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Das Europ채ische Parlament


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Inhalt ■ Willkommen im Europäischen Parlament!

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■ Das Europäische Parlament ist für Sie da

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■ Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem europäischen Haushalt

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■ Hüter der Grundfreiheiten und der Demokratie

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■ Das Europäische Parlament und die Erweiterungen der EU

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■ Die Rolle des Europäischen Parlaments in der Welt

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■ Vorrang für die Menschenrechte

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■ Das Räderwerk des Europäischen Parlaments

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■ In Ihrer Nähe

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■ Die europäischen Rechtsakte: Wie funktioniert das?

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■ Wie wird der Jahreshaushaltsplan der EU verabschiedet?

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■ Schlüsselbegriffe zum Verständnis der Europäischen Union

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■ Meilensteine der europäischen Integration

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■ Die Anschriften des Europäischen Parlaments

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Willkommen im Europäischen Parlament! Seit 1979 wählen Millionen von Europäern alle fünf Jahre ihre Vertreter im Europäischen Parlament. Wer sind die Abgeordneten, wie sieht ihre Arbeit in Straßburg und Brüssel aus, und welche Befugnisse haben sie? Angesichts des Einflusses der Beschlüsse des Europäischen Parlaments auf den Alltag der Bürger überall in Europa wird mit der vorliegenden Broschüre beabsichtigt, diese Fragen zu beantworten. Das Europäische Parlament ist weltweit die einzige multinationale parlamentarische Versammlung und das einzige Organ der Europäischen Union, das direkt von den Bürgern gewählt wird. Es vertritt etwa 500 Millionen Bürger aus 27 Mitgliedstaaten der EU. Wahlen zum Europäischen Parlament finden alle fünf Jahre statt. Die Wahlen im Juni 2009 fielen mit dem 30. Jahrestag der ersten allgemeinen Direktwahlen zusammen. Nach dieser Wahl zählte das Parlament 736 europäische Abgeordnete, die sich auf der Grundlage ihrer politischen Ausrichtung und nicht nach Staatsangehörigkeit zu Fraktionen zusammenschließen.

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Der offizielle Sitz des Europäischen Parlaments befindet sich in Straßburg an der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland; die Stadt Straßburg symbolisiert die Aussöhnung Europas nach den beiden Weltkriegen. Entsprechend dem Beschluss der Mitgliedstaaten der EU hält das Parlament jedes Jahr zwölf Plenartagungen in Straßburg ab. Die Abgeordneten treten auch in Brüssel zu Ausschusssitzungen zusammen, wo ebenfalls zusätzliche Plenartagungen abgehalten werden können. Die Debatten werden in allen Amtssprachen der EU abgehalten, was das Engagement des Parlaments für eine vielfältige und multikulturelle Union widerspiegelt … „in Vielfalt geeint“!


WILLKOMMEN IM EUROPÄISCHEN PARLAMENT!

Eine immer wichtigere Rolle Seit 1979 sind die Befugnisse des Europäischen Parlaments bei der Aufstellung des Haushaltsplans und der Ausarbeitung der Rechtsakte der EU in verschiedenen europäischen Verträgen schrittweise erweitert worden. Die politische Kontrolle der europäischen Abgeordneten über die übrigen Organe und Einrichtungen der Union ist ebenfalls verstärkt worden. Mit dem Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist, wird die Haushaltsbefugnis des Parlaments auf sämtliche Ausgaben der EU ausgeweitet, einschließlich der Ausgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik, bei denen der Rat (als Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten) bisher das letzte Wort hatte. Die legislative Rolle des Parlaments ist beträchtlich verstärkt worden: Es hat jetzt ebenso viel Gewicht wie der Rat bei der Festlegung der Rechtsakte in fast allen Zuständigkeitsbereichen der Europäischen Union. Vorher verabschiedeten die Abgeordneten Rechtsakte, die vor allem darauf abzielten, den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr innerhalb der EU zu erleichtern bzw. die Umwelt und die Verbraucher zu schützen. Jetzt ist ihre Zustimmung ebenfalls unerlässlich beim Erlass von Rechtsakten in Bereichen wie der Landwirtschaft, der Fischerei, der Energie, dem Tourismus, der Kontrolle der Außengrenzen, der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit und auch dem Katastrophenschutz. Der Kandidat für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission wird von den Regierungen auf der Grundlage der Ergebnisse der Europawahlen vorgeschlagen. Er wird anschließend vom Parlament gewählt. Die Kommission in ihrer Gesamtheit – einschließlich des/der Hohen Vertreters/Vertreterin für die Außenpolitik als Vizepräsident/Vizepräsidentin der Kommission – unterliegt dem Zustimmungsvotum des Parlaments. Die Kommission kann im Anschluss an ein von den europäischen Abgeordneten angenommenes Misstrauensvotum zum Rücktritt gezwungen werden. Die Bürgerinnen und Bürger können sich mit einer Petition an das Parlament wenden, um eine Beschwerde in einer Angelegenheit, die die Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften betrifft, vorzubringen. Die Abgeordneten wählen einen europäischen Bürgerbeauftragten, der für die Prüfung von Beschwerden über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Einrichtungen und Organe der Union zuständig ist. Die Abgeordneten können außerdem einen Untersuchungsausschuss einsetzen, wenn sie der Auffassung sind, dass ein Verstoß gegen europäisches Recht vorliegt.

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In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union werden in einem einzigen Text bürgerliche, politische, wirtschaftliche und soziale Rechte zusammengefasst, die bisher in verschiedenen nationalen, europäischen und internationalen Rechtsakten verankert waren. Da die Charta mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon verbindlich geworden ist, nehmen die Abgeordneten auf sie Bezug, wenn es darum geht, Menschenrechtsverletzungen in der EU anzuprangern. Das Parlament übt ebenfalls Einfluss auf die Außenpolitik der Union aus. Alle internationalen Abkommen und sämtliche Erweiterungen der EU unterliegen künftig der Zustimmung der Abgeordneten. Die Umsetzung der Handelspolitik, der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe muss gemeinsam von Parlament und Rat beschlossen werden. Außerdem halten die Abgeordneten regelmäßig Aussprachen über die Menschenrechte ab und entsenden Beobachter in alle Teile der Welt, um den freien und fairen Charakter von Wahlen zu überprüfen.


■ Das Europäische Parlament ist für Sie da Ob Student, berufstätig oder im Ruhestand, in welcher Situation wir uns auch befinden, wir alle sind von den europäischen Rechtsvorschriften betroffen, oftmals ohne es zu wissen. Egal, ob es um gesündere Nahrungsmittel auf unseren Tellern, die freie Wahl des Wohnsitzes, die Freizügigkeit in der gesamten Union oder den Umweltschutz geht: In vielen Bereichen kommt den europäischen Volksvertretern eine entscheidende Rolle zu. Die europäischen Gesetze zielen vor allem darauf ab, das Leben der Bürgerinnen und Bürger innerhalb der Union zu erleichtern und die Gleichheit der Chancen, der Rechte und der Verpflichtungen zu fördern. Wie in allen Parlamenten werden auch im Europäischen Parlament Rechtsakte erörtert und angenommen. Ursprünglich gaben die europäischen Abgeordneten ihre Stellungnahme zu den Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission ab, und das letzte Wort bei den verabschiedeten Rechtsakten hatte immer der Rat als Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten. Im Laufe der Jahre und mit dem Abschluss neuer Verträge haben sich die Dinge geändert: Die Rolle und die Befugnisse des Parlaments sind beträchtlich ausgeweitet worden, und heute ist das Parlament bei der Festlegung der Rechtsakte der Union ein Akteur, an dem niemand vorbeikommt. Damit eine europäische Verordnung oder eine Richtlinie letztlich angenommen werden kann, ist es mittlerweile in der Mehrzahl der Fälle so, dass sich Parlament und Rat auf den Inhalt der Rechtsvorschrift einigen, was gewöhnlich als „Mitentscheidung“ bezeichnet wird. 5


DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT IST FÜR SIE DA

Daher muss ein europäischer Rechtsakt – bevor er in allen Mitgliedstaaten der Union angewandt werden kann – vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet werden.

Mit dem Handy im Ausland: niedrigere Telefonrechnungen

Durch eine 2007 in Kraft getretene europäische Regelung wurde eine Obergrenze festgelegt, um die von den Betreibern berechneten Mehrkosten bei in einem anderen Land der Europäischen Union getätigten oder eingehenden Anrufen schrittweise zu senken. Die Abgeordneten haben insbesondere erreicht, dass beim sogenannten „Roaming“ ab Juli 2011 für jedes abgehende Gespräch höchstens 0,35 EUR pro Minute und für jedes eingehende Gespräch nicht mehr als 0,11 EUR pro Minute (ohne MwSt.) berechnet werden dürfen. Darüber hinaus dürfen seit Juli 2009 die Kosten einer im Rahmen des Roaming verschickten SMS nicht mehr höher sein als 0,11 EUR. Die Übermittlung von E-Mails, Fotos bzw. das Surfen im Internet über Mobiltelefone und tragbare PCs unterliegt ebenfalls einer degressiven Gebührenobergrenze, die entsprechend den ausgetauschten Kilobytes berechnet wird.

Das Europäische Parlament, ein vollwertiger Gesetzgeber

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Die Mitentscheidung findet auf die Mehrheit der europäischen Rechtsvorschriften Anwendung. Sie betrifft insbesondere den freien Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr im europäischen Binnenmarkt. Auf dieses Verfahren wird ebenfalls in den Bereichen Umweltschutz, Verbraucherrechte und Verkehrssicherheit sowie für die Programme zur Unterstützung der Forschung, der Bildung und der Kultur bzw. Förderung der Volksgesundheit zurückgegriffen.


Die Mitentscheidung ist jetzt ebenfalls das übliche Verfahren in den Bereichen, in denen das Parlament lediglich ein Vetorecht hatte (Annahme oder völlige Ablehnung der Texte), wie z. B. in der Kohäsionspolitik und in der Politik für regionale Entwicklung. Die Mitentscheidung findet darüber hinaus in den Bereichen Anwendung, die neu in die Zuständigkeiten der EU aufgenommen worden sind, z. B. Sport und Jugend, Katastrophenschutz und Bekämpfung schwerwiegender Bedrohungen der Volksgesundheit, Energie, Tourismus oder Raumfahrtpolitik.

Beispiele für die legislative Tätigkeit des Europäischen Parlaments

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT IST FÜR SIE DA

Mit der jüngsten Reform der Verträge ist die Mitentscheidung – mit einigen seltenen Ausnahmen – zum „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ für die Annahme der Rechtsakte der Union geworden. Sie findet auch auf Politikbereiche Anwendung, die traditionell ausschließlich dem Rat vorbehalten waren, wie beispielsweise die Landwirtschaft, die Fischerei, die Einwanderungspolitik sowie die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit.

In den letzten Jahren haben die europäischen Abgeordneten dazu beigetragen, dass die Anerkennung von Diplomen und beruflichen Befähigungsnachweisen zwischen den Mitgliedstaaten erleichtert wurde. Heute ist es sehr viel einfacher als früher, seinen Beruf in einem anderen Land der EU auszuüben. Darüber hinaus waren die Parlamentarier an der Einführung strengerer Normen für die Sicherheit und die Kennzeichnung von Erzeugnissen beteiligt. Im Supermarkt ist es heute leichter, sich zwischen den zahlreichen Erzeugnissen aus ganz Europa zurechtzufinden! Nun weiß beispielsweise jeder bei der Auswahl und dem Kauf von Lebensmitteln, ob sie mit oder ohne gentechnisch veränderte Organismen hergestellt wurden.

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Das Europäische Parlament hat sich außerdem erfolgreich dafür eingesetzt, die Rechte von Fluggästen und Eisenbahnpassagieren zu stärken; nicht vergessen hat es dabei ältere Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität, die jetzt eine Unterstützung verlangen können.


DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT IST FÜR SIE DA

Was gibt es im Sommer Schöneres als ein erfrischendes Bad im Meer oder in einem See? Europäische Normen, die dank des Einsatzes des Parlaments verschärft wurden, geben Ihnen die Gewissheit, dass Sie sauberere Gewässer vorfinden! Die Abgeordneten haben ebenfalls zur Verabschiedung eines Maßnahmenpakets beigetragen, das darauf gerichtet ist, der Wirtschaftskrise entgegenzutreten sowie die Transparenz des europäischen Finanzsystems zu erhöhen und seine Überwachung zu verbessern. Außerdem hat das Parlament an der Festlegung von Regeln mitgewirkt, die grenzüberschreitende Zahlungen vereinfachen und kostengünstiger machen; es hat die Garantie für Bankeinlagen im Falle des Konkurses einer Bank bis auf 100 000 EUR erhöht. Die Europäische Union hat sich mit einem ersten Paket von Maßnahmen ausgestattet, um die Auswirkungen der weltweiten Klimaerwärmung durch Verringerung der Treibhausgasemissionen der Kraftfahrzeuge, der Industrie und der Kraftwerke zu begrenzen. Das Parlament unterstützt ferner die Zielvorgaben, die darauf abzielen, die Treibhausgasemissionen um 20 % zu senken, die Energieeffizienz um 20 % zu erhöhen und bis zum Jahr 2020 beim Energiemix der EU einen Anteil von 20 % an erneuerbaren Energien zu verwirklichen.

Die Abgeordneten sind für Sie da

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Sie sind Fremdenführer, Immobilienmakler oder Erbringer sonstiger Dienstleistungen? Die Dienstleistungsrichtlinie wird es Ihnen erleichtern, im Ausland zu arbeiten. Die zunächst sehr umstrittene Richtlinie wäre ohne den vom Parlament ausgearbeiteten Kompromiss nicht zustande gekommen. Den Abgeordneten ist es gelungen, zwischen den auseinanderlaufenden nationalen Interessen, zwischen den Rechten von Dienstleistungserbringern und Verbrauchern und den Bedürfnissen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern den angemessenen Ausgleich zu finden.


Die Abgeordneten zeigen Initiative

Die Abgeordneten verfügen darüber hinaus über ein politisches Initiativrecht, das es ihnen ermöglicht, der Kommission nahezulegen, bestimmte Legislativvorschläge zu unterbreiten. Sie fordern die Kommission und den Rat regelmäßig auf, die bestehenden Politiken weiterzuentwickeln oder die Entwicklung neuer Politiken anzustoßen. So hat das Parlament auf der Grundlage detaillierter Empfehlungen die Kommission aufgefordert, einen Entwurf für einen Rechtsakt zur Regelung und Vereinfachung der Verfahren bei grenzüberschreitenden Erbfällen vorzulegen.

... und auch die Bürger

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT IST FÜR SIE DA

Hält das Parlament einen Legislativvorschlag für schlecht und für nicht nachbesserbar, hat es ebenfalls die Befugnis, den Entwurf als Ganzes abzulehnen – dies war beispielsweise der Fall bei einer Richtlinie über die Liberalisierung der Hafendienste und einer weiteren Richtlinie, die Softwarepatente betraf.

Mit dem neuen Vertrag haben eine Million europäische Bürger, die aus einer gewissen Zahl von Mitgliedstaaten stammen, künftig das Recht, von der Europäischen Kommission zu verlangen, einen Gesetzesvorschlag zu Fragen vorzulegen, bei denen die EU ihrer Auffassung nach einen Rechtsakt erlassen müsste.

Wollen Sie, dass Ihre Meinung berücksichtigt wird? Wie die oben genannten Beispiele zeigen, zielen die europäischen Rechtsvorschriften hauptsächlich darauf ab, den Bürgern in der Union das Leben zu erleichtern und gleiche Chancen, Rechte und Pflichten für alle Europäer sicherzustellen. Durch die Festlegung gleicher Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen in sämtlichen Mitgliedstaaten ermöglichen sie es zudem, den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zu fördern. Indem sie alle fünf Jahre ihre europäischen Abgeordneten wählen, wirken die Bürger folglich an der Festlegung der Legislativtexte mit, die sie unmittelbar betreffen. 9


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DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT IST FÜR SIE DA

Sicherer Umgang mit chemischen Stoffen

Chemische Stoffe sind aus dem Leben nicht mehr wegzudenken. Auch wenn der Nutzen dieser Stoffe außer Frage steht, so muss ihre Gesundheits- bzw. Umweltverträglichkeit doch häufig umso stärker bezweifelt werden. Die Europäische Union hat deshalb die sogenannte „REACH“-Verordnung erlassen, der zufolge Tausende von im Umlauf befindlichen chemischen Stoffen neu bewertet werden müssen, um die Gefährlichsten unter ihnen vom Markt zu nehmen. Es ist der Hartnäckigkeit der Abgeordneten zu verdanken, dass das Schwergewicht auf die Entwicklung neuer, weniger schädlicher Stoffe bei gleichzeitigem weitestgehendem Verzicht auf Tierversuche gelegt wurde.

Weitere Informationen finden Sie unter: „Die europäischen Rechtsakte: Wie funktioniert das?“, S. 41.


■ Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem europäischen Haushalt Neue Autobahnen, sauberere Strände, Forschung zur Entwicklung neuer Medikamente, Auslandsstudien u. v. m.: Wir alle ziehen in irgendeiner Weise Nutzen aus Maßnahmen, die von der Europäischen Union finanziert werden. Wer beschließt den Rahmen der Programme und Maßnahmen, die auf europäischer Ebene zu finanzieren sind? Zuständig für die Beschlussfassung ist das Europäische Parlament. Hier nun einige Beispiele für Maßnahmen, die von Ihren Abgeordneten unterstützt werden. Jedes Jahr führen die europäischen Abgeordneten mit dem Rat (als dem Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten) auf der Grundlage von Vorschlägen der Kommission über lange Monate hinweg Verhandlungen, um die Beträge der Einnahmen und Ausgaben der Union für das darauffolgende Jahr festzulegen. Der auf diese Weise unter Einhaltung der für mehrere Jahre geltenden Höchstgrenzen festgelegte Haushalt ist ausschlaggebend für die Höhe der finanziellen Unterstützung, die die Europäische Union für jeden ihrer Tätigkeitsbereiche bereitstellt, um Solidarität, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten. Das Parlament verfügt außerdem über die Befugnis, den Haushalt abzulehnen und die Vorlage eines neuen Haushaltsentwurfs zu verlangen, wenn es der Ansicht ist, dass seine Prioritäten nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

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EIN VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DEM EUROPÄISCHEN HAUSHALT

Mit der jüngsten Reform der Verträge wurde die Haushaltsbefugnis des Europäischen Parlaments auf die Gesamtheit der Ausgaben der EU ausgeweitet, einschließlich der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik, bei denen der Rat bisher das letzte Wort hatte. Das Verfahren für die Annahme des Jahreshaushaltsplans ist vereinfacht worden.

Wohin geht das Geld der Union? „Finanzrahmen der EU, 2007-2013“: abgerundete Zahlen aus der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 17. Mai 2006 (Index 2004) Nachhaltiges Wachstum: regionale wirtschaftliche Entwicklung, Maßnahmen zur Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung 382 Mrd. EUR (44 %)

Die EU als globaler Akteur: Maßnahmen im Außenbereich, Entwicklungspolitik, humanitäre Hilfe 49 Mrd. EUR (6 %)

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Sonstige Ausgaben, davon für Verwaltung 51 Mrd. EUR (6 %)

Bewahrung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen Landwirtschaft, nachhaltige Entwicklung und Umwelt 371 Mrd. EUR (43 %)

Unionsbürgerschaft, Freiheit, Sicherheit und Recht: Schutz der Rechte der Bürger, Freizügigkeit von Personen, polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Bekämpfung des Terrorismus 11 Mrd. EUR (1 %)


Förderung der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung …

Für die Gemeinsame Agrarpolitik wird ebenfalls ein beträchtlicher Teil der Haushaltsmittel aufgewandt. Mit der Unterstützung des Parlaments gewinnen aber auch andere Bereiche zunehmend an Bedeutung, z. B. die Erhaltung der Umwelt insbesondere durch die Schaffung regionaler Naturparks, die Erhaltung geschützter Arten, die Bewirtschaftung der Wasserressourcen und die Bekämpfung des Klimawandels. Ein Teil des Haushalts der Union dient darüber hinaus dazu, die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt und die humanitäre Hilfe zur Unterstützung von Ländern zu finanzieren, die von Naturkatastrophen und anderen Krisensituationen betroffen sind.

… im Interesse der Bürger Epidemien wie Aids und die Vogelgrippe kennen keine Grenzen; es ist folglich wirksamer, den Kampf gemeinsam zu führen. Mit Unterstützung ihres Parlaments übernimmt die EU so eine immer aktivere Rolle im Bereich der Volksgesundheit, indem sie insbesondere zahlreiche Forschungsprojekte zur Entwicklung neuer Medikamente finanziert.

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In den vergangenen Jahren haben die Abgeordneten außerdem ihren ganzen Einfluss geltend gemacht, um die Zahl der Programme zur Förderung der kulturellen Vielfalt Europas, die eine stärkere Verbreitung künstlerischer und kultureller Werke und Produktionen aus den Gebieten Film, Musik, Malerei, Fotografie, Theater usw. zum Ziel haben, zu erhöhen.

EIN VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DEM EUROPÄISCHEN HAUSHALT

Ein Großteil der Mittel der EU dient dazu, der wirtschaftlichen Entwicklung Impulse zu geben und das Gefälle zwischen den verschiedenen Regionen Europas zu verringern, z. B. durch Maßnahmen wie den Bau von Autobahnen oder Schienenwegen zur Verbindung der Mitgliedstaaten untereinander, Finanzhilfen für Kleinunternehmen oder Projekte in den Bereichen Forschung und technologische Innovation (z. B. zur Entwicklung erneuerbarer Energieträger).


EIN VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DEM EUROPÄISCHEN HAUSHALT

Die wirtschaftliche Lage steht ebenfalls im Zentrum der Aufmerksamkeit. Im Jahr 2006 hat das Parlament die Errichtung eines Fonds zur Anpassung an die Globalisierung gebilligt. Dieser Fonds ist mit einem Betrag von 500 Mio. EUR jährlich ausgestattet, um Arbeitnehmern, die aufgrund internationaler industrieller Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz verloren haben, Hilfestellung zu leisten. Während der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 haben die Abgeordneten der Ausweitung des Anwendungsbereichs des Fonds und der flexibleren Gestaltung seiner Interventionskriterien zugestimmt.

Investition in die Zukunft Das Parlament hat seinen Einfluss auf den Mehrjährigen Finanzrahmen wahrgenommen, in dem die Ausgabenobergrenzen für alle europäischen Politikbereiche für den Zeitraum bis 2013 festgelegt werden. Die Abgeordneten haben sich in langen und schwierigen Diskussionen mit den Mitgliedstaaten dafür eingesetzt, dass zusätzliche Mittel für Projekte bereitgestellt werden, die in den Augen der Bürger wichtig sind. Das Parlament hat insbesondere die europäischen Programme zur Förderung der Mobilität von Jugendlichen unterstützt, damit sie neue Kompetenzen – Sprachkenntnisse eingeschlossen – erwerben und sich mit anderen Kulturen vertraut machen können. Es hat beispielsweise das Programm Erasmus unterstützt, das es jedes Jahr über 180 000 Studenten ermöglicht, an einer ausländischen Universität zu studieren. Es hat ebenfalls sein Augenmerk auf das Programm Leonardo da Vinci gelegt, das der Förderung der Berufsausbildung mit Hilfe von Praktika in Unternehmen in ganz Europa dient. Das Parlament misst der Forschung und der Innovation generell große Bedeutung bei.

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Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass der Mehrjährige Finanzrahmen künftig in einer Verordnung festgelegt wird (die nach einem besonderen Legislativverfahren angenommen wird), für die die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist.


Wo kommen die Mittel der Union her?

H A U S

EIN VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DEM EUROPÄISCHEN HAUSHALT

Der Haushalt der Europäischen Union wird im Wesentlichen durch die anhand des Bruttonationaleinkommens berechneten Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert. Er wird auch durch einen Teil der in der gesamten EU auf Güter und Dienstleistungen erhobenen Mehrwertsteuer gespeist sowie aus den Zöllen, die an den Außengrenzen der EU auf aus Drittländern eingeführte gewerbliche Produkte und landwirtschaftliche Erzeugnisse zu entrichten sind. Die Rede ist hier von den „Eigenmitteln“ der Union. Für die Zukunft tritt das Europäische Parlament für ein neues Finanzierungssystem ein, das eine direkte Verbindung zwischen der Union und den europäischen Steuerzahlern herstellt, ohne dass Steuern erhöht würden.

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EIN VERANTWORTUNGSVOLLER UMGANG MIT DEM EUROPÄISCHEN HAUSHALT

Ausgaben unter die Lupe genommen Mit Unterstützung durch den Europäischen Rechnungshof prüft das Europäische Parlament fortlaufend nach, ob der Haushalt wirksam ausgeführt wird, und sorgt für die Bekämpfung etwaiger Betrugsfälle. Jedes Jahr müssen die Kommission und die übrigen Organe der Union dem Parlament nachweisen, dass sie die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel der Union sachgerecht verwendet haben. Dies wird als „Entlastungsverfahren für den Haushalt“ bezeichnet. Dabei hat die Kommission die einschlägigen Empfehlungen der europäischen Abgeordneten zu berücksichtigen.

Ist Europa teuer?

Nur etwas über 1 % des Bruttonationaleinkommens der Union, d. h. ungefähr 240 EUR pro Einwohner, fließen alljährlich in den Haushalt der EU, der sich auf 120 Mrd. EUR pro Jahr beläuft. Dies ist sehr wenig im Vergleich zu den auf nationaler Ebene entrichteten Steuern. Und dennoch können mit diesen Mitteln wichtige politische Maßnahmen zum Wohl der Bürger finanziert werden. Die Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlaments selbst kostet jeden Bürger der EU etwa 3 EUR pro Jahr.

Weitere Informationen finden Sie unter: „Wie wird der Jahreshaushaltsplan der EU verabschiedet?“, S. 44.


■ Hüter der Grundfreiheiten und der Demokratie Als einzige gewählte Institution in der Union nimmt das Europäische Parlament seine Rolle als Hüter der Grundfreiheiten und der Demokratie sowohl in Europa als auch in der Welt sehr ernst. Die Aufgabe der Abgeordneten besteht – im Wesentlichen – darin, die Bürger auf der Ebene der EU zu vertreten und ihre Interessen gegenüber den europäischen Entscheidungsträgern und den Organen der Union wahrzunehmen. Im Vertrag von Lissabon wird festgehalten, dass sich die Europäische Union auf die Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit sowie auf die Achtung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Minderheiten stützt. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten „in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet“. Außerdem ist es Ziel der Union, „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“. Die im Jahr 2000 von einem Konvent, der sich insbesondere aus europäischen und nationalen Abgeordneten zusammensetzte, verfasste Charta der Grundrechte der Europäischen Union umfasst in einem einzigen Text alle bis dahin in den verschiedenen nationalen, europäischen und internationalen Rechtsakten verkündeten bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 ist die Charta – wie es das Europäische Parlament gefordert hatte – rechtsverbindlich geworden. Drei Mitgliedstaaten – Polen, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich – haben nichtsdestotrotz Ausnahmeregelungen erhalten. 17


HÜTER DER GRUNDFREIHEITEN UND DER DEMOKRATIE

Jedes Mal, wenn die Abgeordneten eine Verletzung der Menschenrechte in der Europäischen Union verurteilen, beziehen sie sich auf diese Charta und stellen damit die Würde des Menschen in das Zentrum ihres politischen Handelns. Das Parlament hat sich dem Grundsatz der Toleranz verschrieben und bekämpft entschlossen jedwede Art von Diskriminierung, sei es aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der Sprache, Religion oder politischen Überzeugung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Es setzt sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein und verweist unaufhörlich auf die Notwendigkeit, die europäischen Normen in Bezug auf die Chancengleichheit von Männern und Frauen einzuhalten. Die europäischen Abgeordneten bringen außerdem ihr ganzes politisches Gewicht ein, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten, und sie wachen über den Schutz der Rechte des Kindes.

Kampf gegen die Ausbeutung von Frauen in allen ihren Formen

Das Europäische Parlament hat eine Vielzahl von Initiativen zur Bekämpfung aller Arten von Gewalt gegen Frauen und des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung angestoßen. Eine weitere Priorität ist die Bekämpfung der Frauenarmut. Außerdem setzt sich das Parlament mit ganzer Kraft für die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ein. Es regte die Errichtung eines europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zur Überprüfung der auf diesem Gebiet erzielten Fortschritte an. Dieses Institut hat seinen Sitz im litauischen Vilnius. Dank seiner im Plenum angenommenen Entschließungen hält das Parlament den Druck auf die Regierungen und die Organe der EU aufrecht mit dem Ziel, das Los der Frauen zu verbessern.

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Schutz der Grundfreiheiten unter allen Umständen Die Anschläge von September 2001 in den Vereinigten Staaten, von März 2004 in Madrid und von Juli 2005 in London haben die Mitgliedstaaten dazu veranlasst, ihre Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus zu verstärken. Das Europäische Parlament unterstützt einerseits die Bemühungen um eine bessere Koordinierung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, da dies der einzige Garant für eine wirksame Bekämpfung dieser grenzüberschreitenden Bedrohungen ist,


lehnt es andererseits aber ab, die Rechte der Bürger zugunsten einer allumfassenden Sicherheitspolitik zu beschneiden.

Dem Europäischen Parlament kam auch bei der Errichtung der neuen Europäischen Agentur für Grundrechte mit Sitz in Wien, die die Anwendung dieser Rechte in den Mitgliedstaaten überwachen soll, eine wichtige Rolle zu. Darüber hinaus steht das Parlament in engem Kontakt mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten, der seinen Standort in Brüssel hat und dessen Aufgabe es ist, auf den Schutz der personenbezogenen Daten und der Privatsphäre in der gesamten Union zu achten.

HÜTER DER GRUNDFREIHEITEN UND DER DEMOKRATIE

Nach Auffassung der Abgeordneten sind bei der Bekämpfung des Terrorismus die individuellen Freiheiten zu achten, um die Werte, auf denen die europäische Demokratie beruht, nicht wieder in Frage zu stellen. Dieses Grundanliegen beachten die Abgeordneten bei allen Vorgängen, die sie in diesem Zusammenhang bearbeiten, sei es bei Abkommen mit den Vereinigten Staaten über die Übermittlung personenbezogener Daten von Fluggästen, bei der Speicherung von Telefondaten durch die Betreiber oder beim Austausch von Bankinformationen. Parallel dazu wurde bei der Überarbeitung der Geldwäsche-Richtlinie auch die Terrorismusfinanzierung einbezogen. Die Rechtsakte in diesen Bereichen werden künftig gemeinsam vom Parlament und vom Rat im Wege der Mitentscheidung angenommen.

Beantwortung von Petitionen der Bürgerinnen und Bürger Jeder Bürger/jede Bürgerin der Europäischen Union sowie jede Person mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht, sich mit einer Petition an das Europäische Parlament zu wenden. Diese muss Angelegenheiten aus dem Tätigkeitsbereich der EU sowie den Petitionswerber unmittelbar betreffen. Zahlreiche Petitionen fördern Probleme bei der konkreten Anwendung europäischer Richtlinien auf nationaler Ebene zu Tage, insbesondere in den Bereichen Umwelt, soziale Sicherheit, Anerkennung von Diplomen und Berufsabschlüssen und bei bestimmten Aspekten der Funktionsweise des Binnenmarktes der EU. Das Parlament leistet seinen Beitrag, um diese Probleme zu lösen. 19

Adresse, an die Sie Ihre Petitionen übermitteln können: siehe S. 56.


HÜTER DER GRUNDFREIHEITEN UND DER DEMOKRATIE

Silikonprothesen: Verschärfung der Rechtsvorschriften im Anschluss an Petitionen

Im Jahr 1998 wurden zwei Petitionen an das Europäische Parlament gerichtet, in denen die negativen Auswirkungen silikonhaltiger Brustimplantate auf die menschliche Gesundheit angeprangert und ihr sofortiges Verbot gefordert wurden. Die anschließenden Aussprachen und parlamentarischen Entschließungen sowie eine von den Abgeordneten in Auftrag gegebene Studie haben die Kommission veranlasst, die Bestimmungen über die Aufklärung der Patienten, die Nachsorge und die Überwachung deutlicher und schärfer zu formulieren. In einer 2003 erlassenen Richtlinie werden erheblich strengere Qualitäts- und Sicherheitskontrollen vorgeschrieben, bevor Brustimplantate auf den europäischen Markt gelangen dürfen.

Kontrolle der Kommission Zum Präsidenten der Kommission kann nur ernannt werden, wer die Zustimmung des Europäischen Parlaments erhält. Der Kandidat wird von den Staats- und Regierungschefs auf der Grundlage der Ergebnisse der Europawahlen vorgeschlagen und muss anschließend von den Abgeordneten gewählt werden. Die Kandidaten für die Ämter der Mitglieder der Kommission werden ebenfalls von den Regierungen vorgeschlagen. Sie müssen sich anschließend einer Anhörung durch die Abgeordneten unterziehen, die ihre fachlichen Qualifikationen überprüfen. Dies gilt ebenfalls für den Hohen Vertreter der EU für die Außenpolitik in seinem Amt als Vizepräsident der Kommission.

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Die europäischen Abgeordneten erteilen der Kommission in ihrer Gesamtheit ihre Zustimmung mit einem Vertrauensvotum. Sie können ebenfalls die gesamte Kommission mittels eines Misstrauensvotums geschlossen zum Rücktritt zwingen. Dieses Misstrauensvotum wird jedoch als „ultima ratio“ angesehen und wurde bisher noch nie angewandt. 1999 hat die Aussicht auf ein parlamentarisches Misstrauensvotum die Kommission unter dem Vorsitz von Jacques Santer zum Rücktritt veranlasst. Das Parlament überwacht die Tätigkeiten der Kommission, indem sie ihre Berichte über die einzelnen Politikbereiche, die Rechtsvorschriften und den Haushaltsplan der Union unter die Lupe nimmt. Die Mitglieder


Und der Euro?

Die Abgeordneten überwachen die Geldpolitik im Zusammenhang mit dem Euro, der gemeinsamen Währung der Union, und laden den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ein, damit dieser vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung die Politik der EZB erläutert. Die Ernennung des Präsidenten der EZB und der übrigen Mitglieder des Direktoriums der Bank kann erst nach Konsultation des Parlaments erfolgen. Mit dem Vertrag von Lissabon kann das Parlament künftig gemeinsam mit dem Rat die für die Verwendung des Euro notwendigen Maßnahmen erlassen.

Überwachung der Arbeiten des Rates Zu Beginn eines jeden „europäischen Gipfels“ oder Europäischen Rates, auf dem die politischen Entscheidungsträger der Mitgliedstaaten die allgemeinen politischen Leitlinien festlegen, erläutert der Präsident des Parlaments seine strategischen Empfehlungen.

HÜTER DER GRUNDFREIHEITEN UND DER DEMOKRATIE

der Kommission müssen regelmäßig vor den Abgeordneten erscheinen und sich in Ausschusssitzungen oder im Plenum zu ihrer Politik äußern, geplante Maßnahmen erläutern und Fragen der Parlamentarier beantworten. In jeder Plenartagung unterzieht sich der Präsident der Kommission einer „Fragestunde“, während der die Abgeordneten ihn zu aktuellen Themen befragen.

Der Präsident des Europäischen Rates und der Hohe Vertreter der Union für die Außenpolitik – diese Ämter sind mit dem Vertrag von Lissabon neu eingeführt worden – erscheinen regelmäßig vor den Abgeordneten, um sie über ihre Tätigkeit zu unterrichten. Der Ratsvorsitz, der abwechselnd von den nationalen Ministern wahrgenommen wird, trifft regelmäßig mit den Vorsitzenden der Fraktionen des Europäischen Parlaments zusammen und erscheint zu den Plenartagungen, um sein Programm zu erläutern, Rechenschaft über die Ergebnisse abzulegen und darüber mit den Abgeordneten zu debattieren. Häufig nimmt der Vorsitz ebenfalls an den Sitzungen der parlamentarischen Ausschüsse teil.

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Die Abgeordneten können die EU-Ratspräsidentschaft schriftlich oder im Plenum zu jedem beliebigen Thema befragen, beispielsweise zur


HÜTER DER GRUNDFREIHEITEN UND DER DEMOKRATIE

Notwendigkeit von Maßnahmen gegen die Verletzung der Menschenrechte, der Demokratie oder der Rechtsstaatlichkeit.

Der Europäische Bürgerbeauftragte

Das Parlament wählt den Europäischen Bürgerbeauftragten, dessen Aufgabe es ist, Fälle, in denen Bürger und Unternehmen sich über „Missstände in der Verwaltungspraxis“ von Institutionen der Union beschweren, zu prüfen, um die Streitpunkte zu klären. Außerdem legen die europäischen Abgeordneten die Rechtsvorschriften sowie die allgemeinen Bedingungen für das Statut und die allgemeinen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten fest. Dessen Arbeitsplatz befindet sich in den Räumlichkeiten des Parlaments.

Enge Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten Das Europäische Parlament beteiligt sich an der Aufnahme und Pflege enger Beziehungen zu den nationalen Parlamenten der Europäischen Union. Diese interparlamentarische Zusammenarbeit zielt im Wesentlichen darauf ab, die demokratische Kontrolle und die Verantwortung für die Beschlüsse, die auf europäischer Ebene gefasst werden, deutlicher hervorzuheben. Sie gewährleistet einen transparenteren und offeneren Beschlussfassungsprozess.

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Mit der Reform der Verträge werden die nationalen Parlamente noch stärker in den institutionellen Prozess eingebunden, insbesondere auf legislativer Ebene. Sie werden zu vollwertigen Akteuren bei der Annahme der europäischen Rechtsakte und sind insbesondere aufgerufen, die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu überwachen. Dies bedeutet, dass die Union nur dann tätig wird, wenn die Ziele der ins Auge gefassten Maßnahmen nicht ausreichend auf nationaler oder lokaler Ebene verwirklicht werden können. Wenn eine ausreichende Zahl von nationalen Parlamenten einen Einspruch gegen die Übereinstimmung eines Legislativvorschlags mit diesem Grundsatz erhebt, wird der Vorschlag erneut geprüft, und ein etwaiger Beschluss, das Verfahren fortzusetzen, muss von den europäischen Organen begründet werden. Außerdem tragen die nationalen Parlamente aktiv zur guten Funktionsweise der Union bei, indem sie sich an den Verfahren zur Revision der Verträge beteiligen und über die Anträge auf Beitritt zur EU unterrichtet werden.


■ Das Europäische Parlament und die Erweiterungen der EU Neue Mitgliedstaaten kann die Europäische Union nur mit Zustimmung des Parlaments aufnehmen. Die europäischen Abgeordneten prüfen insbesondere, ob die Beitrittskandidaten die in den Verträgen festgelegten politischen und wirtschaftlichen Kriterien beachten; dabei messen sie den Menschenrechten eine große Bedeutung bei. Jeder europäische Staat, der die Werte der EU achtet und sich zu ihrer Förderung verpflichtet, kann die Mitgliedschaft in der Union beantragen. Der Antrag wird an den Rat gerichtet, der nach Konsultation der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig beschließt. Während der Rat und die Kommission für die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten und die Festlegung der Beitrittsdaten zuständig sind, ist es Aufgabe der europäischen Abgeordneten, das Verfahren bis zum Tag des Beitritts zu überwachen und auf diese Weise sicherzustellen, dass alle vertraglich festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Jedes Land, das einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union vorlegt, muss die sogenannten „Kopenhagener Kriterien“ erfüllen. Die Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, daß die Staats- und Regierungschefs im Jahr 1993 die Beitrittsbedingungen in Kopenhagen beschlossen haben (die Kriterien sind seither verschärft worden).

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Um Mitglied der EU werden zu können, muss ein Bewerberland konkret die folgenden drei Kriterien erfüllen: — ein politisches Kriterium: das Vorhandensein von stabilen Institutionen, die die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, die Achtung der Minderheiten und ihren Schutz gewährleisten; — ein wirtschaftliches Kriterium: das Vorhandensein einer funktionsfähigen Marktwirtschaft und die Fähigkeit, den Marktkräften und dem Wettbewerbsdruck innerhalb der Union standzuhalten;


DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DIE ERWEITERUNGEN DER EU

— ein Kriterium der Achtung des „Besitzstands“: die Fähigkeit, die sich aus dem Beitritt ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen, und insbesondere das Engagement für die Zielvorgaben der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion. Überdies hat das Parlament dazu aufgerufen, dass sowohl der Stand der Vorbereitung der Kandidatenländer als auch die Aufnahmefähigkeit der Union berücksichtigt werden. In den letzten Jahren haben die europäischen Abgeordneten mehrmals eine entsprechende Debatte geführt. Sie haben grünes Licht für die Aufnahme der Verhandlungen mit der Türkei und mit Kroatien gegeben und den von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gestellten Beitrittsantrag unterstützt.

Die EU wächst von sechs Mitgliedstaaten auf 27 Mitgliedstaaten

März 1957 Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande Januar 1973 Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich Januar 1981 Griechenland Januar 1986 Spanien und Portugal November 1990 Wiedervereinigung Deutschlands, Aufnahme der ehemaligen DDR Januar 1995 Österreich, Finnland und Schweden Mai 2004 Zypern, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei und Tschechische Republik Januar 2007 Bulgarien und Rumänien

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Der „freiwillige Rückzug aus der Union“ Der Vertrag von Lissabon gestattet es künftig einem Mitgliedstaat, aus der Union auszutreten, wenn er dies wünscht. Die Modalitäten für den Austritt müssen durch eine Vereinbarung zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten festgelegt werden, die anschließend dem Europäischen Parlament vorab zur Zustimmung vorzulegen ist. Das fragliche Land behält dennoch die Möglichkeit, wieder Mitglied der Europäischen Union zu werden, sofern es sich erneut dem Verfahren des Beitritts unterzieht.


■ Die Rolle des Europäischen Parlaments in der Welt Das Europäische Parlament muss seine Zustimmung zu den meisten der von der Union abgeschlossenen internationalen Abkommen geben und wirkt an der Festlegung der Entwicklungspolitik und der Politik der humanitären Hilfe der EU mit. Die Abgeordneten machen ihren Einfluss in der europäischen Außenpolitik immer stärker geltend und unterhalten enge Beziehungen zu den Gesetzgebern in der ganzen Welt. Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments bietet auch eine wichtige Tribüne für internationale Entscheidungsträger und andere Persönlichkeiten. In ihren Beziehungen zum Rest der Welt fördert die Union ihre Werte und ihre Interessen und trägt zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger bei. Sie setzt sich für den Frieden, die Sicherheit, die nachhaltige Entwicklung des Planeten, die Solidarität zwischen den Völkern, den freien und gerechten Handel, die Beseitigung der Armut und den Schutz der Menschenrechte sowie für die strenge Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts ein.

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DIE ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER WELT

Keine internationalen Abkommen ohne das Europäische Parlament Die Zustimmung der Abgeordneten ist bei den meisten internationalen Abkommen erforderlich, mit denen die Europäische Union Verpflichtungen eingeht. So hat das Parlament eine Reihe von Finanzprotokollen mit Drittländern unter Hinweis auf die Achtung der Menschenrechte abgelehnt. Außerdem ist die Kommission gehalten, das Parlament über den Fortgang bei multilateralen Handelsverhandlungen auf der Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) bzw. bilateralen Verhandlungen mit Drittländern zu unterrichten. Im Rahmen dieser Verhandlungen formulieren die europäischen Abgeordneten Empfehlungen und machen ihr ganzes Gewicht geltend, wenn es darum geht, die Ergebnisse der Verhandlungen zu billigen. Mit dem Vertrag von Lissabon erlassen künftig das Europäische Parlament und der Rat gemeinsam die Rechtsakte zur Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik.

Eine gewichtigere Rolle in der Entwicklungspolitik und bei der humanitären Hilfe Die für die Durchführung der Politik zugunsten der Entwicklungsländer und die wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit mit den übrigen Drittländern erforderlichen Maßnahmen werden künftig vom Europäischen Parlament und vom Rat im Wege der Mitentscheidung festgelegt. Die wichtigsten Ziele sind die Bekämpfung der Armut und die Förderung einer verantwortungsvollen Regierungsführung, der Demokratie und der Menschenrechte.

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Den Abgeordneten kommt eine legislative Rolle auf dem Gebiet der humanitären Hilfe zu. Diese Hilfe zielt darauf ab, der Bevölkerung von Drittländern, die zu Opfern von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen geworden sind, Unterstützung, Hilfe und Schutz zu leisten.


Auf dem Weg zu einem Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe

Die EU-Außenpolitik unter genauer Beobachtung der Abgeordneten Der Rat konsultiert das Parlament bei wichtigen außenpolitischen Beschlüssen. Die Abgeordneten können seine Politiken hinterfragen und Empfehlungen aussprechen. Der Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsident der Kommission wird regelmäßig zu den Plenartagungen eingeladen, um Rechenschaft über die Aktivitäten der EU in der Welt abzulegen. Das Europäische Parlament verfügt ebenfalls über eine uneingeschränkte Kontrollbefugnis im Zusammenhang mit dem neuen Europäischen Auswärtigen Dienst, der mit dem Vertrag von Lissabon geschaffen worden ist. Mit diesem diplomatischen Dienst soll die Kohärenz der Außenpolitik der Union sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher und militärischer Ebene sichergestellt werden.

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Das Europäische Parlament bemüht sich regelmäßig um die Herstellung politischer, wirtschaftlicher und kultureller Kontakte zu anderen Parlamenten in der Welt. Die europäischen Abgeordneten nehmen an der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung Afrika, Karibik, Pazifischer Raum/EU (AKP-EU), an der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer (PVEM), der insbesondere auch Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde und Israels angehören, und an der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat) sowie an der Parlamentarischen Versammlung der Europäischen Nachbarschaft Ost (Euronest) teil.

DIE ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER WELT

Das Parlament und der Rat sind berufen, die Modalitäten für die Funktionsweise eines neuen Europäischen Freiwilligenkorps festzulegen, mit dem ein Rahmen für die gemeinsamen Beiträge der europäischen Jugend zu den Maßnahmen der Union auf dem Gebiet der humanitären Hilfe geschaffen werden soll.


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DIE ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IN DER WELT

Empfang von Entscheidungsträgern aus aller Welt im Parlament Das Europäische Parlament lädt regelmäßig Staatschefs, Premierminister und andere wichtige Persönlichkeiten aus der ganzen Welt ein, im Plenum vor den Abgeordneten zu sprechen. Zu den Persönlichkeiten, die im Laufe der letzten Jahre empfangen wurden, gehören König Abdullah II von Jordanien, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko, die liberianische Präsidentin Ellen Sirleaf Johnson, der Präsident Afghanistans, Amid Karzai, der bolivianische Präsident Evo Morales, die Präsidentin der Philippinen, Gloria Macapagal-Arroyo, und der georgische Präsident Michail Saakaschwili sowie der israelische Premierminister Yitzhak Rabin.


■ Vorrang für die Menschenrechte In Europa wie auch weltweit setzt sich das Europäische Parlament für die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Demokratie ein. Es entsendet Beobachter in alle Teile der Welt, um den Ablauf von Wahlen zu überwachen. Die Abgeordneten achten darauf, dass in den Wirtschaftsund Handelsabkommen, die von der EU mit Drittländern unterzeichnet werden, die Achtung der Menschenrechte festgeschrieben wird. Sie verleihen einmal im Jahr den Sacharow-Preis an Personen, die sich für die geistige Freiheit einsetzen. Das Parlament achtet darauf, dass die Menschenrechte zu den prioritären Anliegen Europas gehören. Es ergreift spezifische Initiativen in Bereichen wie der Bekämpfung von Folter, dem Minderheitenschutz, der Konfliktprävention, der Verteidigung der Rechte von Frauen und Kindern und dem Schutz von Menschenrechtsaktivisten. Das Europäische Parlament unterstützt außerdem aktiv die Errichtung und die Arbeit internationaler Gerichte wie des Internationalen Strafgerichtshofs oder der eigens zur Verfolgung der Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien und in Ruanda geschaffenen Tribunale.

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VORRANG FÜR DIE MENSCHENRECHTE

Anklage von Menschenrechtsverletzungen Auf jeder Plenartagung in Straßburg prüfen die europäischen Abgeordneten kritische Situationen im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte in verschiedenen Regionen der Welt. Das Parlament nimmt regelmäßig Entschließungen an, in denen es die Organe der EU bzw. der Regierungen auffordert, unverzüglich Maßnahmen zur Beendigung von Verletzungen der Grundrechte zu ergreifen. Jedes Jahr veröffentlicht das Europäische Parlament einen Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte in der Welt und sorgt mit seiner Kritik dafür, dass die Aufmerksamkeit der EU und der Weltöffentlichkeit auf die schlimmsten Verstöße gerichtet bleibt. In seinen Berichten verurteilte es beispielsweise den Völkermord in Darfur, die Verletzungen der Grundfreiheiten in China und die in Tschetschenien begangenen Verbrechen.

Das Europäische Parlament lehnt die Todesstrafe entschieden ab

Das Parlament lehnt die Verhängung der Todesstrafe grundsätzlich und unter allen Umständen entschieden ab. Seine Mitglieder haben sich wiederholt für den Erlass eines weltweiten und uneingeschränkten Moratoriums für Hinrichtungen basierend auf einer entsprechenden Resolution der UNO ausgesprochen. Das Parlament will mit dieser Maßnahme den universalen Wert des Lebens und der Menschenwürde bekräftigen.

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Gewährleistung demokratischer Wahlen Delegationen von europäischen Abgeordneten werden im Rahmen von Wahlbeobachtungsmissionen regelmäßig in Drittländer entsandt. Sie überwachen dort den Ablauf der Wahlen und lenken die Aufmerksamkeit der Regierungsstellen und der internationalen Gemeinschaft auf etwaige Verstöße gegen die Rechte der Bürger. Europäische Abgeordnete haben beispiels-


weise an Wahlbeobachtungsmissionen in Liberia, in der Demokratischen Republik Kongo, in den Palästinensergebieten und in der Ukraine teilgenommen.

Das Europäische Parlament hat die Befugnis, den Abschluss wichtiger Abkommen mit Drittstaaten abzulehnen, wenn es Verstöße gegen die Menschenrechte und die Grundsätze der Demokratie feststellt. Außerdem fordert es die strikte Einhaltung der Menschenrechtsklauseln, die systematisch in diese Art von Abkommen aufgenommen werden und in denen vorgesehen ist, dass solche Abkommen im Extremfall gekündigt werden.

VORRANG FÜR DIE MENSCHENRECHTE

Ein Platz für die Menschenrechte in internationalen Abkommen

Asylpolitik und Bekämpfung des Menschenhandels Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass die EU eine gemeinsame Asylpolitik entwickelt. Diese soll darauf abzielen, jedem politischen Flüchtling einen geeigneten Status zu bieten, indem gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug des Schutzes sowie Normen für die Bedingungen der Aufnahme von Asylbewerbern festgelegt werden.

D E M O K R A T I 31

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VORRANG FÜR DIE MENSCHENRECHTE

Die gemeinsame Einwanderungspolitik der Union zielt unter anderem darauf ab, eine gerechte Behandlung der Drittstaatsangehörigen sicherzustellen, die sich legal in den Mitgliedstaaten aufhalten. In diesem Rahmen wirkt das Europäische Parlament mittlerweile an der Verabschiedung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Frauenund Kinderhandels, mit.

Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit

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Die jährliche Verleihung des 1988 eingeführten Preises durch das Europäische Parlament findet in einer feierlichen Sitzung in Straßburg statt. Soweit es der parlamentarische Zeitplan gestattet, findet die Preisverleihung möglichst um den 10. Dezember, den Jahrestag der Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen im Jahr 1948, statt.

2009

OLEG ORLOV SERGEJ KOWALJOW LUDMILLA ALEXEJEWA stellvertretend für die Organisation MEMORIAL und alle anderen Menschenrechtsaktivisten in Russland

www.europarl.europa.eu/sakharov

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Mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit, der nach dem russischen Wissenschaftler und politischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt wurde, werden Persönlichkeiten oder Organisationen ausgezeichnet, die sich um den Schutz der Menschenrechte, die Förderung von Demokratie und Meinungsfreiheit und die Bekämpfung von Intoleranz und Unterdrückung überall in der Welt verdient gemacht haben.

Unter den Preisträgern befinden sich Persönlichkeiten wie Nelson Mandela (Südafrika), Alexander Dubček (Tschechoslowakei), Las Madres de la Plaza de Mayo (Die Mütter des Plaza de Mayo – Argentinien), Aung San Suu Kyi (Birma), Ibrahim Rugova (Kosovo), die Organisation der Vereinten Nationen und ihr ehemaliger Generalsekretär Kofi Annan sowie Hu Jia (China) und Memorial, eine Vereinigung, die sich für die Menschenrechte in Russland einsetzt.


■ Das Räderwerk des Europäischen Parlaments Der Lebens- und Arbeitsrhythmus des Europäischen Parlaments wird von einem Kalender bestimmt, dessen Wochen farblich unterteilt sind: Rosa, Rot, Blau, Türkis usw. Jede Farbe entspricht einer Phase der parlamentarischen Tätigkeit. Ein reibungsloser Arbeitsablauf setzt eine gute Organisation und administrative Unterstützung voraus. Der Mechanismus funktioniert einwandfrei; jeder nimmt den ihm zugewiesenen Platz ein, und nichts wird dem Zufall überlassen.

„Rosa“ Wochen für die parlamentarischen Ausschüsse Das Parlament verfügt über 20 ständige parlamentarische Ausschüsse, die auf Themen wie Umwelt, Verkehr, Industrie oder Haushalt spezialisiert sind. Den Ausschüssen, in denen die verschiedenen politischen Strömungen des Parlaments vertreten sind, gehört jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Abgeordneten an, deren Aufgabe es ist, die Arbeit des Plenums vorzubereiten.

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In den Ausschusssitzungen findet eine erste Reihe von Aussprachen und Abstimmungen über Berichte statt, bei denen die europäischen Abgeordneten ihren Standpunkt zu Legislativvorschlägen oder zum Entwurf des Haushaltsplans der EU für das darauffolgende Jahr darlegen. Die Abgeordneten arbeiten ferner „Initiativberichte“ aus, in denen sie an die Kommission oder die Regierungen der Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlungen für die Vorgehensweise in bestimmten Bereichen aussprechen.


DAS RÄDERWERK DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

Sonderausschüsse und Untersuchungsausschüsse

Bei Bedarf kann das Parlament nichtständige Ausschüsse oder Untersuchungsausschüsse einsetzen. Beispielsweise war 1996 ein Untersuchungsausschuss damit beauftragt worden, der Frage nachzugehen, ob das Krisenmanagement der Kommission und der Regierungen im Zusammenhang mit der Rinderseuche BSE korrekt war. Im Anschluss an die Havarie des Öltankers „Prestige“ haben die Abgeordneten im Jahr 2003 einen Ausschuss eingesetzt, der Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit im Seeverkehr untersucht hat. 2006 hat sich ein Ausschuss mit den Aktivitäten der CIA in Europa befasst, nachdem in der Presse bekannt geworden war, dass mutmaßliche Terroristen von den amerikanischen Geheimdiensten illegal in europäische Länder verbracht und dort festgehalten wurden. Im Jahr 2007 wurde ein nichtständiger Ausschuss eingesetzt, der den Auftrag erhielt, die möglichen europäischen Antworten auf den Klimawandel zu prüfen. Im Jahr 2009 wurde ein Sonderausschuss eingesetzt, der Maßnahmen vorschlagen soll, um die Finanzmärkte im Anschluss an die Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise, die die ganze Welt heimgesucht hat, gesunder und stabiler zu machen.

„Rote“ Wochen für die Plenartagung Die Plenartagung ist das Kernstück des parlamentarischen Lebens. Zu diesem Anlass kommen alle Abgeordneten im Plenarsaal in Straßburg zusammen. Zusätzliche, kürzere Tagungen finden in Brüssel statt. Die in den Ausschüssen angenommenen Berichte werden während der Tagung erneut erörtert, abgeändert und schließlich angenommen. Sie spiegeln danach den offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments wider.

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Neben den Berichten verabschieden die europäischen Abgeordneten auch „Entschließungen“ oder befragen Vertreter der Kommission oder des Rates direkt zu aktuellen Themen. Darüber hinaus empfangen sie Staats- und Regierungschefs und Persönlichkeiten aus aller Welt.


„Blaue“ Wochen für die Fraktionen

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Während der „Fraktionswochen“, die generell den Plenartagungen vorausgehen, koordiniert und formuliert jede Fraktion ihre Standpunkte zu allen Punkten auf der Tagesordnung für die Tagung, um sie anschließend im Plenum zu vertreten.

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S I T Z U N G S W O C H E N

Anstatt nach Staatsangehörigkeit schließen sich die Abgeordneten im Parlament entsprechend ihrer politischen Zugehörigkeit zusammen. Zur Bildung einer Fraktion bedarf es einer Mindestanzahl von Abgeordneten aus verschiedenen Mitgliedstaaten. Parlamentarier, die keiner Fraktion angehören, schließen sich von Amts wegen den „Fraktionslosen Mitgliedern“ an.

„Türkisfarbene“ Wochen: Wahlkreisarbeit oder Teilnahme an einer Mission Einige Wochen pro Jahr sind der Arbeit der europäischen Abgeordneten in ihrem Wahlkreis, damit sie mit ihren Wählern vor Ort zusammentreffen können, oder Ad-hoc-Dienstreisen in andere Teile der Welt vorbehalten.

Welche Sprache sprechen Sie?

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Das Europäische Parlament verfügt für seine Plenartagungen und alle weiteren Sitzungen, in denen die Abgeordneten sich in einer Amtssprache der EU äußern können, über einen komplett mehrsprachigen Dienst. Alles, was sie sagen, wird von Dolmetschern simultan übersetzt. Dank der Übersetzer sind die Arbeitsdokumente des Parlaments in sämtlichen Amtssprachen der Europäischen Union verfügbar. Indem die Arbeit


DAS RÄDERWERK DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

der Abgeordneten den Bürgern zugänglich gemacht wird, spiegelt diese Verfahrensweise die kulturelle Vielfalt der EU wider und macht sie erlebbar.

Wer macht was im Europäischen Parlament? Der von den europäischen Abgeordneten für zweieinhalb Jahre gewählte Präsident des Europäischen Parlaments nimmt eine Schlüsselposition ein. Er leitet sämtliche Arbeiten der Institution, führt den Vorsitz in den Plenarsitzungen und unterzeichnet den Haushaltsplan und die zusammen mit dem Rat verabschiedeten Rechtsvorschriften. Er vertritt das Europäische Parlament in den internationalen Beziehungen und in seinen Beziehungen zu den übrigen Organen der Union. Das Parlament zählt 14 Vizepräsidenten mit jeweils eigenem Zuständigkeitsbereich. Der Konferenz der Präsidenten gehören der Präsident des Parlaments und die Vorsitzenden aller Fraktionen an. Sie organisiert und plant die Arbeit des Parlaments wie z. B. den Zeitplan, die Tagesordnungen der Plenartagungen und die Zusammensetzung der Ausschüsse und Delegationen.

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Das Präsidium ist das Organ, das für die Behandlung aller Fragen zuständig ist, die die Verwaltung, das Personal und die Organisation betreffen. Ihm gehören der Präsident des Europäischen Parlaments, die Vizepräsidenten und die Quästoren an, die von den Abgeordneten gewählt werden. Das Präsidium ist außerdem für den Haushaltplan des Parlaments zuständig. Im Dienste der europäischen Abgeordneten und des Parlaments steht eine große Verwaltung. Das Generalsekretariat hat den Auftrag, alle Abgeordneten bei der Wahrnehmung ihres Mandats zu unterstützen. Im Generalsekretariat arbeiten fast 5400 Personen, von denen ein Viertel Übersetzer und Dolmetscher sind, in Brüssel, in Luxemburg, in Straßburg und in den Informationsbüros in den Mitgliedstaaten. Fügt man die Bediensteten der Fraktionen und die Assistenten der Abgeordneten hinzu, kommt man auf eine Zahl von etwa 7000 Personen, die dafür sorgen, dass sich das parlamentarische „Räderwerk“ dreht.


■ In Ihrer Nähe Brüssel, Luxemburg und Straßburg sind die Arbeitsorte des Europäischen Parlaments. Dennoch können Sie die Tätigkeit des Parlaments auch von zu Hause aus verfolgen! Bequem vor Ihrem Computer sitzend haben Sie die Möglichkeit, einer Plenarsitzung beizuwohnen, Dokumente und Pressemitteilungen einzusehen oder online Fragen zu europapolitischen Themen zu stellen. Außerdem stehen in sämtlichen Hauptstädten der EU Informationsbüros zu Ihrer Verfügung.

Die Webseite: ein Fenster zum Parlament Die Adresse lässt sich leicht einprägen – www.europarl.europa.eu –, und ein jeder kann in seiner eigenen Sprache eine Vielfalt von interessanten Informationen finden, die ihn betreffen. Die Webseite des Europäischen Parlaments verfügt über ein sehr vielfältiges Menü. Ob Sie sich über die aktuelle Tätigkeit des Parlaments informieren wollen, die Aussprachen und Abstimmungen in den Ausschüssen und im Plenum direkt verfolgen möchten,

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IN IHRER NÄHE

mehr über die Abgeordneten und ihre Aufgaben erfahren wollen, eine Petition einreichen möchten oder sich einfach über die Funktionsweise der Institution informieren wollen – auf der Webseite finden Sie, was Sie suchen. Damit die Öffentlichkeit seine Arbeit kennt und versteht, macht das Parlament den Bürgern über das Online-Verzeichnis auch seine diversen Dokumente zugänglich. Historische Archive sind ebenfalls verfügbar.

EuroparlTV: Das Webfernsehen des Europäischen Parlaments Die europäische Aktualität verfolgen, den Abgeordneten bei ihrer Arbeit zuschauen, einen Blick hinter die Kulissen des Parlaments werfen und seine Arbeiten direkt verfolgen: dies alles können Sie auf www.europarltv.eu. Das Webfernsehen des Europäischen Parlaments bietet vier Kanäle an, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten: an Schülerinnen und Schüler, an Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Europapolitik interessieren, bis hin zu Vertretern bestimmter Berufsgruppen.

Noch Fragen? Schicken Sie eine E-Mail an das elektronische Postfach des Parlaments Obwohl die Webseite keine Wünsche offenlässt, ist es manchmal gar nicht so einfach, sich im „Labyrinth“ der Europäischen Union zurechtzufinden. Das Europäische Parlament verfügt über ein elektronisches Postfach, an das man sich mit seinen Fragen, Informationsersuchen oder Vorschlägen zu Tätigkeitsbereichen der Europäischen Union wenden kann. Das Parlament beantwortet jedes Jahr Zehntausende von E-Mails, die es von Bürgern bekommt.

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Auf dem gleichen Informationsstand wie die Journalisten Den Medien kommt eine wichtige Rolle dabei zu, den Bürgern die Institutionen, von denen sie vertreten werden, näherzubringen.


IN IHRER NÄHE

Das Parlament verfügt über einen Pressedienst, der die Journalisten über die aktuellen parlamentarischen Aussprachen und die Ergebnisse der Abstimmungen informiert. Diese Informationen stehen der breiten Öffentlichkeit auf der mehrsprachigen Webseite in Echtzeit zur Verfügung. Journalisten erhalten neben einer logistischen und technischen Unterstützung auch audiovisuelles Material (Fotos, Videos, Audio-Archivmaterial usw.). Darüber hinaus organisiert der Pressedienst Pressekonferenzen und Seminare zu aktuellen europäischen Themen.

Besuch im Parlament Sie haben bereits viele Informationen auf der Internetseite gefunden, möchten die Arbeit des Europäischen Parlaments aber gern vor Ort beobachten und aus nächster Nähe verfolgen, was es für Sie tut? Wie circa 300 000 Personen pro Jahr haben auch Sie die Möglichkeit, als Einzelperson oder in einer Gruppe die Arbeitsorte des Parlaments in Straßburg, Brüssel oder Luxemburg zu besichtigen, an Plenarsitzungen teilzunehmen und Ihre Abgeordneten zu treffen. Melden Sie sich einfach beim Referat Besuchergruppen und Seminare an, das das ganze Jahr über Führungen in allen Amtssprachen der Europäischen Union veranstaltet, um einen Einblick in die Funktionsweise und die Rolle des Parlaments zu gewähren und Antworten auf Ihre Fragen zu geben. Anlässlich des 9. Mai, des Europatages, sind die Plenarsäle des Parlaments in Straßburg und in Brüssel im Rahmen der Tage der Offenen Tür für die breite Öffentlichkeit zugänglich. Jedes Jahr nehmen etwa 60 000 Personen diese Gelegenheit wahr, um die Institution zu besuchen und sich über die Tätigkeiten des Europäischen Parlaments zu informieren. Demnächst wird ein neues Besucherzentrum in Brüssel eine interaktive Ausstellung über die Arbeit des Europäischen Parlaments und über die Auswirkung seiner Beschlüsse auf das tägliche Leben der Bürger präsentieren. Mithilfe eines MultimediaRollenspiels können die Besucher ebenfalls „Abgeordnete für einen Tag“ sein. 39


IN IHRER NÄHE

Die Informationsbüros im Dienste der Bürger Es gibt Informationsbüros des Europäischen Parlaments in sämtlichen Hauptstädten der Europäischen Union sowie regionale Außenstellen in bestimmten Mitgliedstaaten. Sie dienen dazu, den direkten Kontakt zwischen den Bürgern und der Institution, die sie vertritt, zu erleichtern. Die Informationsbüros führen Informationskampagnen zu verschiedenen europäischen Fragen durch. Sie organisieren Seminare und Konferenzen, insbesondere für Studenten, Meinungsmultiplikatoren und die Medien. Die Informationsbüros veranstalten außerdem dezentrale Diskussionsforen, auf denen europäische Abgeordnete, kommunale Behörden, Bürger und Vertreter der verschiedenen sozialen und beruflichen Gruppen über die wichtigsten Politikbereiche für die betroffenen Regionen diskutieren. Sie organisieren ebenfalls Treffen zwischen den europäischen Parlamentariern und nationalen oder lokalen Mandatsträgern, der Presse und der Öffentlichkeit.

Treten Sie mit Ihren Abgeordneten in Kontakt Das Parlament, das sind zuallererst seine Mitglieder. Sie sind es, die mit dem Mandat, das ihnen die Bürger bei den Europawahlen verliehen haben, Rechtsvorschriften verabschieden und politische Initiativen ergreifen, die sich auf unser alltägliches Leben auswirken oder bei den großen internationalen Fragen Leitlinien für eine europäische Vorgehensweise vorgeben.

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Namen, Anschriften, Telefonnummern und E-Mail-Adressen finden Sie im Internet auf den jeweiligen elektronischen Personalbögen im Menü „Ihre Abgeordneten“. Außerdem sind dort neben dem Lebenslauf sowie Angaben zum Wahlkreis und zur politischen Zugehörigkeit der Abgeordneten Informationen über ihre Aufgaben und Tätigkeiten im Parlament einzusehen.

Kontaktadressen finden Sie S. 56-59.


■ Die europäischen Rechtsakte: Wie funktioniert das? Das Mitentscheidungsverfahren, bei dem das Europäische Parlament gleichberechtigter Partner des Rates ist, ist zum „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ für die Annahme der Rechtsakte der Europäischen Union geworden. Der Rat beschließt grundsätzlich mit qualifizierter Mehrheit, auch in den Bereichen, in denen vor der Annahme des Vertrags von Lissabon Einstimmigkeit erforderlich war. Zusätzlich zu den Politikbereichen, die seit jeher diesem Verfahren unterlagen (Umwelt, Verkehr, Verbraucherschutz, freier Verkehr für Waren und Arbeitnehmer), ist die Mitentscheidung auf etwa 50 Rechtsgrundlagen ausgeweitet worden, so dass die Gesamtzahl der unter die Mitentscheidung fallenden Rechtsgrundlagen 86 beträgt. Mittlerweile findet sie auch auf Bereiche Anwendung, die vorher fast ausschließlich in die Zuständigkeit des Rates fielen (vor allem die Landwirtschaft, die Fischerei und die Initiativen im Bereich Justiz und Inneres), sowie auf neue Handlungsfelder der Union wie Tourismus, Jugend und Sport. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren besteht aus drei Phasen. In groben Zügen läuft das Verfahren folgendermaßen ab: Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag für einen Rechtsakt vor. In erster Lesung (erste Phase der Prüfung des Textes) nimmt das Parlament Abänderungen (Änderungen) am Vorschlag der Kommission an. Wenn das Parlament keine Abänderungen annimmt und der Rat anschließend den Vorschlag der Kommission ebenfalls gebilligt hat, ist der Rechtsakt angenommen. Dasselbe gilt, wenn der Rat die Abänderungen des Parlaments billigt. Die neue Rechtsvorschrift kann somit in Kraft treten. Wenn der Rat nicht alle Abänderungen der Abgeordneten billigt, unterbreitet er dem Parlament einen alternativen Legislativvorschlag. Bei diesem handelt es sich um den Standpunkt der Mitgliedstaaten in erster Lesung. 41


DIE EUROPÄISCHEN RECHTSAKTE: WIE FUNKTIONIERT DAS? 42

Anschließend beginnt die zweite Lesung. Das Legislativverfahren wird abgeschlossen, wenn die Abgeordneten den Standpunkt des Rates billigen, wenn sie ihn ablehnen oder wenn sie sich nicht innerhalb von einer Frist von drei Monaten äußern. Schlagen die Abgeordneten dagegen Änderungen am Standpunkt des Rates vor, ist es erforderlich, dass dieser die Änderungen in zweiter Lesung prüft. Der Text der Rechtsakte wird angenommen, wenn der Rat sämtliche Änderungen billigt. Im gegenteiligen Fall muss nach einem Konsens gesucht werden; hierbei handelt es sich um die Phase der Vermittlung. Diese Aufgabe wird einem Vermittlungsausschuss übertragen, dem die Vertreter der beiden Organe angehören. Die Kommission ist ebenfalls während des gesamten Verfahrens eingebunden. Gelangt der Ausschuss innerhalb einer Frist von sechs Monaten nicht zu einem gemeinsamen Entwurf, so gilt der Rechtsakt als nicht erlassen. Finden die Vertreter der beiden Organe dagegen eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf, wird dieser in dritter und letzter Lesung dem Plenum des Parlaments und dem Rat unterbreitet. Wird der Entwurf angenommen, wird er zum verbindlichen Rechtsakt. Kommt kein Beschluss zustande, gilt der vorgeschlagene Rechtsakt als nicht angenommen. Zu Beginn des Legislativverfahrens wird der Text ebenfalls den nationalen Parlamenten übermittelt, damit sie innerhalb einer Frist von acht Wochen seine Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit untersuchen können. Erhebt eine ausreichende Zahl von Parlamenten Einwände dagegen, sind die Organe der Union angehalten, das Dossier erneut zu prüfen und gegebenenfalls den Beschluss, das Verfahren fortzusetzen, zu rechtfertigen.


Die übrigen besonderen Legislativverfahren Alle sonstigen Verfahren, die sich von dem vorstehend Beschriebenen unterscheiden, gelten als „Sonderverfahren“; dazu gehört auch das Ad-hoc-Verfahren, das für die Verabschiedung des Haushaltsplans notwendig ist und im nachfolgenden Kapitel detailliert beschrieben wird.

Weitere Rechtsakte werden vom Rat nach „Konsultation“ des Parlaments einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit angenommen. In diesen Fällen ist die Stellungnahme der Abgeordneten nicht verbindlich, und das letzte Wort haben die Regierungen. Dieses Verfahren betrifft beispielsweise die Maßnahmen im Bereich der Sicherheit oder des Sozialschutzes, die steuerlichen Vorschriften im Bereich der Energie sowie die Harmonisierung der Umsatzsteuern und die indirekte Besteuerung. Es gilt auch für die operationelle polizeiliche Zusammenarbeit und die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Behörden eines Mitgliedstaats auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats der EU. Die Bestimmungen über das aktive und passive Wahlrecht im Wohnsitzmitgliedstaat bei Kommunalund Europawahlen unterliegen ebenfalls diesem Verfahren, doch der Rat kann einstimmig und nach Konsultation des Parlaments beschließen, zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren überzugehen.

DIE EUROPÄISCHEN RECHTSAKTE: WIE FUNKTIONIERT DAS?

Bestimmte Rechtsakte müssen vom Rat einstimmig mit der vorherigen Zustimmung des Europäischen Parlaments angenommen werden. Die Abgeordneten verfügen folglich über eine Art Vetorecht, das es ihnen gestattet, die Texte en bloc abzulehnen oder zu billigen, ohne dass die Möglichkeit besteht, Änderungen vorzuschlagen. Dies gilt für den Mehrjährigen Finanzrahmen, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen bzw. die Ausweitung der Rechte in Verbindung mit der Bürgerschaft (wo außerdem eine nationale Ratifizierung erforderlich ist).

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■ Wie wird der Jahreshaushaltsplan der EU verabschiedet? Das Europäische Parlament und der Rat legen im Rahmen eines besonderen Gesetzgebungsverfahrens den Jahreshaushaltsplan der Union auf der Grundlage des Mehrjährigen Finanzrahmens (fünf Jahre) fest. Dieser wird durch eine Verordnung festgelegt, die von den beiden Institutionen als Haushaltsbehörden angenommen wird. Jede Institution, mit Ausnahme der Europäischen Zentralbank, stellt vor dem 1. Juli einen Haushaltsentwurf für die Ausgaben im folgenden Haushaltsjahr auf. Die Kommission fasst diese Vorschläge in einem Budgetentwurf zusammen, der die Vorausschau der Einnahmen und die Vorausschau der Ausgaben umfasst. Sie legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 1. September einen Vorschlag mit dem Entwurf des Haushaltsplans vor. Der Rat ist folglich berufen, seinen Standpunkt zu dem Entwurf des Haushaltsplans spätestens am 1. Oktober festzulegen und dem Europäischen Parlament zu übermitteln; er hat seinen Ansatz zu begründen. Der Haushaltsplan ist angenommen, wenn das Europäische Parlament den Standpunkt des Rates innerhalb einer Frist von 42 Tagen nach dieser Übermittlung billigt oder keinen Beschluss gefasst hat. Nimmt das Parlament dagegen Änderungen an, wird sein Haushaltsentwurf dem Rat und der Kommission übermittelt. Der Haushaltsplan ist angenommen, wenn der Rat innerhalb einer Frist von zehn Tagen sämtliche Änderungen billigt.

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Im gegenteiligen Fall beruft der Präsident des Europäischen Parlaments in Absprache mit dem Präsident des Rates den Vermittlungsausschuss ein, dem Vertreter der beiden Teile der Haushaltsbehörde angehören und dessen Aufgabe darin besteht, eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen. Die Kommission nimmt an den Arbeiten teil und bemüht sich, eine Annäherung der Standpunkte zu fördern. Gelangt der Vermittlungsausschuss innerhalb einer Frist von 21 Tagen nicht zu einer Einigung über einen gemeinsamen Entwurf, muss von der Kommission einen neuer Entwurf für den Haushaltsplan vorgelegt werden. Gelangt der Ausschuss dagegen zu einer Einigung, verfügen das Europäische Parlament und der Rat jeweils über 14 Tage, um den gemeinsamen Entwurf zu billigen.


Der Haushaltsplan wird endgültig angenommen, wenn das Europäische Parlament und der Rat innerhalb dieser Frist beide den gemeinsamen Entwurf billigen bzw. wenn es ihnen nicht gelingt, einen Beschluss zu fassen, oder wenn eine der beiden Institutionen den gemeinsamen Entwurf billigt, während der anderen keine Beschlussfassung gelingt.

Stellt sich heraus, dass das Europäische Parlament den gemeinsamen Entwurf billigt, während der Rat ihn ablehnt, kann das Europäische Parlament mit der Mehrheit der ihm angehörenden Mitglieder und drei Fünfteln der abgegebenen Stimmen beschließen, die Gesamtheit oder einen Teil der Abänderungen zu bestätigen. Wird eine der Abänderungen des Europäischen Parlaments nicht bestätigt, gilt der innerhalb des Vermittlungsausschusses vereinbarte Standpunkt betreffend die Haushaltslinie, die Gegenstand dieser Abänderung ist, als angenommen. Der Haushaltsplan gilt auf dieser Grundlage als endgültig erlassen.

WIE WIRD DER JAHRESHAUSHALTSPLAN DER EU VERABSCHIEDET?

Umgekehrt wird von der Kommission ein neuer Haushaltsentwurf vorgelegt, wenn das Europäische Parlament und der Rat beide den gemeinsamen Entwurf ablehnen oder wenn eine der beiden Institutionen den gemeinsamen Entwurf ablehnt, während es der anderen nicht gelingt, einen Beschluss zu fassen. Dies gilt ebenfalls für den Fall, dass das Europäische Parlament den gemeinsamen Entwurf ablehnt, während der Rat ihm zustimmt.

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■ Schlüsselbegriffe zum Verständnis der Europäischen Union Aufteilung der Zuständigkeiten Die Zuständigkeiten der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten sind aufgeteilt in: — die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union, bei denen die Mitgliedstaaten unwiderruflich jedwede Handlungsmöglichkeit aufgegeben haben: Dabei geht es im Wesentlichen um die Zollunion, die Wettbewerbsvorschriften, die Geldpolitik in der Eurozone und die gemeinsame Handelspolitik; — die geteilten Zuständigkeiten der Union, bei denen es sich um den häufigsten Fall handelt; die geteilten Zuständigkeiten beziehen sich beispielsweise auf den Binnenmarkt, den Verbraucherschutz, die Landwirtschaft und die Fischerei, die Energie, den Verkehr, die Volksgesundheit, die Sozialpolitik und den territorialen Zusammenhalt, die Forschung, die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe sowie den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts; — die unterstützenden Zuständigkeiten bzw. Bereiche, für die die EU den Auftrag hat, das Handeln der Mitgliedstaaten zu fördern, zu koordinieren und zu vervollständigen; diese Zuständigkeiten beziehen sich insbesondere auf den Schutz der Gesundheit, die Industrie, die Kultur, den Tourismus, die Bildung und die Berufsausbildung, die Jugend und den Sport sowie den Zivilschutz. Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit regeln die Zuständigkeiten und gewährleisten die Einhaltung der Aufteilung der Zuständigkeiten.

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Ausschuss der Regionen Der 1994 geschaffene Ausschuss der Regionen (AdR) ist die politische Versammlung, die den Gebietskörperschaften Gehör verschafft. Der Ausschuss der Regionen muss von der Kommission und vom Rat zu allen Vorschlägen in Bereichen gehört werden, die regionale oder lokale Interessen berühren. Dazu gehören unter anderem der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt, die Transeuropäischen Verkehrsnetze, die Gesundheit, die Bildung und die Kultur, die Beschäftigungspolitik, die Umwelt, der Verkehr usw. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde dem AdR ein Klagerecht beim Gerichtshof der EU wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips gegen jene Rechtsakte eingeräumt, zu denen er gehört werden muss. Der Ausschuss hat 344 gewählte regionale oder kommunale Mitglieder, die auf Vorschlag der Mitgliedstaaten vom Rat auf fünf Jahre ernannt werden.


Binnenmarkt

Charta der Grundrechte der EU In der Charta der Grundrechte der EU werden in ein und demselben Text bürgerliche, politische, wirtschaftliche und soziale Rechte zusammengefasst, die bisher in unterschiedlichen nationalen, europäischen und internationalen Rechtsakten statuiert wurden. Die Charta, die von einem Konvent verfasst wurde, dem insbesondere europäische und nationale Abgeordnete angehörten, wurde während eines europäischen Gipfels in Nizza im Dezember 2000 in feierlicher Form verkündet. Im Oktober 2007 sahen die Staats- und Regierungschefs der EU in Lissabon während eines Gipfels, der der Reform der Verträge gewidmet war, vor, die Charta rechtsverbindlich zu machen, wie es das Europäische Parlament gefordert hatte. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon erhält die Charta Rechtsverbindlichkeit. Bestimmte Mitgliedstaaten wie das Vereinigte Königreich, Polen und die Tschechische Republik haben sich nichtsdestotrotz Ausnahmeregelungen ausbedungen.

Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) ist seit dem 1. Juni 1999 mit der Bekämpfung von Betrug zu Lasten des Haushaltsplans der Europäischen Union beauftragt. Das Amt kann in völliger operativer Unabhängigkeit Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwaltung und Finanzierung aller Organe und Einrichtungen der Union durchführen.

SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

Die Europäische Union ist ein großer Raum, innerhalb dessen zwischen den Mitgliedstaaten der freie Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr gewährleistet ist wie in einem einzigen Land, folglich ohne Grenzkontrollen und ohne Zölle. Die Verwirklichung nahm jedoch geraume Zeit in Anspruch: Die Zölle zwischen den EWG-Ländern wurden erst am 1. Juli 1968 vollständig abgeschafft. Die Beseitigung anderer Handelshemmnisse dauerte noch länger, und der „Binnenmarkt“ wurde erst Ende 1992 vollendet.

Europäischer Bürgerbeauftragter Der Europäische Bürgerbeauftragte ist befugt, von jedem Bürger der Union oder von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder Sitz in einem Mitgliedstaat Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der EU (mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz) entgegenzunehmen. Dabei kann es sich beispielsweise um das Fehlen oder die Verweigerung des Zugangs zu Informationen, ungerechtfertigte verwaltungsbedingte Verzögerungen, ungerechte Behandlung oder Diskriminierung oder mangelnde Transparenz handeln.

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SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

Europäische Bürgerschaft Die Unionsbürgerschaft gilt für alle Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen. Sie tritt zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu, ersetzt diese aber nicht. Im Vertrag von Lissabon wird präzisiert, dass die Union bei allen ihren Tätigkeiten den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger achtet, denen eine gleiche Behandlung seitens ihrer Organe und Einrichtungen zukommt. Außerdem stützt sich die Arbeitsweise der Union „auf die repräsentative Demokratie“, und die „Bürger werden auf der Ebene der Union direkt im Europäischen Parlament vertreten“. Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben unter anderem das Recht, sich frei auf dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und sich dort aufzuhalten. Sie haben ferner das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament sowie bei den Kommunalwahlen in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, unter den gleichen Bedingungen wie die Bürger dieses Staates. Besteht in einem Drittland keine Vertretung eines Mitgliedstaats der Union, genießen die Bürger dieses Mitgliedstaats den diplomatischen und konsularischen Schutz aller anderen Länder der Union.

Europäische Investitionsbank Die Europäische Investitionsbank (EIB), die ihren Sitz in Luxemburg hat, soll durch die Förderung der ausgewogenen Entwicklung des Gebiets der Union zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt beitragen. Die Bank übernimmt die langfristige Finanzierung konkreter Projekte, deren wirtschaftliche, technische, ökologische und finanzielle Durchführbarkeit gewährleistet wird. Außerhalb der Union unterstützt die EIB die Heranführungsstrategien für die Bewerberländer sowie die westlichen Balkanländer. Sie setzt auch die finanzbezogenen Aspekte der Abkommen um, die im Rahmen der europäischen Entwicklungspolitik und der Politik der Entwicklungszusammenarbeit abgeschlossen wurden.

Europäische Kommission

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Die Europäische Kommission verkörpert und wahrt die allgemeinen Interessen der Europäischen Union. Sie verfügt über ein fast ausschließliches Initiativrecht beim Erlass von Rechtsakten. Im Rahmen der Gemeinschaftspolitiken bereitet sie die Rechtsvorschriften des Rates und des Parlaments nicht nur vor, sondern setzt diese auch um. Die Kommission verfügt zudem über Durchführungs-, Verwaltungs- und Kontrollbefugnisse. So gewährleistet sie die Planung und Umsetzung der gemeinsamen Politiken, führt den Haushalt aus und verwaltet die Programme der EU. Als „Hüterin der Verträge“ wacht sie ebenfalls über die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten. Der Präsident der Kommission, der von den nationalen Regierungen auf der Grundlage der Ergebnisse der Europawahlen vorgeschlagen wird, wird vom Europäischen Parlament mit absoluter Mehrheit gewählt. Die übrigen Mitglieder der Kommission – ein Mitglied je Mitgliedstaat mit der


Europäischer Rat Der Europäische Rat wird mit dem Vertrag von Lissabon in den Rang eines Organs der Union erhoben. Er tritt zweimal pro Halbjahr auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zusammen. Seine Aufgabe besteht darin, der EU die für ihre Entwicklung nötigen Impulse zu geben und die allgemeinen politischen Leitlinien festzulegen. Er übt keine legislative Funktion aus, und seine Beschlüsse werden grundsätzlich im Konsens gefasst. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon wählt der Europäische Rat seinen Präsidenten für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Präsident des Europäischen Rates, der kein nationales Mandat ausüben kann, gewährleistet die Vorbereitung und die Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission und bemüht sich, den Zusammenhalt und den Konsens zu erleichtern. Nach jeder Tagung des Europäischen Rates unterbreitet er dem Europäischen Parlament einen Bericht, und auf seiner Ebene und Kraft seines Amtes gewährleistet er die externe Vertretung der Union unbeschadet der Zuständigkeiten des Hohen Vertreters.

Europäischer Rechnungshof Der in Luxemburg ansässige Europäische Rechnungshof setzt sich aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat zusammen. Der Rechnungshof prüft alle Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Union (sowie aller von der Gemeinschaft geschaffenen Einrichtungen) unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit und wacht über die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Er legt dem Europäischen Parlament und dem Rat der Union eine Erklärung über die Zuverlässigkeit der Rechnungsführung sowie über die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge vor. Außerdem kann der Rechnungshof das Europäische Parlament und den Rat auf Unregelmäßigkeiten hinweisen.

SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

Ausnahme des Herkunftslandes des Präsidenten – werden für eine Dauer von fünf Jahren vom Rat im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten ernannt. Einer der Vizepräsidenten nimmt ebenfalls das Amt des Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik der Union wahr. Die Kommission in ihrer Gesamtheit unterliegt als Kollegium einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments, dem gegenüber sie rechenschaftspflichtig ist.

Europäische Union

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Die Europäische Union (EU) stützt sich auf die Werte der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Gleichstellung von Frauen und Männern auszeichnet.


SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

Mit dem Vertrag von Lissabon wurden die Europäische Gemeinschaft und die Europäische Union zu einer einzigen Einheit zusammengeschlossen, die mit einer einzigen Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist: die Europäischen Union. Damit wurde das alte System der „drei Pfeiler“ abgeschafft. Der zweite und der dritte Pfeiler, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Bereich Justiz und Inneres, hatten seinerzeit im Wesentlichen zwischenstaatlichen Charakter. Mittlerweile gibt es einen einzigen institutionellen Rahmen, in dem generell die „Gemeinschaftsmethode“ (gemeinsame Entscheidung von Rat und Parlament im Legislativverfahren) Anwendung findet. Abgesehen davon gibt es besondere Verfahren, die für die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorgesehen sind.

Europäische Zentralbank Die seit dem 30. Juni 1998 in Frankfurt bestehende Europäische Zentralbank (EZB) ist für die Durchführung der Geldpolitik in den Mitgliedsländern der Eurozone zuständig. Seit dem 1. Januar 1999 besteht die Hauptaufgabe der EZB darin, die Preisstabilität in der Eurozone zu gewährleisten und die vom Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) festgelegte europäische Währungspolitik umzusetzen. Die EZB ist bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben völlig unabhängig. Im Vertrag von Lissabon wird der EZB der Status eines europäischen Organs verliehen.

Gemeinschaftlicher Besitzstand Der gemeinschaftliche Besitzstand umfasst die Rechte und Pflichten, die für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlich sind. Er umfasst die europäischen Rechtsvorschriften und Verträge, die Erklärungen und Entschließungen, die von der EU abgeschlossenen internationalen Abkommen und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Die Bewerberländer müssen diesen gemeinschaftlichen Besitzstand akzeptieren, bevor sie der Union beitreten, und die europäischen Rechtsvorschriften anschließend in ihr nationales Recht umsetzen.

Gerichtshof der Europäischen Union

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Der Gerichtshof, der seinen Sitz in Luxemburg hat, gewährleistet, dass bei der Auslegung und Anwendung der Gründungsverträge das Recht gewahrt wird. Er besteht aus jeweils einem Richter pro Mitgliedstaat. Der Gerichtshof wird von acht Generalanwälten unterstützt, die von den Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für sechs Jahre ernannt werden. Der EuGH hat folgende zwei Hauptfunktionen: Er überprüft die Rechtsakte der europäischen Organe und der Regierungen auf ihre Vereinbarkeit mit den Verträgen und entscheidet auf Ersuchen nationaler Gerichte über die Auslegung oder Anwendung des Gemeinschaftsrechts. Zum Gerichtshof gehören ebenfalls ein Gericht, das sich aus mindestens einem Vertreter je Mitgliedstaat zusammensetzt, und Fachgerichte.


Rat

Der Rat tagt in unterschiedlichen Zusammensetzungen und vereinigt so die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten für die jeweiligen Bereiche: Allgemeine Angelegenheiten, Wirtschaft und Finanzen, Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz, Wettbewerbsfähigkeit, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Verkehr, Telekommunikation und Energie, Landwirtschaft und Fischerei, Umwelt, Bildung, Jugend und Kultur. Den Vorsitz in diesen Zusammensetzungen führen – jeweils für die Dauer von sechs Monaten – die drei Länder, die den turnusmäßigen Vorsitz der EU für die Dauer von 18 Monaten innerhaben. Den Vorsitz im Rat der Außenminister führt der Hohe Vertreter der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik; dieses Amt ist mit dem Vertrag von Lissabon geschaffen worden. Der Hohe Vertreter leitet die Außen- und Sicherheitspolitik der Union und wacht über die Kohärenz des externen Handelns der Union. Er trägt zur Ausarbeitung dieser Politik bei und führt sie als Beauftragter des Rates aus; dabei wird er von dem neuen Europäischen Auswärtigen Dienst unterstützt. Ebenso wird er im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik tätig und nimmt an den Tagungen des Europäischen Rates teil.

Rechtsakte der Union

SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

Der Rat übt gemeinsam mit dem Parlament die Rechtsetzungs- und Haushaltsbefugnisse aus. Im Vertrag von Lissabon wurde die Zahl der Bereiche, für die eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, beträchtlich ausgeweitet. Zudem werden im Rat die wichtigsten Entscheidungen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik getroffen. Er tritt auf der Ebene der nationalen Minister zusammen und bildet somit die Institution der Union, in der die Mitgliedstaaten vertreten sind. Der Rat hat seinen Sitz in Brüssel, tritt jedoch auch in Luxemburg zusammen.

Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an. Die Verordnung hat allgemeine Geltung; sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Beschlüsse sind in allen ihren Teilen verbindlich. Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

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Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass Beschlüsse auf einer möglichst bürgernahen Ebene zu fassen sind, wobei zu prüfen ist, ob ein europäisches Vorgehen angesichts der nationalen, regionalen oder lokalen Handlungsmöglichkeiten wirklich gerechtfertigt ist. In den Bereichen, die nicht in ihre aus-


SCHLÜSSELBEGRIFFE ZUM VERSTÄNDNIS DER EUROPÄISCHEN UNION

schließliche Zuständigkeit fallen, wird die Union also nur dann tätig, wenn ihre Maßnahmen wirksamer sind als ein nationales, regionales oder lokales Vorgehen. Mit der Subsidiarität eng verknüpft ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der besagt, dass die Maßnahmen der Union nicht über das für die Verwirklichung der Vertragsziele notwendige Maß hinausgehen dürfen. Auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon sind die nationalen Parlamente berufen, zu Beginn eines Legislativverfahrens zu überprüfen, dass diese Grundsätze eingehalten werden. Eine bestimmte Zahl von Parlamenten kann die Organe der EU dazu verpflichten, die Zweckmäßigkeit des vorgeschlagenen Rechtsakts erneut zu prüfen und den Beschluss über die Fortsetzung des Verfahrens zu begründen. Der Ausschuss der Regionen kann wegen des Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzips gegen jene Rechtsakte klagen, für deren Annahme seine vorherige Konsultation erforderlich ist.

Wirtschafts- und Sozialausschuss Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA), der 1957 mit den Römischen Verträgen geschaffen wurde, ist eine beratende Versammlung, die die Organisationen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und andere repräsentative Akteure der Zivilgesellschaft vertritt. Im Vertrag ist vorgesehen, dass in bestimmten Bereichen ein Beschluss erst nach Konsultation des WSA durch den Rat oder die Kommission gefasst werden kann. Dies gilt für die Beschäftigungspolitik, die Sozialpolitik, die Bildung, den Verbraucherschutz, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Agrarpolitik usw. Dem WSA gehören 344 Mitglieder an, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Rat auf vier Jahre ernannt wurden. Eine Wiederernennung ist zulässig.

Wirtschafts- und Währungsunion Bei der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) handelt es sich um einen Prozess zur Harmonisierung der Wirtschafts- und Währungspolitik der Mitgliedstaaten der Union, vor allem mit der Einführung des Euro als gemeinsamer Währung. Am 1. Januar 1999 wurden die Wechselkurse unwiderruflich festgelegt, und die gemeinsame Währung wurde in den Ländern der EU eingeführt. Am 1. Januar 2002 sind die Euro-Münzen und die Euro-Banknoten in den Mitgliedstaaten an die Stelle der vorherigen nationalen Zahlungsmittel getreten. Nicht alle Mitgliedstaaten haben den Euro als gemeinsame Währung eingeführt.

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Die zwölf Mitgliedstaaten, die der Union seit dem 1. Mai 2004 beigetreten sind, sind angehalten, den Euro einzuführen, sobald sie alle Kriterien („Konvergenzkriterien“) erfüllen. Ziel dieser Kriterien ist, im Rahmen der WWU für eine ausgewogene wirtschaftliche Entwicklung zu sorgen und Spannungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden.


■ Meilensteine der europäischen Integration 9. Mai 1950 – Der französische Außenminister Robert Schuman schlägt die Zusammenlegung der Kohle- und Stahlindustrie Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland vor – ein Plan, der auf die Ideen von Jean Monnet zurückgeht. Seitdem wird jedes Jahr am 9. Mai, dem Datum der Rede Robert Schumans, der „Europatag“ begangen. April 1951 – Auf der Grundlage des Schuman-Plans gründen die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg mit dem Pariser Vertrag die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). März 1957 – Die sechs Gründungsmitglieder unterzeichnen die Römischen Verträge über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) („Gemeinsamer Markt“) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). Die Verträge treten am 1. Januar 1958 in Kraft. März 1958 – Konstituierende Sitzung der Parlamentarischen Versammlung. März 1962 – Die Parlamentarische Versammlung wird in Europäisches Parlament umbenannt. Juli 1968 – Die Zölle auf Industrieerzeugnisse werden 18 Monate vor dem festgelegten Termin abgeschafft, und es wird ein gemeinsamer Außenzolltarif eingeführt. Januar 1973 – Erste Erweiterung der Gemeinschaft: Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich treten der EWG bei. Juni 1979 – Es finden die ersten allgemeinen Direktwahlen zum Europäischen Parlament statt. Vorher waren die Parlamentarier von den nationalen Parlamenten entsandt worden. Neun Länder wählen 410 europäische Abgeordnete. Januar 1981 – Griechenland tritt der EWG bei. Juni 1984 – Wahl zum Europäischen Parlament: Zehn Länder wählen 441 europäische Abgeordnete. Januar 1986 – Spanien und Portugal treten der EWG bei. Juli 1987 – Die Einheitliche Europäische Akte tritt in Kraft. Die Befugnisse des Parlaments werden erweitert. 53


Juni 1989 – Wahl zum Europäischen Parlament: Zwölf Länder wählen 525 europäische Abgeordnete.

MEILENSTEINE DER EUROPÄISCHEN INTEGRATION

November 1989 – Fall der Berliner Mauer, Ende des Kalten Krieges und Beginn der Überwindung der Teilung Europas. Januar 1993 – Der Binnenmarkt mit den vier Grundfreiheiten ist vollendet: Freiheit des Warenverkehrs, Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Freiheit des Kapitalverkehrs. November 1993 – Der in Maastricht unterzeichnete Vertrag über die Europäische Union tritt in Kraft. In ihm sind die Projekte einer künftigen gemeinsamen Währung, einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und einer engeren Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres festgelegt. Der Begriff „Europäische Union“ ersetzt offiziell den Begriff „Europäische Gemeinschaft“. Das Mitentscheidungsverfahren, mit dem dem Parlament wirkliche Legislativbefugnisse übertragen werden, wird eingeführt. Juni 1994 – Wahl zum Europäischen Parlament: Zwölf Länder wählen 567 europäische Abgeordnete. Januar 1995 – Österreich, Finnland und Schweden treten der EU bei. Mai 1999 – Der Vertrag von Amsterdam tritt in Kraft. Er enthält Maßnahmen zur Reform der Gemeinschaftsinstitutionen und zur Stärkung des Einflusses Europas in der Welt; gleichzeitig sind in ihm verstärkte Anstrengungen in den Bereichen Beschäftigung und Bürgerrechte vorgesehen. Juni 1999 – Wahl zum Europäischen Parlament: 15 Länder wählen 626 europäische Abgeordnete. Dezember 2001 – Auf seinem Gipfel in Laeken nimmt der Europäische Rat eine Erklärung zur Zukunft der Union an und ebnet damit den Weg für die künftige große Reform der EU sowie die Einberufung eines Konvents, der mit der Ausarbeitung einer europäischen Verfassung beauftragt wird. Januar 2002 – Die Euro-Banknoten und -Münzen kommen in zwölf Ländern in Umlauf und ersetzen die bis dahin gültigen nationalen Währungen. Februar 2003 – Der Vertrag von Nizza tritt in Kraft. Mit ihm wird die EU auf den Beitritt von zehn neuen Mitgliedstaaten im darauffolgenden Jahr vorbereitet. Die Charta der Grundrechte wird angenommen. Juli 2003 – Der Konvent zur Zukunft Europas schließt seine Arbeiten am Entwurf für eine europäische Verfassung ab.

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Mai 2004 – Zypern, die Tschechische Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und die Slowakei treten der EU bei.


Juni 2004 – Wahl zum Europäischen Parlament: 732 europäische Abgeordnete aus 25 Ländern werden gewählt. Oktober 2004 – Die Staats- und Regierungschefs unterzeichnen den Vertrag über eine Verfassung für Europa.

Januar 2007 – Bulgarien und Rumänien treten der EU bei. Die Zahl der europäischen Abgeordneten steigt auf 785. Slowenien führt den Euro ein. März 2007 – Anlässlich des 50. Jahrestages der Römischen Verträge unterzeichnet das Parlament gemeinsam mit dem Rat und der Kommission die Berliner Erklärung. Oktober 2007 – Auf dem Gipfeltreffen von Lissabon erzielen die Staats- und Regierungschefs der EU eine Einigung über die Reform der Verträge. Dezember 2007 – Die Präsidenten des Parlaments, der Kommission und des Rates der Europäischen Union unterzeichnen feierlich die Charta der Grundrechte, und die Staats- und Regierungschefs unterzeichnen den Vertrag von Lissabon. Januar 2008 – Zypern und Malta führen den Euro ein. Januar 2009 – Die Slowakei führt den Euro ein und wird zum 16. Mitgliedstaat der Eurozone.

MEILENSTEINE DER EUROPÄISCHEN INTEGRATION

Mai/Juni 2005 – Ablehnung des Entwurfs einer Verfassung in Frankreich und den Niederlanden per Volksabstimmung.

Juni 2009 – Wahl zum Europäischen Parlament. In 27 Ländern werden 736 europäische Abgeordnete gewählt. Dezember 2009 – Der Vertrag von Lissabon tritt in Kraft. Die Europäische Union wird mit einer Rechtspersönlichkeit ausgestattet, und die Charta der Grundrechte der Union erhält rechtsverbindlichen Charakter. Das Parlament erwirbt umfassendere Legislativ-, Haushalts- und Kontrollbefugnisse gegenüber den übrigen Organen. Die Mitentscheidung – mit der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat – wird zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren für die Annahme der europäischen Rechtsakte und wird auf beinahe alle Zuständigkeitsbereiche der EU ausgeweitet.

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■ Die Anschriften des Europäischen Parlaments Europäisches Parlament Rue Wiertz/Wiertzstraat 60 1047 Bruxelles/Brussel BELGIQUE/BELGIË +32 22842111 +32 22306933

Europäisches Parlament Plateau du Kirchberg BP 1601 2929 Luxembourg LUXEMBOURG +352 4300-1 +352 4300-24842

Europäisches Parlament Allée du Printemps BP 1024/F 67070 Strasbourg Cedex FRANCE +33 388174001 +33 388174860

Petitionen

Bürgeranfragen

Europäisches Parlament Der Präsident des Europäischen Parlaments Rue Wiertz/Wiertzstraat 60 1047 Bruxelles/Brussel BELGIQUE/BELGIË

Europäisches Parlament Bürgeranfragen GOL03A012 2929 Luxembourg LUXEMBOURG +352 4300-27072

Besuchergruppen und Seminare

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Europäisches Parlament Besuchergruppen u. Seminare Rue Wiertz/Wiertzstraat 60 1047 Bruxelles/Brussel BELGIQUE/BELGIË +32 22842111 +32 22843530

Europäisches Parlament Besuchergruppen u. Seminare Bureau de Strasbourg BP 1024 F 67070 Strasbourg Cedex FRANCE +33 388175184

Europäisches Parlament Besuchergruppen u. Seminare 7, rue du Marché-aux-Herbes 1728 Luxembourg LUXEMBOURG +352 4300-22597 +352 4300-22457 epluxembourg@europarl.europa.eu

Außerdem haben Sie die Möglichkeit, ein elektronisches Formular auf der Webseite des Europäischen Parlaments auszufüllen: www.europarl.europa.eu


Informationsbüros

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BRUXELLES Postanschrift: Rue Wiertz/Wiertzstraat 60 1047 Bruxelles/Brussel BELGIQUE/BELGIË Besucher: BQL 02N003 Rue de Trèves 3 1050 Bruxelles BELGIQUE +32 22842005 +32 22307555 epbrussels@europarl.europa.eu www.europarl.be

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ÉIRE/IRELAND DUBLIN 43 Molesworth Street Dublin 2 IRELAND +353 16057900 +353 16057999 epdublin@europarl.europa.eu www.europarl.ie

DEUTSCHLAND

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БЪЛГАРИЯ/BULGARIA SOFIA Moskovska Str. 9 1000 Sofia BULGARIA +359 29853545 +359 29819944 epsofia@europarl.europa.eu www.europarl.bg ČESKÁ REPUBLIKA PRAHA Jungmannova ul. 24 110 00 Praha 1 ČESKÁ REPUBLIKA +420 255708208 +420 255708200 eppraha@europarl.europa.eu www.evropsky-parlament.cz

MÜNCHEN Erhardtstraße 27 80469 München DEUTSCHLAND +49 8920208790 +49 89202087973 epmuenchen@europarl.europa.eu www.europarl.de EESTI

ESPAÑA MADRID Paseo de la Castellana, 46 28046 Madrid ESPAÑA +34 914364747 +34 915783171 epmadrid@europarl.europa.eu www.europarl.es BARCELONA Passeig de Gràcia, 90 1r 08008 Barcelona ESPAÑA +34 932722044 +34 932722045 epbarcelona@europarl.europa.eu www.europarlbarcelona.eu 57

TALLINN Rävala 4 10143 Tallinn EESTI +372 6306969 +372 6306968 eptallinn@europarl.europa.eu www.europarl.ee

DIE ANSCHRIFTEN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

BELGIQUE/BELGIË


DIE ANSCHRIFTEN DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

FRANCE PARIS 288, bd Saint-Germain 75341 Paris Cedex 07 FRANCE +33 140634000 +33 145515253 epparis@europarl.europa.eu www.europarl.fr STRASBOURG Centre de presse – BP 1024 67070 Strasbourg Cedex FRANCE +33 388174001 +33 388175184 epstrasbourg@europarl.europa.eu MARSEILLE 2, rue Henri-Barbusse BP 22164 13241 Marseille Cedex 01 FRANCE +33 496115290 +33 491909503 epmarseille@europarl.europa.eu http://sudest.europarl.fr ITALIA

58

ROMA Via IV Novembre, 149 00187 Roma ITALIA +39 06699501 +39 0669950200 eproma@europarl.europa.eu www.europarl.it

MILANO Corso Magenta, 59 20123 Milano ITALIA +39 024344171 +39 02434417500 epmilano@europarl.europa.eu www.europarl.it ΚΥΠΡΟΣ/CYPRUS NICOSIA Vyronos Avenue 30 1096 Nicosia CYPRUS +357 22870500 +357 22767733 epnicosia@europarl.europa.eu www.europarl.europa.eu/nicosia LATVIJA RIGA Aspazijas bulvāris 28 Riga, LV-1050 LATVIJA +371 67085460 +371 67085470 epriga@europarl.europa.eu www.europarl.lv LIETUVA VILNIUS Naugarduko st. 10 LT-01309 Vilnius LIETUVA +370 52120766 +370 52619828 epvilnius@europarl.europa.eu www.europarl.lt

LUXEMBOURG LUXEMBOURG 7, rue du Marché-aux-Herbes 1728 Luxembourg LUXEMBOURG +352 4300-22597 +352 4300-22457 epluxembourg@europarl.europa.eu MAGYARORSZÁG BUDAPEST Deak Palota Deak Ferenc u. 15 1052 Budapest MAGYARORSZÁG +36 14113540 +36 14113560 epbudapest@europarl.europa.eu www.europarl.hu MALTA VALLETTA 254, St Paul‘s Street Valletta 1215 MALTA +356 21235075 +356 21230661 epvalletta@europarl.europa.eu www.europarlmt.eu NEDERLAND DEN HAAG Korte Vijverberg 6 2513 AB Den Haag NEDERLAND +31 703135400 +31 703647001 epdenhaag@europarl.europa.eu www.europeesparlement.nl


SLOVENIJA

SVERIGE

WIEN Wipplingerstraße 35 1010 Wien ÖSTERREICH +43 151617-0

LJUBLJANA Breg 14 SI-1000 Ljubljana SLOVENIJA +386 12528830

STOCKHOLM Regeringsgatan 65, 6 tr. SE-111 56 Stockholm SVERIGE +46 856244455

+43 15132515 epwien@europarl.europa.eu www.europarl.at POLSKA WARSZAWA Ul. Jasna 14/16a 00-041 Warszawa POLSKA +48 225952470 +48 225952480 epwarszawa@europarl.europa.eu www.europarl.pl

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LISBOA Largo Jean Monnet 1-6 1269-070 Lisboa PORTUGAL +351 213504900

HELSINKI/HELSINGFORS Pohjoisesplanadi 31/ Norra esplanaden 31 FI-00100 Helsinki/Helsingfors SUOMI/FINLAND +358 96220450

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UNITED KINGDOM LONDON 2 Queen Anne’s Gate London SW1H 9AA UNITED KINGDOM +44 2072274300 +44 2072274302 eplondon@europarl.europa.eu www.europarl.org.uk EDINBURGH The Tun 4 Jackson’s Entry Holyrood Road Edinburgh EH8 8PJ UNITED KINGDOM +44 1315577866 +44 1315574977 epedinburgh@europarl.europa.eu www.europarl.org.uk

59

+40 213157929 epbucarest@europarl.europa.eu www.europarl.ro

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ÖSTERREICH


QA-30-09-213-DE-C

Weitere Informationen finden Sie unter:

www.europarl.europa.eu Diese Veröffentlichung wurde von der Generaldirektion Kommunikation des Europäischen Parlaments erstellt. Das Manuskript wurde im April 2010 fertiggestellt.

Bildnachweis Bernard Rouffignac/ Architekten: Architecture Studio: Seiten 2, 3, 43, 55; ccvision.de: Seite 15; Corbis: Seiten 10, 12, 16, 20; Phovoir: Seite 14; Europäische Union: Seiten 8, 18, 24, 28, 31, 32; Europäische Union/ECHO/ Daniel Dickinson: Seite 26; Europäische Union/Pietro Naj-Oleari: Seiten 6, 18, 30; Europäische Union/Architekt: Architecture Studio: Titelseite, Seiten 36, 42; Europäische Union/Pietro Naj-Oleari/Architekt: Architecture Studio: Seite 40; Europäische Union/Pietro Naj-Oleari/Architekt: Association des architectes du CIC: Vanden Bossche sprl, C.R.V. s.a., CDG sprl, Studiegroep D. Bontinck, Façade and Hemicycle Interior Design-Arch. Michel Bouquillon: Seiten 18, 34. Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu). Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2010 © Europäische Union, 2010 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Printed in Germany GEDRUCKT AUF CHLORFREI GEBLEICHTEM PAPIER

ISBN 978-92-823-3017-3


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