Rauszeit 2015/02 – CAMP 4

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RAUSZEIT

RAUSZEIT AUSZEIT WEGE.

ABENTEUER.

Preis: 2,00 €

FOTO Cecilie Skog

FOTO Stefan Bode

FOTO Joachim Stark

FOTO Dan Patitucci

MENSCHEN.

Ausgabe Winter 2015/2016

ERLEBT

BESSERWISSER NACHGEFRAGT

Wildes Georgien. Mit Ski und Abenteuerlust im Gepäck auf den Gipfel des 5.033 Meter hohen Kazbeg. Mehr auf S. 8

Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn auf Tour ein Ausrüstungsdefekt in die Quere kommt, heißt es selbst reparieren oder improvisieren. Mehr auf S. 18

Verrücktes Huhn oder Outdoor-Elfe? Die norwegische Abenteurerin Cecilie Skog im Porträt. Mehr auf S. 22


RAUSZEIT Winter 2015/2016

KUSCHEL-KNALLER

FOTO antonivano/fotolia.de

Hütte, heißer Kaffee, draußen tobt der Wintersturm. Was für ein Kleidungsstück wünscht man bzw. Frau sich da? Richtig: einen – sorry – »saugemütlichen« Wollpulli. Der »Minde Lady Jumper« von Bergans erfüllt diesen Wunsch. Er ist komplett aus Merinowolle und passt mit seiner dezenten Optik ebenso ans Lagerfeuer wie ins Szene-Café. Der hohe Kragen wärmt den Hals bis zum Haaransatz und ist über einen circa 20 Zentimeter langen Reißverschluss regulierbar – also je nach Bedarf zum Dampf ablassen oder Wärme speichern. Und was Frauen besonders lieben: Daumenschlaufen für warme Handrücken. Wenn’s mal zu warm oder anstrengend wird: Merinowolle kann bis zu einem gewissen Grad nicht nur Feuchtigkeit aufnehmen, ohne an Isolationskraft zu verlieren. Sie reduziert auch die Geruchsbildung in der Kleidung deutlich. Traumhafter Tragekomfort – das Lieblingsteil für die kalte Jahreszeit, versprochen! Bergans Minde Lady Jumper Preis: 119,95 Euro

Einfach leben! Das klingt banal, aber ist es das auch? Man kann diese beiden Wörter in zweierlei Hinsicht lesen. Und gerade dann ergeben sie einen Zusammenhang. Unsere Welt ist weit entfernt davon, einfach zu sein. Es kommen zwar immer mehr Technologien und Produkte auf den Markt, die unser Leben vermeintlich einfacher machen sollen. Aber in Wirklichkeit nimmt es an Komplexität und Geschwindigkeit zu, mit jedem Jahr, mit jeder Innovation. Keineswegs soll das heißen, dass Innovationen und neue Technologien etwas Schlechtes wären. Mitnichten! Nur immer öfter stellt sich die Frage, ob wir sie auch wirklich für ein »besseres« Leben nutzen. Mit LTE-Geschwindigkeit lassen sich E-Mails noch schneller von unterwegs abarbeiten. Hochgeschwindigkeitsstrecken erlauben noch schnellere Transfers zwischen Großstädten. Modernere und größere Flughäfen ermöglichen noch mehr nationalen und internationalen Verkehr. Hochaktuelle Buchungsplattformen, Wetter-Apps und Tiefpreis-Shopping-Portale versorgen uns mit allem, was wir für einen erlebnis- und erfolgreichen Lifestyle brauchen … Dagegen steht, dass viele Menschen beim »Mithalten« ausbrennen und ausbrechen, dass noch nie so viele freiwillig Auszeiten auf Bergalmbetrieben gesucht haben. Und dass Wellnessangebote aus dem Boden sprießen, die klar in Richtung Enthaltsamkeit gehen. Diese Entwicklung erinnert an die Anekdote Heinrich Bölls von dem Touristen, der einen Fischer trifft: »Ein Tourist weckt in einem Hafen an der Küste Westeuropas einen in seinem Boot schlafenden Fischer auf, als er Fotos macht. Nachdem er ihm eine Zigarette geschenkt hat, befragt er ihn zu seinen heutigen Fängen und erfährt, dass dieser bereits fertig gefischt hat und mit seinem Fang zufrieden ist. Der Tourist begreift nicht, wieso der Fischer nicht öfter ausfahren möchte, um finanziell aufzusteigen und erfolgreich Karriere zu machen, und schildert ihm enthusiastisch, was er durch mehr Arbeit alles erreichen könnte. Am Gipfel seiner Karriere angekommen, könne er sich dann zur Ruhe setzen und in Ruhe im Hafen dösen. Der Fischer erwidert, dass er das auch jetzt schon könne. Der Tourist begreift, dass nicht nur mehr arbeiten zum Glück führen kann.« Das ist das Einmalige, Faszinierende und Inspirierende an den kleinen und großen Outdoor-Abenteuern: Ob ein spontanes Winterpicknick mit der Familie und guten Freunden am GeheimtippFleckchen vor der Haustür (siehe auch ÜBRIGENS auf S. 5) oder eine Wintertour mit Zelt und Pulka im hohen Norden (siehe ERLEBT Inarisee auf S. 12) – sehr schnell reduzieren sich unsere Bedürfnisse auf das Wesentliche, und der Blickwinkel auf viele Dinge wird korrigiert: warm, satt, trocken, gesund, gute Freunde. Eigentlich nichts Besonderes, eher Selbstverständlichkeiten, einfache Dinge … einfach leben. Was eine kleine RAUSZEIT so alles bewirken kann ...

FOTO Peter Wilson/HANWAG

STANDPUNKT

HIMALAYA AM FUSS Es weht ein Hauch von Tibet durch das bayerische Voralpenland. Denn seit Kurzem verbaut der oberbayerische Wander- und Bergschuhspezialist Hanwag – neben klassischem Rindsleder – in der limitierten Wanderschuhserie »Yak« robustes, tibetisches Yak-Leder. Wegen der klimatisch harten Bedingungen wachsen diese Hochlandrinder viel langsamer als ihre Verwandten in unseren Breiten. Ihr Leder ist dadurch sehr robust und strapazierfähig, gleichzeitig aber geschmeidig und anpassungsfähig. Das geprüfte Material stammt direkt und ausschließlich aus der Lhasa Leather Factory in Tibet. Vier Monate lang werden die Häute unter der Erde gelagert, um auszuhärten, danach gegerbt, gereinigt und getrocknet. Die Arbeiter produzieren dort nach westlichen Standards zu fairen Bedingungen. Ein Modell aus der Serie ist der Wanderschuh Lhasa. Eine leichte, aber bequeme Vibram-Sohle mit gutem Abrollverhalten sorgt für tagelanges Gehvergnügen. Gleichzeitig bietet der hohe, flexible Schaft einen festen Sitz. Das Innenfutter besteht aus chromfrei gegerbtem Leder und ist frei von allergieauslösenden Stoffen. Hanwag Lhasa Preis: 259,95 Euro

Foto Titelseite

Einen wunderbaren Winter wünschen Andreas Hille, Michael Bode und Teams

Janine Patitucci genießt die verschneite östliche Sierra Nevada in einer heißen Quelle bei den Mammoth Lakes in Kalifornien. Fotografiert von Dan Patitucci

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FOTO Joel Jemander/HILLEBERG

ALLZWECK-HAUS Das Allak von Hilleberg ist das Lieblingszelt von vielen, vielen Mehrtagesgästen in der freien Natur. Warum? Weil es sich für nahezu jeden Einsatzzweck eignet. Der größte Pluspunkt ist seine freistehende, stabile Konstruktion bei einem verhältnismäßig geringen Gewicht von maximal nur 3,3 Kilo. Aufstellen lässt sich das Allak nahezu überall und auf nahezu jedem Untergrund: auf einer kleinen Schäreninsel, auf einem Felsvorsprung, auf Sand, auf Schnee, auf einer Eisscholle, auf Kies, auf Tundra-Boden oder auf einer Verkehrsinsel. Die Bewohner dieser Zwei-Personen-FeWo werden durch ein sich drei Mal kreuzendes, 9 Millimeter starkes Aluminium-Gestänge von DAC sowie das fast schon legendäre Nylon-Ripstop-Gewebe Kerlon 1200 gegen intensive Wetterkapriolen geschützt. Zwei Eingänge mit zwei geräumigen Apsiden verhelfen zu Frieden und Ordnung auf Tour. Wir versprechen: Wer sich auf das Allak einlässt, erfährt Liebe auf den ersten Trip. Hilleberg Allak Preis: 994,95 Euro

LADY-HANDGEPÄCK Man(n) fragt sich des Öfteren, was die besseren Hälften so alles in ihren Handtaschen verstauen. Zumindest der Frage nach dem »wie« hat sich Gepäck-Spezialist Osprey angenommen. In der auf weibliche Bedürfnisse zugeschnittenen DamenUmhängetasche »Flap Jill Mini« hat alles seine Ordnung: Schlüssel, Handy, Geldbeutel, »Damen-Accessoires«, Jäckchen und genügend Platz für einen Tablet-PC oder einen kleinen Laptop in gepolstertem Fach. Der Schulterriemen aus rutschfestem Material ist auf die weibliche Anatomie zugeschnitten. Und für die nächste Flugreise: Der Flap Jill Mini ist auf die maximale EU-Handgepäcksgröße zugeschnitten. Osprey Flap Jill Mini Preis: 59,95 Euro

ELEMENTARTEIL

TROPFSTOPP

Es gibt Jacken, die kann und will man immer und zu jeder Gelegenheit tragen. Das Atom LT Hoody gehört zu dieser Kategorie. Kuschelig weich, aber nicht zu warm, leicht (330 Gramm) und klein verpackbar, ausgestattet mit einer dezenten, alltagstauglichen Optik. Selbst innerhalb der vier Wände tut man sich schwer, das Teil wieder ausziehen zu wollen. Bei ambitionierten FrischluftAktionen in der kalten Jahreszeit spielt das Atom LT Hoody seine Stärken aus, egal, ob als oberste Lage oder als isolierende Zwischenschicht getragen. Die Kunstfaserfüllung transportiert Schwitzfeuchtigkeit vom Körper weg, ohne dadurch nennenswert an Isolationskraft zu verlieren. Seitliche Einsätze aus elastischem Fleece-Material (Polartec Power Stretch) erlauben Verrenkungen aller Art. Und auch wenn es keine Regenjacke ist, der Nylon-Außenstoff bietet einem Schauer ordentlich Paroli. Etwas vergessen? Ach ja: Halsabschluss und Kapuze halten dank Superschnitt und Gummizug richtig schön warm. Ein echtes Haben-und-nie-wieder-hergeben-wollen-Teil. Arc’teryx Atom LT Hoody Women’s Preis: 219,95 Euro

Plötzlich war er da, der Regenschauer. Die Jeans völlig durchweicht, Jahre des Trocknens stehen bevor. Wer keinen Bock auf solche Szenarien hat, sollte sich die »Drop Pants II« von Vaude dauerhaft in seinen Rucksack packen. Die mit nur 180 Gramm wirklich federleichte Regenhose ist die Notfalllösung für jegliche Draußen-Aktivitäten – ob Mehrtageswanderung oder täglicher Radl-Ritt ins Büro. Eine doppelte Stofflage im Gesäßbereich sichert gegen Durchscheuern. Der Beinabschluss ist regulierbar und auf die jeweilige Hose darunter einstellbar, so gerät nichts ins Kettengetriebe beim Radeln und die Hose dichtet nach unten ab. Reflektierende Teile auf Vorder- und Rückseite machen den Autofahrer auf den Träger aufmerksam. Mit einem integrierten Packbeutel passt die Drop Pants in jedes Rucksackfach. Nix für die ganz großen Outdoor-Abenteuer, aber für jedes kleine und alltägliche ... Vaude Drop Pants II Preis: 69,95 Euro

Alle Produkte aus dieser Zeitschrift gibt es bei Basislager Kaiserstraße 231 76133 Karlsruhe www.basislager.de

RAUSZEIT Winter 2015/2016

CAMP4 Karl-Marx-Allee 32 10178 Berlin www.camp4.de

SFU Schmiedestraße 24 30159 Hannover www.sfu.de

Allgemeine Anfragen und Anregungen bitte an redaktion@rauszeit.net .

SFU Neue Straße 20 38100 Braunschweig www.sfu.de

KLETTERKOGEL Garde-du-Corps-Str. 1 34117 Kassel www.kletterkogel.de

IMPRESSUM Herausgeber und verantwortlich für den Inhalt: Michael Bode, Andreas Hille Redaktion & Konzept: outkomm GmbH, Eichbergerstrasse 60, CH - 9452 Hinterforst, www.outkomm.ch, redaktion@rauszeit.net Layout & Produktion: ALPENBLICKDREI.com Druck: Bechtle Druck & Service GmbH Copyright: Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung ist ohne Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar.

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BUCH-BESUCH

Warum lohnt sich ein Besuch in deinem Buchladen? Weil mein Sortiment für Outdoorer und Reisende eigentlich keine Wünsche offen lässt – von reichhaltiger Berg-, Fahrrad- und Wasserwanderliteratur über hoch aufgelöste Wanderkarten bis zu Individualreiseführern zu weltweiten Zielen. Und wer gern von fernen Abenteuern träumt: Spannende Reise- und Abenteuerberichte sowie Plano-Karten für die heimische Wohnzimmerwand habe ich natürlich auch. Das heißt in erster Linie Literatur für Reisende? Mitnichten. Die Auswahl an Wander- und Fahrradkarten für das Berliner Umland ist besonders umfangreich. Allerdings gebe ich zu: Die Beratung in puncto geeignete Literatur für Fernwanderungen zählt zu meinen »Spezialitäten«. Insbesondere von Hütte zu Hütte oder ganze Alpenüberquerungen. Aber auch viele weitere TrekkingTouren, sei es der 66-Seen-Weg rund um Berlin, von hier nach Paris oder die Planung individueller Touren.

FOTO Sherpa Adventure Gear

FOTO CAMP4

Eine schöne Reise, gute Tipps, der richtige Weg, die optimale Tourenplanung – all das steht und fällt mit guter Literatur. Geht es abseits ausgetretener Pfade und jenseits überbuchter Urlaubsrouten, müssen Amazon & Co. die Segel streichen. Stattdessen hilft ein Buch-Besuch bei Dr. Jürgen Seifert. Sein Reich: der Buchladen »Land.Karten« im CAMP4. Sein Spezial-Fundus: riesig. Seine Beratung: unersetzlich!

WIEDERAUFBAU MIT KÖPFCHEN Sherpa Adventure Gear, das steht für hochwertige Ausrüstung made in Nepal. Hinter der 2003 gegründeten Outdoor-Marke steckt eine Vision. Der Firmengründer Tashi Sherpa möchte mit der lokalen Produktion von Outdoor-Bekleidung die nepalesische Bevölkerung wirtschaftlich teilhaben lassen. So stammen 80 Prozent der Artikel direkt aus Nepal. Für die Mützen schwingen in etwa 800 nepalesische Frauen in den eigenen vier Wänden ihre Stricknadeln. Mit einem Fleece-Band versehen schmiegen sich diese feinen Mützen aus 100 Prozent Lammwolle kuschlig an und halten die eigene Schaltzentrale warm. Um die Menschen vor allem nach dem großen Erdbeben im Frühjahr 2015 noch besser zu unterstützen, geht ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf der Kleidung an die Paldorje Education Stiftung. Deren Mitarbeiter kümmern sich um hilfsbedürftige Familien und errichten Schulen in abgelegen Regionen Nepals. Sherpa Adventure Gear Wintermützen Preis: 29,95 Euro

KLASSIK TRIFFT MODERNE Aber wäre eine Bestellung bei Amazon nicht bequemer? Bequemer vielleicht, aber nicht immer zielführend. Ich habe wirklich viel Spezial-Reiseliteratur, z. B. sicherlich nicht alltägliche Titel wie der dänische NaturcampingFührer »Overnatning«, die Trekking-Karte »Torres del Paine« in Patagonien oder die Landkarte vom MekongDelta. Solche Schätze findet man am besten durch persönliche Beratung und beim gemütlichen Stöbern – das kann Amazon nicht bieten. Und wenn tatsächlich etwas nicht vorrätig sein sollte, kann ich es kurzfristig organisieren.

Früher war alles besser ... Wir wissen, das stimmt natürlich nicht, aber im Umkehrschluss sind manche Dinge einfach klassisch schön. Wie etwa der Rucksack Nr. 21 von Fjällräven. Er ist Teil der »Numbers«-Linie von Fjällräven, die damit echte Klassiker wieder aufleben lassen. Unterschätzen sollte man das schwedische Retro-Teil aber nicht. Denn dass der Tagesrucksack nicht (nur) von gestern ist, das zeigt das durchdachte Laptop-Fach samt gepolstertem Boden. Daneben ist in einer speziellen Tasche Platz für eine Flasche/Thermosflasche, passend für Ausflüge in der kalten Jahreszeit. Das Material ist für Jahrzehnte gemacht: G-1000 Heavy Duty lautet die offizielle Bezeichnung. Übersetzt heißt das: die nahezu unkaputtbare Version des Fjällräven Baumwoll-Gewebes G-1000. Selbst die herausnehmbare Sitzmatte ist mit dem verstärkten Material überzogen. Verzurrt wird das nur 960 Gramm leichte gute Stück mit satten Lederriemen. Ein langlebiger Hingucker mit zweckmäßigem Innenleben. Fjällräven Rucksack Nr. 21 Preis: 179,95 Euro

Dein Buchtipp? Bill Brysons »Picknick mit Bären« – humorvolles und wirklichkeitsnahes Outdoor-Erlebnis zwischen Lachen und Weinen. Prädikat: sehr lesenswert!

UNTERNEHMUNGS-BERATER: Matthias Müller Ursprüngliche Natur, unendliche Weite, ausgiebige Ruhe – abseits vom »Zivilisations- und Wohlstandsgehechel« fühlt sich Matthias Müller am wohlsten. Perfekte Spielplätze sind für ihn Wintertouren im hohen Norden. Dass »ein bisschen Wohlstand im Rucksack« auch nicht schaden kann, wie er sagt, hat er nicht erst bei seiner Arbeit im CAMP4 lernen müssen. Er ist ein Outdoorer klassischer Schule, in Sachen Materialkunde und Produktweisheit macht ihm keiner etwas vor. Klar, denn besonders im Winter ist die passende Ausrüstung entscheidend für den Wohlfühl- und Überlebensfaktor unterwegs. Natürlich sucht Matthias auch in der warmen Jahreszeit so oft es geht die Ruhe der Natur, dann bevorzugt mit dem Kanu oder Fahrrad. Seit wann bei CAMP4? Seit 2000.

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Gelernter Beruf? Ich habe zuerst Tischler gelernt. Danach Krankenpfleger, u.a. in der Psychiatrie – ein guter Erfahrungsschatz. Dein Lieblingsverkaufsbereich und warum? Schuhe und Zelte. Schuhe, weil sie die Grundlage von jeder Draußen-Aktivität sind und hier intensive Beratung nötig ist. Zelte, weil sie DER Rückzugsort auf langen Touren sind. My tent is my castle, ist da meine Devise. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest du auf Tour nie verzichten? Einem »Vorruheständler« darf natürlich nie ein bequemer Sessel fehlen. Deshalb habe ich die Therm-a-Rest »Trekker Lounge« immer dabei. Welches Reiseziel steht ganz oben auf deiner Liste? Vermutlich wieder der hohe Norden ...


FOTO shaiith/fotolia.de

ÜBRIGENS …

FEUER AUF EIS

Merinowolle in gewobener oder gestrickter Form, klar, das kennen wir. Aber als luftige Füllung? Merinoloft von Icebreaker ist eine neue Form von flauschig-leichter Isolationsfüllung. Dafür werden Merinowolle und normale Schafschurwolle gemischt, zu einer Wollwattierung verarbeitet und mit einer kleinen Menge Bio-Kunststoff angereichert. Dadurch wird das Produkt leicht waschbar – was allerdings nicht oft nötig ist, denn Schafwolle wirkt antibakteriell und damit geruchshemmend. Eingebettet ist das Wollvlies zwischen einen wind- und wasserabweisenden Außenstoff aus 100 Prozent recyceltem Polyester und einem Innenstoff aus 100 Prozent Merinowolle. Fertig ist das »Helix LS Zip Hood«. Icebreaker Women’s Helix LS Zip Hood Preis: 229,95 Euro

Astronomisch gesehen ist es über 90 Tage im Jahr kalt – so lange dauert zumindest der Winter offiziell auf unserer Erdhalbkugel. Was die Wissenschaft uns mit Zahlen aber nicht vermitteln kann: Genau in dieser sogenannten »kalten Jahreszeit« zeigt sich die Natur oft von ihrer besten Seite. Klare Luft, bizarre Frostgebilde, magische Lichtspiele, mystische Nebelszenen und einsame Landschaften. Ein guter Zeitpunkt, die Küche an die frische Luft umzuziehen – und seinen Gästen Feuer unter dem Hintern zu machen. Feuer, das machte vor etwa 5000 Jahren auch Ötzi, der Mann aus dem Eis. In seinem Transport-Ledersäckchen fanden Forscher Zunderwolle, ein leicht entflammbares Material, das er in Verbindung mit einem sogenannten Funkenstein nutzte. Während bei ihm das Feuermachen im direkten Zusammenhang mit Überleben stand, spielen bei modernen Frischluftfreunden andere Faktoren eine Rolle: Faszination, Geselligkeit und Abenteuer. Diese Gefühle machen sich meist schnell am Lagerplatz breit. Dieser sollte am besten an einer windgeschützten Stelle errichtet werden. Ein Wall aus Steinen oder Schnee grenzt den Feuerkegel ein und schafft eine gemütliche Sitzecke. Als »Zunder« eignen sich trockene Äste, Gras oder kleine Holzscheite. Vor allem die Rinde der Birke brennt dank des natürlich hohen Teergehalts besonders gut und hilft, das Feuer zu entfachen. Es lodert? Dann kann der Naturkoch ans Werk schreiten – mit Kochtopf, Teekessel oder Grillrost. Was kommt nun auf den Tisch? Warme Getränke sorgen dafür, dass sich die Blutgefäße in Magen und Darm erweitern und Flüssigkeit schneller vom Körper aufgenommen werden kann. Denn selbst wenn wir bei einem winterlichen Spaziergang gefühlt nicht unbedingt ins Schwitzen geraten, der Körper verliert trotzdem »dampfend« Feuchtigkeit. Auch beim Essen kommt es auf die Temperatur an. Durch Kochen, Braten oder Erhitzen spaltet sich nämlich das Eiweiß in den Nahrungsmitteln auf und wird von unserem Verdauungssystem besser aufgenommen. »Leicht zu verdauende Energie« sollte also das Menü lauten – der kreativen Interpretation sind dabei keine Grenzen gesetzt. So geben wir dem Körper Zeit und Kraft, sich der wichtigsten Aufgabe zu widmen: der Körperheizung. Und so – warm und wohlig – lassen sich die winterlichen Naturschauspiele am besten genießen. Dann können besagte 90 Tage gerne kommen!

FEUER UND FLAMME Da sprühen die Funken, selbst bei Nässe und Kälte. Der Zündstahl mit Magnesiumlegierung lässt seinen Besitzer weder in der Höhe noch bei Regen oder eisigen Temperaturen im Stich. Bis zu 3.000 Zündungen gibt er her und produziert dabei bis zu 5.000 Grad heiße Funken. Einfach mit dem Anzünder über den legierten Stift in Richtung leicht entzündlichen Brennstoff reiben und die Funken sprühen lassen. Zum leichten Entfachen eines Lagerfeuers eigenen sich die circa 15 Zentimeter langen »Tindersticks« aus dem Holz der Pino de Ocote, einer sehr harzhaltigen Kiefernart, besonders gut. Für ein kleines Grillgelage reichen ein bis zwei Sticks aus. 2 Tindersticks + 1 Zündstahl = knisterndes Abenteuer. Light my Fire Zündstahl Preis: 11,95 Euro Light my Fire Tindersticks Preis: 3,95 Euro

FOTO Light my Fire

WOLLIGE WÄRME

ROLLKOFFER-TREKKING Nicht wundern, wenn demnächst im wilden Hinterland jemand mit Rollkoffer den Wanderpfad kreuzt. Vermutlich ist derjenige mit dem »Wood n Drift 75« von Bach unterwegs. Eine geniale Kombination aus Rollkoffer und Rucksack – stilecht und funktional mit Echtholzrahmen. Die Konstruktion aus Schichtholz und sehr robustem Cordura-Außenmaterial machen das HybridGepäck extrem stabil. Für Strecken abseits von planierten Untergründen liefern die höhergelegten, salzwasserfesten Hartgummiräder mit auf Dauereinsatz ausgelegten Kugellagern besonders viel Bodenfreiheit und nervenschonendes Rollverhalten. Kommen unterwegs von Felsbrocken übersätes Gelände, dreistellige Anzahlen von Treppenstufen oder ein Klettersteig in die Quere, lässt sich der Wood n Drift einfach in einen Rucksack mit Trekking-tauglichem Tragesystem umbauen. Dezente Verzurrriemen und umfangreiche Unterteilungen im Inneren machen den Hybrid-Roller zu einem Reisepartner für jedes Abenteuer. Bach Wood n Drift 75 l Preis: 299,95 Euro

TRAPPER-TRÄNKE

TURBOTOPF

Im Winter nicht das Trinken vergessen! Stilecht in Trapper-Manier geht das besonders gut aus der stabilen Emaille-Tasse von Relags. In zwei unterschiedlichen Größen bietet sie Platz für 360 oder 530 Milliliter heißen Kaffee, Tee, Suppe oder Glühwein. Was man sich am winterlichen Lagerfeuer eben gerne so einflößt für Stimmung und Wohlbefinden. Guter Nebeneffekt: Die Tasse ist dank Wärmeleitfähigkeit auch außen warm, kalte Hände sind also kein Thema. Auch direkt als kleiner Topf über dem Feuer oder Gaskocher einsetzbar. Relags Emaille-Tasse Preis: 3,75 Euro (360 ml)

Das Ding hat Lieblingsteil-Potenzial! Außen Wasserkessel, innen Kaminofen. Der »Samovar« bringt mit dieser Konstruktion aus robustem Aluminium Wasser in drei bis fünf Minuten zum Kochen. Nicht mit Gas oder Benzin, sondern mit Holzstückchen, Gras, Laub oder sonstigen natürlichen Festbrennstoffen. Das bedeutet: sammeln vor Ort statt schleppen im Rucksack. Das Ganze funktioniert durch die geschlossene Bauweise weitgehend wetterunabhängig. Als Extrazubehör gibt es noch ein Drahtgestell, mit dem obendrauf im Topf schon mal die Milch für den Kaffee aufköcheln kann. Alb Samovar Preis: 0,5l/39,95 Euro, 1,2l/49,95 Euro

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Domwächter, Elbsandsteingebirge. FOTO Thomas Ermer/elbsandsteinfotografen.de

Ravennaschlucht, Schwarzwald. FOTO Michael Arndt

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Dreisesselfels, Bayerischer Wald. FOTO Kilian SchĂśnberger


Berchtesgadener Hochthron, Untersbergmassiv. FOTO Pritz/F1 Online/Aurora Photos

RAUSZEIT Winter 2014/2015

RAUSBLICK WUNDERBAR WANDERBARES DEUTSCHLAND

»SIEH’, DAS GUTE LIEGT SO NAH.« JOHANN WOLFGANG VON GOETHE

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RAUSZEIT Winter 2015/2016

ERLEBT: Wildes Georgien – Skibesteigung Kazbeg

ALLES BLEIBT ANDERS Es gibt sie noch, die wilden Flecken Europas. Wer sich nach Georgien aufmacht, erlebt den Charme des Ostblocks kombiniert mit westlichem Wandel. Ganz im Nordosten des Landes wartet der Kazbeg, das alpine Wahrzeichen Georgiens, auf abenteuerlustige Skibergsteiger. »Ski, Gudauri?« spricht uns ein finster dreinblickender Typ an. Es ist fünf Uhr morgens, seit zwei Stunden schon lümmeln wir in der fast menschenleeren Flughafenhalle in Tiflis herum und warten darauf, dass der Tag anfängt. Wir, das sind Sonja, Hans, Regine und ich. Der »finstere« Typ ist Giorgi, unser Chauffeur. Er ist pünktlich auf die Sekunde. Typisch georgisch, abgemacht ist abgemacht. Über den Freund eines Freundes hatten wir schon vor Wochen das Taxi gechartert, aber nie eine Bestätigung bekommen und auch keinen direkten Kontakt zu unserem Fahrer. Aber wenn ein Georgier etwas verspricht, dann passt das auch. Diese Erfahrung haben Regine und ich schon öfters gemacht. Sehr vieles hat sich in Georgien geändert seit 2005, als wir das erste Mal dort waren. Aber aus der Sicht eines Reisenden kann ich mir kein anderes

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Land vorstellen, das in so kurzer Zeit einen derartigen Wandel erlebt hat, was die Verbesserung der Lebensqualität und der inneren Sicherheit betrifft. Natürlich gilt dies nicht für alle Gegenden und Bevölkerungsschichten. Und ich möchte auch kein abschließendes Urteil fällen über die Verhältnisse im Land. Aber für einen Touristen macht es eben einen Unterschied, ob man sich weitgehend gefahrlos von der Kneipe zum Hotel bewegen kann, ob Straßen nur aus Schlaglöchern bestehen, ob es funktionierenden öffentlichen Verkehr, Elektrizität und sauberes Trinkwasser gibt – oder eben nicht. All dies hat sich in den Jahren nach der unblutigen »Rosenrevolution« 2003 zum Besseren gewendet. Nicht schlagartig und nicht überall. Aber keine Sorge, trotz aller Veränderung sind zwei Dinge gleich geblieben in Georgien: Da ist zum einen die wirklich großartige Natur. Die Berge stehen

immer noch da, wo sie vorher standen. Sie sind immer noch wild, hoch und mit Eis und Schnee bedeckt. Zum anderen ist da die Seele dieses Landes, das auf eine jahrtausendealte, wechselhafte Geschichte zurückblicken kann. Der Kaukasus und besonders Georgien sind tief verwurzelt in ihrer Kultur und Vergangenheit. Den Menschen merkt man dies an, ihre Mentalität ist markant: selbstbewusst, stolz, etwas dominant, ein wenig impulsiv vielleicht und sehr vereinnahmend, dabei aber überaus gastfreundlich und verlässlich. Daran haben auch sowjetische Jahrzehnte, wirtschaftlicher Niedergang, flächendeckende Armut und jahrelange Korruption nichts geändert. Die Gastfreundschaft ist den Einheimischen heilig, sie ist herzlich und ein wenig ruppig zugleich. »Gaumardschoss!« lautet der Trinkspruch, der zum Wohle und mit Nachdruck ausgebracht wird: »Sei siegreich!«


HIGH QUALITY OUTDOOR EQUIPMENT SINCE 1908

HANS KRISTIAN KROGH-HANSSEN

Links: Auf dem Weg zum Kazbeg-Gipfel. Atemberaubender Blick über die ossetische Bergwelt. Oben: Ostblock-Charme und Aufbruchstimmung – in Georgien trifft man auf beides.

FLEECE

Eine der höchsten Skitouren Europas 2005 wollten wir zum ersten Mal auf den Kazbeg, diesen markanten, wunderschönen Berg. Er zeigte uns damals wahrhaftig die kalte Schulter: Whiteout! Auf 4.600 Metern Höhe mussten wir umkehren. Und nur dem GPS haben wir es zu verdanken, dass wir heil wieder runtergekommen und nicht in einer Spalte verschwunden sind ... Nun, wir sind also wieder da, im Kaukasus. Es ist Ostern, und wir haben die Tourenski im Gepäck. Dieses Mal, so haben wir uns fest vorgenommen, ist der Kazbeg, der »nationale« Berg Georgiens, fällig. Mit 5.033 Metern ist er – nach dem Elbrus – eines der höchsten europäischen Skitourenziele, je nach Definition, wie weit man die Grenze eines geografischen Europas in den Kaukasus zieht. Einen Fünftausender, das gibt es in Europa eben sonst nirgends, in den Alpen ist bei gut 4.800 Metern Schluss. Außerdem haben Regine und ich noch eine Rechnung mit ihm offen. Aber erst mal ankommen und akklimatisieren. Zwei Stunden nachdem uns Giorgi in Tiflis aufgelesen hatte, sind wir in Gudauri eingetroffen. Das größte und bekannteste Skigebiet Georgiens liegt auf über 2.000 Metern Höhe und ist sehr schneesicher – normalerweise. In diesem Jahr sind die Temperaturen mild, der Schnee schmilzt dahin, gerade noch können wir direkt am Hotel in die Bindung steigen, um eine erste kleine Eingehtour im Skigebietsumfeld zu unternehmen. Das Pistengelände reicht bis fast 3.300 Meter hinauf, und sobald man eine andere Abfahrtsroute wählt, ist man einsam und alleine mitten im wilden Kaukasus. Auch in Gudauri hat sich einiges verändert in den letzten zehn Jahren. Es wird Heliskiing mit modernen Hubschraubern angeboten, schon vor Jahren wurden die alten rostigen Liftreste durch HightechVersionen ersetzt und frisch gestaltete Buchungs-Webseiten präsentieren eine gan-

Hareid Jacket Leichte, trageangenehme Jacke aus meliertem Polartec®-Fleece.

EKSTREM TURGLEDE bergans.de


RAUSZEIT Winter 2015/2016

Bummeln durch Gudauri – und Staunen über den Schneemangel.

ze Reihe neuer Unterkünfte. Aller Georgien-Charme gegessen? Keineswegs: Die Kühe stehen immer noch auf der Straße, das Taxi hat immer noch ziemlich abgefahrene Reifen und es sind noch längst nicht alle badewannengroßen Schlaglöcher verschwunden ... Am nächsten Tag gehen wir den knapp 3.000 Meter hohen Miketi an. Wie er sind viele dieser herrlichen Skiberge rund um Gudauri für die allermeisten ambitionierten Skitourenbergsteiger vor allem Akklimatisations- und Eingehtouren für den Kazbeg. Doch allein die Tour zum Miketi könnte der Grund dafür sein, immer wieder in den Kaukasus zu fahren: glitzernder Schnee am Morgen beim Aufstieg, vorbei an den Ruinen eines alten Wehrdorfs, blauer Himmel, eine grandiose Bergkulisse mit dem Kazbeg als Hauptdarsteller, cremiger Firn bei der Abfahrt. Als wir jenseits des Skigebiets auf der anderen Talseite auf dem Gipfelgrat sitzen, direkt auf der Grenze zu Südossetien, fühlen wir förmlich den Kontrast und Erinnerungen an das »alte« Georgien werden wach: Drüben in Gudauri haben sie neue Lifte und nette Hotels, Skilehrer verdienen ihr Geld und in den Restaurants wird vernünftiges Essen serviert. Hinter uns, auf der anderen Seite, in den Tälern Südossetiens, ist alles beim Alten. Der Konflikt, der 2008 in einen kurzen, blutigen Krieg mündete, schwelt noch. Zwischen alt und neu, Krieg und Frieden, liegt manchmal nur ein schmaler Grat. Wortwörtlich: In unserem Fall sitzen wir direkt darauf und können nach der Rast eine 800 Meter hohe, makellose Firnflanke nach Osten hinab in vollen Zügen genießen.

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Ganz oben: Morgensonne vor der Bethlemi Hütte. Oben: Massive Baukunst: die Kirche Zminda Sameba auf 2.100 Meter, im Hintergrund unser Ziel, der Kazbeg.

Kazbeg – »Gaumardschoss!« Endlich können wir den Kazbeg in Angriff nehmen. Den ausgerauchten Vulkan mit der attraktiven Höhe muss man sich »ehrlich« erarbeiten, kein Lift führt hinauf. Gestartet wird auf knapp 1.700 Metern im Örtchen Stepanzminda, durch den die Georgische Heerstraße führt, die Russland mit Georgien verbindet. Oder man organisiert – wie wir – ein geländetaugliches Taxi. »Da, da, da«, ja, ja, ja, geht schon – der Fahrer spricht sich und seinem Allrad-Gefährt gut zu, als er es durch knietiefen Schneematsch die schlammige Strecke hinauf zur berühmten Kirche Zminda Sameba treibt. Vor ein paar Tagen wäre der Weg noch nicht befahrbar gewesen, aber durch die warmen Temperaturen sparen wir uns nun die ersten 400 Höhenmeter des Aufstiegs. Von dort aus geht es erst einmal ungewöhnlich schneefrei zu Fuß weiter. Das bedeutet für uns: ordentlich buckeln, denn im Rucksack befindet sich auch die komplette Biwak-Ausrüstung, die wir bis zur Bethlemi Hütte auf 3.653 Metern schleppen. Der Begriff »Hütte« ist etwas geschönt: Die unbeheizte, kasernenartige Unterkunft wurde in den 1940er-Jahren als meteorologische Station erbaut. Komfort wie man ihn von Hütten in den Alpen kennt, gibt es nicht. Keine Küche, keine Heizung, aber immerhin viel Platz und Doppelstockbetten mit Matratzen. In Gudauri hatte uns der Wetterbericht bereits vorgewarnt: nicht wirklich prickelnd – mit der Chance auf einen guten Tag. So viel zum Thema Wandel: Die

Herausforderungen einer hochalpinen Skitour werden zwar nicht geringer, nur weil das Hotel schnelles Wi-Fi anbietet, aber für die Tourenplanung ist ein detaillierter Wetterbericht natürlich Gold wert. Deshalb hatten wir beschlossen, den Aufstieg zur Bethlemi Hütte bei nicht ganz perfekten Bedingungen zu unternehmen und den angekündigten Schneesturmtag auf der Hütte auszusitzen. Mit einer kurzen Erkundungstour und endlosem Schneeschmelzen auf unseren Kochern vergeht dieser Tag erstaunlich schnell. Und trotz allem »OstblockCharme« können wir dank guter Schlafsäcke der ExMeteo-Station auch bei deftigen Minusgraden doch etwas Gemütliches abtrotzen. Schließlich sind wir drinnen – und draußen heult der Wind. Wie viel Schnee wird er uns wohl vor die Skispitzen fegen?

Einmalig: auf Skiern zum Gipfel Aufbruch! Knirschend öffnet sich die Tür, feine Schneekristalle wirbeln herein. Der Wind hat aufgehört, uns empfängt eine sternenklare und eiskalte Nacht. Das bisschen Neuschnee behindert kaum, Hans legt seine Spur und zügig kommen wir vorwärts. Unsere Route führt fast um den ganzen Berg herum auf die Nordseite, der einfachsten Variante für Skitourengeher. Vor uns liegt eine trügerisch makellos weiße Fläche. Die Flanken des Kazbeg sind durchsetzt von Gletscherbrüchen und wir suchen nach der flachsten und einfachsten Stelle. Als wir im Sattel ankommen und vor dem über


WE WERE BORN WILD

Diese Saison entfesseln wir die Leistungsfähigkeit von Merino, damit du dich an die Bedingungen der Natur anpassen kannst.

Geschafft – auf Skiern bis zum Gipfel. EIn seltener Genuss an den eisigen Flanken des Kazbeg.

40 Grad steilen Gipfelhang stehen, sind wir skeptisch. Zwei Tage zuvor bestand die Flanke noch aus blankem Eis, jetzt ist sie komplett schneebedeckt. Meistens legt man hier das Skidepot an und muss die letzten 150 Meter zum Gipfel mit Steigeisen bewältigen. Aber wir versuchen es, lassen die Skier dran. Manchmal rutschen die Kanten auf dem Eis, aber es funktioniert. In engen Zickzacks spuren wir durch besten, frischen Pulver bis zum höchsten Punkt. Gaumardschoss! Ich bin mir sicher, dass noch nicht allzu viele in den Genuss gekommen sind, bei solch perfekten Bedingungen in der Bindung auf dem Kazbeg-Gipfel zu stehen. Stolz und glücklich genießen wir bei herrlichstem Wetter die Wahnsinnsaussicht. Lange verweilen können wir leider nicht, am Horizont (und in der Wettervorhersage) kündigt sich bereits die nächste Front an. Der krönende Abschluss – die Abfahrt – hält, was das Spuren versprach: In bestem Pulver ziehen wir unsere Linien in die Gipfelflanke des Kazbeg, fast schweben wir über die weiten, weißen, im Sonnenlicht glitzernden Flächen über den Gletscher hinunter. Der Kazbeg hat seine Rechnung bezahlt – und sogar reichlich »Trinkgeld« gegeben. Text und Fotos: Joachim Stark

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RAUSZEIT Winter 2015/2016

ANDERS ERLEBT: Solo-Wintertour über den Inarisee

DER ALTE MANN UND DER SEE Von Sagen und Mythen ist er geprägt, der hohe Norden. So mancher verliert sein Herz an die raue Einsamkeit jenseits des Polarkreises. Für einen langen Augenblick wird man(n) zum Einzelgänger und erlebt die Einzigartigkeit der Natur in einer Art und Weise, wie man sie nur allein auf sich gestellt wahrnehmen kann. Eine Ode an den hohen Norden. Hier bin ich nun, ganz oben, im hohen Norden, dort, wo das Land bald aufhört! Von hier aus sieht die Welt schön aus. Ich stehe auf einem Berg, vor mir ein Fjord – ein Finger des Eismeeres, offenes Wasser gerahmt von verschneitem Fels. Hinter mir weites Land, schroff zerklüftet. Täler und Seen ruhen noch unter Schnee und Eis, aber auf glatt gefegten Bergkuppen künden erste kahle Stellen vom Ende des Winters. Und so wird es auch Zeit für den alten Mann mit seiner Geschichte, die bald an genau diesem Ort enden wird.

Reise an den großen See In der großen Stadt waren die Bürgersteige schon längst wieder heruntergeklappt für den Frühling, für die Schönen und die Sonnenbrillen, als der alte Mann seine Sachen packt für die letzte Tour des Winters. Etwas verunsichert vom Laisser-faire der Frühlingswegelagerer vor seiner Haustür macht er sich mutig auf zum Flughafen. Später, angekommen in der finnischlappländischen »Metropole« Ivalo, mitten zwischen Nordkap und Polarkreis, erfüllt ihn mit der klaren, kalten Luft in den Lungen und dem Knirschen des Schnees unter den Füßen eine große Euphorie. Schnell kehrt das Vertrauen zu Ski, Eis und Schnee zurück. Mit der

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Ungeduld eines Schlittenhundes zieht er seine Pulka – Flusskrümmung um Flusskrümmung. Bis sich die Ufer öffnen zum großen See Inari: 1.040 Quadratkilometer, etwa 3.300 Inseln, bis zu 92 Meter tief und 80 Kilometer lang. Ihn, den großen Inari, will der alte Mann überqueren, um an sein Ziel, das gut 200 Kilometer entfernte Nordmeer-Städtchen Kirkenes, zu gelangen. Allein. Erst mit untergehender Sonne schlägt er sein Zelt auf. Und als er nachts noch einmal vor die Tür tritt, staunt er über Mond und Sterne und ein hellgrün wehendes Polarlicht. Er lohnt sich so sehr, der hohe Norden ...

Demut vor der Dimension Am nächsten Morgen wird die eisige Stille von lautem Dröhnen durchbrochen. Ein Sami gleichen Alters mit seinem Motorschlitten. In einer fremden Sprache versucht er – nach oben zeigend – auf etwas hinzuweisen. Ein »samischer Wetterbericht« vermutet der alte Mann und bedankt sich, bevor der Bote mit heulendem Motor von dannen zieht. Und tatsächlich, das Wetter ändert sich schnell und hüllt alle und alles in Vorhänge leise wirbelnden Schnees. Aufkommender Wind verwandelt die fallenden Eiskristalle in einen Teppich aus fließendem Weiß. Erst am Ende des Tages gibt er die Sicht wieder frei

und der Blick fällt auf eine unheimlich große Dimension: Unendlichkeit gesprenkelt mit Inseln, hinter jeder Landzunge eine neue Weite. Voller Demut entsteht im späten Licht der durchbrechenden Sonne ein neues Zeltlager. So ganz allein auf sich gestellt, in dieser wunderbar weißen Unendlichkeit, wirken die Dinge noch viel imposanter. Strahlendes Blau trifft den Blick aus dem Zelt am Morgen des dritten Tages. »Wetter zum Helden zeugen«, erinnert sich der alte Mann, das hatte seine Mutter früher immer gesagt. »Damals muss es wohl besonders schön gewesen sein«, spricht der Held schmunzelnd zu sich selbst und bricht auf meterdickem Eis gleitend auf zum nördlichen Horizont, um seine Zeugung zu rechtfertigen. Zur Mittagspause tauchen in der Ferne vom nächsten Land kündende Linien auf. »Ganz schön weit bis dahin«. Ob er das laut gesagt oder nur gedacht hat? Die Grenzen verschwimmen mit jeder Stunde der Einsamkeit. Plötzlich wieder eine Begegnung. Ein vorbeireisender Motorschlitten-Finne taucht aus der Weite des gefrorenen Sees auf. »Eine gemütliche Hütte mit Sauna, das wär’ doch was«, empfiehlt er zum Ansporn, »auf einer Insel in etwa 20 Kilometern«. Klingt verlockend, denkt der alte Mann und erobert tapfer See-Meile um See-Meile, bis sich der Tag seinem Ende neigt.


RAUSZEIT Winter Sommer 2015/2016 2015

Die große Freiheit. Mitten auf dem Inarisee schlägt der alte Mann sein Zelt auf. Links: Selbstversorger und Alleinunterhalter – Solo-Touren haben ihren eigenen Reiz.

Ganz oben: macht süchtig – das spektakuläre Nordlicht-Kino. Oben: Endstation Rollfeld. Am kleinen Flughafen von Kirkenes endet das Abenteuer des alten Mannes.

One-Man-Show

EU-Austritt mit Schlitten

In der Sichtverschlechterung des Abends macht er sich auf die Suche nach der Hütte. Was jedoch so wohlig klang, bringt ihn erst ins Grübeln – und schließlich zu dem festen, ja euphorischen Entschluss, wieder sein Zelt aufzuschlagen. Die eigenen vier Wände, kein schnarchender Nachbar, nicht anderer Leute Witz und keine wohlgemeinten Ratschläge. Stattdessen: der Frieden, mit sich allein zu sein. Sehnsüchte, die man mit niemandem teilen muss. Und auch den Schnaps nicht. Welch’ Stille trotz Party! Selig schläft der alte Mann ein. Und als er mitten in der Nacht erwacht, hört er das schönste Geräusch der Welt, das zärtliche Streicheln und Flüstern wirbelnder Flocken an der Zelthaut und das leise Zischen vom Dach rutschenden Schnees. Glücklich wendet er sich wieder seinen Träumen zu und genießt die Geborgenheit seiner Winterwohnung bis weit in den nächsten Tag. Schluss mit Heldenwetter! Mit ungeduldigen Füßen geht es endlich weiter. Durch eine graue konturlose Welt aus tief hängenden Wolken und schneegetränkter Weite. Er motiviert sich, hat Musik im Ohr, Emotionen im Kopf – und plötzlich überwältigen ihn die großen Gefühle. Er lässt es geschehen, denn keiner hört sein befreiendes Schluchzen. Plötzlich scheint das ganze Leben so greifbar, es fließt durch die Bewegung, ist direkt an seiner Seite. Stationen und Begegnung, Hoffnung und Abschied, Traurigkeit und Glück. Und jetzt beginnt er endlich zu verstehen, warum es ihn immer wieder so rastlos in den Norden zieht: Hier geht es hinter dem Horizont noch weiter!

Inzwischen rücken die Ufer näher und lassen den großen Inarisee allmählich ausklingen. Bald bestimmt Unwegsamkeit das Gelände. Kleine und große Seen, umgeben von steilen Ufern und tief verschneitem nordischen Urwald. Hier geht es selbst auf Skiern nur schwer voran. Aber was kann Helden schon stoppen? Gelegentlich verführen vom Nordwind verwehte Motorschlittenspuren zum Verfolgen, aber nur selten ist die Richtung die richtige. Ständig suchend, wie es wohl am besten weitergeht, steht der alte Mann plötzlich verblüfft vor einem mannshohen Zaun. Das wird wohl die Grenze zu Norwegen sein? Hoffentlich nicht die nach Russland, zweifelt er kurz, als er bereits sein Hab und Gut über den Maschendrahtzaun wirft, um dann selbst kletternd und mit dem Drahtgeflecht kämpfend die Europäische Union zu verlassen. Norwegen wird seinem Ruf bald gerecht. Fjorde und Berge folgen aufeinander. Von der Meereshöhe geht es noch einmal hoch hinaus, bis weit über die Baumgrenze. Es ist Ostern. Ganze Familien sind mit Schneemobilen unterwegs, campieren um kleine Feuer und angeln im Eis. Am Abend aber kehrt die Einsamkeit zurück und man hat das Fjell wieder für sich. Vom Zeltplatz aus sind bereits die Lichter der kleinen Hafenstadt Kirkenes zu sehen. Die letzte Nacht, der letzte Morgen. Bis zum Flughafen ist es nicht mehr weit. Obwohl ungeduldig des nahen Ziels, hält der alte Mann immer wieder inne, um an Zeit und Eindrücken festzuhalten. Doch bald hat er sein Ziel erreicht.

Und nun stehen wir gemeinsam auf dieser letzten Höhe und werden, wie sich Land und Meer zu unseren Füßen vereinen, wieder zu einer Person. So sparen wir ein Flugticket und kehren gemeinsam, stolz und erfüllt mit großem Herzen zu euch zurück. Text und Fotos: Matthias Müller

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ERLEBT: Marokko – Trekking und Klettern im Nordwesten Afrikas

MÄRCHENHAFTE BERBER-BERGE Maultiertaxis, gigantische Felswände zum Klettern, märchenhafte Oasen, schneebedeckte Gipfel und ein Tal, in dem das Glück zu Hause ist. Eine Trekkingtour durch den Hohen Atlas führt in eine längst vergangen geglaubte Zauberwelt aus Tausendundeiner Nacht. Die Augen sind geschlossen, anregend weht der Duft von Zimt, Koriander, Schwarzkümmel und Thymian um die Nasen. Der folgende Blick fällt auf bunt leuchtende Berge von Gewürzmischungen. Im Hintergrund, zwischen kantigen Felsen, suchen ein paar Dutzend Esel und Maultiere nach verdorrten Grashalmen. Am Rande bearbeitet ein Schmied mit einem schweren Hammer Hufeisen. Die Hitze steht ihm ins Gesicht geschrieben. Während zwei Männer ihr Muli festhalten, schlägt er die »Eisenschuhe« mit groben Stahlstiften an die Hufe. Autos sind Mangelware. Das Dörfchen Zaouiat Ahansal mit seinen geduckten, spartanischen Steinhäuschen und seinem orientalischen Charme ist bezeichnend für die Bergtäler des Hohen Atlas. Am anderen Ende des Marktplatzes parkt eines der wenigen motorisierten Fahrzeuge. Ein Laster mit der Werbeaufschrift »Be digital«. Der Spruch klingt wie Ironie an einem Ort, an

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dem sich seit seiner Gründung im 13. Jahrhundert nicht allzu viel geändert zu haben scheint. Lena und Flo spazieren ein Stück weiter: Stände mit Obst und Gemüse, daneben Hühner und Ziegen, zwischendrin ein buntes Gewühl aus Bergbewohnern, viele davon exotische Gestalten. Männer in langen Kaftanen, mit markanten Gesichtern unter den Turbanen. Frauen mit blau-grünen Augen. Im gleichen Ton sind die Tätowierungen in ihren Gesichtern und an den Händen gehalten.

Outdoor auf orientalisch Trotz des Trubels herrscht eine entspannte Ruhe. Respektvolle Handküsse statt lautem Geschrei. Untypisch für das politisch derzeit unruhige Nordafrika. In der Tat ist Marokko im Moment wohl das sicherste Reiseland entlang der Südkante des Mittelmeers. Die Berber im

Hohen Atlas waren schon immer ein Volk mit eigenen Riten. Aus ihrer Ruhe spricht Stolz. Der Stolz eines Bergvolkes, das sich seit Jahrtausenden in einer der kargsten Gebirgsregionen der Erde behauptet hat. Dass sie diese exotische Zeitreise angetreten haben, verdanken Flo und Lena Mohamad Ahansal. Einige Jahre hat der marokkanische Bergführer und Ultra-Läufer in Deutschland gelebt. Ab und zu kommt er immer noch auf Besuch in seine alte Wahlheimat. Und als er im vergangenen Sommer vom Hohen Altas als Trekking- und Kletterparadies geschwärmt hatte, stand für Weltenbummler Flo fest: »Das müssen wir uns ansehen.« Und nun befindet er sich mit seiner Freundin Lena schon mittendrin in einem Ausflug in eine ferne orientalische Vergangenheit. Etwa fünf Autostunden waren sie am Vortag von Marrakesch unterwegs ins von gewaltigen Felsmassi-


Exotisch: Trekking in Marokko – ein Fest für die Sinne.

ven umrahmte Zaouiat Ahansal. Von hier aus geht es nur noch zu Fuß weiter. »Iihaaa, iihaaa!« Das Muli, auf dessen Rücken Flo nach dem Besuch des Souk die Rucksäcke packt, tönt wie eine eingerostete Hupe. Los geht’s! Zwei Stunden lang zieht sich ein Bergpfad durch eine Schlucht bergauf. Dann weitet sich das Tal zu einem Kessel. Hier auf 1.900 Metern Höhe liegt Taghia. Eine kleine grüne Oase inmitten monumentaler, rötlich schimmernder Felsmassive. Bis zu 1.000 Meter hohe Felswände umgeben das Dorf wie ein gigantisches Amphitheater. Es ist Herbst, Anfang November. Die am Talboden in kleinen Terrassen angeordneten Felder sind längst abgeerntet. Sternförmig zweigen enge, schluchtenartige Täler ab. »Wahnsinn!« Beindruckt, fast ehrfürchtig, legen Lena und Flo am nächsten Morgen den Kopf in den Nacken, um die Kletterrouten am Timghazine zu inspizieren. »Ihr schafft das schon, inshallah«, motiviert ihr Guide Mustafa. »Mit Allahs Hilfe«, entgegnet Flo voller Respekt. Denn die Taghia-Schlucht mit ihren imposanten Wänden ist in erster Linie ein Paradies für erfahrene Mehrseillängen-Kletterer und BigWall-Fans. Für Gelegenheits- und Plaisir-Kletterer dagegen ist das Gros der Routen eine ziemlich harte Nuss. Was natürlich nicht heißt, dass es nicht auch einige leichtere kürzere Sportkletterrouten gibt. Doch wegen des grandiosen Canyon-Ambientes lohnen sich auch Trekkingtouren, die über steile, abenteuerliche Pfade teils bis auf die knapp 3.000 Meter hohen Gipfelplateaus führen. Wer sich an die abgesicherten Routen hält, findet dort rauen Kalk, wie man ihn sich in den oft abgespeckten Linien hochfrequentierter europäischer Klettergebiete kaum zu erträumen wagt. Mit etwas ausgedörrter Kehle erreichen Flo und Lena nach der Klettertour die Gîte, eine einfache Herberge, in Taghia. »Wiskey berbere?«, fragt Herbergsvater Saïd. Lena kuckt etwas irritiert. »Alkohol? Ist der hier nicht tabu?« Als Saïd wenig später die traditionellen kleinen Gläser auf den Tisch stellt, dämmert es ihr. Nein, das ist kein Schnaps, sondern Tee. In hohem Bogen gießt Saïd die belebende Mi-


Bismillah! Als Zeichen der Gastfreundschaft gibt's in Marokko Tee – im Namen Allahs, Prost!

Zeitreise: Modernes Sportklettern und Feldarbeit wie vor Jahrhunderten.

schung aus chinesischem Grüntee und Marokkanischer Minze in die Gläser. Je höher, desto besser, eine Zeremonie der Gastfreundschaft. »Ganz schön süß«, gibt Lena lächelnd zu, als sie ein erstes Mal nippt. Auch das ist ein Stück Gastfreundschaft: wenig Zucker – wenig Freundschaft, viel Zucker – viel Freundschaft. »Bismillah ... im Namen Allahs, Prost!« Bei der Bergtour am nächsten Morgen deutet Mustafa nach oben in eine steile Rinne am Fuß der Wand, durch die auf den ersten, flüchtigen Blick kaum ein Durchkommen ist. »Ferrate Berbère«, sagt er mit einem Grinsen. Mit Ästen von Wacholderbäumen und Steinen haben die Einheimischen hier improvisierte klettersteigartige Routen angelegt, auf denen sie bisweilen samt ihrer Ziegen in abgelegene Hochtäler steigen. »Ein bisschen überausgerüstet komme ich mir da mit der modernen Kletterausrüstung schon vor«, sinniert Flo laut.

starken Schneefällen im Hochgebirge nicht machbar sein. Nach einer Stunde Kartenwälzen und einigen Telefonaten steht die neue Route: auf alten Berberpfaden durch den Felsriegel des Hohen Atlas. Ein makellos blauer Himmel spannt sich tags darauf über den Bergen. Die Gipfel sind dick mit Neuschnee eingezuckert – und sehen dem mit Zimt, Zucker und Nüssen garnierten Berg Berbernudeln, den die Frauen aus Mohamads Familie am Vorabend als Dessert servierten, beinahe ähnlich. Eine »kleine« Nachspeise nach der traditionellen Tajine mit Kartoffen, Huhn, Rindfleisch und Trockenpflaumen ... Seit Jahrtausenden schon ziehen Berber als Nomaden und Halbnomaden im Frühling mit ihren Schaf- und Ziegenherden durch die kargen, fast wüstenartigen Bergregionen des Hohen Atlas. Immer wieder tauchen unterwegs nun provisorische Steinmauern von Nomadenherbergen auf, so wie am fast ausgetrockneten Bergsee Lac d’Izourar. Sie zeugen von den Sommerlagern der Berber. Hier (er)leben sie mit ihren Herden eine ebenso raue wie landschaftlich faszinierende Seite der Freiheit. Völlige Stille. Ein Hauch von Tibet. Mit schweren Beinen erreichen Lena und Flo am Ende des Tages eine Gîte im etwa 500 Höhenmeter tiefer gelegenen Tal Aït Bougouemez. »Das Tal der Glücklichen« haben die ersten französischen Tekkingtouristen diesen Landstrich getauft. Ob die Menschen hier tatsächlich glücklicher sind? Viele jedenfalls haben ein Lächeln im Gesicht, wenn sie aufsehen. Mag sein, dass das nur ein Moment des Innehaltens im harten, arbeitsreichen Alltag ist. Doch vielleicht gibt es noch einen anderen Grund. »Es ist beinahe, als hätten wir die Hektik europäischer Großstädte auf einem anderen Planeten zurückgelassen«, bemerkt Flo. Berge von Äpfeln war-

Schnee in Afrika Auf dem Rückweg jagen stürmische Böen durch die Schlucht. Es beginnt zu regnen. Ein paar Wolkenlücken lassen es am nächsten Morgen oben in den Felswänden weiß durchschimmern. Schnee! Von wegen: Afrika, heiß und staubig – in den Bergen herrschen andere Gesetze. Rückzug! Unten in der Herberge in Zaouiat Ahansal empfängt Mohamads Verwandtschaft die beiden Trekker wie selbstverständlich mit Minztee und süßem Gebäck. Aufwärmen, Pläne schmieden. Draußen mischen sich Schneeflocken unter den Regen. »Wir müssen neu planen«, eröffnet Mohamad das Gespräch. Die geplante Trekkingtour über den gut 4.068 Meter hohen Jbel M’Goun auf die Südseite des Hohen Atlas wird nach den

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ten am Rande kleiner Plantagen auf den Abtransport. Es ist Erntezeit. Frauen klauben in bunt leuchtenden Gewändern Kartoffeln vom Feld. Auf dem nächsten Acker steht noch der Weizen. Mit einer Sichel schneidet eine Bäuerin Ähre für Ähre. Männer beackern mit Holzpflügen und Mulis kleine, von Hecken gesäumte Felder. Sie alle wirken tief versunken in ihr Tun. Lebendig wird die Vergangenheit auch beim Aufstieg zur alten Agadir Sidi Moussa in der Mitte des Tales. »Eine typische Wohnburg der Berber«, erklärt Mustafa. Das Bauwerk ist nur zu einem geringen Teil aus Stein gemauert. Als Basismaterial dient ein Mix aus getrocknetem Lehm, Schottersteinen und Spreu vom Weizen. Das hält im Sommer kühl und im Winter halbwegs warm. Drinnen in der Burg wartet ein alter Wächter im braunen Kaftan darauf, dass noch irgendetwas passiert. Als er die beiden Europäer bemerkt, zeigt er auf schmale Schlitze in den Wänden, durch die spärlich Licht in das dämmrige Innere der Burg dringt. Die Erklärung folgt auf marokkanisch. »Diese Licht- und Luftschlitze dienten früher auch als Schießscharten«, übersetzt ihr Guide.

Zuckerbrot- und Peitschenwetter »Wir müssen nochmals umplanen!«, verkündet Mustafa am nächsten Morgen, während er sich einen Tafernout-Fladen zum Frühstück schmiert. »Das Wetter ...«, mischt sich die Zusatzinfo gerade noch hörbar zwischen die folgenden Kaugeräusche. Dicke Wolkenschwaden wabern um den Pass. Zwei Stunden später tobt oben an den Atlas-Graten ein Schneesturm. Unten gießt es wie aus Eimern. Ein Geländewagen bringt die Trekkingtruppe auf verschlammten und vermurten Umwegen, aber zumindest halbwegs trocken, auf die Südseite des Atlas.


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Alte Kasbahs in den Tälern des Hohen Atlas wirken wie Burgen aus Tausendundeiner Nacht.

24 Stunden später ist es, als wäre das Unwetter nur ein Spuk gewesen. Die Sonne scheint vom makellos blauen Himmel. Eng windet sich ein Fluss durch die von steilen Klippen gesäumte Gorge du Aganti. Am Ende weitet sich die Schlucht in eine beeindruckende Szenerie. Mustafa zeigt auf die Felswände auf der gegenüberliegenden Talseite: Viereckige Öffnungen im Fels markieren die Eingänge zu Höhlenwohnungen. »Es ist noch gar nicht so lange her, dass darin Menschen gelebt haben«, erklärt er. Den Zauber aus Tausendundeiner Nacht vollenden Mohamad und Mustafa am letzten Tag. Sie entführen Lena und Flo nach einer Autofahrt auf eine Wanderung in die Dünen bei Zagora. Bald sind die Beine müde und beide glücklich, als sie sich in den Kamelsattel schwingen dürfen. Als der Mond aufgeht, erzählt Mohamad von früher. Hier ist er aufgewachsen. Und hier findet jedes Jahr der legendäre Wüstenlauf Marathon des Sables statt – rund 250 Kilometer in sechs Etappen. »Wir sind als Kinder immer viel gelaufen«, erzählt Mohamad mit leuchtenden Augen, »oft hinter Ziegen und Schafen her.« Er und sein Bruder Lahcen rannten beim Marathon des Sables oft lange Strecken nebenher und wunderten dann über die Langsamkeit der anderen Athleten. Irgendwann durften die beiden Wüstenfüchse dann selbst an dem Rennen teilnehmen. Und sie liefen tatsächlich schneller als alle anderen. Mohamad hat den Wüstenmarathon viermal, Lahcen gar zehnmal gewonnen ... Aber das ist ein anderes Outdoor-Abenteuer aus dem Märchenland Marokko.

Text und Fotos: Christian Penning

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FOTO Martin Supplie FOTO Martin Supplie

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BESSERWISSER: reparieren und improvisieren auf Tour

HILFE ZUR SELBSTHILFE Hochwertige Outdoor-Ausrüstung ist in der Regel sehr robust, hart im Nehmen und einfach in der Bedienung. Aber jede Regel hat ihre Ausnahme. Ob patagonischer Sturm, menschliches Versagen, schlummernder Verschleiß oder einfach Montagsmodell – manchmal geht’s daneben. Doch was tun, wenn die Ausrüstung unterwegs Schaden nimmt? RAUSZEIT gibt Hilfestellung zur Selbsthilfe. So lange war sie geplant, die Reise in die Karpaten, so groß die Vorfreude. Endlich weit weg von Leuchtreklamen, übervölkerten Wanderwegen und ständiger Konsumbereitschaft. Und dann das: Eine Karpaten-Kuh liegt auf dem Zelt! Das Ergebnis: Gestängebruch, Zeltstoff gerissen ... Zugegeben, ein Extremfall an Ausrüstungsdefekten, aber beruhend auf einer wahren Begebenheit. Doch auch schon wesentlich geringere Schäden an notwendigen Outdoor-Utensilien können einem die Tour vermasseln – oder einen ernsthaft in Bedrängnis bringen. Fällt z. B. der Kocher in abgelegenen und/oder kalten Situationen aus, hört der Spaß ziemlich schnell auf. Eine der wichtigsten Gegenmaßnahmen beginnt deshalb bereits zu Hause bei der Reiseplanung. Mögliche auftretende Defekte sollten im Vorfeld im Kopf durchgespielt werden. Und vielleicht packt man bei entlegenen Abenteuern lieber die einfach zu reparierende »Lowtech«Variante als das hochkomplexe Technikspielzeug ein. Im Englischen gibt es treffende Adjektive, um den AusfallHandlungsspielraum von Dingen und Systemen zu beschreiben: »fail-safe«, was so viel bedeutet wie »trotz Fehler sicher«, steht gegen »fail-proof«, was quasi jeglichen Defekt ausschließt. Gut wäre sicher auch die Produkteigenschaft »fool-proof«, auf Deutsch: idiotensicher. Denn dadurch ließen sich einige der populärsten Defekte bei der Nutzung von Outdoor-Ausrüstung ausschließen.

Zelt-Hilfe Wie etwa der Gestängebruch beim Zelten. Oft passiert er schon beim Aufbau, indem die Hülsen nicht sauber aufeinanderstecken und in dem Zustand abgespannt werden. In jedem Fall sollte man auf Tour (mindestens) eine Reparaturhülse und ein Ersatzgestängesegment mitführen. Die Anwendung ist weitgehend selbsterklärend: das gebrochene Ende mit einer kleinen Zange oder einem Stein ausrichten, Hülse drüber, mit Klebeband fixieren, fertig. Trickreich wird es, wenn man derlei Hilfsgegenstände nicht dabei hat. Dann

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kann man versuchen, das gebrochene Segment von außen mit einem frischen, biegsamen Zweig und Tape zu »schienen«. Aber Achtung: Der Gewebetunnel darf durch den dickeren Gestängebogen nicht beschädigt werden! Für Reparaturen des Zeltstoffes ist eine effiziente »Klebehilfe« die einzig funktionierende Lösung. Ein kurzer Riss oder ein kleines Loch (z. B. durch Funkenflug) kann je nach Außenzeltmaterial mit den Funktionsklebstoffen »Seamgrip« oder »Silnet« repariert werden. Größere Risse lassen sich z. B. mit einem Streifen »Tear-Aid-Patch Type A« kleben. Das Outdoor-Allzweckmittel Duct-Tape, bisweilen auch Panzerband genannt, funktioniert kurzzeitig, ist aber keine längerfristige Lösung. Die Klebeflicken sollten an den Ecken abgerundet werden und auf jeder Seite den Riss um mindestens drei Zentimeter überlappen. Wichtig ist, dass die betroffenen Flächen sauber und fettfrei sind – am besten mit Alkohol reinigen. Und für die Wintercamper gilt: SeamGrip anwärmen, Flicken mit Kleber einschmieren, aufbringen und mit einem Becher warmen Wassers beschweren. Dabei aber immer ein Tuch zwischen Becher und Flicken legen. Ein populäres Zelten-Phänomen ist der Verlust von Heringen. Abhilfe schaffen feste Äste oder Eispickel – oder ein Platz mit Bäumen oder Steinen zum Festbinden. Auf Sand oder Schnee können befüllte Packsäcke, Socken oder in T-Form angelegte Hölzer eingegraben werden. Auch hart gepresste Schneebälle, mit Zeltleine umwickelt, können im Notfall funktionieren.

Rucksack-Notfälle Klassische »Sollbruchstellen« bei Rucksäcken sind Steckschließen und Reißverschlüsse. Entsprechend sollten Universalsteckschließen, wie z. B. »Field Repair Buckles«, als Ersatz mitgeführt werden. Sie haben anstelle eines festen Stegs eine Schraube an dem fixierten Ende der Schließe, so erspart man sich das Nähen. Komplette Stoffrisse sind dagegen extrem selten. Allerdings schätzen es die Schulterträger eines Rucksacks nicht, wenn dieser gnadenlos überladen ist, besonders bei wildem Zerren an nur einem Träger. Muss genäht oder genietet werden, ist oft eine Ahle oder auch ein Korkenzieher notwendig, um kleine Löcher vorzuberei-

ten. Mit Zange – z. B. am Multitool –, Nadel und Zahnseide lassen sich Risse passabel schließen. Tragende Elemente können mit Schlagnieten per – falls zur Hand – Hammer oder Stein fixiert werden.

Wenn die Schlappen schlapp machen Wirklich ernsthafte Defekte bei Schuhen sind extrem selten. Wenn sie allerdings geschehen, gibt es kaum Möglichkeiten, auf Tour tatsächlich zu reparieren – in der Regel muss improvisiert werden, was den Gehkomfort und die Sicherheit stark beeinträchtigt. Deshalb empfiehlt es sich, die Schuhe vor der Tour im Fachgeschäft prüfen zu lassen. Geschulte, erfahrene Spezialisten kontrollieren die essenziellen Bauteile. Somit erspart man sich böse und in der Folge unbequeme Überraschungen. Kommt es tatsächlich zu einem Schuhdefekt auf Tour, ist die beste Antwort: ein Ersatzschuh. Nein, natürlich sollte man kein zweites Paar Trekkingschuhe in den Rucksack werfen. Aber ein paar leichte Sandalen, z. B. Tevas, tragen einen im Notfall zumindest in die nächste menschliche Siedlung. Und dort wiederum ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass jemand helfen kann. Dem Klassiker – gerissene Schnürsenkel – kann man einfach durch Ersatzsenkel oder im Notfall eine dünne Reepschnur beheben. In Ausnahmefällen löst sich bei älteren Schuhen (7 Jahre oder älter) manchmal die Sohle. Unterwegs bleibt dann meist nur die Kurzzeitlösung, die Sohle mittels Tape, Reepschnur oder Kabelbinder zumindest für eine Weile am »Restschuh« zu fixieren.

Küche bleibt kalt Wenn der Kocher streikt, muss im besten Fall länger gekaut werden. Im schlechten Fall, v. a. bei Wintertouren, kann dies ernsthafte Konsequenzen haben. Die Wahl des richtigen Kochers für die anstehende Tour ist deshalb ein Spagat aus unkomplizierter Technik, Verfügbarkeit von Brennstoff und Erreichbarkeit von Fremdhilfe. Keine leichte Entscheidung, denn Multifuel-Brenner sind zwar – im Vergleich zu Gas- und Spirituskochern – etwas komplexer aufgebaut, allerdings erhält man deren Brenn-


AUSRÜSTUNGS-REPARATURBAUKASTEN Einen großen Reparaturbaukasten stellt man sich am besten für zu Hause zusammen – und wählt dann je nach Tour und Transportmöglichkeiten die essenziellen Bestandteile aus. Beratung gibt es im Fachhandel, fündig wird man dort und im Baumarkt: • Zange (in gutem Multitool integriert) • dünnes, aber festes Garn, Zahnseide, Reepschnur (2 mm, mind. 10 Meter) • Duct-Tape, Kabelbinder, Draht, Hohl- und andere Nieten, Nähzeug, Ahle • SeamGrip oder Silnet (je nach Zeltmaterial) • Tear-Aid-Patch Type A (Canvas, Nylon, Rubber, Plastic), Type B (Vinyl, PVC) • Reparaturhülse, Ersatzsegment für Zeltgestänge • Ersatz-Steckschließen, z. B. »Field Repair Buckle« • »ZlideOn« oder/und »FixnZip« Ersatz-Reißverschlussschlitten (Größen vorher prüfen) • kräftige D-Ringe, Schäkel (Segelbedarf), Schlüsselringe • Düsennadel, Düse, Dichtungen, Pumpenlederöl, Kriechöl, Backpulver • ggf. Dichtringe f. Kocher und Trinkflaschen • andere Kleinteile wie Ersatz-Hosenknöpfe, Sicherheitsklammern

Hilleberg – ein Zelt für jede Tour und Jahreszeit!

Hilfreiche Anwendungstipps unter www.mcnetteurope.com

stoffe weltweit nahezu überall. Insofern sind sie für Reisen in ferne Länder und für Weltenbummler oft die bessere Wahl. Schwachpunkte können verstopfte Düsen, trockenes Pumpenleder oder verunreinigte Generatoren sein. Dichte Düsen lassen sich in der Regel mit der im Lieferumfang enthaltenen Düsennadel »freischaufeln«. Um das Pumpenleder wieder geschmeidig zu machen, verwendet man bestenfalls ein spezielles, im Fachhandel erhältliches Pumpenlederöl, zur Not – etwa auf Tour – geht auch Speiseöl. Verrußte Generatoren und Leitungen kann man ziemlich gut mit in warmem Wasser gelöstem Backpulver (Achtung, intensive Reaktion!) beheben. Unterwegs hilft auch ein Bad in einem nahezu weltweit erhältlichen, koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk, da die enthaltene Phosphorsäure so ziemlich alles auflöst ... Zwei Dinge sind bei dieser Notlösung wichtig: Zum einen darf man die Teile nicht zu lange in dem schwarzen Softdrink liegenlassen, da ansonsten das Zink an den Lötstellen gelöst wird. Zum anderen sollte nachher ordentlich mit Essigwasser gespült werden, denn Zucker und Hitze ergibt zwar auf dem Jahrmarkt eine leckere Mischung, im Kocher will man das Ergebnis aber lieber nicht haben. Defekte an reinen Gaskochern sind äußerst selten, höchstens eine verstopfte Düse. Und Spirituskocher, wie der Trangia, sind quasi unkaputtbar – außer man tritt drauf oder der Rucksack fällt vom Dach des Busses auf die Stelle, an der der Kocher liegt ... Ihre einzige Schwachstelle ist das Dichtungsgummi der Verschlusskappe, was aber maximal für Spiritusdampf im Rucksack sorgt.

Matte Matten und schlüpfrige Schlafsäcke Ausfälle bei Isomatten und Schlafsäcken münden oft in unbequemen und durchzitterten Nächten. Deshalb die oberste Regel: Diese beiden Ausrüstungsgegenstände müssen wohlbehütet sein auf Tour. Bei selbst aufblasenden und aufblasbaren Unterlagen heißt das Zauberwort Prophylaxe. Generell mögen diese Matten übermäßige Wärme nicht besonders, was im Resultat zu Delamination und mitunter zu regelrecht kaputt gesprengten Exemplaren führt. Sowohl zu Hause als auch tagsüber auf Tour im Zelt muss die Matte zwingend mit offenem Ventil gelagert werden. Auch mit fliegenden Lagerfeuerfunken stehen jegliche luftunterstützten Schlafstätten auf Kriegsfuß. Löcher lassen sich mit den oben beschriebenen bzw. den im Lieferumfang enthaltenen Klebeflicken stopfen. Dafür die Flächen säubern und möglichst fettfrei machen, Kleber dünn auftragen, leicht antrocknen lassen, Flicken drauf und leichten Druck ausüben. Kaputte Ventile sind echte Not-OPs für Geübte, weil man beim Wechsel auch ziemlich viel falsch machen kann. Auch hier gilt: vor längeren Touren am besten die Matte vorher vom Fachhändler prüfen lassen. Wer wirklich auf Nummer sicher gehen will, greift zur Evazote-Schaumstoffmatte. Die hat zwar ein deutlich größeres Packmaß und ist weniger bequem, dafür aber sowohl nahezu »fail-proof« als auch »fool-proof«. Bei Schlafsäcken gelten wie für sämtliche Ausrüstungsgegenstände aus Stoff die gleichen Notfall-Reparaturhinweise wie bei Zelt- und Rucksackstoffen (und auch Jacken, Hosen …): je nach Art und Belastung nähen und/oder kleben. Beim Kleben von Rissen in der Schlafsackhülle ist allerdings besonders darauf zu achten, dass Innen- und Außenhülle nicht aneinanderhaften, da sonst Kältebrücken entstehen.

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Übung macht den Meister Ähnlich der Ersten Hilfe bei Human-Unfällen sollten Ausrüstungsreparaturen – sofern möglich – zuerst zu Hause geübt werden. Denn wer sich auf Mike Horns Spuren begibt, tut dies mit ein bisschen MacGyver-Wissen gelassener. Das erhöht nicht nur das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Abenteuerlust, sondern auch Komfort und Sicherheit, wenn wirklich mal ein Ausrüstungsteil seinen Dienst verweigert. Text: Martin Supplie

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RAUSZEIT Winter 2015/2016

EINBLICK: Icebreaker

VÖLLIG VON DER WOLLE 1995 trat ein 24-jähriger Neuseeländer an, um der Outdoor-Gemeinde T-Shirts zu verkaufen – aus Wolle. 20 Jahre und zahllose Aha-Erlebnisse später hat Jeremy Moon mit den Produkten seiner Marke »Icebreaker« die Welt längst überzeugt, dass Merinowolle unser Leben bereichert: mit mehr Komfort, weniger Waschgängen und engeren Freundschaften. Ein wenig kann man das Misstrauen sogar nachvollziehen. Jeder, der eine Oma hatte (und das sind wohl die meisten), erhielt irgendwann einmal etwas aus Wolle geschenkt. Mit sehr viel Liebe selbst gestrickt, doch leider: kratzig ohne Ende. Und nun soll man Unterwäsche aus Wolle tragen? Direkt auf der Haut? Ein Hemd für den ganzen Trip? Wenn Verkäufer den Kunden das erste Mal die Vorteile von Merinowolle erklären, ernten sie nicht immer gleich Begeisterungsstürme. Zu tief wurzelt das Misstrauen gegenüber Wolle in den Köpfen. Der Enthusiasmus lässt aber meist nicht lange auf sich warten. Oft per E-Mail oder Postkarte: »Danke nochmal – zwei Shirts auf der gesamten Tour und trotzdem sind mein Reisepartner und ich noch Freunde ...« Am häufigsten aber persönlich im Laden. Mit diesem Blick, der sofort verrät, dass da jemand seinen Icebreaker-Moment hatte, sich infiziert hat mit dem Merino-Virus. Fast sektenhaft breitet sich dieser aus: Partner, Freunde, die Schwiegermutter – alle werden sie Icebreaker-süchtig. Ohne diesen Mechanismus, diese einschneidenden Aha-Erlebnisse, gäbe es die Firma Icebreaker gar nicht, die sich seit 20 Jahren auf die Fahnen geschrieben hat, Naturliebhaber wieder in natürliche Kleidung zu stecken. Dabei wollte Jeremy Moon, der damals 24-jährige Gründer, eigentlich das Herz einer Frau erobern – und nicht sein Herz an Wolle verlieren. Doch deren Boss, ein Schaffarmer namens Brian Brackenridge aus der Region Marlborough, gab Moon ein T-Shirt, das er einfach nicht mehr ausziehen wollte. Weil es sich so prima anfühlte – und weil das Shirt partout nicht zu müffeln anfing, auch nach einer Woche noch nicht ...

Merinowolle – ein Naturstoff erobert die Welt Farmer Brackenridge hielt auf seinen Weiden Merinoschafe, eine aus Spanien stammende Rasse, die bes-

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tens im rauen Klima des neuseeländischen Hochlandes zurechtkommt. Aus ihrer Wolle hatte er Hemden mit erstaunlichen Eigenschaften angefertigt: Zwischen den Kräuseln der nur 15 bis 24 Mikron (= Tausendstel Millimeter) feinen Merinofasern – normale Schurwolle hat 30 bis 50 Mikron Dicke – hält sich eine Isolierschicht aus Luft. So wärmt die Wäsche, wenn es kalt ist, und kühlt, wenn es heiß ist. Ersteres tut sie auch noch, wenn sie feucht wird – das bleibt sie aber nie lange, weil sie sehr schnell trocknet. Zusammengefasst: Brackenridges Wäsche konnte es in allen Bereichen mit den damals allgegenwärtigen Synthetik-Leibchen aufnehmen. Mit einem entscheidenden Vorteil: Weil an den Wollfasern Bakterien schlecht haften, wirken sie im Gegensatz zur Kunstfaser geruchshemmend. Oder wie der Neuseeländer sagt: »With Merino, you don’t stink!« Und während Omas selbst gestrickte Pullis kratzten, waren die Merino-Shirts weich wie Seide. Allerdings interessierte dieses ganz natürliche Hightech-Produkt bis dahin niemanden. Vermutlich auch, weil Brackenridges erste Prototypen (im Gegensatz zu den Icebreaker-Teilen von heute) in Sachen Ästhetik noch Luft nach oben hatten ... Doch Jeremy Moon erkannte das Potenzial des Naturstoffes: Er kündigte seinen Job, flunkerte bei der Bank, dass er einen Kredit für eine neue Küche brauche – und startete seine Woll-Revolution. Allerdings: Still in seiner Ecke zu sitzen und zu warten, bis sich die Kunde von selbst verbreitet, wäre nicht Moons Art gewesen. Auch deshalb, weil Neuseeland der so ziemlich abgelegenste Fleck auf dem Planeten war. Nach vier Jahren wagt Icebreaker den Sprung nach Europa, der Chef fährt persönlich mit einem Kleinwagen voller Merino-Shirts von Händler zu Händler. Manche verstehen sofort, was für ein revolutionäres Produkt der Wuschelkopf mit den Huskey-Augen ihnen da zeigt, bei anderen dauert es etwas. Doch auch bei den Zweiflern bleiben die Icebreaker-Momente nicht aus. Eine Tour, ein Shirt – das überzeugt. Heute, 20 Jahre nach

der Gründung, hat Icebreaker eine weltweite Fangemeinde. Eine Erfolgsstory, die viele staunen lässt – nur Jeremy Moon nicht. Denn der charismatische Neuseeländer strotzt nur so von Vertrauen in seine Garne. Und er hat überzeugende Argumente: Neben den körperlich spürbaren Aha-Effekten – Klimakomfort und Anti-Stink-Garantie – spricht eine ganz simple Tatsache für die Merinofasern: »Sie sind nicht aus Plastik«, sagt Moon knapp. Ein kurzer Satz nur, der aber viel Wirkung entfaltet, wenn man genauer darüber nachdenkt. Denn auch wenn es im Kunstfaserbereich viel Weiterentwicklung gab: Synthetik bleibt Synthetik. »Es macht einfach keinen Sinn, sich draußen zu bewegen, um der Natur näherzukommen und dabei Kunstfasern zu tragen«, meint der Merino-Pionier. Deshalb setzt er voll auf den im Wortsinne nachwachsenden Rohstoff Wolle. »Born in nature. Worn in nature.« lautet das Motto. Und dass Icebreaker seine Lieferanten – ausschließlich neuseeländische Farmer – verpflichtet, gänzlich auf Mulesing, das schmerzhafte, offene Beschneiden der Haut im Afterbereich der Schafe, zu verzichten, ist Ehrensache. Auch später beim Färben der Wolle werden nachweislich nur haut- und umweltverträgliche Mittel eingesetzt. Fast eine Million Merinos werden inzwischen exklusiv für Icebreaker geschoren. Um den derzeit 187 Farmern Planungssicherheit zu geben und sich selbst gleichbleibende Qualität zu sichern, werden langfristige Lieferverträge abgeschlossen.

Kiwi-Humor als Markenzeichen Aber nicht nur die Merino-Produkte wollen Moon & Co. über den großen Teich bringen, auch ihre neuseeländische Lebenseinstellung. Und die ist geprägt von Lockerheit, Freundlichkeit – und viiieeel Kiwi-Humor. »Wir sind sicher unkonventionell«, erzählt Martina Weidel, die Marketingleiterin von Icebreaker Deutschland. »Auch wenn die Arbeit an unseren Produkten na-


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türlich im Vordergrund steht, sind die Meetings oft ein großer Spaß für alle.« Diese Unternehmenskultur trägt Icebreaker auch nach außen. Und so zeigt die Marke in ihrer Werbung mal brennende Ölquellen, um mit dem Schockeffekt darauf hinzuweisen, woraus Kunstfasern letztendlich gemacht sind. Ein anderes Mal geht es in die künstlerische Richtung, dann entführen »MerinoMutanten« nackte Frauen in die Wildnis. Und noch öfter spielen die Neuseeländer mit ihrem landestypischen Humor: Schaubilder, die anhand eines mächtigen Bocks zeigen, wo genau Mensch und Schaf nicht stinken, wenn sie Merino tragen, und welche Bestandteile – auch im Sinne der Männlichkeit – beim Waschen nicht einlaufen ... Irgendwann verkünden sie, ägyptische Wissenschaftler hätten herausgefunden, dass Ratten in Merino-Unterhosen deutlich mehr Sex hätten als solche mit Kunstfaser-Shorts. Und als 2004 das vor Jahren ausgebüchste Merinoschaf »Shrek«, das wegen des ausgebliebenen Scherens eher wie ein riesiger Blumenkohl aussah, in einer Höhle entdeckt wurde, spendierte Icebreaker diesem neuseeländischen Nationalhelden ein neues Merino-Kleid – nachdem es live im TV von seinen 27 Kilogramm Wolle befreit wurde.

Von der Unterwäsche zur Komplett-Bekleidung Trotz der weltweiten Beliebtheit ihrer Merinowolle haben die Neuseeländer einen wichtigen Spagat gemeistert: einerseits viele neue spannende Produkte zu entwickeln und andererseits authentisch und »typisch Icebreaker« zu bleiben. Denn aufgeschreckt vom vehementen Erfolg der Neuseeländer spinnen – im wahrsten Wortsinne – inzwischen auch fast alle anderen Hersteller den Merinofaden weiter, um auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Aus dem Nischenprodukt ist eine eigene

Produktkategorie geworden: Funktionsbekleidung aus Merinowolle. Trotzdem: Bei Icebreaker bleibt man neuseeländisch locker. Gründer Jeremy Moon ist immer noch mittendrin und für jeden Mitarbeiter ansprechbar. Das mache es ja erst möglich, dass aus verrückten Ideen Wirklichkeit werde, erklärt Moon. So fertigen die Kiwis mittlerweile sogar Softshell- und wattierte Isolationsjacken aus Merinowolle. Und mit dezent-lässigen Kapuzenpullis und einer Yoga-Linie sind die Funktionsteile auch in der Stadt und im Alltag der Menschen angekommen. Was sich in »freier Wildbahn« angenehm trägt, macht auch jenseits von Outdoor-Aktivitäten Spaß. Manchem mögen die samtigen Teile teuer erscheinen. Aber wer gegenrechnet, wie viele Waschgänge und Gepäckstücke auf Urlaubsreisen eingespart werden können, der wird erkennen, wie schnell sich die Investition amortisiert haben wird. Auch wenn unsere Welt sich immer schneller dreht, im abgelegensten Winkel der Erde, dem Hochland Neuseelands, da geht alles seinen gewohnten, alten Gang. Die Merinoschafe springen durch die Berge, fressen Gras und lassen ihre feine Wolle wachsen. Icebreaker hat die Outdoor-Welt verändert. Und je mehr Aha-Erlebnisse, desto weniger »Anstrengungs-Aroma« wird es auf engen Hütten und in Zelten geben. Rucksack- und Reisetaschengrößen werden schrumpfen. Und die Menschheit wird – positiv olfaktorisch bedingt – näher zusammenrücken. Was für eine schöne Vorstellung! Text: Moritz Baumstieger Fotos: Icebreaker

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RAUSZEIT Winter 2014/2015 2015/2016

NACHGEFRAGT: Cecilie Skog

DIE OUTDOOR-ELFE

– LockenWilde Schönheit blaue Augen. mähne und eis

2006 – am No rd K2 ver unglück pol mit ihrem a ten Ma nn Rolf m Bae.

Sie bestieg als erste Frau der Welt die »Seven Summits«, die höchsten Gipfel aller sieben Kontinente. Erreichte in monatelangen Expeditionen als erste Frau auf Ski den Nord- und Südpol. Sie musste mitansehen, wie ihr Mann Rolf Bae am K2 in den Tod stürzte. Die 41-jährige Norwegerin Cecilie Skog kennt die Höhen und Tiefen eines Abenteuerlebens und stellt sich jetzt ganz neuen Herausforderungen: als Mutter. Das eiskalte Wasser kriecht ihr den Rücken hinauf, vor Schreck vergisst sie zu atmen. Ihr Fuß samt Ski hat sich an der Eissscholle verklemmt, die gerade unter ihr weggebrochen ist. Bis zur Brust versinkt Cecilie Skog im Polarmeer, kann sich nicht bewegen. Erst nach elf Minuten schaffen es ihre Begleiter, sie aus dem Eismeer zu ziehen. Fast wäre ihre Geschichte hier vor neun Jahren zu Ende gewesen, 40 Kilometer entfernt vom nördlichsten Punkt der Erde. Aber eben nur fast. »Adrenalinkicks sind nicht das, was mich antreibt. Ich hasse es, Angst zu haben. In der Natur suche ich etwas ganz anderes: Ruhe, Energie – und mich selbst.« Das sagt eine 1,60 Meter kleine Frau, die auf Ski 48 Tage bis zum Nordpol stapfte, über berstende Eisschollen, und dabei immer wieder im Neoprenanzug durch mörderisch kaltes Wasser schwamm. Eine Frau, die ebenfalls per Ski die Antarktis durchquerte und mehrere Achttausender wie zum Beispiel den Shisha Pangma, den Lhotse und den Cho Oyu bestieg. Sitzt man Cecilie Skog gegenüber, kann man kaum glauben, dass in dieser zierlichen Person eine fast unmenschliche Kondition und mentale Stärke stecken. Sie nestelt am Blümchen-Einband ihres Tagebuchs, das sie immer bei sich trägt. Ihre Lockenmähne fällt perfekt, die riesigen blauen Augen funkeln über einem Lächeln, das jedes Männerherz zum Schmelzen bringt. Sie wirkt verträumt und vor allem: süß. Eine Outdoor-Elfe in einem Osloer Großstadt-Café, in einer Welt, die nicht die ihre ist. »Ich bin nicht sonderlich gut darin, ein normales Leben in der Zivilisation zu führen«, sagt die 41-Jährige nachdenklich. Sie vergesse Termine, komme zu spät, verliere bei ihrer Buchhaltung den Überblick. »Job, Haushalt, Familie, Meetings – wie um Himmels Willen schaffen andere Leute das?«, fragt sie lachend. Wenn man sie anblickt, ist klar: Eine hippe Szene-Bar ist tatsächlich nicht ihr Element. Ihre Augen sind wie ein Spiegel aller schneebedeckten Gipfel und Sonnenuntergän-

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ge, die sie je gesehen hat. Cecilie gehört hinaus, weit weg – in die einsame Natur. Genau dort traf sie vor vielen Jahren jemanden, der mit der Zivilisation ebenso wenig anfangen konnte wie sie selbst. 2003 begegnete sie auf dem Gipfel des Elbrus, des höchsten kaukasischen Berges, einem vollbärtigen Mann, der ihre Sprache sprach – dem norwegischen Bergsteiger Rolf Bae. »Wir waren von Anfang an Seelenverwandte«, erzählt Cecilie. Bald unternahmen die beiden alle großen Expeditionen gemeinsam, 2007 heirateten sie. »Die Natur war für uns beide der einzige Ort, an dem wir die Glücksmomente fanden, die wir suchten«, sagt Cecilie. »Das vollkommene Leben im Hier und Jetzt.« Schon als Kind kraxelte sie in den Ferien am liebsten in den Sunnmøre Alps, einem Gebirgszug in der Nähe ihres Heimatortes Ǻlesund. Nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester, mit Anfang 20, arbeitete sie nur im Winter im Krankenhaus, im Sommer jobbte sie als Gletscherführerin. Und während andere samstags durch die Clubs zogen, brütete sie zu Hause über Karten vom Himalaya. Acht Jahre später stand sie selbst auf dem Gipfel des Mount Everest. Doch einer ihrer größten Träume war der K2. Der Berg auf der Grenze zwischen Pakistan und China gilt als technisch schwierigster Achttausender. Gut ein Jahr nach ihrer Hochzeit wagten Cecilie und Rolf den Aufstieg. Sie erreichte den 8.611 Meter hohen Gipfel, Rolf wartete einige Hundert Meter weiter unten. Er hatte sich nicht wohl gefühlt in der »Todeszone«, der Region über 7.500 Metern, in der Körper und Psyche stark auf den Sauerstoffmangel reagieren. Beim gemeinsamen Abstieg geschah die Tragödie: Eine Eislawine löste sich, riss Rolf in den Tod, mit nur 33 Jahren. Cecilies Mutter dachte damals: Jetzt versteht sie endlich die Gefahr. Jetzt hört sie auf. »Aber gerade das hätte mich in das tiefste Loch gezogen«, sagt Cecilie rückblickend. »Ich brauchte einen Grund, jeden Morgen aufzustehen.« Regelmäßiges

Training, neue Pläne und Ziele – das waren Cecilies Rettungsanker. Und: der Südpol. Gemeinsam mit Rolf war sie im Jahr vor dem Unglück auf Ski zum Südpol gelaufen. »In der endlosen Weite wollte ich mich den Erinnerungen und dem Schmerz ganz bewusst stellen«, erzählt sie. Und so durchquerte die damals 36-Jährige zusammen mit dem befreundeten Amerikaner Ryan Waters die Antarktis, by fair means: Auf Ski, ohne Nahrungsmitteldepots und ohne beschleunigende Hilfsmittel wie SnowKites, legten sie in 70 Tagen mehr als 1.800 Kilometer zurück. Cecilie zog allein eine 135-Kilo-Pulka. Dass die beiden die ersten Menschen waren, denen eine Expedition unter diesen Umständen gelang, bedeutet der Norwegerin allerdings nichts. »Für mich war diese Expedition einfach nur eine überlebenswichtige Therapie.« Trotz ihrer Liebe zu den besonders abgelegenen Orten dieser Welt beschloss Cecilie vor drei Jahren, zumindest das Höhenbergsteigen aufzugeben. Auch ihren Eltern und Freunden zuliebe. Für eine Fernsehshow durchquerte sie 2014 noch einmal Grönland, gemeinsam mit dem norwegischen Komiker Truls Svendsen. Doch kurz vor der Abreise stellte sie fest, dass noch eine ganz andere Herausforderung auf sie wartete: Sie war im dritten Monat schwanger. Im Dezember letzten Jahres brachte sie ihre Tochter Vilja zur Welt. Der Vater ist ihr Verlobter Aleksander Gamme, ebenfalls Expeditionsleiter und Bergsteiger. »Unsere gemeinsamen Abenteuer als Familie sind kleiner geworden, aber ich genieße sie sehr«, sagt Cecilie lächelnd. Wann immer es geht, nehmen sie Vilja mit in den Klettergarten, sie schläft am Wandfuß in der Hängematte. Vor Kurzem lief Cecilie einen Marathon – mit ihrer Tochter im Sportkinderwagen. Ob die Kleine wohl einmal in die großen Fußstapfen ihrer Mutter treten wird? Ihr Name lässt jedoch einiges vermuten: Vilja bedeutet »der Wille«. Text: Mila Hanke Fotos: Cecilie Skog, Bergans

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10 Fragen an Cecilie Skog: Glaubst du an Schicksal und wenn ja, warum? Wenn schöne Dinge passieren, bin ich dankbar und frage mich schon manchmal, ob das Schicksal seine Hände im Spiel hatte. Aber wenn schlimme Dinge passieren, will ich nicht glauben, dass es »sein sollte«. Bitte vervollständige folgenden Satz: Ein Abenteuer ist, … ... die Natur besonders intensiv zu erleben. Ich hoffe, dass sich durch solche Erfahrungen immer mehr Menschen in ihre Schönheit verlieben und sie schützen wollen. Auf welchen Ausrüstungsgegenstand würdest du unterwegs nicht verzichten? Auf mein Tagebuch. Was hat dir im Leben schon mal richtig Angst gemacht? Lawinen und Steinschlag.

Photo: Florian Mayerhoffer Location: Stuttgart

Wer war der beeindruckendste Mensch, den du je kennengelernt hast, und warum? Meine Großmutter. Sie hat auf jeden um sie herum aufgepasst – obwohl sie blind war. Was hast du im Leben wirklich Relevantes gelernt? Folge deinen Träumen. Was ist Glück für dich? Zeit mit meinem Verlobten Aleksander Gamme, meiner Tochter Vilja und meinen Freunden zu verbingen. Klettern. Und mir immer wieder kleine oder große Ziele zu setzen, auf die ich hinarbeiten kann. Was für einen Kindheitstraum hast du dir erfüllt? Krankenschwester zu werden und anderen Menschen dabei helfen zu können, gesund zu werden. Welche Dinge werden heutzutage oft überschätzt? Materieller Besitz aller Art. Mein Ziel ist, mich von allen Gegenständen zu trennen, die ich nicht wirklich brauche. Weniger zu besitzen, bedeutet für mich Freiheit.

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Wie würde der Titel deiner Autobiografie lauten? Ich habe sie gerade geschrieben. Der Titel lautet: »Et friluftsliv« – »Ein Outdoor-Leben« (direkt übersetzt: ein Freiluft-Leben).

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FOTO Fjällräven

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LIEBESERKLÄRUNG »WER DIE KOSTBARKEIT DES AUGENBLICKS ENTDECKT, FINDET DAS GLÜCK DES ALLTAGS.« ( ADELBERT STIFTER ) Liebe auf den ersten Blick? Nein, ich gebe es zu, das war es nicht. Meine Zuneigung kam mit der Erkenntnis. Doch zurück zum Anfang: Meine Beziehung mit dem »Övik Down Skirt« begann vor etwa drei Jahren. Es war einer dieser »Jahrhundertwinter«, wie die Medien sagen. Für mich als kälteempfindlichste Person im Freundeskreis war bis zu diesem Tag jeder Winter ein Jahrhundertwinter, nämlich eine physiologische Katastrophe. Genussvolles Wandern im Winter-Wonderland? Nicht erwünscht, weil »Genuss« nicht möglich. Das Warten am Bahnsteig, wenn verspätete Züge an Geduld und Körperkerntemperatur zerren. Noch einmal kurz mit dem Hund raus an Abenden, wenn das Thermometer gefühlt dreistellig im Minusbereich lag – unerträglich! Tausend Jacken übereinander hätte ich mir gewünscht, zahlreich legte ich sie übereinander an – und trotzdem fror ich irgendwie. Von November bis Mitte März dem Erfrierungstod nahe, »Der Kälte und Unwissenheit erlegen« hätte wohl die Inschrift gelautet. Wäre mir nicht – gerade noch rechtzeitig – an diesem Jahrhundertwintertag der Övik-Rock begegnet. Schlicht, dezent und durchaus elegant für ein Kältekleidungsstück – so kam er daher. Als Empfehlung einer Freundin, die sich selbst als Frostbeule bezeichnet. Meine erste Reaktion? Skepsis! Wie sollte ein einfacher Rock mein Leiden lindern? Doch dieses Kleidungsstück wurde zu meiner Rettung. Unaufdringlich schmiegte er sich vom ersten Tag an mich. Und so plötzlich wie er in mein bis dahin trostloses Winterleben gekommen war, so schnell verschwanden mit ihm Zittern und Kälte. Denn die Daunen in seinem Inneren zeigen dem Winter einfach die kalte Schulter. Nun streife ich mir an frostigen Tagen einfach meinen Daunenrock über die Beine und halte mir so die Eiseskälte von meinem empfindlichen Allerwertesten fern. Öffne ich den seitlichen Reißverschluss, wird aus ihm mit einem Handgriff eine

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Decke – als Unterlage oder über den Schoß gelegt, damit sich noch eine zweite Frostbeule darunter kuscheln kann. Und das Beste: Er passt ganz leicht in meinen Rucksack oder meine Handtasche, zwischen Handy und Lunch-Box. Deshalb trage ich ihn nun immer bei oder an mir. Kalte Tage am Bahnhof oder nächtliche Weihnachtsmarktbesuche? Alles gut! Sogar das Fahrrad hole ich nach dem 1. Dezember noch aus der Garage. Denn mein flauschiger Begleiter geht auch an sportlichen Tagen nicht im Weg um. Er umgibt mich bei allem, was ich im Freien tue. Er macht mein Leben wärmer. Und mein Herz. Mit dieser Erkenntnis verliebte ich mich in ihn – und gleichzeitig in den Winter. Seitdem sind wir drei unzertrennlich, der Winter, der Övik-Rock und ich. Stephanie Zeiffer

PRODUKTINFORMATION/ FJÄLLRÄVEN ÖVIK DOWN SKIRT Kleines Teil, große Wirkung. Der »Övik Down Skirt« bietet dort kuscheligen Kälteschutz, wo Frauen ihn meist vermissen: am Po und an den Beinen. Einschränkungen? Mitnichten! Der große durchgehende Zwei-Wege-Reißverschluss auf der einen, ein kurzer Reißverschluss auf der anderen Seite und ein Dehneinsatz am Bund liefern volle Bewegungsfreiheit. Und da die isolierende Füllung von leichtem, aber robustem G-1000® Lite Gewebe umgeben ist, ist er erstaunlich hart im Nehmen. Schlüssel, Handy und Klimpergeld verschwinden in den zwei Einschubtaschen mit Reißverschluss. Oder Frau steckt einfach die Hände rein, denn dank feinster Daune kann man sie herrlich darin wärmen. Öffnet man den großen Reißverschluss ganz, verwandelt sich der Övik Down Skirt in eine flauschige Decke. Schlechtes Gewissen braucht man übrigens nicht zu haben: Fjällräven arbeitet nur mit ausgewählten Lieferanten und achtet sehr streng auf die ethisch und moralisch einwandfreie Daunenproduktion. Er kann also kommen, der nächste »Jahrhundertwinter« … Preis: 289,95 Euro


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