facette – Magazin über Köln, Nr. 1: Russen

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facette Magazin über Köln

Russen Nummer 1 1. Jahrgang Juli 2013 D 6 Euro CH 12,50 SFR EU 8 EURO Andere 15 Euro



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Souvenirladen »Kalinka«, Köln-Altstadt


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impressum

facette, Magazin über Köln, Nummer 1: Russen, Juli 2013 Yorckstraße 3 50733 Köln www.facette-mag.de Herausgeber Polina Pysmenna Chefredakteur Wassja Wassilevich wasska@facette-mag.de Artdirector Ivan Ivanovich ivan@facette-mag.de

Bildredakteur und alle nicht ausgewiesenen Bilder von Ivan Ivanovich ivan@facette-mag.de Mitarbeiter dieser Ausgabe Max Müller, Katja Pysmenna, Katja Garmasch, Till Haase, Benjamin Hammer Schriften Raisonné Demibold von Benjamin Critton Miller Roman und Bold von Matthew Carter Fugue Mono von Radim Peško

Papier Circle Offset White Taiga Nobelmatt Druck Digitale Druckkultur GmbH Büttgenbachstraße 7 40549 Düsseldorf Bindung Dieck'sche Industrie­buch­ binderei GmbH & Co. KG Fringsstr. 5 40221 Düsseldorf

Dank an Olga und Elena Bekritskaja, Stanislav Braslavsky, Marina Bulahhova, Igor Chepikov, Der Engländer, Andreas Fischer, Katja Garmasch, Yuriy Gurzhy, Till Haase, HoteLux, Prof. Holger Jacobs, Alexandra Kisselkova, Andreas Liedtke, Mix Markt, Restaurant Odessa, Mischa Polonski, Natalya Posukhova, Ilya Pusenkoff, Katja Pysmenna, Roter Platz, Dima Shakhin, Stas Torbotrus, Olga Yurlova


editorial

Kölsch, Kompott und Kaviar Zum Start von facette wollen wir uns mit dem Begriff der Heimat beschäftigen. Köln ist für uns eine – oder wurde zu einer Heimat. Wir sind hier geboren, zum studieren oder arbeiten gekommen, oder der Liebe wegen. Einige von uns sind von weit hergereist und bringen ihre eigene Heimat mit, um sie mit uns zu teilen und sich hier eine neue aufzubauen. So kommen einige von uns aus der ehemaligen Sowietunion, einem Land der Erfinder. Da es dort so gut wie nichts gab, musste man alles erfinden. Abgesehen von den Ricola-Kräuterbonbons wurde so ziemlich alles in der Sowjetunion erfunden (zumindest sagt das WDR-Reporterin Katja Garmasch auf Seite 52): von der Atombombe bis zum Wodka. Was davon gefährlicher ist, bleibt allerdings bis heute umstritten. Auch Gangstermusik haben nicht etwa die Amis sondern die Russen bereits in den 20-Jahren erfunden. Was für den Westen Hip-Hop, ist für den Russen »Blatnjak« – Straßenmusik der Sowjet-Ära von Machos für Machos, mit Texten über Gangs, Gefängnis und Girls, Girls, Girls. So wie bei der berühmt berüchtigten Kölner Russen-Combo »HopStopBanda«. Auf Seite 66 fordern Sie zum Tanz auf. Wie sehen Russen ihre Heimat und was sagen sie zu ihrer neuen hier in Köln? Im Portfolio auf Seite 91 lassen uns sechs russischsprachige Künstler einen Blick in ihre Arbeiten und manchmal auch in ihre russische Seele werfen. Letztere ist übrignes eine Erfindung der Deutschen. Jetzt wünschen wir Euch viel Spaß beim entdecken neuer Menschen und Orte. Alles in ­diesem Heft ist nachdrücklich zum nachmachen geeignet!

— Wassja Wassilevich

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ausstellung resort city krim

Musik Der wilde Osten und seine kรถlschen Jungs

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musik the jancee pornick casino

heimat Heimatfoto

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text Der erste Russe meines Lebens

Menschen Das Theater des Lebens

essen Na Sdarowje!

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Musik Weck den Ivan in Dir!

24 Musik ostwelle

menschen berichten sie!

text prozess im kรถlner hochsicherheitstrakt

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Location Niemand soll mehr Hunger leiden!

Portfolio Olga, Marina, Ilya, Natalya, Alexandra, Andreas


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Plattenbauten, Kรถln-Meschenich


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Der erste Russe meines Lebens So richtig kennengelernt habe ich in meinem bisherigen Leben zwei Russen. Der eine hat mir vor drei Jahren ein paar aufs Maul gegeben, seinen Namen allerdings nicht verraten . Der andere ist mein lieber Freund K. Und um den soll es hier gehen. text: till haase Foto: WDR

B

evor ich K. traf, war Russland für mich: die ehemalige Sow( dieses Mal aus Liebe ). Und er dreht am Rad, wenn er auch nur ein paar jetunion, Stalingrad, Ivan Drago, Dr. Schiwago, GorbatTage ohne seine Frau ist. »Ich vermisse meine Katja«, sagt er dann mit schow ( der Mensch und der Wodka ) und eine sehr schöne dem Akzent, den er auch nach zwanzig Jahren in Deutschland nicht losNationalhymne. Das hört sich nach Klischee an, nach Progeworden ist ( wahrscheinlich gar nicht loswerden will ) – und ich stell vinz – und das war es auch. Ich komme aus einer kleinen mir immer vor, wie melancholisch sich das in seiner Muttersprache Stadt im Münsterland, wir hatten nur Türken und Libanesen in den anhören muss. Achzigerjahren. Als ich mal mit ihm in Sankt Petersburg, seiner Heimatstadt K. hatte etwas verwegenes, als ich ihn damals kennenwar, habe ich mir vorher ausgemalt, einen anderen K. kennenzulernte. Sein erstes Geld in Deutschland hatte er als Gemäldelernen, den russischen, vielleicht sogar den richtigen. Als ich Till Haase fälscher verdient. Seine Brust glich der Wladimir Putins, zurück war in Deutschland und diese Tage Revue passieren ist WDR 1Livesein Rücken war so breit wie Russland. Ich erfuhr, dass er ließ, dachte ich: Was für eine bescheuerte Idee, was soll Moderator und sich als junger Mann, noch in Sankt Petersburg, auf das sein der russische, der richtige K. Ich hatte keine schreibt für facette den großen Einkaufsstraßen der Stadt um die besten Veränderung feststellen können. K. war lustig, launisch, Geschichten Plätze geprügelt hat, um seine Bilder zu verkaufen. herzlich, empfindlich und großzügig wie immer. aus seinem Leben Keine Ahnung, was »street credibility« auf Russisch heißt, Ein paar Jahre später, ein anderer Urlaub, erlebte ich in Köln. aber K. hatte sie in meinen Augen. Zu der Zeit war er gerade K. in der Türkei. K. war lustig, launisch, herzlich, empfindzum zweiten Mal verheiratet. Mit einer Frau, die er nicht liebte, lich und großzügig. Wie immer. In der Türkei aber kam etwas die aber bereit war viel Geld zu zahlen, um eine Aufenthaltserdazu. Eine grundsätzliche Zufriedenheit. Mit einer Linsensuppe laubnis zu bekommen. im Magen, seiner Familie am Strand und – später am Abend – Elf Jahre sind wir jetzt befreundet. Und ich habe mich oft gefragt, einem Tütchen im Mund, erschien er mir glücklich. So glücklich, wie was russisch ist an K. und was nicht. Er fährt einen Opel Astra, das vielich selber gerne einmal wäre. leicht deutscheste aller Autos. Er ist so gastfreundlich, dass es manchmal Da überlegte ich, ob K. vielleicht gar kein Russe ist, sondern Türke. wehtut. Er ist irgendwie Jude ( wie genau, hab ich nie ganz verstanden ). Und ärgerte mich, dass ich ihn nicht schon früher kennengelernt habe. Er besitzt zwei Eigentumswohnungen. Er ist zum dritten Mal verheiratet In den Achzigerjahren im Münsterland.


Kompott-Party, Stadtgarten, Kรถln-Ehrenfeld


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Weck den Ivan in Dir! text: Max M端ller Foto: PRIVAT


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Was hat ein Bär auf einer Party zu suchen? Warum wird man hier von allen Seiten angefasst? Und wer zum Teufel ist dieser Ivan? Mit einem mächtigen Kater schreibt es sich zwar nur schwer, aber die Antworten findet ihr in diesem Text.

Kompott-Party im Kölner Stadtgarten: Hier steppt der Bär – buchstäblich. Auf dem DJ-Tisch streckt er seine Pfoten in schwarzen Damenschuhen abwechselnd vor sich her. In seinen Händen eine überdimensionale Balalajka aus Pappe. Eine junge Frau im indischen Sari klettert auch auf den Tisch zu dem Bären, der sich sofort von hinten an ihr zu reiben beginnt. Wild und unbeholfen hüpfen sie aus dem Takt einer russischen Polka mit Elektrobeat. Die Menge hört auf zu tanzen und zückt ihre iPhones – einen ­bescheuerteren Tabledance kann man sich nicht vorstellen. Der Bär springt runter, holt sich ein Tablett voller Wodkagläser, verteilt sie im Publikum. Dann uns keine Geldmaschinen, die den Eintritt zahlen und Getränke konsumieren zieht er seinen riesigen Kopf aus Pappmaschee und sollen«, schreien die Katjas vom DJ-Pult ins Ohr, »unsere Gäste sind ­irgendwie Kunstfell ab, schüttelt blonde, vom Schweiß verunsere Freunde, mit denen wir unsere Musik teilen und Spaß haben wollen«. klebte Locken und begrüßt mich. »Ich bin die eine Rund 500 Leute sind heute da – so viele Freunde habe ich nicht mal Katja, die andere legt gerade auf«, sagt sie mit rusauf Facebook. Im Sinne der Gastfreundschaft wird die Location mit selbstgesischem Akzent und schiebt mich durch die Menge. machten Dia-Projektionen, Obst oder Blumen dekoriert, eine oder andere Die beiden Katjas sind Erfinderinnen, Organisa­ Runde Wodka geschmissen, oder eben im Bärenkostüm mit Balalaika Kasattorinnen und DJs der Kompott-Party. Vor allem schok ­getanzt. Die Klischees ­gehören hier zum Programm – »Weck den Ivan in aber: Gastgeberinnen. Sie laden zur Party und woldir!« – lautet die Kompott-Devise. »Natürlich könnte man hier auch eine Giraffe len, dass sich alle wohlfühlen. »Jede russische Frau mit einer Harfe tanzen lassen, aber das ist ja eine russische Party, das soll auch ist eine gute Gastgeberin. Unsere Besucher sind für einem Betrunkenen, der um vier Uhr morgens zufällig reinschneit klar sein«, so die Katjas. »Klischees sind unser Emblem, ein Markenzeichen. Denn ob man es will oder nicht, sie schaffen eine nationale Corporate Identity. Und dagegen zu kämpfen ist sinnlos, langweilig und unsexy. In Deutschland gibt es ja viele positive Russenklischees: Das mit der russischen Seele zum Beispiel. Zwar wissen wir nicht genau was das ist, aber es klingt gut und arbeitet für uns, also warum sollten wir dagegen ankämpfen? Außerdem stimmen die meisten Klischees. Ja, die Russen trinken viel Alkohol. Wenn man ein Produkt wie eine Party verkaufen will, ist so ein Klischee auch von Vorteil« , sagt der Bär, Katja Kubikova, von den


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Wir haben mit einem CD-Spieler und zwei CDs angefangen Freunden liebevoll die »kleine Katja« genannt und reicht mir einen Wodka rüber. »Und manchmal helfen die Klischees auch, sich gegenseitig zu begreifen, zu verstehen. In unseren Flyertexten versuchen wir die Klischees aufzugreifen, sie zu erklären oder sie maßlos auf die Spitze zu treiben. Nur so kann man Klischees hinterfragen« – die kleine Katja lässt ihrer tiefsinnigen russischen Seele freien Lauf. Jeder Kompott-Flyer ­erzählt eine Geschichte – über den Kalten Krieg und die Popkultur jenDie Macher: die »kleine« Katja Kubikova, Max Bitter und seits des eisernen Vorhangs, das schwere Leben der russischen Frauen, die »große« Katja Rubikova. die unglaublichen Abenteuer von Lenin oder den Kosmonauten, über die Pioniere und Pepsi-Cola, russische Jahreszeiten oder ukrainische Hochzeiten. Auf der Vorderseite ein farbenfrohes Bild, immer ein anderes, aber sofort wiedererkennbar, gestaltet von Stas alias Max Bitter, dem Dritten im Kompott-Bunde. Von ihm kommen auch die einzigartigen Projektionen und Videos – ein Zusammenschnitt aus sowjetischen Zeichentrickfilmen: Pioniere, Tiere und Fabelwesen, die im Rhythmus der Musik tanzen. Stas ist der einzige richtige Mann und Russe im Team. Denn Katja Pysmenna und Katja Garmasch (so russische Musik aufzulegen. Und weil es zu holprig war, haben sie Stas heißen die Katjas im wirklichen Leben), kommen aus der dazugeholt, der sich damals einen Namen als DJ in Düsseldorf gemacht Ukraine und Usbekistan. Kennengelernt haben sich die hat, Funk und Easy Listening auflegte. Seine Plattensammlung musste beiden auf einem elektronischen Musikfestival. Seitdem erstmal neu bestückt werden, der Flow wurde durch eine Berg-und-Talsind sie unzertrennlich. Irgendwann hatten sie die elektrofahrt durch die osteuropäische Ska-, Sowjetschlager- und Folkloregenische Musik satt, eine Alternative musste her: »Zuhause schichte ersetzt. So wurde Kompott geboren – und heute ist die 10-Jahhörten wir viel russische Musik, und wollten auch dazu feires-Jubiläumsparty. Das Konzept blieb das alte: anfangs ein Konzert ern, den Deutschen zeigen, wie lustig und tanzbar unsere einer No-Name Band aus Russland, Osteuropa oder Deutschland, Musik ist, unsere Lieblingsbands aus Russland live sehen. danach Party mit Babuschkabreaks vom Kompott-Trio und internatioDoch so was gab es in Köln nicht, deswegen mussten wir nalen Gast-DJs. »Wir haben niemals gedacht, dass wir so lange durchwie immer selber ran«, sagt die »große Katja«. »Eigentlich halten. Bei jeder Party haben wir gezittert und uns am Ende gefreut, dass sollte das Ganze nur eine kleine russische Konzertreihe dann doch so viele Menschen kamen. Nicht nur Russen, sondern vor sein. Doch als das Konzert vorbei war, wollten die Besu­allem Deutsche, die alle total auf unsere Musik abgegangen sind – dabei cher nicht gehen, sondern weitertanzen.« So haben die kannten sie weder die Bands, noch verstanden sie die Texte«, sagt die Katjas angefangen mit einem CD Spieler und zwei CDs, große Katja und schenkt sich und mir mittlerweile den fünften Wodka ein. Die Russen, von denen die meisten Mitte der 90er Jahren nach Deutschland kamen, blieben damals unter sich. Die Deutschen, kannten die Russen nur aus Kriegsfilmen und waren gegenüber den neuen Ausländern eher mißtrauisch. Gegen diesen popkulturellen eisernen Vorhang wollte Kompott ankämpfen: »Wir sind jetzt da und wir haben

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unsere Kultur mitgebracht. Aber ihr braucht keine Angst vor uns zu haben, denn sie ist cool und warm und wir wollen sie mit euch teilen, euch kennenlernen! Und wo lernt man sich am einfachsten kennen wenn nicht beim gemeinsamen feiern?!« sagt Katja. »Und gleichzeitig wollten wir den Russen zeigen: Ihr braucht euch nicht abzuschotten, die Deutschen haben nichts gegen euch. Sie sind neugierig und weltoffen und wollen euch eigentlich nur kennenlernen«, fügt die andere hinzu. »Irgendwie ist dieses Konzept aufgegangen. Mittlerweile gibt es sogar russisch-deutsche Kinder, deren Eltern sich auf Kompott-Parties kennengelernt haben.« Kennenlernen – das fällt hier nicht schwer. Alle tanzen – miteinander, aneinander, sich gegenseitig an. Strecken die Arme in die Luft, stampfen mit den Füßen zu dem Beat, der abwechselnd elektronisch, rockig oder folkloristisch ist. Schwanken und wiegen sich angetrunken zu den Bläsern und Geigen. Das ist wohl das Derbtainment und die uncoole Proletarier-Freude, die im Kompott-Manifest beschrieben ist. Als Gegenpart zu dem coolen distanzierten Gewackel der ElektroSzene. »Hier ist einfach die beste Stimmung, immer!«, schreit eine Dunkelhaarige mir ins Ohr. »Die Leute sind super nett – und die Musik auch!« Überrascht höre ich

Wir sind jetzt da und wir haben unsere Kultur mitgebracht

einen Latinobeat, dann einen Mambo, der smooth in Gypsy­ swing übergeht. »Russland wurde dem Kompott musikalisch zu klein, auch der Balkanbeat ging irgendwann auf die Nerven«, erklären mir die Katjas, die beide ihre eigene DJ-Vorlieben haben. »Ich stehe gerade auf Mombathon oder Balkumbia – eine Mischung aus Balkan und kolumbianischen Cumbia«, erklärt mir Katja Kubikova beim nächsten Wodka. Mombawas? »Egal«, sagt der Wodka in meinem Blut, und befielt meinen Beinen: »Du konntest nicht tanzen?! Bis heute!« Ich dränge mich auf die Tanzfläche. Irgendwo zwischen dem riesigen Russen, der sich als Künstler ausgibt, dem Regionalwissenschafts-Studenten mit dem Zopf, einen ITSpezialisten mittleren Alters und einer südländisch anmutenden Frauengruppe sehe ich die Dunkelhaarige von vorhin. Plötzlich entdecke ich den Ivan in mir oder ist das doch nur Wodka?! »Sprich sie an!«, flüstert er mir zu, »morgen werdet ihr schon rausfinden ob ihr zueinander passt!« Doch ehe ich meinen Mund aufmache, kriege ich eine verschwitzte Umarmung reingedrückt. Hemmungslos, die Leute hier! Aber der Kater am nächsten Tag ist schlimm! Darauf freue ich mich schon und versuche genauso euphorisch und souverän wie der Stas am DJ-Pult beim Refrain auf Russisch mitzusingen. »Ich wusste es, du bist ein wahres Sprachtalent!« jubelt der Iwan in mir. kompott.info

»The Artems« aus Dänemark lassen einem mit ihrer verrückten Show die Kinnlade herunter klappen.


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Ein typisches Bild auf dem Kompott.

das KOMPOTT-MANIFEST Die besten, wärmsten, hellsten und süßesten Seiten des Kollektivismus möchten wir unter die Leute bringen. s wird Zeit, dass man im GlobalisierungsE und Europäisierungszeitalter seinen Geist nicht nur Richtung Westen öffnet. s wird Zeit, dass die Russen den Deutschen E ihr Russland ein Stück näher bringen. s wird Zeit, dass die in Deutschland lebenden E Russen ihre Nostalgie nicht kultivieren und sich nicht aus der deutschen Gesellschaft ausschließen. Es wird Zeit, mit den Klischees abzurechnen.

Auf der »Hochzeits-Party«.

s wird Zeit, sich beim Feiern – freudigem E Zusammensein, wildem Tanzen oder Wodkaism – für die Einhei­ mischen zu öffnen. s wird Zeit, dass sich in Köln eine E Alternative zur Elektronik-Szene bildet. s wird Zeit, international zu feiern, zu E trinken, zu tanzen und zu hören. s wird Zeit, zu erkennen, dass eine russische E Seele in jedem steckt. s wird Zeit, dass Deutsche endlich lernen, ­ E Wodka zu trinken. s wird Zeit, dass man auch in Proletarier­ E klamotten cool sein kann. hrlich statt Möchtegern. Ehrliche Freude statt E steifer Coolness. Euphorie statt Arschwackeln. Der Fünf-Jahres-Plan: Jedem Russen einen Deutschen! Jedem Deutschen einen Russen!


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e l l e Ostw text: wassja wassilevich Illustration: Stanislav Braslavsky


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Auf die Mischung kommt es an. Dies gilt vor allem für Hochprozentiges und Musik! Wie der Geist und der Sound des Ostens die Tanzflächen erobert hat.

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n den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts, da fing die Ostwelle an. Besonders in Berlin trafen viele der ehemaligen Sowietbürger in einem neuen Land und neu gemischt aufeinander. Aber auch Roma und Sinti aus Bukowina (Region in der Ukraine und Rumänien), Jugoslaven, Bulgarier und andere Völker der Balkanstaaten mischten mit. Es entstanden viele neue Ideen, Urteile und Vorurteile und sogar ein neues Musikgenre: »Balkan Beats«. Dieser Balkanhype, zog sich nach den Worten des Ber­ liner Historikers und Journalisten Rüdiger Rossig, »von den Kino-Klassikern des Regisseurs Emir Kusturica über die Kompositionen Goran Bregovics bis zu ­den durch­tanzten Nächten in Clubs in New York, London oder Paris, die Soundsystems wie Balkan Beats aus Berlin beschallen«. Der Bosnier Robert Soko, der bekannt ist als Dj Soko, fängt an aus Heimweh und Nostalgie in einer Kreuzberger Kneipe für gleichgesinnte Emigranten alte Jugo-Hits und traditionelle Balkanmusik aufzulegen. Bald finden auch viele Berliner gefallen an der Partyreihe, die sich Balkan Beats nennt. Samplers und regelmäßige Buchungen folgen, weltweit. So richtig popu­lär allerdings macht das Genre ein Frankfurter: Stefan Hantel alias DJ Shantel, indem er die traditionelle Musik in eine zeitgenössische Form übersetzt. Parallel dazu brodelt es auch in einer anderen Küche: ­einer der bekanntesten russischsprachigen Bürger Deutschlands, der Schriftsteller Wladimir Kaminer, seine Frau Olga und der Musiker Yuriy Gurzhy treffen aufeinander und entscheiden, mit dem Klischee von der russischen Seele aufzuräumen. Sie packen ihre Musiksammlung zusammen und veranstalteten damit 1999 eine Party, um ihre Musik an den Berliner zu bringen und eine alternative russische Kultur der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Partyreihe ist ein Publikumsmagnet und längst Kult: die »Russendisko« im »Kaffee Burger«. Was zuvor ein eher abwertender Begriff für Kneipen und Gaststätten war, in denen sich hauptsächlich russischstämmige Leute trafen, um unter sich zu sein, ist jetzt ein Synonym für ein multikulturelles Feiern. Initiiert durch Kaminers Buch, das eben diesen Titel trägt, ist dieses Partyformat nicht mehr aus dem Berliner Nachtleben wegzudenken. Berliner und Touristen, Jung und Alt, treffen hier aufeinander. Mit den Hits aus dieser Tanzveranstaltung sind bisher fünf CDs erschienen. Yuriy Gurzhy, Ukrainer mit jüdischen und griechischen Wurzeln, hat daneben auch, zusammen mit Lemez Lovas aus London, 2006 einen Sampler mit jüdischer Tanzmusik zusammengestellt – »Shtetl Superstars« – und so die Klezmer-Disko etabliert. Klezmer ist die alte Musik der osteuropäischen Juden. Von ihnen lebten viele auch in Bukowina und Rumänien, neben ihren rumänischen und ukrainischen Nachbarn

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und sprachen deutsch oder jiddisch. Mit der Emigra­tion brachten sie ihre Musik überall hin mit, so auch nach Deutschland, wo sie breiten Zuspruch fand. Doch bleibt es nicht bei der Wiedergabe des klassichen Klezmers. Die Weiterentwicklung ist eine Integration der Tradition in neue Klangvorstellungen. Die Beatbox hat Vorrang vor der Klarinette und die E-Gitarre vor dem Hackbrett. Skapunk, Hip-Hop und Drum & Bass – alles ist erlaubt. So zeichnet sich das ab, was die jüdische Musik ausmacht: ihre Vielfalt. Die Vorstellung, dass eine typisch jüdische Band heute aus Israel kommt und Klezmer spielt, hat wenig mit der Realität gemein; dass Klezmer aber der Musik der Zigeuner und Balkanvölker ähnelt, ist dagegen eine Tatsache. Ein gutes Beispiel zeigt eine Szene des Films »Zug des Lebens«, bei der die jüdische Bevölkerung auf Zigeuner trifft und die zuerst gegeneinander musizieren und schließlich miteinander spielen, singen und tanzen. Bläser und Streicher spielen bei beiden eine tragende Rolle. Aber auch der Charakter, der immer in der Minderheit lebenden Juden und Zigeuner schweißt zusammen. Yuriy Gurzhy singt »Gypsy, Jewish and Gay«, wobei er weder Gypsy noch Gay ist. Es ist plötzlich »In«, einer Minderheit anzugehören. In der Russendisko legen Wladimir und Yuriy ­einen neuen Mix aus russischen Stücken aus dem Underground, Volkslieder in der Punkversion, alte Discoschnulzen, Klezmer, Rock, Reggae, Hip Hop, Punk, russische Bands aus Deutschland, jiddischen Swing aus den 50ern, Balkan Beats – ­alles in allem ein extrem tanzbares Gesamtwerk auf. Manches davon wurde vorher noch nie in einem Club gespielt. Kaminer und Gutzhy haben auch eine Radiosendung im Berliner RadioMultiKulti, in der die Russendisko-Lieder gespielt und Erzälungen in typischer Kaminer-Manier vorgetragen werden. 2009 bringt Yuriy Gurzhy das erste Album seiner Band »Rotfront« heraus: »Emigrantski Raggamuffin«. In gewohnter RussendiskoManier werden Elemente von Hip-Hop, Balalaika-Rock, Gypsy-Punk und Klezmer-Ska zu einer überwiegend tanzbaren Mischung zusammengemixt. Russische Lieder werden zum ersten Mal auf Deutsch gesungen und umgekehrt. Die Bandmitglieder stammen aus der Ukraine, Ungarn, Bulgarien, Tasmanien und Deutschland. Auch das zweite Album »VisaFree« präsentiert schubladenfreie Musik. Rotfront inszeniert den Soundtrack zu einer Globalisierungsparty, die nicht nur in der deutschen Hauptstadt gefeiert wird. »Drink a bottle of vodka, eat a pound of garlic – this is the taste of Emigrantski Republic«. Man darf also gespannt sein, auf alles was noch kommen mag aus dieser Richtung – unabhängig von der Muttersprache und dem Promillestand.

Gypsy Jewish and Gay


Friseursalon von Jan Westphalen, Kรถln-Ehrenfeld



Resort Krim 28

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Romantische Bilder von vergangenen Zeiten Bei dem Fotoprojekt geht es um die Ästhetik des Zerfalls. Diese Richtung interessiert mich bereits seit 1999, seit meinen ersten Arbeiten aus der Serie »Opposite of Life«. Das Thema des Verfalls erschien mir damals so interessant, dass­es auch heute einen wichtigen Platz in meinem Schaffen einnimmt. Im Rahmen dieses großen Projekts entstanden Fotose­rien, deren Protagonisten Pflanzen, Tiere, Menschen, Inneneinrichtungen, Gebäude und sogar Nahrungsmittel wurden. Tod und Verfall erscheinen nur in der menschlichen Wahr­ nehmung als eine Störung im normalen Lauf der Dinge; im System der Natur und im Leben künstlicher, etwa architektureller Objekte ist der Zerfall eines Systems zugleich die Grundlage für die Existenz eines neuen. Gewidmet ist »Resort City Krim« den einst populären Erholungsorten der allseits geliebten Halbinsel, deren heutiges Leben nichts anderes ist, als ein schneller Prozess von Zerfall und Zerstörung, welcher aus meiner Sicht viel romantisches und ästhetisches sowie eine Viel-falt an historischen Assoziationen und Paral-lelen birgt. Dieser Zustand erinnert

an den Untergang von Zivilisationen, ohne Hinweis darauf, welche neuen Dinge anstelle der vergehenden ent­stehen. Es entsteht eine Grenzsituation zwischen Leben und Tod – projiziert auf die Architektur. Sie beinhaltet eine besondere Ästhetik und erfordert besondere Mittel der Darstellung. In dieser Fotoserie war mir eine schroffe Darstellung und eine kalte Farbe der Bilder wichtig, was mir ermöglicht hat, eine Ver­ schiebung von Zeit und Raum zu erreichen, das Gefühl einer »anderen Wirklichkeit« des ­Geschehens. Das bewusste Ausschließen von Menschen auf den Fotografien gibt ihnen ein Gefühl des Apokalyptischen. Menschen werden nicht zu einem organischen Teil des lebendigen Systems und nehmen nicht teil am ­Leben der Artefakte. Ein Teil der Objekte erinnert an bekannte architektonische Denkmäler und historische Stätten, was das Gefühl der Leere nur verstärkt. Diese Fotografien vermitteln die Schönheit der Auflösung und des Zerfalls, eine Ästhetik des Zeichens »Minus«.

— Igor Chepikov

»Die Fotografie hat eine interessante Eigenschaft: unter der oberen, sichtbaren Ebene können sich andere befinden, unsichtbare. Unter der Darstellung von Ruinen – Tempel

Ausstellungszeitraum: 6.7. bis zum 19.7.2013 Galerie 21, Limburger Str. 21, 50672 Köln Öffnungszeiten: Dienstag – Freitag 15.00 – 19.00 Uhr und nach Vereinbarung Tel.: 0221.169 298 66, Mail: info@21galerie.de www.21galerie.de chepikov.com 21galerie.de

und Schlösser; unter Sand – blühende Oasen, so, wie nach dem Tod immer die Geburt, und vor der Welke immer die Morgenröte steht. Als ob das Farbnegativ nicht aus Farbschichten besteht, sondern aus historischen Schichten, auf denen sich das ganze frühere Leben dessen spiegelt, was fotografiert wurde, wie manchmal auch das künftige. So auch in Igor Chepikov's Aufnahmen von der Krim im Spätsommer, der Krim Pantikapaieons und der Tataren, von Maxi­milian Voloshin und James Robertson, zu Russlands Ruhm geheiligt und aufgegeben für die türkischen Ressorts. Was man auch auf der Krim fotografiert, unter der Oberfläche des Abdrucks erscheint die Geschichte, welche sich in ihrer sichtbaren Ebene manifestiert. Ist der Fotograf nicht taub, der Geschichte gewahr, und der Betrachter nicht blind – so sieht er unter den Falten das junge Gesicht. In der vergangenen oder der künftigen Zeit«.

— Juri Awwakumov

»Kommt in die Krim, und seht die Pastoralen des XVIII Jahrhunderts vor dem Hintergrund der Architektur des XXI Jahrhunderts! – versprachen die Touristenprospekte, und sie logen nicht«.

— Wassili Aksënow »Insel Krim«


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Igor Chepikov (*1963) – Fotograf. Bis 1986 Studium und Abschluss am MARKHI-Moscow Architektur-Institut. Ab 1989 Mitglied der Jugendorganisation »MOSH«. Lebt seit 1991 in Köln, Deutschland. Ausstellungen seit 1986; bis 1992 – überwiegend in Moskau: 17. 18. und 19. Jugendausstellung, »Labyrinth«, »Logica Paradoxa«, »Do 33«, »Wne Zhanra« u.a. Nach 1992 – überwiegend in Köln Galerien: »Forum Lindenthal«, »Juliane Berghof«, »Galerie 21«. Festivals: »FOTOKINA«, »Köln Kunst« u.a. Nimmt seit zwei Jahren an »Paris Foto« teil.

[ Eiscreme 60 m kalte Getränke ]



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Jonny Turista, Spanische Tapas-Bar, Kรถln-Mitte


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The Jancee Pornick Casino

text: wassja wassilevich Foto: TJPC


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Band-Steckbrief Musik Surf und Rock`n`Roll Band Jancee Warnick – guitar & vocals Vladimir Martens – bass-balalayka & vocals, Alexey Kryukov – drums Einflüsse Surfermusik, Rockabilly, Country, Punk, 60ies Easy Listening und Polka Songsprachen Englisch, Russisch

Surfmusik, Rockabilly, 60' Garage Punk, abgefüllt mit russischer Seele. Ein amerikanischer Kleinkrimineller trifft in Köln vor zehn Jahren auf zwei russische Wirtschaftsflüchtlinge mit einem Diplom in Klassik und einem Herz aus Gold. Zusammen entdecken sie ihre Liebe zu einer adrenalin- und wodkagetränkten Form des Rock'n Roll und gründen das »Jancee Pornick Casino«. Nach über 2000 Shows in Europa und Russland und 5 1/2 produzierten Schallplatten, brachten sie vor kurzem ihr aktuelles Album »Slice Of Your Loving« zustande. Neben zwei Coverversionen von »Ike & Tina Turner« (River Deep Mountain High) und »Ludwig v. Beethoven« (5. Sinfonie) hören wir auf »Slice Of Your Loving« Einflüsse von Reverend Horton Heat, Motörhead, Dick Dale, 60's Cambodia Rock und Adriano Celentano. Während der Großteil des Albums von Bandleader Jancee eingesungen wurde, gibt sich auf zwei Songs der unwiderstehliche Balalaykabassist Vladimir Martens die Ehre. Das Pornick Casino mixt einen unwiderstehlichen (Molotow-) Cocktail aus Surfmusik, Rockabilly und 60's Garage Punk, aufgefüllt mit russischer Seele, Adrenalin und Selbstironie. Jancee's springteufelartiges Gitarrenspiel versucht dabei, die Virtuosität eines Brian Setzer mit der Energie eines Angus Young zu kreuzen und wird dabei angetrieben von Vladimir's Bassbalalaika und Alexey's Drumfeuerwerk mit der Stärke ­eines sibirischen Orkans. janceewarnick.com


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Spielen am 18.7. auf dem Private Beerfest in Kรถln

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Das Theater des Lebens Text: benjamin hammer Foto: Yuri Brodsky


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Seit ihrer Geburt leben und arbeiten sie zusammen, oft reden sie sogar gleichzeitig: die eineiigen Zwillinge Olga und Elena Bekritskaja. Seit 16 Jahren leben sie jetzt in Deutschland. Die Mode­desig­nerinnen sind jedes Jahr auf der Prêt-à-porter in Paris mit dabei. Mit uns redeten sie über ihren spannenden Weg.

Wie seid ihr nach Deutschland gekommen? Olga: Es war Ende 1997. Wir wollten Mode­ design studieren. Es war unser großer Traum. Den haben wir erst in Berlin verwirklichen können. Aber bevor es soweit war, hatten wir eine sehr schwierige Phase. Wir mussten uns einleben, und viele Aufgaben gleichzeitig erledigen: Sprache lernen, uns eine Wohnung und Arbeit suchen. Elena: Am Anfang haben wir uns ein paar Sätze auf ein Blatt Papier geschrieben und es beim Telefonieren abgelesen. Jetzt lachen wir darüber, doch damals war uns nicht nach Lachen zumute! Aber wir hatten schnell ein paar Freunde gefunden, die ebenfalls aus Moskau stammten und bereits längere Zeit in Deutschland lebten. Und wie ging es dann mit dem Studium los? Elena: Es war sehr chaotisch. Wir sind zu spät zum Semesterbeginn gekommen, doch Vivienne Westwood hat uns eine Chance gegeben. Wir durften bei der ersten Aufgabe mitmachen, und danach wollte sie entscheiden, ob wir bei ihr im Seminar bleiben dürfen. Wir hatten Glück: Die erste Aufgabe war für uns ein Kinderspiel. Olga: Wir haben ja zuvor fürs Theater in Moskau gearbeitet. Das heißt: Wir haben die unmöglichsten Kostüme nach den Entwürfen auf dem Papier praktisch aus dem Nichts, mit viel Improvisationstalent verwirklicht. Elena: Also, wir durften bleiben und bei ­Vivienne Westwood studieren. Doch das hat sie eines Tages wohl bereut. »Ihr macht etwas derart anderes, dass ich euch nichts dazu sagen kann«. So etwas ungefähr hat sie uns am Ende unseres Studiums immer wieder gesagt. Doch bis dahin mussten wir noch sehr viel ­lernen. Aber eines Tages wussten wir, dass es Zeit zu gehen war: Wir hatten kein Geld mehr.

Olga: Aber noch wichtiger war, dass wir immer öfter zu hören bekamen: »Ihr macht Eure eigenen Sachen – und ich kann nichts dazu sagen!« Habt ihr das damals nicht als Kompliment auf­gefasst? Elena: Im Nachhinein ja! Aber damals hatten wir das Gefühl, einen Rat zu brauchen. Wir wollten Kommentare, ja Kritik hören. Doch wir wurden sehr schnell als etwas sehr Eigenständiges, Ausgewachsenes angesehen. Jetzt


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In Moskau haben wir eigentlich Textildesign studiert. Wir sollten hinterher neue Stoffmuster kreieren. Es war eine klassische Fächerzusammensetzung: Zeichnung, Komposition, Kunstgeschichte. Elena: Aber etwa im sechsten Semester haben wir einen Künstler außerhalb der Hochschule kennen gelernt, der fürs Theater gearbeitet hat. Er hat uns mit dem Theatervirus infiziert: Wir lieben es immer noch, mit dem Theat­­ra­lischen in der Mode herumzuspielen. Wir haben bei unseren ersten Projekten fürs Theater damals unheimlich viel handwerklich gelernt und unsere Leidenschaft fürs Mode­ de­sign entdeckt. Dort hatten wir auch gelernt zu improvisieren: In der Mangelwirtschaft der Sowjetunion. Später, nach der Perestroika, war es auch oft nicht einfach, an die banalsten Dinge heran­zukommen, oder sie waren für uns schlicht zu teuer. Olga: Wir haben gelernt, mit den Konventionen im Land respektlos umzugehen, Regeln zu brechen, nach völlig Neuem zu suchen. Wir haben aus unmöglichen Sachen Kostüme für die Aufführungen gemacht, viele Gegenstände einfach zweckentfremdet und ihnen ein völlig neues Leben auf der Bühne geschenkt Und wir haben gelernt, dass es nichts gibt, was unmöglich wäre: Jede Idee ist realisierbar, auch wenn man etwas anderes gesagt bekommt.

sind wir sehr dankbar dafür, dass wir unseren eigenen Weg gehen durften. Aber die Berliner Modeakademie war ja keineswegs euer Erststudium. Ihr hattet bereits in Moskau ein Studium abgeschlossen. Wie habt ihr die Unterschiede in dem Bildungssystem wahrgenommen? Olga: In Deutschland ist der Lernprozess viel chaotischer. Wir bereuen es nicht, hier studiert zu haben, aber wir würden es selbst nicht noch mal machen und es auch keinem empfehlen.

Ihr seid als jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen. Habt ihr euch in Russland unwohl gefühlt? Olga: Das würde ich so nicht formulieren. Unsere ältere Schwester, die jetzt ebenfalls in Deutschland lebt, hat das viel krasser wahrgenommen. Elena: Wir hatten wohl zu wenig Kontakte außerhalb unseres Studiums, unseres Freundeskreises und außerhalb des Theaters. Wir hatten mit der gebildeten Oberschicht, der so genannten Intelligenzia zu tun: Da spielten solche Fragen wie Religion oder Volkszuge­ hörigkeit keine Rolle. Olga: Mit sehr vielen Menschen, die wir damals kennen gelernt haben, sind wir immer noch eng befreundet. Wir treffen sie regel­ mäßig, denn wir fahren immer noch oft nach Russland auch wegen unserer beruflichen Kontakte. Dort gibt es sehr kreative Kollegen. Sich mit ihnen auszutauschen, ist für uns ein wahrer Genuss! Olga, deine Tochter ist in Deutschland geboren. Wie wächst sie auf? Als Deutsche, als Russin? Oder als Jüdin vielleicht?

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Wir haben die unmöglichsten Kostüme praktisch aus dem Nichts verwirklicht


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Olga: Darüber machen wir uns gar keine Gedanken. Wir sorgen dafür, dass sie nun mit sechs Jahren nicht nur perfekt Russisch spricht, sondern auch lesen und schreiben kann. Wir haben es ihr beigebracht und bezahlen den professionellen Russisch­unterricht für sie. In diesem Jahr wird sie eingeschult, und sie wird dann auch Deutsch lesen und schreiben lernen. Später sorgen wir dafür, dass sie weitere Fremd­sprachen lernt. Wir lassen sie auch regelmäßig nach Russland fahren: Kontakte zur Verwandschaft und zu Freunden sind uns auch sehr wichtig. Aber meine Toch­ter wird eben in Deutschland leben. Als Russin oder Deutsche? Das beschäftigt uns keine Sekunde: Sie wird hier als gebildeter Mensch leben, dem viele Möglichkeiten und Freiheiten offen stehen, der seinen Weg zum Glück und Erfolg gehen wird. Alles andere ist unwichtig. Seht ihr auch Unterschiede bei der Erziehung in den russischen und deutschen Familien? Elena: Ja. Deutsche Kinder werden zu sehr geschont. Man hat Angst, sie zu überfordern und so sind die meisten, besonders im Vor­schulalter, stark unterfordert. Russische Eltern sorgen dafür, dass spätestens ab dem fünften Lebensjahr Sprach-, Musik-, Tanz­unterricht, Schach und anderes angeboten wird. Olga: Für uns ist es eine Horrorvorstellung, wenn ein Kind mit fünf Jahren in seiner Mutter­sprache nicht lesen und rechnen kann. Aus welchem Kreis rekrutiert sich vorrangig euer Kundenstamm? Sind es überwiegend Deutsche, oder sind es eher Freunde und Bekannte aus Russland? Olga: Unsere russischen Freunde kaufen gelegentlich bei uns. Doch so viele Russen, die unsere Kreationen erwerben wollen, gibt es gar nicht. Elena: Davon allein könnten wir nicht leben! In Köln haben wir in unserem Atelier überwiegend deutsche Kunden. Im September 2005 haben wir unsere Kollektion zum zweiten Mal in Paris auf der Prêt-à-porter aus­ gestellt. Dort wird sie auch von inter­nationaler Kundschaft bestellt. Das freut uns ganz besonders. Es gibt uns das Gefühl, dass wir es in dieser kurzen Zeit zu etwas gebracht haben. Ihr seid selbständig. Ist es schwer, sich auf dem freien Markt durchzusetzen? Olga: Alles hat seine Vor- und Nachteile. Am Anfang haben wir es im Angestelltenver­hältnis fürs Theater versucht. Das war aber doch


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nichts für uns. Heute arbeiten wir oft ­18 Stunden am Tag, doch das Gefühl der Freiheit, der Verantwortung für eigene Entscheidungen, möchten wir nicht missen. Elena: Neben unseren eigenen Kollektionen schaffen wir noch viele Aufträge für TV-Produktionen, Promotion-Events und für einen Kölner Karnevalverein. Wir beteiligen uns auch an Kunstaktionen, wie zum Beispiel der Modeshow für die Nacht der Museen im Kölner Museum Ludwig. Das ist viel Arbeit, aber das ist unser Leben. Und wir wollen es nicht anders haben. Was haltet ihr für typisch deutsch? Elena: Im Negativen das Klammern an das Sozialsystem, das bald zusammenbricht. Das ist eher negativ. Im Positiven finden wir es überwältigend, wie man in Deutschland mit den Adoptionen umgeht. In Russland ist das anders. Vor allem behinderte Kinder werden von den leiblichen Müttern einfach abgegeben und vegetieren in staatlichen Heimen dahin, die nicht einmal dem Vergleich mit den deutschen Tierheimen standhalten würden. Es ist grausam und menschenverachtend. Adoptivkinder in Russland wissen nur in seltenen Fällen, dass sie es sind – und es ist eine Tragödie, eine Ursache für Psychosen und Minderwertigkeitskomplexe, wenn sie es später herausbekommen. Was uns in Deutschland sehr berührt, ist die Bereitschaft, die Kinder auch aus dem Ausland zu adoptieren. Auch behinderte Kinder! Das ist toll und so etwas gibt es in Russland nicht. Wenn ihr bei der Ausreise nach Deutschland nur einen einzigen Gegenstand mitnehmen könntet, was wäre das? Olga: Jeder einen? Das muss ich mir erst überlegen ... Wir haben Russland mitgenommen! Elena: Eigentlich war das so: Wir hatten gar keine Koffer bei der Ausreise! Jede von uns hat einen Rucksack mit Büchern über Kunstgeschichte mitgenommen, und wir hatten unsere Nähmaschine dabei. So sind wir 1997 nach Deutschland gekommen. Alles, was wir jetzt haben, haben wir hier aufgebaut, weil wir ­etwas sehr wichtiges in unseren Köpfen mitgebracht haben: Die Einstellung zum Leben, die uns geholfen hat, alle Schwierig­keiten zu meistem, uns erfolgreich selbständig zu machen und unseren eigenen Weg konsequent ­zu gehen. Sie heißt einfach: Nichts ist unmöglich! o-e-bekritskaja.com

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»Zachem« (Wozu), Helenenwallstraße, Köln-Deutz


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Berichten Sie! Katja Garmasch ist freie Jounalistin. Nebenbei organisiert sie als Mitglied des Kölner Triumvirats der russischen Subkultur die erfolgreiche »Kompott«-­Party. Hier und auf fremden Events ist sie auch DJ. Wie wird man Repor­terin in den deutschen Medien – vor allem wenn man nicht in Deutschland aufwächst? Katja berichtet. text: Katja Garmasch Foto: privat


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ch hatte eigentlich nie einen Traum oder eine Vorstellung, wie mein Leben aussehen soll. Nur als Kind wollte ich berühmt werden. Wenn ich nicht Kosmonautin werde, dachte ich – wie es sich alle sowjetischen Kinder erträumt haben – werde ich bestimmt eine berühmte Traktoristin. Meine Urgroßmutter war nämlich eine. Sie war die erste Frau auf dem Traktor in der Ukraine. Sie hat alle Rekorde geschlagen und war Heldin der sozialistischen Arbeit – so auf. Wir hatten einen CD-Spieler und zwei CDs. Später nannte man das. Und so dachte ich, ich werde haben wir Stas dazugeholt, der bereits in Düsseldorf aktibestimmt auch eine Heldin der sozialistischen ver DJ war. Und so entstand »Kompott«. Die Gäste sind Arbeit und werde viel Gutes für dieses Land multinational, vor allem Deutsche. Das freut uns sehr. Das mit dem Journalismus hat sich auch mehr oder weniger ergeben. Eigentlich wollte ich Regie studieren, hatte aber keinen Mut mich an der KHM zu bewerben. Erstens, weil ich nicht abgelehnt werden wollte, denn das würde bestimmt an meinem Selbstbewusstsein nagen. Und zweitens, hatte ich das Gefühl, ich müsste meinen Eltern ein tun. Mit dem Zusammenbruch der Sowjet»echtes« Diplom bieten, also kein union und unserer Ausreise nach Deutschland künstlerisches, irgend­was Sicheres. beim WDR gearbeitet. Das war toll, denn der WDR ist der haben sich diese Träume verändert. Die Eltern Und dann dachte ich, »Ok, ich beste Arbeitgeber im journalis­tischen Bereich. Du kannst hoffen, dass du das Beste daraus machst und werde Filme drehen«. Aber keine tatsächlich davon leben. Es bewerben sich rund 1000 Leute dass du es jetzt einfacher haben wirst. Sie wün- Filme wie KHM-Studenten, die jedes Jahr für das Volon­tariat, von denen zehn ausgewählt schen sich, dass du was Sicheres machst und kein Geld damit verdienen, sonwerden. Ich habe mich dafür zwei mal beworben. Beim gutes Geld verdienst, also dass du Inge nieur, dern »richtige« Filme, die was ersten Mal bin ich in der letzten Runde gescheitert. Aber Anwalt oder Manager wirst. Das Einzige, was einbringen. Ich wusste nicht genau, das lag daran, dass ich dummerweise behauptet habe, dass für mich feststand war, dass ich das nicht wie man das bewerkstelligt, aber der WDR der langweiligste Sender ist und ich mich damit machen wollte. Statt dessen wollte ich Schauich habe mich für den Stu­dien­gang überhaupt nicht identifizieren kann, während ich am Tisch spielerin werden. Aber dann war klar, dass Medienberatung, -entwicklung mit all seinen Hierarchien saß. Daraufhin haben die natür­ ich das nicht werden kann. Und für eine Sänund -planung beworben, der sehr lich gesagt »Mädchen, was wollen Sie dann hier?« Beim gerin hat die Stimme gefehlt. Auf jeden Fall vielversprechend klang. Tatsächzweiten Mal war ich schlauer und sagte, es wäre alles toll. wollte ich ein freies, schönes Leben, in dem ich lich war er total verschult und sehr Ich war dem WDR aber auch tatsächlich besser gesinnt. viel Reisen und viele Leute kennenlernen wirtschaftslastig. Durchziehen Beim Volontariat gibt es unterschiedliche Stationen. Man kann. Dann hat es sich mit dem »Kompott« wollte ich es aber trotzdem, auch geht in die z.B. in die Lokalzeit, wo man Berichte machen ergeben. Ich und meine beste Freundin haben meiner Eltern wegen. Während muss über die Weizenernte oder über wilde Tiere, die auf aus reinem Selbstzweck angefangen, Bands die des Studiums habe ich mich dann wir selber hören wollten nach Deutschland auf Journalismus spezia­lisiert, weil einzuladen. Unsere Freunde und Bekannten dies das Einzige war, was mir mehr wollten aber nicht gehen nachdem das Konzert oder weniger zusagte. Und auch, vorbei war. Und so legten wir einfach Musik weil der WDR damals gerade junges Publikum gewinnen wollte und der Autobahn von einem Auto erfasst wurden. Etwas langich da bei so einem Projekt als weiligeres kann man sich eigentlich nicht vorstellen. Ich studentische Hilfskraft ausgeholkonnte mich dann aber irgendwann doch dafür begeistern. fen habe. Ich wurde lustigerweise Ich habe sogar mal aus einem Beitrag über Weizenernte gefilmt und sie haben mich für gut ein Kunststück gemacht mit avant­gardistischer Musik und und lustig befunden. Und so war Frosch-Perspektive von Leni Riefenstahl oder Verherr­li­ ich dann auf einmal Reporterin. chung der Arbeit, die Eisenstein gemacht hat. Ich habe Nach dem Studium habe ich ein versucht, immer einen besonderen Blick auf banale, all­ Volontariat gemacht und dann tägliche Dinge des Lebens zu richten. In diesem Beitrag war dann der Bauer der Held und wenn er um Mitternacht nach Hause kommt, wartet seine Frau mit dem Essen auf ihn. Es hat mich sogar mal ein Bauer angerufen und gesagt: »Sie haben mich so schön dar­gestellt in ihrem Beitrag, so schön habe ich das noch nie gesehen. Ich liebe jetzt meine Arbeit, habe nie gedacht, dass sie für jemanden so interessant sein kann«. Es gab die Möglichkeit fürs Fernsehen, Internet oder Radio tätig zu sein. Letzteres fand ich

Meine Vorbilder waren Traktoristinnen, und zehnfache Mütter.

Jetzt spiele ich als Journa­ listin mit den Klischees.


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eigentlich immer schöner. Beim Fernsehen hast du diese visuelle Komponente, die mir eigentlich nicht liegt. Ich bin ein Mensch der Wörter und spiele gerne mit der Sprache und erzähle Geschichten. Beim Fernsehen kannst du nicht so viel erzählen, weil du ganz be­stimm­te Bilder vorgegeben bekommst und drauf texten musst. Meine Erfahrung mit dem Fernsehen war, dass mich über die russische Community, über das Aus­länder-Sein in diese visuelle Ebene beschränkt hat in meiner Deutschland, über die Wahrnehmung von Deutschland, die Phantasie und meinem Bedürfnis, Geschichten man hat als jemand, der von außen kommt und nicht hier aufgewachsen ist. Mein Blickwinkel ist natürlich anders, als der von einem deutschen Journalisten, dessen größtes Vorbild Ingenieurin zu sein. Ich bin schon eingeschränkt, wegen Claus Kleber vom ZDF Heute meiner nicht akzentfreien Aus­sprache und meiner leidenJournal ist oder der Thomas Gottden Grammatik. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass schalk für den größten Entertainer ich bei vielen Sendungen meine Beiträge nicht selber zu erzählen. Dazu kommt, dass die Menschen hält. Natürlich habe ich andere sprechen konnte. Aber soetwas nimmt man dann in Kauf. im Fehrnsehen eigentlich unerträglich sind. Vorbilder aus der Sowjetunion. Ich Bei Funkhaus Europa spreche ich meine Beiträge selbst. Sobald eine Kamera dabei ist, fühlen sich alle bin nicht mit der »Sesamstraße« Ich mache themenbezogenen Journalismus und Musikso, als wären sie etwas Besseres. Außerdem aufgewachsen, sondern mit »Chejournalismus. Ich arbeite für Musik­redaktionen, schleppe gibt es mehr Stress, weil ein TV-Beitrag natürburashka«. Man merkt das natürneue Musik an, Musik aus Russland und Osteuropa. Ich lich viel kostspieliger ist, als ein Radio-Beitrag. lich im redaktionellen Alltag, wenn höre mir immer wieder Songs an und bringe sie in die Du hast einen Drehtag, einen Schnitttag und Themen be­spro­chen werden. Ich Redaktion, schreibe über Bands, Konzerte und Neuerscheiam Ende muss genau das herauskommen, sehe Sachen anders als viele Deutnungen. Das ist eine tolle Abwechslung zum normalen was die Redaktion sich vorgestellt hat. Keine sche. Dieser Blickwinkel ist bei Journalismus, man ist auf Konzerten unterwegs man trifft schöne Arbeitsweise. Vor allem musst du auch Funkhaus Europa gefragt. EinerMusiker, letztes Jahr z.B. beim Sziget-Festival in Budapest, seits war es nicht dem angeblich größten Musikfestival der Welt mit 60 Büheinfach, als ausländinen, sechs Tage lang. Das war großartig. Wir waren Tag sche Journalistin beim WDR anzufangen. Andererseits wiederum einfacher, weil ich mir nie herausnehme zu sagen »ich kenne dieses Land und diese Fragestellungen«, und Nacht unterwegs. Tagsüber haben wir Beiträge pro­ sonder ich versuche duziert, Interviews genommen, Konzerte auf­genommen, alles vorurteilsfrei Sen­dungen gemacht. Nachts haben wir auch noch auf­ anzugehen, als ob ich gelegt und den Rest der Nacht wurde dann gefeiert und es zum ersten Mal morgens um 10 Uhr wurde wieder aufgestanden und Für 1LIVE begab sich Katja in die Sperrzone rund um sehen würden. Ich gearbeitet. Mein Auftritt bei Harald Schmidt, das war das explodierte Atomkraftwerk in Tschernobyl. Für glaube, dies ist meine natürlich eine ganz besondere Erfahrung. Das hatte sich ihren Beitrag »Ausflug in die Todeszone – ­Tschernobyl Stärke, die mich unter- mal wieder so ergeben, wie alles in meinem Leben. Ich Tourismus in der Ukraine« erhielt sie vor kurzem den scheidet. Gleichzeitig habe in der Unterhaltungsredaktion ein Praktikum geAxel-Springer-Preis. aber hab ich gemerkt: macht. Und da hat mir mein Chef gesagt, geh doch einen mit all den Neurosen der Men­schen um dich ich habe einen deutsch klingenden Tag zu Harald Schmidt und guck mal, wie die da herum zurechtkommen, die alle behaupten, sie Namen und ein euro­päisches Auswüssten es besser. Deswegen habe ich mich im sehen, man sieht mir mein Ausländersein also nicht an. Laufe meiner Arbeit mehr und mehr auf das Aber sobald ich meinen Mund aufmache, kommt da natürRadio spezialisieret. Hier kriegst ein Mikro, lich mein russischer Akzent raus. Und dann merkt man – gehst raus, machst was du willst, kriegst deine ja, diese Frau ist Ausländerin, was sucht sie eigentlich bei Töne rein. Ich habe aber meine feste Stelle den deutschen Medien? Es wäre doch viel einfacher für sie, beim WDR irgendwann aufgegeben, um als an der Rezeption zu sitzen oder Sachbearbeiterin oder freie Journalistin zu Arbeiten – hauptsächlich für den Sender Funkhaus Europa. Ja, es sprach mir natürlich zu, weil es ein Migrantenradio ist. Ich fühle mich auch als Migrantin. Die Themen des Senders sind meine Themen, ich identifiziere mich mit ihnen. Ich mache Berichte

In der letzten Runde­ der Bewerbung für das Volontariat bin

ich daran­gescheitert, dass ich ­ge­sagt habe, der WDR wäre der langwei­ligste Sender, während


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Mütterchen Russland, Schnee und Bären auf der Straße. Mit diesen Klischees kann man gut spielen. Mache ich auch immer wieder gern. Ich finde Klischees gar nicht so schlecht, weil sie uns helfen die Welt zu begreifen. Man kann die Menschen da abholen und einen einen Beitrag machen lassen. Ich wurde zum Dresdener Schritt weiterführen. Es gibt viele Migranten, Opernball geschickt, wo ich die Reporterin Olga gespielt die wollen sich als Journalisten nicht auf dieses habe, die ein Praktikum beim deutschen Fernsehen macht Migranten-Ding reduzieren lassen. Ich habe und keine Ahnung hat und total dumme Fragen stellt. Das mich nie dagegen gewährt. Ich habe immer ist ja eigentlich eine total alte Masche und blödes Klischee gesagt »Ich bin eine Russin und in Deutschund dürfte eigentlich überhaupt nicht mehr existieren. land ist das so, in Russland ist das anders.« Aber ich habe gemerkt, wie gut das ankommt. Die Leute Ich habe meinen russischen Migrationshintersind durch die Bank darauf reingrund in den Vordergrund gestellt und das hat produzieren. Und ich muss sagen, Harald Schmidt ist die gefallen, haben mir die Rolle total mir Vieles erleichtert. Bevor man behauptet, einzige Comedy-Sendung im deutschen Fernsehen, die ich abgekauft. Ein kleines armes man wäre eine ernsthafte Journalistin und tatsächlich richtig cool fand. Und als ich da mit diesem Ding aus Russland, das nichts genauso gut wie Claus Kleber, und versucht zu beMenschen am Tisch saß, habe ich verstanden, ich will hier weisen, dass man bleiben und irgendwas machen. Ich will diesen Menschen genauso gute Analyvon mir beeindrucken und ich habe nur diese kleine halbsen der deutschen Politik machen kann, ist es doch viel einfacher zu sagen »Nein, ich bin nicht wie Claus Kleber und ich will mich nicht mit stündige Konferenz, um auf mich aufmerksam zu machen. ihm messen, sondern Ich habe also angefangen, irgend ein Quatsch zu reden, ich bin Katja.« Diehabe mich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, war total sen Wettbewerb muss frech und habe irgendwas behauptet, ohne genau zu wisman sich nicht antun. sen, was ich da eigentlich rede. Hat aber funktioniert. Er Ich bin ein Stück von Als DJ legt Katja russische und internationale Musik meinte dann »Wer bist du denn? So eine Praktikantin Deutschland, und es bei der eigenen »Kompott«-Party in Köln, »Globalhatten wir noch nie. Was willst du eigentlich und woher hat sich verändert, ist player«- Veranstaltungen von Funkhaus Europa, sowie kommst du?«. Und dann haben wir kurz gesprochen. Am multinational geworbei Partys europaweit auf. Ende der Konferenz war klar, ich werde einen Beitrag für den. Mit den Kliweiß und Schwachsinn behauptet, ihn machen. Ich habe mir natürlich in die Hosen gemacht schees spiele ich ja auch bei den Kompottwie »Putin ist der Größte« oder vor Aufregung. Sie haben mir die Rolle einer russischen Flyer-Texten. Es gibt viele Leute, die darauf »die Scorpions sind von Modern Gas-Expertin gegeben. Ich habe total verkackt. Aber sie stehen. Aber einige sagen auch »Das geht gar Talking und Haddaway ist von haben mich irgendwie für lustig befunden und mich noch Boney M.« Man merkt, dass diese Klischees gegenüber Ausländern – insbesondere den Russen gegenüber, immer noch tief verwurzelt sind. In jeder Altersklasse und egal, was die Leute mittlerweile über Russland wissen, sie haben immer noch die Vorstellung nicht, was du machst. Du repräsentierst alte von diesem mysteriösen Klischees und das ist doch kein ernsthafter Zugang. Das bringt uns überhaupt nicht weiter.« Aber ich finde das schon. Ich habe viele fähige und intelligente Menschen kennengelernt, die sich gegen jedes Klischee wehren würden, aber gleichzeitig habe ich gemerkt: auch die kochen mit Klischees. Klischees werden überall reproduziert. Nur bekennt man sich nicht unbedingt öffentlich nicht so dazu. Und ich sage – »Ok, das ist ein Klischee«, überspitze es und führe es ad absurdum. Manche reproduzieren viele Klischees in ganz ernsthaften Zusammenhängen, sodass sie bestehen bleiben. Ich benutze sie, um die Sicht der Deutschen zu hinterfragen. Und das mache ich eigentlich in jeder Redaktionskon­ferenz, in jedem Beitrag.

ich am Tisch mit all seinen Hierarchien saß. Beim zweiten mal war ich natürlich schlauer.

Ich habe behauptet, alles wäre toll.


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Russischer Supermarkt ÂťMix Markt, KĂśln-Porz

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Niemand soll mehr Hunger leiden!


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Text: Wassja Wassilevich Foto: Ivan Ivanovich

Hohenzollern-Brücke

Deutzer Bahnhof / Köln Messe

Dom / HBF

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Deutze

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KGB Bar Roter platz

Odessa

Chlodwigplatz

Wo man in Köln ordentlich essen und trinken und dabei seine sowjetische Seele befriedigen kann, zeigen wir euch mit dieser Übersicht an ausgewählten Lokalitäten. Hier lässt es sich prima auf Freundschaften anstoßen, neue Kameraden finden oder sich die alten schöntrinken.


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Roter Platz Willkommen an Bord! Der Rote Platz am Zülpicher Platz ist eine angesagte Location, die bereits seit zehn Jahren Gäste ver­schie­ denster Herkunft und Alters anlockt. Auch schon in Berlin und Moskau kennt man diese Bar. Die Stammgäste kommen nicht nur aus Köln, um sich an der größten Vodkaauswahl der Stadt auszuprobieren. Daneben gibt es Importbier aus Russland, verschiede Drinkvariationen mit herlich verrückt klingenden

Namen und natürlich auch was für den leeren ­Magen: der Koch zaubert täglich nostalgische Gerichte, deren Namen auch dem Geist schmecken. Um den Flair der Kneipe abzurunden, bietet die Inneneinrichtung allerhand Bizarres zum Gucken und Staunen. Hier haben die Besitzer im Laufe der Zeit Fahnen,

Zeitungen aus den Sechzigerjahren, LeninKöpfe und viele andere sowjetische Symbole angesammelt, sodass wenig Platz bleibt für trübe Gedanken. Dafür sorgt auch die Gute­-Laune-­Musik von wechselnden LiveBands und DJs aus aller Welt. So lässt es sich feiern! New Trash für ein neues Pionier­ gefühl. Propaganda von ihrer schönsten Seite. roterplatz-cologne.org


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HoteLux


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Bequem am Deutzer Bahnhof gelegen, findet man das berühmte HoteLux, welches sich bereits seit 20 Jahren mit seinem erfolgreichen Konzept bewährt hat. Hier pflegt man nicht nur die Kunst des Essens – ganz nach russicher Art prunkvoll hergerichtet – sondern­ auch die des Trinkens. Dutzende Wodka­sorten, unter ihnen eine Anzahl Hauswodkas, die es

ausschließlich im HoteLux gibt, sowie über 70 fantasievolle »Sowjetski«-Cocktails (zu einem sehr humanen Preis) erwarten den Gast. Im Restaurant kann man sich sein Menü aus Gerichten wie »Der Baum der Wünsche« oder »Schweinebraten Rote Flotte« selbst zusammenstellen oder mit seinen Kameraden »Fliegende Buffets« bestellen. Aufgrund seiner modularen Einrichtung bietet der Club im

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Keller eine abgeschlossene Räumlichkeit, die zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden kann: sie erlaubt das Ausrichten von privaten Festen genauso wie die Nutzung als Nachtbar am Wochenende. Darüber hinaus werden dort Veranstaltungen wie Lesungen, Filmvorführungen oder Kleinkunst präsentiert. hotelux.de


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KGB Bar

Die linksrheinische kleine Schwester des ­HoteLux, liebevoll »das kleine Lux« genannt, ist die KGB Bar am Rathenauplatz seit über 20 Jahren ein beliebter Treffpunkt aller Nachtschwärmer und Schlaflosen. Auch hier lässt sich die riesige Getränkeauswahl genießen, in einer Umgebung zwischen russischer Avantgarde und ­Revolution, bis einem der Morgen graut. Die Bar lässt sich auch für private Feste mieten. hotelux.de


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Odessa Hier im Restaurant Odessa wird in ­den besten Traditionen­der russischen Aristokratie prachtvoll ge­speist. Man pflegt den ländlichen Charakter der russisch-ukrainischen Küche, wobei das Traditionelle gern mit ­modernen Trends vereint wird. Hierfür steht als Beispiel die Teigtasche, russisch »Pelmeni« genannt, mit hausgebeiztem Lachs und Shrimps gefüllt – ein neues, exklusives Gericht, das die Köche auf der Basis von Altbewährtem entwickelt haben. Auch wohlbekannte Leckerbissen Russlands und der Ukraine stehen auf der Speisekarte, wie »Borschtsch« oder »Soljanka« – eine Lieblingsspeise der deutschen Kanzlerin, Schaschlik aus Fleischsorten nach eigener Wahl oder Pfannkuchen, auch bekannt als »Bliny«, sowohl mit herzhafter als auch mit süßer Füllung.

restaurantodessa.de

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Der wilde Osten und seine kรถlschen Jungs


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Text: wassja wassivelich Foto: Ivan Ivanovich


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Lieder über schwere Jungs und leichte Mädchen, das Gefängnis, Drogen und die Liebe: russische Gauner-Chansons verbreiteten sich in den 20er-­Jahren aus der Hafenstadt Odessa über die gesamte Sowjet­union. In Köln zeigen uns fünf Musiker, was sie darunter verstehen – und wir lassen uns im Tanz einfach von den wilden Klängen treiben.


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ovon handelt das berühmteste russische Lied des ­letzten Jahrhunderts? Ist es ein Marschlied aus dem Zweiten Weltkrieg? Ein Lied über den Aufbau des Kommunismus? Ein Liebeslied? Oder handelt das berühmteste russische Lied des 20. Jahrhunderts von einer Odessaer Gangsterbraut, die ihre Kollegen an die Geheimpolizei verrät? Und warum zum Teufel hat so gut wie niemand im Westen je von der glamourösen Dame gehört? Warum kennt niemand ihren Namen, obwohl er so schön ist und sich außerdem leicht merken lässt: »Murka. MURKA. Murka«. Quer durch das 20. Jahrhundert haben Russen Lieder wie »Murka« geschrieben, gesungen und gehört. »Gaunerchansons«. »Blatnye Pesni«.­»Blatnjak«. Lieder über schwere Jungs und leichte Mädchen, Brüche und­Diebstähle, das Gefängnis, Drogen und die Liebe. Unerhörte, anarchistische Oden an die Freiheit, freche, ironische Straßenlieder, Zoten. Der russische Beamte fürchtet die Gaunerlieder ­traditionell wie der Teufel das Weihwasser, das Volk blieb ­unbeeindruckt und sang. »Blat-Lieder« waren in der ­Sowjetunion seit den Dreißigerjahren verboten. Gassenhauer über Knastausbrüche, krumme Touren, halbseidene Liebschaften oder das Leben im Gulag passten nicht in die saubere kommunistische Arbeiterkultur. Die russischen Gaunerchansons sind Spiegelbild ­einer bizarren, dramatischen russischen G ­ eschichte. Die meisten dieser Lieder entstan­den als Gebrauchsprodukte; ihre Bewährungsprobe durchstanden sie in der Regel in Bars, Biergärten, auf Hochzeitsfeiern oder bei anderen geselligen Zusammenkünften. Die Texter waren in der Regel unbekannt, die Melo­dien­ vielfach an Volksweisen oder bekannte Schlager angelehnt. Der Geburtsort dieser Form des Unterhaltungslieds ist die multikulturell geprägte Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa. Um die Wende zum 20. Jahrhundert hatten sowohl die italienische Operette als auch der argentinische Tango Fuß gefasst. Hinzu kam die Klezmer-Musik der jüdischen Bevöl­kerung, Roma-Musik sowie Mode- und Volkstänze wie Foxtrott, Charleston und Polka. Während und nach dem Bürgerkrieg fassten auch Jazz- Unterhaltungskapellen zunehmend Fuß. In Odessa herrschten Zustände wie im Wilden Westen. Die neuen Möglichkeiten nach der Revolution riefen Scharen von Abenteurern, Gaunern und Ganoven aller Art in die Hafenstadt. Die Einen machten Geld, die Anderen nahmen es ihnen wieder ab. Die heterogene Zusammensetzung der Bevölkerung – darunter zahlreiche Italiener sowie jüdische Neubürger aus dem um­liegenden Ansiedlungsrayon – begünstigte einen regen Austausch. Als Soundtrack zu diesem »Wild East« kristallisierte sich eine neue Form urbaner Folklore heraus. Die südlichen Lieder verbreiteten sich Zug um Zug über die gesamte Sowjetunion. Rückblickend gilt die NEP-Zeit als die goldene Ära der russischen Ganovenlieder – als einzige Zeit, in der sie vollwertiger Bestandteil des gängigen Unterhaltungsmusik-Spektrums waren. Die Jazz-Ensembles, die zu dieser Zeit entstanden, griffen auf das populäre Repertoire der Blat-Songs gern zurück. Obwohl nie ganz verboten, gerieten die »Criminal Songs« zunehmend in Konflikt mit dem anforcierten Sozialistischen Realismus der Dreißigerjahre. Aufgrund der zunehmenden Repression gesellte sich ab

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Ende der Zwanzigerjahre ein weiterer Untertyp zu den bislang üblichen Ganovenliedern: Chansons, die vom Überleben in den nordrussischen und sibirischen Straflagern handelten. Das kulturell offenere Klima, das während des »Großen Vaterländischen Krieges« geherrscht hatte, wurde durch den beginnenden Kalten Krieg weitestgehend zunichte gemacht. Die »südlichen Lieder« blieben jedoch im kollektiven Gedächtnis und lebten im informellen Bereich fort. Total war die Zensur allerdings zu keinem Zeitpunkt: Ob Blat- oder Blat-ähnliche Songs auf Tonträger gepresst wurden, hing oftmals vom Eifer und der Effektivität der örtlichen Kontrollbehörden ab. Als Mittel, die allgegenwärtige Knappheit an Material und Technologie zu umgehen, etablierten sich in den 50ern und 60ern »Tonträger auf Rippen« , Schallplatten aus alten Röntgenaufnahmen. Ende der 60er kam eine weitere Verbreitungsform hinzu: Tonbandaufnahmen. Von findigen Untergrund-Produzenten initiiert und via Kopie und Weiterkopie verbreitet, sorgten sie dafür, dass die offiziell nicht produzierte Musik den Weg zu ihrem Publikum fand. Texte, Musik und Lebensweise der auch als »rote Dandies« bezeichneten Blat-Sänger der Breschnew-Jahre ähnelten in vielem der der US-Beatniks. Das Titelstück eines bekannten Tonbandalbums lautete »Anascha« – ein russisches Slangwort für Haschisch. Die in den Sechzigerjahren aufkommende Bard-Bewegung unterschied sich von den hedonistischen Underground-Blat-Sängern­ in mehrerlei Hinsicht: Ihre Träger waren Intellektuelle. In musikalischer Hinsicht oft Autodidakten, richteten sie sich vorwiegend an ein gebildeteres Publikum. Während die Blat-Interpreten der 70er vorwiegend persönliche und kreative Freiräume suchten, ging es den Bard-Interpeten um politische Kritik. Das russische Chanson ist ein eigenständiger Liedzweig innerhalb der russischen Popmusik. Es ist stark geprägt von diesem kriminellen Halb- und Unterwelt-Milieu seiner Entstehungszeit in der NEP-Ära und gilt bis heute als authen­tische Form urbaner Stadtfolklore. Mittlerweile hat sich eine neue Chansonszene herauskristallisiert. Anders als bei den klassischen Criminal Songs tritt der Halbwelt-Aspekt stark in den Hintergrund. ­Gefragt sind vielmehr eingängige Darbietungsformen und Songinhalte, die für ein breiteres Publikum akzeptabel sind. Darüber hinaus gab es in den letzten Jahren auch gegenläufige Trends: großstädtische Underground-Bands, welche die rebellischen Impulse und den ursprünglichen Charakter dieser Musik stärker in den Vordergrund stellten und sie mit zeitgemäßen Stilen wie zum Beispiel Rock, Punk oder Ska mischten. Diese in der Independent- und Clubszene sowie unter einzelnen Interpreten entstandene Interpretationsweise wird teilweise als eine originär-russische Form der Rock‘n‘RollKultur betrachtet. International bekannt wurde vor allem die Gruppe »Leningrad« um den Sänger Sergei Schnurow. Weitere Formationen, die die Tradition der Criminal Songs aufgreifen, sind »La Minor«, »Golem!« (New York), »Gogol Bordello«, »VulgarGrad« (Australien), »Apparatschik« und »Rotfront« aus Berlin. Auch in Köln haben sich fünf Dandies zusammengefunden, um den »GanovenEastBeat« zu spielen: die »HopStopBanda«. »Hop Stop« bedeutet so viel wie »Her mit der Kohle«. Nachfolgend gibt uns Stas Torb, Sänger und Schlagzeuger der Band ein Interview.

Der Gangster Rap des Ostens


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Ich frage mich ja jedes Mal wenn ich euch sehe: hast du eigentlich mehrere Matrosenhemden oder ist es immer ein und das selbe? Ich habe mehrere, sehr viele sogar. Denn ich verbrauche ungefähr drei Stück pro Konzert ... hoher Hemdenverbrauch, ja. Ist Stas Torb eigentlich dein richtiger Name? Torbotrus. Ich habe eigentlich mehrere Namen: Freudenfeld, Minin – je nachdem. Als ich mal in einem Call-Center gearbeitet habe, habe ich mich immer mit unterschiedlichen Namen vorgestellt, da mein Name so ein Stolperer ist, das war auch teilweise der Grund warum ich gekündigt worden bin. Mein Chef hat mitbekommen, dass ich mich mal mit Schneider, mal mit Müller vorgestellt habe. Das fand er nicht so lustig – ich schon.

Band-Steckbrief Musik Gypsy-Boogie, Sowjet-Tango, Gangster-Swing. Band Stas Torb (34), Gesang, Schlagzeug; Micha Duboff (49), Kontrabass; Rifkat Daukaev (56), Gesang, Akustik­ gitarre; Sergio Terán (57), Saxofon, Querflöte, Percussion; Leo Röttig (64) Akkordeon. Einflüsse russische und ukrainische Kultur, latein­amerikanische, orientalische Musik und Polka. Songsprachen Russisch, Deutsch, Jiddisch, Spanisch, Ukrainisch hopstopbanda.com

Du warst ganze zehn Jahre bei der Rock­ abilly-Surf-Garagen-Punk-Combo »The Jancee Pornick Casino«. Vor zwei Jahren dann der Wechsel. Ist die Musik deiner neuen Band näher an deinen jüdischrussischen Wurzeln? Oder wolltest du dich eher musikalisch weiterentwickeln? Ja, äh – das war irgendwie zwischenmenschlich – ja, musikalisch auch – wir waren halt zehn Jahre auf Tour und wenn man so lange auf Tour ist, kommt das musikalische bisschen kurz. Wir haben uns musikalisch nicht mehr weiterentwickelt. Ich bin froh, dass ich überhaupt ein anderes Projekt gefunden hab. Es hätte auch Madagaskar-Musik sein können, Hauptsache was Neues. Aber die Wurzeln, den Einfluss bringe ich zwangsläufig immer mit. Wenn ich Madagaskar-Musik gespielt hätte, wär das auch mit russisch-jüdischen Einfluss gewesen. Gibt es bei dir eine Sehnsucht nach der Heimat oder den Wunsch, die Wurzeln nicht zu verlieren? Ich denke, Identitätsbestätigung hat jemand, der außerhalb der Heimat wohnt eher, als derjenige, der innerhalb der Heimat bleibt und ... das kann teilweise auch kuriose Formen anehmen, so wie ich sehe, dass manche türkischen Mitbürger da noch türkischer sind als die Türken in der Türkei. Es trifft auf die Russen auch teilweise zu. Also ich versuche diese Verbindung schon immer aufrechtzuerhalten. Was ging dir damals bei deiner Ausreise durch den Kopf? Ich war 16. Ich wollte eigentlich auch nicht weg. Es sollte ein kurzfristiger Aufenthalt


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werden, eigentlich, hier in Deutschland für mich. Aber ja ... ich bin dann halt geblieben. Wenn du es dir aussuchen könntest, wo würdest du gern leben? Wo du jetzt bist oder wo du nicht bist? Ja, es ist beides, die Russen sagen ja, überall schön, wo wir nicht sind. Das trifft zu. Aber bei mir trifft es auch zu, dass Heimat ist dort, wo meine Familie ist. Und da will ich auch sein. Immer beides. Also man meckert echt immer irgendwie ... das hab ich wahrscheinlich von Deutschen schon bisschen übernommen. Ich hab das Gefühl, ich würd mich überall wohl fühlen. Zurück zu »The Jancee Pornick Casino«. Es ist eine relativ gut etablierte Band. Hattest du Angst vor dem Neuanfang mit einer noch unbekannten Combo? Im Prinzip ist es fast wie das Emigrieren, also wie die Ausreise, man hat zwar Angst, aber

man gewinnt immer, eigentlich mehr als man verliert. Auch bei der Ausreise hat man zwar halt Wohnsitz verloren, aber nicht die Verbindung. Also ich hatte eigentlich keine Angst, ganz ohne Arbeit zu sein, aber es ist halt immer ein Risiko irgendwo und bisschen Angst vor Neuem ist immer dabei. Ist die Musik deine Hauptbeschäftigung? Ja, ich versuche mich damit durchzuschlagen. Was hast du eigentlich für eine Ausbildung? Ich bin technischer Assistent für Veranstaltungtechnik und ich habe Musikwissenschaften studiert – also nicht zu Ende studiert. Also ich hab Musikwissenschaften nicht studiert. Hast du Micha Duboff, den Gründer eurer Band, bei Jancee kennengelernt? Ne, denn kenn ich schon seit etlichen Jahren. Ich hab den zu Jancee gebracht. Wir hatten damals Probleme mit Ersatzbassisten und da hab ich Mischa angerufen. Ich kenn den seit 1994. Der ist damals mit einer St. Petersburger Psychobilly-Band hier auf Tour hängenge­ blieben und lebte hier mit der Band illegal. Und die waren auf der Suche nach einem Schlagzeuger und so haben wir uns kennen­ gelernt. Aber es hat sich nicht ergeben, dass ich bei denen gespielt hab. Und die anderen? Wie seid ihr zusammen gekommen? Den Sänger – Rifa, den kenn ich auch seit 18 Jahren und die anderen hab ich vor kurzem erst kennengelernt. Also alle Russen kennen sich hier in Köln höchstens über zwei Ecken. Überhaupt – ich habe gelesen, dass sich die Leute auf der Welt ja höchstens über neun Ecken kennen. Also war es kein all zu großes Wunder, dass wir uns trafen.

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Das stimmt. Einer von euch ist ja kein Russe sondern Chilene. Ja, aber Sergio bewegt sich schon schnell in Richtung russisch sein. Micha war in einer der ersten russichen Punkbands. Kanntest du damals seine Band »Automatitcheskie Udowletworitely«? Warst du ein Fan? Ja, ich kannte die Band. Aber ihn persönlich kannte ich noch nicht. Das war ein bisschen spezielle Musik. Da gabs halt zu der Zeit in Russland ziemlich strenge Szenenteilung. Ich war halt eher so Richtung Rock und UndergroudHippie-Musik. Punker waren halt spe­zielle Leute. Ich hab nicht dazugehört, aber die Musik kannte ich schon, fand sie auch ganz gut, aber ich habe mich nie getraut, zu den Konzerten zu gehen. Welche Träume hast du, wenn du an die Zukunft denkst? Wenn ich einfach das tun kann, was ich kann. Das reicht mir auch vollkommen. Mehr braucht ein Mensch eigentlich nicht, zum glücklich sein. Und was plant ihr als Band noch so? Weltherrschaft. Wo kann man euch denn als nächstes spielen hören? Ich hoffe in der Türkei, in Bodrum. Der erste Schritt in Richtung Weltherrschaft. Wir versuchen von allen Seiten zu arbeiten. Wir haben auch letztens auf 'ner türkischen Hochzeit und einem türkischen Neujahrsfest gespielt. Also spielen wir im Moment mehr bei türkischen Feierlichkeiten, als bei russischen. Danke für das Gespräch!


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73 Text: wassja wassilevich Foto: Katja Pysmenna

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Unterwegs an der Schwarz­meerküste Russlands und der Ukraine. Katja ist in der Industrie-Großstadt Dnipropetrowsk in der Ukraine aufgewachsen. Mit 15 Jahren wandert sie mit ihrer Familie nach Deutschland aus. In Köln studiert Katja und bleibt auch danach hier. Sie ist Eventmanagerin im Kulturbereich, organisiert die »Kompott«-Parties und legt auf. Sie ist 35, hat eine siebenjährige Tochter und reist viel und gern – mit einem Smartphone und einem besonderen Blick für die Umwelt ausgestattet. Zulezt war sie in der nur sehr selten besuchten Heimat – an den Küsten vom Schwarzen Meer. Die Route geht vom Donau-Delta bis zur abchasischen Grenze im Kaukasus, über Odessa mit seinem europäischen flair, die Halbinsel Krim mit einem tropischen Klima und das von der bevorstehenden Olympiade ausgebeutete Sochi – im Kampf um die Zeit; über Steppenlandschaften bis zum Gerbirge. Das Schwarze Meer riecht mehr nach Algen, als nach Sonnenmilch, wie in ihrer Kindheit. Die Menschen dort sind herzlich – trotz des niedrigen Lebensniveaus. Niemand beklagt sich, die Leute sind sehr robust. Mit erwachsenen Augen sieht man viel detaillierter, vieles erscheint einem plötzlich fremd. Die süßen Erinnerungen sind umnebelt von bitterer Realität. Und doch scheint dort die Zeit stehengeblieben zu sein. Als ob man nur darauf gewartet hat, bis sie zurückkommt. Man möchte nicht aufhören zu suchen.


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Russischer Supermarkt »Mix Markt«, Köln-Porz

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Na Sdarowje! Die russische Küche existiert in ihrer heutigen Form seit etwa hundert Jahren und hat ihren Ursprung in der slawogermanischen Küche. Die Multikulturalität der UdSSR beinflusste jene positiv, alle Völkergruppen hatten ihre eigenen Gerichte, aber probierten hin und wieder die Rezepte der Nachbarn. Eine Kostprobe gibt es mit diesen vier Rezepten. Illustration: Ivan Ivanovich Rezepte von mama

Syrniki Quarkpfannkuchen

2 Eiweiß 1 EL Zucker 500g russischer Quark, Schichtkäse oder Hüttenkäse 3 EL Mehl 1 TL Backpulver Butter zum Braten Semmelbrösel zum Panieren etwas Salz

Den Schichtkäse oder Hüttenkäse in einem Mulltuch vorsichtig, aber kräftig ausdrücken. Den russsichen Quark kann man so wie er ist verwenden. Diesen gibt es in russischen Geschäften. Alle Zutaten gut verkneten. Aus dem Teig acht runde Teigbällchen formen und leicht in Semmelbrösel wälzen. Dazu am besten die Bällchen in einer flachen Schüssel mit Semmelbröseln hin und her rollen lassen. Diese dann auf eine Pfanne mit reichlich heißer Butter legen und plattdrücken. Von beiden Seiten goldbraun ausbacken. Am besten schmecken sie, wenn innen noch was weißes zu sehen ist! Syrniki am besten warm mit Schmand oder Puderzucker servieren. Preisel-, Moos- oder Johannisbeeren gibt es auch oft dazu, Obst, Honig oder Marmelade können ebenso dazu gereicht werden.


essen

Ikra Auberginenpüree

1 TL Öl 1 Bd. Petersilie

1 Knoblauchzehe

1 Zwiebel

1 Aubergine

2 Paprikaschoten

2 Tomaten

Schneide die Aubergine in Scheiben und die Paprika in Streifen. Backe sie im Grill oder Backofen bei 200 °C weich. Löse die Augerbine mit dem Holzlöffel aus der Schale, enthäute die Paprikaschoten und hacke alles fein. Eine zerdrückte Knoblauchzehe, und gewürfelte Zwiebel untermengen. Die Tomaten in einem Sieb mit kochendem Wasser abschrecken, enthäuten, hacken und mit der Masse vermischen. Mit Salz, Pfeffer, Öl und Zucker abschmecken.

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Halbsalzgurken schnelle eingelegte Gurken

2 kg frische Gurken, 8-10 cm 3 Dill-Stängel 10 Knoblauchzehen 1 St. Meerrettich, ca. 8 cm ½ Peperoni 5 Johannisbeeren-Blätter 10 Kirschen-Blätter grobes Salz gekochtes, abgekühltes Wasser

Die Gurken für 3 – 4 Stunden ins Wasser legen – so bleiben sie schön knackig. Spitzen abschneiden, jede Gurke mit einem Messer 2 – 3 mal anstechen ( 1 – 1,5 cm tief ). Dann Dillstangen in ca. 10 cm lange Stücke schneiden, Knoblauchzehen schälen und halbieren, Meerrettich-Wurzel schälen, in 0,5 cm dicke Scheiben schneiden. Eine Hälfte der Gewürze auf den Boden eines großen Glases legen, dann kommen die Gurken und darauf wieder die Gewürze. Für den Sud braucht man 1 Liter Wasser – gekocht und abgekühlt und 1 Handvoll grobes Salz. Die Gurken mit Sud so aufgießen, dass sie zugedeckt sind. Das Glas mit einem Stück Mull zudecken und so stehen lassen. Bei Raumtemperatur werden diese Halbsalzgurken in 2 – 3 Tage fertig. Dann in den Kühlschrank stellen.


essen

Okroschka Sommersuppe 400 g Geflügelfleischwurst

6 gekochte Pellkartoffeln

6 hart gekochte Eier

1 Salatgurke

2 Bd. Frühlingszwiebeln

Schneide die Frühlingszwiebeln in feine Ringe und vermische sie mit dem Salz. Ein wenig den Saft mit der Hand auspressen. Würfel die Fleischwurst und die Eier möglichst fein und schneide die Pellkartoffeln ebenfalls in Würfel. Schneide die Salatgurke in Ringe und viertel diese anschließend.

2 Bd. Radieschen

1 l Mineralwasser

1 l milder Natur-Joghurt

evtl. Cremefine evtl. frischer Dill Salz

Gib alle Zutaten in einen Topf und vermische sie mit dem Joghurt, verfeinere evtl. mit Cremefine. Lasse es ein wenig ziehen und verdünne nach und nach mit Mineralwasser. Okroschka schmeckt am besten gekühlt. Einfach ca. eine halbe Stunde vor dem Verzehr in den Kühlschrank stellen. Gib danach etwas frischen Dill über die fertige Okroschka. Statt dem Joghurt kann man auch Kefir nehmen.

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Prozess im Kölner Hochsicherheitstrakt TEXT: Wassja Wassilevich Illustration: Ivan Ivanovich

Angeklagt sind die sieben überwiegend russischstämmigen Männer wegen Schutzgelderpressungen, Körperverletzung, Verbreitens von Falschgeld, unerlaubten Waffenbesitzes und Schmuggels von 15 Millionen Zigaretten. Einem Opfer sollen sie gegen den Kopf geschlagen und ihm ein Ohr abgerissen haben.


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ittwochmorgen, 7.30 Uhr: Polizisten sperren die Zufahrtsstraßen zum Land gericht. Autos, Fahrräder und Fußgänger müssen warten. Aus der Ferne nähert sich ein helles Licht am Himmel – der Scheinwerfer eines Hubschraubers. Ein grün-weißer Polizeijeep und eine gepanzerte schwarze Mercedes-Limousine brausen in hohem Tempo auf den Parkplatz der Staatsanwaltschaft. Drei Meter neben den Fahrzeugen landet der Hubschrauber. Die Motoren dröhnen, vermummte SEK-Beamte helfen einem gefesselten Mann, der Ohrenschützer und eine Augenbinde trägt, aus dem Helikopter und bringen ihn in den Mercedes. Die Strecke zur Einfahrt des Landgerichts misst knapp 200 Meter. Links und rechts wachen bewaffnete Polizisten einer Hundertschaft. Erst als sich das Tor hinter der Limousine schließt, lockert ein kantiger Beamter mit Maschinengewehr um den Hals seinen breitbeinigen Stand. Die Straßensperren werden wieder aufgehoben. Noch zweimal wiederholt sich das Prozedere an diesem Mittwochmorgen. Es ist der 47. Verhandlungstag im Prozess gegen sieben mutmaßliche Mitglieder der so genannten »Russen-Mafia«. Weitere 32 Termine sind bis Januar terminiert. Noch ist unklar, ob das ausreicht. Die Polizei stuft die Angeklagten als hochgefährlich ein, ihr Verbrechersyndikat gilt als eines der grausamsten der Welt. Angeklagt sind die sieben Männer unter anderem wegen Schutzgeld erpressungen, Körperverletzung, unerlaubten Waffen­ besitzes und Schmuggels. Einer von Ihnen soll versucht haben, das Kölner Umland unter seine Kontrolle zu bringen, andere sollen in einer Brasserie in Köln-Porz Schutzgeld vom Inhaber verlangt und ihm gedroht haben, eine Gabel in den Hals zu rammen. Ein Kriminologe sagt, verglichen mit dem »Russen-Syndikat« seien »türkische Mafiosi harmlose ­fröhliche Machos«. Unter Sicherheitsvorkehrungen, die es landesweit in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat, werden die Untersuchungshäftlinge seit März bis zu dreimal pro Woche aus verschiedenen Gefängnissen morgens ins Gericht gebracht und abends zurück – manche im Hubschrauber, andere in Zivilfahrzeugen der Polizei. Routen und Zeitabläufe sind streng geheim. Für viele Anwohner, für Besucher und Beschäftigte am Gericht sind die Prozesstage längst nicht mehr aufregend, eher störend. ­Vor den Absperrungen bilden sich

Staus, Parkplätze sind durch die Polizei blockiert. Wer es eilig hat, muss Geduld aufbringen. »Je nachdem wartet man morgens schon mal bis zu einer halben Stunde in der Wohnung oder im Parkhaus, bis die Absperrungen aufgehoben sind und man zur Arbeit fahren kann«, schildert ein Anwohner. Vorigen Montag war das Spektakel erst gegen 22 Uhr beendet; denn kurzfristig wurden die SEK-Beamten, die die Rücktransporte der Gefan­genen sichern sollten, zu einem Einsatz nach Aachen abkommandiert. Erst am Abend kehrten sie zurück. »So lange mussten die Russen streng bewacht im Gerichtsgebäude warten«, erzählt ein Beamter.

Das Ver­brechersyndikat gilt als eines der grau­ samsten der Welt Eine Alternative gibt es offenbar nicht. »Diese Maßnahmen sind aus Sicherheits­gründen erforderlich«, teilt der Landgerichts­sprecher mit. Sie basieren auf einer Gefährdungsanalyse der Polizei. Befürchtet wird, dass die Gefangenen flüchten oder schwerbewaffnete Komplizen sie befreien könnten. Wie teuer der immense Aufwand über die gesamte Prozessdauer von fast einem Jahr ist, wollen weder Polizei noch Landgericht preisgeben. »Aber gehen Sie mal von mehreren Millionen Euro aus«, verrät ein Ermittler. Allein eine Hubschrauber-Flugstunde kostet mehrere tausend Euro. Am Mittwoch hatte die Polizei landesweit keine gepanzerten Wagen verfügbar, der schwarze Mercedes kam eigens aus Potsdam. Auf Außenstehende mag der Aufwand übertrieben erscheinen, auch Anwälte der Angeklagten empörten sich schon über die massive,

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aus ihrer Sicht überzogene Polizeipräsenz. Ein Blick auf die Herkunft der mutmaßlichen Täter lässt allerdings den Schluss zu, dass es die 9. Große Strafkammer auch nicht gerade mit Eierdieben zu tun hat. Einige der Männer sollen dem Umfeld der Mafia-Gruppierung »Diebe im Gesetz« ­angehören, einer straff gegliederten Vereinigung russischstämmiger Schwerverbrecher, auch »Diebe, die dem Kodex folgen« genannt. Sie gehen keinem Beruf nach, dürfen keine Familie grün­den und zahlen die kriminell erwirtschafteten Gewinne in eine Gemeinschaftskasse ein, die so genannte »Abschtschjak«­. In den deutschen Haftanstalten leben die »Diebe im Gesetz« nach strengen Verhaltensvorschriften, einem drakonischen Reglement. Sie gründen stabile Netzwerke und verpflichten sich, einander beizustehen wie Brüder. »Wer mit der Polizei kooperiert, wird in die unterste Ebene eingruppiert, er gilt als Sklave der übrigen Häftlinge«, schildert ein Kriminalhauptkommissar. Aus dem Kölner »Klingelpütz«­ist zu hören, dass jemand, der einen Befehl missachtet, schon mal die Order erhält: »Vergewaltige den Häftling X dafür.« Neuankömmlinge würden zunächst von den übrigen Insassen »umsorgt, geschützt und als Kumpel bezeichnet«. Blieben dann aber die geforderten Gegenleistungen wie Drogen­ kurierdienste aus, werde »eingeschüchtert, gedroht und zusammengeschlagen«. Die Ursprünge der Bruderschaft gehen zurück auf die Arbeitslager der Stalinzeit: Um zu überleben schlossen sich die härtesten Gefangenen zu einer geheimen Solidargemeinschaft zusammen. Sie bestachen die Wärter und umsorgten sich gegenseitig. Diese konspirativen Strukturen setzten sich schnell auch in der russischen Unterwelt durch, sie bestehen bis heute. Das Kölner Landgericht hat gegen fünf der angeklagten Freiheitsstrafen verhängt, das Strafmaß reicht von drei Jahren bis zu sechs Jahren und elf Monaten. Die fünf Männer im Alter zwischen 27 und 44 Jahren haben sich nach Überzeugung der Richter in unterschiedlicher Tatbeteiligung der Geldfälschung, ­Steuerhinterziehung, des Verstoßes gegen das Waffengesetz und des Zigarettenschmuggels schuldig gemacht. Mit dem Urteil unterschritt die Kammer nur knapp das vom Staatsanwalt geforderte Strafmaß. Vor der Urteilsbegründung sprach der Vorsitzende Richter die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen während der 56 Verhandlungstage des Mammutprozesses an. Das Landgericht hatte seit


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Februar 2009 an vielen Tagen einem Hochsicherheitstrakt geglichen; wegen der weiträumigen Absperrungen kam es jeweils zu langen Verkehrsstaus. Die Verteidiger bezeichneten die 6,4 Millionen teure Maßnahme als »völlig überzogen, ja überflüssig« und sagten, ihre Mandanten seien » ­ Kleinkriminelle, keine Terroristen«. Mittlerweile belaufen sie sich sogar angeblich auf etwa zehn Millionen Euro. Der zuständige Richter hingegen betonte, die Maßnahmen seien unumgänglich gewesen. Die Behörde habe Meldungen der russischen Polizei sehr ernst genommen, nach denen zumindest einer der Angeklagten als Mitglied der tschechischen Mafia bezeichnet wurde. Aus solchen Informationen würden »Szenarien hochgerechnet, wie sie passieren könnten, aber nicht müssen«. Der Richter erinnerte an einen Prozess von 1995, bei dem der Vater eines Opfers einen der Angeklagten im Gerichtssaal erschossen hatte – damals habe es an Sicherheitsvorkehrungen gemangelt. Nach Überzeugung des Gerichts hatten die fünf angeklagten Männer sich unter ­anderem von unbekannten Dritten rund 200 000 gefälschte US-Dollar besorgt, die sie für 36 000 Euro verkauften. Dabei gerieten sie an einen V-Mann, denn die Polizei hatte die Männer aus Kasachstan schon seit geraumer Zeit ob­serviert. Auch der große Deal mit geschmuggelten Ziga­retten ging schief: Die Angeklagten hatten im Januar 2007 vier Millionen Zigaretten (Schwarzmarktwert: 200 000 Euro) in einer Lagerhalle in Neuss gelagert. Ein Groß­teil der Zigaretten, für die bei legalem Verkauf rund eine halbe Million Euro Steuern fällig geworden wären, fiel allerdings Orkan »Kyrill« zum Opfer. Nach heftigem Regen brach das Dach der Lagerhalle ein.

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Die meisten Zigaretten wurden dabei nass und unbrauchbar. Für den kläglichen Rest erzielte das Quintett lediglich einen Gewinn von 30 000 Euro. Weil die Zigaretten von so schlechter Qualität waren, wurden die Hehler sie später kaum los. Den zwei verblieben Angeklagten – Aslambek C. und Murat K. – kann die Staats­ an­waltschaft nach dem bisherigen Verfah­rens­ verlauf »nur« eine versuchte räuberische ­Erpressung und Beihilfe dazu nachweisen. Im Juni 2007 sollen der Tschetschene Aslambek C. und der Deutsche Murat K. während einer Gartenparty in Aachen mit dem Betreiber eines Billardcafés in einen Streit geraten sein, in dessen Verlauf C. von dem Mann 1800 Euro forderte, K. soll C. dabei bestärkt haben. Der Erpresste zog – offenbar aus Notwehr – ein Messer und rammte es C. in die Leber. Um ein Haar hätte das Leben des ehemaligen Widerstandskämpfers, der es bis zum Chef der persönlichen Leibgarde des tschetschenischen Präsidenten gebracht hatte, in einer Aachener Gartenlaube ein bitteres Ende ge­nommen. Laut Rechtsmedizinischem Gutachten überlebte der 44-Jährige nur äußerst knapp. Dass C.‘s Geldforderung einer Schutzgelderpressung gleichkam, konnte vor Gericht nicht fest­gestellt werden. C. selbst sprach in seinem Geständnis von einer »einmaligen Forderung«. Das Gericht, ver­urteilte ihn zu 27 Monaten Monaten Haft und Murat K. bekam 33 Monate. Beide sitzen seit fast 20 Monaten in Untersuchungshaft, streng isoliert von den übrigen Gefangenen, 23 Stunden täglich allein auf der Zelle. Beide Haftbefehle hob das zuständige Gericht am Donnerstag gegen Auf­ lagen auf.

Sie gründen stabile Netzwerke und leben nach einem drakonischen Reglement


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Portfolio Sechs russischsprachige KĂźnstler aus KĂśln lassen uns einen Blick in ihre Arbeit werfen.

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Olga Yurlova

Es ist immer was los hier. Olga ist 26. Sie arbeitet zur Zeit bei »Brainpool« in Köln. In Münster hat sie Mediendesign an der FH studiert. Illustration – sowohl statische als auch bewegete – ist ihre Stärke und große Liebe. Das sieht man auch ihren Arbeiten an, die alle einen eigenen Stil erkennen lassen. Sie kommt aus Moskau und ihre ältere Schwester sieht genauso aus wie sie. Meistens arbeitet Olga mit Tusche und koloriert am Computer. Aus dem Alltag und der Natur nimmt sie ihre Inspiration. Als ihre Schwäche nennt sie: »Menschen sehen bei mir aus wie kleine, gequälte Schweinchen«. Aber sie nimmt es mit Humor. An Köln liebt sie die Vielseitigkeit und die Currywurst. Es fehlen ihr hier nur die Wälder, die sie aus ihrer Heimat kennt. »Ich lasse mich sehr von der Natur Russlands beeinflussen«, schildert sie mit einem verträumten, sehnsuchtsvollen Blick, als sie ihren Stil beschreiben soll. »Die Menschen sind viel offener als in anderen deutschen Städten und es ist immer was los hier. Ständig neue Ausstellungen, Veranstaltungen und Konzerte. Auf der anderen Seite sind die Leute hier so gehetzt und jagen immer den neuesten Trends hinterher«, sagt sie noch über Köln. Sie geht gerne in den »Stadtgarten« zu den »Kompott«-Parties. Zur Zeit kann man ihre Arbeiten in einer kleinen Ausstellung im »Teilchen&Beschleuniger« in Münster bewundern. Sie träumt von einem eigenen Atelier in Köln.


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Lezte Seite: »Pyramide«, Tusche, digital koloriert, 2011 Links: Jutetasche »Magic Place«, limitierte Stückzahl für TANK, Dänemark, 2011 Unten: »Berge«, Tusche, Aquarell, digital koloriert, 2012


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Oben rechts: »Birds«, Tusche, digital koloriert, 2013 Oben: T-Shirt »Fox«, rundum Siebdruck, handgemacht, limitierte Stückzahl für TANK, Dänemark, 2011 Rechts: »Circus«, Tusche, digital koloriert, Coverillustration für den Berliner Literaturverlag, 2013

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Marina Bulahhova

Ich mag die Ungezwungenheit dieser Stadt. Marina ist 31 und Studentin der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften, Anglistik, Germanistik und Slavistik, wo sie gerade ihren Abschluss macht. Doch ihre Leidenschaft gilt der Fotografie. Sie kommt aus Estland nach Deutschland um zu studieren. Dort ist bei ihr als Russin in dritter Generation machmal ein Gefühl der Fremdheit aufgekommen. In Köln fühlt sie sich sehr wohl und beheimatet. »Trotz der architektonischen Hässlichkeit schafft es die Stadt, durch ihre Offenheit und Freundlichkeit sympathisch und spannend zu sein.« In Zukunft möchte sie ein multimediales Projekt realisieren: eine photographische Realisation mithilfe von anderen Medien, wie Film, Theater und Musik, basierend auf einem literarischen Werk .


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Letzte Seite: Sankt Petersburg 2009, 60 x 40 cm Links oben: Köln 2005, 30 x 20 cm Links unten: Berlin 2011, 30 x 20 cm Oben: Paris 2005, 40 x 30 cm Alle Bilder sind mit der Fujifilm S5500 fotografiert, Digitaldruck auf Fine Art Papier, kaschiert auf AluDibond

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Ilya Pusenkoff

Köln überzeugt mit inneren Werten, statt mit Sonnentagen. Geboren ist Ilya 1982 in Moskau in einer Künstlerfamilie. Sein Vater, George Pusenkoff, erhielt seinen ersten Kunstunterricht von dem Großonkel, einen Mitschüler von Marc Chagall, in Vitebsk und nahm an allen wichtigen Ausstellungen der Post-Perestrojka-Zeit teil. Im Jahre 1990 kam er zusammen mit seiner Familie auf Einladung der Düsseldorfer Galerie Hans Mayer nach Deutschland. Seitdem leben die Pusenkoffs in Köln. Ilya studierte Film und Fotografie an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Zahlreiche Projekte vom ihm wurden in öffentlichen sowie museellen Räumen ausgestellt, u.a. wurden die Kunstfilme »Ten Erasers« und »Red, Yellow & Blue« im Musem of Modern Art in Moskau gezeigt. 2011 nahmen seine Fotoarbeiten in der internationalen Ausstellung »Russian Contemporary Art 1950 – 2011« teil. Ilya erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen, darunter den ersten Platz beim Wettbewerb »Real Time« des internationalen Kurzfilm Festivals »Schnitt«. Seine Arbeiten befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen in Russland, Deutschland und den USA.


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»After Reality« ist die gemeinsame Ausstellung von Ilya und seinem Vater George Pusenkoff. Zu sehen ist sie im Museum Ludwig in Koblenz. Die beiden Künst­ ler nähern sich dem interdis­ ziplinären Dialog zwischen ihrem künstlerischen Material: dem stillen und bewegten Bild. Dieser Dialog wird durch einen dritten Protagonsten vermittelt: den Besucher, der seinen eigenen Schatten und seine Bewegungen gespiegelt sieht in Videoprojektionen, die Tonnen von Farben zeigen, die die Oberfläche hinunterschwimmen, und der an seiner Wahrnehmung zweifelt, während er auf ein digitales Bild von einem Ozean schaut, der still zu stehen scheint, sich aber trotzdem bewegt.

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Natalya Posukhova

Ich liebe meine Lieblingscafes. Natalya hat Kommunikationsdesign an der FH Düsseldorf studiert und arbeitet als freie Illustratorin und Grafikdesignerin. Inspiriert ist sie von Künstlern wie Mark Ryden oder Tim Burton. Sie liebt handgezeichnete Illustrationen, genauso wie minimale Typografie. Natalya ist in der Ukraine geboren und aufgewachsen. In ihrer Kindheit hat sie fünf Jahre in Russland nahe dem Polarkreis verbracht – mit Bären und Schnee und der absoluten Abwesenheit von Bäumen. Mit elf Jahren ging sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Sie arbeitet für verschiedene Kunden, von Fashion Brands wie »Dior« bis TV Agenturen und Magazine. Nachdem sie vom Polarkreis weg war, lebte sie in einer Stadt nicht weit vom schwarzen Meer. »Es war heiß und staubig im Sommer, die öffentlichen Verkehrsmittel waren weder wirklich öffentlich, noch pünktlich. Die Menschen waren hart zu Fremden und unendlich liebevoll im Freundesoder Familienkreis, das Essen war fettig, aber die meisten trotzdem schlank, die Winter waren weiß, die Feste laut und lang, die Bürgersteige und Straßen kaputt, man kaufte auf Märkten ein, in den Läden wurde man abgezogen und zahlte drauf.«. Im Winter steht bei Natalya eine neue Staffel »Du bist kein Werwolf« für den Kinderkanal an. Sie macht die Illustrationen für kleine Filmchen. Im Moment macht sie viele Logos, bei denen die Illustration aber als Bildmarke erhalten bleiben. Ziel und Traum ist für sie, mal für den »New Yorker« zu zeichnen. Ansonsten sieht sie sich in Modemagazinen und Buchverlagen.

Single-Cover für »Teenage Wildlife«, Tusche auf Papier, 2012


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»Ducks«, Tusche auf Papier, für das »Kraut Magazin« Düsseldorf, 2012 Oben: »Rosered«, Tusche auf Papier, 2008

»Finally«, Tusche auf Papier, 2010


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Links: »The Dwarf«, Tusche auf Papier, 2008 Unten: »Baron On The Trees / Bird«, Tusche auf Papier, 2011

»40 Winks«, Tusche auf Papier, für das »40 Winks Hotel« London, 2008


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Alexandra Kisselkova

Köln ist die beste Stadt in der ich je gelebt habe. Alexandra ist freie Künstlerin und Fotografin, und Mitglied des Lightwriting-Kollektives Lichtfaktor. Sie stammt urspünglich aus Sibirien. Sie malt, schreibt und fotografiert. Ihre Arbeitsweise ist ziemlich entspannt. »Nur der Anfang ist manchmal schwer«. Ihre Inspiration nimmt sie aus Träumen und der Musik. Außerdem beobachtet sie gerne Menschen und geht gerne auf Reisen und erlebt Abenteuer. »Ich kann nicht aufhören«, sagt sie und beschreibt damit ihre Schwäche und gleichzeitig ihre Stärke. An Köln gefällt ihr vor allem der Dom. Sie hat bereits einen Roman geschrieben, in dem sie auch den Unterschied zwischen Köln und ihrer Heimat thematisiert. Heimat spielt nur eine indirekte Rolle in ihrer Arbeit. Sie ist eine Erfahrung für Alexandra und Teil ihres Lebens, aber sie ist gerne da, wo sie gerade ist. An Köln gefällt ihr fast alles außer die Behörden – »besonders Ordnungsamt – bäh«. Was sie ändern würde: die Stadt restaurieren. Sie geht gerne ins »Gebäude 9«, manchmal einfach in die Stadt, »Cafe Brussels«, »Törtchen Törtchen«, »Arty Farty«, »Lichtfaktor Studio«. Als nächstes will sie einen guten Verlag suchen um das Buch herauszubringen – am liebsten Rowohlt. Ansonsten sieht sie ihre Zukunft »im Nebel«.


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Diese Seite: Lightwriting, 2008 Letzte Seite: Lightwriting zusammen mit dem Lichtfaktor-Kollektiv 2010

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Andreas Fischer

Köln ist nie fertig. Anrdeas Fischer ist 41, hat einen Sohn und ist freier Illustrator. Er kommt aus Kasachstan, einer der ehemaligen Sowjetrepubliken. Seine Inspiration nimmt er aus dem Alltag, aus Literatur, Mythologie, Träumen und Wünschen. Andrej hat den Linolschnitt für sich enteckt. Seit seiner Diplomarbeit an der FH Aachen macht er unverwechselbare Prints – ob auf Papier oder auf T-Shirts. Sein Studium angefangen hat er bereits in Russland, an der staatlichen pädagogischen Universität Omsk, wo er ein Jahr Kunst studierte, bevor er nach Deutschland kam. Hauptsächlich illustriert er jetzt Kinderbücher für verschiedene Verlage. Er liebt Köln wegen der rheinländischen Mentalität – »Levve und levve losse!«. »Köln ist eine weltoffene, tolerante Kaffebud-Metropole mit riesigem Kulturangebot.«


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Diese und vorherige Seite: Illustrationen zu Daniil Charms »Zwischenfälle«, Linolcut, Seiten aus der Diplomarbeit, 2000

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cinema-provocateur.net

yurlova.com

natata.de

bulahhova.de

kisselkova.de

illufisch.de




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