Waldseebad

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Waldseebad 2012 Sommer vor der Stadt. Erinnerungen an Ferien ohne Reisen kommen zurück, langs ists her, es war schön. Was gehört dazu als ein Baggersee in der Nähe, eine Kiste Bier und ein paar Freunde, die das freie Wochenende, die warme Sommernacht genießen wollen. Mehr braucht es wirklich nicht, und doch wünscht man sich so einiges. Damals jedenfalls war es genug. Mehr als genug, kein Gedanke, daß etwas zum Glück gefehlt hätte. Jahre später kommt man als Architekt zurück an diesen Ort und findet den See allein nicht mehr genug.




Ein ausgedehntes Wald- und Heidegebiet am östlichen Rand von Köln. Darin das Gelände der verlassenen belgischen Kaserne Moorslede, ein alter Truppenübungsplatz, einige verlassene Kiesgruben, ein Campingplatz, ein Waldgasthof mit Biergarten und Minigolfplatz, das Paradies der Vorstadt. Nach ein paar sommerlichen Tagen hat man sich daran satt gesehen. Aber alles ist hier draußen an diesem heißen Tag. Wer in der Stadt geblieben ist liegt an den schmalen, schmutzigen Strand in der Sonne, und es findet sich kaum noch ein Platz, um ein Handtuch auszubreiten. Bald wünscht man sich ein Schließfach, um die eigenen Sachen einzuschließen, während man eine Runde schwimmt. Dann sucht man vergeblich nach einer Toilette, einer Stelle zum unbeobachteten Umkleiden. Später bekommt man Hunger, aber es gibt keine Frittenbude. Nur der italienische Eisverkäufer fährt verbotenerweise jeden Tag mit seinem VW-Bus runter zum See, wo das Baden eigentlich auch verboten ist. Außerdem hätte ich hier gerne einen Sprungturm oder eine Rutsche, aber das fällt mir erst ein, als mir abends langweilig wird. Und warum kann man hier eigentlich nirgendwo mit ein paar Leuten übernachten und morgens einfach wieder runter zum See laufen, wie es einem gerade einfällt.










Was hier fehlt Eine Badestation mit allem was dazugehört, ein Sprungturm, eine Schutzhütte für plötzliche Unwetter und zum Übernachten. Keine umfassende, zusammenhängende Anlage, sondern drei einzelne, unabhängige Solitäre, klein genug um die Landschaft zu verschwinden, reduziert auf das nötigste und fast ohne Eingriff in den Boden. Sie sind vorhanden und präsent, ohne sich zu verbergen, doch genausogut könnten sie eines Tages wieder verschwinden und alles wäre wie vorher. Die Zusammengehörigkeit der drei kleinen follies aber bleibt durch die wiederkehrenden Materialien, Konstruktionsprinzipien, Proportionen und ihre reduzierte Struktur erkennbar, trotz ihrer ganz eigenständigen Postitionierung und Funktionalität.



Badestation Alles, was man an einem Badesee gerne hätte: Umkleidekabinen, Toiletten, Duschen, Schließfächer, ein Raum für die Badeaufsicht - und ein Kiosk, alles untergebracht in einem langgestreckten, flachen Gebäude. Durch die Ausrichtung des schmalen Riegels quer zum Ufer teilt sich die große Lichtung am Rand des Sees in zwei Bereiche, einen kleineren zum Ankommen und als Treffpunkt am Ende des Zugangsweges, einen geschützteren, größeren Bereich auf der anderen Seite mit der Wiese für die Badenden. Der Besucher betritt die Station auf der Eingangsseite, kleidet sich um, und verläßt die Kabine durch eine zweite Tür in Richtung Liegewiese. Der offene Bereich auf dieser Seite bietet Duschen, Toiletten und Schließfächer für persönliche Gegenstände. Auch der Zugang zur Loge des Bademeisters mit Erste-Hilfe-Bereich findet sich hier. Die Auskragung über die bewaldete Böschung des Sees ermöglicht den Wasserrettern den Blick auf den See. Der Kiosk mit Imbißangebot und Eisverkauf öffnet sich mit zwei kleinen Theken zu beiden Seiten. Am Ende eines Tages am Wasser geht der Besucher den umgekehrten Weg, wieder durch die nach beiden Seiten zugängliche Umkleide. Die betonierten Panzertrassen der ehemaligen Kaserne werden als Zugang und Anlieferungsweg vollständig in den Entwurf übernommen und sind mitentscheidend für die Position und Proportion des Baukörpers, dem sie außerdem als vorhandenes Fundament dienen. Die Materialität des Gebäudes greift die für das Gelände typischen, rauh geschalten Betonoberflächen auf, abstrahiert diese aber durch die Verwendung weißen Zements.








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Sprungturm Abseits vom Ufer, in ausreichender Wassertiefe aufgestellt, erlaubt der Turm den Sprung ins Wasser, und zwar ohne auf verborgene Überreste der Kiesgrube zu stürzen. Die Stellung des Turms inmitten der Wasserfläche führt dabei zu einer ganz anderen Struktur als bei den üblichen, am Rand von Schwimmbecken aufgestellten Varianten, bei denen nur in eine Richtung gesprungen werden kann. Die Anordnung der Plateaus von einem, drei, fünf, siebeneinhalb und zehn Metern Höhe verhindert ein Übereinanderspringen, richtet sich aber nach allen Seiten. Ungefährlich ist seine Benutzung nicht, im Gegenteil. Die steile Leiter erfordert Geschicklichkeit, und jeder muß selber darauf achten, nicht unter den Plattformen zu schwimmen, sich vor dem nächsten Sprung rasch in Sicherheit zu bringen. Aber sonst würde es auch bald langweilig. Die Vermeidung von Gefahren und unerwarteten Ereignissen ist immer Aufgabe des Architekten, außer es handelt sich um einen Gebäudetyp, bei dem sich das Gefährliche nicht vermeiden läßt, der ohne sie jeden Sinn verlieren würde. Der Standort des Turms ist nicht ganz willkürlich gewählt. Bis vor fünfzehn Jahren befand sich hier ein Eimerkettenbagger zur Förderung von Sand und Schotter, eine längliche Plattform auf vier Betonstützen, die noch erhalten sind. Zwei davon dienen nun zur Verankerung des Turms auf dem Grund des Sees, die beiden anderen werden abgetragen.









Schutzhütte Etwas abseits, auf einer kleinen Lichtung, ist der Publikumsverkehr auch an den heißesten Tagen viel geringer als am See, der nur ein paar Minuten Fußweg entfernt ist. Das schlichte Gebäude bietet Zuflucht bei Unwetter, ist dabei aber groß genug, um sich hier ein Wochenende oder länger mit einer Gruppe einzuquartieren. Es macht sich die hier verlaufende Hochspannungsleitung als Schutz vor Blitzschlägen zunutze, vor allem aber gibt es der Lichtung, die sonst nur der wenig einladende Standort eines der Gittermasten war, eine Bestimmung. Der Zugang zur Hütte ist kostenlos und erfolgt durch Einschieben des Personalausweises in ein Kartenschloß. Von Innen kann die Hütte nicht verriegelt werden, denn auch bei längerer Belegung durch eine Gruppe soll sie ihre Funktion als Zufluchtsort für jeden Besucher des Gebiets erfüllen - die einquartierten Gäste werden sich entsprechend gastfreundlich verhalten. Das Gebäude verlangt dem Gast einiges ab, den Komfort eines Wochenendhauses wird er hier vermissen. In ihrer Funktion und Materialität beschränkt sich die Ausstattung auf das Notwendigste, nicht mehr und nicht weniger. Ein längerfristiger Aufenthalt ist nicht vorgesehen. Doch der Verzicht und das Umdenken über alltägliche, gewohnte Ansprüche an eine Unterkunft könnte durchaus von längerer Wirkung sein.



Die Hütte bietet einen gemeinschaftlichen Raum mit großem Tisch und Bänken, Kochgelegenheit, offenem Kamin als einzige Heizung und einem Regal, in dem jeder Gast Bücher, Spiele und andere Gegenstände für kommende Besucher hinterlassen kann. Geschlafen wird in Schlafsäcken auf einem Matratzenlager für bis zu sechzehn Personen, das sich bei kleineren Gruppen durch Vorhänge teilen läßt. Die zwischen beiden Bereichen vermittelnde Sanitärzone ist bewußt als Durchgangsraum konzipiert, denn auch hier vollziehen sich die Rituale einer Gruppe, in der bei gemeinsamen Unternehmungen ein enges Miteinander mehr als alles andere dazugehört. Der große, zusammenhängende Schlafraum ist öffnet sich nach Westen mit zwei aufklappbaren Fenstern, von Osten dringt viel Licht hinein durch eine blickdichte Fassade aus Profilglas, die sich bei Bedarf durch außenliegende Streckmetallgitter abdunkeln läßt.






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Waldseebad Moorslede Privat, 2012




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