600 KW – in einem Welche Hoffnung verbinden Sie mit der Ferbisher war! Am Gelände fahren täglich Wohnhaus kommen sie auf 10 bis 15 KW. tigstellung im Sommer 2020? tausende Autos vorbei, die jetzt sehen, dass Die Wärmepumpen arbeiten mit Grund- Klimke: Das Wichtigste für alle ist: Lob und in Ulm und Neu-Ulm etwas passiert. wasser, das sowohl zum Heizen, als auch Anerkennung für die mutige Entscheidung. zum Kühlen verwendet wird. So kommt das Und dann natürlich die Hoffnung auf viele Können Gebäude eine Gesellschaft prägen? gesamte Gebäude im Sommer ohne mecha- schöne Spiele, Spannung und Erfolg. Kann das der OrangeCampus für die Re- nische Kälte aus. Den Eigenstrom für die- Schmid: Ich erhoffe mir, dass das Gebäude in der Bevölkerung Akzeptanz findet und gion Ulm/Neu-Ulm? dass hier junge Sportler gut ausgebildet Klimke: Die Attraktivität eines Gebäudes werden. Persönlich wünsche ich mir, dass wirkt auch in den Sport hinein. Diese sich das Teamwork, das wir beim Bauen Attraktivität übt eine hohe Anziehungskraft vorgelebt haben, im OrangeCampus fortaus und wird gute Leute hierher bringen. setzt. Natürlich ist der Inhalt das Wichtigste, aber die Hülle muss eben auch dazu passen. Die richtige Konzeption im richtigen Gebäude – das ist, was hier entsteht und das finde ich super.


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