UNTER STROM
UNTER STROM 23. April - 21. Oktober 2018
UNTER STROM
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23. April - 21. Oktober
2018
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61 466 40 77 2 Muttenz, Telefon +41 ackerstrasse 72, CH-413 , Eintrittspreis CHF 10. Uhr 30 16. bis Pantheon Basel AG, Hof 10 So: und Fr: 10 bis 17.30 Uhr, Sa Öffnungszeiten: Mo bis
Die Frucht langjähriger und konstruktiver Zusammenarbeit
Stephan Musfeld
Seit 125 Jahren stellt das Elektroauto eine permanente Zukunftshoffnung dar. Die Präsentation der Elektromobile aus der nationalen Verkehrsmittelsammlung im Verkehrshaus der Schweiz gibt zum ersten Mal einen Überblick über die unerwartet lange Geschichte des «Accumobils». Als Rohstoff der Schweiz ist Strom die einzige wirklich nationale Energiequelle. Nicht nur bei der Eisenbahn, sondern auch im Strassenverkehr war man sich dessen schon vor hundert Jahren bewusst. So verfügt die Schweiz über eine bedeutende Fahrzeugproduktion im Bereich der Elektromobile: SIG, Tribelhorn, Oehler, Pfander, Neue Fahrzeuge AG, NEFAG, oder Mowag im 20. Jahrhundert; Twike, Horlacher, Biketec, Kyburz oder Micro Mobility Systems zur Jahrtausendwende. Nach einer langen und vielfältigen Zusammenarbeit hat das Pantheon Basel das Verkehrshaus der Schweiz zu einer Gastausstellung eingeladen. Dabei soll die wichtige Sammlung an technikhistorischen Zeitzeugen mit nationalem Bezug zum Strassenverkehr im Vordergrund stehen. Im Pantheon werden vom 23. April bis zum 21. Oktober 2018 erstmals sämtliche Meilensteine aus der nationalen Sammlung des Verkehrshauses in einer Übersichtsausstellung präsentiert. Ich bedanke mich beim Verkehrshaus der Schweiz, Luzern, Herrn Daniel Geissmann und den Angehörigen des Teams Ausstellungen und Sammlungen. Ich freue mich ausserordentlich über das Zustandekommen des gemeinsamen Projekts UNTER STROM, es ist die Frucht der langjährigen und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen dem Verkehrshaus und dem Pantheon. Auch bei den Hauptsponsoren Basler Kantonalbank, Die Mobiliar und Itten+Brechbühl bedanke ich mich für die Unterstützung, ebenso bei den weiteren
Sponsoren. Auch dem bewährten Pantheon-Team sage ich Dank, namentlich Urs Gautschi fürs Fotografieren und Niklaus Starck für die Texte und das Gestalten der Broschüre, und allen, die zum guten Gelingen der Ausstellung beigetragen haben. Seien Sie willkommen im Pantheon Basel!
Elektroantrieb als Chance
Daniel Geissmann Verkehrshaus der Schweiz, Ausstellung & Sammlung, Leiter
Werbung weckt Emotionen, ob für Automobile, Raucherwaren oder Pralinen. Sie verführt und verkauft uns eine bessere und erstrebenswertere Welt. Ich erinnere mich noch an die Bilder eines Zigarette rauchenden Cowboys mit lässigem Hut. Bilder sagen mehr als tausend Worte. Kommt Ihnen eine attraktive Werbung für Elektromobilität in den Sinn? Mir nicht. Die emotionale Vermarktung von Elektrofahrzeugen ist ungenügend. Sicher waren die als «graue Entlein» designten Fahrzeuge aus den Anfängen der Elektromobilität keine Verkaufsschlager. Heute hat sich das Blatt gewendet. Die aktuellen Elektroautos haben ein modernes Design, sind leistungsfähig, aber auch teuer. Hinzu kommen schnittige E-Fahrräder und zunehmend auch E-Boote. Das Ende des Erdölzeitalters ist eingeläutet. Auch wenn neue Fördertechniken es hinauszögern werden, irgendwann ist Schluss. Alternativen müssen her. Schon vor über 120 Jahren war Elektromobilität ein Thema. Der Durchbruch scheiterte an der begrenzten Reichweite der Batterien. Noch heute liegt der Fokus der Forschung auf leichteren und leistungsfähigeren Batterien. Der Elektroantrieb war und ist die richtige Technik: emissionsarm und geräuschlos. Design, Produktion, Leistung, Preis, Autonomie, Marketing, Verkauf und Service sind ein Gesamtpaket, das die Kundinnen und Kunden ansprechen soll. Nur wenn all diese Faktoren erfüllt sind, wird sich diese Technik durchsetzen. Geben wir dieser Technik die Chance, die sie verdient hat. Wir werden es nicht bereuen. Das Pantheon Basel und das Verkehrshaus der Schweiz pflegen eine langjährige Partnerschaft: unkompliziert, offen, flexibel und erfolgreich. Für beide Institutionen ist die Zusammenarbeit eine Win-winSituation, ein Nehmen und Geben. Objekte aus der Nationalen Mobilitätssammlung durften schon oft zu Gast im Pantheon Basel
sein. Mit der Ausstellung «Unter Strom» ist das Verkehrshaus der Schweiz eingeladen, das Thema «Elektromobilität» von den Anfängen bis in die Gegenwart zu präsentieren: Eine Auswahl von einzigartigen Fahrzeugen, die ihresgleichen sucht. Möglich gemacht haben dies Stephan Musfeld und sein Team. An dieser Stelle sagen wir Merci für diese freundschaftliche und eindrückliche Zusammenarbeit. Das Pantheon Basel kann auch künftig auf uns zählen.
Tribelhorn-Werk in Altstetten, Produktion dreirädriger Elektrowagen fßr die Schweizer Post, zwischen 1920 und 1923, Verkehrshaus der Schweiz.
Lohner-Porsche Semper Vivus, 1900, 2 Einzylinder-De-Dion-Bouton-Verbrennungsmotoren mit je 2,5 PS, Eletromotoren mit 2,7 PS pro Rad, 35 km/h, 200 km Reichweite.
© Editions Pantheon Basel, 2018 Hofackerstrasse 72, CH-4132 Muttenz +41 61 466 40 77, www.pantheonbasel.ch Idee: Stephan Musfeld Ausstellungskonzept: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern Fotografien: Urs Gautschi, Ausnahmen sind bezeichnet Texte und Gestaltung: Niklaus Starck Druck: Druckerei Dietrich AG, Basel ISBN 978-3-906298-07-8 Mit freundlicher Unterstützung von
«Wenn ich mal Musse und Geld habe, will ich mir eine elektro-magnetische Droschke bauen, die mich gewiss nicht im Dreck sitzen lässt.» Werner von Siemens, 1816-1892, Berlin, 1847.
«Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.» Kaiser Wilhelm II., 1859-1941, um 1900.
Inhalt Verkehrshaus – Nationales Museum für Mobilität ......................8 1895 – die E-Bikes kommen!...................................................10 Auf Einsatz unter Strom ..........................................................11 La Jamais Contente, 1899 .......................................................12 Chemie macht Strom ..............................................................14 Alfred Dinin, 1904...................................................................16 Tribelhorn, Elektro-Personenwagen, 1908 ...............................19 Schweizer Pioniere der Elektromobilität ...................................20 Tribelhorn, Elektro-Hotelbus Mathilde, 1912 ...........................24 Rauch & Lang BX6, 1916.........................................................30 Tribelhorn, Elektro-Lastwagen, 1919 .......................................32 Tribelhorn, Elektro-Zugtraktor, 1918 .......................................34 Vom Stromer zum Benziner zum Stromer ................................36 MIAG Perronwagen, 1930.......................................................41 SIG Lastwagen, 1942 ..............................................................42 SIG Lieferwagen Typ EL 300, 1943 ..........................................44 Oehler Stapler Type HOST 549, 1951 ......................................45 Oehler Spitalfeuerwehr, Typ ES 2053, 1958.............................46 NEFAG Dreiseitenkipper, Typ PK 1954, 1964 ...........................47 Batterien .................................................................................48 Instrumente.............................................................................50 Solo Elektra, 1973 ...................................................................52 Zele Electro Zagato, 1974........................................................53 Hercules Accu-Bike, 1975........................................................54 Sofa 3, Solar-Transportvelo, 1986............................................55 Die ersten Rekordhalter? – Elektromobile! ...............................56 Solarmobil Undo, 1986 ...........................................................57 Modelle...................................................................................58 Gnom, 1986 ...........................................................................60 Sinclair C5, 1986.....................................................................61 Elec-Tigra, Prototyp, 1987 .......................................................62 Elfa Cit 250, 1987 ...................................................................63
Fiat LARAG Larel, Typ Wil 202, 1988 .......................................64 Horlacher, Modell GL 88 «Ei», 1988........................................65 Mobilec Scoot92, Prototyp, 1992 ............................................68 Selec Tiny, 1993 ......................................................................69 Spirit of Bienne III, 1993 ..........................................................70 VW Golf und ETHZ, Hybrid-Motor IIB,1993..............................71 Kyburz Classic, 1995 ...............................................................72 Flyer Classic, Prototyp, 1996....................................................73 Toyota Prius, Serie I, 1997 .......................................................74 Volkswagen Sharan Hybrid ETHZ, 1999 ...................................75 Velocity Dolphin, 1999 ............................................................76 Flyer Urban Airline F8, Modell, 1999........................................77 ZEM 4cycle, 2000....................................................................78 Cree, Sam 01, 2001 ................................................................79 Pac Car II, 2003.......................................................................80 Chevrolet Volt, 2007 ...............................................................81 Tesla Roadster 2.5 Sport, 2008................................................82 Hyundai ix35 FCEV, 2009 ........................................................83 E-Tracer, 2010.........................................................................86 Mobilec Typ III, 2010 ...............................................................87 BMW i3, 2013.........................................................................88 Piaggio Ape Solar, 2015 ..........................................................89 ExoMars-Rover, 2016 ..............................................................90 Kyburz DXP, 2016 ...................................................................91 eRod, 2017 .............................................................................92 Maxon Bike-Drive, Modell, 2017 .............................................93 Microlino, 2018.......................................................................94 MOVE, es bewegt sich viel.......................................................95 Formula E, ein neues Kapitel....................................................96 SCHLAGZEILEN........................................................................98 The making of.......................................................................100
Verkehrshaus der Schweiz – Nationales Museum für Mobilität
Lorenz von Felten Verkehrshaus der Schweiz, wissenschaftlicher Dokumentalist
Wie funktionierte 1912 die erste Akku-Ladestation für den Hotelomnibus «Mathilde»? Wie sieht der weltweit erste Gleichstromsteller für Trolleybusse von 1968 aus? Erfolgt der Vortrieb im Ur-Twike von 1986 elektrisch oder mit Muskelkraft? Fragen über Fragen, die das Verkehrshaus der Schweiz – das Nationale Museum für Mobilität – in Luzern dank seiner umfangreichen verkehrshistorischen Sammlung beantwortet. Das Verkehrshaus der Schweiz öffnete 1959 in Luzern seine Tore. Heute ist es das wichtigste Museum für Mobilität und zugleich das meistbesuchte Museum der Schweiz. Die Gebäude wurden in den vergangenen, nun bald 60 Jahren laufend erweitert oder ersetzt. Heute beherbergen vier Ausstellungshallen die Bereiche Luftverkehr, Raumfahrt, Schienenverkehr, Strassenverkehr, Schifffahrt, Luftseilbahnen und Tourismus. Im grossen multifunktionalen Innenhof, der Arena, lassen sich themenübergreifende Sonderausstellungen realisieren. Zum Verkehrshaus gehören ein Museum, Dokumentationszentrum, Filmtheater, Planetarium sowie ein Swiss Chocolate Adventure. Trägerschaft des Verkehrshauses ist ein Verein, der 1942 gegründet wurde. Diesem gehört die bauliche Infrastruktur. Die bedeutendsten Sammlungsobjekte, inklusive Archivalien, sind Eigentum der Stiftung Verkehrshaus der Schweiz. Aus Platzgründen können nur rund ein Drittel der Grossobjekte in der Ausstellung in Luzern zugänglich gemacht werden. Die anderen Zweidrittel sind eingelagert. Verkehr und Mobilität haben für die Schweiz eine ausserordentlich wichtige sozial-, kultur- und wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung. Warum? Die Schweiz betreibt und kontrolliert die wichtigsten NordSüdachsen durch die Alpen. Die vielen Flüsse, Seen und Berge führten zu eigenständigen verkehrstechnischen Entwicklungen. Die föderalen Strukturen im kleinen, viersprachigen Land, mitten in Europa, verlangen nach spezifischen Lösungen bei der Entwicklung von Verkehrsangeboten und der Wahl und Herstellung von Verkehrsmitteln. Die Entwicklung der Mobilität hat insbesondere seit Beginn des 19. Jahrhunderts die Kultur, Arbeit und Wirtschaft entscheidend geprägt sowie die Industrialisierung in der Eidgenossenschaft deutlich beschleunigt. Deshalb hat sich das Verkehrshaus zur Aufgabe gemacht die Schlüsseltechnologien im Verkehrs- und Mo-
bilitätswesen seit dem 19. Jahrhundert zu sammeln, zu bewahren und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Seit der Gründung des Museums 1959 erweitert das verantwortliche Kuratorium die Sammlung stetig und umsichtig. Die wichtigsten Meilensteine der Mobilitätsentwicklung in unserem Land sind in der Verkehrshaus-Sammlung vorhanden. Sie ist heute in allen Bereichen von nationaler, wenn nicht sogar von internationaler Bedeutung. Jedoch wird nicht jedes angebotene Verkehrsobjekt in der Sammlung des Nationalen Museums für Mobilität aufgenommen. Das Kuratoren-Team unterziehen sämtliche Angebote einer strengen Überprüfung. Passt das Objekt wirklich in die Museumssammlung? Die Aufnahmekriterien sind im Sammlungskonzept des Verkehrshauses festgehalten. Dieses ist für die Beurteilung verbindlich. Das Konzept wurde 2017 gründlich überarbeitet. Die wichtigsten Beurteilungspunkte sind: • Das Objekt muss einen Bezug zur Schweiz haben, das heisst in der Schweiz produziert, modifiziert und/oder eingesetzt worden sein. • Das Objekt muss für eine wichtige technische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung stehen oder/und eine grosse Verbreitung gefunden haben. • Das Objekt kann auch exemplarisch für eine gescheiterte Vision der technischen Mobilitätsentwicklung stehen; gewissermassen als Ausdruck der nicht linearen Entwicklung der Geschichte. • Das Verkehrshaus sammelt historische Meilensteine und vereinzelt Objekte in Reihen, welche wichtige Entwicklungen über mehrere Schritte nachvollziehen lassen. So können wichtige Perioden gesellschaftlicher Entwicklungen zu einer Akzentuierung führen. Die Fachleute Objektunterhalt des Verkehrshauses konservieren die Sammlungsobjekte. Zudem lässt das Verkehrshaus je nach Bedürfnis Objekte restaurieren. Nur so kann gewährleistet werden, dass diese nationalen Kulturgüter auch in der fernen Zukunft für Forschung und Ausstellung verwendbar sein werden. Eine finanzielle Herkulesaufgabe für eine Institution wie das Verkehrshaus, die zu über 90% eigenwirtschaftlich ist! Im Bereich Strassenverkehr stellt die Elektromobilität eine Trouvaille in der Sammlung dar. Elektrofahrzeuge sind älter, als man sich dies 8
heute bewusst ist. Ihrer hohen Zuverlässigkeit haben sie es zu verdanken, dass beispielsweise um 1900 in New York 50% aller zugelassenen Fahrzeuge Elektromobile waren. In der Schweiz tat sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts Albert Tribelhorn als Pionier hervor. Er konstruierte unter anderem den Gästeomnibus «Mathilde» vom Luzerner Hotel Schweizerhof. Viele weitere Schweizer Firmen, wie BBC, BKTech, Horlacher, Kyburz, Oehler, SIG, Twike, u.v.m. leisteten mit ihren Konstruktionen einen Beitrag zur weltweit beachteten Schweizer Elektromobilität. Zum Teil handelt es sich um exotische Sonderlinge oder «Basteleien». Darunter befinden sich aber auch markttaugliche Massenprodukte. Innovativ waren alle! Leider konnten sich nicht alle Produkte in der Schweiz durchsetzen. Deshalb wanderten gewisse Technologien ins Ausland ab. So ist heute beispielsweise auf der Internetseite der inzwischen deutschen Herstellerin des Twikes zu lesen: «Wer hat’s erfunden? müsste man an dieser Stelle eigentlich fragen. Und die Antwort lautet hier: Die Schweizer!» Das Verkehrshaus hat unabhängig von kurzfristigen Trends in den vergangenen, bald 60 Jahren die Geschichte der elektrisch betriebenen Strassenfahrzeuge umfassend und systematisch gesammelt. Aktuell sind rund 6000 historische Objekte und Archivalien zur Elektromobilität in der Sammlung vorhanden. Dazu gehören komplette Fahrzeuge, verkehrstechnisch wichtige Bestandteile und Objekte sowie die entsprechende Dokumentation mit Herstellerarchiven, Plänen, Bild- und Filmmaterial. Deshalb nimmt das Verkehrshaus für sich in Anspruch, die gesamte, bald über 120-jährige Geschichte der Schweizer Elektromobilität lückenlos aufzeigen zu können. Das Nationale Museum für Mobilität bildet mit seiner Sammlung eine ideale Plattform für die universitäre Grundlagenforschung. Die Objekte und Archivalien können mithelfen aktuelle Fragen zur Elektromobilität zu beantworten. Das Verkehrshaus nimmt die Einladung des Pantheons Basel gerne an und zeigt umfassend die Entwicklung der Schweizer Elektromobilität auf. Dadurch können viele Grossobjekte erstmals aus dem Lager geholt und einem breiten Publikum präsentiert werden.
Von oben nach unten: Tribelhorn-Elektroschlepper mit vollbeladenem Anhänger, um 1915; Strassenreinigung in Chur mit elektrischem Kippkarren von Oehler, 1947; BKTech-Gründer Häuselmann, Kohlbrenn und Böhlen mit einem Flyer-Prototyp, 1996; (Verkehrshaus der Schweiz, VA-49087, VA-3423, VA-40586). 9
1895 – die E-Bikes kommen! Zum Bild unten schrieb DER SPIEGEL: «Manche Quellen geben an, dies sei ein E-Tandem der französischen Firma Clerc & Pingault. Tatsächlich wurde das Gefährt von der britischen Firma Humber von 1897 bis 1904 in Serie gefertigt. Das Bild mit zwei französischen Radrennfahrern stammt ursprünglich aus einer Anzeige für die Stanley Show, die 1878 als Fahrradmesse begann, 1905 zur Autoshow umgewidmet und bis 1919 jährlich veranstaltet wurde.»1 Rechts die verkleinerte Abbildung des ersten amerikanischen Patents Nummer 552’271 für ein Elektrofahrrad aus dem Jahr 1895 von Ogden Bolton Jr., 1872-1954, mit einem Nabenmotor im Hinterrad.
Frank Patalong, Zurück in die Zukunft – Mobilität wie anno 1899, DER SPIEGEL, 14. November 2017. 1
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© A_1905_01 Schweizerisches Feuerwehrmuseum Basel. Werner Gysin-Gay, Von der Dampfspritze zur modernen Feuerwehrtechnik, Basler Stadtbuch, Christoph Merian Stifung, 1982, Seite 112. 3 Markus Hofmann, Erstes Feuerwehrauto rückte aus, Berner Zeitung vom 10. Oktober 2008. 1 2
Oben der Basler Dampfspritzenwagen, in der Mitte der Lohner-Porsche-Mannschaftswagen, beide aus dem Jahr 1905, unten das Berner Tribelhorn-Feuerwehrauto von 1908.
© Basler Stadtbuch, Christoph Merian Stifung, 1982, Seite 112. © A_1905_01 Schweizerisches Feuerwehrmuseum Basel.
Die Basler Berufsfeuerwehr beschaffte im Jahr 1905 als erste städtische Brandwache in der Schweiz einen Mannschafts-Elektromotorwagen mit Platz für zehn Feuerwehrleute. Das Fahrzeug hatte bei einer maximalen Geschwindigkeit von 32 km/h einen Aktionsradius von 45 km, völlig ausreichend für den Stadtkanton mit einer Fläche von 37 km2. Das Chassis und die beiden Radnabenmotoren vorn wurden bei Lohner-Porsche & Cie. in Wien gefertigt, die Aufbauten aus Eisen von Preiswerk-Esser & Cie., Basel, diejenigen aus Holz vom Basler Carrossier Julius Költz. Die Aufbauten wurden nach Angaben der Feuerwache Basel angefertigt. Gewicht des Fahrzeugs: Leergewicht 2’680 kg, Besatzung 790 kg, Löschgeräte 44 kg. Aktionsradius: circa 40 Kilometer, Geschwindigkeit 40-50 Stundenkilometer. Die erste Alarmfahrt in Basel fand am 16. Oktober1905 statt.1 Das zweite Elektroautomobil, die erste Balance-Drehleiter, System Braun aus Nürnberg, mit einer Steighöhe von 22 Metern, nahm die Feuerwehr Basel im Jahr 1909 in Betrieb. Es hatte einen Aktionsradius von über 50 Kilometern. Die Vorderradmotoren leisteten zusammen 40 PS, was eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h auf ebener Strasse ermöglichte. Der Preis für dieses AuszugsdrehleiterSystem betrug damals CHF 33’750.-. Diese beiden Elektromobile bildeten zusammen mit der Bautzener, einem Dampf- spritzenwagen aus dem Jahr 1905, «für längere Zeit die Hauptstütze der Feuerwehr Basel zum Schutze der Bürger und der Stadt, bis sich durch die technische Vervollkommnung eine Umstellung auf den Verbrennungsmotor nicht mehr aufhalten liess»2. Die Feuerwehr der Stadt Bern folgte dem Basler Beispiel und nahm im Jahr 1908 ihr erstes Feuerwehrauto in Betrieb. Es war auch ein Elektromobil, ein Tribelhorn. Ein wichtiges Argument für die Beschaffung eines Elektrofahrzeugs seien die Bedenken gewesen, sich mit einem brandgefährlichen Benzinauto in der Nähe von Feuern aufzuhalten. Der Tribelhorn verfügte über mehrere Dach- und Steigleitern sowie Feuerhaken. Unter den Banksitzen wurden Rettungsseile, Sprungtuch, Pickel, Schaufeln und Zimmermannsgeräte verstaut. Vorne und hinten waren je eine Schlauchhaspel mit 150 Meter Schlauch angebracht.3
© Berner Zeitung, 10. Oktober 2008.
Auf Einsatz unter Strom
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La Jamais Contente, 1899
der Lenkstock, ein Pedal zur Regulierung der Geschwindigkeit und eine Handbremse. Die beiden Elektromotoren mit je 200 Volt, 125 Ampère und 34 PS Leistung waren eine Entwicklung des Pariser Ingenieurs André Étienne Postel-Vinay, 1849-1933, den Strom lieferte eine Batterie aus 82 Fulmen-Elementen, gebaut von der Société de l'accumulateur Fulmen in Clichy. Die grau lackierte Torpedo-Karosserie besteht aus einer Legierung aus Aluminium, Wolfram und Magnesium. Als Chassis diente ein Kastenrahmen. Auf die Speichenräder wurden Luftreifen von Michelin montiert. Leihgeber der ausgestellten Replika einer Jamais Contente ist das Musée National de l’Automobile – collection Schlumpf in Mulhouse im Elsass.
Die nie Zufriedene war eine Erfindung des belgischen Rennfahrers und Ingenieurs Camille Jenatzy, 1868-1913. Er war Direktor der französischen Compagnie Générale des Transports Automobiles mit Sitz in Boulogne, einer damaligen Produzentin von Elektrofahrzeugen. Die Jamais Contente war eine echte Revolution in der Geschichte des Automobils. Erstens war sie das erste Landfahrzeug, das eine Geschwindigkeit von über 100 Stundenkilometer erreichte, zweitens hielt sie jahrelang den Geschwindigkeitsrekord von 105,8 km/h, und drittens beeinflusste ihre vom Pariser Carrossier Léon Auscher entworfene Stromlinienform ganze Generationen von Sportautobauern. Ihre einzigen Bedienungselemente sind
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© Abbildungen auf dieser Doppellseite: Musée National de l’Automobile – collection Schlumpf in Mulhouse.
Chemie macht Strom – oder wenn es denn so einfach wäre mit der Batterie ...
Niklaus Starck
Er hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich, er ist aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken, und er ist der Hoffnungsträger der Mobilität der Zukunft – der Akkumulator. Der Duden definiert ihn als «auf elektrochemischer Basis arbeitender Stromspeicher; Kurzwort: Akku». Oft wird dafür auch der Name Batterie verwendet, der aus dem Französischen battre, schlagen, kommt und mehrere Bedeutungen hat. Batterie steht, militärisch, für den kleinsten Artillerieverband, landwirtschaftlich für das Halten von Hennen in Legebatterien, oder, technisch, für einen «aus parallel oder hintereinandergeschalteten Elementen bestehender Stromspeicher». – Was ist die Geschichte dieses wiederaufladbaren Energiespeichers? Sie geht zurück auf die Zeit der Aufklärung im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Aufklärer wandten sich gegen Autoritäten, Vorurteile und Aberglauben, sie waren von rationellem, wissenschaftlich begründetem Fortschrittsglauben beseelt, Denker und Forscher. Einer von ihnen, Luigi Galvani, 1737-1798, Anatomieprofessor an der Universität von Bologna, machte während eines Sommergewitters im Jahr 1780 eine merkwürdige Entdeckung. Er hatte Froschschenkel präpariert und diese aus unbekannten Gründen mithilfe von miteinander verbunden Nadeln aus Eisen und Kupfer fixiert. – Und jedes Mal, wenn es draussen blitzte, zuckten diese Schenkel, noch bevor das Grollen des Donners zu hören war. Wie konnte das sein? – Galvani hatte unwissentlich einen Stromkreis hergestellt, der aus zwei unterschiedlichen Metallen, einem Elektrolyten – dem Salzwasser im Froschschenkel – und einem «Stromanzeiger», dem Muskel, bestand. Seither wird unter dem Galvanischen Prozess die Umwandlung von chemischer in elektrische Energie mittels zwei verschiedenen Elektroden und einem Elektrolyten verstanden. Dieses Phänomen machte sich wenig später wiederum ein Italiener, Alessandro Volta, 17451827, aus Como, – auch sein Name klingt an – bei der Entwicklung seiner Volta’schen Säule 1799 zu Nutzen. Er packte in Salzsäule getränkte Lumpen zwischen je eine Kupfer- und ein Zinkplatte, Elektroden, und stapelte mehrere dieser Gebilde zu einer Säule, siehe Abbildung. Es entstand damit eine brauchbare elektrische Span-
nung. Das war die erste Batterie – und gleichzeitig der Anlass zur Wortschöpfung für die Messung elektrischer Spannung: Volt. Die Nutzanwendung der Batterie musste über ein halbes Jahrhundert warten, bis der Deutsche Werner von Siemens 1866 seinen elektrischen Generator präsentierte. Danach stieg die Nachfrage nach einem geeigneten Stromspeichermedium. Gustave Trouvé, 18391902, ein findiger Franzose, beschäftigte sich in seinem Atélier mitten in Paris intensiv mit dem Akku. Er erfand eine Zink-Kohle-Batterie im Taschenformat, die er für den Betrieb seiner Miniatur-Elektro-Automaten benötigte. Zur gleichen Zeit liess Georges Leclanché, 18391882, ebenfalls ein französischer Erfinder, sein LeclanchéElement patentieren, den Vorläufer der heutigen Trockenbatterie. Doch zurück zu Monsieur Trouvé. Er baute einen optimierten Elektromotor von Siemens auf ein Dreirad von James Starley, schloss seine selbst entwickelten Blei-Akkus an, und fertig war das erste Elektrofahrzeug der Geschichte. Fünf Jahre bevor Carl Benz in Mannheim seine Motorwagen mit Verbrennungsmotor patentieren liess. Mit dem Trouvé Tricycle fuhr sein Erfinder am 19. April 1881 die Pariser Rue de Valois hinauf und hinunter, «mit 10 oder 12 Stundenkilometern». In der Histoire de France contemporaine de 1871 à 19141 wird in einem Nebensatz erwähnt, dass Trouvé im selben Jahr auf dem See von Boulogne und auf der Seine eine weitere Erfindung vorstellte, den Aussenbordmotor. Mit der Erfindung des Nickel-Eisen-Akkus, NiFe, zur Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts wurde zum ersten Mal keine Säure als Elektrolyt verwendet, sondern eine alkalische Lauge. Kurz darauf folgte der Akku aus Nickel und Cadmium, NiCd, der sich bis in die 1990er-Jahre behauptete. Dann eroberte der Lithium-Ionen-Akku, Li-Ion, die Märkte. Aktuell gilt er als das Mass der Dinge, er ist die Batterie für alles, vom Mobiltelefon übers Elektroauto und das E-Bike bis zu den riesigen Speicherme1 Maxime Petit, Histoire de France contemporaine de 1871 à 1914, Laroussse, Paris, 1916, Seite 432.
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«Wer nach ‘Durchbruch’ und ‘Batterie’ googelt, findet fast 100’000 Einträge, derjenige zur Oxford electric bell geht auf das Jahr 1840 zurück.»
dien für Wohnblocks oder ganze Kleinstädte. Sein weltweiter Erfolg hat jedoch auch zu ebensolchen Problemen geführt: Zum einen hat die Europäische Kommission die Rohstoffe Kobalt und Graphit als «kritische Materialien» eingestuft, sie werden immer seltener und teurer. Substitute sind bisher nicht im Einsatz, es gibt die «Batterie der Zukunft» noch nicht. Zum andern sind die Akkus brennbar und bleiben damit ein omnipräsentes Risiko. Ein weiteres Thema ist der Produktionsstandort China. Dort wird nämlich die überwiegende Mehrheit dieser Akkus hergestellt und das führt in der westlichen Welt zu Diskussionen über Abhängigkeit und Autonomie. «60 Prozent des global benötigten Kobalts kommen aus dem Kongo, 70 Prozent des Graphits aus China», meldete die deutsche ZEIT Ende 2017, und «der Bedarf wächst schneller als die Kapazitäten bei der Förderung2». Nachdem sich das bei den fossilen Brennstoffen genauso verhält, sie werden im kommenden halben Jahrhundert aufgebraucht werden3, ist mangels Ressourcen nicht nur der Fortbestand der individuellen Mobilität in Frage zu stellen. Es sei denn, eine «Wunderbatterie» würde tatsächlich noch erfunden werden ...
Funktionsprinzip des Lithium-Ionen-Akkumulators Der Lithium-Ionen-Akku besteht aus einer Anode aus Graphit und einer Kathode aus Kobaltoxid – den beiden Polen der Batterie. Zwischen Anode, dem Minuspol, und Kathode, dem Pluspol, ermöglicht eine Substanz aus Fluorphosphatsalzen, gelöst in einem wasserfreien organischen Lösungsmittel wie Kohlensäuredimethylester, im Innern des Akkus für den Fluss der Lithium-Ionen zwischen den beiden Polen. Diese Flüssigkeit ist brennbar. Im geladenen Zustand sitzen die Lithium-Ionen zwischen den Graphitschichten. Sobald die Batterie Elektrizität liefert, wandern die Lithium-Ionen durch den Elektrolyten zur Kathode und schlüpfen dort in die Lücken des Kobaltoxidkristallgitters. Ist der Akku entladen, stecken sämtliche LithiumIonen im Kobaltoxid. Beim Laden der Batterie wandern sie dann wieder zurück ins Graphit.1
2 Der Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI warnt: Deutschland steuert auf Rohstoff-Engpässe zu, DIE ZEIT, Hamburg, 26. November 2017. 3 «Geht man davon aus, dass der Fossilenergieverbrauch auf dem jetzigen Niveau stabil bleibt, so dürften die nachgewiesenen Erdölreserven gemäss BP-Statistik noch gut 53 Jahre reichen. Für Erdgas rechnet BP mit rund 55 Jahren und für Kohle mit mehr als 100 Jahren. Allerdings gehen die meisten Fachleute und Organisationen davon aus, dass die globale Nachfrage nach Fossilenergien mittel- und längerfristig weiter wachsen wird, hauptsächlich getrieben von Nicht-OECD-Ländern wie China und Indien. Dadurch reduziert sich die statistische Reichweite der nachgewiesenen Energiereserven.» Bundesamt für Energie, BFE, www.bfe.admin.ch, 15. Januar 2018.
1 Abbildung: Die drei Fragezeichen der Batterieforschung, So funktioniert ein Lithium-Ionen-Akku, Batterien der Zukunft, Forschungsmagazin EmpaQuarterly, Oktober 2017, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, Empa, Dübendorf, Seite 13.
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Alfred Dinin, 1904
Modell. Nachdem der kommerzielle Erfolg ausblieb, wurde die Produktion im selben Jahr eingestellt. Der ausgestellte Dinin, Nummer 18 der Serie, wurde im Jahr 1904 von seinem Schweizer Besitzer, einem Zürcher Arzt, in Paris gekauft. Das Schwarzweissbild zeigt den stolzen Doktor in seinem Gefährt. Während des Ersten Weltkriegs habe es, wohl als «Einsatzfahrzeug» auf Zürichs Strassen, wertvolle Dienste geleistet. Als «Scheunenobjekt» rostete der Dinin später über Jahrzehnte vor sich hin, bis ihn sein heutiger Besitzer, der zweite in Folge, in den 1980er-Jahren erwarb und originalgetreu restaurierte. Der Dinin fährt auch heute noch problemlos, er kommt mit einer Batterieladung 100 Kilometer weit.
Elektromotor, Serie 96 V, parallel 48 V, Leistung: 2,5 PS, Geschwindigkeit: 30 km/h, Reichweite: 80 km, maximale Steigungen: 15%, im Schubbetrieb werden die Batterien geladen, Chassis-Nummer: 18. Privatbesitz. Die Alfred Dinin & Cie. in Puteaux an der Seine, unmittelbar westlich von Paris gelegen, produzierte seit 1896 Akkumulatoren. Die Abbildung zeigt die Usines Dinin im Jahr 1901. 1904 stellte Dinin ein zweiplätziges Elektromobil vor. Die Batterien befanden sich unter der «Motorhaube», somit sah der Wagen wie ein damals normales Auto aus. Er war das einzige in der Fabrik hergestellte
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Tribelhorn, Elektro-Personenwagen, 1908 VHS-4948, Leihnahme Baumann & Cie. AG Die ersten von Tribelhorn in der Fabrik in Feldbach konstruierten Personenwagen waren mit einer Steuerung über einen Schwenkhebel ausgerüstet, das war einfacher als die Kombination Lenkrad und -getriebe. Die Preise für diese frühen Elektroautos waren mit rund 7’000 Franken vergleichsweise horrend hoch – soviel bezahlte man Anfang des 20. Jahrhunderts in etwa für ein Einfamilenhaus. Der ausgestellte Tribelhorn-Elektro-Personenwagen, ein offener Zweiplätzer mit Faltverdeck, wiegt 500 Kilogramm. Das Fahrzeug ist der älteste erhaltene Personenwagen der Firma Tribelhorn.
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Schweizer Pioniere der Elektromobilität
Niklaus Starck
1925 im Alter von 57 Jahren. Zwischen 1901 und seinem Todesjahr wurden in Tribelhorns Fabriken insgesamt 650 Fahrzeuge gebaut6. Sein Sohn Léon Ricardo Tribelhorn übernahm die Leitung der EFAG. Ihre grösste Serienproduktion waren fünfzig von der Schweizer Post PTT bestellte Fahrzeuge zur Postverteilung. Léon Tribelhorn verliess das Unternehmen im Jahr 1932 und baute bei den Eisen- und Stahlwerken Oehler in Aarau den Bereich Elektrofahrzeuge auf. Drei Jahre später, 1935, wurde die EFAG unter ihrem Besitzer Hans Weiss zur Neuen Elektrofahrzeug AG, NEFAG, umfirmiert. Diese Gesellschaft ging 1981 in der Mowag in Kreuzlingen auf. Die jeweiligen Firmennachlässe und mehrere Fahrzeuge von Tribelhorn und EFAG befinden sich heute im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. Als eigentliche Waggonfabrik gegründet, entwickelte sich die Schweizerische Industrie-Gesellschaft, SIG, in Neuhausen am Rheinfall zur Produzentin von Waffen, Strassenfahrzeugen und Anlagen zur Automation. Bereits in den 1920er Jahren wurden die ersten Automobilprojekte verfolgt, in Zusammenarbeit mit den grossen Schweizer Automobilmarken Turicum und Martini. Später, im Lastwagenbau, hiessen die Partnerfirmen FBW oder Saurer. «Neu werden auf dem SIG Areal [ab 1933] auch Elektrofahrzeuge produziert – dies bedingt durch die langen betriebsinternen Transportwege aufgrund der enormen Grösse der Fabriken. Jahrzehnte später wird deutlich: Am Rheinfall war man der Zeit voraus, denn den Trend zur Elektromobilität hatte man schon in den Dreissigern erkannt.7» Wegen der Ressourcenknappheit während des Zweiten Weltkriegs lag der Fokus auf der Herstellung von Elektrofahrzeugen für die öffentliche Hand, das Gewerbe und die Industrie. Heute gehört die SIG zur kanadischen Onex Corporation. Im ersten halben Jahrhundert ihres Bestehens baute die 1905 im thurgauischen Emmishofen gegründete Motorwagen-Fabrik, Mowag, als reiner Karosseriebetrieb Aufbauten für Nutzfahrzeuge und Busse. Im Jahr 1950 zur Mowag AG umfirmiert, spezialisierte sich das Unternehmen auf den Eigenbau von Spezialfahrzeugen. Feuerwehr- und Krankenwagen wurden verkauft, Panzer und Elektrofahrzeuge. Im Jahr 1981 übernahm Mowag die NEFAG und ver-
Ein grosser Name in der Schweizer Elektromobilität des beginnenden 20. Jahrhunderts war Johann Albert Tribelhorn, 1868-1925. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser in seiner Heimatstadt St. Gallen arbeitete der gebürtige Appenzeller bei der Zürcher Telephongesellschaft und einer Apparatebaufirma in Neuchâtel. 1889 zog es ihn nach Argentinien, wo er für 10 Jahre als Werkstattchef der staatlichen Telegraphengesellschaft tätig war. Nach der Rückkehr gründete er im Jahr 1900 die Schweizerischen Accumulatorenwerke Tribelhorn AG in Olten, die Büros befanden sich an der Fraumünsterstrasse 12 in Zürich1. Der erste Tribelhorn-Elektro-Personenwagen, Benjamin genannt2, rollte 1902 auf der Strasse, in Olten wurden insgesamt acht Elektromobile und fünf Bootsmotoren hergestellt3. 1906 verlegte er den Produktionsstandort für den Fahrzeugbau nach Feldbach am Zürichsee, am Standort Olten produzierte man weiterhin Batterien, in Feldbach Personenwagen, Omnibusse, Lastwagen und Boote mit Elektroantrieben. Zu den Kunden zählten unter anderem das Grand-Hotel Schweizerhof in Luzern, die Gebrüder Sulzer, Lindt & Sprüngli, die Mineralquellen Eptingen, und die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich. Ab 1915 veröffentlichte Tribelhorn die Kundenzeitschrift Das Elektromobil und baute ein Netz öffentlicher Ladestationen am Zürichsee auf. Mit dem zunehmenden Erfolg der in grossen Serien hergestellten Autos mit Benzinmotoren geriet der Absatz von Elektromobilen in Schwierigkeiten, auch bei Tribelhorn. Die Produktion wurde 1918 nach Altstetten verlegt, die Tribelhorn AG ging 1922 in Konkurs4 und wurde 1923 aus dem Handelsregister gelöscht5. Im selben Jahr gründete Johann Tribelhorn die Elektrische Fahrzeuge AG, EFAG, an der Badenerstrasse 313 in Zürich. Er verstarb kurz darauf im Jahr Beat Winterflood, Der Pionier vom Zürichsee, Neue Zürcher Zeitung, 14. Oktober 2010. 2 Martin Sigrist, Johann Albert Tribelhorn und sein Erbe bei EFAG und NEFAG, Pioniergeschichte des elektrischen Automobils, Verein für wirtschaftshistorische Studien in Zusammenarbeit mit dem Verkehrshaus der Schweiz, Luzern, 2011, Seite 24. 3 Tribelhorn, erste Elektrofahrzeuge vom Zürichsee, Ausstellung im Uetiker Museum, 2013, Seite 5. 4 Historisches Lexikon der Schweiz, Tribelhorn, Johann Albert, www.hls-dhs-dss.ch, Januar 2018. 5 Tribelhorn AG, Fabrik elektrischer Fahrzeuge, Altstetten, Staatsarchiv des Kantons Zürich, Archivkatalog, Signatur Z 2.622. 1
Auskunft zu Tribelhorn Johann Albert, Verkehrshaus der Schweiz, Dokumentationszentrum, Februar 2018. 7 www.sigareal.ch, Geschichte, 1933, Februar 2018. 6
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Der Milchmann kommt mit dem Elektrolieferwagen, Verkehrshaus der Schweiz.
«Fig. 1 stellt uns eine Akkumulatorenbatterie System Tribelhorn der Schweizerischen Akkumulatorenwerke in Olten dar. Wir sehen auf den ersten Blick die originelle Idee verwirklicht, die Elemente statt in weitem Raume verteilt aneinander zu reihen, sie senkrecht, wie Teller, in-oder übereinander zu stellen, wobei enorm Platz gewonnen wird und ausserdem weitere grosse Vorteile sich von selbst ergeben. [...] Zum Schluss sei erwähnt, dass nicht nur stationäre Tribelhorn-Akkumulatoren, sondern auch transportable Akkumulatoren gebaut werden für den Betrieb von Automobilen, Motorzünderzellen, Röntgenstrahlen und insbesondere auch von Schiffen, grösseren und kleineren, Vergnügungsschiffchen, Jachten usw.» Die Akkumulatoren der Firma Tribelhorn A.-G. in Olten, Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung: unabhängiges Geschäftsblatt der gesamten Meisterschaft aller Handwerke und Gewerbe, Band 18, 1902, Seite 952, ETH-Bibliothek. 21
kaufte 19 Jahre später, im Jahr 2000, ihre gesamte Sparte Elektromobile an die Willy Klinger AG. Damit schloss sich ein Kreis in der Schweizer Industriegeschichte. Mowag gehört heute zum amerikanischen Rüstungskonzern General Dynamics und baut Panzer. Ein weiterer wichtiger Name unter den Schweizer Elektromobil-Herstellern war Hans Pfander. Die nachmalige Pfander AG, Elektromobile, Anhänger- und Fahrzeugbau existierte von 1932 bis 1992. An ihrem ehemaligen Sitz im Mattenhof an der Zürichstrasse 131 in Dübendorf steht heute das Gebäude Stettbacherhof. Pfander produzierte «preisgünstige Elektrofahrzeuge für Industrie und Gemeinden». Zum Beispiel den Pfander EKB 1000 Ki, einen Elektrokipper mit «Zweimotorenantrieb und stufenloser elektronischer Fahrschaltung, Geschwindigkeit 20 km/h, 1 oder 2 Tonnen Nutzlast, 48- oder 80-Volt-Anlage, Alu-Kippmulde mit elektrohydraulischer Betätigung, Inhalt 1 m3, Preis ab CHF 26'500.-.» Daneben lieferte die Dübendorfer Fabrik auch exotische Konstruktionen, so zum Beilspiel elf «Bft Anh Modell 57, unbevölkert» an die Schweizer Armee. Diese Abkürzung stand für einen zwei Tonnen schweren, mobilen Brieftaubenanhänger, für «32 Zuchtpaare, was 64 Einzelsitzplätzen entspricht» – die Armee unterhielt von 1917 bis 1994 einen Brieftaubendienst. Die Pfander AG ging Ende der 1980er-Jahre in Konkurs, sie wurde im Oktober 1992 «von Amtes wegen» aus dem Zürcher Handelsregister gelöscht. Einzelne Pfander-Elektromobile, Nutzfahrzeuge und Taxis, sind heute noch in den autofreien Ferienorten der Schweiz zu sehen.
Ein Pfander-Taxi am Bahnhof von Zermatt, commons.wikimedia.org, Februar 2018.
Darstellung der Chronologie der Elektrofahrzeug-Industrie in der Schweiz: Die Tribelhorn-Gene leben weiter ...
Tricycle Trouvé Jamais Contente
Klingler, Unterentfelden NEFAG, Zürich
Lohner Porsche
Pfander, Dübendorf
Tribelhorn Benjamin
EFAG, ZH Mowag, Kreuzlingen, Elektrofahrzeuge ab den 1950er-Jahren
Tribelhorn, Feldbach Oehler, Aarau, Elektrofahrzeuge ab 1930 SIG Neuhausen, Elektrofahrzeuge ab 1933 1880
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Tribelhorn-Elektro-Turmwagen der Städtischen Strassenbahn Zürich für den Leitungsbau, Verkehrshaus der Schweiz. 23
Tribelhorn, Elektro-Hotelbus Mathilde, 1912 VHS-5820, Leihnahme Hotel Schweizerhof, Luzern Ab den 1910er-Jahren entdeckte und besetzte Tribelhorn eine Marktlücke, es wurden 10- bis 12-plätzige Hotel-Omnisbusse für den Personen- und Gepäcktransport zwischen Bahnhof und Hotels produziert. Je nach Grösse und Ausführung betrug der Verkaufspreis damals zwischen rund 13’000 und 18’000 Franken. Die meisten dieser Omnibusse kamen in der Stadt Luzern zum Einsatz aber auch in Basel, Hotel Storchen, Interlaken, Grand Hotel Kurhaus Mattenhof, Lausanne, Hôtel Cecil, und auch in Mailand, Neapel und Nizza sollen Tribelhorn-Busse unterwegs gewesen sein1. Der ausgestellte Omnibus trägt den Namen Mathilde, er gehörte ab 1912 zum Fuhrpark des Hotels Schweizerhof in Luzern. Mathilde bringt 2550 kg auf die Waage, die Batterien machen davon eine Tonne aus. 1 Tribelhorn, erste Elektrofahrzeuge vom Zürichsee, Ausstellung im Uetiker Museum, 2013, Seite 21.
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© Abbildung: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
Rauch & Lang BX6, 1916 Electric Brougham, Chassis Nummer 60441, 42 2-Volt-Batterien, Reichweite 80 km, im Besitz des Pantheon Basel. Zwischen 1905 und 1920 produzierte die Rauch & Lang Carriage Company in Cleveland, Ohio, Elektromobile, danach, für weitere zwölf Jahre, in Chicopee Falls, Massachusetts. Beide, Charles Rauch und Charles Lang waren Söhne deutscher Emigranten. Bereits drei Jahre nach der Firmengründung verkaufte Rauch & Lang 500 Elektroautos pro Jahr, 1911 wurde der Rauch & Lang Electric in San Francisco zum beliebtesten Auto gewählt. Unmittelbar nachdem Walter S. Morton mit dem US-Patent US1076052 A von 1913 den worm drive, das Schneckengetriebe, siehe Abbildung, vorstellte setzte Rauch & Lang diese gegenüber herkömmlichen Antrieben viel komfortablere Technologie ein. Obwohl sich ihre so beliebten wie teuren Elektroautos vergleichsweise lange verkauften, musste sich die Marke im Jahr 1932 der Verbrennungsmotor-Industrie geschlagen geben, Rauch & Lang verschwand vom Markt1. Llewellyn Hedgbeth, Rauch and Lang Electrics: Cars of Social Prestige, www.secondchancegarage.com, Februar 2018.
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Tribelhorn, Elektro-Lastwagen, 1919 VHS-3720 Der ausgestellte Lastwagen mit offener Ladebrücke, Modell VII, stand in den Diensten der Hermann Bühler AG, Spinnerei Sennhof, in Winterthur. Diese im Jahr 1812 gegründete Baumwoll- und Feingarnspinnerei lagerte ihre Produktion 2016, nach 204 Jahren, in die USA aus. «In der Schweiz wird sich die Firma künftig auf die Verwaltung der Immobilien beschränken.1» Der Tribelhorn-Lastwagen wiegt 2,5 Tonnen. 1 Christoph G. Schmutz, Die letzte Spinnerei der Schweiz löscht das Licht, Neue Zürcher Zeitung, 9. Juni 2016.
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Tribelhorn, Elektro-Zugtraktor, 1918
Pferdeknappheit. Die Kaufpreise der Tiere schnellten in die Höhe. Der Elektroschlepper war für jede Person einfach zu bedienen und somit der ideale Ersatz für die Zugtiere. Diese «sauberen» Fahrzeuge dienten als Schleppfahrzeuge für schwere Lasten. Der TribelhornElektro-Zugtraktor mit Führerkabine wiegt 2930 Kilogramm, inklusive Batterien.
VHS-4658 Die Elektroschlepper- und Traktoren galten als Ersatz für die Zugpferde, die damals die ländlichen und städtischen Strassenbilder prägten. Kriegsbedingt herrschte zwischen 1914 und 1918 eine
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Vom Stromer zum Benziner zum Stromer
Niklaus Starck
Das erste Automobil war also ein elektrisch betriebenes, das Tricycle Trouvé. Sein Erfinder, Gustave Trouvé rauschte damit im Jahr 1881 still durch das 1er Arrondissement von Paris. Und es sollte für die Elektroautos noch besser kommen, denn zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren auf den Strassen Amerikas fast doppelt so viele Elektrofahrzeuge wie solche mit Benzinmotoren unterwegs, praktisch alle New Yorker Taxis fuhren mit Elektromotoren. Doch dann erschien im Jahr 1911 der erste Cadillac mit elektrischem Anlasser, die Erfindung von Charles Kettering, Ingenieur, und diese Idee gedieh zur bahnbrechenden Novität. Sie löste das kräftezehrende und zum Teil lebensgefährliche Ankurbeln der Benzin-Motoren ab. Der historischen Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass etwa ein halbes Jahrhundert vor Trouvés Fahrt durch die rue de Valois die ersten elektrisch angetriebenen Schienenfahrzeuge unterwegs waren. Das erste im Jahr 1835, ein Modell entwickelt von Thomas Davenport, 1802-1851, aus Vermont. Sein Patentantrag «Improvement in propelling machinery by magnetism and electromagnetism» wurde 1827 angenommen. Es war das erste Patent auf einen Elektromotor überhaupt, konnte sich aber nicht durchsetzen, weil die damals übliche Dampfenergie zuverlässiger und kostengünstiger war. Auch
die Elektrolokomotive seines Landmannes Charles Grafton Page, 1812-1868, Harvard-Absolvent, Arzt und Erfinder, aus dem Jahr 1851 blieb ein Prototyp. In Deutschland tüftelte Johann Philipp Wagner, 1799-1879, an einer Elektrolokomotive herum, er behauptete, die saubere Elektrizität sei vorteilhafter als der rauchige Dampfbetrieb. Ihm wurde jedoch 1844 vorgerechnet, dass der Bau seiner elektrisch betriebenen Lokomotive ein Dutzend Mal teurer zu stehen komme, als der einer konventionellen Dampflok. Auch das Wagner-Projekt kam nicht auf die Schiene. Darum zurück auf die Strassen, zunächst auf diejenigen im deutschen Coburg in Oberfranken. Dort konstruierte Andreas Flocken im Jahr 1888 seine erste hochrädrige Chaise mit Elektroantrieb. Es könnte sich dabei um das erste vierrädrige Elektroautomobil überhaupt gehandelt haben, ein entsprechender Nachweis ist jedoch nicht vorhanden. Der Flocken Elektrowagen wird als erstes in Deutschland hergestelltes Elektroauto angesehen. Wie vor ihm schon Monsieur Trouvé gab also auch Herr Flocken seinem Auto die Form einer Kutsche, sie war damals das gängige Erscheinungsbild der individuellen Strassenfahrzeuge. Dann wartete der belgische Rennfahrer Camille Jenatz im Jahr 1899 mit einer Design-Revolution auf. Und nicht nur das, denn er stellte mit
Tricycle electrique de Trouvé, Alexis Clerc, Physique et Chimie populaires, Volume 2, Paris, 1881-1883.
La Jamais Contente, mit ihrem Konstrukteur und Fahrer Camille Jenatzy, der erste Mensch der über 100 km/h fuhr. 36
seinem einsitzigen, torpedoförmigen Rennwagen auch gleich noch einen Geschwindigkeitsrekord auf: 105 Stundenkilometer, nota bene mit einem Elektromotor. Erst 1902, drei Jahre später, wurde dieser Rekord vom ersten nicht elektrisch angetriebenen Fahrzeug eingestellt, durch den Rennfahrer Léon Serpollet, mit dem eiförmigen Dampfwagen «Oeuf de Pâques», Osterei. Er kam auf 120,8 km/h. Das Gefährt von Camille Jenatz trug den eigenwilligen Namen «Jamais Contente», niemals zufrieden. Es war mit 80 Fulmen-Akkus der Firma Société de l’Accumulateur Fulmen in Clichy ausgerüstet, sie wogen rund 1’800 Kilogramm, etwa die Hälfte des Fahrzeuggewichts. Und nun noch ein Mal zurück zu den Kutschen und nach Wien. Dort gründete Heinrich Lohner, 1786-1855, im Jahr 1821 die nachmalige k.u.k Hof-Wagenfabrik Jacob Lohner, aus der die Lohner-Werke hervorgingen, die heute zum kanadischen Bombardier-Konzern gehören. 1899 nahm ein junger Ingenieur namens Ferdinand Porsche, 1875-1951, seine Arbeit bei Lohner auf. Im Gepäck hatte er sein Patent eines Radnabenelektromotors, den er 1896 entwickelt hatte. In nur einem Jahr entstand in den Wiener Lohner-Werken das erste Hybridfahrzeug der Welt, das erste Auto mit Elektroradnabenmotoren, der Lohner-Porsche, der an der Pariser
Weltausstellung im Jahr 1900 als grosse Sensation gefeiert wurde. Energiequelle war ein 44-zelliger Bleiakkumulator mit 60-80 Volt Spannung. Bei einer Normalgeschwindigkeit von 35 km/h schaffte das Auto einen Aktionsradius von etwa 50 Kilometer. Sein Gewicht betrug 980 Kilogramm. Später, nachdem sich der Verbrennungsmotor endgültig durchgesetzt hatte, sei das Lohner-Porsche-Konzept als Irrweg belächelt worden. Heute ist es aktueller denn je. – Zurück ins Jahr 1911 nach Amerika und dem ersten Cadillac mit elektrischem Anlasser. Fünf Jahre zuvor rollte der erste von 15 Millionen Ford T, «Tin Lizzie«, die bis 1927 gebaut wurden, vom Fliessband. Zu sagenhaft günstigen Preisen für damalige Verhältnisse. Unterstützt auch durch die Kraft moderner PR- und Marketing-Strategien überzeugte die Automobilindustrie ihre potentiellen Kunden mit einem neuen Image. «Benzinmotoren stinken nicht und machen keinen Lärm», sie seien Ausdruck maskuliner Kraft und Potenz, von Dynamik und Geschwindigkeit, von Wohlstand und Erfolg. Hätte man früher schon den Begriff «Weicheier» verwendet, wären wohl die Fahrerinnen und Fahrer von Elektroautos als solche bezeichnet worden. Und ein weiteres Argument: Der Ölpreis war damals extrem tief und das Tankstellen-Netz bereits gut ausgebaut. All dies
Lohner Porsche, 1900.
Tesla Roadster 2020, in 2,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, Höchstgeschwindigkeit: 400 km/h, Reichweite: 1’000 Kilometer, www.tesla.com, Januar 2018. 37
führte zum sukzessiven Verschwinden der «Stromer» in die Nischen, die «Benziner» verdrängten sie in den 1920er-Jahren fast vollständig. Doch was seinerzeit niemand mit Sicherheit prognostizieren konnte: Die Zeit der «Benziner» ist am Ablaufen, nachdem sie nun während rund 100 Jahren Vollgas gegeben haben. Denn wenn es bald kein Gas mehr gibt, kann keiner mehr Gas geben. Das ist gut für die Umwelt und schlecht für die Ressourcen unseres Planeten, unsere Enkelinnen und Enkel und die individuelle Mobilität. Wahrscheinlich werden es die «Stromer» richten müssen ...? Die Knappheit an Benzin- und Dieseltreibstoff während des Zweiten Weltkriegs gab den Produzenten von Elektrofahrzeugen in der Schweiz neuen Aufschwung. Oehler in Aarau, die aus der Tribelhorn AG und der Zürcher Elektrische Fahrzeuge AG, EFAG, entstandene Neue Elektrische Fahrzeuge AG, NEFAG, und die Schweizerische Industriegesellschaft, SIG, in Neuhausen am Rheinfall bauten mehrere tausend Elektrofahrzeuge. Der Kundenkreis war begrenzt, dazu gehörten unter anderem Bäckereien, Molkereien, Gemüsehandlungen, Brauereien oder Mineralquellen. Auch Staatsbetriebe wie Post, SBB oder Armee bestellten immer wieder Serien von Elektrofahrzeugen. In den Nachkriegsjahren verschwand die Elektromobilität jedoch wieder fast vollständig von der Schweizer Bildfläche. Ausgenommen in autofreien Orten wie zum Beispiel in Braunwald, Saas Fee, Wengen, Zermatt oder auf der Bettmer- und Riederalp und der Rigi. Dort verkehren noch heute allerlei Elektrofahrzeuge etwa der Marken Klingler, die aus Oehler in Aarau entstanden ist, oder STIMBO, was für Stefan Imboden steht, einen lokalen Zermatter Produzenten. «Die Firma EFAG und auch die nachfolgende Firma NEFAG wurden in die Firma Oehler Aarau integriert. Anfang der 1980er Jahre hat Willy Klingler durch ein Management-buy-out die
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Elektrofahrzeugsparte von Oehler Aarau übernommen und in Willy Klingler Fahrzeugtechnik AG umbenannt. In den 1990er Jahren kam die Elektrofahrzeugsparte der Firma MOWAG Kreuzlingen dazu.1» Und seither ist erneut Bewegung in die schweizerische Elektromobilität gekommen. Eine unvollständige Aufzählung der Reihe nach: • Seit den 1980er-Jahren ist in der Schweiz das Fahrzeug namens Twike unterwegs. Zuerst war es ein vollverkleidetes Fahrrad, heute gilt es als eines der sparsamsten Elektroautos überhaupt. Derzeit läuft das Found-Raising für die Version 5 des Twike, ein High-TechProdukt mit erstaunlichen Attributen. So soll dieses zweiplätzige, dreirädrige Vehikel eine Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern erreichen bei einer Reichweite von 500 Kilometern, die Ladezeit für knapp 5 Kilometer beträgt an der Schnelllade-Säule gerade einmal eine Minute, der Kofferraum fasst ein Volumen von 300 Litern. • Die Firma Horlacher AG in Möhlin betreibt seit dem Jahr 1985 eine Abteilung Fahrzeugbau und macht seither immer wieder mit zukunftsweisenden Prototypen auf sich aufmerksam. Die erste Horlacher-Studie widmete sich 1985 dem Ur-Ei, dem Konzept für einen solarbetriebenen Elektro-Kabinenroller mit drei Rädern. • Die 1991 gegründete Kyburz AG in Freienstein bei Zürich hat sich in kurzer Zeit einen Namen in der Elektromobil-Industrie gemacht, insbesondere mit ihren in der Schweiz omnipräsenten PostZustellfahrzeugen. • Auch die Entwicklung der Biketec AG in Huttwil liest sich wie eine Erfolgsgeschichte. 1995 gegründet, produziert sie heute rund 60’000 Elektrofahrräder2. Ihr Flyer wurde in der Schweiz zum Synonym für das Elektrovelo. Seit 2017 gehört Biketec zur deutschen Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft, ZEG, mit Sitz in Köln. • Seit 2015 ist die Sachsler maxon motor ag, bekannt für ihre Marsmobile, mit einem leistungsstarken und kompakten Heckantrieb für Fahrräder auf dem Markt. • Gleichzeitig mit der Eröffnung der Sonderausstellung Unter Strom ist beim italienischen Elektro-Autohersteller Tazzari in Imola die Produktion des Microlino angelaufen. Dieser Zweisitzer, eine Entwicklung der Micro Mobility System AG im zürcherischen Küsnacht, gleicht der BMW-Isetta aus dem Jahr 1955. Die Nachfrage sei erfolgversprechend, «Ende 2015 entschieden wir, den ersten Microlino Prototypen zu produzieren. Wir präsentierten ihn am Genfer Autosalon im März 2016 und haben innerhalb einer Woche mehr als 500 Reservationen erhalten»3. «Insgesamt sind per März 2018 über 4500 Microlinos reserviert.» Noch bevor er auf der Strasse fährt, hat der Microlino Übernamen, Knutschkugel zum Beispiel, oder Mini Tesla.
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Klingler Elektrofahrzeuge, www.klingler-ag.ch, Geschichte, Januar 2018. Biketec wird nach Deutschland verkauft, Berner Zeitung, 26. Juli 2017. www.micro-mobility.com, Prototyp, Februar 2018. 39
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Š Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
MIAG Perronwagen, 1930 VHS-4789 Die Anfänge der heutigen Bühler Holding AG in Uzwil, ein weltweit tätiges Familienunternehmen mit über 10’000 Mitarbeitenden, geht auf Adolf Bühler zurück. Er eröffnete im Jahr 1860 mit zwei Angestellten eine Eisengiesserei. Im Zug der Expansion übernahm Bühler 1972 die Braunschweiger MIAG Mühlenbau und Industrie AG. MIAG hat seit 1922 Erfahrung im Bau von Elektrofahrzeugen. 1927 wurde in Braunschweig der Zinkenhochhubwagen, Vorläufer des Gabelstaplers, vorgestellt. 1983 fasste Bühler alle Aktivitäten der Produktionslinie Fahrzeugbau in der neu gegründeten MIAG Fahrzeugbau GmbH in Braunschweiz zusammen. Zur heutigen Produktepalette gehören neben Gabelstaplern, handgeführten Geräten, Transportwagen, Industrieschleppern auch Sondergeräte nach Kundenspezifikation. Der ausgestellte Perronwagen hat keinen Fahrersitz, er wird stehend gefahren. Er wiegt 1’770 kg, inklusive Batterien.
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SIG Lastwagen, 1942 VHS-10683 Der SIG-Elektrolastwagen stand im Dienst des Luzerner Traditionsunternehmens Hug. Josef Hug-Meyer erfand im Jahr 1877 den Zwieback, heute produziert die Hug AG an den Standorten Malters, Willisau und Trimbach, sie wird in der vierten Generation geführt. Der ausgestellte Brückenwagen wiegt 2’300 Kilogramm.
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SIG Lieferwagen Typ EL 300, 1943 VHS-5007 Aufgrund der langen Transportwege auf dem Areal der Schweizerischen Industrie Gesellschaft, SIG, in Neuhausen wurde 1933 mit der Entwicklung und dem Bau von Elektrofahrzeugen zum internen Einsatz begonnen. Später folgte eine industrielle Fertigung und der Verkauf. Während des Zweiten Weltkriegs wurden verschiedene Modelle von Elektro-Nutzfahrzeugen angeboten. Der ausgestellte Lieferwagen wiegt rund 800 Kilogramm. Daneben besticht er durch seine Stromlinienform und die Aluminium-Karosserie. Das Pressen und Schweissen von Leichtmetall war zur damaligen Zeit sehr aufwändig und benötige hochqualifizierte Arbeiter.
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Oehler Stapler Type HOST 549, 1951 VHS-10236 Oehler war mit dem Bau von ElektroNutzfahrzeugen während des Zweiten Weltkrieges auf dem Höhepunkt. Oehler hatte übrigens auch Luftseilbahnen gebaut. Mit der 3.5 km langen Kabinenbahn, die zwischen der Stöckalp und der Melchsee-Frutt 825 Höhenmeter überwindet, wurde damals der Rekord als längste schweizerische Luftseilbahn gehalten. Der ausgestellte Elektro-Hubstapler hat bei einem Eigengewicht von 1’660 kg eine Nutzlast von einer halben Tonne. Er wurde 1951 gebaut und war bis 1992 bei der Firma KWC in Unterkulm im Einsatz. Er verfügt nebst der Hubverstellung auch über eine Kippfunktion des Hubmastes. Dies galt damals als ein absolutes Novum. Speziell ist auch die Antriebsachse: Sie wurde mit einer kombinierten Fett-Öl-Schmierung versehen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt acht Stundenkilometer.
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Oehler Spitalfeuerwehr, Typ ES 2053, 1958 VHS-7591 Elektromobile wurden und werden heute noch gerne in lärmempfindlichen Bereichen eingesetzt, zum Beispiel in Spitälern, auf Friedhöfen oder in Kur- und Ferienorten. Der ausgestellte Dreirad-Elektroschlepper stand im Dienst des Kantonsspitals Basel, heute Universitätsspital genannt. Er wiegt 1’760 Kilogramm.
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NEFAG Dreiseitenkipper, Typ PK 1954, 1964 VHS-5851 Die Neue Elektrische Fahrzeuge AG, NEFAG, entstand 1937 aus der Elektrische Fahrzeuge AG, EFAG, und diese wiederum 1920 aus der Tribelhorn & Co. AG. NEFAG produzierte hauptsächlich Nutzfahrzeuge für Gewerbetreibende und Industriefahrzeuge. Typischerweise hatten diese Gefährte Motoren von drei bis sechs Pferdestärken, Reichweiten zwischen 20 und 50 Kilometer, sie konnten mit Lasten bis zu 20 Tonnen beladen werden. Der ausgestellte Dreiseitenkipper stand im Dienst des Tiefbauamts Adliswil, genauer auf dem Friedhofareal. «Die Brücke ist hydraulisch von Hand in drei Richtungen kippbar. Am Heck kann ein Schneepflug montiert werden, sodass im Rückwärtsgang Schnee von den Friedhofswegen gepflügt werden kann.1» Auskunftsblatt VHS-5851, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Batterien
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Instrumente
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Solo Elektra, 1973
Die Wege im Betrieb sollten somit kürzer werden, um Zeit und Geld zu sparen. Die deutsche ZEIT resümierte in einem Artikel zur Tauglichkeit des Solo Elektra: «Das Elektro-Mofa ist eine interessante Studie – unter anderem darüber, dass die heutigen Mittel für den Elektroantrieb noch nicht ausreichen.2» Die Produktion von Solo-Mofas wurde 1998 eingestellt. Im Jahr 2014 übernahm der Technologiekonzern AL-KO Kober SE mit Sitz im deutschen Kötz die Mehrheit an der SOLO GmbH.
VHS-5496 Die SOLO Kleinmotoren GmbH in Sindelfingen ist seit 1948 als Herstellerin von Kleinmotoren im Geschäft. 1972 kam das Mofa Solo Electra mit 500-W-Elektromotor direkt über dem Hinterrad, zwei Akkumulatoren mit 12 V/40 Ah und 67 kg Gewicht auf den Markt und wurde in Serie gebaut1. Es wurde ursprünglich als reines Betriebsfahrzeug für weiträumige Werksgelände konstruiert.
2 Stefan Woltereck, Das Ende der Knatterwelle, ein Kleinmobil für Fabriken und Flughäfen, DIE ZEIT, 3. August 1973.
www.solo-global., Februar 2018.
© Abbildung: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Zele Electro Zagato, 1974 VHS-5568 Elektromotor: 1000-Watt Elektromotor, 4,8 PS, Spannung: 24, 36 oder 48 Volt, wählbar, Reichweite: 70-100 km, Geschwindigkeit: 40 km/h, Leergewicht: 475 kg, davon Batterien 160 kg. Unmittelbar nach seinem Erscheinen im Jahr 1974 hatte der Zele, der Name steht für Zagato Electro, auch schon seinen nicht sehr schmeichelhaften Übernamen: fahrende Telefonkabine. Die Höhe des Zele betrug 161 cm, die Breite 135 und die Länge 195 cm, man konnte ihn quer parkieren. In den USA verkaufte sich der Zele unter dem Namen Elcar in verschiedenen Versionen. Insgesamt sind bis zum Produktionsende im Jahr 1978 rund 500 Exemplare des Elektroautos gebaut worden.
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Hercules Accu-Bike, 1975 VHS-4944 Anfang der 1970er-Jahre wagte sich die alteingesessene NĂźrnberger Hercules-Werke GmbH, an die Produktion eines Mofas mit Elektroantrieb mit 750 W bei 3600/min und 70 kg Gewicht. Trotz boomenden Mofa-Marktes blieb der kommerzielle Erfolg aus.
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Sofa 3, Solar-Transportvelo, 1986 VHS-5777 Sofa 3 ist eine Entwicklung der Produktionsgemeinschaft Solarfahrzeuge Gebrüder Plattner, Luzern. Das SOFA, ein Dreiradvelo mit Elektro-Hilfsmotor, erreichte 1986 bei der zweiten Tour de Sol den 3. Schlussrang der Serienfahrzeuge. Kurz darauf wurde dem Fahrzeug die amtliche Zulassung erteilt – eine weltweite Premiere1.
Auskunftsblatt VHS-5777, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Die ersten Rekordhalter? – Elektromobile! Concours des voitures sans chevaux – so nannte die Zeitung Le Petit Journal das erste Rennen von Paris nach Rouen im Jahr 1894. Von 100 angemeldeten nahmen 21 Fahrzeuge an dieser ersten Werbeveranstaltung für das Automobil teil, darunter auch Dampf- und Elektroautos. Paris-Rouen 1894 war der eigentliche Beginn des Motorsports. Der schnellste Teilnehmer, der französische Autopionier Marquis Albert de Dion, Mitbegründer der Marke De Dion-Bouton, erreichte auf seiner dampfgetriebenen Eigenkonstruktion eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 19 km/h. Vier Jahre später, 1898, fanden, ebenfalls in Frankreich, die ersten Geschwindigkeitswettbewerbe statt. Conte Gaston Chasseloup-Laubat fuhr in Achéres in der Region Île de France in einem Elektroauto namens Jeantaud Duc1 bei fliegendem Start die Ein-Kilometerstrecke in 57 Sekunden. Das entspricht 62,78 km/h – Weltrekord! Der Allererste! – Der hielt gerade einmal einen Monat lang, dann legte Camille Jenatzy, ebenfalls mit einem Elektromobil, eine Geschwindigkeit von 70,31 km/h vor. Die beiden Männer überboten sich auf der Rennstrecke von Achéres wieder und wieder, bis Jenatzy mit seiner Jamais Contente am 29. April 1899 erstmals die magischen 100 km/h meisterte2. Sein Rekord hielt drei Jahre, bis Léon Serpollet mit seinem Osterei genannten Dampfwagen die neue Marke von 120,8 km/h setzte. Im Jahr 1905 stellte der Schweizer Frédéric Dufaux in einem 26Liter-8-Zylinder-Rennwagen, einer Eigenkonstruktion, den neuen Rekord von 156,5 km/h auf – die Benziner hatten übernommen. Bereits 1909 durchbrach ein Benz-Fahrzeug die 200-km/h-Grenze und in der Folge purzelten die Rekorde munter weiter, bis John R. Cobb 1947 auf einem Railton Mobil Special 634,398 Stundenkilometer erreichte. Der Railton war mit zwei V12-Motoren mit einer Leistung von je 1’350 PS bestückt, einer trieb die Hinter-, der andere die Vorderachse an. Er hatte die strömungsgünstige Form einer Flunder. Mit Cobb’s Rekord war das Leistungspotenzial von Verbrennungsmotoren in Strassenfahrzeugen physikalisch ausgereizt. Für die Jagd nach weiteren Superlativen wurden nun Raketentriebwerke auf Räder gepackt. Die 1’000-km/h-Grenze ist erstmals 1970 geknackt worden, der aktuelle Rekord liegt jenseits der Schallmauer bei 1’227,99 km/h, gehalten vom Engländer Andy Green. Er erreichte ihn 1997 in der Wüste von Nevada, USA, auf dem ThrustSSC. Dieser Name steht für ThrustSuperSonicCar oder schubkraftgetriebenes Überschallfahrzeug. Und so sieht dieses Gerät auch aus. Es verbraucht 18 Liter Treibstoff. Pro Sekunde. Charles Jeantaud, 1843-1906, produzierte in Paris von 1893 bis zu seinem Tod im Jahr 1906 hauptsächlich Gas- und Elektromobile. 2 Der Weltrekord der Jamais Contente, Neue Zürcher Zeitung, NZZ, 15. Januar 2001. 1
Von oben nach unten: die Gebrüder Dufaux in ihrem Rekordwagen, der Railton Mobil Special und der ThrustSSC. 56
Solarmobil Undo, 1986 VHS-6161 Im August 1985 beantragte der Konstrukteur Fritz Plattner aus Horw bei der Motorfahrzeugkontrolle Luzern die Zulassung seines Solarfahrzeugs «Undo» für den täglichen Verkehr. Trotz Beanstandungen erhielt das Fahrzeug Dank einer Spezialgenehmigung am 1. April 1986 doch noch eine amtliche Zulassung als «Motorkarren». Es nahm 1986 und 1987 am Solarmobilerennen «Tour de Sol» teil und diente der Biscuitfabrik HUG als Werbevehikel.1
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Auskunftsblatt VHS-6161, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Modelle
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Unten das Schnittmodell eines Chevrolet Volt, VHS-12349.
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Gnom, 1986 VHS-5778
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
Andreas Kuhn, David Weisser und Heini Wernli konzipierten das Solarmobil Gnom zunächst als Alltagsfahrzeug. Für die Teilnahme an der Tour de Sol von 1986 konstruierten sie einen stromlinienförmigen Aufbau. Dieser taugte vorzüglich für das Sponsoring. Der zweite Rang in der Kategorie IV (Solarmobile mit Zusatzantrieb) war ein hervorragendes Resultat für ein Fahrzeug, das aus reiner Privatinitiative entstand. Ein Jahr später erreichte das Team gegen eine härtere Konkurrenz noch den 5. Rang. Die Motorfahrzeugkontrolle betitelte das Solarmobil jedoch als eine „laienhafte Konstruktion“, bei der „Fahrversuche von ca. 50 Metern zeigten, dass sich das Fahrzeug mit geringer Geschwindigkeit (ca. 10 km/h) in normalen Kurven ohne Bremsung überschlägt.“ Dennoch absolvierte der Gnom die Tour de Sol-Rennen anstandslos.
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Sinclair C5, 1986 VHS-5429 Ein erstes Mal machte der englische Erfinder Sir Clive Marles Sinclair Anfang der 1980er-Jahre mit seinen Heimcomputern auf sich aufmerksam. Sein Plan, den Personenverkehr mit seinem Dreirad-Elektrofahrrad Sinclair C5 zu revolutionieren ging nicht nach seinen Wünschen auf. Nach der Produktion von 17’000 Fahrzeugen kam bereits 1985 das Ende des Projekts. Das Fahrzeug wiegt 45 kg, das zulässige Gesamtgewicht beträgt 160 kg, die Höchstgeschwindigkeit 24 km/h und die Reichweite 32 Kilometer. Als gravierendste Mängel wurden der fehlende Wetterschutz, die fehlende Federung und die zu geringe Reichweite festgestellt.
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Elec-Tigra, Prototyp, 1987
Gretener AG, die in Sursee Tigra-Fahrräder herstellte, den Konkurs anmelden müssen. Die gleichermassen im Zigarren- wie im Fahrradgeschäft tätige Villiger-Gruppe übernahm aus der Konkursmasse die Tigra Bike AG mit den Rechten an den Marken Tigra und Sursee. Villiger selbst verkaufte seine Fahrradsparte 2003 an die amerikanische Trek Bicycle Corporation. Diese entfernte die Schweizer Velo-Marken im Jahr 2015 vollständig aus ihrem Sortiment.
VHS-10694 Der ausgestellte Prototyp eines Minivelos mit Elektroantrieb war eine Entwicklung der einstigen Schweizer Traditionsmarke Tigra, er wurde nicht weitereintwickelt. Die Tigra Bike AG war in Sursee, später auch in Cham tätig. Im Jahr 2000 hatte die Chamer
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Elfa Cit 250, 1987 VHS-8692 Das ausgestellte E-Bike ist ein Produkt der ELFA, Elektro-Leichtfahrzeuge, in Bichwil. Das ELFA Cit ist ein sehr frühes Elektrofahrrad. Herausragend ist die Nutzung des Motors als Generator bei Talfahrt, was die Reichweite vergrössert. Verwertbarer Strom wird aber nur im schmalen Geschwindigkeitsbereich zwischen 33 und 40 km/h produziert1. Der verwendete Motor stammt von Bosch in Gerlingen bei Stuttgart, er treibt, wie einst beim Velosolex, das Hinterrad mittels einer Reibrolle an. Der Rahmen wurde bei der Alpa-Werke AG im thurgauischen Sirnach gefertigt. Die AlpaWerke AG besteht seit dem 19. Jahrhundert, seit 1931 ist sie im Fahrradbau tätig. Seit 2001 gehört sie zur St. Galler Komenda AG. Das Leergewicht des Velos mit Akku beträgt 31,5 kg. Auskunftsblatt VHS-8692, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Fiat LARAG Larel, Typ Wil 202, 1988 VHS-5735 Das Elektromobil Fiat Larel ist ein Produkt der LARAG, LastwagenReparatur AG, in Wil SG. Basis des Fahrzeugs war ein Fiat Panda. Der Fiat Larel wurde 1988 in Lausanne auf seine Tauglichkeit als Stadtauto im Vergleich zu einem Benziner-Panda geprüft. Die Services Industriels kamen zum Schluss, das Elekroauto sei «en pricipe utilisable» – prinzipiell einsetzbar1. 1
Ingénieurs et architectes suisses, voiture électrique, 14, 28 Juni 1989, Seite 335.
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Horlacher, Modell GL 88 «Ei», 1988 VHS-9299
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
Die Horlacher AG in Möhlin wurde 1962 gegründet, sie hat sich auf die Herstellung und Entwicklung von Produkten aus faserverstärktem Kunststoff und Verbundwerkstoffen spezialisiert. Seit 1985 beschäftigt sich die Abteilung Fahrzeugbau mit der strukturellen und gestalterischen Entwicklung der Leichtbauweise für Elektro- und alternativ betriebene Fahrzeuge. Der ausgestellte Prototyp des «Ei» hat ein Leergewicht von 300 kg, inklusive 11 Levo-GT55-12V-Batterien, sein Elektromotor leistet 11 PS, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 80 km/h.
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Š Abbildungen auf dieser Doppelseite: Bildarchiv der ETH-Bibliothek, e-pics.
Ausstellung von Elektromobilen, Flughafen ZĂźrich, 1991, LBS_SR05-091006-32.tif. 66
Wartungsarbeiten, Flughafen ZĂźrich, 1985, LBS_SR05-085027-37.tif.
Ladestelle, Flughafen ZĂźrich, 1992, LBS_SR05-092132-06.tif.
Trolleybus, Witikon, 1974, Com_M23-0045-0003-0001.tif 67
Mobilec Scoot92, Prototyp, 1992 VHS-9968 Das Mobiltec ist ein Elektro-Fahrrad/Roller mit Nabenmotor, hergestellt von Sytrel International Sà rl in Colombier. Der erste MobilecPrototyp wurde 1992 bei Condor in Courfaivre gebaut und ist zusammen mit einem heutigen serieproduzierten Mobilec als Schweizerentwicklung in die Sammlung des Museums des Verkehrshauses aufgenommen worden. Mit einer Lithiumbatterie und einem Fahrergewicht von 75 kg beträgt die Reichweite auf ebener Strecke bis zu 40 km. Bei Steigungen ßber 12% wird Tretarbeit erforderlich.
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Selec Tiny, 1993 VHS-7619 Der Selec Tiny, ein 185 kg schweres, zusammenklappbares Elektrofahrzeug, dßrfte in seiner Art einzigartig sein. Dieses Unikat wurde von der Selec AG in Neuenhof entwickelt. Das Unternehmen beschäftigt sich mit der Entwicklung und Herstellung von proportionalen Servoventilen und Elektronik.
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Spirit of Bienne III, 1993 VHS-10070 In den 1980er-Jahren entwickelte die Ingenieurschule Biel das Solarmobil Spirit of Bienne, das 1987 erstmals am World Solar Challenge in Australien teilnahm und gleich den dritten Rang belegte. Die World Solar Challenge ist das härteste Rennen für Solarfahrzeuge. Es führt auf dem Strassennetz über 3'021 km quer durch Australien. In der Austragung dieser Challenge 1990 trat das Bieler Team mit der Spirit of Bienne II an und gewann. Die Weiterentwicklung, Spirit of Bienne III, erreichte 1993 in Australien Rang drei und stellte mit 161 km/h den Geschwindigkeitsrekord für Solarfahrzeuge auf. Die Ingenieurschule Biel setzte mit ihren Erfolgen verbindliche Massstäbe für die Entwicklung von Solarfahrzeugen.
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VW Golf und ETHZ, Hybrid-Motor IIB,1993 VHS-5803 Im Jahr 1989 haben die ETH Zürich und Volkswagen einen Feldversuch mit Hybridautos gestartet. Die ersten vier VW Golf Hybrid wurden Ende Mai 1991 an der ETH in Zürich den Benutzern übergeben. «Eines der Versuchsergebnisse war der Umstand, dass die ETH Zürich im Laufe des Testbetriebs die Natrium-SchwefelBatterie der ABB zu Grabe getragen habe. Allzu energieaufwändig war deren 300°C-Temperaturmanagement.1» Die Abbildung unten zeigt den Batteriensatz.
Stephan Hauri, Das Hybridauto – eine alte Geschichte, Technik, Nr. 49, 3. Dezember 2014., Seite 32
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Kyburz Classic, 1995 VHS-9501 Die 1991 in Freienstein-Teufen bei Zürich gegründete Kyburz Switzerland AG entwickelt und produziert qualitativ hochstehende Elektrofahrzeuge für Zustell- und Industriebetriebe sowie für Privatpersonen. Im Jahr 2013 wählte das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz das Unternehmen zur innovativsten Firma im Land, im gleichen Jahr druckte die Schweizer Post eine Kyburz-Sondermarke. Der ausgestellte Classic aus einer Prototypserie wiegt mit Batterien 147 kg. Er ist als SeniorenElektrofahrzeug konzipiert.
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Flyer Classic, Prototyp, 1996 VHS-5931 Die Firma BKTech AG in Kirchberg entwickelte von 1995-1999 eine erste Kleinserie des Flyer E-Bikes. Im Jahr 2001 übernahm die Biketec AG die Aktivitäten. Der rasante Erfolg der Marke Flyer machte einen Umzug nach Huttwil nötig, wo 2009 das erste ausschliesslich für Elektroräder konzipierte Werk Europas bezogen wurde. Flyer ist Marktführer in der Schweiz, der Exportanteil beträgt deutlich über 75%, Hauptmärkte sind Deutschland, Holland und Österreich1. Das Unternehmen ist heute in deutschem Besitz.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
1 Flyer E-Bikes mit neuer Technologie überzeugen im Test, Oberaargauer Zeitung, 23. Februar 2017.
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Toyota Prius, Serie I, 1997 VHS-12249 Den Prius lancierte Toyota im Jahr 1997 als Hybrid mit einem Benzin- und einem Elektromotor. Er war das erste Grossserienmodell mit Hybridantrieb der Marke. Zu Beginn konnte seine Traktionsbatterie nicht aus dem Stromnetz aufgeladen werden, sondern einzig während des Fahrbetriebs über den Generator bzw. über die Rekuperation, das heisst die Energierückgewinnung beim Bremsvorgang. Seit 2016 ist die 4. Generation des Prius mit einer Systemleistung von 122 PS im Verkauf. Toyota pries ihn als «das erste echte Ein-Liter-Serienauto der Welt» an. Er verfügt über einen 4-Zylinder-Motor mit 1,8 Liter Hubraum und einer Leistung von 98 PS sowie einem Elektromotor mit 72 PS.
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Volkswagen Sharan Hybrid ETHZ, 1999
lichkeiten eines Hybridantriebsstranges, bestehend aus einem Ottomotor, einer Elektromaschine, einem Schwungrad als Kurzzeitenergiespeicher und einem stufenlosen Weitbereichsgetriebe – dem ETH-Hybrid III Antrieb. Im Besonderen galt das Interesse der Gegenüberstellung von Benzin-und Elektrobetrieb.1»
VHS-8698 Beim ausgestellten Fahrzeug handelt es sich um das Schnittmodell eines Versuchsfahrzeugs der ETH-Zürich. Volkswagen hat kein Hybrid-Modell des Sharan im Sortiment. Als ETH-Hybrid-III-Fahrzeug wurde die Frontpartie gegenüber der Serie um 18 cm verlängert. Bei der ETH-Studie ging es um das «Konzept, die Modellierung, die Realisierung und die Bewertung der verschiedenen Betriebsmög-
Philipp Dietrich, Gesamtenergetische Bewertung verschiedener Betriebsarten eines Parallel-Hybridantriebes mit Schwungradkomponente und stufenlosem Weitbereichsgetriebe für einen Personenwagen, Doctoral Thesis, ETH Library, 1999.
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Velocity Dolphin, 1999 VHS-5938 Der Dolphin ist eine Entwicklung der Velocity Engineering AG in Basel. Er verfügt über einen 270W-Heizmann-Motor, einen Batteriekoffer mit 7Ah/24V mit Ladegerät und das patentierte VelocitiyGetriebe. Seine Reichweite beträgt 18-25 km, das Gewicht 26 kg1. http://www.velocity.ch, Februar 2018.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Flyer Urban Airline F8, Modell, 1999
haltige Mobilität, weil sich Muskelkraft und Elektrotechnik sinnvoll ergänzen. Der Stromverbrauch für 100 km liegt bei nur einer Kilowattstunde, was in etwa 1 dl Benzin entspricht.1»
VHS-5930 «Der Flyer Urban Airline ist ein Schweizer Hightech-Fahrzeug. Mit Fertigungstechniken aus der Automobilindustrie verschwanden die lästigen Kabel im Rahmen. Die Akkubox lässt sich schnell demontieren und an jeder Steckdose wieder aufladen. Vollgefedert und bis zu 35 km/h schnell, ist der Flyer ein Schritt in Richtung nach-
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Auskunftsblatt VHS-5930, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
ZEM 4cycle, 2000 VHS-7590 Das 4cycle ist ein mit Muskelkraft und einem Elektromotor betriebens Hybrid-Fahrrad für vier Personen. Entwickelt wurde es von Zembikes, ZEM – Zero Emission Machines in Zürich. Es verfügt über vier unabhängige Schaltungen und wiegt 90 kg.
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Cree, Sam 01, 2001 VHS-11793 Die Cree AG, Creation Research Ecology Engineering, in Biel wurde von ehemaligen Ingenieuren des frühen Smart-Projekts gegründet, nachdem dieses zur heutigen Daimler AG übergegangen war. Cree beschäftigte sich in der Folge mit dem Bau von insgesamt rund 90 Prototypen des Elektroautos Sam. Ab 2009 produzierte eine polnische Firma das 545-kg-Leichtfahrzeug in Serie, die Herstellung wurde 2014 eingestellt. Der Sam ist ein zweiplätziges, dreirädriges Elektroauto mit hintereinander angeordneten Sitzen, das als SAM 1 von 1996-2009 und als SAM II Revolt von 2009-2014 mit einem 15-kW-Motor zu haben war.
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Pac Car II, 2003 VHS-9318 «PAC-Car II ist ein gemeinsames Projekt der ETH Zürich mit Partnern aus Forschung und Industrie. Ziel war es, ein Fahrzeug zu konstruieren, das von einer Brennstoffzelle angetrieben wird und möglichst wenig Treibstoff verbraucht. PAC-Car II verbesserte am Shell Eco-marathon in Ladoux, Frankreich, am 26. Juni 2005 den Weltrekord in energieeffizientem Fahren.1» Er fuhr mit der Energie eines Liters Benzin die Strecke von 5’385 Kilometern2. Die Brennstoffzellen für die Pac Cars wurden am Paul Scherrer Instititut, PSI, dem multidisziplinären Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in Villingen und Würenlingen an der Aare entwickelt. 1
http://www.paccar.ethz.ch, Februar 2018. Auskunftsblatt VHS-9318, Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
© Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Chevrolet Volt, 2007 VHS-10426 General Motors präsentierte an der Detroit Auto Show des Jahres 2007 ein Konzeptfahrzeug als Basis für die künftigen Elektroautos des Konzerns. Drei Jahre später ging der Chevrolet Volt als Hybrid in Serie, der baugleiche Opel Ampera folgte 2011. Er verfügte über einen Elektromotor mit einem 16-kWh-Lithium-Ionen-Akkumulatorsystem, kombiniert mit einem 3-Zylinder-1,4-Liter-Benzinmotor mit 85 PS, der über einen Generator die Batterien speist, bevor diese vollständig entladen sind. Die Reichweite des Elektromotors ist auf 60 Kilometer ausgelegt, über den Benzinmotor vergrössert sie sich um weitere etwa 500 Kilometer. Die Systemleistung betrug 150 PS. Die zweite, 2015 vorgestellte Generation verfügt über dieselbe Systemleistung, entwickelt von zwei Elektromotoren und einem 1,5-Liter-Benzinmotor. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei knapp 160 km/h.
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Tesla Roadster 2.5 Sport, 2008 VHS-12215 Tesla produzierte seinen Roadster von 2008 bis 2012 in rund 2’500 Exemplaren. Dieser rein elektrisch betriebene zweisitzige Sportwagen wird von einem 292 PS starken Elektromotor im Heck angetrieben. Damit sprintet der Wagen in 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 200 km/h elektronisch abgeriegelt. Die Reichweite soll bei «behutsamen Fahren» etwa 340 Kilometer betragen. Der Tesla Roadster Sport wird als erster ernstzunehmender Sportwagen mit E-Antrieb bezeichnet. Sein Nachfolger, der Tesla Roadster 2020, kann auf der Internetseite von Tesla Schweiz vorbestellt werden: Er soll eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,1 Sekunden schaffen, eine Höchstgeschwindigkeit von über 400 km/h und eine Reichweite von 1’000 Kilometern. Eine «Founders Series»-Reservierung kostet CHF 250’000.-1. 1
www.tesla.com, Januar 2018.
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Hyundai ix35 FCEV, 2009 VHS-12221 Den ix35 stellte der südkoreanische Hersteller an der IAA 2009 in Frankfurt vor. Dieser SUV wurde mit diversen Benzin- und Dieselmotoren angeboten. 2012 erweiterte Hyundai das ix35-Sortiment mit einer Kleinserie des Fuel Cell Electric Vehicle, FCEV, einem Fahrzeug mit Wasserstoff-Brennstoffzellen. Damit erzeugt dieser Typ elektrische Energie, die mit dem Antrieb in Bewegung umgewandelt oder in einer Batterie zwischengespeichert wird. Seine Leistung beträgt 136 PS, er beschleunigt in rund 12 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 km/h. Der Tank fasst 5,6 kg Wasserstoff, das reicht für rund 600 Kilometer.
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© Text und Abbildung: Roger Riedener.
E-Tracer, 2010 Am 16. September 2010 gewann der von der E-Tracer AG, Häuslenen TG entwickelte X-Tracer in den USA den mit 2,5 Millionen US$ dotierten Preis, dem PROGRESSIVE Automotive XPrize der XPrize Foundation und dem US Departement of Energy, für den ersten Platz in der Kategorie "2-sitzige Fahrzeuge in Tandem-Anordnung". Das Swiss X-Tracer Team um die Teamleader und Piloten Roger Riedener und Felix Wagner bestand ein 2-jähriges Selektionsverfahren mit über 300 Mitbewerbern und überzeugte mit dem X-Tracer schliesslich anlässlich der 3-monatigen Finalrunden. Sie erzielten mit 205 mpge (miles per US Gallon equivalent, ca. 1,2 Liter auf 100 km) den tiefsten Verbrauchswert bei gleichzeitig höchster Geschwindigkeit (>250 km/h) und schnells-
ter Beschleunigung (<5 sek. 0-100 km/h) sowie der grössten Reichweite (über 300 km). Es wurden zwischen 2011 und 2014 insgesamt 12 Vorserienfahrzeuge gebaut, jeweils in rund 600 Handarbeits-Stunden pro Fahrzeug. Es konnte trotz der bewiesenen Qualitäten nie ein Investor gefunden werden für die geplante "Volks"-Version. Die Vorteile des Automobils in der Handhabung, im Winter, als Familienfahrzeug sowie punkto Image sind eben nicht von der Hand zu weisen. Das Rekordfahrzeug steht seit April 2018 als Schenkung von Roger Riedener im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern.
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Mobilec Typ III, 2010 VHS-9969 Das Mobiltec ist ein Elektro-Fahrrad/Roller mit Nabenmotor, hergestellt von Sytrel International SĂ rl in Colombier. Der erste MobilecPrototyp wurde 1992 bei Condor in Courfaivre gebaut und ist zusammen mit einem heutigen serieproduzierten Mobilec als Schweizerentwicklung in die Sammlung des Verkehrshauses aufgenommen worden.
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BMW i3, 2013
Concept AcitveE im Jahr 2010. Das erste BMW-Elektroauto für die Grossserie wurde 2013 vorgestellt: der i3. In der 2017 präsentierten i3s-Version beschleunigt er in 6,9 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer, der Motor leistet 183 PS, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 km/h, er verbraucht 14,3 kWh pro 100 Kilometer, seine Alltagsreichweite beträgt rund 200 Kilometer. Die Garage Hollenstein AG in Aesch BL stellt während der Ausstellung Unter Strom einen BMW i3 als Probefahrzeug zur Verfügung.
© Abbildung: BMW (Schweiz) AG, Dielsdorf.
BMW befasst sich seit bald einem halben Jahrhundert mit der Elektromobilität. Bei den Olympischen Spielen 1972 in München standen dem Organisationkomitee zwei auf Elektroantrieb umgerüstete BMW 1602 zur Verfügung. Sie hatten 350 kg Batterien an Bord und einen Aktionsradius von 60 Kilometern, das reichte gerade einmal für eine Begleitfahrt am olympischen Marathon. Den BMW E1, Prototyp eines reinen City-Elektrofahrzeugs, stellte BMW 1991 an der IAA Frankfurt vor, er brachte es auf 160 Kilometer Reichweite. In den 1990er-Jahren evaluierten die Bayern mit auf Elektrobetrieb umgebauten Autos der 3er-Reihe und Versuchsfahrzeugen die Chancen der Elektromobiliät in einem Feldversuch. Den MINI E brachte die BMW Group in 600 Exemplaren als rein elektrisch betriebenes Fahrzeug 2008 auf den Markt, gefolgt von 1’000 BMW
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Piaggio Ape Solar, 2015 VHS-11988 Das ausgestellte Solarmobil entspricht in der Struktur der dreirädrigen Ape, Biene, von Piaggio, einem italienischen Fahrzeughersteller, der bekanntlich auch eine zweirädrige Wespe, Vespa, im Programm hat. Die Umrüstung in ein Solar-Tuktuk wurde vom jungen indischen Ingenieur Naveen Rabelli vorgenommen. Er reiste mit dem Fahrzeug durch 12 Länder auf zwei Kontinenten und sparte auf dieser 3’500 Kilometer langen Reise über 800 Liter Benzin. 89
ExoMars-Rover, 2016 Leihgabe der Maxon Motor AG, Sachseln Der Einsatzort des ExoMars-Rovers ist unwirtlich: Keine Luft zum Atmen, Temperaturen von bis zu minus 120 Grad Celsius und eine öde Landschaft aus Stein und Staub – der Mars. Dorthin soll der Rover im Rahmen eines Projekts der Europäischen Weltraumagentur ESA im Jahr 2020 starten1. Er ist mit über 50 Elektromotoren für Antrieb, Steuerung und besondere Funktionen wie Kamera, Bohrkopf oder Analyseeinheit ausgestattet. 1
Maxon Motor AG, Sachseln, www.maxonmotor.ch, Februar 2018.
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Kyburz DXP, 2016 VHS-12164 Das Modell DXP von Kyburz prägt das Strassenbild in der Schweiz, es ist als Zustellfahrzeug der Post «auf der letzten Meile» omnipräsent. Über 5’000 Kyburz DXP sind bei Postunternehmen in der Schweiz, in Europa und Neuseeland im Einsatz. Kyburz bietet neben Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Fahrzeugen auch deren Service und Unterhalt an. Das Schweizer Modell hat eine Nutzlast von 120 kg, mit Anhänger 270 kg, es erreicht eine Geschwindigkeit von 45 km/h, die Reichweite beträgt 30-100 Kilometer, je nach Gelände und Ladung. Der AC24V-Motor leistet rund 5 PS.
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eRod, 2017 Leihgabe der Kyburz AG, Freienstein Die Philosophie des eRod ist der Purismus. Das zweiplätzige Elektro-Sportauto ist für die Strasse zugelassen, wo es sich ziemlich kompromisslos verhält – puristisch eben, punkto Technik und Fahrverhalten. «Pure driving – auf der Rennstrecke wie auf der Passstrasse.1» Die Stats des eRod: Gewicht inklusive Batterien: 600 kg, Leistung, 61 PS, Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h, Reichweite: 183 km. 1
Kyburz AG, www.kyburz-switzerland.ch, Februar 2018.
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Maxon Bike-Drive, Modell, 2017 VHS-12219 1961 als Interelectric AG in Sachseln am Sarnersee gegründet, wurde das Unternehmen 1999 in maxon motor umbenannt. Sein Kerngeschäft ist die Entwicklung und Produktion kundenspezifischer Antriebslösungen, darunter, seit 2015, auch E-Bike-Motoren. «Das Aggregat beschleunigt von 0 auf 30 km/h in nur 3 Sekunden. 1‘000 Höhenmeter mit einer durchschnittlichen Steigung von 11% meistert ein normal trainierter Fahrer in 30 Minuten. Und das mit deutlich weniger Energieverbrauch als bei anderen eBike-Antrieben.1» Rechts ein Fatbike KHS 4 Season 500 mit dem Maxon Bike Drive. 1
maxon motor, www.maxonmotor.ch, Februar 2018.
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Microlino, 2018 «Die Knutschkugel kehrt als Elektro-Isetta zurück» titelte die deutsche WELT1 nachdem bekannt wurde, dass der Microlino in Produktion geht. «Die Isetta steht vor einem Comeback – als E-Auto. So wie das Rollermobil in den 50er-Jahren zur Massenmobilisierung beitrug, soll der Microlino nun dem elektrischen Fahren zum Durchbruch verhelfen.» Die Attribute des Microlino: Batterie 8 oder 14,4 kWh, Beschleunigung von 0 auf 50 km/h in fünf Sekunden, Reichweite 120 oder 215 Kilometer, Leistung 20 PS, Maximalgeschwindigkeit 90 km/h, Leergewicht 450 Kilogramm ohne Batterie und Fahrer, Kofferraum-Volumen 300 Liter. «Anfang 2018 werden wir mit dem Verkauf in der Schweiz und Deutschland beginnen. Weitere Länder werden noch folgen. Der anvisierte Basispreis liegt bei rund 12'000 Euro.2» Der Microlino ist ein Produkt der Micro Mobility Systems AG in Küsnacht, er wird bei Tazzari im italienischen Imola hergestellt.
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Thomas Geiger, DIE WELT, 17. März 2016. www.micro-mobility.com, FAQ, März 2018.
© Abbildung: Micro Mobility Systems AG.
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MOVE, es bewegt sich viel
von 100 Kilometern, die «ultraschnellen» (> 40 kW) 15 Minuten für dieselbe Strecke. Den Benutzerinnen und Benutzern von MOVE steht eine Handy-App zur Verfügung, um jederzeit die nächstgelegene freie Ladestation und den Weg dorthin via GPS ausmachen zu können. Die Ladestationen werden entweder mit einer Zugangskarte oder mit der «MOVE – Laden Sie Ihr Fahrzeug» genannten Handy-App aktiviert. In der Region Basel betreibt die EBM unter dem Slogan «von a nach b mit e» ein Pilotprojekt1. Das Elektroauto auf Zeit, ein BMW i3, kann über eine App reserviert, gemietet und nach erfolgter Fahrt auch abgerechnet werden. Die EBM betreibt während der Dauer der Ausstellung Unter Strom eine MOVE-Ladestation auf dem Parkplatz des Pantheon Basel.
Unter dem Namen MOVE ist derzeit eines der grössten nationalen Ladenetze für Elektrofahrzeuge am Entstehen, zertifizierter Ökostrom wird garantiert. Zu heutigen Zeitpunkt sind in der Schweiz 330 öffentliche Ladestationen verfügbar, bis ins Jahr 2020 sollen es einige Tausend werden. Mit dem Energiekonzern alpiq beteiligte sich Anfang 2018 neben der westschweizer Groupe E, der Energie Wasser Bern und der EBM (Genossenschaft Elektra Birseck), der vierte Eigentümer am Aktienkapitel der 2017 gegründeten MOVE Mobility AG mit Domizil in Granges-Paccot. MOVE bietet individuelle Ladelösungen vor Ort, zum Beispiel in der eigenen Tiefgarage an. Die Ladestationen im öffentlichen MOVE-Netz sind auf die gängigen Elektromobile ausgelegt. Die «schnellen» Stationen (< 40 kW) erfordern eine Ladezeit von 40 Minuten für eine Fahrstrecke
© Abbildung: Genossenschaft Elektra Birseck, EBM, Münchenstein.
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www.ebm.ch/move, März 2018.
Formula E, ein neues Kapitel Während im Pantheon Basel die Sonderausstellung Unter Strom zu sehen ist, messen sich am 10. Juni 2018 in Zürich die Rennfahrer der Formula E in ihren Elektroboliden. Es ist das erste Rundstreckenrennen in der Schweiz seit dem Verbot im Jahr 1955. Damals wurde der GP von Bern abgesagt, nachdem am 24-Stunden-Rennen von Le Mans bei einem fürchterlichen Unfall 84 Menschen ums Leben kamen. Die Formula E der Fédération Internationale de l’Automobile, FIA, ist seit dem Jahr 2014 auf weltweit zehn Stadtkursen unterwegs. «Unsere Vision ist es, die zukunftsträchtige Technologie der E-Mobilität einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren – im Rahmen eines unvergesslichen, glanzvollen und aufregenden Events. Wir bringen ein einmaliges Rennspektakel direkt zu den Zuschauern. Ins Herz von Zürich. Für Gross und Klein», so die Organisatorin des Zürcher Rennens Swiss E-Prix Operations AG. Für den Event wurde eine behördliche Sonderbewilligung eingeholt. Derzeit lässt das Formula-E-Reglement, es umfasst 162 Seiten1, insgesamt zehn Teams mit je zwei Piloten zu. Aus Schweizer Sicht fährt Sébastien Buemi – Formula-E-Weltmeister des Jahres 2016 – im französischen Team Renault e.dams und Edoardo Mortara im Team Venturi Formula E aus Monaco. Am Genfer Autosalon 2018 sorgte der neue Elektrobolide Gen2 der ABB FIA Formula E Championship für Aufsehen. Wenige Wochen zuvor gab ABB ihr Engagement in der Formel E bekannt. Aus der Medienmitteilung: «Der führende Technologieanbieter ABB wird Titelsponsor der neuen ABB FIA Formel E Meisterschaft – und bringt damit seine technologische Kompetenz in die erste rein elektrische FIA Motorsport-Rennserie der Welt ein.» Im Gen2 steckt eine Batterie der englischen McLaren Applied Technologies, MAT, die maximal erlaubte Motorleistung beträgt 335 PS, was Höchstgeschwindigkeiten um 280 Stundenkilometer ermöglicht. Der Rennwagen beschleunigt in 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. FIA-Präsident Jean Todt sagte bei der Enthüllung in Genf: «Die FIA Formula E Gen2 sieht wirklich wie ein Auto der Zukunft aus, und es ist ein Auto für die Zukunft. Es ist unglaublich, die Fortschritte zu sehen, die in nur vier Jahren gemacht wurden – die Reichweite des Autos zu verdoppeln und die Leistung zu erhöhen, ist eine fantastische Leistung. Mit der Unterstützung so vieler Hersteller wird die Formel E die Entwicklung der Elektrofahrzeugtechnologie weiter vorantreiben, und dieses Auto ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg2.»
www.fia.com, Formula E, Règlement sportif 2017-2018, März 2018. Jean Todt, FIA Formula E Gen2 unveiled in Geneva, technical details of next generation electric racing car confirmed, FIA-Medienmitteilung, 6. März 2018. 1 2
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Š Abbildungen auf dieser Doppelseite: www.fia.com.
Die Angst vor dem Wandel Die jüngsten Skandale zeigen, dass die Überlegenheit von Daimler, VW und Co. ein Bluff war. Ihre Angst vor dem Wandel bedroht ihre eigene Zukunft. [...] Der Wandel wird nun umso brutaler zuschlagen. Denn der Wettbewerb um die saubere Mobilität von morgen ist jetzt offen. Weltweit. Für Deutschlands Autofirmen ist das keine gute Nachricht. Eine sehr gute aber für all die Menschen, die endlich auch in den Städten eine saubere Luft atmen wollen.
Die Black Cabs mussten grün werden London, die 8,8-Millionen-Stadt, leidet unter schlechter Luft. Deswegen lässt die Verkehrsbehörde seit Januar 2018 nur noch Taxis neu zu, die mindestens 48 Kilometer am Stück ohne Abgase fahren können, also elektrisch. Der Produzent der traditionsreichen Black Cabs, die Firma LEVC aus dem englischen Coventry, entwickelte dieses Modell namens TX, um nicht aus dem wichtigsten Markt ausgesperrt zu werden. Die Batterie liefert Strom für bis zu 129 Kilometer. Bei längeren Fahrten lädt ein Benzinmotor sie wieder auf – das neue Taxi hat einen Hybridantrieb1. 1
Die ersten Londoner Taxis fahren elektrisch, Süddeutsche Zeitung, 5. Februar 2018.
Petra Pinzler, DIE ZEIT, Hamburg, 27. Juli 2017.
SCHLAGZEILEN. Statistik 2017 Von zirka 314’000 im Jahr 2017 in der Schweiz immatrikulierten Autos waren rund 200’000 Benziner. Mit 4’773 Elektroautos, das entspricht 1,5% der Gesamtzahl, wurden 45% mehr in Verkehr gesetzt als 2016. In der Schweiz waren Ende 2017 rund 4,6 Millionen Personenwagen unterwegs, davon 69’000 oder 1,5% Hybird- und 13’000 oder 0,3% reine Elektroautos1. In der Schweiz stehen 2’230 öffentliche Ladestationen zur Verfügung, das ist das dichteste Netz in Europa2.
Wissenschaftliche Sensation Paul Scherrer Institut entwickelt Akku der Zukunft Lithium-Schwefel-Akkus waren bisher für Elektroautos nicht geeignet, da sie rasch an Kapazität verloren. Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen haben nun eine Methode entwickelt, die diesen Akkus zum Durchbruch verhelfen könnten. Sie mischten Quarzpulver in die Akku-Flüssigkeit. Der Lithium-Schwefel Akku gilt unter Forschen als ein vielversprechender Kandidat für zukünftige Energiespeicher. • Vorteil: Die benötigten Materialien für diesen Akku kosten wenig, sie sind umweltfreundlich und leicht verfügbar. Der Lithium-Schwefel Akku kann theoretisch rund drei Mal so viel Energie liefern als der heute weit verbreitete Lithium-Ionen Akku. • Nachteil: In der Praxis gibt es mit dem Lithium-Schwefel Akku noch ein paar Probleme. Vor allem verliert der Lithium-SchwefelAkku bei wiederholtem Aufladen schnell an Kapazität. Heutige Prototypen schaffen bei weitem nicht so viele Ladezyklen wie herkömmliche Lithiumionen Akkus. Zudem liefern sie nur einen Bruchteil der theoretisch möglichen Energie. «Bis solche Forschung den Weg in die Industrie findet dauert es erfahrungsgemäss ein Jahrzehnt.» Petr Novak, Leiter Sektion elektrochemische Energiespeicher PSI Villigen.
Tesla nimmt weltgrösste Batterie in Betrieb Neue PR-Offensive von Tesla: Der Autokonzern hat die weltgrösste Lithium-Ionen-Batterie in Australien eingeweiht – sie soll mehr als 30’000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Batterie hat eine Leistung von 100 Megawatt und eine Kapazität von 129 Megawattstunden. Das Projekt entstand binnen weniger Monate. Tesla-Chef Elon Musk hatte im Juli 2017 angekündigt, den Batteriepark binnen 100 Tagen zu bauen. Die geschätzten Kosten für die Anlage gab Musk mit mindestens rund 42 Millionen Euro an.
SRF, Regionaljournal Aargau Solothurn, 8. Mai 2017.
Der Spiegel, 1. Dezember 2017.
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Kennzahlen alternative Antriebe Neuwagen, Bundesamt für Energie BFE, Energieetikette, www.bfe.admin.ch, Januar 2018. 2 www.lemnet.org, Januar 2018. 1
1000 km Reichweite? Die Elektrifizierung der Mobilität kommt – auf die eine oder andere Weise –, da sind sich alle einig. Und dass dies nur mittels mobiler Stromspeicher – potenten Batterien – geschehen kann, ist ebenfalls unbestritten. Aktuell hadert aber jeder namhafte Autobauer wie auch die zahlreichen Newcomer und Start-ups mit demselben Grundproblem: dass nämlich die zur Verfügung stehenden Batterien eigentlich zu schwach, zu schwer und zu teuer für einen Breiteneinsatz in einem vom Verbraucher akzeptierten praxistauglichen E-Auto sind. Pioniere wie Tesla verbauen sagenhafte 600 kg Lithium-IonenAkkus in ihre Edel-Stromer, um damit realistische 400 km weit fahren zu können, wofür dann aber auch mindestens 80 000 Franken fällig werden.
Auch bei Swatch tickt eine Superbatterie Die Swatch-Group-Tochter Belenos im basellandschaftlichen Itingen befindet sich, zusammen mit der ETH Zürich, in einer bereits rund zehnjährigen Entwicklung einer wiederaufladbaren Batterie auf der Basis von Vanadium-Pentoxid. Mit dem blaugrünen Pulver liesse sich eine Leistungssteigerung von 30 % («konservativ!») gegenüber bisherigen Technologien erreichen, bei gleichzeitig doppelter Lebensdauer sowie halber Ladezeit und die Leistung stehe bei grösserer Sicherheit der Zellen dennoch schneller zur Verfügung, was wichtig fürs Beschleunigen sei, schwärmt Swatch-Chef Nick Hayek. Belenos halte 23 Patente bei der Kathode, während die Anode und der Elektrolyt aus Standardtechnologien abgeleitet und deren Produktion zwecks Kostensenkung ausgelagert seien.
Peter Rohner, Automobil-Revue, 14. Mai 2017.
Peter Rohner, Automobil-Revue, 14. Mai 2017.
«Die Superbatterie ist noch nicht in Sicht» Professor Jens Tübke, Produktbereichsleiter «Angewandte Elektrochemie» am Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie, ICT, und Sprecher der Fraunhofer-Allianz Batterien. Fraunhofer Gesellschaft, www.fraunhofer.de, 14. Januar 2018.
Dreckiger Strom «Solange der Strom aus Kohlekraftwerken stammt, nützt der schönste e-Golf nichts.» Kolja Rudizo, Bloss keine Quote, DIE ZEIT, 16. August 2017.
Schweizer Energiestrategie 2050 Am 21. Mai 2017 hat das Schweizer Stimmvolk das revidierte Energiegesetz angenommen. Es dient dazu, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und die erneuerbaren Energien zu fördern. Zudem wird der Bau neuer Kernkraftwerke verboten. Die Schweiz kann so die Abhängigkeit von importierten fossilen Energien reduzieren und die einheimischen erneuerbaren Energien stärken. Das schafft Arbeitsplätze und Investitionen in der Schweiz. Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation, UVEK, www.uvek.admin.ch, Januar 2018.
Wie der Tesla-Boom die Energieziele torpediert Bundesrätin Leuthard fährt einen Tesla als Dienstfahrzeug. Wie ein Sprecher auf Anfrage sagt, verbrauchte ihr Elektro-Wagen 2016 exakt 9436 kWh (Kilowattstunden). 2015 waren es 9140 kWh. Ist das viel, oder ist das wenig? Um das einschätzen zu können, nimmt man am besten eine Studie über den Stromverbrauch der Privathaushalte ihres eigenen Departements, des UVEK, zur Hand. Vergleicht man die Zahlen, zeigt sich Überraschendes: Der Tesla der Umweltministerin verbraucht etwa gleich viel Strom wie zwei Einfamilienhaus- oder drei Wohnungshaushalte mit jeweils drei Bewohnern. Wie lassen sich dann die im Energiegesetz formulierten Stromsenkungsziele bis 2035 erreichen? Das Gesetz verlangt ja, dass der Stromverbrauch pro Kopf bis dahin um 13 Prozent gesenkt wird. Larina Waltersperger, Aargauer Zeitung, 13. Mai 2017.
Im Bild ... ... die Tesla Gigafactory 1, Sparks, Nevada, USA. Grundfläche: 176.000 m2, Baubeginn: 2014, Abschluss: 2020, Baukosten: 5 Milliarden US-Dollars, Arbeitsplätze: 6’500, geplante Jahresproduktion 2018: Akkus für 500’000 Fahrzeuge. «Tesla baut die grösste Fabrik der Welt», NZZ, 22. November 2014. www.tesla.com, Januar 2018.
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The making of Die Broschüren zu den vergangenen 21 Sonderausstellungen des Pantheon Basel erschienen immer einige Wochen nach Eröffnung der jeweiligen Ausstellung. Die Exponate konnten erst fotografiert werden, nachdem sie vollständig vor Ort waren. Die Zusammenarbeit mit dem Verkehrshaus der Schweiz hat es möglich gemacht, die Broschüre Unter Strom am Eröffnungstag selbst zu präsentieren, denn die Exponate waren ja zugänglich. Es brauchte einigen Aufwand, um die Fahrzeuge auf der Liste von This Oberhänsli im Verkehrshaus in Luzern und seinem Aussenlager in Rain für die Ausstellung fit zu machen und für die Aufnahmen in Szene zu setzen. Es wurde geplant, besprochen, organisiert, gemailt, geschraubt, geputzt, poliert, gepumpt, geschoben, beleuchtet, fotografiert und beschrieben. Hier einige Impressionen.
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Š Abbildungen auf dieser Doppelseite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Š Abbildungen auf dieser Doppelseite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
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Š Abbildungen auf dieser Doppelseite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
Garage Hollenstein AG garage-hollenstein.ch
Š Abbildungen auf dieser Seite: Verkehrshaus der Schweiz, Luzern.
Therwilerstrasse 2, 4147 Aesch, Tel 061 717 90 10
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ISBN 978-3-906298-07-8