light the fuze
Foto: Ana Karotkaya
Foto: Fabio Vinci
CUFFED UP
EVERYTHING IN BOXES
2LEGSBAD
MY MIXTAPE. Sag mir, was du hörst, und ich sage dir, wie deine Band ist. So oder so ähnlich funktioniert dieses Spiel. Ralph und Sapphire, beide Gitarre und Gesang, haben für uns ein Mixtape zusammengestellt, welches man hören kann, wenn man sich an der selbstbetitelten EP der Kalifornier sattgehört hat.
MY BAND. EVERYTHING IN BOXES ist ein Name,
MY BAND NAME. Zugegeben, nach dem Band-
den man sich definitiv merken sollte. Auch wenn die Band noch jung an Jahren ist, so hört man dies keineswegs – ein Emopunk-Revival allererster Güte. Man fühlt sich an die stärksten Phasen dieses Genres erinnert. Dieser Tage erscheint die neue EP „Heather“ des sympathischen Trios aus Karlsruhe. Grund genug, sich mit Phil und Juli zu einem Plausch zu verabreden.
namen fragen ist immer etwas lame. Aber über 2LEGSBAD kann man schon mal stolpern, was nämlich zuerst nach zusammengewürfelten Wörtern aussieht, hat eine lange Historie, wie uns Sänger Chris erklärt.
Was ist der erste Song auf eurem Mixtape? Saph: „Olympic airwaves“ von FOALS. Ralph: „Just dance“ von David Bowie. Was muss der erste Song eines Mixtapes können, damit man nicht direkt wieder ausmacht? Saph: Der Song sollte mich dazu bringen, von der Couch aufzustehen und irgendwas zu machen. Ein Song wie „Olympic ariwaves“ bringt mich dazu, mich zu bewegen, ohne dabei zu aufdringlich zu sein. Ralph: Ich liebe FOALS, aber um Barney Stinson zu zitieren: „It’s all rise“, also will ich einen Song, der mich wirklich in Stimmung bringt. Und in den Groove. Welchen eurer Songs würdest du auf das Mixtape packen? Saph: Von den bereits veröffentlichten Songs würde ich „French exit“ nehmen. Von den anderen auf jeden Fall „Even the worm will turn“. Der Track wird so einige Menschen inspirieren. Ralph: Ich würde ein etwas leichteres Stück wie „Small town kid“ wählen. Das ist ein crowd pleaser. Und welche Songs sollten vor und nach eurem kommen? Saph: Vor „French exit“ würde „Blankenship“ von DIIV passen. Der Song hat so einen guten Vibe. Danach vielleicht „Dust“ von TRIAL BY SHAME, um dich wieder wachzurütteln. Ralph: Vor „Small town kid“ käme „Rock music“ von THE PIXIES, der Song packt einen und verlangt nach Aufmerksamkeit. Danach „Starstruck“ von SORRY, um mit dieser außergewöhnlichem Nummer die Dinge ein wenig durchzurütteln. Der wahrscheinlich populärste Song auf dem Mixtape wäre ... Saph: Ich kann mich nicht entscheiden. Entweder „Toxic“ von Britney Spears oder „Physical“ von DUA LIPA. Beide sind einfach totaler Banger. Ralph: Ja, auf jeden Fall sind das Banger. Abgesehen von Bowie würde ich auf „Sabotage“ von den BEASTIE BOYS setzen. Der ist einfach immer ein Brett. Und der unbekannteste Song? Saph: „Chest“ von FRIGS. Der hat so einen dunkeln Vibe, den ich total liebe. Ralph: „Become what you are“ von MERCHANDISE. Ein elf Minuten langes Epos mit einer offensichtlichen Message, aber nicht jeder von uns hat heutzutage noch eine so lange Aufmerksamkeitsspanne. Und dein absoluter Lieblingssong auf dem Tape ist ... Saph: „Black gold“ von FOALS. Sollte irgendjemand den nicht mögen, würde ich von dieser Person bis in alle Ewigkeit denken, dass sie ein kulturloses Schwein ist. Ralph: „Inhaler“ von FOALS. Um auf das Bezug zu nehmen, was Saph gerade meinte: Ich würde wohl nicht viel zu dieser Person sagen, sondern ihr einfach den Drink aus der Hand schlagen und ihr den Song entgegen singen. Dennis Müller
Mitte Januar erscheint eure neue EP „Heather“. Könnt ihr die vier neuen Songs einmal für uns in Worte fassen? Juli: Auf „Heather“ sind vier Momentaufnahmen, die auf einem schmalen Grat wandern zwischen Hoffnung und Verzweiflung, Verlorensein und Geborgenheit und Erschöpfung und Tatendrang. Eure EP strotzt nur so vor Spielfreude und Energie, gepaart mit einer gewissen Melancholie ergibt das euren ganz eigenen Mix. Wie bewahrt man sich die positive Einstellung als Band während einer Pandemie? Phil: Die Hoffnung auf bessere Zeiten hilft sehr. Man muss sich an den positiven Dingen im Leben erfreuen. Verzweifeln bringt nichts. Man sollte allgemein den negativen Seiten nicht zu viel Raum gewähren. Ihr seid noch eine relativ junge Band, trotzdem habt ihr einen sehr erwachsenen Sound. Wie kommt das? Wo liegen eure stärksten Einflüsse? Juli: Wir sind da sehr breit aufgestellt. Von Hardcore bis Rap ist alles dabei. Bruce Springsteen ist definitiv eine sehr große Inspiration für uns. Aber auch Bands wie THE GASLIGHT ANTHEM, AGAINST ME!, BEACH SLANG oder JOYCE MANOR haben unseren Sound und uns selbst beeinflusst. Ist es als Brüderpaar einfacher, Songs zu schreiben oder liegt man sich Gallagher-mäßig eher in den Haaren, wenn es um Entscheidungen geht? Phil: Generell empfinden wir das als sehr angenehm und es vereinfacht vieles. Man kennt sich eben sehr gut. Ab und zu gibt es natürlich die üblichen Streitereien unter Brüdern. Ausmaße wie bei den Gallaghers hat das allerdings zum Glück noch nicht angenommen. Corona verhindert sämtliche Live-Aktivitäten momentan noch. Aber wir sind gemeinsam guter Dinge, dass sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte 2021 zum Besseren wenden wird. Auch bei euch gibt es einige ausgefallene Shows, die es nachzuholen gilt. Was ist für 2021 so geplant? Juli: Eigentlich wollten wir im Frühjahr 2020 zwei kleinere Touren spielen und im Oktober 2020 war eine längere Tour mit unseren Freunden ELM TREE CIRCLE geplant. Wir hoffen, dass wir das im Herbst 2021 alles nachholen können. Was treibt ihr eigentlich sonst noch so, wenn ihr nicht gerade Songs schreibt? Phil: Wenn wir nicht gerade Musik machen, stehen Zocken und Skateboardfahren an. Dazu kommt auch ab und an mal ein Blick in ein gutes Buch. Am allerwichtigsten ist es uns aber, Zeit mit unseren Familien und Freunden zu verbringen. Carsten Jung
Euer Bandname stammt aus „Animal Farm“ von George Orwell. Habt ihr einen bestimmten Bezug zu dem Buch? Einen guten Bandnamen zu finden, ist heutzutage extrem schwer, weil es fast alles schon doppelt und dreifach gibt. Als wir uns im Oktober 2019 in diesem Line-up zusammengetan haben, hatte ich gerade mal wieder „Animal Farm“ gelesen. Ein fantastisches Buch, das ich wirklich allen ans Herz lege. Zunächst entstand die Idee für unseren Song „Animal Farm“ mit dem Claim der Tiere: „Four legs good, two legs bad!“ Es ist ja nichts Neues, dass wir Zweibeiner unserem Planeten und der Natur ziemlich zu schaffen machen. Daher fanden wir das als Bandnamen passend. Zumal wir uns in unseren Lyrics ja auch mit all dem Unsinn befassen, den die „Two-Legs“ weltweit anstellen. Inwieweit spiegeln sich die Themen aus „Animal Farm“ auch auf eurem Album? Auch wenn die Texte der einzelnen Lieder auf „2LegsBad“ für sich selber stehen, gibt es bei einigen schon thematische Überschneidungen. „Godsend“ ist beispielsweise aus der Sicht eines größenwahnsinnigen Politikers geschrieben, „Rant“ beschäftigt sich mit der grauenvollen Propaganda der rechten Bewegungen, die sich leider wieder ausbreiten, nicht nur in Deutschland. Und „Dreaming“ beschreibt den Traum von einer schönen Welt ohne Probleme, der jedesmal mit dem Aufwachen zerplatzt. Wie aktuell ist die Message von „Animal Farm“, das ja schon fast achtzig Jahre auf dem Buckel hat? Das ist das Wunderbare, aber gleichzeitig auch Bittere an „Animal Farm“: Dass sich die Message 1:1 auf die heutige Zeit übertragen lässt. Die Geschichte von machthungrigen Herrschertypen, die durch Propaganda und gezielte Falschinformation die Menge verführen, diese aber am Ende natürlich nur zum eigenen Vorteil missbrauchen, ist ja gerade ziemlich aktuell. Ob es Politiker sind oder Anführer von Gruppen wie „Querdenker“ – die Muster sind überall erschreckend ähnlich. Ihr seid alle schon länger in der Szene unterwegs und habt in anderen Bands gespielt. Inwiefern hat diese Erfahrung Einfluss auf 2LEGSBAD und das Album gehabt? Jeder von uns kann seine Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Bands in die Musik mit einbringen. Dadurch haben wir genug Selbstvertrauen, unseren Weg so zu gehen, wie wir das geil finden. Und die langjährige Bühnenerfahrung hilft uns, Songs zu schreiben, die auch live gut funktionieren. Wir sind begierig, wieder auf Konzerte zu gehen und natürlich auch selber wieder auf die Bühne zu können. Es wird wohl kaum jemand abstreiten, dass diese Art Musik live am besten funktioniert. Dennis Müller
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