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MESHUGGAH
from FUZE.93
UNVERKENNBAR. Mit ihrem Sound haben MESHUGGAH den modernen Metal geprägt wie kaum eine andere Band. Das neunte Album „Immutable“ manifestiert den Sound der Schweden wortwörtlich in ihrer Einzigartigkeit und zeigt die Schranken auf, in denen sich MESHUGGAH seit Jahren bewegen. Diese sind jedoch selbst gewählt und haben für Schlagzeuger Thomas Haake kaum etwas mit Beschränkungen zu tun. Viel mehr sind sie ein Mittel zum Zweck, um den Sound zu perfektionieren und die Essenz aus dem zu ziehen, was die Klangwelt der Band wirklich ausmacht.
Limitation „Wenn wir jemanden mit unserer Musik inspiriert haben, dann fühlt sich das großartig an. Aber wir haben eigentlich gar keine Ahnung, was außerhalb unserer Bubble passiert.“ Thomas Haake gibt sich mit Blick auf seine eigene Musik bescheiden. „Ich weiß nicht, wie groß unser Impact wirklich ist“, sagt er, wenn auch ihm eigentlich klar sein müsste, dass es etliche Bands gibt, die sich an den Riffs der Band orientiert haben. „Wir hören selbst kaum neuen Metal oder beobachten, was in der Szene passiert. Wir haben dafür gar keine Zeit.“ Viel eher finden die Musiker ihre Anregungen bei wahren Klassikern. So nennt Haake etwa „Master Of Puppets“ von METALLICA als regelrechten Wegweiser für „Immutable“. Ein Track trug sogar den Arbeitstitel „Orion 2“, in Anspielung auf eben dieses Album, das fundamental für die musikalische Prägung der Band war und laut Haake als mutiges und progressives Werk darstellt, das auch ruhige Parts in den Heavy Metal Sound einbrachte.
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Für MESHUGGAH zählt im Jahr 2022 allerdings kaum noch ein Blick nach außen, viel mehr bewegt sich die Band in einem engen Käfig, aus dem sie gar nicht auszubrechen versucht. Auch hierfür steht „Immutable“, dessen Titel sich mit „unveränderlich“ treffend übersetzen lässt. Ob Haake denkt, dass MESHUGGAH sich durch diesen Ansatz limitieren? „Das denke ich nicht nur, ich weiß es.“ Damit stellen sich die Schweden jedoch nicht in eine Ecke, die Beratungsresistenz und Stagnation bedeutet. Vielmehr ist „Immutable“ ein Destillat dessen, was MESHUGGAH durch ihre Fokussierung auf einen einzigartigen Sound über dreißig Jahre hinweg hervorbringen.
Die wahre Essenz ihrer Musik Was die Band in den frühen Neunziger Jahren etablierten, ist ein Sound, der so oft kopiert wurde wie kaum ein anderer. Ob im Bereich Progressive Metal oder Djent, MESHUGGAH haben den Sound der Nuller Jahre geprägt und maßgeblich vorangetrieben. So ist ein Album wie „Nothing“ der Maßstab, den sich die Schweden bereits im Jahr 2002 selbst gesetzt haben. Dabei entstand für Außenstehende wohl kaum das Gefühl von Limitierung, denn mit „ObZen“ legten MESHUGGAH das Unmögliche nach und machten sich mit ihrer Single „Bleed“ unsterblich. Doch seit der Veröffentlichung von „ObZen“ sind 14 Jahre vergangen. Mit „Koloss“ und „The Violent Sleep Of Reason“ erschienen zwei Alben, die wenig Neues mit ins Spiel brachten und auch „Immutable“ folgt einem Ansatz, bei dem sie ihren Stil über weite Strecken regelrecht konsolidieren und vertiefen.
Zwar gibt es einzelne Elemente, die auf frischen Wind deuten, doch dass MESHUGGAH etwas an ihrem Grundprinzip ändern, bleibt undenkbar. „Viele Leute fragen sich beim Hören von ‚Black Cathedral‘, ob jetzt der erste Blastbeat in unserer Diskografie auftaucht. Aber das wird nie der Fall sein, aus einem ganz einfachen Grund – ich kann einfach nicht schnell spielen“, schmunzelt Haake, der zweifelsohne zu den meist beachteten Metal-Drummern der Welt gehört. Es ist auch diese Bescheidenheit, die sich im Image von MESHUGGAH zeigt. Nicht ohne Grund begeistern sich Musikliebhaber:innen und ein akademisches Publikum voller Faszination für den regelrecht eindimensionalen Sound der Band. Es ist der Mix aus Anmut, Wahnsinn und musikalischer Raffinesse in ihrer Diskografie, der MESHUGGAH innerhalb der Metal-Szene klar exponiert. Unveränderlich Mittlerweile in den Fünfzigern angekommen, haben sich MESHUGGAH damit abgefunden, wer sie sind und wo ihr Platz ist. Dabei ist sich Bassist Mårten Hagström sicher, dass die Menschen hinter der Band seit dem ersten Tag dieselben geblieben sind. Auch der Ansatz, wie die Band an Dinge herangeht, wodurch sie so klingt, wie sie klingt, blieb unverändert. Dabei hat „Immutable“ aber auch noch eine tiefergehende Bedeutung. Denn auch die Menschheit erwies sich als unveränderlich, begeht immer wieder die gleichen Fehler, auch wenn die Geschichte es uns eines Besseren belehrt. So versteht sich das neunte MESHUGGAH-Album als Produkt und Reflexion des Menschlichen, das innerhalb des musikalischen Kosmos für viele auf den ersten Blick wenig greifbar wirken kann. Denn neben all den technischen Fähigkeiten, den vermeintlich verkopften Rhythmen und einer philosophischen Tiefe ist Musik auch für MESHUGGAH ein Ergebnis von Kreativität. „Wir versuchen zwar immer, auf einem neuen Album auch etwas Neues unterzubringen und sind experimentierfreudig, der Weg, den wir dabei gehen, bleibt am Ende jedoch unverändert.“
Haake ist sich sicher, dass „Immutable“ einmal mehr ein Versprechen ist, mit welcher Erwartungshaltung man an die Musik der Band herantreten kann. „Wir werden immer das schreiben, was wir wirklich empfinden.“ Dabei wünschen sich MESHUGGAH vor allem, dass die Musik unverwechselbar nach ihnen klingt, so Haake. „Wir möchten, dass Menschen unseren Sound direkt erkennen. Auch Menschen, die uns nur ab und an hören, oder unseren Stil allenfalls grob im Kopf haben.“ Die Frage nach der Einzigartigkeit ihres Sounds stelle sich die Band auch selbst. „Wir fragen uns bei jedem Part: Ist es direkt das, was wir machen, oder ist es nur vielleicht das, was wir machen? Das fragen wir uns immer, weil wir kein ‚vielleicht‘ wollen. Wir wollen, dass direkt klar wird, dass wir das sind.“ Rodney Fuchs