Null Euro
Urbanismus
Projektdokumentation // Ein Katalog von Good Practice Beispielen
Die Arbeiten zur vorliegenden Dokumentation wurden im Rahmen eines »P4« Projekts an der HafenCity Universität Hamburg (HCU) von Oktober 2007 bis April 2008 realisiert. 2. überarbeitete Auflage.
Projektteam
Projektbetreuung HCU
BSc. Matthias Müller BSc. Jakob F. Schmid BSc. Uwe Schönherr BSc. Ferdinand Weiß
Prof. Dr. Michael Koch Dipl.-Ing. Stefan Kreutz
Inhalt Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt
// S.4
Null Euro Urbanismus Konzeptionelle Einordnung und Definition
// S.6
Null Euro Urbanismus Finanzkrise, Good Governance und Planung
// S.8
Good Practice im Null Euro Urbanismus eine Positionsbestimmung
// S.15
Null Euro Urbanismus Ein Katalog von Good Practice Beispielen
// S.16
Null Euro Urbanismus Empfehlungen für Good Practice
// S.52
Glossar Abkürzungsverzeichnis Danksagung und Impressum
// S.54 // S.58 // S.59
Unterstützung
www.null-euro-urbanismus.de
Dieser Bericht wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung des Vereins für Stadt,- Regional- und Landesplanung e.V. (SRL).
NULL EURO
URBANISMUS
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Das Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt. Dass sich Planer mit der Finanzsituation der Kommunen auseinandersetzen ist nichts Außergewöhnliches. Nach wie vor ist die Kommune ein zentraler Akteur der Stadtentwicklung und ihre Finanzsituation somit von Relevanz für den gesamten Bereich der Planung. Im planerischen Diskurs steht jedoch – wenn überhaupt die verwaltungs- und mikroökonomische Ursachenforschung im Vordergrund. Der Frage, welche Erkenntnisse aus der thematischen Auseinandersetzung für die konkrete Praxis gezogen werden können und welche Handlungsmöglichkeiten den Kommunen verbleiben, um Stadt ohne Geld zu gestalten und zu entwickeln, wird hingegen wenig Platz geboten. Dies ist Ansatzpunkt des Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekts.
Die Arbeit des Projekts startete im Mai 2007 und wurde von Oktober 2007 bis April 2008 im Rahmen eines »P4« Studienprojekts an der HafenCity Universität Hamburg realisiert. Grundmotiv für die Beschäftigung mit dem Themenkomplex »Stadtentwicklung ohne Geld« war ein großes Interesse an der Frage der zukünftigen Akteursrolle der Kommune und die damit verbundene Herausforderung, trotz finanzieller Restriktionen, nicht nur der ihr durch die Planungshoheit auferlegten, grundsätzlichen Aufgabe nachzukommen, sondern auch Planungspolitik im Sinne von aktiver Stadtentwicklung betreiben zu können. Darauf, dass diese finanziellen Restriktionen nicht nur den Charakter finanzieller Engpässe haben, sondern ein dauerhaftes strukturelles Problem darstellen, wird an anderer Stelle dieser Projektdokumentation eingegangen (→ N.E.U. - Finanzkrise, Good Governance und Planung). Weitere Motivation sich dieser Thematik anzunähern und sie im Rahmen eines Projekts zu thematisieren, waren die Arbeiten von Till Braukmann zum Thema »0,- Urbanismus«. Auf Basis dieser Arbeiten wurde die Idee entwickelt, Good Practice Beispiele, die sich als kostenneutral für die Kommune erwiesen haben oder die sich durch einen verhältnismäßig geringen Einsatz kommunaler finanzieller Mittel auszeichnen, zu identifizieren und zu sammeln. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass nahezu jede Art von Projektierung - wie auch jene die den genannten Kriterien entspricht - Kosten verursacht; im Bereich der Stadtentwicklung insbesondere. Jedoch zeigen die erwähnten Good Practice Beispiele, dass vorhandene, ungenutzte Ressourcen auf eine Weise in urbane Entwicklungsprozesse eingebracht werden können, dass sie vom Passiv- zum Aktivposten werden ohne dadurch Kosten zu verursachen. Selbstverständlich wird dabei auch oft auf Ressourcen zurückgegriffen, über die die Kommune keine Verfügungsgewalt besitzt, sondern die Haushalte oder Unternehmen aus ökonomischer oder ideeller Motivation einbringen möchten.
Auch mit dieser grundsätzlichen Frage wer welche Kosten zu tragen hat, wenn nicht die Kommune - die auch im Kontext der aktuellen Governance Diskussion zu sehen ist - hat sich das Projekt beschäftigt. In Hinblick auf den in der Überschrift erwähnten Ansatzpunkt des »Null Euro Urbanismus« Studien- und Rechercheprojekts konzentriert sich die vorliegende Dokumentation jedoch auf zwei andere Zielsetzungen: einerseits den Anstoß zu einem Wissenstransfer in Form von Anregungen, Ideen und Projektkonzepten mit der Zielgruppe kommunale Verwaltung, und andererseits die Leistung eines Beitrags zur Diskussion um ein modernes und effizientes Verwaltungshandeln. Direkt aus der Praxis Planung als Profession, die an den Schnittstellen verschiedener Gesellschafts- und Machtsphären angesiedelt ist, wird zu einem großen Teil von Akteurskoalitionen betrieben, die nicht fest sind, sondern je nach Planungsgegenstand divergieren. Verlässliche Einblicke in diese »Zweckehen« können nur von denen gegeben werden, die ein Teil von ihnen sind. In Hinblick auf den angestrebten Wissenstransfer wurde das direkte Gespräch mit den Akteuren der in dieser Dokumentation vorgestellten Good Practice Beispiele gesucht. Diese Informationen aus erster Hand helfen oft »Licht ins Dunkel« der von Außen meist verwirrenden Kooperationsarchitektur zu bringen, spiegeln gleichzeitig den Charakter der Projekte realistisch wieder und zeigen nicht zuletzt welches »know-how« vor dem Hintergrund leerer Kassen in den Kommunen entwickelt wurde.
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www.null-euro-urbanismus.de Nicht nur wissenschaftlich-journalistisches Instrumentarium, sondern integrativer Baustein der Projektarbeit ist die Internetpräsenz des Projekts, die seit Beginn des Projekts nicht nur zu (Re-)Präsentationszwecken genutzt, sondern auch als Plattform verstanden wurde, auf der Projektmitglieder Kurzmeldungen über »Null Euro verdächtige Projekte« publizieren und basierend auf weiteren Rechercheergebnissen zu einem Artikel weiterentwickeln. Auch weitere für das Themenfeld interessante Informationen mit entsprechenden Links wurden auf der Internetpräsenz im Rahmen von »blog-einträgen« veröffentlicht. Nicht nur die Projektmitglieder, sondern auch die Besucher der Internetpräsenz konnten sich an der Projektarbeit beteiligen. So wurde ein interaktives Datenblatt entwickelt, mit welchem die Besucher das Studien- und Rechercheprojekt auf »verdächtige Projekte« aufmerksam machen können. Ebenso war es den Besuchern möglich eigene Einträge bzw. Begriffe in das verlinkte »Null Euro Glossar« einzustellen. Die Integration der Internetpräsenz in die aktive Projektarbeit stellte sich als effektives Arbeitsinstrumentarium dar. Einerseits zwang die Veröffentlichung im Netz zur konsequenten Wahrung eigens definierter Informations- und Stilstandards. Andererseits hielt sie zu Kontinuität in der Projektarbeit an, da regelmäßige Aktualisierungen von Seiten der Leser erwartet werden. Die Möglichkeit, den Arbeitsprozess »in Echtzeit« zu verfolgen, war wesentlicher Grund für die vergleichsweise hohen Besuchszahlen der Homepage, auch wenn die angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten nur bedingt genutzt wurden. Die Anzahl der Besucher wird seitens der Projektinitiatoren als Bestätigung in Hinblick auf die Relevanz der Thematik und die Qualität der eingestellten Informationen gedeutet. Dies gilt ebenso für die Verlinkung seitens thematisch ähnlich gelagerter Internetplattformen. Zuvorderst hier zu nennen sind die Heinrich Böll Stiftung (www.kommunale-info.de) und das Deutsche Institut für Urbanistik (www.kommunal-web.de).
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Null Euro Urbanismus - Konzeptionelle Einordnung und Definition. Was ist Null Euro Urbanismus? Woher stammt der Begriff? Ein weiteres unspezifisches Schlagwort für den Planungsjargon oder sinnvolles Label für eine komplexe Thematik?
Plakative Titel und »Labels« haben in den Bereichen Städtebau, Stadtplanung, Stadtentwicklung und Stadtforschung seit jeher Konjunktur: Suburbia, Zwischenstadt, Micropolitics of Cities, Governance, Stadtumbau, Schrumpfende Städte, Festivalisierung u.v.m.. Die Herausbildung solcher Begrifflichkeiten lässt sich in vielen Fällen damit begründen, dass komplexe Phänomene und Prozesse in ausufernden, durch vielfältige Wechselwirkungen geprägten Themenfeldern durch Begriffe substituiert werden müssen, um sie handhabbar für fachliche Diskussionen zu machen. Diese Substitution eines Phänomens durch einen Begriff erfordert jedoch oft eine systematische Eingrenzung und Komplexitätsreduktion des Themas, die äußerst selten nach Maßgabe aller beteiligten Akteure und Experten vorgenommen werden kann. Dies ist vermutlich auch Grund dafür, dass es für viele dieser »Labels« keine eindeutige Definition gibt. Hauptmotivation für das Studien- und Rechercheprojekt, die Arbeit unter den Titel »Null Euro Urbanismus« zu stellen, war zum einen seine Plakativität, die eine potenziell erhöhte Außenwahrnehmung des Projekts und somit auch für die behandelte Thematik versprach, und zum anderen eine nach Ansicht des Projekts angemessenen Reduzierung der behandelten Thematik auf eine einfache und kommunizierbare Formel. Während der Bearbeitung stellte sich jedoch heraus, dass auch der Begriff des »Null Euro Urbanismus«, trotz seiner Plakativität, durchaus verschiedene Konnotationen haben kann. Während die einzelnen Bausteine des Begriffs hinsichtlich ihrer Thematik und Schlagrichtung für die meisten Betrachter relativ klar einzuordnen waren, ergab sich für die Bedeutung des »Null Euro Urbanismus« ein ungeahnt großer Interpretationsspielraum. Um zum einen für den Prozess einer möglichen Etablierung des Begriffs »Null Euro Urbanismus« einen positiven Beitrag zu leisten und andererseits die Suchkriterien bei der Recherche potenzieller Beispiele für die vorliegende Publikation zu spezifizieren, entwickelte das Projekt eine Definition für den »Null Euro Urbanismus«.
Rückzug, Bündnisse und Effizienz Inspiration und Ausgangspunkt des Projekts und somit auch Basis für die Begriffdefinition, sind die Arbeiten von Till Braukmann mit dem Titel »Der 0,- Urbanismus – Planung und räumliche Entwicklung in der kommunalen Finanzkrise«. Der Autor von der Universität Kassel befasst sich dort mit den Ursachen und Wirkungen der kommunalen Finanzkrise und deren Einfluss auf die Stadtplanung verbunden mit der zentralen Frage, welche Handlungsmöglichkeiten sich unter diesen Umständen für die Kommunen bzw. die kommunale Planung ergeben. Die Bandbreite dieser unter dem Druck starker Finanznöte noch verbliebenen potenziellen Handlungsmöglichkeiten, die ohne oder mit geringen kommunalen Mitteln auskommen, subsumiert er unter den Begriff »0,- Urbanismus« bzw. »Null Urbanismus«. Dabei differenziert er in abstrahierter Form drei grundlegende Richtungen des »0,- Urbanismus« - Rückzug, Bündnisse und Effizienz, zeigt Ansatzpunkte der jeweiligen Richtungen und illustriert jene anhand von Beispielen. Unter »Rückzug« versteht er das Zurückfahren bisher erbrachter Leistungen bzw. die Verschlankung des kommunalen Leistungsspektrums. Unter dem Begriff »Bündnisse« werden Maßnahmen unter Einbezug zivilgesellschaftlicher und privatwirtschaftlicher Akteure, mit der Zielsetzung Lasten auf mehrere Schultern zu verteilen, zusammengefasst. Dem Begriff der »Effizienz« ordnet er Maßnahmen und Instrumentarien zu, die noch vorhandene Mittel effizienter nutzen bzw. bessere Ergebnisse bei geringem Mitteleinsatz liefern. (vgl. Braukmann 2006:90ff.)
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Eine Differenzierung nach diesen drei Kategorien ist sinnvoll. Bei den von Braukmann vorgestellten Beispielen zeigt sich aber auch, dass eine eindeutige Einordnung des kommunalen Handelns nach diesen Kategorien in der Praxis nur bedingt möglich ist, da sich die Motive oft als Gemengelage darstellen und darüber hinaus je nach, vor allem politischen, Standpunkt verschiedene Einordnungen möglich sind, auch wenn sich in der Regel ein prägender Leitgedanke identifizieren lässt. Die Suche nach »Bündnissen« kann auch in dem Motiv eines »Rückzugs« begründet sein oder in der Bestrebung nach mehr »Effizienz« und umgekehrt.
Der damit verbundene Prägnanzverlust der Definition wurde in Hinblick auf ein größeres Betrachtungsspektrum, äußerst interessante Projekte und der Tatsache, dass auch ein nichtinvestives kommunales Engagement aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht Kosten verursacht, in Kauf genommen.
Das Recherche- und Studienprojekt »Null Euro Urbanismus« entwickelte auf Grundlage der Arbeit Braukmanns eine eigene Definition des Themenfeldes, welches auf eine Differenzierung von Zielsetzungen und Richtungen verzichtet. Das Themenfeld wurde dabei explizit auf die Felder Städtebau, Stadtplanung und Stadtentwicklung beschränkt, um den Begriff des »Urbanismus« zu rechtfertigen.
Die Begrifflichkeit des »Null Euro Urbanismus«, wie auch Braukmanns »0,- Urbanismus«, enthalten keine qualitativen Aussagen über die planerische Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit der ihr zugeordneten Projekte, Pläne und Maßnahmen. In Hinblick auf das Projektziel eines sinnvollen und praxisrelevanten Wissenstransfers erarbeitete das Projekt eine Definition von Good Practice im »Null Euro Urbanismus« (→ Good Practice im Null Euro Urbanismus – eine Positionsbestimmung). Die oben genannte Definition stellt somit eine wissenschaftliche Eingrenzung der Thematik dar, wohingegen die Formulierung von Kriterien der Good Practice als inhaltlicher Standpunkt des Studien- und Rechercheprojekts in diesem Themenfeld zu verstehen ist.
Definition des Null Euro Urbanismus
Quellen
Unter »Null Euro Urbanismus« werden in der vorliegenden Publikation Projekte, Pläne und Maßnahmen aus den Feldern Städtebau, Stadtplanung und Stadtentwicklung verstanden, die sich als kostenneutral für die Kommune erwiesen haben oder die sich durch einen verhältnismäßig geringen Einsatz kommunaler finanzieller Mittel auszeichnen. Die Projekte, Pläne und Maßnahmen können dabei vornehmlich oder sowohl als auch baulicher, administrativer und marktwirtschaftlicher Natur sein.
BRAUKMANN, Till (2006): Der 0,- Urbanismus. Planung und räumliche Entwicklung in der kommunalen Finanzkrise. Diplomarbeit. Kassel. (Eigenverlag).
Diese Definition erwies sich im Laufe der Projektarbeit als handhabbares und robustes Instrumentarium bei der Abgrenzung der Thematik und der Recherche sowie der Auswahl der Beispiele. Durch die Einschränkung des Kriteriums der Kostenneutralität, die auch von Braukmann vorgenommen wird, gelangen auch Projekte in den Betrachtungsspektrum, die bei »verhältnismäßig« geringem Mitteleinsatz eine äußerst günstige Kosten-Nutzen Relation vorweisen können.
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Null Euro Urbanismus – Finanzkrise, Good Governance und Planung. Stadtplanung und Stadtentwicklung befinden sich seit jeher im Spannungsfeld sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Interessen und Notwendigkeiten. Genau wie ihr Aktionsfeld – die Stadt – ist und war die Planung einem stetigen Wandel unterzogen, der auch in Zukunft immer neue Strategien und Lösungsansätze erforderlich macht.
Der Titel der vorliegenden Publikation bedarf aufgrund seiner Plakativität in diesem Kontext vermutlich keiner großen Erläuterung: Stadtentwicklung ohne oder mit wenig Geld ist seit Mitte der 1980er Jahre ein großes, wenn nicht permanentes Thema in vielen Kommunen. Und dies ist mitnichten ausschließlich nur in Ostdeutschland oder den deindustrialisierten Regionen im Westen der Republik der Fall. Begrifflichkeiten wie kommunale Finanzkrise oder Haushaltssperre sind nicht nur im gesellschaftspolitischen Diskurs viel zitiert, sondern oft in der eigenen Stadt gesammelte Erfahrungswerte. In weiten Teilen der Planungsliteratur ist die Finanzlage der Kommunen, trotz der offensichtlich zentralen Bedeutung dieser Thematik, oft eine große Unbekannte: ein faktischer äußerer Umstand, dessen Ursachen und Wirkungen scheinbar hinlänglich bekannt sind und deshalb keiner weiteren Erläuterung bedürfen, und der darüber hinaus dem weitläufigen Feld der Planung nicht wirklich zuzurechnen ist. Soviel zur Theorie. Die Praxis hingegen musste und muss sich dieser alles tangierenden Thematik in der alltäglichen Arbeit pragmatisch annähern: Was kann man mit wenig Geld erreichen? Wie entwickelt und qualifiziert man Quartiere und Stadtviertel trotz leerer Kassen? Nicht zuletzt diese, unter solchen Fragestellungen gesammelten, Erfahrungswerte haben durch ihre Rückkoppelung einen nicht unerheblichen Einfluss auf die derzeit laufende Diskussion über die Rolle und Leistungsfähigkeit eines modernen Planungssystems. Begriffe wie »Good Urban Governance« als konzeptionelle Ansätze eines neuen Staatsverständnisses sind nicht nur Gedankenkonstrukte einer modernen, auf Partnerschaften mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft bauenden Kommune, sondern bereits an einigen Orten praktizierte Notwendigkeit. Der »Null Euro Urbanismus« ist in diesem Kontext somit nicht als eine umfassende neue Planungsphilosophie oder -strategie zu verstehen, sondern eher Produkt der Praxis, die es in der vorliegenden Publikation zu dokumentieren gilt, um einerseits einen Beitrag zur Diskussion um ein modernes und
effizientes Verwaltungshandeln zu leisten und andererseits einen Wissenstransfer in Form von Anregungen und Ideen an Andere, in diesem spannenden Feld tätige Professionen, weiterzugeben. Kommunale Finanzkrise Am 25.5.2007 verabschiedete der Deutsche Bundestag die Unternehmenssteuerreform, die den Kommunen die Gewerbesteuer, als eine der wichtigsten Einnahmequellen, auch weiterhin zusichert. »Ein guter Tag für die deutschen Städte« (DST 2007a:25.5.2007) kommentierte der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, die Entscheidung. Bereits im Jahr zuvor verzeichneten die deutschen Kommunen erstmals wieder einen positiven Finanzierungssaldo. Ob damit nun die vielzitierte kommunale Finanzkrise überwunden werden kann, ist bei näherer Betrachtung anzuzweifeln. Die Steigerung der stark konjunkturabhängigen Gewerbesteuereinnahmen um bundesweit 19,4% im Jahr 2006 beispielsweise stellt sich in den einzelnen Städten und Gemeinden völlig unterschiedlich dar und auch in 2006 blieben viele Verwaltungshaushalte, die lediglich die laufenden Sachund Personalausgaben umfassen, vieler Städte hochgradig defizitär. So summierten sich die Fehlbeträge der Verwaltungshaushalte für die Kommunen im Deutschen Städtetag auch 2006 auf 9,2 Mrd. Euro. (vgl. DST 2007b:7) Der Gesamtfinanzierungssaldo der Kommunalhaushalte hingegen wies mit 2,94 Mrd. 2006 wieder einen positiven Wert auf, während 2005 noch ein Defizit von 2,3 Mrd. Euro vermeldet werden musste. Ein großer Beitrag zum positiven Saldo waren die Einnahmen in Höhe von ca. 1 Mrd. Euro der Stadt Dresden aus dem Verkauf ihrer Wohnungsbestände (vgl. ebd.: 14). Weitere Ursachen waren vor allem der zunächst unerwartete Anstieg der Steuereinnahmen sowie ein Anstieg der Gesamtausgaben von lediglich 1,5%, der zu einem großen Teil auf
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Defizite der unmittelbaren Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetags * Ohne Angaben von Städten, die ab 2006 nur noch doppisch buchen
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[1] Defizite der kommunalen Verwaltungshaushalte in Mrd. Euro
die Entwicklung der Ausgaben für soziale Leistungen von 3,3% zurückzuführen ist und zu einem nicht unwesentlichen Teil durch Personalabbau, der sich in der Reduzierung der Personalausgaben von 0,9% niederschlug, realisiert werden konnte. Für 2007 wird seitens des »Deutschen Städtetags« ein deutlicherer Anstieg der Gesamtausgaben um 2,8% prognostiziert. (vgl. ebd.:6ff) Für die primär relevanten Kennziffern in den Bereichen Stadtplanung, Stadtentwicklung und Städtebau waren für 2006 leicht positive Entwicklungen festzustellen: die Ausgaben für Sachinvestitionen erhöhten sich um 2,4%. Auch für 2007 ließ der prognostizierte Anstieg der Gesamtausgaben auf einen Anstieg der Sachinvestitionen schließen. Für den Bereich Baumaßnahmen zeichnete sich eine Steigerung von 7,7% ab, die jedoch nach damaliger Voraussicht durch die Preisentwicklungen in der Baubranche aufgezehrt wurden. (vgl. ebd.:19, 23) In Hinblick auf die »kommunale Finanzkrise« und deren Einfluss auf die Handlungsmöglichkeiten kommunaler Planung sollten diese leicht positiven Trends nicht überbewertet werden. Der positiven Entwicklung der jährlichen Neudefizite der kommunalen Verwaltungshaushalte seit 2003 stehen weiterhin steigende Altfehlbeträge gegenüber: 2006 stieg die Summe der Altdefizite der Mitgliedskommunen des »Deutschen Städtetags« um weitere 100 Mio. auf insgesamt 7,5 Mrd. Euro. Auch 2006 waren folglich viele Städte gezwungen, ihre laufenden Kosten dauerhaft mit Kassenkrediten, die lediglich zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsprobleme dienen sollen, zu finanzieren. Laut Gemeindefinanzbericht (vgl. 2007:26) waren Kommunen mit einem Fehlbetrag von 30-50% im Verwaltungshaushalt keine Seltenheit. »Bei vielen dieser Städte, sind die Deckungslücken so gewaltig, dass die Lösung ihrer Finanzprobleme selbst dann noch lange nicht in Sicht ist, wenn sich die gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die positive Steuereinnahmenentwicklung noch über mehrere Jahre fortsetzen sollte.« (vgl. ebd.:26)
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[2] Kommunalverschuldung in Mrd. Euro
Das gesamte Ausmaß der Finanzsituation der Städte zeigt sich bei der Betrachtung der gesamten Kommunalverschuldung. Neben den stark angestiegenen Kassenkrediten zur Deckung laufender Kosten - die nun mehr fast ein Viertel der gesamten Kommunalverschuldung ausmachen und sich auf ca. 28,8 Mrd. belaufen – stehen weiterhin die mittel- bis langfristigen Kreditmarktschulden aus, die 2006 lediglich um 1,9 Mrd. abgebaut werden konnten. (vgl. ebd.:27) Festzuhalten ist somit, dass, auch vor dem Hintergrund der sich allgemein verbessernden konjunkturellen Situation, die maßgeblich für die Einnahmesteigerungen der Kommunen ist, die Finanzlage vieler Kommunen auch in Zukunft die betroffenen Städte nicht nur zum sparsamen Haushalten, sondern in vielen Fällen auch, entsprechend der Prioritätensetzung der jeweiligen Kommune, zu einer Beschränkung auf die grundsätzlichen und notwendigsten Aufgaben des Städtebaus, der Stadtplanung und Stadtentwicklung zwingen wird. Dem gegenüber steht jedoch auch die Erkenntnis, dass eine aktive, investive Stadtentwicklung als Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit eines Standorts angesehen werden muss. Den für die Haushaltslage einer Kommune äußerst wichtigen Faktoren wie Arbeitslosenquote, Beschäftigungsdichte und Bevölkerungsentwicklung kann und muss auch auf der planerischen Ebene begegnet werden. Dieser Einsicht folgend haben einige Kommunen »mittlerweile reichlich Erfahrungen mit Planung ohne oder mit wenig finanziellen Mitteln gesammelt und gehen in der Regel ziemlich souverän und pragmatisch damit um. Was bleibt ihnen auch anderes übrig? Sie haben in vielen Fällen keine andere Wahl, wenn sie überhaupt etwas bewegen wollen. Ohne Kooperationen oder aufwändige Strategien ist das kaum noch möglich«(Braukmann 2006:2).
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Null Euro Urbanismus im Kontext von Governance und Urban Management Die Idee des »Null Euro Urbanismus« singulär im Lichte der kommunalen Finanzen zu betrachten, greift zu kurz. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die meisten Entwicklungen im Bereich der Planungstheorie und -praxis seit Beginn der 1990er Jahre, wie beispielsweise der postulierte »Paradigmenwandel bei der Planungshoheit« (Kyrein 2005:1), nicht zuletzt auf die Finanznot der Kommunen zurückzuführen ist. Dies ist auch bei der seit langem laufenden Diskussion um die Aufgaben eines modernen, kooperativen und effizienten Verwaltungswesens im Bereich Städtebau, Stadtplanung und Stadtentwicklung unzweifelhaft der Fall. Der Wandel, der sich zurzeit vor allem inspiriert von den Leitbildern des »New Public Management« bzw. »Good Urban Governance«, die als Gegenkonzept eines hierarchisch-hoheitlichen Regierungshandelns im Sinne von »Government« zu verstehen sind (vgl. Kilper 2007:2), vollzieht, hat sich bereits in der städtischen Praxis manifestiert. »Good (Urban) Governance«, definiert als »eine Generation von Staats- und Verwaltungsreformen, die das wirksame, transparente und partnerschaftsorientierte Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur innovativen Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und zur Schaffung von zukunftweisenden und nachhaltigen Entwicklungsmöglichkeiten und -chancen für alle Beteiligten zum Ziel haben« (Löffler 2001:212), ist dabei nicht nur Etikett, sondern auch Programm. Das deutsche Städtebaurecht eröffnet bereits seit längerem in Form des städtebaulichen Vertrags nach §12 BauGB, des Vorhaben- und Erschließungsplans nach §13 BauGB und des Erschließungsvertrages nach §124 BauGB Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten für Kooperationen zwischen Kommunen und privaten Investoren im Sinne dieses Staatsverständnisses. »Public Private Partnership« Modelle zur (Mit-) Finanzierung des Unterhalts kommunaler Liegenschaften oder im Rahmen der Entwicklung neuer Projekte gehören teilweise
bereits zu den etablierten Finanzierungs- und Planungsinstrumentarien der Kommunen. Auch wenn fallbezogen der innovative Charakter und die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit solcher öffentlich-privat(wirtschaftlich)er Kooperationen in Frage zu stellen sind. Eine weitere Dimension partnerschaftsorientierter Zusammenarbeit von Kommune, Wirtschaft und Stadtgesellschaft hat dieses Instrumentarium im Zuge der Novellierung des Baugesetzbuches im Jahr 2006 erhalten. Der Paragraph 171 f BauGB »Private Initiativen zur Stadtentwicklung« ermöglicht es den Kommunen, nach Maßgabe landesrechtlicher Regelungen, private Initiativen, wie z.B. »Business Improvement Districts« und Immobilien- und Standortgemeinschaften, den stadtentwicklungspolitischen Zielen entsprechend zu fördern und zu institutionalisieren. Der Zusammenarbeit städtischer Akteure im Sinne eines »Good Urban Governance« wie auch der Einbindung Privater in die Finanzierung von Stadtentwicklungsprojekten werden hiermit neue Möglichkeiten eröffnet. Diese neuen Möglichkeiten sind angesichts eines verschärften, teilweise auch global ausgetragenen Wettbewerbs zwischen den Städten wichtig und notwendig. Auf neue Herausforderungen und Aufgaben müssen die Kommunen reagieren, um bestehen zu können. Wer angesichts dieses Wettbewerbs lediglich auf seine prekäre Haushaltslage verweist, ist schlecht beraten. Eine stetige Optimierung stadtentwicklungspolitischer Strategien, Instrumentarien und Vorgehensweisen ist daher bei engen finanziellen Spielräumen gefragt. Dieser Aspekt impliziert bereits das Prozesshafte. Ein neues Staatsverständnis im Sinne eines »Good Urban Governance« verschiebt die Tätigkeitsschwerpunkte kommunaler Planungspraxis vor allem in Städten und Gemeinden mit prekärer Haushaltslage. Neben dem »Pläne machen« gewinnen Organisation, Koordination und Kommunikation von Prozessen und Projekten insbesondere dann
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an Bedeutung, wenn die finanziellen Ressourcen einen »Alleingang« seitens der Stadt nicht möglich machen und sich somit die Frage eines möglichen Engagements privatwirtschaftlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure stellt (vgl. Sinning 2007:8). Auch wenn dies nicht die alleinige Motivation für eine partizipative Planung sein sollte. In diesem Zusammenhang kommt dem »Management« Begriff sowohl in der Literatur als auch in der Praxis eine zentrale Rolle zu: »Urban Management« als Schnittstelle zwischen Kommune, Wirtschaft und Zivilgesellschaft (vgl. ebd.:30). Einige in der vorliegenden Publikation vorgestellte Good Practice Beispiele des »Null Euro Urbanismus« zeichnen sich insbesondere durch solch ein ressortübergreifendes, oft projektbezogenes Schnittstellenmanagement aus (→ z.B. 48-Stunden-Service). Um Wirtschaft und Zivilgesellschaft als »Koproduzenten von Stadt« (vgl. ebd:16) zu gewinnen, bedarf es bei den Kommunen Organisationseinheiten und Ansprechpartner, die ressortübergreifend vernetzt sind und notwendige Kompetenzen vereinen, um als kommunaler Projektpartner handlungs- und ko- operationsfähig zu sein. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Großteil der Kooperationen zwischen Kommune, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, wie auch die hier vorgestellten »Null Euro Urbanismus« Beispiele, konkrete Einzelprojekte mit klarem Zeithorizont darstellen, ist dies von größter Bedeutung. Planung durch Projekte Die angedeuteten Anforderungen an einen kommunalen Projektpartner sind mit großen Herausforderungen für das Verständnis, die Verfahren und vor allem für die Organisationsformen öffentlicher Planung verbunden (vgl. Krüger 2007:341). Der Trend zur »Planung durch Projekte« und damit verbunden der Wandel des öffentlichen Planungsverständnisses hin zu einem Stadtmanagement oder »Urban Management« muss in Einklang mit dem Anspruch einer dem Gemeinwohl dienenden Planung gebracht werden. Transparenz, frühzeitige öffentliche Information und formale Legitimation erfordern gewisse Arbeits- und Entscheidungsprozesse, die auch im Rahmen
eines wie auch immer gearteten Projekts gewährleistet sein müssen, auch wenn dies nicht immer leicht mit den eher informellen und phasenweise auf Vertrauensschutz angewiesenen Projektentwicklungsprozessen in der Privatwirtschaft vereinbar ist. Diese Prämissen werden aber allzu oft, insbesondere bei Projekten mit wesentlichem ökonomischem Gewicht und daraus resultierendem hohen Handlungsdruck für die Kommune, missachtet und führen nicht selten zu - auch ökonomisch - unerwünschten Ergebnissen (vgl. Buchmüller, Keller, Koch et. al. 2000:57). Die langfristige, gesamtgesellschaftliche Kosten-Nutzen-Bewertung muss als zentrale Maßgabe öffentlicher Entscheidungsfindung transparent sein. Dennoch können mit Hilfe von in der Verwaltung angesiedelter Projektgruppen die unbestreitbaren Potenziale einer »Planung durch Projekte« genutzt werden, indem sie im direkten Kontakt zu Trägern stehen, als Schnittstelle der einzelnen Ressorts kommunale Interessen entwickeln, artikulieren und Entscheidungen vorbereiten. Auch die direkte Zusammenarbeit öffentlicher und privater Akteure in einer Projektgruppe kann im Hinblick auf die komplexen Interessenlagen sinnvoll sein. »Dabei sind gute und innovative Lösungen vor allem dann zu erwarten, wenn für die Projektgruppe gewisse Freiheitsgrade jenseits der eingefahrenen fachlichen, hierarchischen und institutionellen Zuordnung bestehen« (Krüger 2007:341). Fallbezogen muss hier folglich eine Abwägung stattfinden, inwiefern diese Organisationseinheiten ressortübergreifend und interhierarchisch operieren können, um ein Optimum an kommunaler Interessensvertretung sicherzustellen. Gelungene Beispiele hierfür finden sich auch in der vorliegenden Dokumentation (→ z.B. Neuland).
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Open Source Urbanismus Doch die von der Kommune beeinflussbaren Rahmenbedingungen für ein Engagement seitens der Wirtschaft und Zivilgesellschaft gehen über ein gut institutionalisiertes Projektmanagement hinaus. Für Private Public Partnerships bedarf es in der Regel eines wirtschaftlichen Anreizes und auch ein bürgerschaftliches Engagement kommt nicht ohne engagierte Bürger zu Stande (vgl. Braukmann 2006:4). In Bezug auf öffentlichprivatwirtschaftliche Kooperationen hat sich dieser Sachverhalt mancherorts nahezu räumlich in Form eines »Inselurbanismus« (studio urban catalyst 2007:85) manifestiert. Je eher zu entwickelnde Stadtareale seitens des privatwirtschaftlichen Kooperationspartners als wirtschaftlich interessant eingeschätzt wurden, desto eher konnte die Kommune die Zusammenarbeit auch mit ambitionierten stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen verknüpfen. An Standorten, die unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten kurz- bis mittelfristig weniger attraktiv erscheinen, sind größer dimensionierte Public Private Partnerships mit einem realen Mehrwert für die Stadtgesellschaft schwer zu realisieren. Doch auch bei schwieriger Haushaltslage können Kommunen ihren Teil dazu beitragen, um in diesen ökonomisch vernachlässigten Stadträumen Entwicklungen zu initiieren und somit das städtische Umfeld zu sichern und zu qualifizieren. Die viel zitierte Aktivierung der Bevölkerung stellt hierbei zweifelsfrei ein wichtiges Potenzial dar. Motivation kann dabei allerdings nicht sein, die Bevölkerung lediglich als kostengünstige Arbeitskräfte oder gar Ersatzgeldgeber in die Prozesse zu integrieren, sondern sie als Partner für die Gestaltung der Zukunft zu verstehen. Das volle Potenzial solch einer Aktivierung der Zivilgesellschaft kann nur ausgeschöpft werden, wenn ihr mit einem teils neuen kommunalen Rollenverständnis entgegengekommen wird. Die Stadt als »Ermöglicher«, die versucht die verschiedensten Akteure zu aktivieren, indem sie selbst Freiräume und Freiheiten schafft: »analog zum Open-Source-Prinzip bei der Programmierung von ComputerSoftware, deren Erfolgsformel ›offene Quellen = viele Ideen‹
lautet, kann auch Stadtentwicklung von diesem Grundgedanken profitieren, wenn sie ein breites Spektrum gesellschaftlicher Initiativen in das Entstehen von Stadt involviert, wenn Bürger nicht nur Pläne einsehen, sondern Stadtraum selbst gestalten können« (studio urban catalyst 2007:86). Dieser im Kontext der auch in dieser Publikation vertretenen Thematik der »Zwischennutzung« (→ z.B. nt Areal) formulierte Gedankengang lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen. In der Planungspraxis wird bereits versucht, diese Mechanismen seitens der Verwaltung für stadtentwicklungspolitische Zielsetzungen zu nutzen. Zu nennen sind hier zuvorderst die Projekte im Bereich Zwischennutzung, mit denen insbesondere in ostdeutschen Großstadtregionen seit Jahren Erfahrungen gesammelt werden, wie auch die viel diskutierte Rolle der Kultur als »Motor der Stadtentwicklung« (→ z.B. Heikonaut), auf die unter anderem als Leitthema des Eröffnungsjahres der Internationalen Bauausstellung 2013 in Hamburg-Wilhelmsburg, gesetzt wurde. Die Kommune als staatliche Institution Dem »Null Euro Urbanismus« ist jedoch mitnichten zwangsweise die Schaffung temporärer kommunaler Organisationsformen immanent, noch zeichnen sich die hier vorgestellten Good Practice Beispiele allesamt durch ein teils abstraktes »Open-Source-Prinzip« aus. Dies würde zum einen dem »Governance«-Ansatz widersprechen und zum anderen der Leistungsfähigkeit, hohen Effizienz und auch Innovationsfreude vieler städtischer Verwaltungen nicht gerecht werden. Bei einigen der hier vorgestellten »Null Euro Urbanismus« Beispiele konnte die Kommune ihren Beitrag, basierend auf ihrer ureigensten Zuständigkeit, durch einen intelligenten Einsatz ihrer staatlichen Hoheitsfunktion leisten (→ z.B. 22@ Barcelona). Einige Beispiele in diesem Katalog können auch als Bestätigung für die im stadtentwicklungspolitischen Diskurs zuweilen postulierten Formel »weniger ist mehr« heran-
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gezogen werden. Die »Micropolitics of Space« (Talking Cities 2006:44) - die planerische Intervention durch kleine Maßnahmen, um kleine Verbesserungen zu generieren - ist dabei die schillernde Bezeichnung für die handfeste Herausforderung der kommunalen Planung angesichts ökonomischer Zwänge »Standards der Bescheidenheit« (Oswalt 2001:6) zu definieren und insbesondere durch kleine Maßnahmen bzw. ein »Weniger« einen Mehrwert für die Stadtgesellschaft und deren Lebensqualität zu leisten. Pragmatismus und Innovationsfreude Wie am Anfang dieses Artikels bereits ausgeführt wurde, ist der »Null Euro Urbanismus« weder als neue Planungsphilosophie zu verstehen noch teilen die vorgestellten Projekte eine gemeinsame Planungsstrategie. Dies liegt in der Unterschiedlichkeit der Projekte und ihrer Rahmenbedingungen, die solch einen theoretischen Überbau sehr spekulativ erscheinen lassen. Im Umkehrschluss taugen deshalb die vorgestellten Good Practice Beispiele in ihrer Gesamtheit auch nicht als Erfolgsbeispiele für ein, wie auch immer geartetes, scheinbar zeitgemäßes liberales Staatsverständnis. Das Element, das die Beispiele zusammenhält, ist weniger die Erkenntnis »es geht auch ohne«, sondern, dass besondere Situationen zuweilen handfeste, solide und manchmal auch kreative Lösungen erfordern. Was die Good Practice Beispiele somit verbindet, ist, neben der finanziellen Charakteristik, vor allem der Pragmatismus (vgl. Braukmann 2006:236), und die Innovationsfreude der beteiligten Akteure. In Bezug auf diese Eigenschaften ist vor allem die kommunale Verwaltung gefragt, ohne dass sich die genannten »Charaktereigenschaften« zwangsweise in neugebildeten Institutionen oder Projektgruppen äußern müssen.
Quellen BRAUKMANN, Till (2006): Der 0,- Urbanismus. Planung und räumliche Entwicklung in der kommunalen Finanzkrise. Broschüre. Kassel. (Eigenverlag). BUCHMÜLLER, Lydia; KELLER, Donald A .; KOCH, Michael; SCHUMACHER, Fritz; SELLE, Klaus (2000): Planen Projekte Stadt? - Weitere Verständigungen über den Wandel in der Planung In: DISP, Jg.35. H.141, S.55-59. Zürich. (Eigenverlag). DEUTSCHER STÄDTETAG (DST) (2007a): Presseecke Berlin, 06. Juli 2007 http://www.staedtetag.de/10/presseecke/pressedienst/ artikel/2007/05/25/00467/index.html. (Zugriff // 25.5.2007). DEUTSCHER STÄDTETAG (DST) (2007b): Der Städtetag 05/2007. Gemeindefinanzbericht 2007: Aufschwung der Gemeindesteuern - aber nicht für alle. Köln. (Carl Heymanns Verlag). KILPER, Heiderose (2007): Raumbezogene governance. In: IRS aktuell. (Hrsg.) LeibnitzInstitut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS). No, 57, S.1-3. Erkner. (Eigenverlag). KYREIN, Rolf (2005): Paradigmenwandel in der Stadt- Standort – und Projektentwicklung: Lehren für die Zukunft. Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (Hrsg.). Berlin. (Eigenverlag).
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
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KRÜGER, Thomas (2007): Planung durch Projekte – Projektentwicklung als Element des Stadtmanagements. In: Sinning, Heidi (Hrsg.). Stadtmanagement : Strategien zur Modernisierung der Stadt(-Region). Dortmund. (Rohn Verlag). LÖFFLER, Elke (2001): Governance - die neue Generation von Staats- und Verwaltungsmodernisierungen. In: Verwaltung und Management. H. 4/2001, S.212-215. Baden-Baden. (Nomos Verlagsgesellschaft). OSWALT, Philipp (2001): Weniger ist mehr: Experimenteller Stadtumbau in Ostdeutschland. Studie der Stiftung Bauhaus Dessau. Stiftung Bauhaus Dessau (Hrsg.) http:// www.bauhaus-dessau.de/images/ body/weniger_texte.pdf. (Zugriff // 01.02.2008). SINNING, Heidi (2004): Stadtmanagement – Ein Beitrag zur Modernisierung der Stadt(-Region). In: Raumplanung, H.117, S. 239-244. Dortmund. Informationskreis für Raumplanung (Hrsg.).
STUDIO URBAN CATALYST (2007): Open-Source Urbanismus – Vom Inselurbanismus zur Urbanität der Zwischenräume. In: archplus, H.183, S.82-91. Aachen. (ARCH+ Verlag). TALKING CITIES (2006): The Micropolitics of Urban Space/ Die Mikropolitik des urbanen Raums. Katalog zur Ausstellung ENTRY 2006, Francesca Ferguson (Hrsg.), Basel. (Birkhäuser). Abbildungen [1] DEUTSCHER STÄDTETAG (DST): Der Städtetag 05/2007. Gemeindefinanzbericht 2007: Aufschwung der Gemeindesteuern - aber nicht für alle. S.6. Köln. (Carl Heymanns Verlag). [2] DEUTSCHER STÄDTETAG (DST) (2007b): Der Städtetag 05/2007. Gemeindefinanzbericht 2007: Aufschwung der Gemeindesteuern - aber nicht für alle. S.7. Köln. (Carl Heymanns Verlag).
SINNING, Heidi (Hrsg.) (2007): Stadtmanagement : Strategien zur Modernisierung der Stadt(-Region). Dortmund. (Rohn Verlag).
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
Good Practice im Null Euro Urbanismus – eine Positionsbestimmung. Der Begriff des Null Euro Urbanismus ist wertfrei. Der Titel der vorliegenden Arbeit erfordert jedoch eine Spezifizierung der Qualität von Beispielen aus der Praxis. Deshalb muss eine Bewertung der Projekte erfolgen, die klare Positionen, Normen und Kriterien verlangt.
Eines der Hauptmotive für das Studien- und Rechercheprojekt, sich mit dem Phänomen des »Null Euro Urbanismus« auseinanderzusetzen, war die Chance »gute« Projekte und Planungen aus der Praxis - die ohne größere kommunale Investitionen umgesetzt werden konnten - zu dokumentieren und somit angesichts der schwierigen Haushaltslage vieler Kommunen zu einem Wissenstransfer beizutragen. Dies erforderte das Aufstellen von qualitativen Kriterien - Kriterien die »gut« und »weniger gut« definieren oder zumindest Hilfestellung bei der qualitativen Bewertung potenzieller Beispielen geben. In Anbetracht der Tatsache, dass sich »Planung« immer mit der zentralen Frage »wie wollen wir leben« auseinandersetzt, handelt es sich bei Planungsprozessen immer auch um immanent politische Prozesse. Somit hat die Formulierung von qualitativen Kriterien in diesem weiten Bereich, ungeachtet seiner jeweiligen wissenschaftlichen Fundierung, immer auch den Charakter einer (politischen) Positionsbestimmung. Dieser Tatsache bewusst hat das Projekt eine Definition von Good Practice im »Null Euro Urbanismus« erarbeitet. Der Grund hierfür ist nicht in dem Anspruch zu suchen, eine allgemeingültige Formel aufzustellen, sondern ist auf zwei grundlegende Prämissen zurückzuführen:
Das Studien- und Rechercheprojekt vertritt den Standpunkt, dass die Kommune wesentlicher Garant für eine erfolgreiche und alle Belange berücksichtigende Projektumsetzung, Projektgestaltung oder Verfahrensweise in der Praxis ist und dies auch in Zukunft sein kann. Definition: Good Practice Unter Good Practice im Kontext des »Null Euro Urbanismus« wird eine praktisch erfolgreiche Projektumsetzung, Projektgestaltung oder Verfahrensweise verstanden, die anerkannte Standards beachtet, die einen Beitrag zur Entwicklung eines Ortes in temporärer oder dauerhafter Weise leistet, an deren Initiierung, Ermöglichung und/oder Umsetzung die Kommune wesentlich beteiligt ist, die eine win-win-Situation für alle beteiligten Akteure darstellt und die auf genereller Ebene einen Mehrwert für die Stadtgesellschaft in ihrer Gesamtheit generiert. Diese Definition beinhaltet auch die erforderliche Möglichkeit einer Abwägung verschiedener und auch gegensätzlicher Belange zueinander, wie sie bei allen stadtentwicklungspolitischen Prozessen erforderlich ist.
In Hinblick auf die behandelte Thematik wurde die »kommunale Verwaltung« als primäre Zielgruppe für die vorliegende Dokumentation ausgemacht. Somit waren für Auswahl der Beispiele Kriterien zu formulieren, die von besonderer Bedeutung für den Akteur Kommune sind.
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
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Null Euro Urbanismus - Ein Katalog von Good Practice Beispielen. Mundgerecht und leicht verdaulich, trotzdem präzise und informativ: der Null Euro Urbanismus Katalog zeigt wie Kommunen ohne große Investitionen aktive Stadtentwicklung betreiben können.
Welche Funktionen erfüllt der Katalog?
An welche Zielgruppe richtet sich der Katalog?
Primäre Funktion des Katalogs ist die Herstellung eines Wissenstransfers, der sowohl zwischen Planungstheorie und -praxis als auch zwischen Planungsvertretern unterschiedlicher Kommunen angeregt werden soll. Die Verbindung zwischen Theorie und Praxis leisten die Beispiele dadurch, dass sie pragmatische Ansätze darstellen, die sich in einem theoretischen Rahmen befinden bzw. diesen beeinflussen (→ N.E.U. - Konzeptionelle Einordnung und Definition).
Gemäß der Ausrichtung dieses Studien- und Rechercheprojekts stellen Beamte und Angestellte der öffentlichen Planungsverwaltung die vornehmliche Zielgruppe dar. Aufgrund ihrer Fachkompetenz und ihrer Verantwortungsposition scheinen sie die ersten Adressaten zur Umsetzung der Good Practice Beispiele zu sein, da eine Orientierung am Gemeinwohl und die Gewährleistung einer demokratischen Legitimierung am ehesten durch die kommunale Verwaltung gesichert werden kann. Dies soll jedoch nicht heißen, dass der Katalog nicht auch für andere Planungsakteure interessant wäre, doch offenbart die Definitionsbedingung einer weitestgehenden Kostenneutralität für die kommunalen Haushalte vor allem Vorteile für die kommunale Verwaltung. Da aber ein klassisches hoheitliches Vorgehen der Kommune in den wenigsten der skizzierten Good Practice Beispielen gegeben ist und somit Abstimmungsbedarf mit privatwirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren herrscht, sollen auch letztere Akteure durchaus zum Lesen des Kataloges ermuntert werden.
Den vertikalen Wissenstransfer gewährleisten die geschilderten Good Practice Beispiele, indem sie als Vorbilder motivierend und stimulierend für kommunale Planungsvertreter wirken, um ähnliche Initiativen und Bestrebungen zu unterstützen oder bei ähnlichen Rahmenbedingungen eine Umsetzung zu fördern. Sie verdeutlichen, dass innovative Stadtentwicklungsmaßnahmen möglich sind und dass sich der Realisierungsaufwand aufgrund ihrer Qualität lohnt. Die Tatsache, dass dieser Realisierungsaufwand mitunter hoch ausfällt, wird im Katalog dadurch deutlich, dass die Projektbeispiele detailliert in ihrem Entwicklungsprozess dargestellt werden sowie Möglichkeiten und Hindernisse aufgezeigt werden. Somit besteht eine weitere wichtige Funktion des Katalogs in der Vermittlung eines realistischen und praxisnahen Eindrucks des Entstehungsprozesses der Projektbeispiele. Eine weitere Funktion besteht in der Loslösung von klassischen Kategorien, indem die genannten Projekte in einem neuen Zusammenhang beschrieben werden.
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null euro_kommunal
null euro_public
null euro_agrar
Neuland S.20 22@Barcelona S.22 48-Stunden-Service S.24
Nette Toilette S.26 Grünpate S.28 Kreiselsponsoring S.30 Fahrradhäuschen S.32
Beweidungsprojekt Paunsdorf S.34 Johannisthal/Adlershof S.36
null euro_kulturell
null euro_temporär
cubus kunsthalle S.38 Heikonaut S.40 Kochhaus S.42
Wächterhaus Lützner Straße 30 S.44 Fahrradstation Bielefeld S.46 nt*/areal S.48 RAW Tempel S.50
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
Ein Katalog von Good Practice Beispielen - ein Manual. Der Katalog möchte neben einer wissenschaftlich-journalistischen Aufarbeitung der einzelnen Good Practice Beispiele auch die Möglichkeit bieten, »auf einen Blick« die grundlegendsten Eigenschaften des jeweiligen Beispiels zu erfassen. Dazu bedient sich der Katalog einer Kombination verschiedener Bausteine mit unterschiedlichem Informationsschärfegrad, die im Folgenden erläutert werden.
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Der Katalog teilt sich in fünf Kategorien auf, die jeweils als Phänomenbereiche des Null Euro Urbanismus bezeichnet null_euro_public null_euro_kommunal werden können. Innerhalb jedes Phänomenbereiches werden die Projektbeispiele durch einen zentralen journalistischen Artikel beschrieben, der meistens in einem Drei-FragenInterview mit einem involvierten Akteur endet. Ergänzt wird dieser textliche Teil durch Grafiken zur projektbezogenen Akteurskonstellation sowie zur potenziellen Übertragbarkeit des Projektes. Im Folgenden werden die Auswahl und Abgrenzung der Kategorien, die Akteurskonstellation und die Grafik zur Übertragbarkeit näher erläutert.
Koordinierungsstelle Flächenmanagement
Kreiselsponsoring
Nette Toilette
A Beteiligte Gastronomiebetriebe (Anzahl 27)
B Diverse Fachämter
B City Management Stadt Aalen C Stadtverwaltung Aalen D Innenstadtverein Aalen City e.V.
Kategorisierung 22@ Barcelona
B Grünflächenamt Stadt Leipzig
Gartenbauuntnehmen)
B Stadtverwaltung Köln
B Stadtplanungsamt des Bezirks Marzahn-Hellersdorf
A WiNO - Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises mbH
RAW Tempel
A Primigenius Köthner Naturschutz- und Landschaftspflege gGmbH
Beweidungsprojekt Paunsdorf
A Sponsoren (häufig
A Bezirksamt MarzahnHellersdorf
48 Stunden
null euro_kommunal fasst stadtplanerische Beispiele zusammen, die verfahrensbasiert sind und deshalb die null_euro_agrar null_euro_temporär Planungshoheit der Kommune erfordern.
A Ajuntament de Barcelona - Sector de Urbanisme
Das Phänomen des Null Euro Urbanismus ist nicht an bestimmte Arbeitsfelder oder gar Akteure gebunden. Wie die folgende Auswahl an Beispielen zeigt, tritt der Null Euro Urbanismus in den unterschiedlichsten Bereichen aktueller Planungsthemen sowie planungsnaher Professionen und Tätigkeiten zu Tage. Diese potenzielle Ubiquität ist hinsichtlich der Auswahl von Beispielen für einen Katalog natürlich komfortabel, da sie nicht zur Fokussierung auf einzelne Themenbereiche verpflichtet. Gleichzeitig bringt sie aber auch eine gewisse Unklarheit über die Einsatzbereiche und die möglichen Formen dieses speziellen Planungscharakters mit sich. Fahrradhäuschen
A Fachämter Stadt- und Landschaftplanung der Bezirke
B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt
C NABU Köthen e.V.
Die Beispiele in der Kategorie null euro_public sind allesamt im öffentlichen Raum angesiedelt und nehmen Einfluss auf seine qualitative Ausprägung hinsichtlich Gestalt und Angebot. Adlershof
null euro_agrar versammelt Beispiele, in denen städtische Freiräume durch agrarkulturelle Nutzungen zur Neuqualifizierung des Stadtraums beitragen. A Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin
Friedrichshain
C Vivico (Immobilienverwaltungsgesellschaft der Deutschen Bahn AG) D Gruppe der Nutzer der RAW-Räumlichkeiten
Nt/Areal
B Landwirtschaftlicher Betrieb
Die Beispiele der Kategorie null euro_kulturell zeigen, wie der kommunale Standortfaktor Kultur durch ein Engagement der Wirtschaft neue Qualitäten erreichen kann.
A k.e.i.m. B v.i.p. C Kanton Basel D Vivico (Immobilienverwaltungsgesellschaft der Deutschen Bahn AG)
Fahrradstation Bielefeld
C Eigentümer/Nutzer D Eigentümer/Nutzer
Hamburger Grünpate
A RAW Tempel e.V. B Bezirksverwaltung
A Amt für Stadtentwicklung Bielefeld B Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) C Deutsche Bahn AG D Kleinunternehmen (Nutzer)
null euro_temporär beschreibt Beispiele, bei denen die Zivilgesellschaft für begrenzte Zeit die Verantwortung für die planerische Entwicklung eines Ortes übernimmt.
A Sponsoren
B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt/ Bezirke C Lokalpolitik
A
D Handelskammer und Handwerkskammer
Daher soll eine Kategorisierung der vorgestellten Beispiele helfen, die in der Theorie bereits per Definition benannten Dimensionen des Null Euro Urbanismus exemplarischen Planungsfeldern aus der Praxis zuzuordnen. Zugleich soll so für mögliche Anwendungsbereiche, die hier nicht dargestellt sind, sensibilisiert werden. Die herangezogenen Unterscheidungsmerkmale sind sowohl räumlicher, administrativer als auch thematischer Natur. Somit orientieren sich die einzelnen Kategorien nicht an vergleichbaren Parametern, sondern ordnen die jeweiligen Beispiele nach ihren typologischen Erscheinungen, wie sie sich in der Realität manifestieren und beschreiben die bereits erwähnten Phänomenbereiche des Null Euro Urbanismus.
Wächterhaus Lützner Straße 30
Akteurskonstellation Die grafische Darstellung der Akteurskonstellation soll die folgenden qualitativen Ausprägungen graphisch skizzieren. 1. Komplexität der Akteurskonstellation Die unterschiedliche Zahl an relevanten Akteuren, dargestellt durch Kreise, symbolisiert den Komplexitätsgrad der Akteursbeziehungen. Je mehr Akteure aufgeführt sind, umso komplexer sind tendenziell die Projektstrukturen und der Abstimmungsbedarf zwischen ihnen. 2. Beitrag/Aufwand der einzelnen Akteure Die Größe der Kreise steht für die Höhe des Beitrages bzw. des Aufwandes (vornehmlich des zeitlichen und personellen), den die einzelnen Akteure in das Projekt investiert haben. Je größer der Kreis, desto mehr Zeit und Engagement
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
A Haushalten e.V. B Amt für Stadterneuerung Leipzig C Hauseigentümer D Ortsverein LeipzigLindenau
A Sponsoren B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt/ Bezirke
A Haushalten e.V. B Amt für Stadterneuerung Leipzig C Hauseigentümer D Ortsverein LeipzigLindenau
Wächterhaus Lützner Straße 30
C Lokalpolitik D Handelskammer und
Handwerkskammer
null_euro_agrar
null_euro_temporär
null_euro_kulturell
RAW Tempel Beweidungsprojekt Paunsdorf
A Sponsoren (häufig
Gartenbauuntnehmen)
B Stadtverwaltung Köln
A Primigenius Köthner Na-
Heikonaut
turschutz- und Landschaftspflege gGmbH
hat der einzelne Akteur in das Projekt investiert. Hierbei ist nicht entscheidend, welche Lobby bzw. Machtbefugnis der Akteur im Allgemeinen hat (z.B. ob es sich um eine überkommunale Organisation mit entsprechender Lobby handelt), sondern lediglich welche Rolle ihm im Rahmen der Realisierung des Projektes zukommt. So kann es durchaus sein, dass ein Projekt z.B. von der Entscheidung eines Privateigentümers maßgeblich abhängig ist und ihm aufgrund seiner Lobby eine Schlüsselstellung im Projekt zukommt. nur der null_euro_agrar In diesem Fall wird jedoch dennoch null_euro_temporär reine organisatorische Aufwand in die Akteurskonstellation miteinbezogen (z.B. die Unterzeichnung eines Zwischennutzungsvertrages), sodass der Beitrag als gering gewertet und der Kreis klein dargestellt wird. B Grünflächenamt Stadt Leipzig
Friedrichshain
C Vivico
(Immobilienverwaltungsgesellschaft der Deutschen Bahn AG)
D Gruppe der Nutzer der RAW-Räumlichkeiten
A Beteiligte Gastronomiebetriebe (Anzahl 27) B City Management Stadt Aalen C Stadtverwaltung Aalen D Innenstadtverein Aalen City e.V.
Adlershof
A Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin
B Bezirksverwaltung Lichtenberg C Anwohner Heikonaut
D Gruppe der Nutzer des Heikonauten (9 Unternehmen) E Politik des Bezirks und der Stadt Berlin
Cubus Kunsthalle
A Cubus Kunsthalle e.V. (früher Galerie Cubus) B Stadtverwaltung Duisburg
Nt/Areal
B Landwirtschaftlicher
würde und man den besonderen Umständen einzelner Beiträge nicht gerecht würde. Daher muss eine Methode zur Bewertung der Übertragbarkeit die Einmaligkeit lokaler Besonderheiten respektieren und sie zum Bestandteil ihrer Betrachtungsweise machen. A Anschlaege.de
A RAW Tempel e.V. B Bezirksverwaltung
C NABU Köthen e.V.
Das in diesem Katalog angewendete Bewertungssystem trägt diesen Prämissen Rechnung, indem es die jeweils prägnantesten lokalen Besonderheiten benennt und ihre Bedeutung für eine potenzielle Übertragbarkeit einschätzt. Als Grundlage dieser qualitativen Aussagen dienen einernull_euro_kulturell seits die Berichte der Interviewpartner und andererseits der Vergleich der Good Practice Beispiele untereinander durch die Autoren. Somit werden die subjektiven Erfahrungswerte aus erster Hand durch eine Gesamtschau relativiert und letztendlich vergleichbar gemacht. C Gruppe der Nutzer (Gastronomie und Galerien)
A k.e.i.m. B v.i.p. C Kanton Basel D Vivico (Immobilienverwaltungs-
Betrieb
gesellschaft der Deutschen Bahn AG)
Kochhaus
A DAKSBAU e.G. B Arbeitsamt Dessau
C Gruppe der Nutzer (Firmen und Privatpersonen)
RAW Tempel
A Fachämter Stadt- und Landschaftplanung der Bezirke (häufig A Sponsoren Gartenbauuntnehmen) B Behörde für Stadtentwicklung und Köln Umwelt B Stadtverwaltung C Eigentümer/Nutzer D Eigentümer/Nutzer
Beweidungsprojekt Paunsdorf
A Primigenius Köthner Naturschutz- und Landschaftspflege gGmbH
Heikonaut
Fahrradstation Bielefeld
C NABU Köthen e.V.
Fahrradclub (ADFC) Friedrichshain C Deutsche Bahn AG C Vivico (ImmobilienverwaltungsD Kleinunternehmen gesellschaft der Deut(Nutzer) schen Bahn AG)
D Gruppe der Nutzer der
RAW-Räumlichkeiten
A Sponsoren B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt/ Bezirke A Beteiligte Gastronomiebetriebe (Anzahl 27) C Lokalpolitik B City Management Stadt Aalen D Handelskammer und C Stadtverwaltung Aalen Handwerkskammer
D Innenstadtverein Aalen City e.V.
3. Beziehungen/Abstimmung der Akteure untereinander Die einzelnen Akteure stehen in unterschiedlichen Beziehungen zueinander. Manchmal bedarf es eines intensiven Austauschs, um ein Projekt voranzubringen (dargestellt als breite Linie), manchmal ist keine direkte Kommunikation zwischen Akteuren notwendig oder gewollt (keine Verbindungslinie). Analog zum Aufwand beschreiben auch die Verbindungslinien lediglich den tatsächlichen Abstimmungsbedarf, der für das Gelingen des Projektes relevant war, z.B. die Abstimmung über rechtliche, bauliche oder konzeptionelle Fragen. Wächterhaus Lützner Straße 30
Adlershof
A Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin
A Anschlaege.de
A Amt für Bielefeld A RAWStadtentwicklung Tempel e.V. B Allgemeiner Deutscher B Bezirksverwaltung
B Grünflächenamt Stadt Leipzig
Nt/Areal
B Landwirtschaftlicher Betrieb
B Bezirksverwaltung Lichtenberg C Anwohner Heikonaut
D Gruppe der Nutzer des Heikonauten (9 Unternehmen) E Politik des Bezirks und der Stadt Berlin
Der spekulative Charakter einer solchen Betrachtungsweise ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch hat sie ihre Berechtigung, da sie keinen Anspruch auf minutiöse Genauigkeit erhebt, sondern sich viel mehr bemüht, aus einer realitätsnahen Auseinandersetzung mit recherchierten Begebenheiten nachvollziehbare Schlüsse zu ziehen. Das wird durch eine Einteilung der Good Practice Beispiele in folgende drei Übertragbarkeitsstufen gewährleistet: Cubus Kunsthalle
A Cubus Kunsthalle e.V. (früher Galerie Cubus)
A Haushalten e.V. B Amt für Stadterneuerung Leipzig C Hauseigentümer D Ortsverein LeipzigLindenau
B Stadtverwaltung Duisburg
C Gruppe der Nutzer (Gastronomie und Galerien)
A k.e.i.m. B v.i.p. C Kanton Basel D Vivico (Immobilienverwaltungs-
gesellschaft der Deutschen Bahn AG)
A Fachämter Stadt- und Landschaftplanung der Bezirke B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt C Eigentümer/Nutzer D Eigentümer/Nutzer
Kochhaus
A DAKSBAU e.G. B Arbeitsamt Dessau
C Gruppe der Nutzer (Firmen und Privatpersonen)
Fahrradstation Bielefeld
A Amt für Stadtentwicklung Bielefeld B Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) C Deutsche Bahn AG
D Kleinunternehmen (Nutzer)
A Sponsoren B Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt/ Bezirke C Lokalpolitik D Handelskammer und
Handwerkskammer
4. »Institutioneller Schwerpunkt« der Projekte Aus der Summe der genannten Erkenntnisse lässt sich ein institutioneller Schwerpunkt der Projekte entwickeln. D.h. es ist erkennbar, ob die relevanten Akteuren vornehmlich aus dem Bereich der (Privat-)Wirtschaft, der kommunalen Verwaltung/ Politik und/oder Zivilgesellschaft kommen. Für den Leser erschließt sich so ein Hinweis darauf, welche Akteure aus welchem Bereich an einer Umsetzung des Projektes maßgeblich beteiligt sind. Wächterhaus Lützner Straße 30
Ohne weiteres übertragbar Die Good Practice Beispiele in dieser Stufe zeichnen sich durch eine leichte Vereinbarkeit mit bestehenden städtebaulichen, planerischen und politischen Gegebenheiten aus, die durch eine geringe Abstimmungsnotwendigkeit zwischen Akteuren, einen geringen finanziellen Aufwand und/oder eine geringe Dimension eines städtebaulichen Eingriffs garantiert ist.
A Haushalten e.V. B Amt für Stadterneuerung Leipzig C Hauseigentümer D Ortsverein LeipzigLindenau
Übertragbarkeit
Grundsätzlich übertragbar Good Practice Beispiele dieser Stufe können nicht einfach außerhalb ihres originären Kontexts implementiert werden, da besondere Akteurskonstellationen, städtebauliche Eigenheiten und/oder außergewöhnliches Engagement beteiligter Kräfte andernorts nicht vorausgesetzt werden können.
Außer der Qualität der vorgestellten Beispiele interessiert selbstverständlich auch die Möglichkeit diese in der eigenen Kommune anzuwenden. Deshalb ist neben der Darstellung der Bestandteile jedes Good Practice Beispiels auch eine Bewertung hinsichtlich seiner potenziellen Übertragbarkeit Teil der Betrachtung jedes einzelnen Beitrags.
Bedingt übertragbar Auf dieser Stufe finden sich Good Practice Beispiele, die wegen ihrer besonderen oder gar einmaligen städtebaulichen, planerischen, politischen und/oder akteursbezogenen Umstände nur unter größerer Anstrengung der Beteiligten reproduziert werden können.
Die Bewertung der Übertragbarkeit eines vorgestellten Lösungsbzw. Handlungsmodells kann nicht nach einem festen Schema vollzogen werden. Denn zum einen fehlt für eine quantitativ orientierte Auseinandersetzung die notwendige Datenbasis, deren Umfang selbst für Gesellschaften zur Erhebung statistischer Daten einen nicht unerheblichen Aufwand bedeuten würde. Zum anderen sind die lokalen Gegebenheiten von Fall zu Fall so unterschiedlich ausgeprägt, dass jede statische Untersuchungsmethode zu nicht vergleichbaren Ergebnissen führen
Die Zugehörigkeit eines Good Practice Beispiels zu einer Übertragbarkeitskategorie sagt nichts über seine generelle Qualität aus, da der notwendige Aufwand immer in Bezug zum möglichen Ertrag gesetzt werden muss. Dass es sich dabei stets um eine positive Bilanz handelt, ist dem Umstand geschuldet, dass der Katalog ausschließlich Good Practice Beispiele beinhaltet.
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Neuland. Auch wenn es in deutschen Großstädten einige auf Stadtteilebene engagierte Bürger gibt, so sind sie doch immer noch die Ausnahme. Umso wertvoller ist ihre Leistungsbereitschaft für das Quartier wie auch für die Verwaltung. Doch aus Engagement, das den Kontakt mit der Behörde erfordert, wird meist nicht mehr als eine gute Absicht. Das Projekt Neuland zeigt, wie man die Berührungsängste mit dem Amt minimieren kann und so das lokale Potenzial ausschöpft.
// Imagekampagne für Bezirk als kostensparendes Moment // Personalüberhang des Landes begünstigt Einrichtung neuer Stelle
Nicht nur in Fachkreisen sondern auch in den Feuilletons großer Tageszeitungen gehören schrumpfende Städte und bevölkerungsstrukturelle Veränderungen heute zu fest etablierten Themen. Verfolgt man den öffentlichen Diskurs über diese Phänomene, bekommt man den Eindruck, bald lebten wir in Deutschland in einer menschenleeren Wüste. Doch wenn man sich in den Innenstädten von München, Leipzig oder Hamburg umsieht, hat man nicht den Eindruck als gäbe es weniger Fußgänger, Radfahrer und Autos. Und doch sind diese Phänomene keine Fata Morgana. Es gibt Orte, an denen sie zur harten Realität geworden sind. Der Berliner Bezirk MarzahnHellersdorf ist so ein Ort. Die dortigen Großwohnsiedlungen umfassen 100.000 Wohnungen. Hellersdorf gilt sogar als größte zusammenhängende Plattenbausiedlung Deutschlands. Weder sie noch die Schwestersiedlung in Marzahn waren jemals voll ausgelastet. Obendrein leben dort seit 1993 immer weniger Menschen. In den 90er Jahren hat die Einwohnerzahl ganze 14 Prozent von ehemals rund 250.000 auf ca. 215.000 abgenommen. Die Senatsverwaltung von Berlin prognostiziert sogar, dass Marzahn-Hellersdorf bis 2020 der Bezirk mit dem höchsten Bevölkerungsschwund in ganz Berlin sein werde. Angesichts dieser drastischen demographischen Veränderungen können viele Infrastruktureinrichtungen nicht mehr
aufrecht erhalten werden, weshalb in den kommenden Jahren bis zu 100 Hektar ehemals von öffentlichen Einrichtungen genutzte Flächen frei werden. Ein so großer Flächengewinn in so kurzer Zeit kann für noch intakte Strukturen durch Verwahrlosung und Verödung zur Gefahr werden. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, müssen also Maßnahmen getroffen werden. Allerdings lässt Berlins Haushaltslage keine großen Investitionen in Projekte ohne unmittelbare Handlungsnotwendigkeit zu. Deshalb ist Kreativität gefragt, am besten solche, die für die Stadt kostenlos ist. Zwischennutzungen, die von Bürgern organisiert und realisiert werden, erfüllen diesen Anspruch. Aber wie bringt man die Idee der Bürger auf die Brache? Im Rahmen von Stadtumbaumaßnahmen, in welchem das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf mit Hilfe von Befragungen und Einwohnerversammlungen auch Zwischennutzungsmöglichkeiten auf Brachen eruierte, beschloss man im Juni 2004 eine Neuerung: Die sogenannte Koordinierungsstelle Flächenmanagement, inzwischen »Koordinierungsstelle Zwischennutzung«, versucht die Hürden für engagierte Bürger mit einer Idee für eine Brache zu minimieren. Obwohl es dabei um das Verwalten der städtischen Liegenschaften geht, ist die Stelle dem Stadtplanungsamt des Bezirks
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[A] Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf [B] Stadtplanungsamt des Bezirks Marzahn-Hellersdorf
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angegliedert und fungiert als zentrale Anlaufstelle für Interessenten. Von ihr werden die für Zwischennutzungen geeigneten Brachen ausgewählt und katalogisiert. Darüber hinaus kommuniziert sie das aktuelle Flächen- und Zwischennutzungsangebot an potenzielle Nutzer und Initiatoren und vermietet die Flächen an diese für ein geringes Entgelt. In der Vorbereitungs- und Durchführungsphase von Projekten auf den Brachen vermittelt das »one-stop-office« auf unbürokratische Weise zwischen Initiatoren, Eigentümern, Entwicklern und Planern. Letztendlich ist die Koordinierungsstelle auch mit der stadtplanerischen Aufgabe betraut, sich zu bemühen, die Wirkungen der Projekte für den Stadtteil zu konservieren und in die bestehenden Planungen einzuflechten. Um dieses Dienstleistungsangebot bekannt zu machen, wurde 2006 die PR-Kampagne »Neuland« gestartet, die mit auffälligen Objekten im öffentlichen Raum das Interesse der Bewohner der Großwohnsiedlung wecken sollte. Da diese Maßnahme als Teil einer allgemeinen Image-Kampagne des Bezirks Marzahn-Hellersdorf konzipiert und durch Mittel aus dem Programm »Soziale Stadt« gedeckt war, wurden keine zusätzlichen Kosten verursacht. Auch der personelle Kostenrahmen musste nicht erweitert werden, denn die Stelle wird vom Bezirk jährlich neu beantragt und in der Regel durch eine/n Beamten/in aus dem Personal-
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[≥1] Postkartenmotiv der Koordinierungsstelle Flächenmanagement zur Aktion »Neuland«
Die bislang von der Koordinierungsstelle begleiteten Zwischennutzungen konzentrieren sich vor allem auf die Einrichtung von Gärten verschiedener Art. Helga Zschocher, die Leiterin der Koordinierungsstelle, sieht den Grund dafür darin, »dass die mit einem Garten verbundenen Kosten überschaubar bleiben und auch die sonstigen Verpflichtungen für die Beteiligten nicht zu groß sind.« Diese Erscheinung spiegelt sich in der ambivalenten Bilanz der Koordinierungsstelle Flächenmanagement wieder: zwar ist das Engagement der Siedlungsbewohner für die Brachen eher schwach ausgeprägt, dennoch ist zu bemerken, dass das Vorhandensein des Angebots geschätzt wird. Dort wo früher Kinder-
tagesstätten und Schulen standen und nun eigentlich die Bühne für Ideen aus der Nachbarschaft sein sollte, greift das wilde Grün langsam um sich. Aber auch das birgt eine neue Qualität. Die Bewohner begreifen die Flächen als eine Erweiterung des Freiflächenangebots und nutzen sie auch so. Das Hauptanliegen des Bezirks, eine Maßnahme gegen die drohende Verwahrlosung der Flächen einzuleiten, hat also gegriffen. Frau Zschocher, von welchen Faktoren hängt Ihrer Meinung nach es in erster Linie ab, ob ein Angebot wie das von »Neuland« angenommen wird? Man muss die Flächen bekannt machen und im öffentlichen Gedächtnis halten. Das heißt man muss das Angebot vor Ort und im Internet kommunizieren ,wie zum Beispiel mit dem Projekt Neuland. Es wäre schon wünschenswert, die Flächen für »null Euro« Akteuren zu überlassen, aber dann bliebe der Bezirk ganz auf seinen anfallenden Betriebskosten sitzen. Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass durch die Koordinierungsstelle Leute mobilisiert wurden, die sonst durch den Behördendschungel abgeschreckt worden wären? In der Regel erwarten die Interessenten, die sich an mich wenden, dass ihnen die Unannehmlichkeiten der
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Amtsgänge erspart bleiben. Aber leider lässt sich auch durch die Koordinierungsstelle der Behördendschungel nicht ganz umgehen. Man kann lediglich behilflich sein, ihn zu durchschauen und die Leute direkt an die »richtige Stelle« weiterleiten. Würden Sie vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen in der Koordinationsstelle eine maßgeblich von Bürgerprojekten getragene Planung für Quartiere als nachhaltige Lösung erachten? Die Koordinierungsstelle ist ja selbst temporär innerhalb der Stadtplanung in den Bereich des Stadtumbaus Ost integriert. Stadtumbau ist ein Prozess, der starke Betroffenheit auslöst und dabei ein hohes Maß an Verträglichkeit einfordert- und zwar mit Hilfe von Bürgerengagementauch in Hinblick auf nachhaltige Lösungen. Helga Zschocher arbeitet in der Koordinierungsstelle Zwischennutzung des Bezirks Marzahn-Hellersdorf.
Quellen: Johannes Gutenberg Universität Mainz (2008): Großwohnsiedlungen in West- und Ostdeutschland. http://www.students.uni-mainz.de/mkunkel/marzahn/ marzahn.htm (Zugriff: 12.02.2008) // www.neuland-berlin.org. Stadtplanungsamt Marzahn-Hellersdorf. Neuland. (Zugriff: 12.02.2008) Mündliche Angaben: HELGA ZSCHOCHER: Koordinierungsstelle Flächenmanagement / PR-Kampagne Neuland, Berlin // HELGA KESTNER: Sekretariat Bezirksstadtrat Ökologische Stadtentwicklung, Berlin [1] http://www.neuland-berlin.org/downloads.html. (Zugriff: 31.03.2008).
überhang des Landes Berlin besetzt. Damit umfasst das Instrumentarium der Koordinierungsstelle außer einer Arbeitskraft lediglich eine Standortdatenbank für verfügbare und frei- werdende Gemeinbedarfsflächen sowie eine Website (www.neuland-berlin.org) zur Außendarstellung und Kommunikation des Projekts. Jährlich gibt der Bezirk 30 Euro für die Internetpräsenz aus. Die teilweise notwendige Parzellierung und Herstellung brachgefallener Flächen durch Zäune und Begrünung wurden durch Mittel des Stadtumbaus, also den Bund und das Land Berlin, gedeckt. Ansonsten entstand keine finanzielle Belastung für die öffentliche Hand.
// Ureigene Kompetenz der Kommune (Planungshoheit) als bestimmendes Moment
Kreative Industrien weisen zumeist räumliche, personelle und organisatorische Strukturen auf, die durch eine klassische Wirtschaftsförderung nicht (oder nur teilweise) erreicht werden. Um alle Unterschiede zu klassischen Unternehmensstrukturen darzustellen, ist hier kein Platz, aber als grundlegende und stadtentwicklungsrelevante Merkmale können unter anderem folgende beschrieben werden: Oft entstehen in kreativen Industrien tätige Unternehmen aus losen Strukturen freiberuflich arbeitender Einzelpersonen und bestehen zuweilen nur für die Dauer eines Projektes oder Auftrages. Diese Dynamik wird durch die räumliche Nähe und damit zeitnahe Verfügbarkeit geeigneter Räumlichkeiten und einzelner qualifizierter Arbeitskräfte begünstigt, unabhängig davon, ob Arbeitsplatz oder Wohnort diese Nähe garantieren. Hinzukommt, dass Arbeits- und Privatleben oft zeitlich wie auch sozial vermischt sind, was eine besondere Alltagsorganisation zur Folge hat. Private Besorgungen, Freizeitaktivitäten, auch ein Treffen mit Freunden finden oft mitten am Tag zwischen der Arbeit statt.
In Barcelona unterstützt man die Ansiedlung kreativer Industrien durch das Projekt »22@Barcelona« (auch »22@« genannt). Es umfasst Maßnahmen auf den Sektoren der kommunalen Wirtschaftsförderung und der Stadtplanung für Poblenou, einem Industrieviertel im Herzen Barcelonas, das bessere Tage gesehen hat. Um im Rahmen von »22@« unabhängiger und schneller handeln zu können, gründete die Stadt Barcelona im Jahr 2000 eine Tochtergesellschaft namens »22@ bcn« (Aktiengesellschaft). Sie ist mit der Umsetzung der durch die Stadt beschlossenen Schritte betraut. Die städteplanerischen Maßnahmen können nach höchst investiven städtebaulichen Eingriffen, vor allem im Bereich der technischen Infrastruktur, und der modularen Adaption bestehender Planwerke unterschieden werden. Letztere beinhalten unter anderem die Modifikation der Bebauungsordnung des knapp 22 Hektar umfassenden Projektgebiets, das bislang als reine Industriezone ausgewiesen war. Diese Modifikation wird als eigenständiges Planwerk behandelt und ist bekannt unter dem Kürzel MPGM, das für »Modifikation des allgemeinen Metropolenplans« (katalanisch Modificació del Pla General Metropolità) steht.
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[A] Ajuntament de Barcelona - Sector de Urbanisme
22@Barcelona. Damit eine Stadt heute im innereuropäischen Vergleich wirtschaftlich ernst genommen wird, ist es für sie wichtig auf den Feldern Informationstechnologie und kreative Industrien gut aufgestellt zu sein. Doch für die Unterstützung gerade letzterer müssen ein- getrampelte Pfade verlassen werden. Das Projekt 22@Barcelona zeigt, dass die Förderung wissens- intensiver Branchen auch über den Umweg der Stadtentwicklung führen kann.
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Da es sich in rein formaler Hinsicht um eine herkömmliche Form eines städtebaulichen Entwicklungsplans handelt, sind die Kosten für seine Ausarbeitung durch die regulär veranschlagten Verwaltungsausgaben gedeckt. Die Leistung der MPGM hingegen geht über die einer gewöhnlichen Bebauungsordnung hinaus, indem sie neben der planerisch-ordnenden auch eine wirtschaftlich-fördernde Dimension besitzt, die sich nicht nur in einer gewissen Liberalität gegenüber erwünschten Nutzungen äußert. Vielmehr definiert die MPGM Standards, die es zu erreichen gilt und garantiert damit ein Mindestmaß an Funktionsvielfalt, das durch eine konventionelle Bebauungsordnung möglich, aber nicht sicher ist. Die Formulierung dieser Standards orientiert sich an Merkmalen der kreativen Industrie, wie sie oben grob skizziert wurden.
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[≥1] Teilansicht aus MPGM
Diese städtebauliche wie wirtschaftspolitische Weichenstellung ist der Rahmen für das insgesamt sehr kostspielige »22@« Barcelona-Projekt. Seine Ausgestaltung ist schon weit vorangeschritten. Der einzige Anreiz zur Umgestaltung, der den Grundeigentümern bis dato gegeben wurde, sind (außer dem Infrastrukturausbau) die in der MPGM formulierten Versprechen, die eine Attraktivitätssteigerung und damit einen Zuwachs des Grundwertes anstreben. Dass die MPGM in einer Bebauungsordnung Ausdruck findet, zeigt beispielhaft, dass Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung und städtebaulichen Transformation nicht nur aus Steuergeschenken und Subventionen bestehen müssen, denn oftmals bestehen immanente Veränderungsmöglichkeiten innerhalb der kommunalen Planung, die ohne zusätzliche Kosten einen Beitrag zur Stadtentwicklung bzw. Wirtschaftsförderung leisten können.
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Quellen: Ayuntament de Barcelona (2006): Innovación Urbana.http://www.22barcelona.com/content/blogcategory/39/125/lang,es/. (Zugriff: 25.02.2008). // AUDIS (Associazione Aree Urbane Dismesse) (2005): 22@Barcelona Project. http://www.audis.it/doc/22@Barcelona_1.pdf. (Zugriff: 20.02.2008). [1] http:// www.22barcelona.com. (Zugriff: 20.02.2008).
Die MPGM kennt keine Nutzungsbeschränkungen. Lediglich jene Arten industrieller Fertigung, die gesundheitsschädliche Emissionen verursachen, sind ausgeschlossen. Um die eben erwähnte Durchmischung zu erreichen, gibt es aber auch Auflagen. So können beispielsweise die für Barcelonas Rasterstruktur typischen Blocks nur dann mit ihrer maximalen Dachfläche von 6.000 qm bebaut werden, wenn sich ein Mindestraumanteil von 20 Prozent durch seine funktionale und architektonische Ausprägung für wissensintensive Branchen eignet. Außerdem sind die Grundeigentümer im Falle einer Neuplanung oder eines Umbaus dazu verpflichtet, 30 Prozent der Grundfläche einem bestimmten Nutzungsschlüssel zu widmen, der zu gleichen Anteilen Wohn-, Büro- und Grünflächen vorsieht. Diese Flächen stehen unter kommunaler Verwaltung und sollen die Entwicklung kleinteiliger Interventionen fördern. Man erhofft sich durch diese Voraussetzung auch Auswirkungen auf die städtebauliche Form, denn die durch den Cerdá-Plan determinierte Rasterstruktur bleibt zwar erhalten, zwingt aber nicht mehr in eine bestimmte Morphologie.
// Ausschließlich verwaltungsinterne Abstimmung nötig
Im Fall des genannten Kreises brachte allerdings nicht die Verwaltung, sondern die Zielgruppe selbst den Stein ins Rollen: ansässige Unternehmen beklagten den zeitlichen und personellen Aufwand, der betrieben werden musste, um amtliche Genehmigungen einzuholen. Daraufhin blieb man bei der Wirtschaftsförderung Neckar-Odenwald nicht untätig. Mit ausdrücklicher Unterstützung des Landrats bildete man eine Taskforce aus den beteiligten Amtsleitern der Fachdienste, wie zum Beispiel des Baurechts und des Umweltrechts. Der Leiter der Wirtschaftsförderung fungierte als Koordinator. Nach kurzer Zeit hatte man eine Lösung und das Kind einen Namen: der »48-Stunden-Service«. Diese kommunale Dienstleistung möchte industriellen und gewerblichen Investoren die Entscheidung für den Neckar-Odenwald-Kreis besonders einfach machen, indem sie die zeitliche und rechtliche Planungssicherheit für diese gerngesehenen Mitbürger erhöht. Der Kreis bietet sie an, sobald eine Kommune im Kreis Neckar-Odenwald über Bau-, Modernisierungs-, Neuansiedlungs- oder Erweiterungsvorhaben eines Unternehmens sowie anstehende umweltschutzrechtliche Genehmigungsverfahren informiert wird.
Wird diese Leistung in Anspruch genommen, wird zunächst die eigens für den »48-Stunden-Service« eingerichtete, aber personell nicht gebundene Stelle des Verfahrensbeauftragten besetzt. Dieser setzt sich innerhalb von 48 Stunden mit einem Ansprechpartner des Antragsstellers in Verbindung und erörtert kooperativ, welche Maßnahmen getroffen werden müssen und welche Antragsunterlagen notwendig sind, um das Verfahren zügig und mit dem geringsten Aufwand zum Erfolg zu führen. Der Verfahrensbeauftragte, der oft auch von weiteren Experten der Fachdienste unterstützt wird, ist nicht nur für den Investor der einzige Adressat, sondern auch für alle anderen beteiligten Stellen. Bei eventuellen Interessenskonflikten zwischen den Beteiligten obliegt es dem Verfahrensbeauftragten einen »runden Tisch« zu organisieren, bei dem die Schwierigkeiten informell und rasch gelöst werden sollen.
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[A] WiNO - Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises mbH [B] Diverse Fachämter
48-Stunden-Service. Für jede Gemeinde stellt die Ansiedlung von Gewerbe in erster Linie eine lukrative Einnahmequelle dar, trägt die Gewerbesteuer doch maßgeblich zum Gemeindehaushalt bei. Deshalb buhlen die Kommunen um die Gunst von Unternehmen und überraschen in diesem Konkurrenzkampf mit immer neuen Geschützen und einem hohen Maß an Kreativität. Im Kreis Neckar-Odenwald lockt eine Verwaltungsinnovation namens 48-Stunden-Service.
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Mit dem »48-Stunden-Service« zeigt die Wirtschaftsförderung Initiative und kümmert sich aktiv um eine möglichst positive Auseinandersetzung mit den Belangen eines Unternehmens. Außerdem erleichtert die »one-stopagency«-Strategie eine zu allen Seiten gleichwertige Kommunikation ohne Informationsverluste. Für die Wirtschaftsförderung und somit für den Kreis von besonderem Interesse: die Realisierungskosten dieser Beschleunigungsmaßnahme. Nach Angaben der Wirtschaftsförderung entstehen durch den »48-Stunden-Service« keine Kosten, da sich für die Angestellten der Wirtschaftsförderung lediglich eine neue Organisation des Arbeitsfeldes ergibt. Im Gegenteil, die Optimierung der Bearbeitungskanäle wirkt auch nach innen, so dass laut Herrn Biste, dem Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung, eine Effizienzsteigerung bemerkt wurde. Allein für eine in manchen Fällen intensivere Betreuung und die Ausrichtung »runder Tische« können unter Umständen Ausgaben anfallen, die die Höhe der Kosten einer regulären Betreuung übersteigen.
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[≥1] Funktionsprinzip des 48-Stunden-Service
Herr Biste, mussten Sie und/oder Ihre Kollegen viel Überzeugungsarbeit leisten, um den 48-StundenService auf den Weg zu bringen? Wenn ja, wie gestaltete sich diese? Nein, Überzeugungsarbeit musste keine geleistet werden. Der Wille und die Überzeugung, dass eine Effizienzsteigerung des Betreuungsprozesses möglich ist, waren bei allen bereits vorhanden. Welche Akteure schätzen Sie aus Ihrer Erfahrung mit dem 48-Stunden-Service als besonders wichtig bei der Umsetzung ein? Alle Beteiligten sind gleich wichtig. Bei einer Leistung wie dem 48-Stunden-Service ist keine Hierarchie sondern Teamarbeit notwendig. Nur deshalb kam es neben der Verbesserung des Betreuungsangebots auch zu einer Effizienzsteigerung innerhalb der Verwaltung.
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Denken Sie, dass das Modell des 48-Stunden-Service auf andere Gemeinden und Kreise übertragbar ist? Wenn ja, mit welchen Einschränkungen? Ja, auf jeden Fall ließe sich dieses Modell auf andere Landkreise und größere Gemeinden übertragen. Einschränkungen kann ich nicht benennen; die würden sich dann bestimmt aus den lokalen Umständen ergeben. Johannes Biste ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Neckar-OdenwaldKreises.
Quellen: www.wirtschaft-nok.de. (Zugriff: 03.01.2008). // BMWi Projekt „goodPractice“ www.goodpractice.de/Karten/Serviceangebote%20verbessern/48-StundenService.html. (Zugriff: 12.02.08) // Rambøll Management GmbH (2005): Handbuch zu wirtschaftsförderlichen Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren. Leitfaden zur Umsetzung und Beispiele aus der kommunalen Praxis.Hamburg. V.i.S.d.P.: Jens Loff. Mündliche Angaben: JOHANNES BISTE: Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Neckar-Odenwald, Mosbach [1] www.wirtschaft-nok.de/s3_02.htm (Zugriff: 12.01.2008)
Seit der Einführung dieser Leistung Anfang 1997 wird der »48-StundenService« jährlich einige dutzend Male in Anspruch genommen. Die Resonanz sowohl der Unternehmen als auch der Kommunen ist durchweg positiv. Allerdings kann nicht nachvollzogen werden, ob dieses Angebot Auswirkungen auf die Entscheidung für einen Standort gehabt hat und falls ja, zu welchem Teil. Denn nach wie vor sind alle zu beteiligenden Organe und Akteure nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang einzubinden. Somit bleibt die normative Qualität der Entscheidungsfindung auf dem Weg zur amtlichen Genehmigung von Bauvorhaben unverändert, während der organisatorische und damit zeitliche Aufwand erheblich gesenkt wird.
Ein gutes Beispiel wie durch eine Kooperation der kommunalen Verwaltung und der lokalen Privatwirtschaft eine öffentliche Aufgabe nicht nur kostengünstiger, sondern auch quantitativ und qualitativ attraktiver gestaltet werden kann, stellt das Konzept »Nette Toilette« dar. Das Konzept wurde in Zusammenarbeit zwischen dem damaligen City-Manager der Stadt Aalen, lokalen Akteuren und der lokalen Werbeagentur »Studioo« entwickelt und 2001 initiiert. Das Prinzip des Konzepts stellt sich als verhältnismäßig simpel dar: lokale Gastronomen im Innenstadtbereich erklären sich bereit, ihre Toilette nicht nur Kunden, sondern auch der Öffent-
lichkeit während ihrer Öffnungszeiten kostenlos zur Verfügung zu stellen und bekommen von der Stadtverwaltung im Gegenzug einen monatlichen Zuschuss für die Reinigungskosten. Die beteiligten Gastronomiebetriebe sind mit einem lizensierten Logo – einem stilisierten Gesicht dessen Augen zwei Nullen darstellen - im Eingangsbereich sichtbar gekennzeichnet. Die schwäbische »Ostalbmetropole« Aalen mit ihren knapp 67.000 Einwohnern unterhielt bis zur Einführung der »Netten Toilette« über fünf öffentliche Einrichtungen, die bis 2007 auf drei reduziert werden konnte. Das Angebot »Nette Toilette« umfasst derzeit 27 Einrichtungen in Gastronomiebetrieben und anderweitigen Einrichtungen wie Parkhäusern, die sich im erweiterten Innenstadtbereich befinden. Mehrere Toilettenhäuschen konnten geschlossen werden. Die kommunalen Kosteneinsparungen belaufen sich nach fünf Jahren erfolgreicher Laufzeit auf circa 250.000 €. Zusätzlich erweitert die Maßnahme das Angebot an öffentlich zugänglichen Wickelräumen wie auch behindertengerechten Toiletten. Die gesamten Aufwandsentschädigungen für die beteiligten Gastronomen wurden im Haushaltsjahr 2007 auf 20.000 Euro veranschlagt. Sie werden betriebsbezogen auf Grundlage von Besucherfrequenz, Öffnungszeiten, Ausstattung und Lage ermittelt und betragen zwischen 40
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Beteiligte Gastronomiebetriebe (Anzahl 27) City Management Stadt Aalen Stadtverwaltung Aalen Innenstadtverein Aalen City e.V.
// Koordinationsaufwand zwischen eingebundenen Akteuren sehr gering
Kostenlose öffentliche Toiletten genießen insbesondere in größeren Städten nicht den besten Ruf. Zum Teil mangelhafte Hygieneverhältnisse, nicht zuletzt auf Grund fehlender Finanzmittel für eine angemessen Reinigungsintensität, sowie Vandalismus, oft bedingt durch die Anonymität der Einrichtungen, prägen das Image öffentlicher Toiletten und schrecken insbesondere abends von deren Benutzung ab. Die Kosten für Unterhalt und Wartung der Toiletten sind zum Teil erheblich. Nichtsdestotrotz stellen diese Notdurfteinrichtungen in Innenstädten ein notwendiges und sinnvolles Angebot dar. Insbesondere dann, wenn sich eine Kommune als bürger- und konsumentenfreundlicher Handelsplatz positionieren und vermarkten will.
[A] [B] [C] [D]
Nette Toilette. Im Rahmen der Aktion »Nette Toilette« stellen Gastronomen in der Stadt Aalen ihre Toiletten öffentlich zur Verfügung. Ziel ist eine quantitative und qualitative Verbesserung des Angebots an kostenlosen öffentlichen Toiletten im innerstädtischen Bereich. Der kommunale Reinigungszuschuss an die beteiligten Gastronomen ist deutlich niedriger als die jährlichen Wartungsund Reinigungskosten für die bisher bestehenden Toiletten im öffentlichen Raum.
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Euro und 150 Euro pro Monat. Skepsis wird seitens des Gastronomieverbands DEHOGA formuliert, der auf die Einschränkungen des Hausrechts und einen höheren Kontrollaufwand für die Gastronomen hinweist. Dass mit dieser Aktion allerdings auch ein gewisser Werbeeffekt für die beteiligten Betriebe verbunden ist, der sich zum einen durch die Bewerbung selbiger in den einschlägigen Übersichtsplänen und zum anderen durch das unverbindliche »Reinschauen« in die Betriebe ergibt, ist nicht von der Hand zu weisen. Inzwischen wurde das Konzept »Nette Toilette« und dessen Derivate in insgesamt ca. 60 Städte bundesweit »exportiert«. Unter anderem auch in Großstädte wie Jena und Heilbronn. Überlegungen gibt es in Freiburg und Münster. In Heilbronn fallen für acht »Nette Toiletten“ zur Ergänzung des Angebots an öffentlichen Toiletten jährlich circa 9.000 Euro an. Einen Haken hat die Sache dennoch: Für die Verwendung des Konzepts bzw. Logos »Nette Toilette« muss eine Lizenzgebühr von 800-1.000 Euro aufgebracht werden.
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[≥1] Infobroschüre der Netten Toilette
Welcher Überzeigungsaufwand musste aufgebracht werden um die Gastwirte für das Programm zu begeistern? Auf Grund der guten Vernetzung des Citymanagements mit der lokalen Gastronomie bzw. Einzelhandel musste keine allzu große Überzeugungsarbeit geleistet werden. Mit 10 Gastronomen startete die »Nette Toilette«. Mittlerweile gibt es eine Warteliste für interessierte Gastronomen, da das Budget für das Programm gedeckelt ist. Für wie wichtig erachten Sie öffentliche Toiletten für die Attraktivität von integrierten Einkaufslagen bzw. Innenstädten? In Bezug auf Aalen war ich zunächst sehr überrascht, dass diese Problematik überhaupt besteht. Als junger Mensch hat man offenbar weniger Berührungsängste in ein Cafe zu gehen und zu fragen, ob man die Toilette benutzen darf. Die Hemmschwelle für Ältere ist deutlich höher und erhöht sich je »jünger« oder »szeniger« der Eindruck der jeweiligen Gastronomieeinrichtung ist. Und die Zielgruppen der Gastronomieeinrichtungen im Innenstadtbereich sind tendenziell eher jünger. Ein ausreichendes Angebot an Toiletten wird somit insbesondere von der Generation 50+ und Älteren als sehr wichtig erachtet. Die Gastronomen haben durch die »Nette Toilette« teilweise auch ihren Kundenstamm um genau diese Generationen erweitern können und stellen sich
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auch darauf ein. Selbiges gilt übrigens auch für das Angebot an Wickeltische. Das Programm »Nette Toilette« stellt somit eine klassische »win-win«-Situation für alle Beteiligten dar. Reinhard Skusa ist Geschäftsführer der »MRS Marketing Gmbh« und ehemaliger City-Manager der Stadt Aalen.
Quellen: Stadt Aalen (2006): Haushaltssatzung und Haushaltsplan der Stadt Aalen - Haushaltsjahr 2007 // http://www.aalen.de/sixcms/detail.php?id=12877&_bereich=6. (Zugriff: 01.02.2008) // http://www.studioo.de/agentur/_ds1206403275. (Zugriff: 01.02.2008). // http://www.hogabw.de/aktuell/lesen.oscms?Section=1001158&Article= 64696. (Zugriff: 01.02.2008). Mündliche Angaben: REINHARD SKUSA: MRS Marketing, Aalen [1] http://www.aalen.de/sixcms/media.php/93/folder_toilette.pdf. (Zugriff: 01.02.2008).
Herr Skusa, was war die Hauptmotivation für die Initiierung des Programms »Nette Toilette« in der Stadt Aalen? Im Rahmen meiner Tätigkeit als City Manager der Stadt Aalen führten wir im Jahr 2000 eine Kundenbefragung im Innenstadtbereich durch. Resultat war unter anderem eine frappierende Unzufriedenheit mit der Situation der öffentlichen Toiletten sowohl in quantitativem als auch im qualitativen Sinne. Dies wurde insbesondere seitens der Generation 50+ bemängelt. Auf Grund dieser Erkenntnisse, wie auch der Tatsache, dass die Stadt ja bereits für jede öffentliche Toilette jährliche Pflegekosten von durchschnittlich 35.000 Euro - zuzüglich 5.000-10.000 Euro zur Beseitigung von Vandalismusschäden aufbringen muss, sahen wir dringenden Handlungsbedarf. Zuerst wurde eine vollautomatisierte Toilette installiert, die jedoch entgegen unserer Erwartungen nur bedingt angenommen wurde und darüber hinaus Kosten von 30-35 Euro pro Toilettengang verursachte. Ein weiterer Ausbau dieses Systems war somit nicht tragbar. Als Reaktion darauf hat das Citymanagement in Kooperation mit dem Innenstadtverein Aalen City aktiv e.V. und weiteren Akteuren das Konzept der »Nette Toilette« entwickelt. In Folge dessen wurden zwei öffentliche Toiletten geschlossen um die Hälfte der eingesparten Mittel zur Finanzierung der »Nette Toilette« heranzuziehen.
// Koordinationsaufwand zwischen eingebundenen Akteuren sehr gering // Aktivierungsaufwand verhältnismäßig gering
Mit dem Programm versucht die Stadt Hamburg interessierten Akteuren einen einfachen und unbürokratischen Weg anzubieten, um sich an der Qualitätssteigerung ihres Arbeits- und Wohnumfelds zu beteiligen. Interessierte können entweder aus einem Angebotskatalog der Bezirke eine Grünfläche wählen oder selbst eine Fläche vorschlagen, für die sie mindestens ein Jahr lang eine Patenschaft übernehmen wollen. Als Patenobjekte werden seitens der Initiative unter anderem Grünanlagen und Straßenbegleitgrün bis zu einer Größe von 3.000 qm angeboten. Es wird jedoch explizit darauf hingewiesen, dass auch Patenschaften für kleine Grünstreifen oder einzelne Verkehrsinseln und Einfriedungen begrüßt werden. Ob jemand selbst Hand anlegt, Dritte beauftragt oder mit einer zweckgebundenen Spende für die Pflege aufkommt, bleibt den »Grünpaten« überlassen.
Als Gegenleistung für ihren »ganz persönlichen Beitrag zu einem attraktiven Erscheinungsbild [der] wachsenden Stadt Hamburg« dürfen die »Grünpaten« mit einem Hinweisschild auf der Patenfläche auf sich aufmerksam machen. Die Grundversorgung der Pflege und Unterhaltung der Grünanlagen durch die Stadt bleibt laut Aussage der Initiatoren gewährleistet. Programmbegleitend ist ein jährlicher Wettbewerb geplant, der die gelungensten Projekte medienwirksam würdigen soll. Interessierte können sich auf einer eigenen Internetpräsenz über die Rahmenbedingungen sowie potenzielle Patenschaftsflächen informieren. Die Kontaktaufnahme erfolgt zentral über eine bestehende Abteilung der Freien und Hansestadt Hamburg die das Controlling des stadtweiten Programms sowie die Weitervermittlung an die jeweiligen Bezirke übernimmt. Die Patenschaft zwischen dem Bezirk und dem »Grünpaten« wird in Form einer Mustervereinbarung geschlossen, die Art und Umfang der Pflegemaßnahmen oder gegebenenfalls die finanziellen Zuwendungen genau festlegt.
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A
Initiatoren des Programms waren die Lokalpolitik in Kooperation mit den Handels- und Handwerkskammern der Hansestadt. Die Eckpfeiler der Zusammenarbeit wurden in einem Rahmenvertrag vereinbart. Als Zielgruppe wurden insbesondere ansässige Unternehmen angesehen, die sich für eine höhere Qualität des öffentlichen Raums in ihrem Umfeld engagieren wollen. Seit Programmstart im Jahr 2005 stellen Unternehmen und Gewerbetreibende circa ein Drittel der »Grünpaten«. Die Handels- sowie die Handwerkskammer unterstützen das Programm durch Engagement bei der Gewinnung von »Grünpaten« in den Reihen ihrer Mitglieder, beispielsweise durch regelmäßige Werbung in ihren Verbandspublikationen, sowie durch finanzielle Unterstützung allgemeiner Werbemaßnahmen.
Sponsoren Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt/ Bezirke Lokalpolitik Handelskammer und Handwerkskammer
Grünpate. Der Grünpate ist eine Initiative der Freien und Hansestadt Hamburg in Kooperation mit der lokalen Handels- und Handwerkskammer. Mit einer Grünpatenschaft können sich Unternehmen und Privatpersonen einer Grünfläche annehmen, sie pflegen und in Zusammenarbeit mit den Bezirken gestalten.
[A] [B] [C] [D]
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[>1] Im Bau befindlicher Kreisverkehr in Köln-Widdersdorf [≥1] Grünpaten Illustration
Die Vielzahl ähnlicher Programme und Projekte in anderen Städten zeigt, dass das Grundprinzip des »Grünpaten« leicht übertragen und auf die spezifische Situation sowie die jeweilig verfügbaren Verwaltungskapazitäten angepasst werden kann.
[≥2] Sposnsorenschild
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Quellen: www.gruenpate.de. (Zugriff: 02.03.2008). Mündliche Angaben: JUTTA WESTPHAL: Behörde für Stadtenwicklung und Umwelt, Hamburg [1] www.gruenpate.de/ seiten/images/grasTitel.jpg [2] www.gruenpate.de/seiten/beispiele/Gp_Bergedorf01.jpg [6] www.gruenpate.de/seiten/beispiele/muenzviertel/Boden-einbringen.jpg. (Alle Abildungen: Zugriff: 02.03.2008)
Laut Aussagen der Verantwortlichen bei der Stadtverwaltung wird das Programm »Grünpate« als erfolgreich eingestuft und hat sich in der Hansestadt als »Selbstgänger« erwiesen. Zurückzuführen sei dies vor allem auf die relativ breit angelegten Werbemaßnahmen seitens der Initiatoren, die in einem gewissen Rahmen individuell verhandelbaren Möglichkeiten einer Patenschaft in Hinblick auf Art und Umfang sowie die relativ hohe Übereinstimmung in Hinblick auf die Zielvorstellungen der Beteiligten. Nicht tragbare Vorstellungen wie beispielsweise das Fällen von Bäumen seien seitens potenzieller Paten nur selten geäußert worden. In Hinblick auf die Nachfrage von Patenschaften ist aus nahe liegenden Gründen ein deutlicher Schwerpunkt im Frühjahr festzustellen.
Kreiselsponsoring. Einzelpersonen oder Unternehmen können die Neugestaltung eines der Kreisverkehre im Kölner Stadtgebiet sponsern und gleichzeitig mit Plakaten auf ihr Unternehmen oder Anliegen aufmerksam machen. Eine weitere Episode im »sellout« des öffentlichen Raums oder eine sinnvolle und stadtbildfördernde Sponsoringaktion?
// Abstimmungsaufwand auf bilaterale Absprache beschränkt // Für die Kommune keine Entwicklung neuer Kompetenzen notwendig
Verkehrsknotenpunkte sind prägende Elemente des Erscheinungsbilds einer Stadt. Ob im Zentrum oder als Stadtentree; fordern sie doch die besondere Aufmerksamkeit aller Verkehrsteilnehmer und fungieren ebenso als Orientierungs- und zuweilen auch als Identifikationspunkte im städtischen Raum. Dies gilt auch - und insbesondere – für den Kreisverkehr, der sich seit Beginn der 90er Jahre in Deutschland auch für stärker frequentierte Kreuzungssituationen als straßenbaulicher Knotenpunkttypus durchgesetzt hat. »An diesen sensiblen Punkten prägt sich oftmals der erste Eindruck von Köln nach Überschreiten der Stadtgrenze« heißt es in einem gemeinsamen Antrag zweier Kölner Stadtratsfraktionen aus dem Jahr 2004. In Kenntnis dessen hat man offensichtlich Handlungsbedarf bei der Verkehrsknotengestaltung gesehen und entwickelte verwaltungsintern, in Zusammenarbeit zwischen dem Grünflächen- und Straßenbauamt, angesichts knapper kommunaler Kassen ein Sponsoringprogramm für die städtischen Kreisverkehre: Sponsoren sollen die Neu- und Umgestaltung und die Pflege der Verkehrsanlagen übernehmen. Neben einer einfachen Ausführung mit Rasenfläche können die Sponsoren »ihren« Kreisel mit individueller Bepflanzung und »Objekte(n) mit orts- oder geschichtsbezogenem Hintergrund« gestalten, oder gar mit
»Lichtobjekte(n)« in neuem Lichte erscheinen lassen. Je nach gestalterischer Ausprägung kostet dies, laut Internetpräsenz der Stadt, für einen 150 Quadratmeter großen Kreisels zwischen 9.000 und 12.000 Euro. Der jährliche Pflegeaufwand für einen Kreisverkehr wird mit 5,- bis 12,50 Euro pro Quadratmeter angegeben. Im Gegenzug dürfen die Sponsoren pro Kreisverkehr vier Schilder in DIN A2 zu Werbezwecken oder als Wegweiser zu ihrem Unternehmen aufstellen. Dies sowie die Gestaltungs- und Pflegeleistungen werden in einer Sponsoringvereinbarung festgelegt, die auch erforderliche Detailplanungen sowie eine Rückbauverpflichtung von Aufbauten seitens des Sponsors beinhaltet. Ist mit vier DIN A2 Schilder auf der Mittelinsel eines Kreisverkehr bereits ein gewisser Grenzwert einer Kommerzialisierung des öffentlichen Raums erreicht oder kann dies angesichts von riesigen Werbetransparenten andernorts und des Mehrwerts für das Stadtbild in Kauf genommen werden? Der Entscheidungskonflikt der öffentlichen Hand, dass »zum einen die öffentliche Nutzung der öffentlichen Räume und die Stadtidentität insgesamt zu stärken und vor übermächtiger privater Nutzung zu schützen« (Lehmann 2007:259) ist, und andererseits eine gewisse ungeschriebene Verpflichtung besteht, »von dem Geld, dass sich mit Werbung im öffentlichen Raum verdienen lässt, einen Teil in die öffentlichen Kassen zu
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[A] Sponsoren (häufig Gartenbauuntnehmen) [B] Stadtverwaltung Köln
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lenken« (ebd.), wurde in Köln mit dem Argument gelöst, dass insbesondere charakteristische Kreisverkehre zu einer Stadt(teil)identität beitragen können. Das Projekt läuft seit 2005. Für sieben der 24 bestehenden und fünf geplanten Kreisverkehre, die sich im Stadtgebiet befinden, konnten bereits Sponsoren gewonnen werden. Insbesondere für Gärtnereien – fünf Kreisverkehre werden von einem einzelnen Gartenbaubetrieb gesponsert – scheint dieses Angebot interessant zu sein, da die damit verbundenen Gestaltungs- und Pflegeleistungen in Eigenregie umgesetzt werden können. Kritik bleibt dennoch nicht aus: auf der stadteigenen Internetseite »Bürgerhaushalt«, auf der Bürger eigene Vorschläge zur Diskussion stellen können, werden zu hohe Anforderungen an interessierte Sponsoren kritisiert, die mutmaßlich darauf abzielen Selbige abzuschrecken und damit eine Infragestellung des städtischen Personalbestands zu verhindern. Unser Interviewpartner bei der Stadt Köln quittierte dies mit einem Lächeln.
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[>1] Im Bau befindlicher Kreisverkehr in Köln-Widdersdorf [≥1] Im Bau befindlicher Kreisel in Köln-Widdersdorf
Welchen Beitrag leistet das »Kreiselsponsoring« Ihres Erachtens für das Stadtbild der Stadt Köln? Ich denke, die umgesetzten Beispiele haben alle zu einer Attraktivitätssteigerung des jeweiligen Umfelds beigetragen. Insbesondere in den teilweise dörflich geprägten, vorgelagerten Stadtteilen Kölns können sie, wie mehrere gelungene Beispiele beweisen, zu einer attraktiven Eingangssituation beitragen.
In einem anderen Fall wurden in einem Neubaugebiet seitens des zuständigen Bauträgers und Vermarkters ebenfalls zwei Kreisverkehre gesponsert. Ich denke, dass man durch diese Maßnahme nicht nur die Immobilien bewerben sondern auch einen Beitrag zur Adressbildung leisten kann. Was ist Ihrer Erfahrung nach die Hauptmotivation der Sponsoren? Die Sponsoren verfolgen in erster Linie das Interesse an werbewirksamer bzw. wirtschaftlich interessanter Stelle für sich zu werben. Dementsprechend wird auch die Gestaltung entwickelt und der Standort ausgewählt. Kreisverkehre in Stadtteilen mit besser situierter Bevölkerung sind folglich bei den Sponsoren beliebter. Manfred Grieser ist beim Amt für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln für die Betreuung und bautechnische Beratung der Sponsoren des Programms »Gestaltung von Kreisverkehren« verantwortlich.
[≥2]
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[≥4]
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Quellen: www.stadt-koeln.de. (Zugriff:02.02.2008). // Lehmann, Franziska (2007): Großformatige Werbung in der Stadt - Zum Umgang mit einer sich ausbreitenden Form von Kommerzialisierung öffentlicher Räume. In: Akademie für Raumordnung und Landesplanung (ARL) (Hrsg.) (2007): Raumplanung. H.135. S. 259ff. Mündliche Angaben: MANFRED GRIESER: Amt für Landschaftspflege und Grünflächen, Köln. [1-4] ©Manfred Grieser
Herr Grieser, was ist Ziel der Aktion »Kreiselsponsoring«? Konkrete Einsparungen bei den Pflegekosten für die Kreisverkehre oder wird die Aktion eher als »on top«-Maßnahme verstanden? Die Aktion »Gestaltung von Kreisverkehren« wurde konkret mit der Zielsetzung entwickelt, Pflegekosten bei der Bewirtschaftung der Kreisverkehre einzusparen. Insbesondere an stadträumlich exponierten Standorten erfordern die Kreisverkehre einen erhöhten Pflegeaufwand, der ohne eine gewisse Vernachlässigung anderer Bereiche des öffentlichen Grüns von kommunaler Seite nicht mehr zu stemmen ist. Eine ansprechende Gestaltung der Kreisverkehre wird auch von der ansässigen Bevölkerung oft eingefordert. Zudem hat hiermit jeder Bürger und Interessent die Möglichkeit, sich selbst einzubringen. Auch sind im Rahmen des Sponsorings sehr aufwändige und somit kosten- sowie pflegeintensive Ausbauvarianten möglich.
Fahrradhäuschen. Die sogenannten Fahrradhäuschen in Hamburg bieten Platz um Fahrräder zentral, geschützt und günstig auf der Straße in einem dicht bebauten Stadtquartier unterzubringen. Bei der Aufstellung der Fahrradhäuschen auf privatem oder öffentlichem Grund arbeitet die Hansestadt mit Privaten zusammen.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (als Projektträger), die Bauprüf-, Tiefbau- und Stadtplanungsabteilungen der jeweils zuständigen Bezirksämter und die städtische Straßenverkehrsbehörde arbeiten mit den interessierten Anwohnern, Hausbesitzern oder Hausgemeinschaften bei der Aufstellung der »Fahrradhäuschen« zusammen. Vorausgegangen war, dass alle Projektbeteiligten erkannten, dass Radfahrer oft gezwungen werden, ihr Rad in der Wohnung oder auf dem Balkon abzustellen, da oft nicht genügend Abstellfläche für die Räder vorhanden ist oder sogar fehlt. Gerade in dicht bebauten Stadtteilen kommt erschwerend hinzu, dass Kellerräume und Hinter- oder Innenhöfe schwer zugänglich oder bereits anderweitig genutzt sind, Durchgänge sich nicht oder nur für eine geringe Menge von
Fahrrädern eignen und das Abstellen auf Gehwegen oft zu Sicherheitsproblemen sowohl für Passanten als auch in Bezug auf die Fahrräder führen kann. Um das Radfahren bzw. das Abstellen einfacher zu machen, entschied sich die Hansestadt sogenannte »Fahrradhäuschen« im Straßenraum aufzustellen. Diese Abstellmöglichkeiten werden privat angeschafft und sollen vorrangig auf privatem Grund errichtet werden. Nur wenn dies nicht möglich ist, können die »Fahrradhäuschen« auch auf öffentlichem Grund aufgestellt werden. Wie sehen die Konstruktion und die Funktionsweise solcher Einrichtung aus? Das »Fahrradhäuschen« ist ein abschließbarer, zwölfeckiger Rundbau mit drei Meter Durchmesser und sechs Quadratmeter Grundfläche. Kern des »Fahrradhäuschens« ist ein Drehkarussell, das zwölf Fahrräder aufnehmen kann. Nur die Nutzer haben einen Schlüssel und damit Zugang zum Fahrradhaus. Welche Voraussetzungen müssen bei der Antragstellung beachtet werden? Zunächst wird zwischen öffentlichem und privaten Grund unterschieden, auf dem das »Fahrradhäuschen« aufgestellt werden soll. »Wenn das Fahrradhäuschen auf öffentlichem Grund stehen soll, muss beim zuständigen Bezirksamt ein Sondernutzungsantrag gestellt werden. Die Sondernutzungsgenehmigung (§ 19(1) Hamburgisches Wegegesetz) wird befristet erteilt und kann verlängert (geschieht automa-
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Fachämter Stadt- und Landschaftplanung der Bezirke Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Eigentümer/Nutzer Eigentümer/Nutzer
// Vergleichsweise geringer Abstimmungsbedarf zwischen Nutzern, Eigentümer und Kommune // Anschaffungs- und Pflegekosten von Seiten der Eigentümer oder Nutzer überschaubar
Wer kennt es nicht? Als Fahrradfahrer erfreut man sich der immer besseren und weiter ausgebauten Fahrradwege und -netze in der Stadt und auf dem Land. Jedoch werden diese tollen Angebote, gerade in dicht bebauten Stadtteilen, aufgrund der mangelnden Abstellmöglichkeiten für Fahrräder oft unzureichend genutzt. Wenn man möchte, dass mehr Rad gefahren wird, muss man den Radfahrern auch die Möglichkeit geben, das Fahrrad zu parken. Aus diesem Grund besteht seit 1993 für die Hamburger Bürger die Möglichkeit, sich aktiv für eine Verbesserung des Fahrradparkens einzusetzen.
[A] [B] [C] [D]
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tisch) oder widerrufen werden. Es werden keine Sondernutzungsgebühren erhoben. (…) Wenn das Fahrradhäuschen auf Privatgrund stehen soll, so muss eine Zustimmung des privaten Grundeigentümers vorgelegt werden.« (BMVBS 2005:10.02.2008) Egal auf welchen Besitzverhältnissen ein »Fahrradhäuschen« aufgestellt wird, in jedem Fall muss eine Baugenehmigung eingeholt werden. Als wichtigste Voraussetzungen gelten dabei, dass das Vorhaben nicht den bestehenden Verkehr auf den Geh- und Radwegen gefährdet oder Sichtbeziehungen zerstört. Zudem muss immer ein Mindestabstand von fünf Metern zum benachbarten Gebäude eingehalten werden. Aus Sicht der Finanzierung ist zu sagen, dass sich die Anschaffungskosten je nach Typ und Hersteller zwischen 4.450 und 5.270 Euro belaufen. In den Preis inbegriffen ist, dass die oben beschriebenen Formalitäten (Anträge, Genehmigungen, Einreichungen, usw.) in der Regel von den Herstellern der Fahrradhäuser übernommen werden. (vgl. FHH 2006:2) Nach Angaben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gewährten die jeweiligen Bezirksämter Zuschüsse von bis zu 2.250 Euro pro »Fahrradhäuschen« (vgl. BMVBS 2005:10.02.2008). Neben der Anschaffung werden zudem die Wartung und Pflege zu 100 Prozent von den Nutzern getragen.
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[≥1] Fahrradhäuschen in Hamburg-Eimsbüttel
Mittlerweile existieren etwa 300 dieser Einrichtungen in Hamburg. Die positiven Erfahrungen mit den »Fahrradhäuschen« (z.B. ausreichende Parkmöglichkeiten für die Hausbewohner und einhergehende Aufwertung der Immobilie) haben auch andere bemerkt. So versucht der Verkehrsclub Deutschland (VCD) - Kreisverband
Dortmund dieses Prinzip auch in der Westfalenmetropole einzuführen (vgl. VCD 2005:10.02.2008). Abschließend bleibt zu sagen, dass in der Hansestadt die privat organisierten »Fahrradhäuschen« eine kostengünstige Lösung darstellen, um wohnungsnahe, witterungsfeste und diebstahlsichere Parkmöglichkeiten für die Anwohner zu gewährleisten. Herr Böhm, wie würden sie den Erfolg der »Fahrradhäuschen« in Hamburg beurteilen? Die Einführung der »Fahrradhäuschen« wird als sehr erfolgreich beurteilt, da das Angebot gut angenommen wird: Es gibt in Hamburg mittlerweile ca. 300 »Fahrradhäuschen« auf öffentlichem Grund. Dadurch konnte die schlechte Abstellsituation in den verdichteten Wohnquartieren der Gründerzeit, in denen oft kein Platz in Kellern auf dem Grundstück zur Verfügung steht, entschärft werden. Die Fahrradnutzer müssen Ihr Rad nicht mehr im Regen stehen lassen oder in die Wohnung schleppen. Hauseigentümer gewinnen ebenfalls, da keine Fahrräder mehr in den Treppenhäusern abgestellt werden. Sehen Sie »Fahrradhäuschen« eher als Nischenprodukt oder bestehen Chancen für eine noch größere Verbreitung des Konzeptes? Der Erfolg in Hamburg zeigt, dass das Modell auch auf andere Städte
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übertragbar ist. Innerhalb Hamburgs nimmt die Aufstellung weiterer »Fahrradhäuschen« tendenziell allerdings ab, da in den verdichteten Gründerzeitquartieren einerseits ein Großteil der Nachfrage befriedigt, andererseits aber auch der verfügbare Platz im öffentlichen Raum teilweise »ausgereizt« ist. Welche Verbesserungsmöglichkeiten sehen Sie für das Konzept des »Fahrradhäuschens«? Gelegentlich wird das Erscheinungsbild der »Fahrradhäuschen« kritisiert (»Gartenlauben im Straßenraum« o. ä.). Wir wollen versuchen, über einen Wettbewerb neue Gestaltungskonzepte zu entwickeln. Weiterhin lässt die Pflege der Häuschen oft zu wünschen übrig. Deshalb sollen die Bedingungen für den Aufbau und den Betrieb der »Fahrradhäuschen« überarbeitet werden. Ziel ist außerdem eine einheitliche Handhabung in allen Bezirken. Olaf Böhm ist im Amt für »Verkehr und Straßenwesen« der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) der Stadt Hamburg verantwortlich für den Bereich V-14 »Nichtmotorisierter Verkehr«.
Quellen: BMVBS (2005): Hamburger Fahrradhäuschen. Fahrradparken im Straßenland dicht bebauter Wohnquartiere. Berlin. http://www.nationaler-radverkehrsplan. de/praxisbeispiele/anzeige.phtml?id=2015. (Zugriff: 10.02.2008). // FREIE UND HANSESTADT HAMBURG (FHH) (2006): Fahrradhäuschen-Information. Hamburg. // VERKEHRSCLUB DEUTSCHLAND (VCD) (2005): Ihr Fahrrad unter Dach und Fach im Fahrradhäuschen. Dortmund. http://www.vcd-dortmund.de/cms/upload/bilder/ Fahrradhauschen/Fahrradh_Brosch.pdf. (Zugriff: 10.02.2008). Mündliche Angaben: OLAF BÖHM: BSU, Hamburg [1] © Null Euro Urbanismus
In Laufe der Zeit haben sich für das Aufstellen und die Nutzung der »Fahrradhäuschen« drei Betreibermodelle entwickelt: 1. Zwölf Nutzer (z.B. Mieter) schließen sich zu einer Nutzergemeinschaft zusammen. Ein Mitglied kann im Auftrag der Gemeinschaft einen Antrag auf Genehmigung beim zuständigen Bezirksamt stellen. Jeder beteiligte Nutzer muss einen finanziellen Anteil von 130 Euro aufbringen, um ein Nutzungsrecht für einen Abstellplatz im Häuschen zu erwerben. Falls ein Nutzer kein Interesse mehr an der Nutzung hat (z.B. wegen Umzugs), so ist er gezwungen, einen Nachfolger zu finden, dem er sein Nutzungsrecht verkaufen kann. 2. Hauseigentümer, Vermieter oder die Wohnungsgesellschaft können gegenüber dem Bezirksamt ebenfalls als Antragsteller auftreten und das Fahrradhäuschen für die Hausbewohner betreiben. 3. Hauseigentümer können ein Fahrradhäuschen kaufen, es auf Privatgrund aufstellen und die Fahrradplätze an Hausbewohner vermieten.
Beweidungsprojekt Paunsdorf. Ein Projekt in Leipzig zeigt, dass die extensive Beweidung von urbanen Freiflächen nicht nur eine spannende Angelegenheit sein kann, sondern auch eine ökonomisch sinnvolle Alternative zu konventionellen Pflegemaßnahmen.
// Flächenanspruch des Projekts sehr groß // Experten für Umsetzung notwendig
Das Beweidungsprojekt ist Baustein des Konzepts »Grüner Bogen Paunsdorf« (120 ha), eines großen Freiraumvorhabens am nordöstlichen Stadtrand von Leipzig, welches sich die Neukonfiguration eines urban geprägten Landschaftsraums um eine Plattenbausiedlung mit 20.000 Einwohner zum Ziel gesetzt hat. Das heterogene Umfeld der 70er-Jahre Siedlung setzt sich aus einem ehemals militärisch genutzten Gelände, brachliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen, dem Paunsdorfer Wäldchen und Wohnsiedlungen der 90er Jahre zusammen. Das Gebiet ist charakterisiert durch eine hohe Wohndichte, fehlende Freizeit- und Erholungsangebote, soziale Konflikte besonders unter Jugendlichen, eine fehlende Anbindung an vorhandene Grünstrukturen und damit verbunden Nutzungskonflikten auf den wenigen existierenden öffentlichen Grünflächen. Das Freiraumkonzept umfasst unter anderem die Sicherung des schützenswerten Landschaftscharakters der ehemaligen 36 Hektar großen, im Besitz der Stadt befindlichen Manöverfläche und der brachliegenden umliegenden Nutzflächen. Der Einsatz konventioneller Pflegemaßnahmen, selbst unter Einbezug von ABM Kräften, stellte sich jedoch nach kürzester Zeit als finanziell nicht länger tragbar für die Kommune heraus. Auf Initiative der beteiligten Landschaftsplanerin Trude Poser konnte jedoch unter Einbezug der Primigenius gGmbH, die bereits Erfahrung bei der
Beweidung ländlicher Flächen unter der Prämisse der Landschaftspflege und des Naturschutzes vorweisen konnte, und der Stadt Leipzig ein wegweisendes Konzept entwickelt werden, welches die Beweidung der Flächen vorsieht und Heckrinder und Wildpferde als Landschaftspfleger einsetzt. Die Beweidung wird seit September 2004 von der gemeinnützigen »Primigenius Köthener Naturschutz- und Landschaftspflege gGmbH« als Pächter der Flächen durchgeführt, welche zur Professionalisierung der Landschaftspflege vom NABU Köthen gegründet wurde. Die gGmbH finanziert sich nach einer Anlaufphase zu 100% durch die Vermarktung von Öko-Rindfleisch, Zuchtrindern sowie durch naturschutzorientierten Landschaftspflege selbst. Die Pflegeleistung auf den im Besitz der Stadt befindlichen Flächen werden seitens der »Primigenius gGmbH« kostenlos erbracht. Im Gegenzug wird auf eine Pacht verzichtet. Lediglich zu Beginn des Projekts wurde die Umzäunung der Flächen sowie die technische Ausstattung der gGmbh von der Stadt finanziell mitgetragen. Der Tierbestand konnte aus einem anderen Beweidungsprojekt der »Primigenius gGmbH« zusammengestellt werden. Das angestrebte Ziel einer finanziell tragbaren Sicherung und Pflege des Offenlandcharakters auf der ehemaligen Manöverfläche konnte dadurch erreicht werden.
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[A] Primigenius Köthner Naturschutz- und Landschaftspflege gGmbH [B] Grünflächenamt Stadt Leipzig [C] NABU Köthen e.V.
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Das Projekt zeigt, dass die extensive Beweidung eine sinnvolle ökonomische Alternative zu konventionellen Pflegemaßnahmen auch im urbanen Umfeld darstellen kann, wenn die Flächengröße und deren Zuschnitt ausreichend bemessen sind. Darüber hinaus beweist das Projekt, dass naturschutzfachliche Zielsetzungen, Naturerleben und vielfältige Erholungsnutzungsansprüche mit ökonomischen Überlegungen verbunden werden können. Auch dem Aspekt der Motivbildung für eine Identifizierung der Bevölkerung mit »ihrer« Grünanlage ist in diesem sozialen Kontext eine nicht unerhebliche Bedeutung zuzusprechen, wie das vergleichsweise geringe Auftreten von Vandalismus in Leipzig beweist. In Bezug auf die potenzielle Übertragbarkeit muss festgestellt werden, dass sich eine ökonomische Sinnhaftigkeit solcher Projekte im urbanen Raum nur unter gewissen Rahmenbedingungen ergibt. Insbesondere in Bezug auf die Größe der Fläche wird in der Fachdiskussion eine Mindestgröße von 20 Hektar angesehen (vgl. Felinks, B., Brux, H. 2005:56). Darüber hinaus ergeben sich weitere Restriktionen, wie beispielsweise die Vereinbarkeit eines solchen Projektes mit den lokalen Nutzungsansprüchen an Freiräume, die fallbezogen bewertet werden müssen. Wie das Leipziger Beispiel beweist, ist jedoch letztendlich das Engagement der beteiligten Akteure ausschlaggebend für den Erfolg eines solchen Projektes.
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[≥1] Wildpferde im Leipziger Osten
erwiesen hat. Die Verbindung von umweltgerechter Nutzung auf großen Flächen, die artgerechte, nutzungsbezogene Haltung von Tieren mit Naturschutz und Erleben der Landschaft zu verbinden, ist eine unglaublich reizvolle Aufgabe, die durch die Stadtnähe noch deutlicher wird. Inwiefern unterscheidet sich die praktische Bewirtschaftung in Leipzig-Paunsdorf von ihren anderen Beweidungsprojekten auf dem Land? Es gibt unterschiedliche naturschutzfachliche Zielstellungen in den beiden bisher betreuten Gebieten Wulfener Bruch und Leipzig-Paunsdorf: die Besatzstärke (Großvieheinheiten auf der Fläche: GVE/ha) ist unterschiedlich. In Leipzig beträgt sie ca. 0,3 GVE/ha, in Wulfen 0,5-0,6 GVE/ha. In beiden Gebieten wird generell, außer in Extremsituationen aus Tierschutzaspekten, nicht zugefüttert. Das heißt, dass die Tiere ganzjährig ausschließlich von dem Aufwuchs der Flächen leben. Beide Gebiete haben keine Ställe, Unterstände oder Ähnliches. In Leipzig-Paunsdorf ist der Gehölzanteil wesentlich höherer. Dieser Flächen-Anteil soll erhalten bleiben. Darüber hinaus kann in Leipzig – als »befriedeter Bezirk« - nicht geschossen werden. In Wulfen hingegen werden die Tiere zum Schlachten aus der Herde herausgeschossen, was eine deutlich geringere Unfallgefahr für Mensch und weniger Stress für die Tiere bedeutet, denn halbwild gehaltene Tiere - die kaum in direkten Kontakt zum Menschen treten - in einen Schlachthof zu bringen, ist für alle Beteiligten ein
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extrem hoher Stress. In Leipzig musste ein wesentlich aufwendigerer Zaun errichtet werden, weniger, weil die Angst besteht, dass die Tiere selbst ausbrechen, sondern damit es schwerer ist, über Zaunbeschädigungen durch Menschen einen Ausbruch der Tiere zu provozieren. Zudem ist hier die optische Barriere für die Besucher notwendig Welchen Stellenwert hat der ökonomische Aspekt für die »Primigenius gGmbH«? Der ökonomische Aspekt ist grundlegend und führt weg vom »Luxusnaturschutz«, der ausschließlich von Subventionen, politischen Ausrichtungen und weiteren Abhängigkeitsverhältnissen lebt. Er verbindet Nutzung mit notwendigem Naturschutz -Lehrfunktion, Erziehungsfunktion, Erhaltung einer vielgestaltigen Umwelt etc. - und schafft auf diese Weise Grundlagen für seinen dauerhafte Fortführung und Entwicklung. Das Vogelschutz-Komitee e.V. (VsK - Göttingen) und die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) sind wesentlichen Förderer unserer naturschutzgerechten Beweidungsprojekte in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Hochschule Anhalt (FH) ist wesentlich an der wissenschaftlichen Begleitung unser Projekte beteiligt. Andreas Wenk ist Geschäftsführer bei der »Primigenius Köthener Naturschutz- und Landschaftspflege gGmbH«.
Quellen: FELINKS, B.; BRUX, H. (2005): Pflege von städtischen Grünflächen durch Beweidung? In: Stadt und Grün / Das Gartenamt. Jg.54. H.11. S.54-58. Berlin. (Patzer Verlag). // SENATSVERWALTUNG FÜR STADTENTWICKLUNG BERLIN (2006): Neue Felder für die Stadt. Urbane Landwirtschaft als Instrument der Stadtentwicklung? Dokumentation zum Workshop der Berliner Gartenamtsleiter und der Agrarbörse Ost e.V. vom 23.3.2006. Berlin. Mündliche Angaben: ANDREAS WENK: Primigenius Köthener Naturschutz und Landschaftspflege gGmbH, Leipzig [1] ©Andreas Wenk
Herr Wenk, welche Umstände waren ausschlaggebend die »Primigenius gGmbH« zu gründen und sich als Pächter für das Projekt in Leipzig-Paunsdorf gewinnen zu lassen? Begonnen hat das naturschutzgerechte Beweidungsprojekt der NABU Köthen e.V. 1999 im heutigen Landkreis Anhalt-Bitterfeld (Sachsen-Anhalt), ehem. Landkreis Köthen, zur Sicherung und Entwicklung eines ca. 500 ha großen Naturschutzgebietes (NSG), welches durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und staatliche Inaktivität - bezogen auf Naturschutzrecht - in hohem Maße entwertet wurde, teilweise bis heute wird. Als das Projekt begann, stellte sich für den Verein heraus, dass dieser nicht als Landwirt auftreten kann und dementsprechend landwirtschaftliche Förderungen erhält wie jeder andere normale Landwirt. Die Primigenius gGmbH ist als 100-prozentige Tochter des NABU Köthen e.V. dessen Landschaftspflegefirma und bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen unter dem Primat des Naturschutzes. Leipzig-Paunsdorf war für uns interessant, weil ein völlig anderes Gebiet als das Wulfener Bruch, zudem in Stadtlage und als »Wildnis« entwickelbar. Dieser scharfe Gegensatz zur Wohnbebauung und traditioneller Grünflächenpflege ist sehr reizvoll. Experimenteller Naturschutz - Einbeziehung und Dulden von Prozessen, Geduld, teilweise Unvorherbestimmbarkeit der Entwicklungen – und die Einbeziehung der Bevölkerung ist ein anderer Weg als rein konservierender Naturschutz, der sich nur allzu oft und dauerhaft als unfinanzierbar und auch naturschutzfachlich als Sackgasse
// Flächenanspruch des Projekts sehr groß
Der 65 Hektar große Park ist Bestandteil des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Adlershof. Das Stadtentwicklungsprojekt wird im Berliner Stadtteil Adlershof im Bezirk Treptow-Köpenick seit 1992 auf 420 ha realisiert. Als eigenständiges Projekt der Expo 2000 wurde der Standort unter der Projektbezeichnung Berlin »Adlershof – Stadt für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien (WISTA)« größtenteils fertig gestellt. Der inmitten der Wissenschaftsstadt gelegene Freiraum ist als dreigliedriger Park konzipiert. Die Kernzone mit einer Fläche von 26,4 ha wurde 2003 zu einem Naturschutzgebiet (NSG) erklärt, das durch einen umlaufenden Promenadenweg erlebbar ist. Es ist vollständig von einem 39,1 ha großen Landschaftsschutzgebiet (LSG), das als öffentliche Parkanlage ausgewiesen ist, umschlossen. Seit Aufgabe der Flughafennutzung Ende der 40er Jahre lag das ehemalige Flugfeld brach und die Natur hatte das Areal zurückerobert. In Folge der spezifischen Nutzung durch den Menschen entwickelten sich jedoch seltene, schützenswerte Biotope die ohne pflegende Eingriffe nicht zu erhalten sind. Der Anspruch, den Landschafts- und Biotopcharakter des ehemaligen Flugfeldes zu erhalten, erforderte angesichts beschränkter finanzieller Mittel und einer sich intensivierenden Freizeitnutzung in Folge der
voranschreitenden städtebaulichen Entwicklung besondere Konzepte für den Pflege des NSG/LSG. Eines dieser besonderen Konzepte stellt die Pflege der Flächen des NSG/ LSG durch eine Schafherde dar. Die Flächen des NSG/LSG werden dabei in verschiedene Sektionen unterteilt und nach einem festgelegten Rotationsprinzip von Mitte Mai bis Ende August jeweils für ca. 6 Wochen beweidet. Für die Beweidung wird seitens des beauftragten landwirtschaftlichen Betriebs eine Herde mit 80 bis 120 Mutterschafen der Rasse »Pommersches Landschaf« eingesetzt. Trotz der Tatsache, dass der Tierbestand jedes Jahr vor und nach der Beweidungszeit per LKW in ein Winterquartier in Brandenburg gebracht werden muss, bewährt sich diese Maßnahme seit 1997 auch in ökonomischer Hinsicht. Die jährlich anfallenden Kosten, die den Transport sowie die Koppelhaltung der Herde umfassen, belaufen sich dabei auf circa 22.000 Euro. (vgl. bgmr 2007:23) Diese Maßnahme, die im Rahmen des Parkentwurfs der Landschaftsarchitektin Gabriele G. Kiefer und des weiterführenden Fertigstellungs- und Bewirtschaftungskonzepts des Berliner Büros »Becker Giseke Mohren Richard« entwickelt wurde, stellt ein gutes Beispiel dar, wie angesichts der Prämissen, die sich durch eine knappe kommunale Finanzlage ergeben, ökologisch und ökonomisch tragbare Pflegekonzepte
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[A] Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin [B] Landwirtschaftlicher Betrieb
Johannisthal/Adlershof. Ein weiteres Beispiel für ein kostensparendes Freiraumpflegekonzept im urbanen Raum findet im Natur- und Landschaftspark Ehemaliges Flugfeld Johannisthal/Adlershof seine Anwendung.
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bereits in die Planung von Freiräumen konzeptionell integriert werden können. Auch wenn in Hinblick auf eine potenzielle Übertragbarkeit den zahlreichen Restriktionen eines solchen Pflegekonzepts - insbesondere in Bezug auf Größe, Zuschnitt und Nutzer - Rechnung getragen werden muss, zeigt sich auf genereller Ebene, dass die Thematik einer »urbanen Landwirtschaft« einige Potenziale für eine zukunftsfähige und im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltige Stadtentwicklung in sich birgt. Wobei hier nicht ausschließlich kostenreduzierende Pflegekonzepte für den öffentlichen Freiraum zu nennen sind, sondern auch neue städtebauliche und sozialräumliche Qualitäten, die durch eine sinnvolle und durchdachte Integration solcher Agrarnutzungen in urbane Zusammenhänge erreicht werden können, wie das Projekt in Berlin-Adlershof beweist. Darüber hinaus stellt das Beispiel einen interessanten Praxisbeitrag zur postulierten »Hybridisierung« von Stadt und Landschaft dar. Die ökonomische und arbeitsmarktpolitische Wirkung in Hinblick auf die Schaffung selbsttragender und im Optimalfall gewinnbringender Strukturen sollte in diesem Kontext weder über- noch unterbewertet werden.
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[≥1] Naturerleben in Berlin Treptow-Köpenick
Quellen: bgmr Landschaftsarchitekten (2007): LSG/ NSG - Ehemaliges Flugfeld Johannisthal. Pflege- und Entwicklungsplan. // Verordnung zum Schutz der Landschaft des ehemaligen Flugfeldes Johannisthal und über das Naturschutzgebiet ehemaliges Flugfeld Johannisthal im Bezirk Treptow-Köpenick von Berlin vom 4. September 2002. // FELINKS, B.; BRUX, H. (2005): Pflege von städtischen Grünflächen durch Beweidung? In: Stadt und Grün / Das Gartenamt. Jg.54. H.11. S.54-58. Berlin. (Patzer Verlag). Mündliche Angaben: HOLGER BRANDT: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin [1][2] © bgmr Landschaftsarchitekten
[≥2] Beweidungsplan für das NSG/LSG
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cubus kunsthalle. Was der eine wegwirft, ist für den anderen ein Schatz. So oder so ähnlich könnte man auch die Entstehungsgeschichte einer Duisburger Kultureinrichtung namens Cubus Kunsthalle zusammenfassen. Entgegen dem Sprichwort profitieren in diesem Fall beiden Seiten.
// Kommunale Immobilie in zentraler Lage ohne bestehenden Entwicklungsdruck eher selten // Bereitschaft langfristig umfassende Verantwortung zu übernehmen bei derartig gelagerten Initiativen tendenziell gering
Die Müllabfuhr holt regelmäßig den Müll ab und die Stadtwerke sorgen dafür, dass jedes Haus einen Anschluss an das Strom-, Gas- und Wassernetz hat. Das versteht sich von selbst, gehören diese Aufgaben doch dem Gesetz nach zu den unbedingt zu erfüllenden Pflichten jeder Gemeinde. Ungeachtet der Haushaltslage können wir uns darauf verlassen, dass wir auch morgen nicht im Müll ersticken werden oder den Hahn aufdrehen und kein Wasser kommen wird. Aber es kann durchaus passieren, dass das Museum, das wir gestern noch besucht haben, morgen seine Pforten schließt. Denn die kulturelle Infrastruktur stellt im kommunalen Haushalt lediglich eine freiwillige Leistung dar, weshalb in Zeiten knapper Kassen der Einsparungsdruck an dieser Stelle besonders hoch ist.
1994 wurde das ehemalige Gebäude eines Museums, das nur wenige Meter vom Duisburger Hauptbahnhof entfernt liegt, nach dessen Auszug zum immobilen Ballast für die Stadt Duisburg. Ein Nachnutzungskonzept für den bundesweit ersten Stadtbüchereineubau der Nachkriegszeit fehlte und die Kosten für die Unterhaltung des Baus konnten nicht gedeckt werden. Deshalb entschied sich die Stadt kurzerhand für den Abriss des Gebäudes. Doch soweit kam es nicht – dank der »galerie cubus«. Diese sicherte der Stadt zu, wenn sie ihr das Museumsgebäude überlasse, dort ein privat betriebenes Kunst- und Kulturangebot zu schaffen ohne den Etat der Stadt zu belasten. Dies war die Geburtsstunde der »cubus kunsthalle«.
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[A] Cubus Kunsthalle e.V. (früher Galerie Cubus) [B] Stadtverwaltung Duisburg [C] Gruppe der Nutzer (Gastronomie und Galerien)
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Die Kooperationsarchitektur der »cubus kunsthalle« ist allerdings etwas komplizierter als es sich zunächst anhören mag. Denn mehrere Umstände machten es für den tragenden Akteur, die »galerie cubus«, unmöglich, ohne eine Veränderung seiner Rechtsform ein Projekt dieser Dimension anzuschieben. So musste eine Kommanditgesellschaft gegründet werden, die in der Public-Private-Partnership den privatwirtschaftlichen Aufgabenteil übernimmt. Sie stellt den finanziellen Rahmen für die ausgestellte Kunst. Außerdem obliegt ihr die Unterhaltung und Pflege des Gebäudes, die durch die Kommanditeinlagen und Spenden- wie auch Sponsorengelder finanziert werden. Zudem wurde 1996 ein gemeinnütziger Förderverein, der »Verein zur Förderung von Kunst & Kultur in der cubus kunsthalle e.V. «, gegründet, durch den es für Bürger wie auch Firmen einfacher und attraktiver ist, die Kunsthalle mit Spendengeldern zu unterstützen.
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[≥1] Vorderansicht der cubus kunsthalle
Betriebskosten gewährleistet. Zu den Einrichtungen, die sich im Rahmen eines Untermietsverhältnisses in der Kunsthalle befinden, gehören das »Café Museum«, mehrere Läden, eine Gesellschaft für Kunstgewerbe und zwei Galerien.
Ein mit Sponsorenleistungen und Geldern der Kommanditgesellschaft finanzierter Umbau des Museumsgebäudes machte eine teilweise Untervermietung der Räume möglich, welche wiederum die Deckung der monatlichen
Seit 1995 läuft der reguläre Ausstellungsbetrieb in den Räumen der »cubus kunsthalle«. Mittlerweile hat sie sich als feste Größe im Duisburger Kulturangebot etabliert und zieht jährlich mehr als 40.000 Besucher an.
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Das hier vorgestellte Kooperationsmodell soll an dieser Stelle natürlich nicht zum Ideal kommunaler Kulturpolitik erhoben werden. Nichtsdestotrotz zeigt diese Art des Kulturmanagements, dass auch nicht-monetäre, aber sinnvoll eingesetzte Ressourcen lokalem Engagement eine neue Qualität geben können.
Quellen: Cubus Kunsthalle (2008): Cubus Kunsthalle. http://www.cubus-kunsthalle.de/. (Zugriff: 29.02.2008) [1] © Cubus Kunsthalle
Der öffentliche Part des Kooperationsmodells wird durch die Stadt Duisburg erfüllt, indem sie das Gebäude der Kommanditgesellschaft für 25 Jahre zum Nulltarif überlässt. Somit entstehen der Stadt für einen bestimmenden Teil des Kulturangebots Duisburgs keine Kosten.
Heikonaut. Abriss als einziger städtebaulicher Ausweg für ein leerstehendes Kindergartengebäude? Dass auch andere Lösungen möglich sind, zeigt das Projekt Heikonaut im Berliner Bezirk Lichtenberg. Ein Künstlerkollektiv belebt das Gebäude auf kreative Art und Weise wieder.
In einer leerstehenden Kindertagesstätte in Berlin-Lichtenberg in der Sewanstraße 122 wurde auf Initiative des Unternehmens »Anschlaege.de« ein Existenzgründerzentrum etabliert. Es richtet sich an Unternehmen und Personen der sogenannten creative industries (z.B. Modedesigner, Fotografen, Kommunikationsdesigner,
etc.) Der »Heikonaut« versteht sich als eine Plattform für diese Freiberufler, die die von ihnen selbst geschaffene Infrastruktur (Fotoraum, Druckwerkstatt, Kopierer, Internet, etc.) gemeinsam nutzen, um Kosten zu sparen. Die wesentliche Qualität der Einrichtung liegt in der übergreifenden Zusammenarbeit der Designer verschiedenster Profession, denen das alte Kindergartengelände mit rund 1.000qm Nutzfläche genügend Raum bietet. Ausgangspunkt für die Idee des »Heikonauten war das Leerstandsprojekt »Dostoprimetschatjelnosti« im Jahr 2002, im Rahmen dessen bereits eine branchenübergreifende Zusammenarbeit erprobt wurde. Personell und inhaltlich resultierte aus den Erkenntnissen die Gründung des Kommunikationsdesignlabels »Anschlaege.de«, das diesen Austausch dauerhaft unternehmerisch etablieren wollte. Nötig hierzu war primär eine entsprechende Räumlichkeit. In Abstimmung mit dem Bezirk Lichtenberg und basierend auf dem Zwischennutzungskataster wurden verschiedene Gebäudestandorte untersucht, wobei sich die Initiatoren vor allem wegen der Raumstruktur und Größe für das Gelände in der Sewanstraße entschieden. Die enge Zusammenarbeit mündete schließlich in einen unbefristeten Nutzungsvertrag zwischen der »Anschlaege.de« GbR und dem Bezirk im Jahr 2005 sowie die Gründung des »Heikonauten« im Jahr 2006.
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Anschlaege.de Bezirksverwaltung Lichtenberg Anwohner Heikonaut Gruppe der Nutzer des Heikonauten (9 Unternehmen) Politik des Bezirks und der Stadt Berlin
// Fehlende Nutzugsperspektive des Gebäudes als Voraussetzung // Bereitschaft langfristig Verantwortung zu übernehmen bei derartig gelagerten Initiativen eher gering
Was tun mit einem funktionslosen Kindergartengebäude, das bereits seit einiger Zeit aufgrund von fehlender Nachfrage leersteht und der Natur preis gegeben wird? Nichtstun oder Abreißen - oftmals scheinen dies die einzigen Handlungsoptionen der Kommunen zu sein, die vom Rückgang der jungen Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Denn es gibt einige Restriktionen, die einer Wiedernutzung im Wege stehen. Da ist zum einen die fehlende Perspektive. In vielen Städten und Stadtteilen trägt der demografische Wandel dazu bei, dass die Zahl an (Klein-) Kindern deutlich rückläufig ist und eine Umkehrung des Trends mittelfristig nicht zu erwarten ist. Zum anderen scheitern Optionen einer Umnutzung des Gebäudes oftmals an der gespannten Haushaltslage, die sowieso schon mit der Sicherung des Gebäudeleerstands belastet wird. Zur Erreichung von stadtentwicklerischen Zielsetzungen wie z.B. die Stärkung der lokalen Ökonomie oder der städtebaulichen Aufwertung fehlen oftmals die Ressourcen. Eine neue Handlungsoption zeigt das Projekt des »Heikonauts« auf.
[A] [B] [C] [D] [E]
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Seitdem hat sich einiges verändert in dem Kindergartengebäude, das entsprechend den Erfordernissen der kreativen Industrien umgestaltet wurde. Der Keller fungiert nun als Druckwerkstatt, die Klassenräume als Fotoraum, Konferenzraum und Ateliers, der ehemalige Fahrstuhl als Serverraum. Der großzügige Garten bietet einen kreativen Rückzugsraum, der von den Anwohnern des Stadtteils mitgenutzt werden kann. Die fachlichen und atmosphärischen Qualitäten haben natürlich ihren Preis in Form von Umgestaltungs- und Betriebskosten. Diese möglichst ökonomisch und selbsttragend zu managen ist laut Axel Watzke ein wesentliches Anliegen der Betreiber. So werden die Betriebskosten maßgeblich durch die Mieteinnahmen gedeckt, während nun -nach zwei mietfreien Jahren- auch eine Staffelmiete vom Bezirk erhoben wird. Die Instandhaltungs- und Verschönerungsmaßnahmen des Gebäudes wurden von den Nutzern selbst vorgenommen und durch Spenden der Wohnungsgesellschaft HoWoGe finanziell bezuschusst. Die Finanzierung eines externen Projektmanagements sowie verschiedener Sachmittel wurde durch EFRE-Fördermittel sichergestellt, deren Akquirierung durch den Bezirk unterstützt wurde. Dass ökonomisches Handeln und der Bezug zum Stadtteil bei stadtentwicklerischen Projekten durchaus vereinbar sind, beweist die Tatsache,
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[≥1] Nachtansicht Gebäude Heikonaut
Diese »passive Förderung« aus kommunaler Sicht ist aber auch der größte Nachteil – zumindest bezogen auf die potenzielle Übertragbarkeit des Projektes. Initiativen wie der »Heikonaut« sind wesentlich getragen von privatwirtschaftlichem Engagement. Die Rolle der Kommune beschränkt sich auf die vertragliche Erlaubnis der Nutzung, eine kooperative Grundhaltung gegenüber den Nutzern und die Subventionierung durch Erlass der Miete bis auf die Betriebskosten. Kosteneinsparungen ergeben sich durch die Übernahme der Gebäudeinstandsetzung und -pflege durch die Nutzer. Inwieweit ein Projekt wie der »Heikonaut« auf andere Städte und
Stadtteile übertragen werden kann, hängt maßgeblich von der Privatinitiative eines Gründungsunternehmens ab. Dass eine solche Umnutzung einer Kindertagesstätte aber machbar ist, zeigt das vorliegende Beispiel in positiver Art und Weise. Herr Watzke, warum haben Sie den peripheren Bezirk Lichtenberg den typischen creative zones Berlins vorgezogen? Wir wählten Lichtenberg, weil hier eine langfristige Planung jenseits von Gentrifizierung und Zwischennutzungen möglich ist. Außerdem erschien uns eine gewisse Entfernung zum InnenstadtZirkus für eine konzentrierte Arbeit förderlich. Zudem bietet die Innenstadt keine Immobilie mit fast 4000 Quadratmeter Garten… Wie beurteilen Sie die alltägliche Zusammenarbeit der verschiedenen Nutzer des »Heikonauten«? Neben dem tagtäglichen »know-how«-Transfer, der allerdings nicht zu überschätzen ist, spielt vor allem die gegenseitige Inspiration eine große Rolle. Oft entstehen dadurch gemeinsame Projekte. Am wichtigsten aber ist die Erkenntnis, dass unser Modell des Zusammenarbeitens ökonomisch sinnvoll ist, da Wissen, Infrastrukutur und ManPower oft geteilt werden. Dies geschieht niemals unter Zwang, sondern ergibt sich einfach durch die Vertrauensbasis zwischen den Mietern und deren ökonomischem Verstand.
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Welche Faktoren waren ausschlaggebend für den Erfolg? Der entscheidende Faktor war, den Bezirk Lichtenberg als wirklichen Partner zu gewinnen, der von dem Projekt begeistert ist. Damit meine ich keinen Partner, der nur abnickt und irgendwie »mitmacht«, sondern eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dafür braucht es nicht zuletzt von unserer Seite Verständnis für die Belange einer Behörde. Unsere Erfahrung im Umgang mit Behörden war dabei sicher hilfreich. Der zweite Punkt ist: Zeit. Genug Zeit, um das Netzwerk sich entwickeln zu lassen und dadurch eine nachhaltige Dynamik im Haus zu schaffen. Dabei half, dass uns der Mietvertrag für zwei Jahre von einer Mietzahlung befreite. Somit konnten wir uns die Mieter sorgfältig aussuchen und mussten das Haus nicht sofort komplett vermieten. Viele andere ähnliche Projekte haben diese Aufwärmphase nicht und schaffen es daher nicht, die Mieterstruktur auf die Bedürfnisse der Mieter abzustimmen. Axel Watzke (m.) ist Mitbegründer des Design-Unternehmens »Anschlaege.de« sowie Initiator des Projektes »Heikonaut«.
Quellen: Anschlaege.de (2008): Heikonaut - Kreativzentrum Kulturwirtschaft Berlin – Lichtenberg. http://www.heikonaut.de/index.php. (Zugriff: 13.03.2008). // Anschlaege.de (2008): Heikonaut. http://www.anschlaege.de/project/index.php?id=31. (Zugriff: 13.03.2008). // D22:Institut für kreative Nachhaltigkeit (2008): Experimentcity. Anschlaege.de – Heikonaut. http://www.experimentcity.net/index.php?id=154,0,0,1,0,0. (Zugriff: 13.03.2008). Mündliche Angaben: AXEL WATZKE: anschlaege.de, Berlin [1] © Anschlaege.de
dass eine Anwohnerin als Näherin für ein Modelabel angestellt wurde und ein Anwohner als Hausmeister bzw. technische Hilfskraft gewonnen werden konnten. Überhaupt scheint das Projekt mit stadtentwicklerischer Ambition in Verbindung mit künstlerischanregender Exklusivität dem Bezirk Lichtenberg, dessen Image und Lage eher als randständig angesehen werden kann, eine Chance geben zu wollen. Die Vorteile für den Bezirk sind schließlich nicht zu verachten. Sie liegen in der Verbesserung des Images durch das medien-affine Projekt, dessen psychologische Wirkung auf die Anwohner und der baulichen Wiedernutzung des Kindergartengebäudes mit verhältnismäßig geringen kommunalen Mitteln.
// Derartig hohe Qualität des bürgerschaftlichen Engagements sehr selten
Viele attraktive Quartiere deutscher Städte zeichnen sich durch einen hohen Anteil gründerzeitlicher Architektur aus, die in ihrer sehr urbanen Erscheinung von Bewohnern wie Passanten gleichermaßen geschätzt wird und oft als Indikator für eine gehobene Wohnqualität gilt. Darüber hinaus stellen Gründerzeitbauten aber auch eine denkmalpflegerische Bürde für die Eigentümer dar, sind die Gebäude doch um die 120 Jahre alt und oft mit detailreichem Ornament geschmückt, das sehr witterungsanfällig ist. In erster Linie wird der Erhalt der wertvollen Bauten von den Eigentümern natürlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen. Diese Betrachtungsweise kann unter Umständen zur Vernachlässigung der Objekte führen und birgt daher die Gefahr zum Verlust für die Ästhetik des Stadtbilds zu werden. Diese Gefahr bestand auch beim Gebäude der ehemaligen Eisenhandlung »Wilhelm Koch KG« im Dessauer Gasviertel, einem denkmalgeschützten Wohn- und Geschäftshaus aus dem Jahr 1889. Denn als die Treuhandanstalt das Gebäude Anfang der 1990er Jahre an eine Firma veräußerte, meldete diese kurze Zeit später Konkurs an und konnte die finanziellen Aufgaben, die mit der Pflege des Gebäudes einher gingen, nicht mehr bewältigen. Die Immobilie drohte zu verfallen.
Unweit befindet sich das Dessauer Bahnhofsgebäude, in welches das Bundesumweltamt 1996 seinen Einzug angekündigt hatte. Daher musste die dort ansässige Bürogemeinschaft um den Stadtplaner Dr. Schmidt ihr Zuhause räumen und eine neue Bleibe suchen. Das verlassene Gebäude der Eisenhandlung schien damals eine reizvolle neue Adresse und gleichzeitige Herausforderung zu bieten. Denn die Stadt Dessau hatte kein Konzept für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes. Gleichzeitig waren sich die Bürger, vor allem die besagte Bürogemeinschaft, des städtebaulichen Werts des Gebäudes bewusst. Diesem Umstand, wie auch der Aktivität der Ehefrau Dr. Schmidts im Wohnbund e.V., einem Verein, der sich mit der Entwicklung und Realisierung zeitgemäßer Wohnformen beschäftigt, ist es geschuldet, dass sich 1998 um die Bürogemeinschaft eine engagierte Interessensgruppe formierte. Ihre Mitglieder setzten es sich zum Ziel, das Gebäude der Eisenhandlung zu erhalten und in ihm für sich selbst und andere günstigen Wohn- und Arbeitsraum zu schaffen. In der Genossenschaft wurde eine Rechtsform gefunden, mit der die Kosten auf alle Schultern gleichermaßen verteilt werden konnten, so dass der erste Schritt zur Sanierung der alten Bausubstanz getan war. Nachdem durch die DAKSBAU e.G. – so wurde die Genossenschaft benannt – ein Kredit aufgenommen wurde, erfolgte 1999 die
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[A] DAKSBAU e.G. [B] Arbeitsamt Dessau [C] Gruppe der Nutzer (Firmen und Privatpersonen)
Kochhaus. Bürgerschaftliches Engagement in der Stadtentwicklung wird vielerorts noch unterschätzt. Dass es einen Grund gibt diese Haltung zu überprüfen zeigt das Beispiel Kochhaus. Denn ohne die Anstrengung einer bürgerschaftlichen Initiative wäre die Zukunft eines Stücks gebauter Geschichte der Stadt Dessau sehr ungewiss gewesen.
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Pionierbesiedlung, indem die grundlegende Technik des Hauses, also Elektrik und sanitäre Anlagen, durch Auftragsarbeit und Eigenleistung wieder nutzbar gemacht wurden. Somit wurden die 1.150qm Nutzfläche schrittweise wieder belegt. Mit einer Investitionssumme von einer Million DM sowie viel Eigenarbeit konnte das mittlerweile umgetaufte »Kochhaus« denkmalgerecht saniert werden. Es entstanden acht unterschiedliche Wohnungen, sieben Büros und eine Food Koop. Die moderate Miete lässt sich durch die Mieter weiter verringern, indem sie sich in Eigenleistung an der Verwaltung und dem Erhalt des Gebäudes beteiligen. Auf diesem Wege erreichte Neuerungen wie die Regenwasser-WC-Spülungsanlage und die neue Pflasterung des Innenhofs zeigen, dass mit persönlichem Engagement eine neue Qualität der Immobilie erlangt werden konnte. Außerdem konnte man im Rahmen einer Beschäftigungsmaßnahme zwölf arbeitslosen Handwerkern vorübergehend die Möglichkeit bieten, in einer Baufirma tätig zu werden und an der Sanierung des Kochhauses mitzuwirken. Ein Großteil des Lohns der Handwerkers wurde vom Arbeitsamt übernommen und stellt einen Beitrag zur Denkmalpflege aus öffentlicher Hand dar, ohne den der finanzielle Rahmen des Projekts gesprengt worden wäre.
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[≥1] Das Kochhaus
Heute trägt sich das Kochhaus zu 100 Prozent aus eigener Kraft. Im Umfeld haben sich auch schon einige Projekte mit ähnlichem Charakter etabliert und leisten so auch einen Beitrag zur Stadtentwicklung Dessaus. Nichtsdestotrotz kann Dr. Schmidt als Besiedlungspionier der ersten Stunde bestätigen, dass ohne die richtigen Leute und ein von der Planungs- bis zur Nutzungsphase durchdachtes Konzept sowie eine angemessene Immobilie der Erfolg so eines Vorhabens auf tönernen Füßen steht. Im Fall des Kochhauses hat alles gestimmt. Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre zurück, wird deutlich, dass der Stadt Dessau dank dieses privaten Engagements ein historisches Dokument ihrer gebauten Geschichte erhalten geblieben ist, ohne Kosten im kommunalen Haushalt verursacht zu haben. Damit erbringt das Kochhaus den Beweis, dass qualitativ hochwertige Stadtentwicklung auch aus der oftmals noch unterschätzten Hand bürgerschaftlicher Initiativen erbracht werden kann.
Herr Schmidt, welchen Stellenwert für die Stadtentwicklung sollte man – Ihrer Meinung nach – in Zukunft bürgerschaftlichen Initiativen beimessen? Bürgerschaftliche Initiativen können in Fällen, in denen der Markt versagt oder der Staat in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist, wichtige Impulsgeber sein. Da es sich meist um Projekte handelt, die für die Beteiligten solcher Initiativen mit einem hohen emotionalen Wert verknüpft sind, besteht unter Umständen auch bei objektiv betrachtet unvorteilhaften Gegebenheiten noch die Möglichkeit auf ein Engagement. Für die Planung ist es also ein Vorteil, mit bürgerschaftlichen Initiativen eine zusätzliche und flexible Option zu haben. Könnte die Stadt bzw. das Land – Ihrer Meinung nach – Projekte mit ähnlichem Charakter unterstützen, ohne dabei das Moment der Eigeninitiative zu hemmen? Wenn ja, wie? Ohne Frage kann von der Seite der öffentlichen Hand Unterstützung geleistet werden, die sogar motivierenden Charakter hat. Ich denke dabei in erster Linie an eine finanzielle Unterstützung. Hilfreich wäre aber auch ein Unterstützungsnetzwerk auf regionaler oder Landesebene, das den Erfahrungsaustausch fördert. So könnten einzelne Projekte über ein bestimmtes Niveau hinaus gebracht werden, indem es von einer Initiative abgegeben und von einer
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anderen aufgenommen und fortgeführt wird. Es muss das Ziel eines jeden Projekts dieser Art sein von dauerhaften Subventionsleistungen wegzukommen. Meiner Meinung nach wäre dies ein Weg um dem einen großen Schritt näher zu kommen. Denken Sie, dass das Modell des Kochhauses ein Ersatz für die konventionelle Denkmalpflege darstellen kann? Wenn Sie mit konventioneller Denkmalpflege meinen, dass Zuschüsse direkt aus dem Etat für Denkmalpflege des Landes an das jeweilige Projekt gehen, dann stellt der Fall des Kochhauses hinsichtlich der finanziellen Unterstützung ein alternatives Modell dar. Wir haben zwar keine Zuwendungen aus dem Etat für Denkmalpflege erhalten, dennoch wurden wir durch das Arbeitsamt, das einigen Handwerkern einen großen Lohnanteil zahlte, unterstützt. Die öffentliche Hand leistete somit schon einen finanziellen Beitrag zu unserem Projekt. Außerdem bekamen wir bei der Untersuchung der Bausubstanz einige Experten zur Seite gestellt. Das ist ja der eigentliche Teil der Denkmalpflege, der für die Eigentümer denkmalgeschützter Objekte kostenlos ist. Daher kann man wohl von keinem Ersatzmodell der Denkmalpflege sprechen. Dr. Holger Schmidt gehört zum Vorstand der DAKSBAU e.G.
Quellen: Bürgerliste/Die Grünen (Fraktion im Stadtrat Dessau-Roßlau) (2008): Die Wohnungsgenossenschaft im Kochhaus. http://www.dessau-alternativ.de/05_ initiativen/05_i_daksbau.htm. (Zugriff: 13.03.2008). // Daksbau e.G. (Wohnungsgenossenschaft) (2008): Projekt Kochhaus. http://www.daksbau.de/cms/website_php?id=/ index.htm. ( Zugriff: 13.03.2008). Mündliche Angaben: HOLGER SCHMIDT: Vorstand der Daksbau e.G. [1] © Daksbau e.G.
Um der Vollständigkeit Willen ist an dieser Stelle auch der Beitrag von 3.000 DM der Stadt Dessau zu erwähnen. Weiterhin zu nennen ist auch die damals gültige Besonderheit der Investitionszulage, die es erlaubte, 15 Prozent der Kosten für die Wohnungssanierung steuerlich geltend zu machen.
Wächterhaus Lützner Straße 30. Innovative Nutzungsmöglichkeiten für ein leerstehendes und baufälliges Altbaugebäude an einer Hauptverkehrsstraße im von Schrumpfung gezeichneten Leipziger Stadtteil Lindenau: Hauswächter erhalten das Gebäude, indem sie es nutzen.
Selten wird einem Betrachter die Problematik eines Überschusses an Wohnraum so deutlich vor Augen geführt. In Städten wie Leipzig, mit einem Überangebot an Wohnraum, fehlt solchen Gebäuden oftmals die stadtentwicklerische Perspektive. Leidtragende einer solchen städtebaulichen Misssituation sind zum einen die Eigentümer, die händeringend nach Mietern suchen, sich meist überfällige Sanierungsmaßnahmen nicht leisten wollen oder können und sich an die Hoffnung klammern, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt wieder zu ihren Gunsten bessert. Zum anderen die Anwohner, die am schleichenden qualitativen Verfall ihres Wohnumfeldes leiden. Und schließlich auch die städtische Planung, die einen weiteren Bevölkerungsschwund abwenden will und gleichzeitig ihrer Aufgabe nachkommen muss, die städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu sichern. Was tun in einer solchen lose-loseSituation, in der die Mechanismen
des Mietwohnungsmarktes nicht mehr greifen? Einen Lösungsansatz bietet »Haushalten e.V.« Im Jahr 2004 als gemeinnütziger Verein gegründet, nimmt er Kontakt zu Eigentümern leerstehender Gebäude auf und vermittelt diese bei Interesse an Zwischennutzer, die durch gewerbliche Nutzung und handwerkliche Eigenarbeit das Gebäude »bewachen« und das sogenannte »Wächterhaus« vor weiterem Verfall bewahren. Das Grundprinzip lautet »Hauserhalt durch Nutzung«. Die Nutzung des Hauses verhindert Vandalismus und grenzt Witterungsschäden ein, da sie von den Nutzern schnell entdeckt und behoben werden. Das Nutzungsangebot richtet sich primär an kreative Raumsuchende (z.B. Vereine, Künstler, Existenzgründer etc.), die getreu dem Motto »viel Raum für wenig Geld« Lokalitäten für ihre beruflichen Betätigungen suchen. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, das Gebäude mit eigener Initiative zu »bespielen« oder anderweitig, nicht aber zu Wohnzwecken, zu nutzen und damit zu erhalten, zumindest aber den weiteren Verfall der Substanz zu verzögern. »Haushalten e.V.« fungiert somit als Vermittler zwischen Eigentümern, Nutzern und Stadtverwaltung und finanziert sich im Wesentlichen durch Preisgelder, Spenden und Fördermitgliedschaften, die von den Nutzern gezahlt werden. Der Stadtverwaltung kommt bei diesem Projekt vornehmlich eine unterstützende Rolle zu. Das Amt
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Haushalten e.V. Amt für Stadterneuerung Leipzig Hauseigentümer Ortsverein Leipzig-Lindenau
// Anschubfinanzierung notwendig // Koordinationsaufwand von zivilgesellschaftlichem Verein getragen // Fehlende Vermietungsperspektiven des Gebäudes als Voraussetzung
Im Leipziger Westen in der Lützner Straße 30 bot sich 2003 ein Bild, das sich so auch in vielen anderen Städten finden lässt. Ein städtebaulich reizvoller denkmalgeschützter Altbau in guter Lage, der vom langjährigen Leerstand gezeichnet ist. Das Dach ist undicht, die Fassade bröckelt, im Innenraum beherrscht Schwamm die Szenerie und Teile der Bauhülle drohen auf die Straße zu fallen.
[A] [B] [C] [D]
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für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung ermöglichte durch die Bereitstellung des Preisgeldes des Städtebausonderpreises eine Anschubfinanzierung und gewährleistet in enger Abstimmung mit »Haushalten e.V.« das Gelingen des Wächterhaus-Modells. Vorteile ergeben sich neben der hohen Vereinbarkeit mit kommunalen Finanzierungsengpässen allerdings auch für die Nutzer und Eigentümer. Die Eigentümer werden von den laufenden Kosten entlastet, und in ihrer generellen Sorge um das Haus durch »Haushalten e.V.« und die Nutzer unterstützt. Ihre Aufgabe ist es, die in der Zeit des Leerstandes getrennten Hausanschlüsse von Elektrik und Wasser wieder anzuschließen und das Gebäude soweit instand zu setzen, dass eine Nutzung möglich wird. In einigen Fällen konnten die Eigentümer ergänzend öffentliche Mittel für die Sicherung des Daches in Anspruch nehmen. Die Nutzer werden zu »Wächtern« über das Haus. Sie richten sich die Räumlichkeiten nach ihren Vorstellungen her. Die Übernahme der laufenden Betriebskosten für das Haus, ihre handwerkliche Eigenarbeit in ihren eigenen Räumen und die Kontrolle des restlichen Gebäudes sind ihre Leistungen an den Eigentümer. Die Zahlung einer Fördermitgliedschaft an den Verein, die sich nach der genutzten Fläche richtet, ist ein wichtiger Beitrag, der es dem Verein ermöglicht, weitere »Wächterhäuser« ins Leben zu rufen und das Konzept weiter zu entwickeln.
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[≥1] Transparent am »Wächterhaus« Lützner Straße 30
Zurück zur Lützner Straße 30. Vom Stadtteilverein Lindau »entdeckt« und im Jahr 2004 von Haushalten e.V. als Pionierprojekt ausgewählt, hat sich das Gebäude vor allem im Inneren deutlich verändert. Zwei Etagen werden als Atelierwohnungen durch Studenten der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) genutzt, die mit etlichen Eigenleistungen die Wohnungen nutzbar gemacht haben. Ferner befindet sich seit Dezember 2006 ein Kopier- und Druckservice in dem Gebäude, der erste Existenzgründer innerhalb der »Wächterhäuser«.
Das »Wächterhaus« Lützner Straße 30: Äußerlich gleicht es noch immer einem normalen Altbauleerstand, doch das Innere birgt einen Hoffnungsschimmer: Temporäre Zwischennutzungen, die dem Standort neues Leben verleihen, solange bis das Haus wieder saniert und vermietet ist. Gut möglich, dass dies bald der Fall ist. Wenn nicht, so bleibt immerhin der Gewinn für die Stadt(teil) gesellschaft. Frau Bleicher, wie schätzen Sie die Zukunftsperspektive des Wächterhauses Lützner Straße 30 ein? In der Lützner Straße 30, dem ältesten Wächterhaus von HausHalten, hat sich in einer langen Findungsphase eine stabile Hausgemeinschaft gebildet. Die Zusammenarbeit läuft sehr gut und somit konnten die einzelnen Gestattungsvereinbarungen der Nutzer zu einem gemeinsamen Vertrag zusammengeführt werden. Die Nutzer des Hauses organisieren die internen Dinge weitgehend selbst, HausHalten kann sich auf die Vermittlung der Interessen zwischen Hauseigentümer und Nutzergemeinschaft beschränken. Ob es angesichts der vergleichsweise kurzen Restlaufzeit des Gestattungsvertrages noch zu einer vollständigen Übergabe an die Nutzer kommt, werden Gespräche mit dem Hauseigentümer, die in den nächsten Monaten anstehen, zeigen. Wie wichtig ist eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit für das Wächterhausprojekt (z.B. vor dem
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Hintergrund der Bewerbung um Preisgelder)? Sehr wichtig. Welche Faktoren sind ausschlaggebend für eine erfolgreiche Realisierung des Wächterhausmodells? Menschen, die den Willen und die Energie haben, das Modell zu realisieren, die die Idee vertreten und sich um ihre Umsetzung bemühen und nicht bei den ersten Hindernissen aufgeben. Gute Zusammenarbeit mit den entsprechenden Ämtern der Stadtverwaltung (ASW, Denkmalamt, Bauordnungsamt…). Kombination verschiedener Fähigkeiten z.B. :mit Eigentümern kommunizieren und umgehen zu können ebenso wie mit Nutzern/Interessenten und Verwaltung. Fachliche Kenntnisse im Bereich Bau/Architektur sind sehr hilfreich ebenso wie die Fähigkeit unterschiedlichste finanzielle Quellen zu finden. Gute Organisation des Vereins – Je mehr Häuser es gibt, desto hilfreicher ist eine professionelle Organisation des Vereins. Schließlich geht es nicht ganz ohne Geld – je nach Größe des Projektes mehr oder weniger – bei einem Haus wird man mit weniger auskommen als bei drei oder sechs. Alena Bleicher (2.v.l.) ist Diplom-Geographin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Haushalten e.V.
Quellen: Heck, Astrid et al. (2006): Wächterhäuser in Leipzig. Rettung gefährdeter Gründerzeitsubstanz durch kreative Nutzungen. In: Vereinigung für Stadt-, Regionalund Landesplanung (SRL) (Hrsg.) (2006): Planerin. H.6. S.36f. Berlin. // BMBF (2006): Wächterhäuser in Leipzig. Neue Nutzungen für gefährdete Gründerzeithäuser. Berlin. http://www.bund-bin.de/projekte/anzeige.phtml?id=3010. (Zugriff: 12.02.2008). // HAUSHALTEN E.V. (2008): Wächterhäuser – Das Modell. http://www.haushaltenleipzig.de/de/waechterhaeuser_modell.asp (Zugriff: 10.03.2008) Mündliche Angaben: ALENA BLEICHER, Haushalten e.V., Leipzig [1] www.flickr.com
Rechtlicher Rahmen der »Wächterhäuser« ist eine Gestattungsvereinbarung zwischen Eigentümer und dem »Haushalten e.V.«, in der die Übergabe der Nutzungsrechte an den Verein für fünf Jahre festgelegt wird. Eine weitere Vereinbarung wird zwischen dem Verein und den jeweiligen Nutzern getroffen. Diese mittlerweile musterförmig entwickelten und rechtlich-fundierten Verträge dienen der Verbindlichkeit und leisten einen wichtigen Beitrag zur Übertragbarkeit in andere städtische Kontexte. Das Konzept scheint aufzugehen. Zumindest wenn man die steigende Zahl an Wächterhäusern in Leipzig betrachtet. Zudem entwickeln sich ähnliche Initiativen in ostdeutschen Städten wie Döbeln, Chemnitz oder Halle/Saale, sodass der Projektidee durchaus eine gute Übertragbarkeit bescheinigt werden kann.
Fahrradstation Bielefeld. Hartkalkulierende Verhandlungspartner erfordern harte Überzeugungsarbeit. Dass sich diese nachhaltig lohnen kann, zeigt die Umnutzung einer Expressguthalle im Rahmen des Projektes Fahrradstation in der ostwestfälischen Metropole Bielefeld.
bummel in die Bielefelder City – keine realitätsferne Vision ambitionierter Stadtplaner, sondern Alltag in Ostwestfalen-Lippe. 1997 wurde durch die Bahn aufgrund der gestiegenen Nachfrage eine Erweiterungsfläche für die »Fahrradstation« zur Verfügung gestellt. Über 390 überdachte Stellplätze verfügt das Parkhaus seitdem.
Das Schicksal des Abriss drohte auch einer Expressguthalle des Hauptbahnhofs Bielefeld. Bis es Anfang der 1990er Jahre zu einer interessanten Wendung kam: nach intensiven Verhandlungen konnte die Stadt Bielefeld mit Unterstützung diverser Interessensverbände die Deutsche Bahn AG davon überzeugen, die Immobilie nicht abzureißen und auf die Errichtung von Parkplätzen für motorisierte Kunden an selbiger Stelle zu verzichten. Das vorgeschlagene Konzept eines Fahrradparkhauses muss offensichtlich sehr überzeugend gewesen sein: seit diesem Zeitpunkt stellt die Bahn das Gebäude kostenlos zur Verfügung.
Doch das Angebot der »Fahrradstation« umfasst mittlerweile nicht nur das bewachte Fahrradparkhaus. Inzwischen haben sich im Gebäude, neben der Geschäftsstelle des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), auch ein Fahrradladen mit Reparatur- und Wartungsservice sowie ein Fahrradkurier angesiedelt. Die »Fahrradstation«, der damals bundesweit der Charakter eines Pilotprojektes zukam, wurde zunächst durch die Stadtwerke Bielefeld in Verbindung mit dem ADFC betrieben.
Die Einrichtung nahm im Sommer 1992 mit 280 Stellplätzen ihren Betrieb auf. Von Beginn an nahmen täglich etwa 300 Radfahrerinnen und Radfahrer im Alter zwischen 20 und 45 Jahren das Angebot wahr, ihr Vehikel an einem geschützten und sicheren Ort zu parken, um in den ÖPNV umzusteigen. Mit dem Rad ins Parkhaus, dann weiter mit dem Zug, der Stadtbahn, dem Bus zur Schule, zur Arbeit, ins Kino oder zum Einkaufs-
Im weiteren Verlauf wurden der ansässige private Fahrradladen sowie der Kurierdienst in den Betrieb und die Verwaltung der »Fahrradstation« miteinbezogen. Im Jahr 2003 hat die »moBiel GmbH«, ein Unternehmen der Stadtwerke Bielefeld, das Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof übernommen und nach dem erfolgreichen NRW-weiten Konzept der »Radstation« umgestaltet und erweitert.
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Amt für Stadtentwicklung Bielefeld Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) Deutsche Bahn AG Kleinunternehmen (Nutzer)
// Bereitstellung der Räumlichkeiten durch Eigentümerin notwendig // Finanzielle Eigenständigkeit des Projektes nicht vollkommne gegeben
Wenn man mit dem Zug durch die Republik fährt ist man oft sehr erstaunt über die Vielzahl an Stellwerktürmen, Packlagern und sonstigen bahnbezogenen Immobilien die offensichtlich ihre einstige Funktion verloren haben. Und man hat oft das Gefühl, dass ihre Existenz lediglich am seidenen Faden eines hohen Abrissaufwandes hängt.
[A] [B] [C] [D]
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Im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsnutzung zeichnet sich dieses Projekt vor allem durch die Stärkung des »Umweltverbunds« (Fahrrad, öffentlicher Personennahverkehr, Bahn) und einen kostengünstigen stadtentwicklungspolitischen Nutzen aus. In Hinblick auf die beteiligten Akteure, die Stadtbevölkerung und Touristen als Nutznießer kann in diesem Fall von einer »win-winSituation« gesprochen werden. Der finanzielle Einsatz der Stadt Bielefeld für Umbau und die Ausstattung konnte in der Initiierungsphase weitestgehend durch Städtebauförderungsmittel des Landes gedeckt werden. Der aktuelle Betrieb finanziert sich durch die Mieteinnahmen der angesiedelten Firmen und die Nutzungsentgelte der Kunden etwa zur Hälfte selbst. Die restliche Hälfte der Kosten wird durch Zuschüsse des Landes bzw. durch die Stadt gedeckt. Das Konzept der Bielefelder »Fahrradstation« hat in der Zwischenzeit, ob in Form einer Nachnutzung oder als Neubau, als Vorbild für viele Nachfolgeprojekte in Deutschland gedient. So wurden im Rahmen des später initiierten NRW-weiten Projekts mit dem Label »Radstation« an vielen Standorten ebenfalls Bestandsgebäude der Bahn für Fahrradparkhäuser genutzt. Mit relativ geringem Aufwand ließ sich beispielsweise auch die Fahrradstation in Essen realisieren. Im Rahmen des Programms gesammelte Erfahrungswerte waren
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Eine wesentliche Stärke dieses Projektes liegt somit sicherlich in seiner guten Übertragbarkeit, wie die vielen Beispiele in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus zeigen. So gibt es in einigen Städten (Siegen, Basel, etc.) Machbarkeitsstudien, die eine konkrete Umsetzung des Modells der Fahrradstation prüfen. Die »Fahrradstation« - ein Pionierprojekt zur Integration von Gemeinwohl und Wirtschaftlichkeit. Innovation made in Bielefeld.
Herr Moog, Welche Faktoren sind/ waren ausschlaggebend für den Erfolg der Bielefelder »Fahrradstation«? Wichtig war primär die intensive Zusammenarbeit zwischen ADFC, der Eigentümerin – die Deutsche Bahn AG – und des damaligen Amtes für Stadtentwicklung. In mehreren Gesprächsrunden wurde die Ausgestaltung der Möglichkeiten durch das Landesförderprogramm »Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden in NRW« vorbereitet und schließlich in einem Nutzungskonzept fixiert. Aktuell ist die Qualität und Quantität des Serviceangebotes entscheidend, um weiterhin eine adäquate Nutzung der »Fahrradstation« zu gewährleisten.
Wie beurteilen Sie die Wirkung des »Fahrradstation«-Projektes im »Wettbewerb« zwischen dem Umweltverbund (ÖPNV, Fahrrad) und dem Individualverkehr (MIV/ Auto)? Die hohe Akzeptanz durch die Kunden zeigt, dass für einige Bielefelder das Fahrrad durchaus eine Alternative zum Auto darstellt. Sicherlich darf man die Wirkung des Projektes nicht überschätzen. Die Stärke liegt vor allem in der Kombination mit anderen verkehrspolitischen Maßnahmen, die im Rahmen der Kampagne »Fahrradfreundliche Stadt Bielefeld« ins Leben gerufen wurden, wie z.B. dem Ausbau der innerstädtischen Radwege oder der Erweiterung des Park+Ride-Angebotes.
Welchen Beitrag leistete die Stadtverwaltung zur Realisierung des Projektes? Die Stadtverwaltung, d.h. das damalige Amt für Stadtentwicklung, war wesentlich an der Akquise der Mittel des Landesförderprogramms beteiligt und moderierte die Verhandlungsprozesse zwischen dem ADFC Bielefeld und der Eigentümerin.
Jens Moog ist angestellt im Amt für gesamtstädtische Planung und Stadtentwicklung der Stadt Bielefeld.
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Quellen: Stadt Bielefeld (2008): Fahrradparkhaus - Radstation moBiel. www.bielefeld.de/de/sv/verkehr/radfreundlich/fahrradinfra/. (Zugriff: 20.02.2008). // MVEL NRW (2004): Fahrradstationen in NRW. Eine Idee wird Programm. www.fahrradfreundlich.nrw.de/cipp/agfs/lib/all/lob/return_download,ticket,guest/bid,748/~/radstationen2004.pdf. (Zugriff: 15.03.2008). Mündliche Angaben: JENS MOOG: Amt für Gesamträumliche Planung und Stadtentwicklung, Bielefeld
unter anderem, dass die Investitionskosten bei der Nutzung ehemaliger Gepäcktunnel, Expressgut- oder Güterabfertigungshallen in der Regel geringer sind als bei aufwändigeren Neubauten, wobei bei Neubauten allerdings meist deutlich niedrigere Betriebskosten anfallen.
nt*/areal. Städtische Entwicklung hat nicht nur eine räumliche sondern auch eine zeitliche Dimension. Dass sich bei der Entwicklung eines Gebietes oftmals bemerkenswerte Potenziale ergeben, wenn man Flächen zeitlich effektiv nutzt, verdeutlicht das folgende Beispiel in Basel (CH). Das 18 Hektar große nt*/areal ist seit nunmehr acht Jahren Beispiel dafür wie ein langer Planungsvorlauf einer städtebaulichen Entwicklung genutzt werden kann, um verschiedensten Nutzungen und Kleinökonomien temporär Flächen bereitzustellen. Resultat ist ein Mehrwert für die Stadtgesellschaft. Dem Investor kann dies nur Recht sein.
Dies dachten sich auch der Soziologe Philippe Cabane und der Geograf Matthias Bürgin, als sie im Jahr 1997 die Studie »Akupunktur für Basel« als Grundlage und Programm für eine mögliche Zwischennutzung verfassten. Ziel der Machbarkeitsstudie war es, Modelle für die Umsetzung von mikroökonomischen Zwischennutzungen auf dem »nt*/areal« zu entwickeln und zu prüfen, inwiefern dies als Strategie der Stadtentwicklung zum Tragen kommen kann. Das Konzept einer bewussten Integration von Zwischennutzungen, um von einem möglichen Imagetransfer für das Areal zu profitieren, überzeugte die Eigentümerin. Seit April 1999 organisieren und betreuen nun die Autoren sowie Baseler Stadtforscher und Kulturschaffende mit ihren Vereinen »k.e.i.m« und »v.i.p.« auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände die einzelnen Zwischennutzungsprojekte. Durch mikroökonomische Projekte soll vor der Entwicklung durch
die Eigentümerin ein urbaner Kern etabliert werden, der durch seine außergewöhnlich kreative Nutzungsdiversität beeindruckt. Mit der Einrichtung des Restaurants »Erlkönig« in der ehemaligen Betriebskantine, der »Lounge Bar« und der Umnutzung des Wagenmeistergebäudes als Laboratorium für Kultur und Stadtentwicklung haben die Nutzer Treffpunkte geschaffen, die zum Ausgangspunkt für eine Bandbreite weiterer Nutzungen wurden: Einen multikulturellen Sonntagsmarkt, Musicalparking, ein türkisches Tanzlokal, Raum für Trendsportarten (»nt-dirt«, »scaterbowl«, »boulderstrecke«), eine Bar, die von Studenten betrieben wird, ein Gartenlabor für Kinder… Die gesamten Aktivitäten werden von den Vereinen »k.e.i.m« und »v.i.p.« gesteuert, die einige der gastronomischen Nutzungen selbst betreiben und sich zudem darum bemühen, dass sich weitere Zwischennutzungen auf dem DB Areal ansiedeln können. Aktuell hat der Verein k.e.i.m. zwanzig Mitglieder und legt vornehmlich Wert auf den mikroökonomischen Pioniercharakter der Projekte, während »v.i.p.« mit ca. 150 Mitgliedern durch eine Vielzahl von eher kleineren Projekten den Bezug zum Stadtquartier gewährleistet. Flankiert werden die beiden Vereine seit 2007 durch den Verein »E-Halle«, der von der Immobilienverwaltungsgesell-
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k.e.i.m. v.i.p. Kanton Basel Vivico (Immobilienverwaltungsgesellschaft der Deutschen Bahn AG)
// Private Vereine als Akteure bei Quartiersentwicklung notwendig // Gewährung eines Zeitfensters für Zwischennutzung durch Träger der Projektentwicklung nötig // Dimension des Projektes verbunden mit hohem organisatorischem Aufwand
Initiiert wurde das Projekt im Jahr 2000. Nach der schrittweisen Stilllegung des von der Deutschen Bahn AG (DB) bewirtschafteten Bahnhofsareals in der zweiten Hälfte der 1990er und eines ersten städtebaulichen Wettbewerbs war aufgrund diverser Verzögerungen im Planungsprozess und der Größe des Areals mit einem längeren Planungsund Realisierungszeitraum zu rechnen. Warum sollte man in dieser Zeit die Flächen nicht zwischennutzen?
[A] [B] [C] [D]
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schaft der DB Vivico und dem Kanton initiiert wurde, und das Angebot gastronomisch und kulturell erweitert. Während »k.e.i.m« als Rechtspersönlichkeit verantwortlich für die Miete der Räume und Flächen ist und sich hauptsächlich durch die Lounge finanziert, stützt sich »v.i.p.« auf die Einnahmen durch eine Parkplatzvermietung. Diese Projekte gewährleisten die Querfinanzierung anderer weniger kapitalbringender Nutzungen. Beide Vereine »k.e.i.m« und »v.i.p.« tragen sich vollständig selbst. Zwar gab es Starthilfen von verschiedenen Stiftungen und Fonds für die Bereitstellung von Infrastrukturen, der Betrieb finanziert sich jedoch hundertprozentig aus den Einnahmen. Eine kooperative Zusammenarbeit zwischen dem Eigentümer, dem Kanton und den bestehenden Zwischennutzungen findet bisher jedoch nur beschränkt und situativ statt. Die Rolle der Kommune beschränkt sich auf nicht materielle Unterstützung (positive Wahrnehmung, Ausloten von Spielräumen in Bewilligungsverfahren, koordinative Instrumente etc.) Trotz der eher losen Zusammenarbeit zwischen den Zwischennutzern bzw. deren Koordination durch »k.e.i.m« und »v.i.p.« mit den Planungsbehörden, besteht ein explizites Ziel in der Integration der Nutzungen in die gesamtstädtische Planung. In der Studie
[≥1] nt*areal aus der Luft
Während somit eine gewisse Vereinbarkeit mit stadtentwicklerischen Zielen gewährleistet ist, die allerdings hauptsächlich in der planerischen Hand der Zwischennutzer liegt, fallen für den Kanton keinerlei zusätzliche Kosten an. Die eher passive Rolle der Kommune ist sicherlich ein Hemmnis hinsichtlich der Übertragbarkeit der Projektidee auf einen anderen Standort, die durch die kommunale Verwaltung initiiert wird. Das »nt*/areal« zeigt dennoch vorbildlich, welches Potenzial aus einer effektiven temporären Nutzung geschöpft werden kann, welche positiven Effekte für die Stadt(teil)gesellschaft entstehen können und dass diese Entwicklung auch durchaus mit privatwirtschaftlichen Eigentümerinteressen vereinbar ist.
Herr Cabane, warum hat sich das Güterbahnhofsgelände in Basel für eine Zwischennutzung angeboten? Vielleicht wäre zuerst einmal der Standort Basel als solcher zu nennen. Die schon seit einem Jahrzehnt bestehende Tradition von kulturellen Zwischennutzungen stieß in breiten Kreisen auf ein positives Echo. Aufgrund der recht guten Erfahrungen mit zahlreichen anderen Projekten herrschte auch Offenheit von Seiten der Behörden und Eigentümer. Es war absehbar, dass die Planung und Realisierung eines 20 ha umfassenden Masterplans im städtebaulich nur wenig geübten Basel viel mehr Zeit beanspruchen würde, als dies von den Planern dargestellt wurde. Ferner war mit dem Programm des ersten städtebaulichen Wettbewerbs klar, dass der Kanton öffentliche Grün- und Freiflächen und eine öffentliche Verbindung in ein wichtiges Naherholungsgebiet plant. Warum sollten wir bis zum Abschluss aller politischen Verhandlungsprozesse warten, wenn die Freiflächen über Zwischennutzungen schon heute verfügbar sein könnten? Für mich als Stadtplaner und Soziologe war das Areal natürlich auch ein wichtiges Experimentierfeld, um zu beweisen, dass ein Ort erst durch die Menschen und ihre Aktivitäten lebt. Die Rolle der Architektur für so genannte »Urbanität« spielt eine weit geringere Rolle, als dies in den 90er Jahren (und vielerorts auch heute noch) behauptet wurde.
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
Welche positiven Eigenschaften ihres Projektes könnten als Modell für Zwischennutzungsprojekte auf Bahnarealen in anderen europäischen Großstädten dienen? Wir haben es geschafft, auf privater Basis ein lose strukturiertes Quartiermanagement zu etablieren, das einen öffentlichen Freiraum auf privater Basis betreibt. Das hierfür notwendige Geld erwirtschaften wir selbst. Diese Form von selbstorganisierter auf Mikroökonomien basierende Öffentlichkeit ist weit urbaner, flexibler und kostengünstiger als die Realisierung und der Betrieb von so genannten Designerparks. Philippe Cabane ist Lizentiant in Soziologie, Philosophie und Geografie sowie Diplomand in Städteplanung. Er arbeitet als freiberuflicher Projektentwickler in Basel/Schweiz.
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Quellen: BMVBW (2004): Zwischennutzung und neue Freiflächen. Städtische Lebensräume der Zukunft. S. 94. Berlin.(Eigenverlag) // Bürgin, Matthias; Cabane, Philippe(1999): Akupunktur für Basel. Zwischennutzung als Standortentwicklung auf dem Areal des DB-Güterbahnhofs in Basel. Basel. http://www.areal.org/areal_alt/ download/zn_mb.pdf. (Zugriff: 16.03.2008). // K.e.i.m. e.V. (2008): nt*/areal basel - ein projekt für kultur und stadtentwicklung. http://www.areal.org/areal/. (Zugriff: 20.02.2008). Mündliche Angaben: PHILIPPE CABANE: Stadtsoziologe, Basel [1] www.flickr.com
»Akupunktur für Basel« heißt es hierzu: »Für das DB-Areal soll … aufgezeigt werden, wie die Zwischennutzung gleichzeitig und zusätzlich auch als Strategie zur Stadt(teil)entwicklung zum Einsatz kommen kann, um damit im Sinne einer win-win-Strategie den Instrumenten der formellen Planung ein wirkungsvolles informelles Instrument zur Seite zu stellen.« (Bürgin, Cabane, 1999:3)
Welche Maßnahmen waren nötig, um die Baseler auf die neuen Nutzungen im ehemals abgeschlossenen Bereich des Güterbahnhofs aufmerksam zu machen? Das geschah auf verschiedenen Ebenen: Einmal spielte die von Matthias Bürgin und mir im Vorfeld verfasste Studie »Akupunktur für Basel« bei Entscheidungsträgern und beim Fachpublikum eine wichtige Rolle. Was die Besucher des Areals angeht, haben wir darauf geachtet, dass jedes Projekt seinen eigenen Kreis anzieht. Durch diese bewusste Pflege von kultureller Differenz weitete sich der Kreis systematisch aus. Ein wesentlicher Faktor sind vor allem auch Projekte wie der Sonntagsmarkt. Dieser hat sich in kürzester Zeit zum multikulturellen Treffpunkt des ganzen Quartiers etabliert. Wichtig war uns auch hier, dass der Markt und die Foodstände von Quartierbewohnern betrieben werden.
RAW Tempel. Mauer, nichts als Mauer in der Revaler Straße, doch dahinter erstreckt sich ein riesiges Areal. [Das ehemalige RAW (Reichsbahnausbesserungswerk) Franz Stenzer]. In den offen stehenden Fabrikhallen liegen Glasscherben eingeschlagener Fenster auf dem Boden. Ein ausgebrannter Imbisswagen gammelt vor sich hin. (Ermer 1999:22)
// Private Vereine als Akteure bei Quartiersentwicklung maßgeblich // Zwischennutzungserlaubnis durch Eigentümerin notwendig // Dimension des Projektes verbunden mit hohem organisatorischem Aufwand
Brachgefallene, ungenutzte innerstädtische Bahnflächen stellen in vielen Städten ein unausgeschöpftes stadtentwicklerisches Potenzial dar. Dies liegt zum einen an ihrer oftmals zentralen wenn auch isolierten Lage im Stadtgefüge sowie zum anderen an einer übersichtlichen Eigentümerstruktur. Dass eine Entwicklung solcher Flächen im Sinne der Idee des »Null Euro Urbanismus« möglich, jedoch oftmals ein zäher und langwieriger Prozess ist, zeigt das Good Practice Beispiel auf dem Areal des »Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) Franz Stenzer« in Berlin Friedrichshain. Das Projekt steht sinnbildlich für einen innovativen Ansatz der Stadtentwicklung, der auf einer Vereinbarung zwischen einer privaten Bewohner- und Künstlerinitiative, dem Bezirk Friedrichshain und der Deutschen Bahn AG als Eigentümer basiert, ohne dass signifikante Kosten für einen dieser drei Akteure entstehen. Was braucht es nun für ein solch gelungenes Projekt? Als Grundvoraussetzung erstmal… viel Geduld und Durchhaltevermögen… Dass beides von Nöten sein wird, war einer Gruppe von engagierten Anwohnern und Künstlern, die sich zum Verein »RAW Tempel e.V.« zusammengeschlossen hatten, durchaus bewusst, als sie im August 1998 ihre Entwicklungsidee im Bezirksamt bzw. im November 1998 vor zwei Bezirksstadträten vorstellte.
Grobes Ziel war die Entwicklung einer kleinen »Stadt innerhalb der Stadt«, die vornehmlich Raum -physisch und ideellbieten sollte für Kultur und Stadtteilprojekte jeglicher Art. Dass eine solche Idee aufgrund ihrer basisdemokratischen Ausrichtung einer Stadtentwicklung von unten und vor dem Hintergrund klammer öffentlicher Kassen auf das Interesse der Bezirksräte stieß, ist selbstverständlich. War die Idee bisher nur in den Köpfen der Initiatoren existent, war nun also der Bezirk mit im Spiel um die temporäre Nutzung des Areals. Temporär deshalb, weil aus stadtplanerischer Sicht und Eigentümerinteresse eine immobilienwirtschaftliche Entwicklung des Gebietes uneingeschränkte Priorität hat. Früher oder später soll die 72 ha große Brachfläche den Raum für ein neues mischgenutztes Stadtquartier bieten. Wohl eher später… wenn es nach den Mitgliedern des »RAW Tempel e.V.« geht. Solange jedoch noch kein Investor für das Gelände gefunden ist, liegt es im Interesse aller Beteiligten, den archaischen Raum durch eine Zwischennutzung zu beleben. Ein Vertreter der Allianz Grundstück GmbH als Verwaltungsgesellschaft der Bahnflächen unterstreicht den Mehrwert der temporären Nutzung: »Wir [als Vertreter der Deutschen Bahn] versprechen uns […] einen Imagegewinn und betrachten diese Vermietung als eine Investition in die Zukunft.« (Ermer 1999:22)
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[A] RAW Tempel e.V. [B] Bezirksverwaltung Friedrichshain [C] Vivico (Immobilienverwaltungs-gesellschaft der Deutschen Bahn AG) [D] Gruppe der Nutzer der RAW-Räumlichkeiten
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Es bedurfte einiger Vermittlung der Bezirksstadträte und eines ausgearbeiteten Zwischennutzungskonzeptes, um das Vertrauen des Eigentümers zu gewinnen. Restriktionen resultierend aus beidseitigem Misstrauen zwischen Verein und Eigentümer erschwerten die Umsetzung der Projektidee. So war es z.B. dem Verein zuerst nicht möglich, das Privatgelände zu betreten, sodass die erste Ortsbegehung im Oktober 1998 »virtuell« durchgeführt wurde. Nichtsdestotrotz wurde im Mai 1999 ein mündlicher Vertrag zur Nutzung von vier Gebäuden auf dem Areal für zunächst drei Jahre geschlossen. Dies geschah jedoch nicht direkt zwischen dem Verein und der DB AG, sondern es bedurfte des Bezirksamts Friedrichshain, das vermittelnd als Mieter auftrat und das Gelände dem »RAW Tempel e.V.« zur Nutzung überließ. Zuschüsse von kommunaler Seite gibt es keine, lediglich der Verzicht auf Mieteinnahmen aufgrund der Tatsache, dass der Verein lediglich die Betriebskosten aufbringen muss, ist als indirekter finanzieller Aufwand zu sehen. Wie genau sieht nun das Projekt des RAW Tempel aus? Wie bereits erwähnt, wurde 1998 ein Nutzungskonzept entwickelt, das für die Räumlichkeiten künstlerische und kleinunternehmerische Nutzungen vorsieht. Vier Gebäude werden vom Verein betrieben. Das »Stoff- und Gerätelager« wird mit den Themenschwerpunkten »Klang
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[≥1] Skatehalle auf dem RAW-Gelände
Welche Restriktionen ergeben sich aufgrund der temporären Nutzung? Temporäre Nutzungen vornehmlich von Bahnflächen könnten ja als »Allheilmittel« der aktuellen Stadtentwicklungsdiskussion angesehen werden, doch lassen sich anhand des »RAW Tempel«-Projektes durchaus Restriktionen aufzeigen, die einer temporären Ausrichtung ohne oder mit beschränkter Planungssicherheit erwachsen. Negativer Höhepunkt war sicherlich die fristlose Kündigung des Nutzungsvertrages im Mai 2001. Die Vivico Real Estate GmbH als neue Verwaltungsgesellschaft der Bahnimmobilie berief sich auf Vertragsverstöße als offiziellen Kündigungsgrund. Zudem suchte die Vivico nach einem Bebauungskonzept der Fläche, indem sie einen beschränkten
Wettbewerb zur Erstellung eines Nutzungskonzeptes ausrief. Erst nach massivem öffentlichen Druck machte die Eigentümerin einen Rückzieher, der schließlich in der Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrages im November 2002 mündete und die temporäre Nutzung des Gebietes über mindestens zehn Jahre gewährleistete. Somit wurde auch ein weiteres Hemmnis, die fehlende Planungssicherheit, zumindest teilweise beseitigt. In der anfänglichen Pionierphase standen die Wiederherstellung von verschiedenen Installationen und Infrastrukturen ständig zur Disposition. Lohnt es sich, in einigen Räumen ein neues Heizungssystem zu installieren unter dem ständigen Damoklesschwert der Kündigung des Zwischennutzungsvertrages? Diese Bedenken stehen nun zumindest zeitlich in einem anderen perspektivischen Licht. Welche planerische Zukunftsperspektive hat das Projekt? Das Projekt wird von der Berliner Stadtbevölkerung gut angenommen und hat einen kontinuierlichen Wandel hin zu einem ernstzunehmenden Bestandteil des Stadtteillebens erlebt. Neben zahlreichen Veranstaltungen, Tagungen und Workshops, die zum kulturellen Image des Bezirks und Quartiers beitragen, leistet das Projekt mit aktuell rund 120 HZA- und GZA-Kräften jährlich auch nicht zu vernachlässigende Beschäftigungseffekte. Diese Orientierung soll in
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den nächsten Jahren verstärkt werden, indem der Verein mittelfristig in eine Regionale Entwicklungsgenossenschaft und in ein soziokulturelles Projekte- und kulturgewerbliches Gründerzentrum umgewandelt werden soll. Alles unter der Prämisse, dass sich eine Entwicklung des Areals durch die Eigentümerin weiterhin verzögert.
Quellen: Ermer, Marc (1999): Kulturtempel fährt ins Eisenbahnwerk. In: Tageszeitung Berlin, 5. Juli 1999, Berlin. // RAW Tempel e.V. (2007): RAW Tempel e.V. Soziokulturelles Projektezentrum. http://www.raw-tempel.de. (Zugriff:15.03.2008). [1] http://www.flickr.com/photos/sarahgenner/198677009. (Zugriff: 31.03.2008).
und Bewegung« genutzt und beherbergt einen Veranstaltungsort für Rockkonzerte. Das »Ambulatorium« bietet Raum für leisere, introvertierte Veranstaltungen. Das »Beamtenwohnhaus« beherbergt eine Mischnutzung, die sich aus Ateliers, Werkstätten und Seminarräumen zusammensetzt. Das »Verwaltungsgebäude« bietet Räumlichkeiten für Workshops, Seminare, und Tagungen. Eine Etage ist reserviert für den internationalen Austausch: Gastateliers/Gästehaus. Nicht zuletzt aufgrund des temporären Charakters versteht sich das Projekt als dynamisches Gebilde, das wesentlich von den aktuell in den Gebäuden befindlichen Vereinen und Betriebe getragen wird.
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Null Euro Urbanismus - Empfehlungen für Good Practice. Welche Handlungsmöglichkeiten und Lehren aus der Projektpraxis ergeben sich für kommunale Akteure aus den betrachteten Beispielen? Ein Beitrag zum Wissenstransfer zwischen Theorie und Praxis vor dem Hintergrund des Null Euro Urbanismus.
Untersucht man die geschilderten Beispiele hinsichtlich gemeinsamer Charakteristika und Handlungsmuster, so scheitert dieser Versuch in der Regel am individuellen und einzigartigen Charakter eines jeden Beispielprojekts. Sei dies hinsichtlich der Entstehungsgeschichte, der spezifischen Akteurskonstellation, der angewandten Instrumente oder ihrer Finanzierungsart. Dieser »natürlichen« Einzigartigkeit wurde im Rahmen des Studien- und Rechercheprojekts durch die detaillierte, deskriptive Illustration der Good Practice Projekte in Form von journalistischen Artikeln versucht gerecht zu werden. Wagt man dennoch einen weiteren Schritt bei Betrachtung der beschriebenen Good Practice Beispiele, so lassen sich gewisse Praxiserfahrungen und Handlungserfordernisse subsumieren, die als Orientierung für andere Kommunen dienen können. Fast alle untersuchten Projekte zeigen, dass oftmals eine Reihe von Gesprächen und Verhandlungen mit verschiedensten Akteuren notwendig ist, um eine win-win-Situation unter der Prämisse der Finanzierbarkeit erreichen zu können. Hierbei können Initiativen sowohl aus der kommunalen Verwaltung als auch aus der Privatwirtschaft oder Zivilgesellschaft kommen. Es bedarf eines hohen Kommunikationsaufwandes, um die verschiedenen Interessen und Motivationen der involvierten Akteure zu berücksichtigen. So kann es gelingen, Projekte zu verwirklichen, die unter Einbeziehung des Vorteilsdenkens der Akteure einen allgemeinen gesellschaftlichen Mehrwert generieren. Diese realistische Einschätzung der individuellen Motive ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von Stadtentwicklungsprojekten. Laut Fürst stellen sich »in der Praxis der Stadtentwicklung [...] Governance-Arrangements nicht als akademische Netzwerke dar, die über Fragen der Stadtentwicklung nachdenken, sondern als handfeste Akteurskoalitionen, die Interessen verfolgen und Wege finden, diese auch politisch-administrativ durchzusetzen. Solche Koalitionen muss man als Stadtplaner kennen oder zumindest empirisch identifizieren können, um überraschungsresistent operieren zu können« (2007:5ff.).
Governanceartige Akteurskonstellationen implizieren stets eine gewisse Gratwanderung zwischen kontrollierter Kompetenzabgabe und Laissez-Faire, die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis basiert, durchaus aber auch auf vertragsrechtlichen Regulationen fußt. Die geschilderten Projekte scheinen oftmals eine gute Balance zwischen Verbindlichkeit und Freiheit gefunden zu haben, was als wesentlicher Beitrag zum Erfolg angesehen werden kann. Dieses Austangieren zwischen Interessen ist jedoch meistens nur am Rande Resultat eines wissenschaftlichen Diskurses, sondern vielmehr Ergebnis eines Pragmatismus, der aus den individuellen Motivationen resultiert. Insofern können die Good Practice Beispiele auch als Plädoyer für einen ergebnisorientierten Planungsansatz verstanden werden, da sie im Wesentlichen durch (privat-)wirtschaftliches Denken und/oder individuelle (ideelle) Motivation getragen werden und das primäre Ziel in der Realisierung der Projekte lag. Die beschriebenen Projekte und deren pragmatischer Planungsansatz können als unmittelbare Reaktionen auf veränderte Rahmenbedingungen gesehen werden, die bereits geschildert wurden (→N.E.U. - Finanzkrise, Good Governance und Planung.). Sie sind Resultat einer aktiven Anpassung an gesamtwirtschaftliche und -gesellschaftliche Veränderungen, auf die die beteiligten Akteure in ihrer jeweiligen planerischen Rolle antworten. Somit können die Good Practice Beispiele auch als Handlungsmöglichkeiten im Sinne einer Stärkung der Rolle von Planung verstanden werden. Becker drückt diesen Bedeutungsgewinn von planerischer Gestaltung wie folgt aus: »Schrumpfende Städte und knappe Kassen stellen uns vor neue Aufgaben. Die alten Leitbilder und Wertesysteme müssen überdacht werden. Es wäre jedoch ein Irrglaube, dass Planung nicht mehr benötigt wird. Schrumpfung und Sparen ist eine sehr anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe, für die belastbare und einfache Konzepte benötigt werden.« (2003:26ff.)
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Dieser planerische Gestaltungsauftrag bezieht sich zwar auch auf klassische kommunale Planung, doch richtet er sich primär an sämtliche Beteiligte, die an der Evolution von Stadtentwicklung mitwirken und durch ihr Verhalten und ihre Motivation Stadt gestalten. Neben der Kenntnis über die komplexen Akteurskonstellationen und einem grundsätzlichen pragmatischen Planungsansatz gibt es weitere Erfahrungswerte, die auf einer grundsätzlichen »stadtentwicklerischen Innovationsfreude« basieren. Hierunter fallen solche Handlungsansätze, die parallel zu konventionellen Planungsinstrumenten ausgeübt werden und grundsätzlich eher informeller Natur sind. Die Good Practice Beispiele zeigen, dass dieser innovative Umgang oftmals möglich und nötig ist, um eine Projektrealisierung zu erreichen. Erinnert sei hier beispielhaft an die temporär ausgerichteten Gestattungsvereinbarungen, verwaltungsimmante Handlungsmöglichkeiten, die Chancen von »Weniger-ist-Mehr«-Ansätzen, Sponsoring- und Patenschaftsmodellen oder das Entwicklungspotenzial durch zivilgesellschaftliches Engagement. Dass diese Handlungsansätze nicht als Allheilmittel verstanden werden sollten, ergibt sich aus der individuellen Gestalt der Projekte. Es bedarf eines sorgfältigen planerischen Umgangs, der den besonderen Rahmenbedingungen in jeder Kommune bzw. in jedem planerischen Kontext Rechnung trägt.
Quellen: BECKER, Carlo W. (2003): Sparen mit Konzept - Die Pflege des öffentlichen Grüns. In: Garten+Landschaft, Jg.113, H.11, S.26-28. München. (Callwey Verlag). FÜRST, Dietrich(2007): Urban Governance - Einblicke in die Diskussion. In: Städte im Umbruch - Das Online Magazin für Stadtentwicklung, Stadtschrumpfung, Stadtumbau & Regenerierung, Jg.4, H.4, S.5-10. Leipzig und Berlin. (Edition Kirchhof und Franke).
Nur unter dieser Prämisse kann ein fruchtbarer Wissenstransfer im Sinne dieses Studien- und Rechercheprojektes erreicht werden und Entwicklungspotenzial im Sinne eines Null Euro Urbanismus genutzt werden.
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Null Euro Urbanismus - Ein Glossar. Was ist der Unterschied zwischen Spende und Sponsoring und was ist eine gemeinnützige Gesellschaft? Was versteht man unter einem HID? Wie kann Management, Landwirtschaft und Open Source urban sein? Fragen, auf welche es in diesem Glossar die Antworten gibt.
Das nachstehende Glossar dient dazu, zentrale Begrifflichkeiten dieses Projektberichts zu erläutern und im Kontext des »Null Euro Urbanismus« einzuordnen. Es enthält sowohl Fachwörter aus den Bereichen Städtebau, Stadtplanung und Stadtentwicklung als auch allgemeine Begriffe, die für das Themenfeld spezifiziert wurden. Business Improvement Districts (BID) Hierbei handelt es sich um einen räumlich begrenzten, häufig innerstädtischen Bereich, in dem sich Immobilieneigentümer und Gewerbetreibende zusammenschließen, um auf der Grundlage eines abgestimmten Arbeitsprogramms und mittels einer gemeinsam verpflichtenden Abgabe die Instandhaltung und Aufwertung ihres Geschäftsquartiers zu leisten. Dieses Instrument des BID für innerstädtische Einkaufslagen kann auch für Wohngebiete als Housing Improvement Districts (HID’s) Anwendung finden. (vgl. DSSW 2007:13.08.2007) Effizienz Effizienz (lat.: efficere „bewirken“) ist das Verhältnis eines in definierter Qualität vorgegebenen Ziels zu dem Aufwand, der zur Erreichung dieses Ziels nötig ist. Ein effizientes Verhalten führt daher wie auch ein effektives Verhalten zur Erzielung einer Wirkung, hält aber darüber hinaus den dafür notwendigen Aufwand möglichst gering. (vgl. Woxikon 2007: 30.08.2007) gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) Der Begriff gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) steht für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die nach §§ 51 ff. Abgabeordnung (AO) steuerlich begünstigt ist. Juristisch gesehen gibt es bei der gGmbH keine Unterschiede zu der klassischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Mindeststammkapital von 25.000 Euro muss vorhanden sein und die Geschäftsführung hat das GmbH–Gesetz, die Abgabeordnung sowie weitere Gesetze zu beachten. Das besondere der gGmbH ist der Status der steuerlichen Gemeinnützigkeit. D.h. wenn die gGmbH vom Finanzamt als gemeinnützig im steuerlichen Sinne anerkannt
ist, muss sie weder Körperschaftsteuer noch Gewerbesteuer zahlen. Jedoch ist sie natürlich an die Grundsätze der §§ 51 ff. AO gebunden. Somit ist die gGmbH dazu verpflichtet die erwirtschafteten Gewinne zeitnah für altruistische Zwecke zu verwenden und darf Ausschüttungen an ihre Gesellschafter nur unter Beachtung von weiteren Voraussetzungen vornehmen. (vgl. Treyde 2007:16.03.2007) Good Governance Good Governance, auf deutsch gute Regierungsführung oder gute Staatsführung genannt, ist die Art und Weise, in der in einem Staat Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Hierbei beschränkt sich die Good Governance nicht auf die Regierungsebene, sondern gilt für alle Betroffenen und Beteiligten. Die gute Regierungsführung oder gute Staatsführung zeichnet sich vor allem durch Transparenz und Effektivität aus. Hinzukommt, dass sie bei bevorstehenden Entscheidungen alle beteiligt und die Meinungen anderer berücksichtigt werden. Good Governance wird somit als ein gutes Steuerungs- und Regelungssystem einer politisch-gesellschaftlichen Einheit wie Staat oder Gemeinde bezeichnet. (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2007:27.03.2008) Good Practice 1. Praktisch erfolgreiche Lösungen oder Verfahrensweisen, die anerkannte Standards beachten. Sie müssen nicht best practice sein, zumal oft schwierig oder nicht hilfreich sein kann, die - einzig - beste Lösung zu ermitteln bzw. sich an ihr zu orientieren. 2. Das Vorgehen, solche Lösungen zu ermitteln und für Verbesserungen zu nutzen. Die Bewertung als „good practice“ setzt voraus, dass analysiert worden ist, worin sich die erfolgreichen von den weniger erfolgreichen Gestaltungen unterscheiden, und welche Ursache-Wirkungs-Beziehungen bestehen. (vgl. Krems 2007:27.10.2008)
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Good Practice (im Kontext des Null Euro Urbanismus) Unter „Good Practice“ im Kontext des »Null Euro Urbanismus« wird eine praktisch erfolgreiche Projektumsetzung, Projektgestaltung oder Verfahrensweise verstanden, die anerkannte Standards beachtet, die einen Beitrag zur Entwicklung eines Ortes in temporärer oder dauerhafter Weise leistet, an deren Initiierung, Ermöglichung und/oder Umsetzung die Kommune wesentlich beteiligt ist, die eine win-win Situation für alle beteiligten Akteure darstellt und die auf genereller Ebene einen Mehrwert für die Stadtgesellschaft in ihrer Gesamtheit generiert. Housing Improvement District (HID) Ein HID ist auf einen räumlichen Bereich in einem Wohngebiet begrenzt, in dem sich die Grundeigentümer und andere Projektbeteiligte zusammenschließen. Dieser Bereich (Sonderzone) wird für einen festgelegten Zeitraum angelegt, in der Projektbeteiligten gesetzlich verpflichtet werden können, eine Abgabe zur Quartiersaufwertung zu entrichten. (vgl. DSSW 2007:13.08.2007) Null Euro Urbanismus Unter »Null Euro Urbanismus« versteht man Projekte, Pläne und Maßnahmen aus den Feldern Städtebau, Stadtplanung und Stadtentwicklung die sich als kostenneutral für die Kommune erwiesen haben oder die sich durch einen verhältnismäßig geringen Einsatz kommunaler finanzieller Mittel auszeichnen. Die Projekte, Pläne und Maßnahmen können baulicher, administrativer und marktwirtschaftlicher Natur sein. Open Source Unter dem Begriff Open Source wird bei der Programmierung von Computersoftware ein offener, frei zugänglicher für die Benutzer lesbarer Quellencode verstanden, deren Lizenz es erlaubt, dass die Software frei und in veränderter Form weiterverbreitet wird. (vgl. bpb 2007:18.03.2008) Open Source Urbanismus Unter dem Begriff Open Source Urbanismus wird die Übertragbarkeit des Open-Source-Prinzip (offene Quellen = viele Ideen), welches vor allem bei der Programmierung von Computersoftware Anwendung findet, verstanden. Der Grundgedanke hinter dem Open Source Urbanismus ist der, dass die engagierte/interessierte Personen oder Institutionen nicht nur Plänen einsehen sondern auch selbst gestalten und somit aktiv in der Stadtentwicklung beteiligt sind. Gerade in schwierigen ökonomischen und stadtbaulichen Situationen werde insbesondere Brachflächen als bereits vorhandenen „Quellencodes“ angesehen, wodurch Zwischennutzungen die wesentliche Grundlage für den Open Source Urbanismus darstellen. (vgl. studio urban catalyst 2007:86f) Public Private Partnership Auch bekannt als öffentlich private Partnerschaft. Eine Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft (meistens) bei der Realisierung öffentlicher Infrastrukturprojekte. PPPs helfen die Effizienz bestimmter Projekte durch verbesserte Verfahrensabläufe und transparenteres Schnittstellenmanagement sowie privatwirtschaftliche Anreiz-
mechanismen und eine optimierte Risikoverteilung zu steigern. (vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 2007:24.05.2007) Privatisierung Privatisierung meint im Allgemeinen die Verlagerung von Angelegenheiten, die bisher von der öffentlichen Hand wahrgenommen wurden, in den privaten Bereich einschließlich der vorgelagerten Grauzonen. Unterscheidet man nach dem Gegenstand der Privatisierung, so lassen sich fünf Formen ermitteln: 1. Vermögensprivatisierung (Übertragung von staatlichen und kommunalen Eigentumspositionen und Vermögenswerten auf Private) 2. Organisationsprivatisierung/formelle Privatisierung (Wechsel der Rechtsform des Verwaltungshandelns) 3. Aufgabenprivatisierung/materielle Privatisierung (Aufgabenverlagerung auf den privaten Sektor/ Rückzug des Staates/der Kommune) 4. Verfahrensprivatisierung/funktionelle Privatisierung (Der Staat bedient sich zur Erfüllung einer Aufgabe privater Verwaltungshelfer) 5. Finanzierungsprivatisierung (Einsatz privater Finanzierungsmittel zur Verwirklichung einer öffentlichen Aufgabe) (vgl. Haider 2002:31f) Renaturierung Renaturierung beschreibt Stadtumbauprojekte, die in ihrer Grundkonzeption auf eine dauerhafte Umwandlung von Bauland zu Grün- und Freiflächen angelegt sind. Die Spannweite dieser neuen Freiflächentypen reicht von der Sukzessionsfläche über Waldflächen bis zur Erweiterung bestehender Parkanlagen in innerstädtischen Quartieren. (vgl. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2004:4) Spende Unter einer Spende versteht man Zuwendungen (z.B. finanzielle Beiträge sowie Dienst- und Sachleistungen) die unentgeltlich und freiwillig geleistet werden. Eine Leistung ist unentgeltlich, wenn diese ohne Erwartung an eine Gegenleistung getätigt wird. Die Freiwilligkeit liegt dann vor, wenn eine Leistung ohne rechtliche Verpflichtung erbracht wird. Spenden gehen dabei häufig an einen gemeinnützigen Verein, eine gemeinnützige Stiftung, eine gemeinnützige Organisation, eine politische Partei (Parteispende) oder Körperschaften des öffentlichen Rechts. (vgl. FHH 2007:3) Formen: Spenden sind üblich als Geldspende, Sachspende, Leistungsspende oder Zeitspende (Ehrenamt). Als Spende gilt eine Leistung nur dann, wenn der Name des Spenders höchstens genannt, nicht aber sein Logo abgedruckt wird. Sobald dies der Fall ist, gilt die Spende nicht mehr als Spende, sondern als Sponsoring und wird steuerlich gemäß den Regeln des Sponsoring bewertet.
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Sponsoring Unter Sponsoring versteht man Zuwendungen von Geld oder einer geldwerten Leistung durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen, wissenschaftlichen, sozialen, ökologischen oder ähnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen zu verstehen. Neben der Förderung einer Maßnahme oder öffentlichen Einrichtung werden auch andere Interessen verfolgt. Dem Sponsor kommt es auf eine Profilierung in der Öffentlichkeit über das gesponserte Produkt oder Projekt an (Imagegewinn, Steigerung der Unternehmens- oder Markenbekanntheit). Sponsoren handeln nicht uneigennützig. Sie haben Anrecht auf eine Gegenleistung, durch die sie wirtschaftliche Vorteile erlangen. Klassische Gegenleistung im Sponsoring ist die Nennung des Sponsors, gegebenenfalls in Verbindung mit seinem Logo, auf Plakaten, Programmheften und anderen Druckerzeugnissen der gesponserten Einrichtung. Die Leistungen eines Sponsors beruhen häufig auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfänger der Leistungen (Sponsoring-Vertrag), in dem Art und Umfang der Leistungen des Sponsors und des Empfängers geregelt sind. (vgl. FHH 2007:2f) Umnutzung Unter Konversion versteht man die Umnutzung bisher für die Öffentlichkeit weitgehend unzugänglicher, zu militärischen oder industriellen Zwecken genutzter großer zusammenhängender Areale. (vgl. FHH 2001:24) Urbane Landwirtschaft Urbane Landwirtschaft und städtischer Gartenbau sind entweder innerhalb oder am Rande von Städten zu finden. Die urbane Landwirtschaft oder der städtische Gartenbau befinden sich oft auf Böden, die nicht für landwirtschaftliche Nutzung ausgewiesen sind (z.B. auf Brachen, in Hausgärten oder auf Hausdächern). In den Gärten wird eine Vielfalt von essbaren und nichtessbaren Produkten hergestellt. Die produzierten Naturalien (oft geringe Produktionsmenge) werden von den Produzenten selbst konsumiert, verkauft oder verschenkt. Neben der Aufzucht und Pflege von Pflanzen und oder Tieren haben die Gärten auch soziale und stadträumliche Auswirkungen. So werden das Arbeiten mit Pflanzen und die oftmals gemeinschaftliche Eigenproduktion von Nahrungsmitteln als psychologisch, pädagogisch und gesellschaftsbildend angesehen. (vgl. Haide 2007:1) Urban Management Urban Management ist eine Managementstrategie und -taktik des Prozessmanagements, um den immer komplexeren Aufgaben der Stadtentwicklung gerecht zu werden. Das Hauptaufgabenfeld des Urban Managements beschäftigt sich insbesondere mit Stadtumbau. Urban Management ist ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem die divergierenden Interessenslagen aus dem Bereich der Stadtplanung und der Immobilienwirtschaft effektiv verzahnt werden, da die Umstrukturierungsund Anpassungsprozesse unter Schrumpfungsbedingungen nicht planbar wie bisherige Entwicklungsplanungen unter Wachstumsbedingungen sind. Dieses Erscheinungsbild ist
symptomatisch für städtebauliche Umbaumaßnahmen. Um eine hohe Effizienz bei der Umsetzung städtebaulicher Maßnahmen zu gewährleisten, sollten alle beteiligten Akteure von Beginn an in die Verfahrensabläufe der Gemeinde eingebunden werden. Im Idealfall sollten diese Beteiligungen bereits in der Frühphase durch Kooperationsverträge mit potentiellen Investoren, Unternehmen oder Grundstücksnutzern geschehen. Mit anderen Worten ist das Urban Management vor allem durch die Bündlung von integrierenden strategischen und taktischen Aufgaben im Bereich der Stadtentwicklung geprägt ist. Das Konzept des Urban Managements ist als ein flexibles und integratives Handlungssystem zur effektiven Prozesssteuerung sowie zur Koordination und Vernetzung zu verstehen, mit dem Ziel eine win-win Situation für alle Projektbeteiligten zu erzielen. (vgl. Goldschmidt 2005:06.08.2007) Vermögenshaushalt Unter dem Begriff Vermögenshaushalt verbergen sich die vermögenswirksamen Ausgaben und Einnahmen, insbesondere die Sachinvestitionen (d.h. Ausgaben für Baumaßnahmen und den Erwerb von Sachvermögen) und die Investitionszuweisungen von Bund und Land. Investitionszuweisungen sind Veräußerungserlöse und besondere Finanzierungsvorgänge (z.B. Aufnahme und Tilgung von Krediten oder Rücklagenzuführungen- u. entnahmen). (vgl. Schwarting 2001:46ff) Verwaltungshaushalt Der Verwaltungshaushalt umfasst alle Ausgaben, die im Rahmen der Verwaltung bzw. bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben anfallen. Zu den Ausgaben gehören die Personalausgaben, der laufende Sachaufwand, die sozialen Leistungen und die Zinsen, sowie die zu ihrer Finanzierung dienenden Einnahmen (d.h. die Steuern, die Gebühren und die allgemeinen Finanzzuweisungen vom jeweiligen Bundesland). (vgl. Schwarting 2001:46ff) Ziel sollte es sein, dass jede Gemeinde im Verwaltungshaushalt einen finanziellen Überschuss (Einahmen vs. Ausgaben) erwirtschaftet, um so eine Verschuldung zu vermeiden. Der erzielte finanzielle Gewinn dient der Pflichtzuführung an den Vermögenshaushalt, wodurch eine Schuldentilgung gewährleistet werden soll. Durch dieses System werden die Gemeinden zu einem sparsamen Verhalten gezwungen. Eine umgekehrte Übertragung der Beiträge, d.h. vom Vermögenshaushalt zum Verwaltungshaushalt, ist nur in Ausnahmefällen gestattet. Dies geschieht vor allem dann, wenn die laufenden Einnahmen nicht zur Deckung der laufenden Ausgaben ausreichen und nur noch der Verkauf von Vermögenswerten oder der Rückgriff auf Rücklagen zum Ausgleich des Haushaltes in Betracht kommt. (vgl. Zimmermann 1999:273) Zwischennutzung Unter dem Begriff Zwischennutzung versteht man die Nutzung zwischen zwei Hauptnutzungen. Die Beson-
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derheit von Zwischennutzung lässt sich vielfach nur aus dem Verständnis der öffentlichen Planung verstehen. Anhand des Flächennutzungsplans werden den Flächen einer Stadt bestimmte Nutzungen zugewiesen, die die Planungs- und Entwicklungsziele darstellen. Somit sind Orte, die vorübergehend keine Nutzung und Funktion aufweisen (z.B. innerstädtische Brachenflächen und leerstehende Gebäude) optimale Voraussetzungen für Zwischennutzungen. Mit anderen Worten ist eine Zwischennutzung eine befristete Nutzung einer Brachfläche oder eines leerstehenden Gebäudes, die nicht der ursprünglichen und nicht der langfristig geplanten Nutzung entspricht. (vgl. Bahr 2005:6f) Quellen BAHR, Raiko (2005): Die Stadt entwickeln mit Zwischennutzungen. Voraussetzungen und politische Begründungen. Eine Untersuchung in Berlin. Diplomarbeit. Berlin. (Eigenverlag). BUNDESAMT FÜR BAUWESEN UND RAUMORDNUNG (Hrsg.) (2004): Zwischennutzung und neue Freiflachen. Städtische Lebensräume der Zukunft. Berlin. (Eigenverlag). BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU UND STADTENTWICKLUNG (2007): Public Private Partnership. Task Force. http://www.ppp-bund. de/. (Zugriff: 24.05.2007). BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG (2007): Gute Regierungsführung – Rahmenbedingung für Entwicklung. http://www.bmz.de/de/themen/goodgovernance/guteregierung/ hintergrund/index.html (Zugriff: 27.03.2008). BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG (bpb) 2007: Dossier Open Source. http://www.bpb.de/ themen/8WV1ZQ,,0,Glossar.html (Zugriff: 18.03.2008). DEUTSCHES SEMINAR FÜR STADTEBAU UND WIRTSCHAFT (DSSW) (2007): Eigentümergemeinschaften in Deutschland. http://www.dssw.de/ma_einbi_0002.php?info[searchstring]=bid (Zugriff: 13.08.2007).
57 GOLDSCHMIDT, Jürgen (2005): Urban Management. http://www.staedtebau-recht.de/urban_ management.htm. (Zugriff: 06.08.2007). von der HAIDE, Ella (2007): Gemüse und Solidarität. Urbane Landwirtschaft und Gemeinschaftsgärten in Buenos Aires. In: Stiftung Interkultur (Hrsg.) Skripte zu Migration und Nachhaltigkeit. Band 5. München. (Eigenverlag). http://www.stiftung-interkultur.de/haide.pdf (Zugriff: 20.01.2008). HEIDER, Klaus (2002): Öffentliche und private Akteure im Städtebau. Zur Organisation, Aufgabenverteilung und Optimierung städtebaulicher Planung. Beiträge zu Städtebau und Bodenordnung. Nr.23. Institut für Städtebau, Bodenordnung und Kulturtechnik. Bonn. (Eigenverlag). KREMS, Burkhardt (2007): Good Practice. http://www.olev.de/g/good_practice.htm (Zugriff: 27.10.2007). SCHWARTING, Gunnar (2001): Der kommunale Haushalt. Haushaltswirtschaft – Haushaktssteuerung – Kassen-und Rechnungswesen. Berlin. (Erich Schmidt Verlag). STUDIO URBAN CATALYST (2007): Open-Source Urbanismus - Vom Inselurbanismus zur Urbanität der Zwischenräume. In: archplus, H.183, S.82-91. Aachen. (ARCH+ Verlag). TREYDE, Edzard (2007): Gemeinnützige GmbH. http://www.treyde.de/nonprofit/ gemeinnuetzige-gmbh.html (Zugriff: 16.03.2008). WOXIKON (2007): Online Lexikon. Effizienz. http://www.woxikon.de/wort/ Effizienz.php (Zugriff: 30.08.2007). ZIMMERMANN, Horst (1999): Kommunalfinanzen. Eine Einführung in die finanzwirtschaftliche Analyse der kommunalen Finanzwirtschaft. Baden-Baden. (Nomos Verlagsgesellschaft).
FREIE UND HANSESTADT HAMBURG (FHH) (2001): Stichworte der Stadtentwicklung. Nachschlagewerk für Bürgerinnen und Bürger. Hamburg. (Eigenverlag). FREIE UND HANSESTADT HAMBURG (FHH) (2007): Rahmenrichtlinie über Spenden, Sponsoring und mäzenatische Schenkungen für die Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg. http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/ bildung-sport/service/veroeffentlichungen/verordnungen/richtlsponsoring,property=source.pdf (Zugriff: 27.03.2008).
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Abkürzungsverzeichnis. Welche Fachbegriffe verbergen sich hinter den Abkürzungen AG, e.V., GzA oder NABU?
lat.
lateinisch
Mio. MIV Mrd. MVEL
Million Motorisierter Individualverkehr Milliarde Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung (NRW)
NABU NSG NRW nt*
Naturschutzbund Deutschland Naturschutzgebiet Nordrhein-Westfalen non territorial
Confederatio Helvetica (Schweiz)
ÖPNV
öffentlicher Personennahverkehr
DB DIN
Deutsche Bahn Deutsches Institut für Normung
PR
Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit)
qm
EFRE e.V.
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung eingetragener Verein
Quadratmeter
RAW
Reichsbahnausbesserungswerk
FH
Fachhochschule
S. s.
Seite siehe
GmbH gGmbH GVE/ha GzA ha Hrsg. HzA
Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung Großvieheinheiten pro Hektar gemeinnützige zusätzliche Arbeit
usw. u.v.m.
und so weiter und vieles mehr
VCD vgl. V.i.P. V.i.S.d.P.
Verkehrsclub Deutschland vergleiche Vereinigung interessierter Personen Verantwortlich im Sinne des Presserechts
IULA
International Urban Landscape Award
Jg.
Jahrgang
ABM ADFC AG AO
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Aktiengesellschaft Abgabeordnung
BBR BSU BMVBS BMVBW
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen
CH
Hektar Herausgeber „Hilfe zur Arbeit“
Null Euro Urbanismus | Studien- und Rechercheprojekt
Danksagung Ein Dank geht an Prof. Dr.-Ing. Michael Koch und Dipl-Ing. Stefan Kreutz für die Betreuung und umfangreiche Unterstützung des Studien- und Rechercheprojekts. Für wertvolle inhaltliche Impulse bedanken wir uns bei Till Braukmann, Dipl-Ing. Stephan Tressl und Dipl-Ing. Frank Othengrafen. Ein besonderer Dank geht an alle Interviewpartner, die ihre wertvolle Zeit wie auch umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt haben sowie an den Verein für Stadt,- Regional- und Landesplanung e.V. (SRL) für die Unterstützung dieses Projekts.
Impressum Herausgeber Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt Konzept Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt Redaktion BSc. Matthias Müller BSc. Jakob F. Schmid BSc. Uwe Schönherr BSc. Ferdinand Weiß Grafische Gestaltung Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt Cover Illustrationen Anja Nettig und Sophie Naue / Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt Druck Scharlau GmbH, Hamburg Null Euro Urbanismus - Studien- und Rechercheprojekt (2008) c/o Jakob F. Schmid Schopstraße 21 D - 20255 Hamburg fon: +49(0) 40 430 989 26 mail: kontakt@null-euro-urbanismus.de www.null-euro-urbanismus.de
Das Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekt. Dass sich Planer mit der Finanzsituation der Kommunen auseinandersetzen ist nichts Außergewöhnliches. Nach wie vor ist die Kommune ein zentraler Akteur der Stadtentwicklung und ihre Finanzsituation somit von Relevanz für den gesamten Bereich der Planung. Im planerischen Diskurs steht jedoch – wenn überhaupt - die verwaltungs- und mikroökonomische Ursachenforschung im Vordergrund. Der Frage, welche Erkenntnisse aus der thematischen Auseinandersetzung für die konkrete Praxis gezogen werden können und welche Handlungsmöglichkeiten den Kommunen verbleiben, um Stadt ohne Geld zu gestalten und zu entwickeln, wird hingegen wenig Platz geboten. Dies ist Ansatzpunkt des Null Euro Urbanismus Studien- und Rechercheprojekts. www.null-euro-urbanismus.de