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BRUTUS

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Foto: quintenquist.com

BREAK UP ODER BREAKTHROUGH? Nach Lockdowns und Live-Alben ging auch für BRUTUS aus Belgien das Musikleben weiter. Mit niemandem habe ich bisher häufiger gesprochen als mit Sängerin und Schlagzeugerin Stefanie Mannaerts und Bassist Peter Mulders. Kein Wunder also, dass dieses Gespräch über „Unison Life“ ziemlich in die Tiefe geht.

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Ich glaube, das hier ist mittlerweile unser viertes Interview. Und seit wir das erste Mal miteinander gesprochen haben, seid ihr als Band und musikalisch gewachsen und quasi berühmt geworden. Wie erlebt ihr dieses Wachstum? Peter: Ich empfinde es nicht als Berühmtheit. Aber ich hoffe, dass wir musikalisch gewachsen sind. Dass die Songs vielleicht nicht besser sind, aber anders, und dass wir uns verändert haben. Stefanie: Ich denke, das Ziel war immer das selbe. Wir wollten ein gutes Album oder einen guten Song schreiben. Und ich hoffe, dass wir eine Entwicklung des musikalischen Levels haben. Aber unsere Intention ist gleich geblieben, wir haben das von Anfang an sehr ernst genommen. Nicht dass wir bei den Proben immer total ernst waren, aber von Anfang an wollten wir etwas Gutes machen und haben hart dafür gearbeitet. Peter: Und jetzt kommen tatsächlich ein paar Dinge dazu: Wir haben jetzt einen Tourmanager, weil es sonst zu viel für uns ist, uns um Interviews, Fahrten, Lichttechnik und so was zu kümmern. Wir werden also größer, auf eine Art. Stefanie: Oder beschäftigter.

In den vergangenen Interviews klang es immer so, als würde eurer Songwriting-Prozess entweder mit einem Album oder der Auflösung der Band enden, weil ihr alle so unterschiedliche Erwartungen und Meinungen habt. Wie lief es dieses Mal? Stefanie: Ich denke der Prozess lief dieses Mal sehr gut. Für uns war es gut, aber die Standards sind sehr hoch. Peter: Was meinst du? Stefanie: Es ist nicht mehr nur „der Song“, sondern wir stellen uns jetzt auch Fragen über die Frequenz ... Peter: Ach so, wir gehen immer tiefer, ja. Aber wenn du den Prozess zwischen uns dreien meinst, ob wir uns gestritten haben oder nicht ... Die letzten zwei Jahre waren für uns eher eine Zeit des Teambuilding. Denn vorher, auch als wir „Nest“ geschrieben haben, war es sehr stressig, wir waren auf Tour und hatten noch keinen Tourmanager. Also es ging immer Schlag auf Schlag. Als dann die Pandemie kam, hatten wir viel Zeit zu dritt. Wir hatten viel Zeit zu schreiben und zu kochen. Manchmal haben wir einfach sieben Stunden geredet und dann eine halbe Stunde mit einem Effekt herumgespielt. Und an anderen Tagen haben wir nur geschrieben. Wir sind in der Zeit zusammengewachsen. Und das hat uns beim Schreiben und Aufnehmen der Songs geholfen. Korrigier mich, Stefanie, aber wir haben uns wenig bis gar nicht gestritten, oder? Stefanie: Stimmt, weil es keine Überraschungen im Studio gab. Für „Burst“ haben wir mit der Handy-Aufnahmefunktion gearbeitet für die Demos. Und manchmal war es dann im Studio eine Überraschung: Ach, das spielst du da? Dieses Mal haben wir die Demos mit extra Mikrofonen aufgenommen. Das war ein großer Unterschied.

AM ANFANG HABE ICH KÄMPFE IM KOPF AUSGEFOCHTEN, WEIL ICH EIGENTLICH NUR SCHLAGZEUGERIN SEIN WOLLTE, ABER AUCH DIE SÄNGERIN WAR.

Es klang auch immer so, als würde euer Album nur aus Blastbeats bestehen, wenn ihr Stefanie das Ruder überlassen solltet. Hört man sich euer neues Album an, klingt es so, als hätte Stefanie sich nicht durchgesetzt oder ihre Meinung geändert. Was ist passiert? Stefanie: Stefanie ist älter geworden, haha. Als wir angefangen haben, war ich in meiner rebellischen Phase einer 23-Jährigen. Und eventuell wollte ich manchmal die Gesangsparts kompensieren. Vielleicht ist es das. Am Anfang habe ich Kämpfe im Kopf ausgefochten, weil ich eigentlich nur Schlagzeugerin sein wollte, aber auch die Sängerin war. Jetzt, da wir älter sind, sprechen wir eher darüber, was ein Song braucht, anstatt über das Konzept eines Songs zu sprechen, das ich mir wünsche. Und wenn du sagst, dass ich das so gesagt habe, ist das komisch für mich und klingt nach einer sehr jungen Stefanie. Peter: Jetzt sprechen wir mehr über die Funktion eines Songs. Aber es gibt immer noch Blastbeats auf dem Album. Stefanie: Tatsächlich gibt es nur einen Song mit Blastbeats, aber das ist ein sehr langer Song. Peter: Stimmt, also darauf haben wir nicht geachtet, sondern eher auf die Funktion der Stücke. Stefanie: Du willst dich als Band ja auch entwickeln und wir versuchen, immer zu wachsen. Ich denke, wenn du dir alle drei Alben von uns anhörst, wird der Weg, den wir gehen, sehr deutlich sichtbar.

„Victoria“ dreht sich im weitesten Sinne ums Erwachsenwerden. Wie sieht es thematisch auf dem Rest des Albums aus? Stefanie: Insgesamt dreht sich „Unison Life“ um das Streben nach einem Leben in Harmonie. Manchmal klappt das und manchmal klappt es nicht. Wir haben „Dust“ und „Liar“ schon veröffentlicht. Ich möchte immer, dass alles schön und frei von Konflikten ist. Aber das funktioniert nicht. Und darum geht es in „Liar“. Es geht um mich oder andere Leute, die lügen, weil es in diesem Moment als die beste Möglichkeit erscheint, um die Harmonie zu wahren. Aber am Ende ist das immer eine schlechte Idee. Ich weiß, dass man das nicht machen sollte, aber ich mache es trotzdem. Wenn ich könnte, würde ich nie unangenehme Dinge ansprechen, das ist ein schlechter Charakterzug von mir. Selbst wenn andere Leute eine Diskussion beginnen, friere ich quasi ein. Peter: Und ich bin das genaue Gegenteil, ich brauche Diskussion und Reibung. Und Stijn geht gerne Kompromisse ein. Damit hast du jetzt eine gute Definition unserer Band. Stefanie: Zurück zum Album: Bei „Nest“ ging es viel darum, sein Zuhause zu vermissen und darum, was daheim passiert ist, während man nicht da war. Es ging um Dinge, die in der Außenwelt passiert sind. „Unison Life“ dagegen wurde im Lockdown geschrieben. Da ist nichts passiert, gar nichts. Dadurch musste ich mich mit meinen Gedanken und Fragen im Inneren beschäftigen. Dadurch kamen die Lyrics zustande. Ich kann mir auch keine Geschichten ausdenken und darüber schreiben. „Julia“ auf „Burst“ ist zum Beispiel aus der Sicht einer dritten Person geschrieben. Dabei geht es eigentlich um mich, ich hatte nur die den Mut, das zu sagen. Jetzt ist es mir egal. An dem Tag, an dem wir als Personen nicht mehr in den Texten zu finden sind, können wir auch gleich aufhören. Britt Meißner

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