PlattdĂźtsch in de
Schauln
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Inhaltsverzeichnis
Grußwort | Landkreis Göttingen
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Grußwort | Landkreis Northeim
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„Ostfälisches Platt? – Wat is`n dat?“
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Einleitung 1
Ilse Sydekum | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Ilse Sydekum | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Gebrüder Grimm Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Eck will lesen – Ich will lesen
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Vader und Mudder – Vater und Mutter Geele Botterbloemen – Gelbe Butterblumen Iuse Garen – Unser Garten Weckendage – Wochentage Bieren in Garen – Beeren im Garten Seukenspielen – Versteckspielen Dä sseute Bree – Der süße Brei
Dä dicke fette Pannkauken – Der dicke fette Pfannkuchen
Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Fleitjepoipen – Flöte aus Weidenrinde
Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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9 10 11 12 13 14 14 15 16 18 20 3
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Dicke Deern – Dickes Mädchen
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Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Volksgut | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Lieselotte Zahnow | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Theodor Fontane | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Heinrich Hoffmann | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Fritz Reuter | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Otto von Essen | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Gunda Timmermann | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Charlotte Schröer | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Lieselotte Zahnow | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Lieselotte Zahnow | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Henns Hanrich – Heinrich Henne Loat deck nich up`n Arm nühm`n – Lass dich nicht auf den Arm nehmen Dat kleine rore Hawwen – Das kleine rote Huhn De Junge un de Zeeje – Der Junge und die Ziege Koorn – Korn Herr von Ribbeck up Ribbeck im Havelland – Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland Soppenkasper – Suppenkasper De blinne Schöusterjunge – Der blinde Schusterjunge Hans Kriuse sseine Tiuten – Hans Krause seine Tüten Help meck – Hilf mir Dörper in plattduitsch – Dorfnamen in Plattdeutsch De chroote Wunsch – Der große Wunsch Dinosaurier - Dinosaurier Maikeem – Maikäfer
21 21 22 24 26 28 30 32 34 36 38 39 40 42 44
Mien Handy – Mein Handy
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Herta Windwehe | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Gisela Wüstefeld | Ostfälisches Platt aus dem Eichsfelder Raum
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Heinrich Hoffmann | Ostfälisches Platt aus dem Eichsfelder Raum
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Franz Schwalm | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Hermann Regenhardt | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Ilse Sydekum | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Gisela Wüstefeld | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Martinslied aus Bilshausen | Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Mattensingen aus Greene | Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Knecht Ruprecht von Theodor Storm | Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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James Krüss | Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
Dat Experiment – Das Experiment Dä Jeschichte von Zappel-Philipp – Die Geschichte vom Zappel-Philipp Dä Entschuldijunge – Die Entschuldigung In Holte – Im Walde Freuhjahr, Sommer, Harwest un Winter – Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter Komisch Kram – Komische Sachen Oastervurbereitungen – Ostervorbereitungen Martinssingen im Eichsfeld Kinderlieder zum Martinstag Ett wiehnachtet – Es weihnachtet De Weihnachtsmius – Die Weihnachtsmaus
Impressum
46 48 49 50 52 53 53 54 56 57 58 60 63
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Grußwort LANDKREIS GÖTTINGEN
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger in Südniedersachsen, liebe plattdütsche Frünne, moine Lüttchen spreket kein Platt, dat diu‘ert meck. Das ist leider ein Satz, der zur Regel geworden ist. Ostfälisches Plattdeutsch ist nur noch selten zu hören. Selbst im ländlichen Raum wird das Ostfälische nur noch zu Hause gesprochen. Um zu verhindern, dass dieser schöne Dialekt in Südniedersachsen flächendeckend ausstirbt, haben wir „Plattdütsch in de Schauln“ zusammengestellt. Das ostfälische Platt- oder Niederdeutsch ist eine Besonderheit unserer Region, die nicht in Vergessenheit geraten soll. Plattdeutsch soll eine lebendige Sprache bleiben, das ist Aufgabe dieses Buches. Es ermöglicht ein generationsübergreifendes Lernen und trägt dazu bei, die sprachlichen Gemeinsamkeiten der südniedersächsischen Landkreise aufzuzeigen und zu bewahren. „Plattdütsch in de Schauln“ spricht alle Südniedersachsen an, egal welchen Alters und Geschlechts. Wer sich für die Geschichte dieser Region interessiert, hat auch Interesse an der Sprache, die hier seit Jahrhunderten gesprochen wurde und wird. Dieses Heft ist aber insbesondere ein attraktives Angebot für die Kinder- und Jugendarbeit. Nur wenn auch nachfolgende Generationen die ursprüngliche Sprache unserer Region verstehen, kann sie weitergetragen werden. Soid wellkumen, leiwe Luie! Göttingen, im November 2015
Bernhard Reuter Landrat Landkreis Göttingen
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Grußwort LANDKREIS NORTHEIM
Leider wird das Plattdeutsch in unserer Region weitaus weniger gepflegt und gesprochen als dies zum Beispiel in Norddeutschland der Fall ist, so dass es nur noch vereinzelte Menschen gibt, die diese schöne Sprache beherrschen und sprechen. Trotz der im Grunde kaum mehr vorhandenen Basis ist der Landkreis Northeim bestrebt, die plattdeutsche Mundart als Teil der kulturellen Identität zu erhalten. Noch vor wenigen Jahrzehnten konnte man in nahezu jeder Ortschaft plattdeutschen Gesprächen lauschen. Und seien wir doch mal ehrlich, eine Beschimpfung auf Plattdeutsch klingt doch viel herzlicher und weniger beleidigend als auf Hochdeutsch. Leider ist das Plattdeutsch mittlerweile als Alltags- und Verkehrssprache gänzlich verschwunden und wird vorwiegend nur noch von der älteren Generation gesprochen. Es kommt erschwerend hinzu, dass Plattdeutsch keine einheitliche Sprache ist, sondern in jeder Landschaft und fast in jedem Ort eine andere Sprech- und Schreibweise vorzufinden ist. Umso erfreulicher ist, dass das Schulbuch „Plattdütsch in de Schauln“ neu aufgelegt wird, um interessierten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, diese tolle Sprache zu erlernen. Ich verbinde mit der Neuauflage des Buches und dem vorhanden Interesse junger Menschen an der Plattdeutschen Sprache die Hoffnung, dass uns das Plattdeutsch in unserer Region noch eine ganze Weile erhalten bleibt. Northeim, im November 2015
Dr. Hartmut Heuer Erster Kreisrat des Landkreises Northeim
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Ostfälisches Platt? – Wat is`n dat? EINFÜHRUNG
Niederdeutsch, auch Plattdeutsch genannt, wird – auch heute noch – bekanntlich in ganz Norddeutschland gesprochen Es war eine norddeutsche Regionalsprache, die ein Drittel des deutschen Sprachraumes umfasste und als Alltags- und auch Verkehrssprache benutzt wurde. Während der Hansezeit war Niederdeutsch sogar auch Weltsprache. Zur Zeit Karl des Großen (Kaiser seit 800 n. Chr.) gab es noch einen Gau „Ostfalen“ (Astvala) im Land der Sachsen, dem heutigen Niedersachsen. Dieses Gebiet umfasst heute den Raum um Hannover, Braunschweig und Magdeburg, sowie die Bereiche Hildesheim, Northeim und Göttingen bis zur Landesgrenze nach Hessen und Thüringen, den Solling bis Holzminden, das Eichsfelder Land mit Duderstadt, Osterode und die Harzstädte Goslar und Werningerode, also östlich vom heutigen Westfalen. Die Wissenschaftler bezeichnen diese Region noch heute als „ostfälisches niederdeutsches Sprachgebiet“. Das ostfälische Platt ist keine einheitliche Sprache. Auch im Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim, dem Raum Göttingen und Eichsfeld und dem Raum Weser/Solling sind für einen Begriff unterschiedliche Sprech- und Schreibweisen zu finden. Wir haben uns Text darum bemüht, die Eigenheiten der Sprache in Klang und Schrift aus den verschiedenen Regionen beizubehalten. Plattdeutsch wird in unserem ostfälischen Sprachraum vorwiegend nur noch von der älteren Generation gesprochen und somit besteht die Gefahr, dass sie in kürzester Zeit verloren geht. Um das zu verhindern, haben wir eine dialektische und phonetische Erfassung der ostfälischen Sprache vorgenommen und wollen diese Regionalsprache Lehrkräften und Schülern zur Verfügung stellen. Damit könnte auch gleichzeitig der im Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG) – in der Fassung vom 3. März 1998 (Nds. GVBl. S. 137) – den Schulen auferlegte Bildungsauftrag erfüllt werden, den Schülern die Fähigkeit „ihre Wahrnehmungs- und Empfindungsmöglichkeiten unter Einschluß der jeweiligen bedeutsamen regionalen Ausformung des Niederdeutschen“ zu vermitteln. Aus dem Vorwort der Erstausgabe
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Einleitung GEDICHT VON URSULA RÖTTGER
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Use Eldern häwwet freuher alle Platt esproken, veele häwwet doamee over hüte broken; ssei ssejjet:“ Wenn man etwas Bildung hat, blamiert man sich mit Platt.“ Eek over ssejje: „Minsche, blameer Diene Eldern nech, dat verdeint ssei wirklech nech; kannst mett meek ruhich Platt espreken, bliffst trotzdäm an klauket Meeken.“ Beide Sproken mötet bestoahn, kenne draff üssek underchoan; un wer twei Sproken spreeken kann, is kein Döskopp, chlöff datt man.
Unsere Eltern haben früher alle Platt gesprochen, viele haben damit aber heute gebrochen; sie sagen: “Wenn man etwas Bildung hat, blamiert man sich mit Platt.“ Ich aber sage: „Mensch, blamiere Deine Eltern nicht, das verdienen sie wirklich nicht; kannst mit mir ruhig Platt sprechen, bleibst trotzdem ein kluges Mädchen.“ Beide Sprachen müssen bestehen, keine darf uns untergehen; und wer zwei Sprachen sprechen kann, ist kein Döskopp, glaub‘ das man.
Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
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Eck will lesen Ich will lesen 2 ILSE SYDEKUM
Dat Heohn leggt Ei’er1.
Das Huhn legt Eier.
De Ei’er sind witt.
Die Eier sind weiss.
Dat Heohn frett Kurn.
Das Huhn frisst Körner (Getreide).
Viele Heuhner legget viele Ei’er.1
Viele Hühner legen viele Eier.
Nachts sind de Heuhner in Heuhnerstalle.
Nachts sind die Hühner im Hühnerstall.
Dat Heohn un de Hahn sittet up de Stangen.
Das Huhn und der Hahn sitzen auf der Stange.
De Hähne könnt kraihen.
Die Hähne können krähen.
De Heuhner reopet, wenn se en Ei eleggt 2 häbbet. Oppa harre en Swoin in Stalle.
Die Hühner kakeln, wenn sie ein Ei gelegt haben.
Dat Swoin wass fett.
Das Schwein war fett.
Dat fette Swoin wurd eslachtet.
Das fette Schwein wurde geschlachtet.
Opa hatte ein Schwein im Stall.
Huite werd in Hiuse kiume noch eslachtet. Heute wird zu Hause kaum noch geschlachtet. Woi häbbet ne Katten. Wir haben eine Katze. De Nahber hät en Kater.
Der Nachbar hat einen Kater.
Iuse Katten slöppt en ganzen Dagg.3
Unsere Katze schläft den ganzen Tag.
Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
Apostroph als Silben-Trennzeichen zwischen zwei oder mehr Vokalen, um die Aussprache zu treffen 2 auslautendes gg hier als ch-Laut gesprochen = elecht 3 auslautendes gg hier als ch-Laut gesprochen = Dach 1
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Vader un Mudder Vater und Mutter 3 ILSE SYDEKUM
Vader un Mudder häbbet ösch Kinder gern.
Vater und Mutter lieben uns Kinder.
Woi Kinder häbbet Vader un Mudder gern.
Wir Kinder lieben Vater und Mutter.
Mudder gifft ösch Kinder wat te eten.
Mutter gibt uns Kindern zu essen.
Vader verdeint dat Geld.
Vater verdient das Geld.
Vader un Mudder häbbet auk Vader un Mudder. Dat sind iuse Grossöldern.
Vater und Mutter haben auch Vater und Mutter. Das sind unsere Großeltern.
Vader un Mudder wettet jümmer alles.
Vater und Mutter wissen immer alles.
Vader un Mudder führt mie ösch nah den Sportplatze.
Vater und Mutter fahren mit uns zum Sportplatz.
Vader un Mudder sind alle Dage ümme ösch rümme. Vater und Mutter beschützen uns alle Tage. „Kinder, kumet rint, woi willt Abendbraut eten.“ „Kinder, kommt rein, wir wollen zu Abend essen.“ Omma mött seck ofte mie’n Kindern afdelgen. Oma muss sich oft mit den Kindern abmühen. Af un an kroiget de Kinder mal ne Mark. Hin und wieder kriegen die Kinder mal eine Mark. De Kinder balget seck all wie’er. Die Kinder zanken sich schon wieder. In einen teo laupet de Kinder rint un riut. Fortwährend laufen die Kinder rein und raus. Woi grötteren Kinder möttet jede Wir größeren Kinder müssen jede Woche Wecken nah de Parre. zum Konfirmandenunterricht. (Pfarre) Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Geele Botterbleomen Gelbe Butterblumen (Hahnenfuß) 4 HERMANN REGENHARDT
„Eck häbbe geele Botterbleomen eseihen.“
„Ich habe gelbe Butterblumen gesehen.“
„Diu bist woll dulle, dat kann doch gar nich soin! Botterbleomen sind man raut!“
„Du bist wohl dumm, das kann doch gar nicht sein! Butterblumen sind doch rot!“
„Da lache eck meck aber daut! Botterbleomen sind wu Bottern geel.“
„Da lache ich mich aber tot! Butterblumen sind wie Butter gelb.“
„Make doch nich seon Krakeel. Eck häbbe dat man blaut vergetten un dat briuket ja nich jede wetten.“
„Mach doch nicht so ein Krakeel. Ich habe das doch nur vergessen und das braucht nicht jeder wissen.“
Botterbleomen sind geel.
Löwenzahnblüten sind gelb.
Rosen sind raut.
Rosen sind rot.
Holunder bleomet witt.
Holunder blüht weiß.
Vijoileken häbbet blaage Bleomen.
Veilchen haben blaue Blüten.
Swarte Bleomen gifft et nich.
Schwarze Blumen gibt es nicht.
geel = gelb witt = weiß
geele = gelbe raut = rot rau’e 5 = rote, witte = weiße blaag 6 = blau blage = blaue
Sparrlotzen seuket wat te freten. Rautkehlchen hüppet in Busche rümme. Speckmeiseken fleitjet in Körschenbiume. De Kraih krächzet. De Amseln biu’et 4 seck en Nest. 5 De Kanarienvogel sitt in Biu’ere. Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim 4
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Apostroph als Silben-Trennzeichen zwischen zwei oder mehr Vokalen, um die Aussprache zu treffen
Spatzen suchen etwas zu fressen. Rotkehlchen hüpfen im Busch herum. Meisen flöten im Kirschbaum. Die Krähe krächzt. Die Amseln bauen sich ein Nest. Der Kanarienvogel sitzt im Käfig
Iuse Garen Unser Garten 5 HERMANN REGENHARDT
In iuse Garen wasset et geot.
In unserem Garten wächst es gut.
Da wasset Kohlrabi un Bleomenkauhl.
Da wächst Kohlrabi und Blumenkohl.
Witten Kauhl un Rau’en Kauhl gifft et.
Weißkohl und Rotkohl gibt es.
Arften un Bauhnen hät de Mudder eleggt.
Erbsen und Bohnen hat Mutter gesät.
Wörrteln un Zellerie forr de Zuppen könnt woi auk iut’n5 Garen langen.
Karotten und Sellerie für die Suppe können wir auch aus dem Garten holen.
Kartuffeln briukest diu auk nich köpen, wenn diu wecke in Garen häst.
Kartoffeln brauchst du auch nicht kaufen, wenn du welche im Garten hast.
Tomaten smecket viele better, wenn diu se roipe in Garen afnühmen kannst.
Tomaten schmecken viel besser, wenn du sie reif im Garten abnehmen kannst.
De greune Zalat iut’n Garen is jümmer frisch. Denne bringest diu deck noch Lauch, Zipollen, Dill un Peterzillje mie.
Der grüne Salat aus dem Garten ist immer frisch. Dann bringst du dir noch Porree, Zwiebeln, Dill und Petersilie mit.
Aber mie’n6 Garen häst diu auk Arboit!
Aber mit einem Garten hast du auch Arbeit!
Boin Graben in Garen was de ganze Famoilje tegange. Woi Kinder wollen aber leiwer spielen, dat wass ja man klar. Et wass teon Deel noch 1960 gang un gäbe, datt de Kinder mie teopacken moßten.
Beim Umgraben im Garten war die ganze Familie zugange. Wir Kinder wollten aber lieber spielen, das war ganz natürlich. Es war zum Teil noch 1960 gang und gäbe, dass die Kinder mit zufassen mussten.
In Garen In Freuhjahre In Slape In Kroige In grauten un ganzen Eck sin huite nich inne Scheolen ewest. Deo den Keoken wie’er7 inne Tiuten.
Im Garten Im Frühjahr Im Schlaf Im Krieg Im Großen und Ganzen Ich bin heute nicht in der Schule gewesen. Leg den Kuchen wieder in die Tüte.
Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim iut’n = iut den = aus dem Kurzform für: mit dem, mit den oder mit einem = mie’n 7 Apostroph als Silben-Trennzeichen zwischen zwei oder mehr Vokalen, um die Aussprache zu treffen 5 6
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Weckendage HERMANN REGENHARDT
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Wat vorrn Weckendagg häbbet woi denn huite?
Wochentage Was für einen Wochentag haben wir denn heute?
Mandagg Diensdagg Middewecken Dunnersdagg Froidagg Sunnabend Sunndagg
Bieren iut´n Garen HERMANN REGENHARDT
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Stickebieren Arrebieren Himbieren Heilebieren Brombieren Johannisbieren
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Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Sonnabend Sonntag
Beeren aus dem Garten
= = = = = =
Stachelbeeren Erdbeeren Himbeeren Heidelbeeren Brombeeren Johannisbeeren
Seukenspielen Versteckenspielen 8 HERMANN REGENHARDT
„Woi willt Seuken spielen. Diu buckest ass ierste an un woi versteket ösch.“
Wir wollen Versteckenspielen. Du buckst als erster an und wir verstecken uns.
Man sagt nicht „Versteckenspielen“ sondern „Suchenspielen“.
Abzählreim beim Versteckspielen: Eck telle jetzt bet teihne, bist diu denn noch te seihne, kümmst diu an de Rehge, un eck laupe wege.
Ich zähle jetzt bis zehn, bist du dann noch zu sehen, kommst du an die Reihe, und ich laufe weg.
Abzählreim Eck un diu, Müllders Keoh, Müllders Isel, dat bist diu.
Ich und du, Müllers Kuh, Müllers Esel, das bist du.
6-8: Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Dä sseute Bree GEBRÜDER GRIMM
Ett was mol aan klaanet Meeken. Datt wohne met ssiene Mutter alläne, un ssaa harrn nits mähr de eeten. Doa ching datt Kind rut in´t Holt. Ött draap doa enne oale Froue. Dä wußte ssien Kummer alle un schenke dän Kinne aan Pöttchen. Tau dän soll ött ssejjen: „Pöttchen kooke!“, denn kooke ett chauen, sseuten Bree. Wenn ött ssee: „Pöttchen stoah!“, ssau höre ett up de kooken. Datt Meeken brochte dän Pott noa ssiene Mutter hen, un non harrn ssaa kennen Hunger mähr un wörn nich mehr arm. Ssaa aaten ümmer sseuten Bree, ssau oft ssaa wolln. Aanmol was datt Meeken utechoahn. Doa ssee dä Mutter: „Pöttchen kooke!“ Doa kooke ett un ssaa att sseck ssatt.
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Non woll ssaa, datt datt Pöttchen weer uphörn ssolle, owa ssaa wußte datt Wort nich. Also kooke datt Pöttchen wejjer. Ett kooke ümmer tau, un dä Bree steech owern Pott rower un owern Herd. Boale wörn dä Köke un datt chanze Hus vull doamee; un denn datt twaate Hus un denn dä Stroten, als wolle ett dä chanze Wölt ssattmoken. Alle wörn in chrößter Noat, un kaan Minsche wußte sseck doa de hölpen. Endlich, als nor noch aan einzijet Hus owa was, kamm datt Meeken noa Hus un sprook nor: „Pöttchen stoah!“ Doa stund ett un höre up de kooken. Un wär weer in dä Stadt wolle, dä moßte sseck doreeten. Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Der süße Brei
Es war einmal ein kleines Mädchen. Das wohnte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald. Es begegnete ihm da eine alte Frau, die wusste seinen Jammer schon und schenkte dem Kind ein Töpfchen, zu dem sollte es sagen: „Töpfchen, koche“, dann kochte es guten, süßen Brei. Wenn es sagte: „Töpfchen, steh“, so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun hatten sie keinen Hunger mehr und waren auch nicht mehr arm. Sie aßen süßen Brei, so oft sie wollten. Einmal war das Mädchen ausgegangen. Da sprach die Mutter: „Töpfchen, koche“, da kochte es, und sie aß sich satt.
Nun wollte sie, dass das Töpfchen wieder aufhören solle, aber sie wusste das Wort nicht. Also kochte es weiter. Es kochte immer zu und der Brei stieg über den Herd hinaus. Die Küche und das ganze Haus waren bald voll, und dann das zweite Haus und dann die Straßen, als wollt’s die ganze Welt satt machen. Alle waren in größter Not und kein Mensch wusste sich zu helfen. Endlich, als nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kam das Mädchen heim und sprach nur: „Töpfchen, steh“, da stand es und hört auf zu kochen. Und wer wieder in die Stadt wollte, der musste sich durchessen.
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Dä dicke fette Pannkauken VOLKSGUT
Ett wörn mol draa oale Wiewere, dä wolln chärn Pannkauken eeten. Doa chaw datt erste aan Aa, datt twaate Mölk un datt dredde Fett un Mehl. Als dä dicke, fette Pannkauken fertig was, richtete ha sseck in dä Pann´n inne Höchte un laap dän oalen Wiewern wech. Ha laap kantapper, kantapper in datt Holt rin. Doa kamm aan klaan Höseken, datt raap: „Dicke, fette Pannkauken, bliew stoahn, eck wüll deck freeten!“ Dä Pannkauken anwoore: „Eck bin draa oalen Wiewern wechjeloapen un ssall deck, Hose Wippsteert, nich wechloapen?“ un laap kantapper, kantapper in datt Holt rin. Doa kamm dä Wolf anjeloapen un raap: „Dicke, fette Pannkauken, bliew stoahn, eck wüll deck freeten!“ Dä Pannkauken anwoore: „Eck bin draa oalen Wiewern wechjeloapen un dän Hosen Wippsteert un ssall deck, Wolf Dicksteert, nich wechloapen?“ un laap kantapper, kantapper in datt Holt rin. Doa kamm aan Reh anjesprungen un raap: „Dicke, fette Pannkauken, bliew stoahn, eck wüll deck freeten!“ Dä Pannkauken anwoore: „Eck bin draa oalen Wiewern wechjeloapen, dän Hosen Wippsteert, Wolf Dicksteert, un ssall deck, Reh Blixsteert, nich wechloapen?“ un laap kantapper, kantapper in datt Holt rin.
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Doa kamm enne Kauh anjerennt un raap: „Dicke, fette Pannkauken, bliew stoahn, eck wüll deck freeten!“ Dä Pannkauken anwoore: „Eck bin draa oalen Wiewern wechjeloapen, dän Hosen Wippsteert, Wolf Dicksteert, Reh Blixsteert, un ssall deck, Kauh Swippsteert, nich wechloapen?“ un laap kantapper, kantapper in datt Holt rin. Doa kamm enne Ssöjen anjefejet un raap: „Dicke, fette Pannkauken, bliew stoahn, eck wüll deck freeten!“ Dä Pannkauken anwoore: „Eck bin draa oalen Wiewern wechjeloapen, dän Hosen Wippsteert, Wolf Dicksteert, Reh Blixsteert, Kauh Swippsteert, un ssall deck, Ssöje Haff, nich wechloapen?“ un laap kantapper, kantapper in datt Holt rin. Doa kamen draa Kindere, dä harrn kenn Voader un kenne Mutter mähr un sprooken: „Lawe Pannkauken, bliew stoahn! We höwet noch nitts echetten dän chanzen Dach!“ Doa sprung dä dicke, fette Pannkauken dän Kindern in dän Korw un loot sseck von ssaa upeeten. Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Vom dicken, fetten Pfannekuchen
Es waren einmal drei alte Weiber, die wollten gern Pfannkuchen essen. Da gab das erste ein Ei, das zweite Milch und das dritte Fett und Mehl. Als der dicke, fette Pfannekuchen fertig war, richtete er sich in der Pfanne in die Höhe und lief den alten Weibern weg. Er lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
Da kam eine Kuh herbeigesprungen und rief: „Dicker, fetter Pfannekuchen, bleib stehen, ich will dich fressen!“ Der Pfannekuchen antwortete: „Ich bin drei alten Weibern weggelaufen, Häschen Wippstert, Wolf Dickstert, Reh Blickstert und sollte dir, Kuh Swippstert, nicht weglaufen?“ und lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
Da begegnete ihm ein Häschen, das rief: „Dicker, fetter Pfannekuchen, bleib stehen, ich will dich fressen. Der Pfannekuchen antwortete: „Ich bin drei alten Weibern weggelaufen und sollte dir, Häschen Wippstert, nicht weglaufen?“ und lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
Da kam eine Sau dahergefegt und rief: „Dicker, fetter Pfannekuchen, bleib stehen, ich will dich fressen!“ Der Pfannekuchen antwortete: „Ich bin drei alten Weibern weggelaufen, Häschen Wippstert, Wolf Dickstert, Reh Blickstert, Kuh Swippstert und sollte dir, Sau Haff, nicht weglaufen?“ und lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
Da kam der Wolf herangelaufen und rief: „Dicker, fetter Pfannekuchen, bleib stehen, ich will dich fressen!“ Der Pfannekuchen antwortete: „Ich bin drei alten Weibern weggelaufen und Häschen Wippstert und sollte dir, Wolf Dickstert, nicht weglaufen?“ und lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
Da kamen drei Kinder, die hatten keinen Vater und keine Mutter mehr und sprachen: „Lieber Pfannekuchen, bleib stehen! Wir haben noch nichts gegessen den ganzen Tag!“ Da sprang der dicke, fette Pfannekuchen den Kindern in den Korb und ließ sich von ihnen essen.
Da kam ein Reh herzugesprungen und rief: „Dicker, fetter Pfannekuchen, bleib stehen, ich will dich fressen!“ Der Pfannekuchen antwortete: „Ich bin drei alten Weibern weggelaufen, Häschen Wippstert, Wolf Dickstert und sollte dir, Reh Blickstert, nicht weglaufen?“ und lief kantapper, kantapper in den Wald hinein.
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Fleitjepoipen VOLKSGUT
Flöte aus Weidenrinde 11
Um eine solche Flöte herzustellen, wird ein überdaumen-dicker, im Saft stehender Weidenstock, auf Flötenlänge abgeschnitten. Die Kinder sehen interessiert zu. Durch vorsichtiges Klopfen mit dem Taschenmesser, kann man die Rinde in einem Stück vom Holz lösen. Wenn dann zu merken ist, daß die Rinde sich gelockert hat, wird noch zum Staunen der Zuschauer ein Zauberspruch im Takt der letzten Schläge gesprochen:
Kloppe, kloppe Piepe. Up’n Mühlendieke satt ne aule Hexe mie en stumpen Messte: „Bein af, Kopp af, alles wat da anne satt. Piff, puff, paff! Gah da von af!“
Klopfe, klopfe Pfeife. Auf dem Mühlendamme saß eine alte Hexe mit einem stumpfen Messer: „Bein ab, Kopf ab, alles was da dran sitzt. Piff, puff, paff! Geh da von ab!“
Und wie durch ein Wunder löste sich mit einem leichten Handgriff die ganze Rindenhülse vom Stock! Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Dicke Deern Dicke Mädchen 12 VOLKSGUT
Da dicken Deern droaret da dünn´n Deern dur den dicken Dreck. Doa danket da dünn`n Deern, dat da dicken Deern da dünn`n Deern dur den dicken Dreck droaren döut!
Die dicken Mädchen tragen die dünnen Mädchen durch den dicken Dreck. Da bedanken sich die dünnen Mädchen, dass die dicken Mädchen die dünnen Mädchen durch den dicken Dreck getragen haben.
Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
Henns Hanrich Heinrich Henne 13 VOLKSGUT
Henn`s Hanrich hackede hinter Humanns Huise Holt, ha hitzede Hittersens Hund hinder Henkels hundert Heuhnere!
Heinrich Henne hackte hinter Humanns Haus Holz, er hetzte Hittersens Hund hinter Henkels hundert Hühner!
Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Loat deck nich up`n Arm nühm`n VOLKSGUT
1) Sso hät sseck da Ssoake tödroaren: Draa Schtörche hoat up`n Neste stoahn. Da ierste kucket in`t Nest rin, un da twedde kucket doarin, un da dredde kucket mie un denket in ssein`n Ssinne: Wat kucket wei alle draa in dat Nest rin? Oawer so is dat in de Welt schon ümmer ewest: Wu aaner wat ssuiht, will oack da andere wat ssahn. 2) Schönheit kümmet nich bloat von Chott, se kümmet oak von Napp un Pott. 3) Den Kopp hoal koalt, de Feute hoal warm, un schloa deck nich töu vull den Darm! De Hinderdür loat upen schtoahn, denn kann de Doktor weierchohn! 4) Daschen und mäjen is man betten bücken un dräjen. Oawer de Schtuwe iutfechen un de Bedde moaken, dat schlaad up de Knuken. 5) Mui`erker-Schwäd is duièr – `n Droppen kostet`n Doaler, un enne Schtunne muièrt sse, un enne Schtunne teuwet sse, enne Schtunne meetet sse un enne Schtunne eetet sse. 6) Ha chlövt dat nich, dat et Reejen chifft, bis et ühne uit`n Schtieweln flütt.
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7)
„Mann, wat`n Weer!“ - „Joa, un denn up Ssee!“ „Un denn in twa Schtieweln!“ - „Un denn kaan Schöpp!“
8)
Da Dach fur Dach sseine Arbeit deut un ümmer up`n Posten schtaht, un deut dat choot un deut dat chern, da ssall sseck oak moal amüsiern.
9) Wer nich kümmet töu`r rechten Teit, da mot dat eeten, wat noch uwerblifft. 10) `n Miuhl wie ne Köu un bitt doch noch vabei. 11) Better `n Schwein undern Dische, als sso`n Schwein an`n Dische. - An`n laawesten `n Schwein up`n Dische. 12) Diu bist`n richtijen Tweiwelsmann, da nich moal richtich upschtoahn kann! Diu ssittest doa mie deiner Huse all an, un probierst den linken Schtiewel an un merkest; da passet deck wirklich chöut un quasselst: „Niu noch den rechten Föut! Dat da andere Schtiewel da rechte is, kaaner waat denn dat woll sso jewiß! Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
Lass dich nicht auf den Arm nehmen
1)
So hat sich die Sache zugetragen: Drei Störche haben auf dem Nest gestanden. Der erste guckte in das Nest rein, und der zweite guckt darein, und der dritte guckt mit und denkt in seinem Sinne: Was gucken wir alle drei in das Nest rein? Aber so war das in der Welt schon immer. Wo einer was sieht, will auch der andere was sehen.
2) Schönheit kommt nicht bloß von Gott, sie kommt auch von Schüssel und Topf. 3)
Den Kopf halt kühl, die Füße halt warm, und schlag dir nicht zu voll den Darm! Die Hintertür lass offen stehen, dann kann der Doktor weitergehen!
4)
Dreschen und mähen ist nur ein bisschen bücken und drehen. Aber die Stube ausfegen und die Betten machen, das schlägt auf die Knochen.
5)
Maurer-Schweiß ist teuer – ein Tropfen kostet einen Taler, und eine Stunde mauern sie, und eine Stunde warten sie, und eine Stunde messen sie, und eine Stunde essen sie.
7)
„Mann, was für ein Wetter!“ - „Ja, und dann auf dem See!“ „Und dann in zwei Stiefeln!“ - „Und dann kein Schiff!“
8)
Wer Tag für Tag seine Arbeit macht und immer auf dem Posten steht, und macht das gut und macht das gern, der soll sich auch mal amüsieren.
9) Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss das essen, was noch überbleibt. 10) Ein Maul wie eine Kuh und beißt doch noch vorbei. 11) Besser ein Schwein unter dem Tische, als so ein Schwein am Tische. - Am liebsten ein Schwein auf dem Tische. 12) Du bist ein richtiger Zweifler, der nicht mal richtig aufstehen kann! Du sitzt da und hast deine Hose schon an, und probierst den linken Stiefel an und merkst, der passt dir wirklich gut und redest dummes Zeug: Nun noch den rechten Fuß! Dass der andere Stiefel der rechte ist, keiner weiß dann das wohl gewiss!
6) Er glaubt es nicht, dass es Regen gibt, bis es ihm aus den Stiefeln fließt.
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Dat kleine rore Hawwen VOLKSGUT
Doar was emoal `n kleinet roret Hawwen, dat harre sess kleine seute Küken (Jippchens). Dat kleine rore Hawwen secht: „Eck ho `ne Handvull Kurn. Wei will meck dat säjen?“ „Eck nich“, secht de Katte. „Eck nich“, secht de Hund. „Eck nich“, secht de Zeeje. „Eck nich“, secht de Ente. „Un eck ok nich“, secht dat Schwien. „Denn säje eck dat sülm“, secht dat kleine rore Hawwen, „denn säje eck dat Kurn“. „Kucke moal, dat Kurn is riepe“, secht dat kleine rore Hawwen, „wei bringet meck dat Kurn na de Mühlen?“ „Eck nich“, secht de Katte (de Hund, de Zeeje, de Ente). „Un eck ok nich“, secht dat Schwien. „Denn moke eck dat sülm“, secht dat kleine rore Hawwen, „denn bringe eck dat Kurn na de Mühlen.“ „Kucke moal, wat fur`n feinet Mehl“, secht dat kleine rore Hawen, „wei will meck dean Kauken anrührn?“ „Eck nich“, secht de Katte (de Hund, de Zeeje, de Ente). „Un eck bestimmt nich“, secht dat Schwien. „Denn moke eck dat sülm“, secht dat kleine rore Hawwen, „denn rühre eck dean Kauken an.“
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„Wei backet meck no dean Kauken?“, fröcht dat kleine rore Hawwen. „Eck nich“, secht de Katte (de Hund, de Zeeje, de Ente) „Un eck alle lange nich“, secht dat Schwien. „Denn moke eck dat sülm“, secht dat kleine rore Hawwen, „denn backe eck dean Kauken.“ „Kucke moal, mien Kauken is fertig“, secht dat kleine rore Hawwen, „wei will dean Kauken eaten?“ „Eck“, secht de Katte (de Hund, de Zeeje, de Ente). „Eck, eck, eck“ röppet dat Schwien. „Nä, nä“, secht dat kleine rore Hawwen, „je allemann nich!“ Eck ho dat Kurn esäjet, eck ho dat Kurn na de Mühlen ebrocht, eck ho dean Kauken annerührt, eck ho dean Kauken ebacken. Eck un miene seuten kleinen Jippchens, we willt dean Kauken eaten.“ Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
Das kleine rote Huhn
Da war einmal ein kleines rotes Huhn, das hatte sechs kleine süße Küken (Jippchens). Das kleine rote Huhn sagt: „Ich hab `ne Hand voll Korn. Wer will mir das säen?“ „Ich nicht“, sagt die Katze. „Ich nicht“, sagt der Hund. „Ich nicht“, sagt die Ziege. „Ich nicht“, sagt die Ente. „Und ich auch nicht“, sagt das Schwein. „Dann säe ich das selbst“, sagt das kleine rote Huhn, „dann säe ich das Korn“. „Guckt mal, das Korn ist reif!“, sagt das kleine rote Huhn, „wer bringt mir das Korn zur Mühle?“ „Ich nicht“, sagt die Katze (der Hund, die Ziege, die Ente). „Und ich bestimmt nicht“, sagt das Schwein. „Dann mache ich das selbst“, sagt das kleine rote Huhn, „dann bringe ich das Korn zur Mühle“.
„Wer backt mir nun den Kuchen?“, fragt das kleine rote Huhn. „Ich nicht“, sagt die Katze (der Hund, die Ziege, die Ente). „Und ich schon lange nicht“, sagt das Schwein. „Dann mache ich das selbst“, sagt das kleine rote Huhn, „dann backe ich den Kuchen.“ Guckt mal, mein Kuchen ist fertig!“, sagt das kleine rote Huhn, „wer will den Kuchen essen?“ „Ich“, sagt die Katze (der Hund, die Ziege, die Ente). „Ich, ich, ich!“ ruft das Schwein. „Nein, nein“, sagt das kleine rote Huhn, „ihr allemann nicht! Ich habe das Korn gesät, ich habe das Korn zur Mühle gebracht, ich habe den Kuchen angerührt, ich habe den Kuchen gebacken. Ich und meine süßen kleinen Küken, wir wollen den Kuchen essen.
„Guckt mal, was für feines Mehl!“ sagt das kleine rote Huhn, „wer will mir den Kuchen anrühren?“ „Ich nicht“, sagt die Katze (der Hund, die Ziege, die Ente). „Und ich auch nicht“, sagt das Schwein. „Dann mache ich das selbst“, sagt das kleine rote Huhn, „dann rühre ich den Kuchen an.“
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De Junge un de Zeeje VOLKSGUT
Doa was emoal `n kleinen Jungen, dei mosste jeden Dach de Zeeje heuen. Morjens freuh drifft hei de Zeje up de Weide un obends wier torüjje in`n Stall. Dean einen Dach hüppet de Zeeje in`n Hoff, wua de Tante von dean Jungen ühre Jemüseplanten, ühre Kartuffeln, Arbiern un Himmern hett. De Junge will se wier uten Howe rutdrieven, ower de Zeeje will nich. Doar settet hei seck uppen Stein un fänget an te hülen. Doar kümmet de Hoase vorbee. Hei secht: „Junge, wat hülst do denn?“ „Och, eck kann de Zeeje nich ut`n Howe drieven, doarüme hüle eck.“ „Wenn dat alles is,“ meint de kleine Hoase, „denn will eck dat moken“. No versöcht hei, de Zeeje uten Howe to drieven, ower de Zeeje will nich. Doar settet seck de Hoase ook uppen Stein un hült. Doar kümmet de Voss vorbee: „Hoase, wat hülst do denn?“ De Hoase antwuurt: „De Junge kann de Zeeje nich uten Howe drieven, doarümme hült hei, un deswejen maat eck ook hülen.“ „Ho, ho, wenn dat alles is? Dat will eck schon moken“, secht de Voss. No versöcht hei, de Zeeje uten Howe to drieven, ower dei will nich. Doar settet seck de Voss uppen Stein un hült ook.
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Doar kümmet de Wulf doar lang. Hei fröcht: „Voss, wat hülst do denn?“ „De Junge kann de Zeeje nich uten Howe drieven, doarümme hült hei, un deshalb möttet de Hoase un eck ook hülen.“ „Na, wenn dat wejjer nits is, denn will eck dat moken“, secht de Wulf. No versöcht hei, de Zeeje uten Howe to drieven, ower dei will nich. Doar settet seck de Wulf ook uppen Stein un hült. Wie se doar sau uppen Stein sittet un hült, doar kümmet ne kleine Imme anjeflogen. Sei summet: „Wulf, wat hülst do denn?“ „De Junge kann de Zeeje nich uten Howe drieven, doarümme hült hei, un dat mooket meck un dean kleinen Hoasen un dean Voss ook hülen.“ „Wenn dat keinre von jöck kann, denn will eck dat moken“, secht de kleine Imme. De Wulf, de Voss, de Hoase un de Junge fänget an te lachen. „Do, kleine Imme? Do kannst dat nich!“ raupet se allemann. De Imme secht nits. Sei flücht in dean Hoff un sticket de oole Zeeje midden twüschen de Hüürn. De Zeeje fänget an de loopen un löppet un rennt, wat se kann, uten Howe ruut. Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
Der Junge und die Ziege
Da war einmal ein kleiner Junge, der musste jeden Tag die Ziege hüten. Morgens treibt er die Ziege auf die Weide und abends wieder zurück in den Stall. Eines Tages hüpft die Ziege in den Garten, wo die Tante des Jungen ihre Gemüsepflanzen, ihre Kartoffeln, Erdbeeren und Himbeeren hat. Der Junge will sie wieder aus dem Garten raustreiben, aber die Ziege will nicht. Da setzt er sich auf einen Stein und fängt an zu weinen. Da kommt der Hase vorbei. Er sagt: „Junge, was weinst du denn?“ „Ach, ich kann die Ziege nicht aus dem Garten treiben, darum weine ich.“ „Wenn das alles ist, dann will ich das machen“, meint der kleine Hase. Nun versucht er, die Ziege aus dem Garten zu treiben, aber die Ziege will nicht. Da setzt sich der Hase auch auf den Stein und weint. Da kommt der Fuchs vorbei. “Hase, was weinst du denn?“ Der Hase antwortet: „Der Junge kann die Ziege nicht aus dem Garten treiben, darum weint er, und deswegen muss ich auch weinen.“ „Ho, ho, wenn das alles ist, das will ich schon machen!“, sagt der Fuchs. Nun versucht er, die Ziege aus dem Garten zu treiben, aber die will nicht. Da setzt sich der Fuchs auf den Stein und weint auch.
Da kommt der Wolf da lang. Er fragt: „Fuchs, was heulst du denn?“ „De Junge kann die Ziege nicht aus dem Garten treiben, darum heult er und deshalb müssen der Hase und ich auch heulen.“ „Na, wenn das weiter nichts ist, dann will ich das machen“, sagt der Wolf. Nun versucht er, die Ziege aus dem Garten zu treiben, aber die will nicht. Da setzt sich der Wolf auch auf den Stein und heult. Wie sie da so auf dem Stein sitzen und weinen, da kommt `ne kleine Biene angeflogen. Sie summt: „Wolf, was heulst du denn?“ „Der Junge kann die Ziege nicht aus dem Garten treiben, darum heult er und darum müssen ich und der kleine Hase und der Fuchs auch heulen.“ „Wenn das keiner von euch kann, dann will ich das machen“, sagt die kleine Biene. Der Wolf, der Fuchs, der Hase und der Junge fangen an zu lachen. „Du kleine Biene? Du kannst das nicht!“, rufen sie allemann. Die Biene sagt nichts. Sie fliegt in den Garten und sticht die alte Ziege mitten zwischen die Hörner. Die Ziege fängt an zu laufen und läuft und rennt, was sie kann, aus dem Garten raus.
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Koorn LIESELOTTE ZAHNOW
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Patrick kümmet noa Hus: “Mamme, hüte häwet we inner Schaule mol watt vanünftijet elärt.“ Mamme mott lachen: „Na, eek denke, datt je inner Schaule ümmer watt vanünftijet lärt.“ „Joa, eek maane blot, hüte hät use Lehrerin üsseck watt vatellt, watt meek intresseert“. „Is joa chaut, un watt chiwt ett Nejjes?“ „Pass mol up! Wenn we mett usen Foahrrahn ne Tour mooket oder noan Seeburjer See föhrt, koomet we doch ümmer an Koornfeldern vorbee. Un watt häst do meek doavon vertellt?“ „Noa, datt dä Mähdrescher datt Koorn awmähjet un utdaschet. Doabee häst do oak taukucket. Datt Koorn wärd inner Möhle tau Mehl emohlt un darut wärd Broat ebacket.“ „Ssühste, un datt stimmet ssau neech chanz. Bee üsseck wasset nämlich veer vachiedene Ssorten Koorn: Chaste, Roggen, Waate un Howern. Chaste is dä mett dän langen Ejeln. Ut dän Mehl kann man kaan Broat backen, höchstens mett andern Mehl vamischet. Doa is näch jenauch Kleber drinne. Owa do wärst deek wundern, watt man doamee mooket. Ut Chaste wärd nämlich Beer brauet! Dä Roggen ssüht chries ut un hät körtere Ejeln als dä Chaste. Ut Roggenmehl backet man Schwartbroat un Chraubroat, dat stimmet. Da Waateährn ssind cheel un veereckig un dä Ejeln kann man boale näch ssahn. Datt Waatemehl nümmt man taun Backen von Brötchen, Wittbroat, Keksen, Kauken un Torten. Dä Howern wärd telezt riepe, ha ssüht oak anders ut als datt andere Koorn. Ha hät kenne Ähren, nä - mähr ssau wee Chras - lose Rispen. Man nümmt ne oak näch taun Broatbacken, man kooket Bree doavon. Vorn Mohlen wärd dä Körn mett Hitte un Wooterdamp bearbaat, doamee sseck dä Spelzen löset. Doanoa wärd dä Körn edämpet un twüschen twaa Walzen tau Howerflocken plattedrücket. Päre freetet chärn Howern un oak datt Schroat von dän Mohlresten is chaut for datt Vaah un wärd vafuttert.“ „Joa, eek kann deek vastohan, datt is wirklich interessant.“ „Ssühste, un use Lehrerin hät essecht, nächste Weeke willt we dä Wilhelm-Busch-Möhle beeseuken un taussahn, we ne Möhle funktioneert. Un in veertahn Dogen choaht we in’t Broatmuseum un backet Broat!“ Ostfälisches Platt aus dem Götinger Raum
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Korn
Patrick kommt nach Hause:“ Mama, heute haben wir in der Schule mal etwas Vernünftiges gelernt.“ Mama muss lachen:“ Na, ich denke, dass ihr in der Schule immer etwas Vernünftiges lernt.“ „Ja, ich meine bloß, heute hat unsere Lehrerin uns etwas erzählt, was mich interessiert.“ „Ist ja gut und was gibt es Neues?“ „Pass mal auf! Wenn wir mit unseren Fahrrädern eine Tour machen oder zum Seeburger See fahren, kommen wir doch immer an Kornfeldern vorbei. Und was hast du mir davon erzählt?“ „Na, dass der Mähdrescher das Korn abmäht und ausdrischt. Dabei hast du auch zugesehen. Das Korn wird in der Mühle zu Mehl gemahlen und daraus wird Brot gebacken.“ „Siehst du und das stimmt so nicht ganz. Bei uns wachsen nämlich vier verschiedene Sorten Korn: Gerste, Roggen, Weizen und Hafer. Gerste hat lange Grannen (Ejeln). Aus dem Mehl kann man kein Brot backen, höchstens mit anderem Mehl vermischt. Da ist nicht genug Kleber drin. Aber du wirst dich wundern, was man damit macht. Aus Gerste wird nämlich Bier gebraut! Der Roggen sieht grau aus und hat kürzere Grannen als die Gerste. Aus Roggenmehl backt man Schwarzbrot und Graubrot, das stimmt. Die Weizenähren sind gelb und viereckig und die Grannen kann man fast nicht sehen. Das Weizenmehl nimmt man zum Backen von Brötchen, Weißbrot, Keksen, Kuchen und Torten. Der Hafer wird zuletzt reif, er sieht auch anders aus als das andere Korn. Er hat keine Ähren, nein – mehr so wie Gras – lose Rispen. Man nimmt ihn auch nicht zum Brotbacken, man kocht Brei davon. Vorm Mahlen wird das Korn mit Hitze und Wasserdampf bearbeitet, damit sich die Spelzen lösen. Danach wird das Korn gedämpft und zwischen zwei Walzen zu Haferflocken plattgedrückt. Pferde fressen gern Hafer und auch das Schrot von den Mahlresten ist gut für das Vieh und wird verfüttert.“ „Ja, ich kann dich verstehen, das ist wirklich interessant.“ „Siehst du und unsere Lehrerin hat gesagt, nächste Woche wollen wir die Wilhelm-Busch-Mühle besuchen und zusehen, wie eine Mühle funktioniert. Und in vierzehn Tagen gehen wir ins Brotmuseum und backen Brot.“
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Herr von Ribbeck up Ribbeck im Havelland THEODOR FONTANE
Herr von Ribbeck up Ribbeck in Havelland, aan Beernboam in ssien Choarn stund. Un kamm dä choldene Herwesttiet un dä Beern lüchteten braat un wiet doa stoppichte, wenn ett Middach von Turme scholl, dä von Ribbeck sseck baade Taschen vull. Un kamm in Pantinen nen Junge doaher, ssau raap ha: „Junge, wutte ne Beer?“ Un kamm nen Meeken, ssau raap ha:“ Lütt Deern, kumm man rower, eck höwe ne Beern.“
Ssau kloochten dä Kindere. Datt was nich recht, ach, ssaa kennichten dän oalen Ribbeck schlecht! Dä nejje, joa, dä was chiezig un spoart, hüllt Park un Beernboam strenge vawoahrt. Ower dä oale, dä ssau watt oahnichte schon un trouichte nich dän aajenen Ssohn, dä wußte jenau, watt doamols ha dee, als ümme ne Beern int Chraw ha bäe. Un in dredden Joahr ut dän stillen Hus en Beernboamutschlag woss doa rut.
Ssau ching ett veele Joahre, bett up aanmoal dann dä von Ribbeck up Ribbeck taun Starwen kamm.
Un dä Joahre chingen ssau up un aw. Lange schon stund nen Beernboam up dän Chraw. Un in dä choldenen Herwesttiet lüchteten dä Beern weer braat un wiet. Un kamm nen Junge owern Kerkhoff her, ssau flüstert ett in Boame: „Wutte ne Beer?“ Un kümmt nen Meeken, ssau flüstert ett:“ Lütte Deern, kumm man rower, eck chewe deck ne Beern!“
Ha feuhle ssien Enne. Ett was Herwesttiet, weer lachichten dä Beern braat un wiet. Doa ssechte von Ribbeck:“ Eck choah no aw. Lejjet meck ne Beern mee int Chraw.“ Un draa Dooge loter, ut dän chroaten Hus draugen von Ribbeck ssaa denn rut. Alle Bouern un Kötner mett ernsten Jessicht ssungen:“ Jesus, miene Zuverssicht.“ Un dä Kindere kloochten, datt Harte schwoar: „Ha is doat non. Wer chiwt össeck non ne Beern?“
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Ssau spendeert Ssejen noch ümmer dä Hand dett von Ribbeck up Ribbeck in Havelland. Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand, und kam die goldene Herbsteszeit, und die Birnen leuchteten weit und breit, da stopfte, wenn`s Mittag vom Turme scholl, der von Ribbeck sich beide Taschen voll, und kam in Pantinen ein Junge daher, so rief er: „Junge, wiste`ne Beer?“ Und kam ein Mädel, so rief er: „Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb` ne Birn.“
So klagten die Kinder. Das war nicht recht, ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht, der neue freilich, der knausert und spart, hält Park und Birnbaum strenge verwahrt, aber der alte, vorahnend schon und voll Misstrauen gegen den eigenen Sohn, der wusste genau, was damals er tat, als um eine Birn ins Grab er bat, und im dritten Jahr, aus dem stillen Haus ein Birnbaumsprössling spross heraus.
So ging es viel Jahre, bis lobesam der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Und die Jahre gehen wohl auf und ab, längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab, und in der goldenen Herbsteszeit leuchtet`s wieder weit und breit. Und kommt ein Jung` übern Kirchhof her, so flüstert`s im Baume: „Wiste `ne Beer?“ Und kommt ein Mädel, so flüsterts : „Lütt Dirn, kumm man röwer, ick gew di `ne Birn.“
Er fühlte sein Ende. `s war Herbsteszeit, wieder lachten die Birnen weit und breit, da sagte von Ribbeck: „Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins Grab.“ Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus, trugen von Ribbeck sie hinaus, alle Bauern und Büdner, mit Feiergesicht sangen “Jesus meine Zuversicht“, und die Kinder klagten, das Herze schwer, „He is dod nu. Wer giwt uns nu`ne Beer?“
So spendet Segen noch immer die Hand des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
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Soppenkasper HEINRICH HOFFMANN
Die Kasper, dei was kernjesund, `n dicken Bengel kugelrund, hei harre roare Pustebacken, up siene Buke konnste Lüse knacken. Been eeten dier hei niemoals knörn, hei was`n klein Happechern. Bloat eines Doages, an Dische satte, benam sek wie ne Kewekatte. Hei fung chanz einfach an de knürn: „Ek will dei Soppen nich prowiern, ek eete düsse Soppe nich, näh, düsse Soppe eet ek nich. An andern Dach tar selben Stunne, doa har hei alle wenjer Punne. All no dei Soppen wur upedischet, hätte löwwe loas ekrieschet, dat set hörn solln alle hoape: „Ek eete hüte nich dei Soppe, ek eete düsse Soppe nich, näh, düsse Soppe eet ek nich.“ Die plattdeutschen Geschichten aus dem “Struwwelpeter“ sind im Wortlaut etwas verändert worden, um den richtigen Reim zu bekommen. Sie geben aber den Inhalt der Struwwelpetergeschichten wieder.
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An dredden Dooge, wat furn Schrecken, konn hei de Teene kaum bedecken. Dat Soppenbecken kam uppen Disch, hei schof et wech, was wir winnisch: „Ek eete düsse Soppe nich, näh, düsse Soppe eet ek nich.“ An vierten Dach, nicht ebestreiten, `n jeder chlöft, die hät dei Leiten, wur nam hei bloat noch her die Purre, fur siene widerstrebnen Wure: „Ek eete düsse Soppe nich, näh, düsse Soppe eet ek nich.“ An fieften Dooge ower sich, die Kasper was man wien Strich, hei wog bloas noch`n halvet Lot un was an sesten Dooge doat. Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
Beim „Suppenkasper“, erkennt man, wie ausdrucksstark die plattdeutsche Sprache ist. Der Suppenkasper lebt einen Tag länger als das Original.
Suppenkasper
Der Kasper, der war kerngesund, ein dicker Bengel, kugelrund, er hatte rote Pustebacken. Auf seinem Bauche konntest du Läuse knacken. Beim Essen tat er niemals knören, er war ein kleiner Happegern (guter Esser). Nur eines Tages, am Tische saß er, benahm sich wie ein Kewekatte (schlechter Esser). Er fing ganz einfach an zu knören: „Ich will die Suppe nicht probieren, ich esse diese Suppe nicht, nein, diese Suppe esse ich nicht. Am anderen Tag, zur selben Stunde, da hatte er schon weniger Pfunde, als nun die Suppe wurde aufgetischt, hat er laut losgekrischt, dass sie es hören sollten alle zusammen: „Ich esse heute nicht die Suppe, ich esse diese Suppe nicht, nein, diese Suppe esse ich nicht.“
Am dritten Tag, was für ein Schrecken, konnte er die Zähne kaum bedecken. Das Suppenbecken kam auf den Tisch, er schob es weg, war wieder winnisch (ungehalten): „Ich esse diese Suppe nicht, nein, diese Suppe esse ich nicht.“ Am vierten Tag nicht zu bestreiten, ein jeder glaubt, der hat die Leiten (Magersucht), wo nahm er bloß noch her die Kraft, für seine widerstrebenden Worte: „Ich esse diese Suppe nicht, nein, diese Suppe esse ich nicht.“ Am fünften Tage aber sieh, der Kasper war nun wie ein Strich, er wog bloß noch ein halbes Lot und war am sechsten Tage tot.
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De blinne Schöusterjunge FRITZ REUTER
Junge:
„Ach Mester! Mester, ach eck unchlückselijet Kind!“
Mester:
“Wat is denn mie deck? Herr je, diu mein!”
Junge: „Ach Mester! Eck bin schtolckeblind, eck kann oak nich èn Schpeier mehr ssahn!“ Mester:
(De Mester schmitt den Leisten wech, ha schmitt den Schpannrahm in de Eck un hüppet noa ssein Jungen hen) „Herr Chrott doch, Junge, wie is deck denn?“
Junge: „Ach Mester, Mester! Kucket ssa her! Eck ssa de Bottere up`n Broa`e nich mehr!” Mester: (De Mester nümmt dat Botterbroat, bekucket dat neipe von vorne un hinne) „Sso schloah doch Chrott den Duiwel doat! Eck ssülmst kann oak kenne Bottere finn`n. – Na teuv!“ (blickt zur Küche) (geht zur Frau Meisterin und sagt zu ihr) „Wat moakest diu denn? Wu is hei Bottere up`n Broa`e? Doa schlooh doch Chrott den Duiwel doat!”
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Frau Mestern: „Is datt nich chöut fur so`n Jungen? Jei sseid man all sso`ne Leckertungen. Jei möchten Hius und Hoff vatiehrn un eck ssall fingerdicke upschmier`n. Sso chraht dat noch nich loas! – Proahl ssachte! De Bottere kostet doch`ne Chroschen achte!“ Mester:
„Ih, Mutter, niu wird man nich chleik bäse, häst diu denn nich`n betten Käse?“
Frau Mestern: „Joa, richtig! – Eck loate meck moal wier uwerried`n un mein Harte weièn un wäre den Jungen Käse upschnei`n. Mester: (bringt das Käsebrot rein und gibt es dem Jungen) „Hät sseck niu deine Blindheit wier elecht, kannst diu jetz wier richtich ssahn?“ Junge:
(bekuckt das Brot) (hastig) „Ja Mester, ja! Eck ssah et jetz chranz jenau, als härre eck`ne Brille up meiner Nese, eck ssah dat Broat tatsäch- lich schon dur den Käse!“
Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
Der blinde Schusterjunge
Junge:
„Ach, Meister! Meister, ach ich unglückseliges Kind!“
Meister:
„Was ist denn mit dir? Herr je, du mein!“
Junge: „Ach Meister! Ich bin ganz blind, ich kann auch nicht ein bisschen mehr sehen!“ Meister:
(der Meister schmeißt den Leisten weg, er schmeißt den Spannriemen in die Ecke und hüpft nach seinem Lehrjungen hin) „Herr Gott, doch Junge. Was hast du denn?“
Junge: „Ach Meister, Meister gucken Sie her! Ich seh die Butter auf dem Brote nicht mehr!“ Meister: (der Meister nimmt das Butterbrot, beguckt das interessiert von vorn und hinten) „So schlag doch Gott den Teufel tot. Ich selbst kann auch keine Butter finden – Na warte!“ (blickt zur Küche) (geht zu Frau Meister und sagt ihr) „Was machst du denn? Wo ist hier Butter auf dem Brote? Da schlag doch Gott den Teufel tot!“
Frau Meister: „Ist das nicht gut für so einen Jungen? Ihr seid nur alle so Leckermäuler. Ihr möchtet Haus und Hof verzehren und ich soll fingerdick aufschmieren. So geht das nicht los! – Prahl sachte! Die Butter kostet doch ein Groschen achte!“ Meister:
„Ih, Mutter, nun werde nicht gleich böse, hast du nicht ein bisschen Käse?“
Frau Meister: „Ja richtig! – Ich lasse mich mal wieder überreden und werde dem Jungen Käse aufschneiden. Meister: (bringt das Käsebrot rein und gibt es dem Jungen) „Hat sich nun deine Blindheit wieder gelegt, kannst du jetzt wieder richtig sehen?“ Junge:
(beguckt das Brot) (hastig)„Ja Meister, ja! Ich seh es jetzt ganz genau, als hätte ich eine Brille auf meiner Nase, ich seh das Brot tatsäch lich schon durch den Käse!“
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Hans Kriuse sseine Tiuten OTTO VON ESSEN
Mutter:
„Junge, diu moßt moal noa Hans Kriuse henchohn,`n Pfund Bottere langen, häßt meck vaschtohn? Un twaa Pund Mehl, un`n Pund Rossein`n. Un Pieper von den chanzen fein. Hei, Junge, häste Cheld, un hei staht`t jeschrieb`n. Niu loat deck alles richtich chieb`n !“
Junge:
„Mutter, joa eck choh niu loas un ssiusse den Wesserwech doal no`n Hius von Unkel Kriuse.“
Hans Kriuse: „Chon Daach, Junge, watt häste upp`n Harten?“ Junge:
„Chon Daach, Unkel Kriuse, meine Mamme schicket meck. Eck ssall dütt hei inkäpen, wat upp`n Zettele schtaht.“
Hans Kriuse: „Watt hät deck denn deine Mutter doa alles uppeschrieb`n?“ Junge:
„Aan Pund Bottere un twaa Pund Mehl un`n Pund Rossein`n un`n Pund Pieper von den chanzen fei`n!“
Hans Kriuse: „Ja, Junge, denn will eck dat moal indoahn un affweejen!“ (tütet ein und wiegt ab) Junge: (holt sein Portemonnaie aus der Hosentasche) „Unkel Kriuse, wat moat eck denn betoal`n?“
Hans Kriuse: (rechnet auf einem Zettel alles zusammen) „Junge, dat moaket töusamm`n ... Och Junge, doa kümmste huite ower billich bei wech. Dat moaket alles töu samm`n – 15,33 fuftan Mark und draandertich Penniche.“ Junge: (bezahlt und steckt sein Portemonnaie wieder ein, nimmt seine Tüten und kuckt zum Schrank) „Och, wat is dat? Up`n Schranke doa bub`n, doa schtaht sso`n schönet Bolchen Chlas. Dat sseut ja bunt iut un sso nett! Ob dat sseck nich vasseuken lett? Eck merke all war, jetzt lange eck moa richtich noa dat Bolchen-Fatt.“ (er will gerade seine Hand aufreißen und vergisst dabei seine ganze Tüten, die er auf die Erde fallen lässt) „Oh weih –puff un paff – un up de Eäre Doa licht niu dat Kroam in Schätt un Schmiere!“ Hans Kriuse: „Wat häste niu moaket? All de Tiuten sseid kaputt, hei licht`n Hucken, doa licht `n Hucken. Niu, häuje wier nits to freten!“ Junge:
(hat sich mächtig erschrocken) „Joa, watt kann eck wieten, dat jei sso dünne Tiuten hoat, wu alles unne riut wier löppet. Wenn all ju`e Krom, sso lichte deut reiten, och Unkel Kriuse, denn kann man bloat noch doa drupp scheit`n!“
Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Hans Krause seine Tüten
Mutter:
„Junge, du musst mal nach Hans Krause hingehen, ein Pfund Butter holen, hast du mich verstanden? Und zwei Pfund Mehl und ein Pfund Rosinen und Pfeffer von dem ganzen feinen. Junge, hier hast du Geld und hier ist alles aufgeschrieben. Nun lass dir alles richtig geben!“
Junge:
„Mutter, ja, ich geh nun los und sause den Weserweg runter nach dem Haus von Onkel Krause.“
Hans Krause: „Guten Tag, Junge, was hast du auf dem Herzen?“ Junge:
„Guten Tag, Onkel Krause, meine Mutter schickt mich. Ich soll dies hier einkaufen, was auf dem Zettel steht!“
Hans Krause: „Was hat dir denn deine Mutter da alles aufgeschrieben?“ Junge:
Ein Pfund Butter und zwei Pfund Mehl und ein Pfund Rosinen und ein Pfund Pfeffer von dem ganzen feinen!“
Hans Krause: „Ja Junge, dann will ich das mal eintüten und abwiegen!“ (tütet ein und wiegt ab) Junge: (holt sein Portemonnaie aus der Hosentasche) „Onkel Krause, was muss ich denn bezahlen?“
Hans Krause: (rechnet auf einem Zettel alles zusammen) “Junge, das macht zusammen.... Ach Junge, da kommst du heute aber billig bei weg. Das macht alles zusammen = 15,33 fünfzehn Mark und dreiunddreißig Pfennige.“ Junge: (bezahlt und steckt sein Portemonnaie wieder ein, nimmt seine Tüten und kuckt zum Schrank) „Ach, was ist das? Auf dem Schrank da oben, da steht so ein schönes Bolchen Glas. Das sieht ja bunt aus und so nett! Ob das sich nicht versuchen lässt? Ich merke all etwas, jetzt greife ich mal richtig nach dem Bolchen-Faß.“ (er will gerade seine Hand aufreißen und vergisst dabei seine Tüten, die er auf die Erde fallen lässt) „Oh weh –puff und paff – und auf der Erde Da liegt nun der Kram in Dreck und Schmier!“ Hans Krause: “Was hast du nun gemacht? All die Tüten sind kaputt. Hier liegt ein Hucken, da liegt ein Hucken. Nun habt ihr wieder nichts zu fressen!“ Junge:
(hat sich mächtig erschrocken) „Ja, was kann ich wissen, dass ihr so dünne Tüten habt, wo alles unten wieder rausläuft: Wenn all euer Kram so leicht tut reißen, ach Onkel Krause, dann kann man bloß noch darauf schei....!“ 37
Help meck GUNDA TIMMERMANN
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Dat Telefon klingelt. Frau Müller druichet sseck ühre Hänne af un meld sseck. An andern Enne is alles schtille. Sse meld sseck noch emoal. Doa meld`t sseck ne piepsiche Schtimme. - sse häert ja wohl en´n klaan Jungen „Tante, wie kume eck iut mein`n Schianzure riut? Da hät choarkenn Reißvaschluß.“ De Frui is baff un fröcht, ob ha nich ne andere Nummere hemm will, wat ha denn fur ne Nummere wählt hät? „Dat waat eck nich“, antwurt ha. Niu ssäch meck man, wie eck iut mein`n Schianzure riutkum´n, Tante.“ „Wu wuhnst diu denn?“ „Heier!“ „Wie oalt bist diu denn?“ „Wenn Oastern is, bin eck draa Joahre.“ „Deine Mamme, is da denn nich doa?“ „Da is töu`n Markte, inköpen, eck ssei allleene, eck ssall fernseh`n. „Ja, denn döu dat doch, doabei kannst diu doch dein`n Schianzuch annebehoaln, deine Mamme kümmet doch ssicher chleik wier.“ „Eck möut ower doch chanz dull.“ „Ach ssoo, denn chrooh töu der Noawerschen, da helpet deck.“ „Da is ümmer up Arbat, kumm diu doch.“ „Ja, Junge, doa sseid doch ssicher noch mehr Lui´e in Hiuse, chrooh noa der ander`n Noawerschen. Eck waat joa choar nich, wu diu wuhnst.“ „Eck kenne doch de Lui´e nich alle. Tante, diu moßt chranz rasch kum´n.“ „Niu ssech ierste moal, wie diu häeßt?“ „Eck häete Buttje, oawer .... niu is dat all töu loate!” Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Hilf mir...
Das Telefon klingelt. Die Frau trocknet ihre Hände ab und meldet sich. Am anderen Ende ist alles still. Sie meldet sich noch einmal. Da sagt eine piepsige Stimme – sie gehört ja wohl einem kleinen Jungen – „Tante, wie komme ich aus meinem Skianzug raus? Der hat gar keinen Reißverschluss.“ Die Frau ist erstaunt und fragt, ob er nicht eine andere Nummer haben will, was er denn für eine Nummer gewählt hat. „Das weiß ich nicht“, antwortet er. „Nun sag mir mal, wie ich aus meinem Skianzug rauskommen kann, Tante.“ „Wo wohnst du denn?“ „Hier“ „Wie alt bist du denn?“ „Wenn Ostern ist, bin ich drei Jahre.“ „Deine Mama, ist die denn nicht da?“ „Die ist zum Markt. Ich bin allein, ich soll fernsehen.“ „Ja, denn mach das doch, dabei kannst du doch deinen Skianzug anbehalten, deine Mama kommt doch sicher gleich wieder.“ „Ich muss aber doch ganz doll.“ „Ach so, dann geh doch zu der Nachbarin, die hilft dir.“ „Die ist immer zur Arbeit, komm du doch.“ „Ja, Junge, da sind doch sicher noch mehr Leute im Hause, geh zu der anderen Nachbarin. Ich weiß ja gar nicht wo du wohnst.“ „Ich kenne doch die Leute nicht alle. Tante, du musst ganz schnell kommen.“ „Nun sag erst einmal, wie du heißt!“ „Ich heiße Buttje, aber ... Tante ... nun ist das schon zu spät.“
Dörper in plattduitsch
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Anne rechten Halwe vonne Leine gifft et twüschen Saulterhelden un Frei’en:
Dorfnamen in hochdeutsch
Rechts der Leine gibt es zwischen Salzderhelden und Freden:
Hillebrechtshiusen Hekenbeck Beulshiusen Kreinssen Erxhiusen Billderbeck Olxen Hoi’eshiusen Rittjero‘e Opperhiusen ... un anne lochten Halwe vonne Leine:
= Hilprechtshausen = Heckenbeck = Beulshausen = Kreiensen = Orxhausen = Billerbeck = Olxheim = Haieshausen = Rittierode = Opperhausen
und links der Leine:
Erzhiusen Breokhoff Naanssen Streot Langenstriuk Holtershiusen Greene Ippenssen Garleissen
= Erzhausen = Bruchhof = Naensen = Stroit = Langenstruck = Holtershausen = Greene = Ippensen = Garlebsen
Ostfälisches Platt für die Region Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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De chroote Wunsch CHARLOTTE SCHRÖER, 11 JAHRE ALT
Franz wünschichte sseck `nen Hund. De Wunsch was ssau chroot, dat hei doarvon drömmichte. Dröme ssollen jo ook in Erfüllunge choan. Ower ook in`n Drome kreich hei kennen Hund. Dat ching no schon wochenslang. Von Wiehnachten an beddelchte hei bee ssienen Elren ümme dean Hund. „Hei bruket jo nich ssau chroot to ssien“, ssie hei. Met de Tiet ching hei ssienen Elren up de Nerven. Franz was an`n Owerlejjen, ob hei ssienen Elren wat von ssienen Drömen vertellen ssolle, ower hei leit et denn doch wier. Hei beddelchte ower wejjer un verssicherte: „Eck will dean Hund ook jeden Dag waschen un putzen, will `ne ssien Futter chiam un ook – wenn et nödig is – tan Dierarzt bringen.“ „Do maast allredings jeden Dag met dean Hunne utchoan!“, ssie ssiene Mama. Von doar an harre Franz de Hoffnunge, doch noch `n Hund to kriejen. Jeden Dag noa de Schaule ching Franz in de Dierhandlunge. Doar harre hei sseck schon `nen putzijen Hund utessocht met flauschijen Felle un ook nich tau
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chroot. De Frowwe in de Dierhandlunge was bannig fründlich un harre Franz alle erlaubet, dean Hund to streicheln. Torus beddelchte Franz no ümmer wejjer, denn ssien Jeburtsdag rückichte näjer. „Vielleicht krieje eck dean Hund tan Jeburtsdoge“, dachte hei. In de Nacht vur ssienen Jeburtsdoge drömmichte hei, dat ssiene Elren in de Dierhandlung chingen un `nen Hund köpichten, einen met flauschijen Hoaren, nich tau chroot un jenau ssau, wie de Hund, dean hei sseck wünschichte. An`n Jeburtsdagsmorjen weckichte üahne ne natte Tunge ut ssienen Drömen, un als hei ssiene Oogen upmokichte, ssach hei direkt in de Oogen von `n Hund. Hei harre `n flauschijet Fell un was ook nich tau chroot. Ssien Dromhund! Wie hei ne sseck vur`estellt harre! Franz sprung uten Bedde un namm ssiene Elren feste in `n Arm. Hei was chlücklich wie noch nie un reip: „Eck wußte doch, dat Dröme in Erfüllunge choan könnt!“ Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
Der sehnliche Wunsch
Franz wünschte sich einen Hund. Er wünschte sich so sehr einen Hund, dass er schon davon träumte. Träume sollen ja auch in Erfüllung gehen, doch leider bekam er selbst im Traum keinen Hund. So ging das schon wochenlang. Von Weihnachten an bettelte er bei seinen Eltern um den Hund. „Er braucht ja nicht so groß zu sein“, sagte er. Mit der Zeit ging er seinen Eltern damit mächtig auf die Nerven. Franz überlegt auch schon, ob er seinen Eltern was von seinen Träumen erzählen sollte, aber dann ließ er es doch immer wieder sein. Er bettelte aber weiter und versicherte: „Ich will den Hund auch jeden Tag waschen und putzen, will ihm sein Futter geben und auch – wenn es nötig ist – zum Tierarzt bringen.“ „Du musst allerdings jeden Tag mit dem Hund ausgehen!“, sagte seine Mutter. Da wuchs Franzens Hoffnung, einen Hund zu kriegen.
groß. Die Verkäuferin hatte ihm sogar erlaubt, den Hund zu streicheln. Daheim bettelte Franz inzwischen immer mehr, denn sein Geburtstag rückte näher. „Vielleicht bekomme ich ihn ja zum Geburtstag“, dachte er. In der Nacht vor seinem Geburtstag träumte er, dass seine Eltern in die Tierhandlung gingen und einen Hund kauften, einen mit flauschigem Fell, nicht zu groß und genau so wie der Hund, den er sich wünschte. Am Geburtstagsmorgen wurde er von einer nassen Zunge aus seinen Träumen geweckt, und als er die Augen öffnete, sah er direkt in die Augen eines Hundes. Er hatte ein flauschiges Fell und war auch nicht zu groß. Sein Traumhund! Wie er sich ihn vorgestellt hatte. Franz sprang aus dem Bett und umarmte seine Eltern stürmisch. Er war glücklich wie noch nie und rief: „Ich wußte doch, dass Träume In Erfüllung gehen können!“
Jeden Tag nach der Schule ging Franz in die Tierhandlung. Dort hatte er sich schon einen putzigen Hund ausgesucht, mit flauschigem Fell und auch nicht zu
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Dinosaurier LIESELOTTE ZAHNOW
Use Leonard is non oak alle veer Joahre oalt un doa konn´n we öhne schon mol up ne chröttere Urlaubsraasen meenöhm. We wörn in Miami. Non waat joa jeder, datt in Amerika dä Marken-Jeans nor dä Hölfte kostet wee heer bee össeck. Dän lesten Dag mokichten we also nen Rundchang dor nen chroatet Inkoop-Centrum. Leonard intresseere sseck ower mähr for Speel-warkes als for Jeans un harre chliek watt uppen Kieker: „Eck möchte nen Dino hemm, heer chiwt ett chanz veele.“ We vassochten öhne tau erklärn: „Höre mol tau, do häst doch nor noch twaa Dollar in dien Cheldbühl, datt recket nich.Und we höwet oak nich mähr veele un wüllt doch erstemol Hosen un ssauwatt köpen. We wüllt mol ssahn, ob noch watt ower bliwt.“ Ha ssach an sseck runder: „Ne Hosen bruuke eck nich un nen Anorack höwe eck oak, owa eck höwe kennen Dino! Un moorn föhrt we wech - un in Chöttingen chiwt ett kenne, nor heer!“ Eck namm öhne anne Hand: „Pscht, Bengel, schwieg stille. Quengele heer nich rüm, kumm jetz erstemol mee.“ We kucken össeck Ssachen an, eck dräje meck üm un woll öhne ne Jeans anproweern: „Minsche, wo is dä Junge bleem, dä Junge is weg!“ We laapen dor alle Chänge,
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raupen noa öhne, ha melle sseck nich. Watt ssolln we bloat moken, dä Junge is weg! In Chöttingen könn we öhne utraupen looten, ower heer in Miami? ----„Dino! Dä is bestimmt bee dän Dinos!“ Owa doa was ha oak nich. Ssau word datt nits. „Pass mol up, do bliwst heer bee dän Speelwarkes, eck kucke mol buten vor dä Dör.“ Als eck rutkamm, ssach eck rechts nebn dä Dör nen poar Mändere ssitten. Un uppe Erdn ssau watt roaret, datt ssach ssau ut, we Leonhard ssien Anorak. Nä, datt was dä chanze Bengel! Ha harre dän Kopp innetogen un kucke ssau undern Barje her. Ssiene Mütze lach neben öhne mett ssiene twaa Dollar inne. „Junge Junge, watt mokest do denn for Ssachen, we höwet össeck vellichte vafährt, als do nich doa wörst.“ „Owa eck woll doch ssau chärn nen Dino hemm, un do häst essecht, we härrn nich jenauch Chöld. Ower ett hätt kaaner watt rinneschmetten, ssaa höwet alle nor ssau komisch ekucket.“ Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Dinosaurier
Unser Leonard ist nun auch schon vier Jahre alt und da konnten wir ihn schon mal auf eine größere Urlaubsreise mitnehmen, wir waren in Miami. Nun weiß ja jeder, daß in Amerika die Markenjeans nur die Hälfte kosten wie hier bei uns. Am letzten Tag machten wir also einen Rundgang durch ein großes Einkaufszentrum. Leonard interessierte sich aber mehr für Spielzeug als für Jeans und hatte gleich etwas im Visier: „Ich möchte einen Dino haben, hier gibt es ganz viele!“ Wir versuchten ihm zu erklären: „Du hast doch nur noch zwei Dollar in deinem Geldbeutel, das reicht nicht. Und wir haben auch nicht mehr viel und wollen doch erst einmal Hosen und so etwas kaufen. Wir wollen mal sehen, ob noch etwas übrig bleibt.“ Er sah an sich runter: „Eine Hose brauche ich nicht und einen Anorak habe ich auch, aber ich habe keinen Dino! Und morgen fahren wir weg – und in Göttingen gibt es keine, nur hier!“ Ich nahm ihn an die Hand: „Pscht, Junge, sei still. Quengele hier nicht rum, komm jetzt erst einmal mit.“ Wir sahen uns Sachen an, ich drehte mich um und wollte ihm eine Jeans anprobieren: „Mensch, wo ist der Junge geblieben, der Junge ist weg!“ Wir liefen durch alle Gän-
ge, riefen nach ihm, er meldete sich nicht. Was sollten wir nur machen, der Junge ist weg! In Göttingen könnten wir ihn ausrufen lassen, aber hier in Miami? ----„Dino! Der ist bestimmt bei den Dinos!“ Aber da war er auch nicht. So wurde das nichts. „Pass mal auf, du bleibst hier bei dem Spielzeug, ich sehe mal draußen vor der Tür nach.“ Als ich raus kam, sah ich rechts neben der Tür ein paar Männer sitzen. Und auf der Erde so etwas rotes, das sah aus, wie Leonard sein Anorak. Nein, das war der ganze Junge! Er hatte den Kopf eingezogen und guckte so unter dem Berg hervor. Seine Mütze lag neben ihm, mit seinen zwei Dollar darin. „Junge, was machst du denn für Sachen, wir haben uns vielleicht erschrocken, als du nicht da warst.“ „Aber ich wollte doch so gern einen Dino haben und du hast gesagt, wir hätten nicht genug Geld. Aber es hat keiner etwas reingeworfen, sie haben alle nur so komisch geguckt!“
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Maikeem LIESELOTTE ZAHNOW
Hüte höwe eck dä ersten Maikeem ssahn un se chliek mienen Kindern meenohm. Micha un Christian höwet sseck derwe doarower freuet, erstmol mee rümmespeelt un denn höwet ssaa se uppechetten. Dä Maikeem wörn joa oak ut Schokolade un funn harr eck se bee Kleinerts in Loaden. Eck chlöwe, richtije lebendije Maikeem kennt ssaa choarnich. Eck höwe oak schon lange kenne mähr ssahn. Freuher höwet we dän ersten Maikeem mährst been Chrobn in Choarn utebuddelt. Ha schlaap noch un ssatt chanz stille up use Hand un wee mossten öhne erst ne chanze Tiet warm anhuchen - denn fung ha an mett pumpen un dä Flüjele tau bewejen un brrrr - wech wasse! Wenn dä Jungens Ende Maa wölke mee inne Schaule brochten, wussten we: Jetz ssind se doa, dä Maikeem. We worn chanz hiwelich, ssochten Zijarrnkisten un Schauhkartons, prökelchten Luftlöchere rin un plückichten Blöre taun Freeten. We draapen össeck inne Dämmerunge bee dä Frienseiken, an schönen warmen Omden schwärmichten un brummichten dä Maikeem tau Hunderten un Dosenden inne Chejend rüm. We laapen hinderher, sprungen inne Höchte. Dä Jungens schmetten öhre Mützen mang dän Schwarm. Hermann harre oak nen Rieserbessen meebrocht. Manchmol ssaaten dä Zwötschenböme up Vollmers Wieschen ssau vull doavon, datt man se nor awdeschütteln bruke. Denn mokichten dä Bengels sseck dän Spoaß un ssettichten dän Meekens en Maikeem innen Nacken oder uppen bloaten
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Arm. Datt kettelchte, wenn ssaa doa rümkraapen deen un ett chaw en Jejuche un Jelächtere. Derus word use Fang erstmol etöllt, ssorteert un ümmetuschet. Ett chaw nämlich vaschiedene Ssorten: mett dän chlänzenden Panzern - datt wörn dä Schausters, mett dän bemehlten - datt wörn dä Müllders, un dä chroaten wörn dä Edelmändere. Use Mutter ssechte: „Dä Maikeem bliewet ower buten. Eck höwe noch jenauch von voriget Joahr, doa harrn ssaa dän Deckel hoachebört un morjens was dä chanze Stobn vull doamee!“ Als we jenauch davon harrn, ching use Voader mett össeck uppen How. We kippichten dä Maikeem uppe Eern un passen up, ob dä Heundere se eher uppickichten oder ob ssaa weer wechflajen konnen. An annern Dach kamm datt chroate Donderwetter: „Watt höwet ja denn noo weer annestöllt! Alle Heundere ssind klucksch!“ Up Voaders Inwand: „Do wollst doch ne Klucken hämm!“ kreech ha chliek ssien Fett mee aw: „Ower doch nich ssau veele! Datt höwe eck meck chliek edacht, datt do dän Kindern dä döjenischen Kneepe noch vormoket häst. Loas, Kornssäcke von Bodden elanget un denn hölpet je alle, dä Heundere indefängen un inn´n Ssack to stoppen, doamee ssaa weer normol wärd. Ssüst könnt je dä Broatkatuffeln ohne Eiere eeten un Pottkauken chiwt ett Ssunndach oak nich!“ Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Maikäfer LIESELOTTE ZAHNOW
Heute habe ich die ersten Maikäfer gesehen und sie gleich meinen Kindern mitgenommen. Micha und Christian haben sich sehr darüber gefreut, erst einmal damit gespielt und dann -- haben sie sie aufgegessen. Die Maikäfer waren ja auch aus Schokolade und gefunden hatte ich sie bei Kleinerts im Laden. Ich glaube, richtige lebendige Maikäfer kennen sie gar nicht. Ich habe auch schon lange keine mehr gesehen. Früher haben wir den ersten Maikäfer meist beim Graben im Garten ausgebuddelt. Er schlief noch und saß ganz still auf unserer Hand und wir mussten ihn erst eine ganze Zeit warm anhauchen – dann fing er an mit pumpen und die Flügel zu bewegen und brrrr – weg war er! Wenn die Jungen Ende Mai welche mit in die Schule brachten, wussten wir: jetzt sind sie da, die Maikäfer. Wir wurden ganz aufgeregt, suchten Zigarrenkisten und Schuhkartons, bohrten Luftlöcher hinein und pflückten Blätter zum Fressen. Wir trafen uns in der Dämmerung bei der Friedenseiche, an schönen warmen Abenden schwärmten und brummten die Maikäfer zu Hunderten und Tausenden in der Gegend herum. Wir liefen hinterher, sprangen in die Höhe. Die Jungen schmissen ihre Mützen zwischen den Schwarm. Hermann hatte auch einen Reiserbesen mitgebracht. Manchmal saßen die Zwetschgenbäume auf Vollmers Wiese so voll davon, dass man sie nur abzuschütteln brauchte. Dann machten die Jungen sich den Spaß und setzten den Mädchen einen Maikäfer in den Nacken oder auf den nackten Arm. Das
kitzelte, wenn sie da rumkrochen und es gab ein Jauchzen und ein Gelächter. Zu Haus wurde unser Fang erst einmal gezählt, sortiert und umgetauscht. Es gab nämlich verschiedene Sorten: mit den glänzenden Panzern – das waren die Schuster, mit den bemehlten – das waren die Müller, und die großen waren die Edelmänner. Unsere Mutter sagte: „Die Maikäfer bleiben aber draußen. Ich habe noch genug vom vorigen Jahr, da hatten sie den Deckel hochgehoben und morgens war die ganze Stube voll davon!“ Als wir genug davon hatten, ging unser Vater mit uns auf den Hof. Wir kippten die Maikäfer auf die Erde und passten auf, ob sie die Hühner eher aufpickten oder ob sie wieder wegfliegen konnten. Am andern Tag kam das große Donnerwetter: „Was habt ihr denn nun wieder angestellt! Alle Hühner sind gluksch!“ Auf Vaters Einwand: „Aber du wolltest doch eine Glucke haben!“ bekam er gleich sein Fett mit ab: „Aber doch nicht so viele! Das habe ich mir gleich gedacht, dass du den Kindern die dummen Streiche noch vorgemacht hast. Los, Kornsäcke vom Boden geholt und dann helft ihr alle, die Hühner einzufangen und sie in den Sack zu stopfen, damit sie wieder normal werden. Sonst könnt ihr die Bratkartoffeln ohne Eier essen und Topfkuchen gibt es am Sonntag auch nicht!“
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Mien Handy HERTA WINDWEHE
Eek häte Stephan un ssin twölw Joahre oalt. Tau Wiehnachten harre eek nen chanz chroaten Wunsch, eek wolle tau chärn aan Handy hemm, un no häwe eek aan ekreejen. Ower datt kostet! Dä Chrundjebühr betohlt miene Eldern, datt ssiet 11,95 Euro (ölm Euro un fiemneunzig Cent). Owa davon kann eek for 5,11 Euro (fief Euro un ölm) telefoneern. Uterdem krieje eek 26 Euro (ssessentwintig) Taschenjeld im Monat, doamee möste eek ajentlich utkoomen. Met mien Handy kann eek nech blood telefoneern, eek kann oak SMS vaschicken un eek kann int Internet choahn. Doa eek veele Freunde un Feundinnen häwe, met denen eek düsse veelen Funktionen utproweert häwe, wörn in Jannewoar 2002 ruckzuck 75 Euro (fiemssiebzig) up miener Telefonrekenunge. Pappe ssatt taun Chlücke uppen Stauhl als we dä Rekenungen annekucket häwet, ssüst härret öhne bestimmt ümmehauen.
Mamme harre meek vorher ewarnt, we schnell ne hoache Telefonrekenunge tessamm koom kann. Mamme un Oma häwet denn noch rümmekichert, un up dat Dunnerwaer von mien Pappe tofft. Ower datt kam näch! Mien Pappe hät meek blod chanz jenau kloare mooket, datt mien Chauthem up mien Taschenjeldkonto boale uppebruket wöre, wenn eek wejjer ssau telefoneern de. Un wenn eek kaan Jeld mähr up mien Konto härre, könne dä Bank dä Telefonrekenunge näch inlösen. Dä Telefonkoarte wärd esparrt un eek könne näch mähr telefonneern. Dä chroaten Leuje könnt sseck Jeld von dä Bank borjen, owa Kindere köhnt dat näch, waal se noch kann Jeld verdaant. Eek häwe meek non vorenohm, better uptepassen un blod chanz wichtige Jespräche mät mien Handy tau führen, doamee näch weer ssaune chroate Rekenunge tessamm kümmet. Manchetmoal häwet Eldern joa doch recht, un ät is better, up dä chaut jemaanten Roatschläje te hörn. Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Miene Oma was chroade bee üsseck tau Bessuch. Ssaa un miene Mamme chrinseten sseck an, datt häwe eek ssahn, als eek meek ümmedräichte.
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Mein Handy
Ich heiße Stephan und bin zwölf Jahre alt. Zu Weihnachten hatte ich einen ganz großen Wunsch, ich wollte zu gern ein Handy haben und nun habe ich eins bekommen. Aber das kostet! Die Grundgebühr bezahlen meine Eltern, das sind 11,95 Euro. Aber davon kann ich für 5,11 Euro telefonieren. Außerdem bekomme ich 26 Euro Taschengeld im Monat, damit müsste ich eigentlich auskommen. Mit meinem Handy kann ich nicht bloß telefonieren, ich kann auch SMS verschicken und ich kann ins Internet gehen. Da ich viele Freunde und Freundinnen habe, mit denen ich diese vielen Funktionen ausprobiert habe, waren im Januar 2002 ruckzuck 75 Euro auf meiner Telefonrechnung. Papa saß zum Glück auf einem Stuhl als wir die Rechnung angesehen haben, sonst hätte es ihn bestimmt umgehauen.
Mama hatte mich vorher gewarnt, wie schnell eine hohe Telefonrechnung zusammen kommen kann. Mama und Oma haben dann noch rumgekichert und auf das Donnerwetter von meinem Papa gewartet. Aber das kam nicht! Mein Papa hat mir bloß ganz genau klar gemacht, dass mein Guthaben auf meinem Taschengeldkonto bald aufgebraucht wäre, wenn ich weiter so viel telefonieren würde. Und wenn ich kein Geld mehr auf meinem Konto hätte, könnte die Bank die Telefonrechnung nicht einlösen. Die Telefonkarte wäre gesperrt und ich könnte nicht mehr telefonieren. Die großen Leute können sich Geld von der Bank borgen, aber Kinder können das nicht, weil sie noch kein Geld verdienen. Ich habe mir vorgenommen, besser aufzupassen und bloß ganz wichtige Gespräche mit meinem Handy zu führen, damit nicht wieder so eine große Rechnung zusammen kommt. Manchmal haben Eltern ja doch recht und es ist besser, auf ihre gut gemeinten Ratschläge zu hören.
Meine Oma war gerade bei uns zu Besuch. Sie und Mama grinsten sich an, dass habe ich gesehen, als ich mich umdrehte.
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Dat Experiment GISELA WÜSTEFELD
Das Experiment
„Fur dat Leben saßt du lärn!“ So kann me`t alsen von Schamestern hörn.
„Für das Leben sollst du lernen!“ So kann man es manchmal von Schulmeistern hören.
In alljemeinen komet der Pädagogen Tau ührn Ziele met luter Frogen. Dur bescheihen, erklörn un experementiern Will me de Kindre tau näjen Erkenntnissen führn.
Im allgemeinen kommen die Pädagogen zu Ihrem Ziel mit vielen verschiedenen Fragen. Durch beschauen, erklären und experimentieren Will man die Kinder zu neuen Erkenntnissen führen.
Manch Schaulkind denket: „Herjemine, dei redet ümme dein heiten Bree un we sollt sitten, owerlägen. Hei weit et doch, könnt össek sägen. Dei Breejen qualmet, et is schlimm, we boale is ne Stunne rüm.
Manches Schulkind denkt: „Herjemine, der redet um den heißen Brei und wir soll`n sitzen, überlegen. Er weiß es doch, könnte es uns sagen. Der Breejen (Verstand/Kopf) qualmt, es ist schlimm Wie bald ist eine Stunde rum.
Dei Wärmelehre wurd so eben In Physikunderichte duredreeben. Dei Kinmdre solln no doarup kom, wie einfach Wärme kann entstohn. Dei Schamester hät se komediert: „Riewet jöwwe Hänne un passet up, wat denn passiert!“
Die Wärmelehre wurde so eben im Physikunterricht durchgetrieben (durchgenommen). Die Kinder soll`n nun drauf kommen, wie einfach Wärme entstehen kann. Der Schulmeister (Lehrer) kommandierte sie: „Reibt eure Hände und passt auf, was passiert!“
Sei riwweln düchtig ühre Poaten, ower niern har sek wat merken loten. Dösig kucket allehoape in de Runne, bloas Hannes stroahlt, dei kleine Kunne. „Was war?“ frögt de Schamester, „sag es schon!“ Klauk sägt Hannes: „Bee mek Herr Lehrer, sind luter schwatte Ribbels entstohn.“
Sie rieben tüchtig ihre Pfoten (Hände), aber nirgends hatte sich was merken lassen. Dösig gucken alle zusammen in die Runde, bloß Hans strahlt, der kleine Kunde. „Was war?“ fragt der Lehrer, „sag es schon!“ Klug sagt Hans: „Bei mir Herr Lehrer, sind lauter schwarze Ribbels (Klümpchen) entstanden.“
Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Die Jeschichte von Zappel-Philipp HEINRICH HOFFMANN
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Die Geschichte vom Zappel-Philipp
„Wann hät use Philipp been Middageeten, dat letzte mol eijentlich stille seten?“ Frögt Voater sien Sohnemann, „of hei dat hüte woll mal kann?“ Un Mutter nümt dei Dischfront af, ower schwigt sek ut wien Chraf.
„Wann hat unser Philipp beim Mittagessen, das letzte mal eigentlich still gesessen?“ fragt Vater seinen Sohnemann, „ob er das heute wohl mal kann?“ und Mutter nimmt die Tischfront ab, aber schweigt sich aus wie`n Grab.
Bloas Philipp, dei sitt up sien Oahrn, hört nich wat Voaters Wure woarn. Al wenn dei Stawwel härre Hotzenböjel, so schaukelt hei hen un her, dei Flejel. Hei bimmelt un bammelt siene Beine, Voater wurd fuchtig, un hei meine: „No luje nich dein Esel hen, Philipp, dat jefällt joa kenn!“
Bloß Philipp, der sitzt auf seinen Ohren, hört nicht was Vater`s Worte waren. Als wenn der Stuhl hätte Hotzebügel (Wiege), so schaukelt er hin und her, der Flegel. Er bimmelt und bammelt mit seinen Beinen, Vater wurde fuchtig (ärgerlich) und er meinte: „Nun läute nicht den Esel hin, Philipp, das gefällt ja keinem!“
No kucket an, je leim Kindre, wiet chat met Philipp, dein Sündre. Je seihet et up düssen Bille, Wiet Philipp chaht, dei kleine Wille. Dei Stawwel is na hin´n ekippel, dei Voater boale uteflippet, denn Philipp packe noa dei Decke, doa bleif dat Eeten up de Strecke. Philipp bölke wie ne Sterke Un an Bonn fallt alle Werke.
Nun guckt an, ihr lieben Kinder, wie`s geht mit Philipp dem Sünder. Ihr seht es auf diesem Bild, wie`s Philipp geht, der kleine Wilde. Der Stuhl ist nach hinten gekippt, der Vater balde ausgeflippt, denn Philipp packte nach der Decke, da blieb das Essen auf der Strecke. Philipp bölkte wie ein Sterke (Türke) Und zu Boden fallen alle Werke.
Soppentellre, Flaschen, Broat, Voater weit nich ut noch in fur Noat. Un Mutter nümmt dei Dischfront af, ower schwigt sek ut wien Chraf.
Suppenteller, Flasche, Brot, Vater weiß nicht aus noch ein vor Not. Und Mutter nimmt die Tischfront ab, aber schweigt sich aus, wie`n Grab.
Philipp dei liet chanz verstecket, von Dischedoake taujedecket. Wat de Voater wolle eeten, dat fäll oak noch up siene Pläten, uppen Dische bleem is kein betten, alles hät hei rafferetten.
Philipp, der liegt ganz versteckt, vom Tischtuche zugedeckt. Was Vater wollte essen, das fiel auch noch auf seine Platte (Kopf). Auf dem Tisch geblieben ist kein bißchen, alles hat er herabgerissen.
Kaputt is oak de Soppenterien. Dei Elren moket böse Mien, uter sek dei beijen sind, ower so ein Zappelkind.
Kaputt ist auch die Suppenterrine, die Eltern machen böse Mienen, außer sich die beiden sind, über solch ein „Zappelkind“.
Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
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Dä Entschuldijunge FRANZ SCHWALM
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Ett is morjens sseem Ouhr. Miene baaden Chroaten sind alle underwejens noa dä Schaule. Eck ssitte an Freuhstücksdische un wüll noch in Rauhe mienen Kaffee utdrinken. Doa lecht meck mien Jüngeste nen wittet Blatt Papejjer un nen Kugelschriewer neben dä Tasse. „Watt ssall eck doamee?“ froge eck, weil eck meck kaanen Riem doa rup mooken konne. „Do mosst meck noch nen Entschuldijungsbraaf schriem wejen chistern.“ Eck froge vadutzt: „Watt mott eck? Eck denke, je harrn chistern schaulefree, weil dä Schaulmesters nen Utflug mooken deen?“
Eck waat nich wejjer, doa maane Peter: „Schriew doch aanfach, eck harre Migräne!“ Eck stöhne: „ Migräne bee Kindern, datt chiwt ett nich. Un denn douert Migräne bee meck ümmer draa Doge.“ „Prima, Pappe, denn kann eck joa noch twaa Doge länger fehlen“, maane dä Lüttje un stroahle owa datt chanze Jessichte. „Datt könne deck ssau passen! Kümmt owahaupt nich in Froge. Ett is alle chroade jenauch, datt do ennen Dag dehus bleem büst“, ssejje eck ielich. „Na chaut, wenn do datt nich kannst, choah eck eben noa Mamme. Dä schriwt meck bestimmt ne Entschuldijung.“
„Nä“, antwoore Peter un kuckichte an meck vabee, „eck höwe bloat Spoaß emooket. Aajentlich harrn we joa Underricht.“ „Watt, jee harrn Underricht un do büst aanfach ssau ut Spoaß dehus ebleem?“ „Datt ssejje eck doch. Doarümme mosst do meck joa oak watt Richtijet als Enschuldijung schriem,“ ssecht ha un drippelt valejen von aan Faut up dän annern. „Joa, owa do kannst meck doch nich aanfach vatellen, do häst free wejen nen Utflug von dän Schaulmesters, wenn datt choar nich stimmet!“ „Och“, antwoore ha, „datt Gymnasium von Jürgen un Frank harren düsse Woche deswejen doch oak free, bloat use Schaule nich.... Schietschaule!“
„Mook, watt do wutt!“ raupe eck ärjerlich un schmiete dän Kugelschriewer uppen Disch. Eck lote meck doch nich erpressen. Eck lote meck doch von dän Kindern nich uppen Kopp rümme danzen un schon choar nich von dän Lüttjesten.
„Watt ssall eck denn non schriem?“ Ssau up aanmol dee meck nitts Jescheitet infallen, alle choar nich morjens ümme sseem. „Bloat nich weer Darmchrippe, dä harre eck alle datt leste mol.“ chaw mien Junge tau bedenken. Wo finne eck non nen halwejens vanünftijen Chrund? Eck kann doch nich dä Woahrhaat schriem: „Lieber Herr Hansen, mein Sohn musste leider die Schule schwänzen, weil er sich noch nicht bei Ihnen eingelebt hat.“ Datt chlöwt meck doch kaan Schaulmester!
Als eck obens noa Hus koome, kümmt Peter meck alle inne Dör enchejen. Ha chrient owa datt chanze Jessichte. „Na, wee is ett denn utechoahn?“ froge eck. “Och,“ ssecht Peter, „eck höwe dän Schaulemester allet vatellt“ „Un?“ „Doa hätt ha nor lachet un ssecht, datt wöre chaut ssau. Un eck ssall man ssau bliem, wee eck ssin. Non brukest do meck owahaupt nie mähr nen Entschuldijungszettel de schriem. Freust do deck non?“
Non vassöcht Peter datt up ne annere Oart un Wiese. Tränen loapen öhne owa dä Backen. Datt is meck non oak nich ejoal un eck ssee tau öhne: „Eck an diene Stee wörde dän Schaulmester dä Woahrhat ssejjen. Datt mooket bestimmt nen chauen Indruck!“ Owa ha is alle buten un hätt meck woll nich mähr hört.
Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Die Entschuldigung
Es ist morgens sieben Uhr. Meine beiden Großen sind schon unterwegs zur Schule. Ich sitze am Frühstückstisch und will noch in Ruhe meinen Kaffee austrinken. Da legt mir mein Jüngster ein weißes Blatt Papier und einen Kugelschreiber neben die Tasse. „Was soll ich damit?“ frage ich, weil ich mir keinen Reim darauf machen konnte. „Du musst mir noch einen Entschuldigungsbrief schreiben wegen gestern.“ Ich frage verblüfft: „Was muss ich? Ich denke, ihr hattet gestern schulfrei, weil die Lehrer einen Ausflug machten?“ „Nein,“ antwortete Peter und sah an mir vorbei: „ich habe nur Spaß gemacht. Eigentlich hatten wir ja Unterricht.“ „Was, ihr hattet Unterricht und du bist einfach so aus Spaß zu Haus geblieben?“ „Das sage ich doch. Darum musst du mir ja auch etwas Richtiges als Entschuldigung schreiben,“ sagt er und trippelt verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Aber du kannst mir doch nicht einfach erzählen, du hättest frei wegen einem Ausflug der Lehrer, wenn das gar nicht stimmt!“ „Och,“ antwortet er, „das Gymnasium von Jürgen und Frank hatte diese Woche doch auch frei, bloß unsere Schule nicht! Blöde Schule!“ „Was soll ich denn nun schreiben?“ So auf einmal fiel mir nichts Gescheites ein, schon gar nicht morgens um sieben. „Nur nicht wieder Darmgrippe, die hatte ich schon das letzte mal“, gab mein Junge zu bedenken. Wo finde ich nun einen einigermaßen vernünftigen Grund? Ich kann doch nicht die Wahrheit schreiben: „Lieber Herr Hansen, mein Sohn musste leider die Schule schwänzen, weil er sich noch nicht bei Ihnen eingelebt hat.“ Das glaubt mir doch kein Lehrer!
Ich weiß nicht weiter, da meint Peter: „schreib doch einfach, ich hatte Migräne!“ Ich stöhnte: „Migräne bei Kindern, das gibt es nicht. Und dann dauert Migräne bei mir immer drei Tage.“ „Prima, Papa, dann kann ich ja noch zwei Tage länger fehlen“, meint der Kleine und strahlt über das ganze Gesicht. „Das könnte dir so passen! Kommt überhaupt nicht in Frage. Es ist schon gerade genug, dass du einen Tag zu Haus geblieben bist“, sage ich eilig. „Na gut, wenn du nicht kannst, gehe ich eben zu Mama. Die schreibt mir bestimmt eine Entschuldigung.“ „Mach, was du willst!“ rufe ich ärgerlich und werfe den Kugelschreiber auf den Tisch. Ich lasse mich doch nicht erpressen! Ich lasse mir doch von den Kindern nicht auf dem Kopf herumtanzen und schon gar nicht von dem Kleinsten. Nun versucht Peter es auf eine andere Art und Weise. Tränen laufen ihm über die Wangen. Das ist mir nun auch nicht egal und ich sage zu ihm: „Ich an deiner Stelle würde dem Lehrer die Wahrheit sagen. Das macht bestimmt einen guten Eindruck!“ Aber er ist schon draußen und hat mich wohl nicht mehr gehört. Als ich abends nach Haus komme, kommt Peter mir schon in der Tür entgegen. Er grinst über das ganze Gesicht. „Na, wie ist es denn ausgegangen?“ frage ich. „Och,“ sagt Peter, „ich habe dem Lehrer alles erzählt.“ „Und?“ „Da hat er nur gelacht und gesagt, es wäre gut so. Und ich soll man so bleiben, wie ich bin. Nun brauchst du mir überhaupt nie mehr eine Entschuldigung zu schreiben. Freust du dich nun?“ 51
In Holte Im Walde 31 HERMANN REGENHARDT
Ne bre’e9 Straten führt in’t8 Holt.
Eine breite Straße führt in den Wald.
Nah de rechten Halwe un nah de lochten Halwe gahet Wege af.
Zur rechten Seite und zur linken Seite gehen Wege ab.
Düsse Wege sind nich seo breet wu de Straten.
Diese Wege sind nicht so breit wie die Straße.
Un denn gifft et da noch Pattchewege in Holte, dei sind ganz small.
Und dann gibt es im Walde noch Trampelpfade, die sind ganz schmal.
Seone Pattchewege häbbet auk de Rehe, da segget woi denn Wildpfade teo.
Solche Trampelpfade haben auch die Rehe, die nennen wir dann Wildpfade.
Kennst diu de Böme alle in Holte?
Kennst du die Bäume alle im Wald?
Ahörne, Beuken, Hainebeuken, Birken, Dannen, Eiken, Ellern, Eschen, Kastanjen, Linnen un Pappeln?
Ahorne, Buchen, Hainbuchen, Birken, Tannen und Fichten, Eichen, Erlen, Eschen, Kastanien, Linden und Pappeln?
Et löppt seck seo schön up’n Lauf.
Man kann so gut gehen auf dem Laub.
Mannichmal raschelt et inne Büsche, dat wass denn en Hase, dei wegelaupen is.
Manchmal raschelt es in den Büschen, das war dann ein Hase, der weggelaufen ist.
Ne Eikkatte klatert ober ösch in Bium rümme.
Ein Eichhörnchen klettert über uns im Baum herum.
Teo ne Eikkatte kann’n auk in plattduitsch Nottengelken seggen.
Zu einem Eichhörnchen kann man auch in plattdeutsch „Nussengelchen“ sagen.
Wenn’n9 lange in Holte rümmelöppt, denn werd’n10 smachtig, un ein mött denn ierstemal wat eten un wat drinken.
Wenn man lange im Walde spazieren geht, wird man hungrig, und man muss erst einmal etwas essen und etwas trinken.
Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim 8
Anwendung des Apostrophs als Auslassungszeichen; ursprünglich: in dat 9 wenn’n: Anwendung des Apostrophs als Auslassungszeichen; ursprünglich: wenn man 10 werd’n: Anwendung des Apostrophs als Auslassungszeichen; ursprünglich: wird man
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in’t:
Freuhjahr, Sommer, Harwest Frühjahr, Sommer, Herbst 32 un Winter HERMANN REGENHARDT und Winter Wenn de Snei wege is, denne werd et Freuhjahr. Wenn der Schnee weg ist, dann wird es Frühling. Wenn alle Böme greun sind, denne werd et Sommer. Wenn alle Bäume grün sind, dann wird es Sommer. Wenn alles roipe is up den Lanne un in Garen, Wenn alles reif ist auf den Feldern und im Garten, denne is et Harwest. dann ist es Herbst. Wenn de Blä’er11 vonne Böme afefallen sind, Wenn die Blätter von den Bäumen abgefallen sind, denne kann et Winter weren. dann kann es Winter werden. De Vögel biuten fleitjet all, eck glöbe et Die Vögel draußen singen schon, ich glaube es werd Freuhjahr. De Böme bleomet auk balle. wird Frühling. Die Bäume blühen auch bald. Iuse Appelbium hät all graute, greune Blä’er4 un Unser Apfelbaum hat schon große, grüne Blätter und lüttche Appels sittet auk all an den Tweigen. kleine Äpfel sitzen auch schon an den Zweigen. De Appels sind all roipe an Biume, Die Äpfel sind schon reif am Baum, woi könnt se afplücken. wir können sie abpflücken. Ober Nacht is de ganze Garen witt ewuren. Über Nacht ist der ganze Garten weiß geworden. Et loit viele Snei. Huite sall et auk noch mehr snoi’en. Es liegt viel Schnee. Heute soll es auch noch mehr schneien. Freuhjahr März, April, Mai Frühling März, April, Mai Sommer Juni, Juli, August Sommer Juni, Juli, August Harwest September, Oktober, November Herbst September, Oktober, November Winter Dezember, Jannewar, Febbewar Winter Dezember, Januar, Februar
Komisch Kram iutbutchen iutkeernen iutschellen iutpiulen
Zwetschen weerd iutebutchet. Körschen weerd iutekeernt. Arften weerd iuteschellt. Bauhnen weerd iutepiult.
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Komische Sachen Zwetschen werden entkernt. Kirschen werden entkernt. Erbsenschoten werden ausgeschält. Bohnen werden ausgepult.
32. u. 33.: Ostfälisches Platt aus dem Raum Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim 11/4 Apostroph als Silben-Trennzeichen zwischen zwei oder mehr Vokalen, um die Aussprache zu treffen
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Oastervurbereitungen GISELA WÜSTEFELD
Wenn Karfreedag is, denn is Oastern nich mähr wiet. „We möt Oasternestere moken,“ was ek mek met miener Schwester einig. Ärmewiese torr`n we dat beste Hoo up dein chanzen Futterbonn erüm. In alln Nieschen un schummerigen Ecken moken we Nestere. Irst wurd `n Brett henelägt. Doarup kam ne dicke Hooschicht, dat sek Dei Oasterhopse von un nich verküllt up dein koaln Beton. Denn wurd Chrompen herelanget. Die was fiener als Hoo. Dein pachen we no bündelwiese, Halm an Halm, ümmer fein in Kreise rund. Dat Nest was fertig. Dur dei weike, jepolsterte Chrompenwulst wurd dei Oasterhose been Läjen nich eprickelt un nich epiekset. Hei konne sek richtig rinhuddern int Nest. Ne tahn, twölf Nestere würn na düssen Muster fertig. We kontrolliern noch emol jedet einzelne Nest. Of et dein Hosen woll jenehm was ? Kann sien, dat hei ut luter Wohljefalln noch`n poar Aajere mähr rin lägt. Doa kam use Mutter de Futterbontreppen erup. Sei harre wat speuken ehört.„Chrundchütiger!“ reib sei ut, „dat schöne Hoo! Wur`t doch so knapp is. Wat fällt jök in, dat Futter so ümeher de stülpen. Noch is buten nitz ewossen.“ „we hot doch bloas fur alle Mann Oasternester moket, ower so richtig schöne,“ wolln we össek verteidigen. „Düt is joa noch schlimmer al wenn me`n Tropp klucksche Heuhnre hät,“ chaf Mutter von sek. „Wenn jök de Wolldooge ploget, denn komet man mier!“ fordere se össek up. Miene Schwester moßte Schäuhe putzen un mek chaf Mutter Salmiakwooter, Lappen un oale Zeitungen in de Hand met dein Wurn: „Un Du putzest dei Futterbonn54
fenstere!“ „Die ho we doch noch nieh putzet,“ kuckichte ek unchläubig. „Denn kannste dat Fensterputzen doa ane lärn!“ antwure Mutter un ching von Howe. Irst ho we beije mult, ower et hulp nitz. Miene Schwester satt upen Howe, 12 Poar dreckige Schäuhe ümme sek erüm, un fung an met Dreck afkratzen un Bösten. Doanoa wurd de Schauhcreme upesatt. Ek harre met Anken un Stühn de Spennekankels von dein Fenstern efittchet un se blank ewoschen. Ower al we been chlänzen un wienern würn, was use Stimmunge steegen. Letzt sungen we bee use Arbeit ut Leibeskräften: „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern.“ Un bee „keine Angst, keine Angst Rosmarie,“ suse Chlänzeböste un Papäjerknüddel man ümmer so rup un raf un hen un her. Dei Arbeit flutsche bloas so. Oh, wie chlänzen doa dei Schäuhe un wat chlitzern dei Fensterschieben! Doa kümmt Mutter uppen Hof. „Sind je nich jescheut!“ ching se loas, „wie kann me an Stilln Freedag solche Liedere singen! Use Heiland is an Krüze estorm, do is me stille un tröwert.“ “Ower dei Arbeit chaht met Musik veele better,” was use Inwand. „Höchstens Fastenliedre sind erlaubet,“ chaf Mutter tau. We würn in usen Arbeitsiewer stürt. Na kurten owerläjen ching no dat Wienern sutje wäjer met: „Oh Traurigkeit, oh Herzeleid, ist das denn nicht zu klagen, Gottes eingeborener Sohn wird an`s Kreuz geschlagen.“ Och wie bedräubet kucken dei Schäuhe miene Schwester an un wolln choarnich chlänzen. Oak dei Schieben, dei ek chroade afereeben harre, harr`n wäjer nitz al Schliern un Strieben. Chroade, al wenn se ut luter Traurigkeit ehült härn. Ostfälisches Platt aus dem Raum Eichsfeld
Ostervorbereitungen
Wenn Karfreitag ist, dann ist Ostern nicht mehr weit. „Wir müssen Osternester machen,“ war ich mich mit meiner Schwester einig. Armweise torrten wir das beste Heu auf dem ganzen Futterboden herum. In allen Nischen und schummrigen Ecken machten wir Nester. Erst wurde ein Brett hingelegt. Darauf kam eine dicke Heuschicht, damit sich der Osterhase von unten nicht erkältet, auf dem kalten Boden. Dann wurde Grummet hergeholt. Der war feiner als Heu. Den packen wir nun bündelweise, Halm an Halm, immer fein im Kreise rund. Das Nest war fertig. Durch die weiche, gepolsterte Grummetwulst würde der Osterhase beim Legen nicht geprickelt und nicht gepiekst. Er konnte richtig reinhuddern, in das Nest. Zehn, zwölf Nester waren nach diesem Muster fertig. Wir kontrollierten noch einmal jedes einzelne Nest. Ob es dem Hasen wohl genehm war? Kann sein, dass er aus lauter Wohlgefallen noch ein paar Eier mehr hinein legt. Da kam unsere Mutter die Futterbodentreppe herauf. Sie hatte was spuken gehört. „Grundgütiger!“ rief sie aus, „das schöne Heu! Wo es doch so knapp ist. Was fällt euch ein, das Futter so umher zu stülpen. Noch ist draußen nichts gewachsen.“ „Wir haben doch nur für alle Mann Osternester gemacht, aber so richtig schöne,“ wollten wir uns verteidigen. „Dies ist ja noch schlimmer als wenn man einen Trupp glucksche Hühner hat“, gab Mutter von sich. „Wenn es euch zu gut geht, dann kommt nur mit!“ forderte sie uns auf. Meine Schwester musste Schuhe putzen und mir gab Mutter Salmiakwasser, Lappen und alte Zeitungen in die
Hand mit den Worten: „Und du putzt die Futterbodenfenster!“ „Die haben wir ja noch nie geputzt,“ schaute ich ungläubig. „Dann kannst du das Fensterputzen daran lernen!“ antwortete Mutter und ging vom Hof. Zuerst haben wir beide gemault, aber es half nichts. Meine Schwester saß auf dem Hof, 12 Paar dreckige Schuhe um sich herum und fing an mit Dreck abkratzen und bürsten. Danach wurde die Schuhcreme aufgesetzt. Ich hatte mit Anken und Stöhnen die Spinnweben von den Kellerfenstern gefittigt und sie sauber gewaschen. Als wir beim Glänzern und Wienern waren, war unsere Stimmung gestiegen. Zuletzt sangen wir bei unserer Arbeit aus Leibeskräften: „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern.“ Und bei „keine Angst, keine Angst, Rosmarie“, sauste Glanzbürste und Papierknüddel nur immer so rauf und runter und hin und her. Die Arbeit flutschte nur so. Oh, wie glänzten da die Schuhe und was glitzerten die Fensterscheiben. Da kommt Mutter auf den Hof. „Seid ihr nicht gescheit!“ ging sie los, „wer kann am Stillen Freitag solche Lieder singen? Unser Heiland ist am Kreuz gestorben, da ist man still und trauert!“ „Aber die Arbeit geht mit Musik viel besser,“ war unser Einwand.„Höchstens Fastenlieder sind erlaubt,“ gab Mutter zu. Wir waren in unserem Arbeitseifer gestört. Nach kurzem Überlegen, ging nun das Wienern sachte (langsam) weiter, mit: „Oh Traurigkeit, oh Herzeleid, ist das denn nicht zu klagen, Gottes eingeborener Sohn, wird ans Kreuz geschlagen.“ Ach wie betrübt gucken die Schuhe meine Schwester an und wollen gar nicht glänzen. Auch die Scheiben, die ich gerade abgerieben hatte, hatten weiter nichts als Schlieren und Streifen. Gerade so, als wenn sie aus lauter Traurigkeit geheult hätten. 55
Erläuterung zu den Eichsfelder Martinsliedern ADELHEID STRÜBER
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Die Martinslieder, wie sie von den Kindern auf dem Eichsfeld und um Göttingen herum gesungen werden, ähneln sich in vielen Redewendungen, weisen aber doch von Ort zu Ort Unterschiede auf. Gemeinsam ist den Martinsliedern, dass sie Martin (Marten) als „guten Mann“ (chaut Mann) anreden. Sie bitten in seinem Namen um die Gaben. In den meisten Liedern ist auch die Rede von der „chroten Stadt Pöhle“, zu der man noch hin muss. In manchen Orten ist der Name im Laufe der Zeit zersungen zu „Polen“ oder „Posen“ oder „Paane“. Gemeint ist aber immer der Ort Pöhlde, heute ein kleines Dorf am Südrand des Harzes. Pöhlde hatte seine große Bedeutung im frühen Mittelalter. Hier befand sich eine wichtige Kaiserpfalz. Große Kaiser und Könige, wie Heinrich der I. un sein Sohn Otto der I., hielten auf ihren Reisen hier in Pöhlde Hof. Außerdem gründete die Gemahlin Heinrichs, Mathilde, hier im Jahre 939 ein Benediktinerkloster, das mit der Pfalz baulich in Verbindung stand. Heute sind nur noch Reste von Pfalz und Kloster erhalten, aber in den alten mundartlichen Liedern klingt die einstige Bedeutung des Ortes noch nach. Hier das plattdeutsche Martinslied aus Bilshausen:
Martinslied aus Bilshausen
Marten, Marten, chaut Mann, dei mek wat vertellen kann. Himmelriek is uppedoan, wollen we alle rinchoan. Wei mek wat chifft, is de Beste. Leiwe Chott is doch noch better. Bin der kleine König, gebt mir nicht so wenig. Loat mek nich so lange stoan, eck maat noch ümmer wejjer choan. Eck maat noch hen na Pöhle, Pöhle. Pöhle is ne chrote Stadt, chievet doch allen kleinen Kinren watt.
Martin, Martin, guter Mann, der mir was erzählen kann. Himmelreich ist aufgetan, da wollen wir alle hineingehen. Wer mir was gibt, ist der Beste. Der liebe Gott ist doch noch besser. Bin der kleine König, gebt mir nicht so wenig. Laßt mich nicht so lange stehn, ich muß noch immer weiter gehen. Ich muß noch hin nach Pöhlde, Pöhlde. Pöhlde ist eine große Stadt, gebt doch allen Kindern was.
Lustig sind die Spottverse, die gesungen wurden, wenn jemand nichts geben wollte, oder die Kinder verjagt hatte. Solche Leute wurden verhöhnt und es wurde gesungen: Witten Tweern, swarten Tweern, oale Hexe chievt nich cheern. Ostfälisch Platt aus der Region Eichsfeld
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Weißen Zwirn, schwarzen Zwirn, alte Hexe gibt nicht gern.
Kinderlied zum Martinstag (11. November)
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Mattensingen Huite Abend is Mattendagg, alle Lui’e giebet wat, en Appel un ne Biern, dat möget woi seo geern. Laat ösch nich seo lange stahen, woi möttet noch nah Posen gahen, Posen is ne graute Stadt, da giebet alle Lui’e wat.
Martinssingen Heute Abend ist Martinstag, alle Leute geben etwas, einen Apfel und eine Birne, das mögen wir so gerne. Lass uns nicht so lange stehen, wir müssen noch nach Posen gehen, Posen ist eine große Stadt, da geben alle Leute was.
Und wenn die Haustür nicht geöffnet wurde, und die Kinder fühlten sich betrogen, dann sangen sie vor verschlossener Tür: Witten Tweern – swarten Tweern, düsse Lui‘e gifft nich geern.
Weißer Zwirn – schwarzer Zwirn, diese Leute geben nicht gerne.
Ostfälisches Platt aus der Region Northeim/Einbeck/Bad Gandersheim
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Ett wiehnachtet THEODOR STORM
Von buten uten Holte koome eck her, eck mott jöck ssejjen, ett wiehnachtet sehr! Owerall up dän Dannenspitzen ssach eck choldene Lechtere blitzen. Un obn, ut dän Himmelsdoor kuckichte mett chroaten Oagen datt Christkind vor. Un als eck ssau ching dor dän düsteren Dann, doa raap ött mett heller Stimme meck an: „Knecht Ruprecht“, raap ött, „oale Jesell, bör diene Baane hoach, be-iele deck schnöll! Dä Kerzen fänget te brennen an, datt Himmelsdoor is uppedoan. Oale un Junge ssollt non von öhre Arbat mol uterauhn; un moorn flaaje eck runder up dä Erdn, denn ett ssall weer Wiehnachten werdn! No choah man schnöll von Hus tau Hus, sseuke meck dä chauen Kindere ut, doamee eck an ssaa denke un ssaa schöne Ssachen schenke!“
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Eck anwoore: „O lawe Herre Christ, miene Rundraase boale tau Enne is; eck ssall bloat noch in düsse Stadt, dä joa nor chaue Kindere hätt!“ „Häst do dienen Ssack oak bee deck?“ Eck ssee: „Dän Ssack, dän höwe eck; denn Äppele, Nöte un Mandelkern eetet fromme Kindere chärn.“ „Häst do dä Fitzelrauen oak bee deck?“ Eck ssee: „Dä Fitzelrauen, dä höwe eck; Doch bloat for dä Kindere, dä schlechten, dä dreppet se up dän Däl, dän rechten!“ Datt Christkind ssecht: „Ssau is ett recht; Ssau choah mett Chott, mien lawe Knecht!“ „Von buten uten Holte koome eck her, eck mott jöck ssejjen, ett wiehnachtet sehr! Non ssecht meck, wecke finne eck heer inne, ssind ett böse oder chaue Kindere?“ Ostfälisches Platt aus dem Göttinger Raum
Knecht Ruprecht
Von drauß` vom Walde komm ich her; Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein sitzen; und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor; und wie ich so strolcht durch den finstern Tann`, da rief`s mich mit heller Stimme an, „Knecht Ruprecht“ , rief es, „alter Gesell, hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, das Himmelstor ist aufgetan, Alt` und Junge sollen nun von der Jagd des Lebens einmal ruhn; und morgen flieg ich hinab zur Erden; denn es soll wieder Weihnachten werden!“
Ich sprach: „O, lieber Herre Christ, meine Reise fast zu Ende ist; ich soll nur noch in diese Stadt, wo`s eitel gute Kinder hat.“ „Hast denn das Säcklein auch bei dir?“ Ich sprach: „Das Säcklein, das ist hier; doch für die Kinder nur, die schlechten, die trifft sie auf den Teil, den rechten.“ Christkindlein sprach: „So ist es recht; so geh mit Gott, mein treuer Knecht.“ Von drauß` vom Walde komm ich her: Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr! Nun sprecht, wie ich`s hierinnen find! Sind`s gute Kind, sind`s böse Kind?“
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De Weihnachtsmius JAMES KRÜSS
De Weihnachtsmius is ssonderboar ssochoar fur de Jelehrten. Denn aanmoal nur in chanzen Joahr entdecket me ühre Fährten. Mie Fall`n uder Rattenchift kamme de Mius nich fangen. Sse is, wat düssen Punkt bedreppet, noch nie in`t Choarn echroah`n.
Dat Marie ssieh rundheriut: „Eck hoa nits enum`n! Et was beschtimmt de Weihnachtsmius, da uwer Nacht ekum`n!“
Dat chanze Joahr moaket düsse Miuss den Minschen kenne Ploare. Doch plötzlich iut den Loche heriut krüppet sse an Weihnachtsdoare.
Un Ernst un Hans un de Pappe, da raapen:“Welke Ploare! Da bäse Mius is wier doa, un chroade an Feierdoare!
Ton Beischpiele was von Festjebäcke, dat de Mutter chout vaborjen, mie enmoale dat Beste wech an iersten Weihnachtsmorjen.
Nur de Mutter schpruk kaan Kloarewurt. Sse ssieh unümmewund`n: „Sseid ierst de Sseutichkeiten wech, is oak de Mius vaschwund`n!“
Doa sieh jieder rundheriut: „Eck hoa et nich enum`n! Et was beschtimmt de Weihnachtsmius, da uwer Nacht ekum`n!“
Un wirklich woahr, de Mius bliew wech, ssoboale de Boam cheleert was, ssoboale dat leste Festjebäck jejeeten un vatiert was.
Aan anderet Moal vaschwund ssochoar dat Marzipan von`n Peter. Wat sseltsam un erschtaunlich was, denn kaaner fund et löter.
Ssächt jemand niu, bei ühne töu Hius - bei Fränzchen oder Lieschen doa chaabe et kenne Weihnachtsmius, denn tweiwele eck aan bettchen!
De Christian raap rundheriut: „Eck hoa et nich enum`n! Et was beschtimmt de Weihnachtsmius, da uwer Nacht ekum`n!“
Doch ssieche eck nits, wat jemand kränket! dat sseid joa doch nur Schooten. Wat me von Weihnachtsmiusen denket, bliewt jieden uwerloaten
Ostfälisches Platt aus dem Raum Weser/Solling
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Aan drettet Moal vaschwund vom Boame, an den de Kugeln klingen, aan Weihnachtsmann iut Aareschium un ander`n leckeren Dingen.
Die Weihnachtsmaus
Die Weihnachtsmaus ist sonderbar sogar für die Gelehrten, denn einmal nur im ganzen Jahr entdeckt man ihre Fährten.
Ein drittes Mal verschwand vom Baum an dem die Kugeln klingen, ein Weihnachtsmann aus Eierschaum und anderen leckeren Dingen.
Mit Fallen oder Rattengift kann man die Maus nicht fangen. Sie ist, was diesen Punkt betrifft, noch nie ins Garn gegangen.
Die Marie sagte rundheraus: Ich habe nichts genommen! Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen
Das ganze Jahr macht diese Maus den Menschen keine Plage. Doch plötzlich aus dem Loch heraus kriecht sie am Weihnachtstage.
Und Ernst und Hans und der Papa, die riefen: Welche Plage! Die böse Maus ist wieder da und just am Feiertage!
Zum Beispiel war vom Festgebäck, das Mutter gut verborgen, mit einemmal das Beste weg am ersten Weihnachtsmorgen.
Nur Mutter sprach kein Klagewort. Sie sagte unumwunden: Sind erst die Süßigkeiten fort, ist auch die Maus verschwunden!
Da sagt jeder rundheraus: Ich hab es nicht genommen! Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen.
Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg, sobald der Baum geleert war, sobald das letzte Festgebäck gegessen und verzehrt war.
Ein anderes Mal verschwand sogar das Marzipan vom Peter, was seltsam und erstaunlich war, denn niemand fand es später.
Sagt jemand nun, bei ihm zu Haus - bei Fränzchen oder Lieschen da gäbe es keine Weihnachtsmaus, dann zweifele ich ein bißchen!
Der Christian rief rundheraus: Ich hab es nicht genommen! Es war bestimmt die Weihnachtsmaus, die über Nacht gekommen
Doch sag ich nichts, was jemand kränkt! Das sind ja doch nur Schoten! Was man von Weihnachtsmäusen denkt, bleibt jedem überlassen!
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Plattdütsch in de
Schauln
Impressum Herausgeber: Landkreis Göttingen | Der Landrat Pressestelle Reinhäuser Landstr. 4 | 37083 Göttingen Kinder- und Jugendbüro | Arnd Schmidt Tel.: 0551 - 525 260 E-Mail: sfft@landkreisgoettingen.de www.landkreisgoettingen.de Landkreis Northeim | Der Landrat Medenheimer Str. 6/8 | 37154 Northeim Tel.: 05551 - 708 371 | Fax: 05551 - 708 9106 E-Mail: tschminke@landkreis-northeim.de www.landkreis-northeim.de in Zusammenarbeit mit den Beauftragten für die Erhaltung der Niederdeutschen Sprache in den Landkreisen Göttingen und Northeim und dem Arbeitskreis für die Niederdeutsche Sprache – November 2015 – 63
Plattdütsch in de Schauln
„Auk in Süden von Hannower werd noch Platt esproken. Un dütt Platt het Ostfälisch Platt“. Ostfälisch Plattdeutsch, auch ostfälisch Niederdeutsch genannt, wird fast nur noch von wenigen, meist älteren Menschen im häuslichen Bereich gesprochen. Es ist in der öffentlichen Wahrnehmung im Gegensatz zum nordniedersächsischen Plattdeutsch fast vollständig verschwunden. Mit diesem Buch wollen die Herausgeber das alte, ostfälische Platt wieder sicht- und hörbar machen. Mit historischen Gedichten und praktischen Übersetzungen ist dies zugleich ein Lehrbuch für die ostfälische plattdeutsche Sprache. Mit mehr als 35 historischen Texten und Gedichten auf Platt und Hochdeutsch lässt sich gut nachvollziehen, wie einmal im Raum von Hannover, Braunschweig, Magdeburg, Göttingen bis hin zur heutigen Grenze von Hessen und Thüringen im Alltag gesprochen wurde. Eine CD gibt zusätzliche Einblicke in eine Sprache, die auch nach Jahrhunderten noch immer in Ihrer Vielfalt und regionalen Besonderheit Verwendung findet.
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