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ZWISCHEN DÜSTERNIS UND TWITTER. Wie bereitet man sich auf ein Gespräch mit Frontmann Brendan Murphy vor? Auf der einen Seite steht das neue Album „A Eulogy For Those Still Here“, das davon handelt, sich selbst das Leben zur Hölle zu machen, indem man alles kaputtdenkt, und auf der anderen Seite ist da die Präsenz auf Social Media oder bei Shows, wo die Band beziehungsweise Brendan sich über alles und jeden bitterböse lustig macht. Also wie? Fragen wir ihn doch einfach selbst.

Wen bekommt man bei dir als Interviewpartner? Den Brendan, der sich in seinen Songs selbst zerfleischt, oder den publikumsbeschimpfenden Weirdo von Twitter? Nur auf Social Media zeige ich mein wahres Gesicht, haha. Aber im Ernst, alles worüber ich in meinen Songs schreibe, ist zu hundert Prozent wahr, aber ich würde es hassen, immer nur dieser negative Mensch zu sein. Das Einzige, worauf ich mich tagtäglich wirklich freue, ist, die Leute zum Lachen zu bringen.

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Hast du das Gefühl, dass Menschen dich aufgrund deiner Musik zu ernst nehmen oder nicht ernst genug, wegen deiner Kommentare abseits davon? Ehrlich gesagt mache ich das schon zu lange, als dass ich noch irgendwas darauf gebe, wie die Leute von mir denken. Was zählt, ist nur, dass ich Spaß habe. Andererseits ärgert es mich schon, wenn jemand mich als Sänger sieht und ernsthaft annimmt, dass ich ein Arschloch bin. Dann sage ich immer: „Sieh dich mal im Publikum um. Denkst du wirklich, die Leute um dich herum würden meine Beleidigungen hinnehmen, wenn sie nicht wüssten, dass es nur Spaß ist?“ Es wird immer Leute geben, die nicht verstehen, wie ich mich verhalte. Aber so lange, wie das schon läuft, sind es bestimmt 95 Prozent, die gemeinsam mit mir darüber lachen, wie ich sie runtermache, haha.

Hast du häufig den Eindruck, dass die Leute glauben, dich genau zu kennen? Absolut. Tatsächlich ist das aber auch der Fall – sie kennen mich. Ich habe immer klar gesagt, dass ich nie eine Rolle spiele und nichts vor der Öffentlichkeit oder den Hörern meiner Musik verheimliche. Warum sollte ich in meinen Songs so super ernst rüberkommen wollen, wenn es nicht echt wäre? Ich hätte es lieber, wenn die Leute zu mir kämen, um sich mit mir über ihre kranken Haustiere zu unterhalten, als dass sie Angst haben, ich könnte mich ihnen gegenüber wie ein Idiot benehmen. Ich bin wie ein offenes Buch. Wenn Leute also denken, sie würden mich kennen, dann ist das vielleicht auch so.

Deine Texte handeln von Schmerz und Trauer, eine zynische Ebene, die vielleicht dem Selbstschutz dient, bleibt da völlig außen vor. Hundertprozentig richtig. Ich möchte nicht immer dieser traurige Sack sein, so entstehen nur die Texte für meine Songs. Alle paar Jahre setze ich mich in einen dunklen Raum, verfasse den düstersten Kram, der mir einfällt, und im Anschluss daran kann ich wieder rausgehen, Spaß haben und die Leute zum Lachen bringen. Ich bin schonungslos offen, was meine Texte betrifft, aber auch wenn es um die meine Person abseits der Bühne geht.

EIGENTLICH GEHT ES MIR WIRKLICH NICHT GUT. ICH BIN PLEITE, ACHTZIG PROZENT DES JAHRES UNTERWEGS, ICH VERMISSE MEINEN KATER UND BIN KOMPLETT ÜBERARBEITET.

Wenn Menschen älter werden, verharren sie in der Regel weniger in düsteren Gedanken. Nun hast du aber ein Album über eine Gedankenwelt geschrieben, in der du noch lebende Wesen bereits für tot erklärst. Ist für dich keine Besserung in Sicht? Ich hoffe doch! Aber so lange diese Abgründe in meinem Kopf existieren, habe ich auch einen Job und muss nicht bei Best Buy arbeiten. Also warum sie verstecken? Ich bin ein menschliches Wesen wie alle anderen auch und mache eben bestimmte Sachen durch.

Wie geht es deinem Kater Kuma? Es geht ihm ganz gut. Er ist ein kleiner Quälgeist, weil er alle paar Monate plötzlich beschließt, dass ihm sein Futter nicht mehr schmeckt. Das Ding ist, wenn er nichts mehr isst, kann ich auch nichts mehr essen und das geht so lange, bis ich was Neues für ihn gefunden habe.

Der Song „Whispers of your death“ vom neuen Album handelt von Kuma und benutzt eine auffällig klare Sprache, während die anderen Tracks wesentlich symbolträchtiger und weniger spezifisch formuliert sind. Ich habe da einfach mein Herz sprechen lassen. Ich liebe Kuma mehr als alles andere in der Welt und daher bedeutet mir der Song auch sehr viel, deshalb sollte absolut klar sein, worum es geht. In dem Moment, in dem ich das erste Mal das Instrumental gehört habe, wusste ich, dass das Kumas Song wird. Anstatt also stundenlang bei thesaurus.com rumzuhängen, um den Track irgendwie mehrdeutig zu machen, habe ich einfach gesagt, was ich zu sagen hatte.

Du bist auch sehr offen, wenn es um dein Leben als „Rockstar“ geht. Wie hast du die glorreiche Rückkehr auf die Bühnen erlebt, nachdem die CoronaPause vorbei war? Ich will ehrlich sein, ich habe noch keine richtig geile Tour erlebt, seitdem es wieder losgegangen ist. Sie waren keine kompletten Desaster, aber eben auch nicht bahnbrechend, was den Spaß oder die Einnahmen betrifft. Es ist schon okay, ich bin glücklich, wieder Shows spielen zu können, weil es das Einzige ist, was ich seit meinem Schulabschluss gemacht habe. Momentan hoffe ich, dass die jeweils nächste Tour nicht einen Monat vorher abgesagt wird.

Was nervt dich am meisten am Leben als Musiker? Und warum ist es das trotzdem alles wert? Eigentlich geht es mir wirklich nicht gut. Ich bin pleite, achtzig Prozent des Jahres unterwegs, ich vermisse meinen Kater und bin komplett überarbeitet. An manchen Tagen denke ich, dass mein Leben es nicht wert ist, gelebt zu werden, und ich nur in diese Rolle hineingeraten bin, weil ich nie in irgendetwas gut war außer Schreien. Ich hoffe inständig, dass sich das bald ändert.

Mit END hast du eine weitere Band, mit der du in Sachen harter Musik unterwegs bist, andererseits feierst du auf Twitter immer wieder das neue Album von THE 1975. Schon mal darüber nachgedacht, selbst auch in eine poppigere Richtung zu gehen? Ich wünschte, ich wäre in der Lage dazu. Bei mir läuft kaum noch härtere Musik, fast ausschließlich K-Pop und THE 1975. Ich stecke in meiner Sparte fest, weil ich selbst nicht besonders gut darin bin, Musik zu schreiben, und singen kann ich ebenfalls nicht. Ich bin dazu verdammt, der kleine Schreihals zu sein. Vielleicht sollte ich mal Gesangsstunden nehmen. Christian Biehl

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