Rede Almaz Boehm

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Rede von Almaz Böhm, der Vorsitzenden der Stiftung „Menschen für Menschen“, beim Empfang der Stadt Pfaffenhofen für Bürgerinnen und Bürger, die sich sozial engagieren am 23.11.2012:

„Jeder kann helfen – die Bedeutung von sozialem Engagement“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Ehrengäste, meine Damen und Herren,

es ist mir eine große Ehre und ein großes Vergnügen, dass mich die Stadtverwaltung als Hauptrednerin für den diesjährigen Sozialempfang eingeladen hat und dass ich deshalb schon zum wiederholten Mal in Pfaffenhofen zu Gast sein darf!

Bislang sind mein Mann und ich ja vor allem immer hierhergekommen, um mit dem Bürgermeister zu wetten, dass nicht jeder dritte Einwohner der Stadt einen Euro für unsere Projekte in Äthiopien spenden würde. Sowohl in 2006 als auch in 2011 haben wir diese Wette verloren und von der Stadt Pfaffenhofen insgesamt über 25.000 Euro erhalten, die dazu beigetragen haben, das Menschen für Menschen in entlegenen und armen Regionen meiner äthiopischen Heimat zwei neue Schulen bauen konnte, in denen es Platz für insgesamt rund 1.800 Mädchen und Jungen gibt.

Dieses großartige Ergebnis war eine ganz besondere Freude für uns und eine sehr wertvolle praktische und moralische Unterstützung für unsere Arbeit, denn es hat uns gezeigt, wie sehr die Männer, Frauen und Kinder dieser Stadt unsere eigenen Ansätze verstehen und unsere Überzeugungen teilen. Und auch der Anlass des heutigen Abends beweist einmal mehr, wie viel uns mit Pfaffenhofen und seinen Bürgern und Bürgerinnen verbindet:

Als mein Mann im Mai 1981 mit seiner spektakulären und folgenreichen FernsehWette den Grundstein für unsere Organisation gelegt hat, war er nicht nur angetrieben von der Wut über die Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich auf


unserem Planeten, sondern auch von dem festen Glauben daran, dass jeder und jede Einzelne von uns – auch im eigenen Interesse - im Rahmen der ganz persönlichen Möglichkeiten etwas dazu beizutragen kann und muss, dass all jene Missstände behoben werden, die viele Menschen überall auf der Welt noch immer dazu zwingen, ein menschenunwürdiges Leben unter schwierigsten Bedingungen zu führen, und die damit auch einen allgemeinen sozialen Frieden verhindern.

Er selbst ist mit seinem Engagement drei Jahrzehnte lang mit gutem Beispiel vorangegangen und dadurch zum Vorbild ganzer Generationen geworden. Zahllose Menschen aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten haben sich ihm im Lauf der Jahre angeschlossen und als Menschen für Menschen nicht nur umfangreiche finanzielle Unterstützung geleistet, sondern sich von Europa aus auch persönlich und ehrenamtlich dafür eingesetzt, dass in der Öffentlichkeit ein besseres Verständnis für die Probleme armer Länder und ein stärkeres Bewusstsein für soziale Verantwortung entsteht.

Hier in Pfaffenhofen gehört es schon lange zur sozialen und politischen Kultur, dass die aktive Beteiligung der Bevölkerung an der Gestaltung des gemeinschaftlichen Lebens gefördert wird und dass die Menschen ihrer Freizeit einen sinnvollen Inhalt und ihrer Kreativität auch eine soziale Richtung geben. Dass Pfaffenhofen von den „International Awards for Liveable Communities“ der Vereinten Nationen im Jahr 2011 als „lebenswerteste Stadt“ ausgezeichnet wurde, ist unter anderem damit begründet worden, dass sich die Stadt als eine Kommune präsentiert hat, in der die Bürger und Bürgerinnen gemeinschaftlich Mitverantwortung tragen und sich unter dem Motto „Mitgestalten, Mitreden, Mitwissen“ aktiv für die Verbesserung aller Lebensbereiche einsetzen. Die Menschen in dieser Stadt – und insbesondere die Preisträger des heutigen Abends - haben verstanden, wie wichtig es für das soziale Klima und für das Funktionieren einer Gesellschaft ist, dass man sich bei der Regelung sozialer Angelegenheiten nicht ausschließlich auf die Dienstleistungen des Staates verlässt, sondern auch Eigeninitiative und Sinn für die Gemeinschaft zeigt.


In meiner äthiopischen Heimat, wo die sozialstaatliche Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckt und wo es zum Beispiel im Alter oder bei Krankheit und Arbeitslosigkeit noch kaum eine staatliche Vorsorge gibt, ist es für jeden und jede Einzelne überlebenswichtig, dass man in der Familie, der Nachbarschaft und auf Gemeindeebene zusammenhält und sich in schwierigen Situationen gegenseitig unterstützt. Das intakte Familien- und Sozialleben sowie die daraus resultierende selbstverständliche Hilfsbereitschaft und überwältigende Gastfreundschaft meiner Landsleute fallen auch den meisten Journalisten und Spendern ganz besonders auf, wenn sie - so wie Herr Bürgermeister Herker - nach Äthiopien reisen, um sich selbst ein Bild von der Verwendung der gesammelten Gelder zu machen.

Bei der strategischen Durchführung unserer Projekte im ländlichen Äthiopien setzen wir – ebenso wie Pfaffenhofen bei der eigenen Stadtentwicklung - aus Erfahrung und Überzeugung auf ein nachhaltiges, integriertes Gesamtkonzept, bestehend aus einer Vielzahl von Maßnahmen, die ihre Wirkung nicht nur unmittelbar in den einzelnen Bedarfsbereichen entfalten, sondern auf indirekte Weise auch sektorenübergreifend Vorteile bringen. Auf diese Weise wollen wir die Menschen bei der Lösung ihrer vielfältigen Probleme unterstützen, ihnen den Weg aus Armut ebnen und die Chance auf eine eigene Weiterentwicklung geben. Als wichtigen Grundpfeiler für die Nachhaltigkeit dieser „Hilfe zur Selbstentwicklung“ betrachten wir vor allem die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die bei den Nutznießern von Anfang an sehr viel Eigeninitiative und praktischen Einsatz voraussetzt und aus Betroffenen Beteiligte macht, die die neu erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse auch nach dem Rückzug unserer Organisation selbständig anwenden und für den reibungslosen Betrieb der von uns aufgebauten Infrastruktur eigenverantwortlich Sorge tragen sollen.

Eigeninitiative und das freiwillige Engagement für die Belange der Gemeinschaft spielen für unsere Institution aber nicht nur in Äthiopien eine ganz entscheidende Rolle: auch in Europa hilft uns der ehrenamtliche Einsatz vieler Menschen seit über 30 Jahren dabei, unsere Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising-Aktivitäten auf eine breite Basis zu stellen und dabei unnötig hohe Kosten zu vermeiden.


Das soziale Engagement der Bürger und Bürgerinnen von Pfaffenhofen ist auch dafür ein sehr gutes Beispiel. Während der beiden Städtewetten mit Menschen für Menschen haben Sie nicht nur großzügig gespendet, sondern auch mit vielen kreativen Ideen und hohem praktischem Einsatz intensiv daran gearbeitet, dass die Aktion allgemein bekannt wurde, noch weitere Menschen motiviert und die Spendenziele erreicht worden sind.

Sie alle haben damit auf vorbildliche Weise demonstriert, dass in Pfaffenhofen der Grundsatz „Wer Glück hat, kann es großzügig weitergeben“ nicht nur für die eigene Stadt und die eigene Bevölkerung gilt, sondern auch im internationalen humanitären Zusammenhang. Als engagierte Weltbürger haben Sie weit über den eigenen Tellerrand hinaus geblickt und dafür gesorgt, dass Ihr eigener Anspruch, aus Pfaffenhofen „ein Paradies für die Kleinen, die Großen, die Starken und die Schwachen“ zu machen, weit über die Grenzen der Stadt hinaus Gültigkeit hat.

Dank der vielfältigen Unterstützung all unserer Spender und Förderer, ist es Menschen

für

Menschen

bis

heute

immerhin

schon

gelungen,

die

Lebensbedingungen von rund 4,6 Mio. Männern, Frauen und Kindern in Äthiopien umfassend zu verbessern. Unsere Organisation ist somit ein gutes Beispiel dafür, wie viel man überall auf der Welt zum Positiven verändern kann, wenn so viele Menschen wie möglich einen kleinen oder großen Beitrag leisten.

Ehrenamtliche Helfer und sozial engagierte Bürger sind Menschen für Menschen im besten Sinne des Wortes. Ohne sie hätte sich unsere Stiftung bestimmt nicht so positiv entwickeln können und ohne sie wäre Pfaffenhofen wahrscheinlich auch nicht die „lebenswerteste Stadt der Welt“. Ebenso wie alle unsere Spender und Förderer stolz auf das Erreichte sein dürfen, können auch alle, die heute Abend für ihr ehrenamtliches Engagement in unterschiedlichen Bereich ausgezeichnet werden, von ganzem Herzen stolz auf ihren Einsatz und dessen Früchte sein!

Ich freue mich, dass ich alle diese besonderen Menschen heute persönlich kennenlernen darf und danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit!


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