Das Elefantengedächtnis im Web

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Computer&Technik

NZZ am Sonntag § 14. November 2010

Elefantengedächtnis im Web

Das Programm Evernote speichert Webseiten, sammelt Notizen, Bilder und Tondateien und macht das gesammelte Wissen auch mobil jederzeit verfügbar. Von Claude Settele SIMON WINNALL / GETTY IMAGES

Ein Elefantenkopf auf grünem Hintergrund verbreitet sich rasend schnell im Internet, auf PC und mobilen Geräten. Es handelt sich nicht um ein neues Virus – das Symbol steht für die kostenlose Software Evernote. Dabei handelt es sich um ein Programm, mit dem man digitale Notizen aller Art anlegen und ins Internet in einen persönlichen Web-Account des Benutzers hochladen kann. Evernote löst also ein Problem, das es seit der Erfindung des PC gibt: Wie sammelt und ordnet man digitale Informationen und Dokumente aus unterschiedlichsten Quellen und hat sie immer zur Hand, wenn man sie braucht? Evernote ist eine Datenbank, von deren Komplexität der Anwender nichts merkt. Die Benutzeroberfläche erinnert an den Aufbau eines E-Mail-Programms mit Ordnern, Listen und Vorschau. Man kann sich Notizbücher zu verschiedenen Themen anlegen und erfasste Notizen mit Schlagwörtern (Tags) und Kommentaren versehen. Über den integrierten einfachen TextEditor lassen sich eigene Notizen verfassen, Informationen können aus anderen Anwendungen kopiert und Fotos sowie gesprochene Aufzeichnungen gespeichert werden. Die beliebteste Funktion ist das Archivieren von WebSeiten, die allerdings nicht im OriginalLayout erfasst werden.

Suchen und Finden

Auf vielen Plattformen

Das clevere Werkzeug für das persönliche Wissensmanagement ist nicht zuletzt deswegen beliebt, weil es auf verschiedenen Plattformen läuft und über diverse Wege Informationen sammelt (siehe Kasten). Evernote gibt es für Windows, Mac und die SmartphonePlattformen iOS, Android, Blackberry, Windows Mobile und Palm. Obschon sich das Programm ohne viel Werbung verbreitet, wächst die Nutzerzahl rasant: Mitte dieser Woche freute sich Evernote über den 5-millionsten Benutzer – in 3 Monaten sind 1 Million Kunden hinzugekommen. Dabei sah es für das Projekt nicht immer rosig aus. Als Google sein NotizenDienst «Notebook» startete, schien das Ende des Startup-Unternehmens eingeläutet zu sein. Doch Evernote konnte offenbar mehr Benutzer überzeugen, und 2009 kündigte Google an, Notebook nicht weiterzuentwickeln. Es gibt auch neue Konkurrenten wie Springpad, Simplenote oder Catch Notes, doch die Produkte sind längst nicht so leistungsstark, und anders als Evernote sind sie nicht auf Deutsch erhältlich.

Man muss nur wissen, wo es steht.

Kompatible Soft- und Hardware

Viele Wege führen nach Evernote Evernote speichert Notizen aus ganz unterschiedlichen Quellen. Die Firma bietet Erweiterungen für die führenden Browser (Explorer, Firefox, Chrome, Safari). Damit kann man eine Webseite oder markierte Teile per Klick an Evernote übermitteln. Einen solchen «Webclip» kann man mit Anmerkungen und Schlagworten versehen. Praktisch ist die Option, Informationen via E-Mail in sein Notizbuch zu integrieren. Hierzu erhält der Anwender eine spezielle Evernote-E-Mail-Adresse. Auch die Anhänge werden gespeichert, sofern Evernote das Dateiformat kennt.

Seit einigen Monaten gibt es auch einige Drucker, Scanner und andere Hardwareprodukte, die mit Evernote kompatibel sind. Sie senden erfasste Dokumente direkt an Evernote. Dieselbe Funktion bieten Livescribe und Airpen, zwei elektronische Stifte, die handschriftliche Notizen digitalisieren. Auch Benutzer eines Stifttablets von Wacom können ihre Zeichnungen und handschriftlichen Anmerkungen in Dokumenten direkt an Evernote weiterleiten. Hinzu kommen Lösungen wie etwa ein PDF-Programm, das bearbeitete Dokumente im EvernoteAccount archiviert. (set.)

Notebook Update für Office 2011

Im Oktober ist das Softwarepaket Office 2011 für Mac erschienen, jetzt legt Microsoft das erste Update nach. Laut einer Mitteilung des Unternehmens werden damit zahlreiche Stabilitäts- und Sicherheitsprobleme behoben sowie mindestens eine kritische Sicherheitslücke geschlossen. Das über 100 MByte grosse Paket enthält gemäss dem Online-Dienst heise.de Verbesserungen für die Programme Excel, Powerpoint, Word und das mit Office 2011 für Mac OS X neu eingeführte Outlook. Die meisten Fehler wurden bei Outlook behoben. Dort funktioniert zum Beispiel der Import von Office-2008-Identitäten jetzt besser. Mehr Informationen über das Update sind erhältlich beim Microsoft-Support: http://tiny.cc/5ycmh. (pim.)

Ärger mit Street View Die amerikanische Telekommunikationsbehörde FCC hat diese Woche eine vom «Wall Street Journal» aufgedeckte Untersuchung gegen Google

KEYSTONE

Wer Menschen sieht, die ihr i-Pad an die Wange halten, muss nicht an deren Geisteszustand zweifeln. Zumindest nicht, wenn sie gerade die Applikation «Magic Fiddle» verwenden, die diese Woche auf den Markt kam: Das App verwandelt das Computer-Tablet in eine elektronische Geige. «Das ist so lächerlich, das mussten wir einfach ausprobieren», sagt der Entwickler When Ge Wang auf «USA today online». Wang ist Musik-Assistenzprofessor an der Universität Stanford und besitzt das Unternehmen «Smule», das auch schon Flöten- und KlavierApps auf den Markt gebracht hat. Wang sei auf die Idee mit der elektronischen Geige gekommen, nachdem er den Star-Pianisten Lang Lang während eines Symphoniekonzerts auf dem iPad habe Klavier spielen sehen. So klingt der Pachelbel-Kanon auf dem i-Pad: http://tiny.cc/4mz5s (mid.)

Für die weitere Expansion ist das kleine Unternehmen aus Kalifornien gut gerüstet: Vor wenigen Tagen haben Investoren zusätzliche 20 Millionen Dollar Kapital für die Weiterentwicklung bereitgestellt.

Premium-Dienst Der Erfolg ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass die Anwendung in der Basis-Version kostenlos ist. Im Prinzip sind damit die meisten Funktionen zugänglich. Eine Einschränkung gibt es beim monatlichen Datentransfer, der bei 40 MByte liegt. Damit lassen sich sehr viele Webclips und Notizen speichern. Sammelt man jedoch viele PDF-Dokumente, Fotos und Sprachnotizen, reicht das monatliche Datenvolumen nicht weit. Die Premium-Version bietet für 45 Dollar im Jahr ein Volumen von 500 MByte neu-

Als Nachteil erweist sich, dass die Daten nur bei der kostenpflichtigen Version verschlüsselt übermittelt werden und sie ausserdem unverschlüsselt auf dem Server liegen. Da man in der kostenlosen Version seine Notizbücher nicht auf mobilen Geräten speichern kann, hat man ausserdem offline keinen Zugriff. Ein Programm, das nur als SammelContainer taugt, ist allein noch nicht nützlich. Ausschlaggebend ist die Kunst, die Daten auch wieder zu finden. Evernote ist sehr effizient, wenn es darum geht, aus Tausenden von Dokumenten das Richtige herauszufischen. Die Volltextsuche ist schnell, markiert jeden gesuchten Begriff im Dokument und findet Texte sogar auf Bildern. Die Fotos werden nämlich beim Speichern von einem Texterkennungsprogramm gescannt. Ergibt eine Suche sehr viele Treffer, kann man sie mit verschiedenen Kriterien eingrenzen. Dazu gehören Schlagwörter, das Erstelldatum eines Dokuments, die Informationsquelle und der Datentyp. Was das Programm nicht findet, sind Informationen aus dem Web. Der umgekehrte Weg hingegen funktioniert dank einer Erweiterung für Googles Browser Chrome: Sucht man nach einem Begriff im Web, listet Chrome zuerst alle Treffer aus den persönlichen Evernote-Notizbüchern auf.

Tipp der Woche

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Das iPad als Geige

en Daten pro Monat. Dazu gehören weitere Optionen wie die Möglichkeit, Dateien in allen gängigen Formaten ins Notizbuch zu integrieren. Zurzeit zahlen aber erst 100 000 Evernote-Benutzer für den Premium-Dienst. Eine Stärke von Evernote ist die Synchronisation der Daten auf ausgewählten Geräten. Das garantiert, dass man seine Informationssammlung jederzeit und überall bei sich haben kann. Ob man zu Hause einen Mac und im Geschäft Windows nutzt, mit einem Notebook, iPad oder Smartphone unterwegs ist, das digitale Gedächtnis wandert mit und liefert aktualisierte Notizbücher. Die Synchronisation läuft nach dem Cloud-Prinzip: Jeder Benutzer erhält ein Konto mit Passwort für Speicherplatz auf dem Web. Alle Notizen werden stets auch auf einem Server gespeichert und auf diesem Weg die anderen Geräte aktualisiert, sobald sie mit dem Internet verbunden sind. Evernote gibt es zudem als Programm, das im Browser läuft, so dass man auch auf fremden PC wie in einem InternetCaf´ e Zugriff auf seine Daten hat.

bestätigt. Wie schon häufiger im Verlauf dieses Jahres geht es dabei um den Google-Dienst Street View und den Verdacht, dass der Suchmaschinenbetreiber beim Sammeln von WLAN-Daten gegen Gesetze verstossen hat. Dass Google WLAN-Daten aufgezeichnet hat, war bereits im Mail dieses Jahres bekannt geworden. Im Oktober gab Google aber zusätzlich bekannt, dass auch der gesamte Inhalt von E-Mails und Passwörter abgegriffen worden seien. (hir.)

Rückschlag für Google-TV Eigentlich wollte Google das Fernsehen revolutionieren. Das Angebot «Google-TV» sollte das Web mit dem klassischen TV verbinden – erforderlich ist ein geeignetes Fernsehgerät oder eine Set-TopBox. Doch offenbar hat der Internetkonzern seine Rechnung ohne die grossen amerikanischen TVNetworks gemacht. Nach ABC, CBS und NBC sperrt seit dieser Woche auch Fox den Zugang für Google-TVGeräte. (hir.)

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Bedienungsschritte aufzeichnen Wenn Freunde mit dem Computer nicht mehr weiterwissen und SOS funken, kann man mit Fernwartungsprogrammen wie Teamviewer oder Netviewer weiterhelfen. Dazu müssen beide Beteiligten eine kleine Software installieren, die den Desktop des einen PC auf dem anderen anzeigt, so dass die erforderlichen Einstellungen aus der Ferne gemacht werden können. Hat man diese Möglichkeit nicht – etwa weil die Internetverbindung zu langsam ist –, gibt es in Windows 7 noch eine andere Variante, die zudem ohne zusätzliche Software auskommt: den sogenannten «Problem Steps Recorder», kurz PSR.

Mit diesem Programm kann man einzelne Aktionen auf dem PC aufzeichnen und anschliessend als MHTML-Datei abspeichern. Diese Datei verschickt man per E-Mail an den Hilfesuchenden, der sie in einem Web-Browser öffnet. Man aktiviert den PSR, indem man auf den Startknopf klickt und dann im Suchfenster «PSR» eingibt. Mit dem Button «Start Record» startet man die Aufnahme aller Aktionen, die man zudem in einem Textfenster kommentieren kann. Nach Beenden der Aufnahme wird man zum Abspeichern der aufgezeichneten Sequenz aufgefordert. (hir.)


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