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EDI TOR IAL Liebe Leserinnen und Leser, mit der Liebe verhält es sich genauso, wie mit der Wahrheit. Die allein glücklich machende Formel kann keiner von uns für sich beanspruchen. Zwar sind die Begriffe Liebe, Beziehung oder auch Sexualität, jeweils für sich und streng genommen ganz verschiedene Paar Stiefel, doch wir wollen das mal nicht ganz so eng sehen. Während zu früheren Zeiten Eheschließungen eigentlich nur innerhalb des gleichen Standes, später dann im gleichen sozialen Milieu stattfanden, sind wir heute wesentlich weiter. Mit dem Aufbrechen der tradierten Rollenmuster in den Siebzigern, verbunden mit dem Aufkommen der Anti-Baby-Pille, erfuhren Liebesbeziehungen, aber auch Ehe und Familie einen Rollenwandel. Heutzutage kann man (Liebes-)Beziehungen in verschiedenerlei Formen ausleben. Neben der klassischen Beziehung zwischen Frau und Mann kennen wir heute auch die gleichgeschlechtlichen Paare, Lebens-Abschnitts-Partnerschaften, oder die „Ehe ohne Trauschein“, um hier nur einige zu nennen. Die Menschen, die hier zueinander gefunden haben, sind zumeist aus eigenen Stücken mit dem anderen Partner verbunden, nicht weil ihnen Konventionen oder Gesetze das vorschreiben. Das beinhaltet natürlich die Freiheit, sein Leben nur mit einem Menschen zu teilen, dem man vorbehaltlos zugetan ist, andererseits sind einige dieser Beziehungen, wie etwa die Lebensabschnitts-Partnerschaft, der Namen deutet es ja schon an, gar nicht auf Dauer hin angelegt. Allen gemeinsam ist, dass die Partner für das Wohlergehen des Anderen Sorge tragen, sie die auftretenden Probleme versuchen, gemeinsam zu meistern. Sollte es, aus nicht vorhersehbaren Gründen, doch einmal zu einer Trennung kommen, bleiben sich viele ehemalige Partner zumindest in Freundschaft verbunden. Beide haben sich im Laufe der Zeiten verändert, die anfängliche „Verliebtheit“ ist einer eher nüchternen Einschätzung des Gegenübers gewichen. Anstatt den Partner zu idealisieren, ist man ihm jetzt auch oder gerade wegen seiner liebenswerten Eigenheiten oder Macken zugetan.

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Harald Wörner (Redaktionsleitung Kassel)

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Pauline Schöning

TA G E S S ATZ INT E R NAT IONA L

Tere oder приве́т?

Estnisch oder Russisch? Kaum eine Gesellschaft ist kulturell so gespalten wie die Estnische. Denn etwa ein Drittel der Menschen spricht die Sprache des Landes nicht, in dem es lebt.

PAULINE SCHÖNING *VOR ORT IN ESTLAND

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s ist eisig kalt und es dämmert schon, als ich endlich ein paar Häuser in der Ferne erblicken kann. Ein kleines gemütliches Café am Rande der Stadt fällt mir sofort ins Auge. Um den für estnische Winter typischen minus 15 Grad zu entfliehen, betrete ich das Café. „Guten Tag! Ich hätte gerne einen Pfefferminztee.“, sage ich besonders deutlich, um meine noch recht neuen Estnischkenntnisse auszuprobieren. Nichts geschieht. Die Kellnerin starrt bloß etwas entnervt in meine Richtung. Ich warte noch einen Augenblick, bevor ich erneut frage: „Gibt es bei Ihnen Tee? Oder vielleicht Kaffee?“ Wieder nichts. Etwas verunsichert will ich gerade das Café verlassen, als die Kellnerin mir ein paar Worte auf Russisch nachruft. Verstehen kann ich es leider nicht. In Narva, der östlichsten Stadt Estlands nahe der Grenze zu Russland, sind Situationen wie diese wenn auch nicht Alltag, so doch nicht ungewöhn-

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lich. Bei fast 95 Prozent aller 58.000 Bewohner handelt es sich um Russen und nur der kleinste Teil von ihnen spricht Estnisch, die Amtssprache Estlands. Es gibt Schulen, die ausschließlich auf Russisch unterrichten und einige russische Fernseh- und Radiosender. Diese Parallelgesellschaft hat ihren Ursprung in der Zeit der Sowjetunion, als viele Arbeiter mit ihren Familien von Russland nach Estland umgesiedelt wurden, um für die sozialistische Rüstungsindustrie zu arbeiten. Da die sowjetische Regierung die estnische Sprache unterdrückte, gab es für die Gastarbeiter keine Notwendigkeit, diese zu lernen. Diese Überzeugung hat sich bei vielen Angehörigen der russischen Minderheit gehalten. Sie sehen Estnisch als nicht erlernenswert an, da es zu viele Dialekte gebe, die die Kommunikation ohnehin erschwerten. Außerdem sei es einfacher, Russisch zu reden, da international mehr Menschen Russisch sprächen.

Die Esten sind überwiegend unzufrieden mit dieser Situation. Zum Teil sind diese Bedenken zurückzuführen auf die Zeit der sowjetischen Besetzung, durch die sich noch im Nachhinein die Esten in ihrem Nationalstolz verletzt fühlen. Auch kulturelle Besorgnis spielt eine Rolle, da es sich um ein kleines Land handelt mit ohnehin nur wenig estnisch sprechenden Menschen. So sollten Migranten nach Meinung der Mehrheit wenigstens versuchen, Grundkenntnisse zu erwerben, damit die Sprache nicht irgendwann einmal auszusterben droht. Die Bestrebungen, diesem entgegenzuwirken gehen dahin, dass ein Sprachzertifikat bessere Karrierechancen bringen soll, da nur ein solches Zertifikat besitzende Menschen die Möglichkeit haben, die estnische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Doch um die Bevölkerung miteinander zu versöhnen, reicht das noch nicht.

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I NHALT

VON LUFT UND LIEBE 8 Lieben ist menschlich KALLE SCHÖNFELD 10 Arabische Frauen und ihr Frühling SARAH RAYMAEKERS 12 Polyamorie – Neues Beziehungsmodell oder längst überfällige Veränderung? CAROLIN KÜLLMER 14 Liebe findet ihren Weg HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT STEFAN GIEBEL 15 Katzenliebe im Frühling KATHARINA SCHWARZ

RUBRIKEN

tagesklatsch mit kaffeesatz

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mit GIORA FEIDMANN PAUL HILDEBRAND

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GÖTTINGEN 18 Die Angst vor der Armut Anderer CLAAS-THORGE WEISE 20 Miteinander – Füreinander DETLEF „ROCKY“ BERNHARD

KASSEL 22 23 24 25

3 Editorial 4 TagesSatz International 16 Der Stolperstein 17 Paragraphenreiter 21 Der Comic 26 Kultur-Empfehlungen 28 Straßengeflüster Gedanken eines TagesSatz-Verkäufers 29 Die Kochnische 30 Hinter den Kulissen 31 Zwischen den Zeilen 32 Was es sonst noch gibt 33 Der Ticker Nächstes Mal Impressum 34 Wohin, wenn

Aufbrechen von Routinen HARALD WÖRNER Erfolgreiche Museen – Wie macht man das? NORA MEY „Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?“ KATHARINA SCHWARZ Respektlosigkeit und Zerfall der Gesellschaft ARMUNIUS/IUSSUI

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Ort, Datum Unterschrift

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Paul Hildebrandt

DAS GESPRÄCH

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Ein Gefäß für die Musik Giora Feidman ist einer der bekanntesten Klezmer-Musiker weltweit. Er hat mit dem Jerusalemer Symphonieorchester zusammen gespielt und an der Filmmelodie für Steven Spielbergs „SchindlersListe“ mitgewirkt. Für den Papst ließ er seine Klarinette vor 800.000 Menschen singen. Im Tagesklatsch spricht er mit uns über Israel, seine Verbindung zu Deutschland und die Kraft der Musik.

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* PAUL HILDEBRAND IM GESPRÄCH MIT GIORA FEIDMAN

eine Biographie ist die eines Weltbürgers: Seine Familie ist aus der Ukraine geflohen, er selber in Buenos Aires aufgewachsen. Mit 21 wanderte Giora Feidman nach Israel aus, wurde eine feste Größe des Jerusalemer Symphonieorchesters und begann Jahre später in den USA seine Solokarriere. Trotz der vielen Einflüsse ist er dem Klezmer treu geblieben, der traditionellen Musik europäischer Juden.

Ich glaube nicht, dass Klezmer etwas Besonderes ist. Kunst ist die Sprache der Seele. Wenn ich spiele, spreche ich in einer Sprache, die Musik heißt. Wenn ich nach Japan reise, dann verstehe ich dort niemanden, aber sobald ich auf die Bühne gehe, brauche ich keinen Übersetzer mehr. Klezmer heißt wörtlich: „Ein Gefäß für die Musik“. Mein Instrument ist nur eine Stimme, um die Sprache der Musik auszudrücken.

Herr Feidman, was ist das Besondere am Klezmer? Wieso berührt ihre Musik so stark?

Klezmer ist nur ein Weg des Lebens, aber Musik ist etwas ganz grundsätzliches. Wenn ein Kind geboren wird,

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dann sagt es seiner Mutter: „Sing für mich.“ Und welche Mutter würde nicht singen? Viele Menschen sagen, ich mag diese spezielle Musik, andere sagen, ich mag diese Musik. Ich bevorzuge, zu sagen, ich fühle die Musik, genauso wie ich Liebe fühle. Es gibt keinen Unterschied darin, die Liebe zu fühlen, genauso wenig gibt es einen bei der Musik. Traditionell wird Klezmer auf Hochzeiten und anderen religiösen Feiern gespielt. Wann haben Sie das letzte Mal so eine Zeremonie begleitet? TagesSatz

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DAS GESP R ÄC H Wenn ich alle Anfragen annehmen würde, die ich bekomme, hätte ich gar keine Zeit mehr, etwas anderes zu machen. Ich habe auf den Hochzeiten meiner Kinder gespielt. Und die haben natürlich Freunde, die auch wollen, dass ich bei ihnen spiele. Aber ich mag es, es gibt nichts kraftvolleres, als bei so einer Feier zu spielen. Wie kam es, dass Sie sich als junger Mann entschieden haben nach Israel auszuwandern? Wir haben 2.000 Jahre darauf gewartet nach Israel zurückzukehren und plötzlich konnte ich es. Ich lebe nun seit 57 Jahren in Israel in einem kleinen Dorf zwischen Jerusalem und Tel Aviv und es ist gut. Aber wenn ich zu Hause bin, dann muss ich mich ausruhen, dann verlasse ich das Haus mit meinem Pyjama zwei Wochen nicht. (lacht)

Ich habe lange Jahre in der Jerusalemer Philharmonie gespielt. Viele Musiker des Orchesters wollten nicht nach Deutschland reisen, aber nach Österreich. Genauso gibt es noch immer viele Menschen in Israel, die nicht wollen, dass dort Stücke von Wagner oder Strauß gespielt werden. Natürlich respektiere ich das, natürlich gibt es noch viele Überlebende, die ein tiefes Trauma haben. Aber es ist dumm, nicht Wagner spielen zu wollen, weil er Antisemit war. Die Musik ist nicht sein Eigentum. Wenn ich nach Indien gehe und dort mit traditionellen Instrumenten Wagner spielen lasse, sind sie dann auch Antisemiten?

nachvollziehen, was dort geschehen ist.“ Ihr Schmerz war so stark, dass sie sich in ihre Seele flüchten mussten. Poesie, Malerei – in deiner Seele findest du, was dir Frieden bringt. In den schlimmsten Momenten haben die Menschen in den Lagern angefangen zu singen. Sie haben einmal gesagt, ein großer Wunsch von Ihnen wäre es, eines Tages ein Konzert in Ramallah geben zu können. Ja, heute, gestern, morgen – immer. Aber das israelische Gesetz verbietet es mir, dort hinzugehen. Daniel Barenboim (israelischer Dirigent anm. d. Red.) hat das geschafft. Er hat ein Konzert in Ramallah gegeben und danach gab es Standing Ovations – keine geworfenen Steine. Er hat gezeigt, welche Kraft Musik haben kann. Und wer hat ihm dabei geholfen nach Ramallah zu kommen? Die Deutschen! (lacht)

„Jemand, der ein Rassist ist, der kann nicht gesund sein.“

Die meisten meiner Wege in Israel führen mich zum Flughafen. Manchmal besuche ich noch meine Tochter in Jerusalem, eine faszinierende Stadt. Menschen aus der ganzen Welt leben dort zusammen und zeigen, wie man sich friedlich an einem Ort versammelt. Woher kommt ihr gutes Verhältnis zu Deutschland? Ich fühle mich hier zu Hause. Ganz einfach. Es ist schrecklich was unter den Nazis passiert ist, doch wir leben nicht in der Vergangenheit, sondern in der Realität. Der Heilungsprozess ist abgeschlossen. Du und ich, wir können nichts dafür, was damals geschehen ist. Juden und Deutsche können friedlich zusammenleben und es ist wichtig, unseren Kindern diese Realität beizubringen. Von der Geschichte können sie später erfahren. In Israel haben vor allem alte Leute oft ein Problem damit, die deutsche Sprache zu hören oder nach Deutschland zu reisen.

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Wir alle bezahlen den Preis kranker Menschen. Wenn mir jemand sagt, es waren die Deutschen, die die Verbrechen begangen haben, widerspreche ich und sage: „Nicht die Deutschen, es waren die Nazis.“ Nazis gibt es auf der ganzen Welt, Rassismus gibt es auf der ganzen Welt. Es sind kranke Menschen: Jemand, der ein Rassist ist, der kann nicht gesund sein.

Er ist wirklich ein Engel und vermutlich der Einzige, der einen israelischen und einen palästinensischen Pass hat! Er hat gezeigt, was die Aufgabe der Musik ist.

Steven Spielberg hat Sie für die Filmmusik von „Schindlers Liste“ engagiert. Was hat es für Sie bedeutet, diese Musik zu machen?

Wie nehmen Sie die Zusammenarbeit zwischen jüdischen und arabischen Künstlern in Israel war? Inspiriert es Sie?

Es war sehr taff. Ich wurde eingeladen, zu spielen, ohne den Film vorher geschaut zu haben. Niemand hat mir gesagt, was mich erwartet. Ich habe mich hingestellt und angefangen zu spielen, dann haben sie die Bilder an die Wand geworfen. Als die Szene gezeigt wurde, in der das kleine Mädchen zur Gaskammer geht, bin ich in mich zusammengesunken – und habe gespielt, was ich in dem Moment gefühlt habe.

Wir sind eine Familie, Musik verbindet uns. Aber ich würde nicht sagen, dass es mich inspiriert. Meine Inspiration kommt viel mehr von innen. Ich bin nur ein Werkzeug des Schöpfers, ich spreche nur aus, was in mir ist.

Ich habe mich oft mit Musikern unterhalten, die im Konzentrationslager gewesen sind und habe versucht zu verstehen, wie sie Musik machen konnten. Sie sagten: „Du kannst das nicht

Herr Feidman, was macht Sie glücklich? Es macht mich glücklich der Gesellschaft zu dienen. Musik ist ein Gebet ohne Religion. Wenn wir Musik machen, können wir gemeinsam zu Gott beten. Vielen Dank für das Gespräch.

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Sarah Raymaekers

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Lieben ist menschlich Schmetterlinge im Bauch, auf Wolken gehen, die große Liebe erleben. Für manche das Schönste auf der Welt, für andere nur ein kitschiges Klischee. Forscher haben auf der Suche nach der Liebe in die Windungen des menschlichen Gehirns geblickt und sind um die ganze Welt gereist. Dabei fanden sie wirklich so etwas wie „wahre Liebe“ – in sehr unterschiedlichen Formen.

* KALLE SCHÖNFELD

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ie gehört zum Frühling wie Krokusse, Vogelstimmen und der erste Tag ohne Wintermantel – die Liebe. Besonders im Jugendalter schlägt sie zu: Man sieht jemanden, und auf einmal erscheint die Person als das Wichtigste und Schönste in der Welt. Alles andere ist plötzlich unwichtig. Ob gemeinsam im siebten Himmel oder einsam und unglücklich, wer einmal verliebt war, vergisst es so schnell nicht. Was aber bedeutet diese „große Liebe“, wenn „Liebe“ überall im Sprachgebrauch auftaucht und man auch gutes Essen, Freizeitaktivitäten, Konsumgüter und natürlich „ich liebe es“ lieben kann? Und gibt es sie überhaupt? Im antiken Griechenland unterschied man drei Arten der Liebe, nämlich „eros“, die begehrenden Liebe, „philia“, die verstehende, anerkennende Liebe und „agape“, die selbstlose, fördernde Liebe. Bei der Volksgruppe der Makassaren aus Indonesien kennen die Menschen nicht weniger als 25 Wörter für Liebe, von denen übrigens keins die sexuelle Lust beschreibt, sondern Gefühle von Fürsorge, Verständnis oder Verbundenheit zwischen verschiedenen Personengruppen. Bei der Ethnie der Ifaluk aus Mikronesien dagegen bedeutet das Wort „Fago“ sowohl Liebe, als auch Trauer und Mitleid. Die Beduinen von der arabischen Halbinsel kennen überhaupt kein Wort für romantische Liebe.

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TI TELTH E M A Das Liebe und Verliebtheit sich mit der Zeit verändern und zwischen den Kulturen so stark unterscheiden, ist oft Anlass, sie für ein kulturelles „Konstrukt“, für ein fiktives Produkt aus der Literatur zu halten. Viele Psychologen sehen romantische Verliebtheit als Zeichen für eine abhängige, schwache Persönlichkeit, für einen Mangel an Selbstwert und Selbstbestimmung. Für den Psychologen Albert Ellis ist romantische Liebe eine neurotische Zwangsvorstellung, die der freien Auslebung der Sexualität im Weg steht: „Wer dem romantischen Liebestraum anhängt, genießt praktisch nie den Sex um seiner selbst willen.“ Artikel der Kategorie „amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden...“ beschreiben ein anderes Extrem und stellen regelmäßig „Liebe“ als Funktion einiger Körperdrüsen dar, die der Weitergabe des Genmaterials dient und beim Menschen oder Laborratten gleich abläuft. In der Regel werden hier jedoch Aussagen aus der Soziobiologie oder der Neurophysiologie vermischt, stark vereinfacht und verallgemeinert. Auch werfen viele Artikel gern Begriffe durcheinander wie „sexuelle Anziehung“, „Attraktivität“, „Partnerschaft“ und „Bindung“.

von wenigen Monaten bis zu maximal zwei Jahren andauern und klingt dann allmählich ab. Die Frage, wann wir uns warum in wen verlieben, klärt diese Beobachtung natürlich nicht. Forscher des Faches Ethnologie gehen bei der Frage nach der Liebe einen anderen Weg. Sie besuchen verschiedene Gesellschaften und Kulturen auf der Welt und beobachten oder befragen die Menschen direkt über ihren Umgang mit Partnerwahl, Ehe und Familie. Erstaunlicherweise haben sie bei den meisten Gesellschaften ein Konzept entdeckt, dass der Verliebtheit stark ähnelt, so dass einige Ethnologen davon ausgehen, dass sie eine universale menschliche Empfindung ist. Die Ethnologin Helen Harris hat sieben Merkmale dieser universalen Empfindung unterschieden: Ein starkes Verlangen nach Gemeinsamkeit, die Idealisierung des Anderen, die Ex-

über gar nicht positiv eingestellt sind, etwa weil sie den sozialen Frieden stört. So praktizieren einige Gemeinden der mormonischen Religionsgemeinschaft in den USA noch die Vielehe, wo ein Mann mehrere Ehefrauen hat. Liebe gehört nicht zu den mormonischen Werten für eine gelungene Ehe, sondern vielmehr Gehorsam unter den Ehemann und Harmonie. Wenn Männer für eine ihrer Frauen Verliebtheit zeigen, gewinnt die geliebte Ehefrau meist an Einfluss gegenüber ihren Mitfrauen und Eifersucht und Streit entsteht. In Indien ist die Ehe in der Regel lange vor der Hochzeit durch die Eltern beschlossen, nachdem sie die Kastenzugehörigkeit, den materieller Besitz und die Horoskope in Betracht gezogen haben Die romantische Liebe hat jedoch ihren Platz in der Traumfabrik von Bollywood gefunden. Die Filme stellen sie als etwas dar, das plötzlich von außen auf den wehrlosen Helden einstürmt und in einer furiosen Tanz- und Gesangsszene von ihm Besitz ergreift. Am Ende folgt in der Regel das Happy-End, wo das Liebespaar von den Eltern anerkannt wird und heiratet und damit die soziale Ordnung wieder herstellt.

Mehr als Körperdrüsen

Der Leser muss hier immer im Kopf behalten, dass die Mittel der Forschung sehr begrenzt sind und das Wissen über das menschliche Gehirn noch riesige Lücken aufweist. Scheinbar felsenfeste wissenschaftliche Erkenntnisse sind oft nichts weiter als um Aufmerksamkeit bemühte Überschriften. Relativ verlässlich ist jedoch die Beobachtung, dass bei frisch Verliebten das Gehirn anders funktioniert als bei Nichtverliebten. Bei ihnen sind die Mengen an den körpereigenen Botenstoffen Dopamin und Nodrenalin erhöht und der Serotoninspiegel gesenkt. Dies erklärt körperliche Begleiterscheinungen des Verliebtseins, wie Euphorie, Herzklopfen, Zittern, Schlaflosigkeit, Appetitmangel und gesteigerte Aufmerksamkeit. Die Gehirnfunktionen gleichen denen von Drogenabhängigen oder von Menschen mit einer Zwangsstörung. Dieser Zustand der Verliebtheit kann TagesSatz

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klusivität der Beziehung, das intensive Denken an die geliebte Person, die emotionale Abhängigkeit, das Neugestalten von Lebensplanungen, die Identifizierung mit dem Anderen und die Sorge um dessen Wohlergehen. Dass trotzdem so viele verschiedene Vorstellungen und Begriffe weltweit für „Liebe“ existieren, deckt sich mit einem weit verbreiteten Bild von den menschlichen Emotionen aus der Forschung. Demnach gibt es zwar universale menschliche Emotionen, die Menschen erlernen das Erleben und den Umgang mit ihnen jedoch auf völlig unterschiedliche Arten. So kennen die Makassaren zwar den Zustand der Verliebtheit, jedoch sehen sie darin keine der 25 Formen von Liebe, sondern eine Art Krankheit, von der man sich bei einem Heiler kurieren lassen sollte. Die arabischen Beduinen wiederum haben kein Wort für Liebe, kennen aber Liebesgedichte und Liebeslieder – auch wenn das öffentlich keiner zugibt. Die leidenschaftliche Liebe kommt auch in Kulturen vor, die ihr gegen-

So vielfältig, wie der Umgang ist auch das äußerliche Zeigen von Verliebtheit und Zuneigung. In Japan war der Kuss auf den Mund zwischen Liebespaaren bis nach dem zweiten Weltkrieg unbekannt, bis ihn amerikanische Besatzungstruppen bekannt machten. Der romantische gemeinsame Selbstmord eines verliebten Paares, „shinju“ genannt, war dagegen seit Jahrhunderten in der japanischen Kunst und Literatur verbreitet. In Dubai wurde 2007 sogar ein Pärchen verhaftet und für mehrere Monate in Haft genommen, weil es sich in der Öffentlichkeit geküsst hatte. Das Gefühl, dass ein Mensch plötzlich wichtiger ist, als alles andere, tritt also in den unterschiedlichsten Kulturen und Moralvorstellungen auf. Die „wahre Liebe“ existiert anscheinend wirklich und es gibt unendlich viele Möglichkeiten mit ihr umzugehen.

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Arabische Frauen und ihr Frühling

Ammar Abd Rabbo

Als sich am 17. Dezember 2010 der tunesische Gemüsehändler Mohamed Bouazizi selbst in Brand steckt, um gegen Polizeiwillkür und Demütigungen in seinem Land zu protestieren, entfacht er nicht nur das Feuer an seinem eigenen Körper. In vielen Teilen des arabischen Raums (naher Osten und Nordafrika) bricht daraufhin eine ganze Revolution aus. Bilder zeigen, wie Männer und Frauen Seite an Seite gegen autoritäre Regimes und für ihr Mitbestimmungsrecht kämpfen. Auch Geschlechtergerechtigkeit und weibliche Emanzipation sind Gegenstand der Revolution. Doch was hat der Frühling den Frauen bisher gebracht? Welche Chancen und Risiken bergen die Aufstände?

* SARAH RAYMAEKERS

„Es ist leichter, einen Diktator loszuwerden, als die Herrschaft der Männer zu überwinden.“

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Libysche Frauen während einer Demonstration in Tripolis, 8. September 2011. TagesSatz

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in harter politischer und kultureller Aushandlungsprozess verschiedener gesellschaftlicher Gruppen ist im arabischen Raum in vollem Gang. An der Transformation beteiligen sich sowohl Männer als auch Frauen. Dabei entstehen auf der einen Seite Chancen auf Freiheit, aber auch Risiken gewaltsamer Übergriffe inmitten der Proteste. Nicht erst seit der arabischen Revolution organisieren und vernetzen sich Frauen in Gruppen und kämpfen für ihre Rechte. Doch mit den Umbrüchen haben sie die Gelegenheit genutzt, ihre Forderungen weiter auf die Straße und in die Öffentlichkeit zu tragen. Sie verlangen ein Mitspracherecht auf kultureller und politischer Ebene. Auch die arabische Revolution brachte Bilder hervor, auf denen Frauen in erster Reihe die Demonstrationen aktiv mitgestalteten. Barbara Unmüßig von der Heinrich Böll Stiftung erklärte in einem Interview mit dem Südwestrundfunk: „Frauen waren aktiv am Aufbruch für mehr Demokratie, auch für bessere sozio-ökonomische Entwicklungen beteiligt, denn der Protest war ja nicht nur ein Protest für mehr Freiheit und Bürgerrechte, sondern auch ein Protest gegen politische Willkür und massive soziale Ungleichheit.“ Positive Beispiele für mehr Geschlechtergerechtigkeit gibt es unter anderem aus Saudi-Arabien. Dort wurden im vergangenen Jahr erstmals dreißig Frauen in den Schura-Rat, eine beratende Versammlung bestehend aus 150 Mitgliedern, berufen. Zum ersten Mal sollen auch Frauen bei den nächsten Kommunalwahlen 2015 kandidieren und wählen dürfen. Allerdings regiert das Haus der Al-Saud weiter uneingeschränkt das Land und viele Gesetze, wie das Fahrverbot für Frauen, bleiben umstritten. Sie engen Frauen immer noch stark ein. Ohne „Vormund“, das heißt Ehemann oder männlichen Blutsverwandten, dürfen sie auch keine Verträge unterschreiben, ja sich nicht einmal in der Öffentlichkeit zeigen. Ähnlich sieht es in Tunesien aus: „Dort ist es gelungen, über eine Frauenquote den Anteil der Frauen in der verfassungsgebenden Versammlung zu erhöhen. AlTagesSatz

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lerdings sitzt im Parlament die islamistische Ennahda Partei, so dass zwar einerseits die politische Teilhabe von Frauen im tunesischen Parlament erhöht wurde, anderseits vertreten diese Frauen, die vom politischen Islam geprägt sind, aber Positionen, die nicht unbedingt Frauenrechte nach vorne bringen. Das ist also eine sehr komplizierte Situation. In Libyen ist es so, dass ein paar wenige Frauen es ins Parlament geschafft haben, und dort engagieren sich die Frauen natürlich auch für Teilhabe und Gleichberechtigung“, berichtet Unmüßig. Der arabische Raum, geprägt durch die arabische Sprache und dem Islam als zentrale Glaubensrichtung, ist alles andere als homogen. Sowie die Staaten und Regionen selbst sind auch die Entwicklungen der letzten Jahre von Land zu Land sehr verschieden. Von einigen Unruhen, Protesten, über gestürzte Staatsoberhäupter bis hin zum Bürgerkrieg hat der arabische Frühling starke und weniger starke Volksaufstände hervorgerufen. In Syrien beispielsweise tobt seitdem ein erbitterter Bürgerkrieg; die Lage für die Bevölkerung ist prekär, Vergewaltigungen und Entführungen werden hier als Kriegswaffe missbraucht. Und in Ägypten sind Frauen nach wie vor nicht Teil der verfassungsgebenden Versammlung, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen und deutlich zu machen, dass der arabische Raum im Umbruch schwer zu vergleichen ist. Schon gar nicht die Situation der Frauen. Dennoch ist ihnen gemein, dass sie den Protesten ein weibliches unübersehbares Gesicht geben. Ob auf dem Tahir-Platz in Kairo oder in der Kasbah von Tunis, die Szenen ähneln sich: Frauen gestalten die Revolution, halten Plakate, schreiben auf Facebook. Sie sind Teil der öffentlichen Debatte. Trotzdem sind viele weibliche Lebensverläufe noch durch patriarchale und traditionelle Normen gekennzeichnet, die ihnen eine untergeordnete Rolle zuweisen. Auch sexualisierte Gewalt ist allgegenwärtig. Besonders in den chaotischen und schutzlosen Umbruchzeiten, in denen Täter leichtes Spiel haben und straffrei davonkommen. Viele Frauen, die auf die Straße gegangen sind haben berichtet, wie

Männer die Situation ausnutzten und übergriffgig wurden. Die Heinrich-BöllStiftung hat zu dieser Problematik Ende vergangenen Jahres eine Tagung abgehalten: (K)ein Frühling für Frauen? So hieß der Arbeitstitel. Fast vierzig Frauen aus Ägypten, Libyen, und Syrien, Palästina, den USA, England, dem Balkan und dem Nordkaukasus versammelten sich zum Austausch in Berlin. In ihrer Eröffnungsrede sprach Barbara Unmüßig: „Die Bandbreite der Gewalt ist groß und reicht von Nötigung, massiver Einschüchterung und Jungfrauentest bis hin zu Massenvergewaltigungen und sexueller Versklavung. Besonders der weibliche Körper gilt als symbolische Angriffsfläche in nationalistisch, ethnisch und religiös aufgeladenen Konflikten. Vergewaltigungen werden als kollektive Demütigungs- und Vertreibungsstrategie angeordnet, die familiären und kulturellen Grundlagen der Gemeinschaften zerstört. Weibliche Körper werden so als Waffe politisiert. Sexualisierte Gewalt richtet sich aber auch gegen Jungen und Männer.“ Die Aufklärungsarbeit gestaltet sich schwierig, da die Opfer aus Angst vor Stigmatisierung sich häufig nicht zu ihren Erfahrungen äußern wollen. Vergewaltigung ist und bleibt ein großes Tabuthema. Doch Aufklärung wird von vielen Organisationen groß geschrieben. Ein ägyptisches Internetprojekt gibt beispielsweise Opfern die Möglichkeit, anonym über ihre Erfahrungen zu berichten und die Belästigungen und Übergriffe öffentlich zu machen. Insgesamt sollte aber die Lage nicht allzu pessimistisch betrachtet werden; die Umbrüche haben eine neue und besondere Situation geschaffen. Auch wenn, hauptsächlich für die Frauen in Syrien und für die Frauen, die auf der Flucht sind, von bitteren Rückschläge begleitet, ist dieser Aufbruch unumkehrbar, weil er den Leuten das Selbstbewusstsein gegeben hat, für ihre Rechte einzutreten. So ist es noch ein langer Weg bis zur Gleichberechtigung, aber der Grundstein ist gelegt. Naima Gibril, eine Richterin aus dem libyschen Benghazi bringt es auf den Punkt: „Es ist leichter, einen Diktator loszuwerden, als die Herrschaft der Männer zu überwinden.“

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Pia Zojer

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Polyamorie

Neues Beziehungsmodell oder l채ngst 체berf채llige Ver채nderung?

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TI TELTH E M A Liebe ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt. Doch nicht jeder ist zum Teilen durch mehr als zwei bereit, was wir an dem immer noch vorherrschenden Gesellschaftsmodell von monogamen Zweierpaarbeziehungen sehen.

* CAROLIN KÜLLMER

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eit den sechziger Jahren und erneut seit etwa zehn Jahren entwickelt sich neben diesem Modell parallel ein anderes, was den immer individuelleren Lebensstil der Generation von 20- bis 40-Jährigen unterstreicht und teils optimiert: Die polyamoröse Beziehung. Polyamorie ist ein griechisch-englisches Kunstwort und bedeutet eigentlich nichts Anderes als die gleichberechtigte Liebe zu mehreren Partnern zur selben Zeit, ehrlich und mit Wissen und Zustimmung aller Beteiligten. Doch wie ist ein solches Modell zu bewerkstelligen, fragen sich Konservative und Skeptiker. Durch Organisation, Rücksichtnahme und Toleranz ist die Antwort. Während bei einer offenen Beziehung der Hauptpartner mit One-Night-Stands und geduldeten Affären agiert, ist bei einer Poly-Beziehung Gleichberechtigung an der Tagesordnung. Der Vorteil ist dabei, dass vor dem Partner vollkommen offen über die Sexualität, Attraktivität des anderen gesprochen werden kann, ohne, dass Eifersucht und Angst vor Verlust im Gegenüber hervorgerufen werden. Man führt ja eine gleichberechtigte Beziehung und niemand kommt zu kurz.

oder unterdrückte Bedürfnisse über Jahre nicht ausgelebt werden können, weil er / sie Probleme damit hat. „Ich kann mir vorstellen, mit vielen Frauen zusammen zu sein, aber ich könnte es nicht ertragen, wenn meine Frau mit vielen Männern zusammen wäre. Ich bin eben ein eifersüchtiger Mensch.“ Das ist ein Gedanke in vielen Männerköpfen und umgekehrt. Um polyamorös leben zu können, bedarf es einige Grundfragen zu klären: Kann ich auch alleine glücklich sein und genüge mir auch selbst dabei, oder bin ich permanent auf Bestätigung durch einen Partner angewiesen? Welche Prioritäten habe ich in meinem Leben und bin ich in der Lage, meine Bedürfnisse klar zu artikulieren? Was erhoffe ich mir von einer Beziehung und wie sahen vorangehende Beziehungen aus? Woran scheiterten sie beispielsweise?

samen Kinobesuch. Das ist für mich persönlich keine zufriedenstellende Umgangsform und schützt weder vor Fremdgehen noch vor innerer Abkapselung. Kommunikation ist in jeder Beziehungsform fast alles. Ein „Nein, das stört mich, weil…“ kann genauso erhellen wie ein „Ich würde mir wünschen, dass“. Intrigen sind ein No-Go in Polybeziehungen. Was Kinderwünsche oder Zusammenziehen anbetrifft gilt es, Absprachen zu treffen. Es gibt viele Paare, die zum Beispiel zu dritt oder mehreren zusammenleben und Kinder gemeinsam erziehen. Man stößt nicht überall auf Verständnis. Arbeitskollegen, Freunde, Familie und vor allem die ältere Generation stoßen sich oft an dem Leben von Polyamoren. Man merkt es auf Familienfesten, Partys oder Firmenfeiern mit Partnern. Vordergründig kommen interessierte Fragen, oft auch unter die Gürtellinie, als ginge es dabei nur um Sex. Hinterrücks wird gelästert und es werden Beleidigungen ausgesprochen. Dies kann aus Unwissenheit, Verwirrtheit, Missgunst oder Unverständnis resultieren. Das Misstrauen ist ähnlich wie gegenüber Homosexuellen mit Gedanken in den Köpfen verbunden wie: „Er / sie nimmt sich was er / sie will und vielleicht auch meinen Partner!“, „Das ist doch keine Liebe.“

Lass die Leute reden…

Die Beständigkeit von Poly-Beziehungen ist mit Mono-Beziehungen zu vergleichen, Streit und Auseinanderleben kann mit einem Partner genauso passieren. Nur dass im Falle einer Trennung nicht das Single-Dasein wartet. Zusätzliche Partner bedürfen Vertrauen und Absprachen. Das Modell ist alleine aus Zeitgründen für manche (bei einem Vollzeitjob zum Beispiel) nicht beliebig erweiterbar. Nicht jeder Mensch möchte polyamorös leben. Nicht jeder muss es. Aber jeder sollte im Idealfall ehrlich zu sich selbst sein und eine Beziehung beenden, bevor der Partner betrogen wird TagesSatz

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Nach außen hin gibt es mehrere Reaktionen auf polyamoröses Leben. Oftmals sieht man sich mit dem Vorwurf konfrontiert, man könne sich nicht entscheiden oder sei triebhaft und unbeständig. Was ist unbeständiger? Eine Person, die alle Monate ihren Partner wechselt auf der Suche nach etwas Neuem oder jemand, der sich nicht traut, in einer Ehe zuzugeben, dass ihm etwas fehlt, oder ein Mensch, der sich entscheidet, seine Wünsche und Bedürfnisse auf mehrere Menschen aufzuteilen, da nie jeder alles sein kann. Wie kann ich meinen Partner, der sich mit mir arrangiert hat, dazu zwingen, wenn er zeitlebens bestimmte optische oder Charaktermerkmale bevorzugt hat, doch jetzt NUR mich attraktiv zu finden? Oftmals höre ich bei monogamen Paaren heraus, dass Ex-Partner verteufelt werden oder andersgeschlechtliche Freundschaften boykottiert werden, sei es zum Essen oder dem gemein-

Drüber stehen, stark sein! Die Gesellschaft ist im Wandel und wer in den fünfziger Jahren als Frau mit einer anderen Frau zusammenleben wollte, stieß auf dieselben Hürden und Probleme. Es gibt heutzutage eine große internationale Gemeinschaft von Menschen, die polyamorös leben, sich bei Stammtischen treffen und in Internetforen posten. „Und statt oder“ ist die Devise und bei Einverständnis schadet man damit niemandem.

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T I T E LTH E M A

Liebe findet ihren Weg Wenn sich zwei Menschen über Ländergrenzen hinweg zueinander hingezogen fühlen, sind verschiedene Kulturen und Sprachen noch die kleinsten Probleme. Stefan Giebel konnte seine Frau Afshaan erst nach einer langen Ämter-Odyssee in die Arme schließen. Im Interview schildert er die Hintergründe.

* HARALD WÖRNER IM GESPRÄCH MIT STEFAN GIEBEL Wie verlief das erste persönliche Kennenlernen? Und was für einen Entschluss fassten Sie beide? Nach genau drei Tagen in Dubai fragte ich sie, ob sie mich heiraten würde. Ich wurde der Familie vorgestellt und eingehend interviewt. Sie sagte zu und machte mich zum glücklichsten Menschen der Welt. Die Abreise nach Deutschland fiel mir schwer.

Ute Kahle

Diesem beidseitigen Wunsch nach Heirat standen aber einige Hindernisse im Weg. Können Sie schildern, welche?

H

err Giebel, inzwischen sind sie glücklich mit Ihrer Frau Afshaan liiert: bis dahin war es aber ein langer Weg. Können Sie schildern, wie Sie damals Ihre Frau kennengelernt haben? Wir haben uns im Mai 2010 via Internet kennengelernt. Fast täglich haben wir miteinander viele Stunden über Chat und Internet-Telefonie kommuniziert. Wir merkten zunehmend, dass wir sehr viele Interessen teilen und ähnliche Vorstellungen von Familie und Zukunft haben. Sie hatten angedeutet, dass sie über Facebook miteinander kommuniziert haben: was folgte als nächster Schritt? Da ich häufig auf Konferenzen bin, fragte ich nach, ob ich sie auf meiner nächsten Iran-Reise im August 2010 denn in Dubai besuchen dürfte. Sie sagte zu.

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Zunächst hatten wir geplant, dass sie Deutschland kennenlernt, um zu entscheiden, ob wir hier gemeinsam leben wollen. Ihr erster Antrag auf ein Visum wurde aber abgelehnt. Ich besuchte sie wieder in Dubai und sie konnte im Dezember 2010 endlich hierher kommen. Eine Eheschließung bei uns stellte sich schwieriger heraus als gedacht: Ihre Geburtsurkunde wurde mehrere Monate lang überprüft; sie musste innerhalb weniger Wochen Deutsch auf A1 lernen und wir beide bangten um die Verlängerung ihres Aufenthaltes. Und das Frankfurter Oberlandesgericht wollte einen Nachweis darüber, dass Ihre künftige Frau in Indien nicht schon verheiratet war. Warum war der schwer zu erhalten? Indien kennt solche Register nicht. Deutschland will dann eine offizielle Stellungnahme, dass das andere Land ein solches Register nicht führt. Indem Sie alle Möglichkeiten ausschöpften, konnten Sie dann eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung herbeiführen, oder?

Ja, im Mai 2012 konnten wir dann heiraten. Sie musste zusätzlich den mehrmonatigen Orientierungskurs absolvieren. War die Liebe, die sie füreinander empfanden, jemals gefährdet? Niemals. Gefährdet war lediglich mein Wunsch, in Deutschland und nicht in Dubai eine Familie zu gründen. Dubai ist für mich zu sehr konsumorientiert. Wie haben Sie und Afshaan die sicher auch auftretenden Phasen von Enttäuschung, Resignation und anderem denn gemeistert? Wir haben nächte- und tagelang um unsere Eheschließung gebangt. Können Sie Paaren, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, einen abschließenden Rat geben? Zueinander zu stehen und es als eine Prüfung zu verstehen. Wer so umeinander kämpft, weiß, was er voneinander hat. War der Umstand, dass sie beide aus verschiedenen Kulturkreisen kommen, überhaupt je ein Thema zwischen ihnen? Und wenn ja, was würden Sie anderen Betroffenen aus Ihrer Erfahrung heraus raten? Es war für mich nie ein Thema. Ich bin selbst zwischen unterschiedlichen Kulturen groß geworden und habe das nie als Problem, sondern als Bereicherung empfunden. Vielen Dank für das Gespräch.

TagesSatz

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TI TELTH E M A

Katzenliebe im Frühling Wer zu den glücklichen Menschen namens Katzenbesitzer – gerne auch als Dosenöffner bezeichnet – gehört, wird die speziellen Tücken des Frühlings kennen. Vor allem Besitzer von Hauskatzen müssen sich bei aller Liebe eingestehen, dass die Jahreszeit ihre Probleme mit sich bringt.

* KATHARINA SCHWARZ

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ch liebe meine Katzen. Sie sind verschmust, kratzen und beißen nicht und sind immer für mich da. Ok, ab und an nerven sie, zum Beispiel wenn sie morgens um fünf Uhr plötzlich schon Hunger haben und mich unsanft wecken oder wenn sie mal wieder Mist bauen wie Dinge umwerfen und Essen klauen. Aber im Großen und Ganzen bin ich echt froh, so liebe Tierchen zu haben. Außer im Frühling. Da wünschte ich manchmal, sie wären Nacktkatzen oder Freigänger (Katzen, die nach draußen können) und manchmal wünschte ich, sie wären gar nicht da. Warum? Katzen verlieren im Frühling ihr Winterfell. Wenn man schon dachte, Sommerfell, das Katzen verlieren, wäre furchtbar, hatte man noch nicht das übermäßig flauschige Winterfell in den Händen. Gefühlte Milliarden kleiner feiner weicher Härchen schützen Katzen vor dem Erfrieren. Das kleinste Übel ist tatsächlich die großflächige Verteilung dieser Haare auf der Kleidung. Im Frühling trägt man meist hellere Farben und selbst wenn nicht, ich bin meist ein stolzer Katzenbesitzer und es gibt Fusselbürsten. Das Bett ist da ein ganz anderes Kaliber. Es ist immer wieder eine Erfahrung, wenn man Katzenhaare in den Augen, in der Nase oder im Mund hat. Jeder kennt doch das Gefühl, auf der Zunge wachse Pelz, wenn er morgens nach zu hohem Alkoholgenuss aufwacht. Das habe ich im Frühling auch ohne Alkohol, dank Katzen.

auch nur aus Langeweile oder Verlegenheit. Da bei der Reinigung die Zunge verwendet wird, landet der Dreck im Magen der Katzen und neunzig Prozent von dem Volumen sind Haare. Nun würde man meinen, Katzen würden diese Haare so einfach verdauen. Bei einigen Haaren tun sie das, aber der Rest will irgendwie wieder raus. Selbst wenn man ihnen spezielle Magenpaste verabreicht. Katzenbesitzer kennen dieses Würgen, das eine Katze von sich gibt, nur zu genau. Meist hat man zwischen Würgen und Kotzen noch ein paar Minuten, die Katze weit weg von jeglichen Teppichen zu werfen. Nachts oder wenn man nicht da ist, geht das leider nicht. Nun muss dazu gesagt werden, dass Katzen einen siebten Sinn für das Aufspüren von Teppichen haben. Der einzige Teppich in der Wohnung kann der Badezimmervorleger sein, sie speien jedes Mal genau darauf.

statten sie es sich einfach, ihr Deponiegut überall hin zu legen. Und ich habe die Begabung, die kleinen Tretminen in Null-Komma-Nichts zu finden. Zum Beispiel beim Toilettengang verspüre ich ab und an mal plötzlich ein warmes leicht matschiges Gefühl zwischen den Zehen.

Wenn dann zwischen Würgen und Kotzen nicht genug Zeit ist, einen Teppich oder Alternativen zu finden, ge-

Ich liebe meine beiden Schmusetiger, nur im Frühling, da mag ich sie manchmal ein klein bisschen weniger.

Manchmal sind meine Flauschtiere auch einfach zu faul aufzustehen. Dann bedienen sie schon mal mein Bett, aber auch den Drucker, auf dem gerne mal geschlafen wird. Und falls jetzt jemand am Ende meiner Anekdote behauptet, ich hätte das vermeiden könne, indem ich die Katzen jeden Tag bürste, der kann gerne die Fellbälle aus dem Müllcontainer fischen, die sich nach regelmäßiger Katzenbürsten-Orgien wegwerfe. Daraus kann man sicher gut vier Katzenkleider nähen.

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Apropros Körperpflege. Katzen sind recht reinlich, das ist soweit bekannt. Sie putzen sich laufend, manchmal TagesSatz

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S T O L P E R S TE IN

Kann denn Liebe Sünde sein? * GLOSSE VON ANJA DANISEWITSCH Sarah Raymaekers

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enn die Menschen ihrem Herzen nicht mehr vertrauen, was ist dann die Liebe noch wert?

Was waren das doch früher für Zeiten: Es begann damit, dass Adam und Eva sich einen Apfel teilten. Alsbald wurden die Rollen der Geschlechter festgelegt, von wem, das mag uns hier nicht weiter interessieren, die Männer martialisch, die Frauen „Heimchen am Herd“. Die Liebe war noch nicht erfunden. Das kam später. Und dass man sich selbst entscheiden kann, dass man auf sein Herz hören darf, dass man die Liebe seines Leben heiraten kann, das geschah noch später unter dem Einfluss einer idealisierten, romantischen Liebe, unter Ausschluss des Verstandes. Ja das waren Zeiten: das Werben umeinander, die Duelle im Morgengrauen, Begegnungen, zufällig im Park, Blicke, die alles Versprechen, es ist Frühling, die Hormone tun ihr übriges… Cut! Wir schreiben das Jahr 2014. Nun können wir doch von Glück reden, im digitalen Zeitalter zu leben. Dank der neuen Medien sind wir immer und überall gut informiert über… na alles Mögliche. Damit wir das auch tatsächlich sind und mitreden können auf allen sozialen Kanälen, müssen wir uns informieren, immer und überall. Und auf diese ausgeklügelte Weise lernt man 2014 eine Unmenge an neuen Freunden kennen, Quantität garantiert bekanntermaßen soziale Anerkennung. Aber das ist ja ein alter Hut… Zudem helfen spezielle Filter in den Programmen, unser zielstrebiges Leben zu „effizientisieren“. Wie so etwas geht? – Indem uns freundlicherweise ausschließlich individualisierte Informationen erreichen. Da wird sogar das Finden der Traumfrau / des Traummannes ein Kinderspiel. Kurzer Selbstcheck: Wie toll bin ich? Gibt es irgendwas, das ich nicht kann? Nun ein schneller Datenabgleich – Voilà, einmal Traumpartner, sʼil vous plaît! Und draußen vorm Haus ist Frühling. In den verweisten Parks sprießt zartes Grün, summen die Bienen, zwitschern die Vögel – Wiederholung des Immergleichen. Nur fehlen dieser realen Welt gewissermaßen die Liebenden. Die, die sich trauen, nach der analogen Liebe zu suchen. Die, die das Leben genießen mit all seinen Fehlern, weil nur diese uns helfen zu lernen, wer wir sind. – So lasst mich einen Toast aussprechen auf die romantische Liebe, die uns überfällt an realen Orten, wo wir es nicht vermuten. An einem sonnigen Tag im März. Es ist wieder Frühling, darum lasst es mich laut hinausschreien: Frauen, lasst euch umwerben! Und Männer, lasst euch umwerben! Und alle, auf zum Duell!

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TagesSatz

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misterQM (photocase.com)

PARAGRAPH EN RE IT E R

IM NAMEN DES VOLKES

Fördern und Fordern? Mit der Umsetzung der Agenda 2010 sollte alles besser werden. Die Arbeitsverwaltung sollte sich den Herausforderungen der Zeit aktiv stellen. Die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe war als ein wesentlicher Schritt in Richtung moderne Verwaltung gedacht. Doch können die Reformen am Arbeitsmarkt diesen Anspruch erfüllen?

* HANS PETER PUNG

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st Hartz IV gescheitert? Braucht die Reform der Sozialsysteme eine erneute Überarbeitung? Fragen, die durchaus berechtigt sind. Denn nicht alles läuft gut seit Umsetzung der Agenda 2010. „Fördern und Fordern“, unter dieses Motto wurde die Reform gestellt. Gefordert wird seitdem viel. Empfänger von Sozialleistungen müssen sich aktiv um die Minderung ihres Hilfebedarfs kümmern, jede zumutbare Arbeit muss angenommen werden. Der Fallmanager vereinbart mit dem Hilfebezieher eine Eingliederungsvereinbarung, in der zumeist lediglich die Anzahl der monatlich zu leistenden Bewerbungen vereinbart wird. Viele Empfänger von Arbeitslosengeld II kennen dies. Sie wissen auch, vielmehr ist dann vom Jobcenter auch nicht mehr zu erwarten. Bei der Jobsuche ist man auf sich allein gestellt. Dabei sollte doch eigentlich alles besser werden. Denn Arbeitslose sollten in ihrem zuständigen Jobcenter alle Hilfen aus einer Hand erhalten. Die Vermittlung in neue Arbeit war dabei sozusagen als der „krönende Abschluss“ gedacht. Vor allem Langzeitarbeitslose sollten von diesem neuen Modell profitieren.

TagesSatz

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Doch genau hier versagt das System. Die Chancen eine neue Arbeit zu finden, sind nur im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit noch relativ gut. Gelingt dies nicht, ist man fast verloren. Denn die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat, trotz der guten Situation am Arbeitsmarkt, kaum merkbar abgenommen. Dafür gibt es hausgemachte Ursachen. Hier merkt man deutlich, das „Fördern“ funktioniert nicht, denn Hartz IV ist mit einem wesentlichen höheren Anspruch gestartet. Nicht nur die Vermittlung in Arbeit sollte geleistet werden, sondern es sollten auch sogenannte Vermittlungs-Hemmnisse abgebaut werden. Wer lange arbeitslos ist, hat oft Schulden angehäuft. Hier sollte eine Schuldnerberatung Abhilfe schaffen. Denn finanzielle Altlasten, psychische Erkrankungen und Suchtprobleme sind Vermittlungshemmnisse, die im Vorfeld abgeklärt werden müssen, bevor eine Vermittlung in Arbeit mit Erfolg beginnen kann. Bei den Jobcentern kennt man diese Problematik. Doch die Fallmanager sind damit komplett überfordert. Sie verfügen nicht über die notwendige Ausbildung, oder die Vorgaben des Dienstgebers sehen solche Leistungen

einfach nicht vor. Stattdessen steckt man die Arbeitsuchenden lieber in Maßnahmen wie Bewerbungstraining oder andere Qualifikations-Programme, die aber nur eins zum Ziel haben: Die Arbeitslosen sind beschäftigt und erscheinen nicht mehr in der Statistik. Eines schafft man mit diesen Maßnahmen jedoch nicht: eine nachhaltende Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit. Letztendlich hilft hier nur die gezielte Förderung des jeweiligen Arbeitslosen. Vermittlungshemmnisse müssen erkannt und abgebaut werden. Der Hilfesuchende muss gezielt auf die neue Beschäftigung vorbereitet werden. Es gibt also noch viel zu tun, wenn die Agenda 2010 ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden will. Denn Sanktionen allein bringen die Reform nicht voran. Nur wenn man Hartz- IV-Empfänger ganzheitlich fördert, wird sich dauerhafter Erfolg einstellen. Wenn die Agenturen weiterhin auf Sanktionen als Heilmittel setzen, werden sie früher oder später erkennen, dass sie damit die gute Idee, die eigentlich hinter der Reform steckt, gegen die Wand fahren.

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Jörg „Yogi“ Müller

GÖTTINGEN

Die Angst vor der Armut Anderer * CLAAS-THORGE WEISE

Rumänien und Bulgarien sind seit dem 1. Januar 2007 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Zum 31. Dezember 2013 sind die Übergangsregelungen ausgelaufen, die Einschränkungen der Freizügigkeit der Bürger dieser beiden Länder vorsahen. Damit dürfen sich Rumänen und Bulgaren nun uneingeschränkt in jedem Mitgliedsstaat frei bewegen und aufhalten. Ist es aber schon wegen dieser Tatsache gerechtfertigt, sich vor einer Einwanderungswelle zu fürchten, die von dort wo sie herkommt Armut mit sich spült?

D

urch die Einführung der Freizügigkeit wird die Zuwanderung 2014 auf bis zu 180.000 Personen steigen, vermutet Professor Herbert Brückner in seinem aktuellen Bericht für das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). 180.000 Menschen aus zwei der wirtschaftsschwächsten Länder der EU. Anzunehmen, alle Einwanderer kämen nur aus dem Motiv heraus, den teils katastrophalen Bedingungen ihrer Heimat zu entfliehen und es sich in unserem Sozialsystem gemütlich zu machen, ist der erste Trugschluss in dieser Angelegenheit und Teil der Vorurteile gegenüber Bulgaren und Rumänen, die nach Deutschland einwandern. Zu den Vorurteilen über Sinti und Roma, die im Allgemeinen immer noch leichtfertig mit Rumänen und Bulgaren gleichgesetzt werden, gehört nach Meinung der Göttinger Ethnologin Barbara Danckwortt die Ansicht, dass diese arbeitsscheu seien. Das ist ein Stigma, welches denjenigen Menschen auch heute noch anhaftet, über deren Zuwanderung derzeit diskutiert wird.

sen, dass Einwanderer durchaus bereit und in der Lage sind, sich in die bestehende Gesellschaft zu integrieren, so Danckwortt.

Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, die in den sechziger Jahren nach Deutschland gekommen und mittlerweile derart gut integriert sind, dass sie nicht einmal mehr als Migranten wahrgenommen werden, bewei-

Neben dem Recht, sich frei innerhalb der Europäischen Union zu bewegen, bedeutet Freizügigkeit, dass sich Menschen in jedem Mitgliedsstaat – also auch in Deutschland – wirtschaftlich betätigen können. Dadurch er-

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Zweiter Irrglaube ist, dass die Rumänen und Bulgaren, die nach Deutschland einwandern, hier keine Arbeit haben: Die Arbeitslosenquote unter den Bulgaren und Rumänen in Deutschland belief sich der IAB-Studie zufolge zur Jahresmitte 2013 auf verhältnismäßig niedrigen 7,4 Prozent und ist damit niedriger als die des Bevölkerungsdurchschnittes (7,7 Prozent). Probleme im Zusammenhang mit der Zuwanderung ergeben sich vor allem aus der teilweise schlechten Ausbildung der Zuwanderer. Für die seit dem EU-Beitritt der beiden Länder Zugewanderten ergibt sich durch die Studie, dass 46 Prozent keine abgeschlossene Berufsausbildung hatten. Wegen der durchschnittlich schlechteren Berufsqualifikation von Saisonarbeitern ist diese Quote aber leicht mit dem Anstieg der Saisonarbeit im gleichen Zeitraum zu erklären.

weitern sich die Beschäftigungsmöglichkeiten, so dass davon auszugehen ist, dass die durchschnittliche Qualifikation der Neuzuwanderer ansteigt. Vor allem ergeben sich für Menschen mit mittlerer Qualifikation neue Möglichkeiten und damit Anreize für eine Zuwanderung. Handlungsbedarf besteht allerdings in strukturschwachen Kommunen wie etwa Duisburg, wo unter den rumänischen und bulgarischen Menschen fast 35 Prozent arbeitslos sind. Die sich dort konzentrierenden Probleme lassen sich aber nicht dadurch lösen, den Menschen die Zuwanderung und den Zugang zum Sozialsystem zu erschweren. Insbesondere würde man so nicht dem eigenen Bedarf an Zuwanderern wegen der schrumpfenden eigenen Bevölkerung gerecht werden. Vielmehr müssten Hilfen geschaffen werden, die Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft zu erleichtern. Es ist dazu wichtig, Einwanderern Offenheit entgegenzubringen anstatt Skepsis und Angst. Manchmal müssen erst Mauern eingerissen werden, um ein solideres Haus zu errichten.

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TagesSatz

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GÖ TTIN GE N

Ohne Solidarität gibt es keinen Ausweg Als EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Inklusion muss László Andor EU-Verträge überwachen und kann Empfehlungen aussprechen. In besonders harten Fällen kann die Kommission auch Klage beim Europäischen Gerichtshof einreichen. Ein Gespräch zur sozialen Lage in Europa.

* BIRGIT MÜLLER (www.street-papers.org / Hinz und Kunzt)

D

ie Senatskanzlei macht’s möglich: Trotz Zeitnot können wir EU-Sozialkommissar László Andor treffen. Ein Interview zwischen Flughafen und Gästehaus des Senats – in 18 Minuten und 11 Sekunden. Viele Wanderarbeiter aus Rumänien und Bulgarien werden hier mit Dumpinglöhnen abgespeist. Es gibt eine ganze Industrie, die die Menschen hierherbringt. Sie nutzt es aus, dass die Wanderarbeiter nicht gut informiert sind, und die Menschen sind so verzweifelt, dass sie jede Arbeit annehmen. Deutsche Generalunternehmer beauftragen Subunternehmer, die das Personal einstellen. Die Generalunternehmer fühlen sich daher nicht verantwortlich für die Menschen, selbst wenn diese auf ihrem Gelände arbeiten. Vor allem muss es schärfere Arbeitskontrollen geben. Das ist teuer. Aber es ist sehr wichtig, dass sie auch in finanziellen Krisenzeiten durchgeführt und die Rechte von Arbeitnehmern nicht verletzt werden. Es ist aber auch ein strukturelles Problem: Solange es nicht verboten ist, Menschen zu Dumpinglöhnen zu beschäftigen. Genau. In Deutschland gibt es in vielen Branchen Niedriglöhne. Wir haben deshalb viele Beschwerden über Deutschland, und zwar nicht nur, was die Wanderarbeiter angeht. Über die Zustände in der Fleischindustrie beispielsweise gibt es eine große europäische Auseinandersetzung. Leute in Holland, Belgien, Dänemark und Frankreich sehen das als eine Form von Sozialdumping. Diese Länder haben alle Mindestlöhne, und wenn die sich Mindestlöhne leisten können, kann Deutschland das auch. Dann wären derartige Missstände unmöglich.

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Was sagt Frau Merkel dazu? Die Regierung in Berlin will sich jetzt des Problems annehmen und es mit den Sozialpartnern besprechen. Mit großem Interesse habe ich gesehen, dass man in der Fleischindustrie jetzt über einen Mindestlohn verhandeln will. Einige Kommunen wünschen sich, dass die Wanderarbeiter in ihre Heimat zurückgehen. Die europäische Rechtsprechung ist eindeutig. Man hat die Freiheit, in jedem anderen europäischen Land zu arbeiten, aber die Freiheit zu bleiben hängt davon ab, ob man sich dort ernähren kann. Aber natürlich kann man nicht davon ausgehen, dass nur Ingenieure, Zahnärzte und Philosophen das Recht in Anspruch nehmen. Dieses Recht hat jeder. Derzeit sind auch viele arme Menschen auf Arbeitssuche. Und Deutschland ist angewiesen auf ausländische Arbeitskräfte. Deutschland, Schweden und Dänemark profitieren sogar von der Mobilität. Schließlich sind viele neue Jobs geschaffen worden: im Dienstleistungsgewerbe, in Haushalten, auf dem Bau. Einige Gemeinden sehen das nicht so positiv. Europaweit betrachtet haben wir keine exorbitanten Wanderungsbewegungen von Rumänen und Bulgaren. Auch in Deutschland nicht, da liegt die Zahl bei unter 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das ist eine fast unsichtbare Quote. Aber es ist wahr: Es gibt einige wenige Gemeinden wie Dortmund, Duisburg und Berlin, in denen die Zahl der Zuwanderer sehr hoch ist. Die Kommunen erhoffen sich Hilfe vom Bund - und bekommen sie nicht.

Die deutsche Regierung hätte sich stärker dafür engagieren müssen, dass im EU-Haushalt entsprechende Gelder für genau diese Probleme bereitgestellt werden. Unglücklicherweise spielt Deutschland eine andere Rolle: Berlin drängte darauf, alle Sozialausgaben zu kürzen und setzte sich nicht dafür ein, der EU ein größeres soziales Mandat zu verleihen. An dieser Front haben wir natürlich Grund, uns zu beklagen. Sie sagten einmal: Der soziale Zusammenhalt in Europa sei stark gefährdet. Das ist eine Untertreibung. Nicht nur das Risiko zu verarmen steigt, sondern auch die Zahl der Auswanderer aus den Krisenländern nimmt zu. Das ist immer ein Indiz dafür, dass Wirtschaft und Gesellschaft zusammenbrechen. Ohne mehr Solidarität in den Ländern und mehr Solidarität auf EU-Ebene gibt es aus dieser Situation keinen Ausweg. Kaum zurück in der Redaktion, die Nachricht: In Ungarn wird Obdachlosigkeit jetzt unter Strafe gestellt. Was sagt László Andor dazu, der auch ungarischer Staatsbürger ist? Die Kommission kann nur da intervenieren, wo ein Mitgliedsland gegen ein europäisches Gesetz verstößt. Das scheint hier nicht der Fall zu sein, mailt er zurück. (Darüber gibt es allerdings in der EU unterschiedliche Ansichten, Anm. der Red.) Aber die Kommission habe folgende Haltung: Die Mitgliedsländer sollten „der Obdachlosigkeit mit sozialen Maßnahmen begegnen und nicht mit Strafen. Das steht nicht im Einklang mit den europäischen Werten.“ Eine Kriminalisierung von Obdachlosen durch Mitgliedsstaaten sei „ineffizient, kostenintensiv und stigmatisierend“.

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GÖTTINGEN Detlef „Rocky“ Bernhard & Ute Kahle

Miteinander Füreinander * DETLEF „ROCKY“ BERNHARD

Die zweite Woche im November steht im Kaufpark Göttingen jedes Jahr unter dem Motto Miteinander – Füreinander. Hierbei stellen Vereine und Institutionen sich und ihre Arbeit vor. 2013 war zum ersten Mal auch der TagesSatz dabei. Hierbei konnten unsere Verkäufer nicht nur ein breites Publikum erreichen und sich und ihre Arbeit vorstellen, es wurden auch viele Kontakte geknüpft und einige neue Projekte konnten so entwickelt werden. Wir danken unseren Unterstützern und Fans für ihre Treue über so viele Jahre und freuen uns zu unserem Jubiläum im November 2014 mit ihnen wieder Miteinander – Füreinander da zu sein!

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TagesSatz

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DER CO M IC

TagesSatz

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KAS S E L

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eden Sommer sehen sich die Bediensteten des Regierungs-Präsidiums (RP) auf dem von der Kunsthochschule Kassel veranstalteten Rundgang die Arbeiten junger Künstler, Grafiker und Designer an. So auch letztes Jahr. Zwanzig Absolventen wurden eingeladen und nahmen die Herausforderung an.

Aufbrechen von Routinen Die „Interventionen“, eine Kooperation zwischen dem Regierungs-Präsidium Kassel und der hiesigen Kunsthochschule, sind mittlerweile zur Institution geworden.

* HARALD WÖRNER

Denn als Herausforderung stellt sich die Installation von Objekten im RP insofern dar, als diese Behörde der Vermittler zwischen der Landesregierung in Wiesbaden und der Region Nord- und Osthessen ist. In dieser Funktion nimmt das RP vor allem Kontroll- und Beratungsfunktionen gegenüber nachgeordneten Behörden wahr, ist insofern also durch standardisierte Abläufe gekennzeichnet. Diese Routinen werden nun durch die „Interventionen“ zumindest aufgebrochen. Denn größerer Publikumsverkehr ist hier wohl eher selten der Fall.

Im sechsten Stock präsentiert Cornelia Manjak Personengruppen, die alle etwas gemeinsam haben – sie warten. Ob beim Arzt oder bei einer Behörde, all diese Personen überbrücken eine Zeitspanne. Die Künstlerin, die von ihren Personen (Gruppen) zuerst Fotografien gemacht hat, stellt diese nun in Acrylfarbe auf Zeichenpapier dar. Dabei nimmt sie die Menschen aus der gewohnten Umgebung, isoliert sie im neutralen weißen Vakuum und macht damit das Prozesshafte des ganzen Geschehens deutlich. Keiner von uns wartet gern.

Bei meinem Besuch hatte ich gehofft, auch den „RP“ (Regierungs-Praktikanten) im „RP“ (Regierungspräsidium) anzutreffen. Denn Franz-Markus Kämmerer bietet sich während der Ausstellungsdauer als Praktikant an. Er sitzt im Flur auf einem Sessel und wartet, bis man ihm Aufträge erteilt. Da diese jedoch über die Pforte abgewickelt werden, über die sich sowieso jeder Besucher anmeldet und ich nicht ausdrücklich nach ihm gefragt habe, war er somit auch nicht präsent.

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MEHR ZUM THEMA: bis 14.03.14: Interventionen Regierungspräsidium Kassel Steinweg 6 Mo-Do 9.00-17.00 Uhr Fr 9.00-14.00 Uhr www.rp-kassel.hessen.de www.kunsthochschule-kassel.de

Privat

Sehr anmutig zeigt Stefanie Aimeé Poole im achten Stock ihre „Unterwasser-Welten“. Angeregt durch eine Rotalge, die sie im Urlaub gefunden hatte, überlegte sie, wie sie deren Gestalt nachbilden könne. Nach einigem Probieren kam sie zum Entschluss, über eine textile Herangehensweise Form und Beschaffenheit der Rotalge zu imitieren. Mit Seidenorganza versuchte sie nun, ins Dreidimensionale zu gehen. Dabei entstand ein Hohlraum, der sich gut dafür eignet, faltbare Blumenvasen aus PE-Folie zu umkleiden. Die „ursprüngliche“ Pflanze wird also selbst zum Gefäß.

de kann für Empfindsame insofern zur Gefährdung werden, weil sie phototoxisch wirkende Furocumarine enthält. Bei Berührung und anschließender Sonneneinstrahlung kann dies zu Hautentzündungen mit schwerer Blasenbildung (Verbrennungen nicht unähnlich) führen. Daher werden von Kommunen zunehmend BekämpfungsMaßnahmen organisiert.

Von der Einmischung (Intervention) ist es ja oft nicht weit bis zur Invasion, also dem (feindlichen) Eindringen in ein fremdes Herrschaftsgebiet. Dies thematisiert sehr anschaulich die Installation von Katrin Pesch. Die Herkulesstaude (auch Riesenbärenklau) ist bei uns als „invasiver“ Neophyt bekannt. Ursprünglich aus dem Kaukasus stammend, wurde sie im 19. Jahrhundert als Zierpflanze eingeführt und hat sich seitdem rasant vermehrt. Dies hat unter anderem Gründe in der hohen Keimfähigkeit, sowie der Schwimmfähigkeit der Samen. Die Herkulesstau22

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Privat

KAS S E L

Erfolgreiche Museen WIE MACHT MAN DAS?

Das Kulturnetz Kassel lud ein und Professor E.-D. Lantermann befragte zwei erfolgreiche Museumschefs nach ihren Konzepten, ihren „Rezepten“ für Erfolg. Dr. Kai Füldner vom Naturkundemuseum und Professor Reinhard Sörries vom Museum für Sepulkralkultur waren die Gäste. Privat

* NORA MEY

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er Winter, dem es an Unterhaltungswert in Form von Schneezauber und winterlichen Sportmöglichkeiten fehlte, animierte zum Museumsbesuch. Museen sind nämlich in Kassel sehr zahlreich. Sind sie es auch wert, immer wieder besucht zu werden oder kennt man eigentlich schon fast alles? Eine laufende Ausstellung „Faszination Spinnen“ im Naturkundemuseum beantwortet die Frage: Vogelspinnen jede Menge, meist träge im Terrarium liegend, aber hin und wieder auch die dicken behaarten Beinchen in Bewegung setzend, imaginieren das Gruseln, das uns vielleicht aus einer Bananenkiste entgegen spurtet. Viele nicht alltägliche Anschauungen und Infos gibt es, der grandiose Netzbau der Spinne oder die Qualitäten ihres Fadens gehören dazu.

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Mindestens zwei große Sonderausstellungen im Jahr werden im Naturkundemuseum Jahr für Jahr selbst konzipiert und gebaut. Teils geht es dabei um ungewöhnliche Themen wie Mumien, Monster oder aber um Bekanntes wie Hunde und Katzen in einem neuen Wissenskosmos. Leiter Dr. Kai Füldner spricht über seine Biographie. Als Kind schon an Naturbeobachtung und -erforschung – auch im Museum – interessiert, wird er zunächst Forstwirtschaft studieren. Als Museumschef ist er also Quereinsteiger, unbefangen und hochmotiviert, Naturerleben und -verständnis zu vermitteln. Dazu bewegt er etwas, indem er mit einem kleinen Team von Mitarbeitern Themen aufbereitet und anschaulich in Modellandschaften installiert.

Professor Reinhard Sörries, Leiter des Sepulkralkultur-Museums und studierter Theologe, teilt mit Kai Füldner die Quereinsteigerbiographie. Auch er besitzt neben Leidenschaftlichkeit eine große Offenheit für Neuorientierungen im Ausstellungsgeschäft. Obwohl in vielen Bereichen mit gänzlich anderen Voraussetzungen agierend, interessiert ihn die Vielfalt der Thematik rund um Sterben, Tod und Bestattung, um die sich das Museum im Kern kümmert. Reinhard Sörries berichtet, dass eine Art Weichenstellung für Offenheit und Vielfältigkeit gleich zur Eröffnung des Museums 1992 stattfand. Die Caricatura war an ihn herangetreten mit dem Wunsch nach Räumlichkeit für eine Ausstellung mit dem Thema „Schluß jetzt!“. Damit sei ein Signal gegeben worden, dass es nicht nur um ernste und traurige Dinge gehen solle, vielmehr Tod und Sterben zum Leben gehörten und in vielen Facetten und kulturellen Zusammenhängen betrachtet werden können, inklusive gelassen heiterer Varianten. Gemeinsam bekennen beide Museumsleiter auch, dass bei den zur Verfügung stehenden Mitteln das Sammeln wertvoller Objekte nicht im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen könne. Für das Naturkundemuseum werden Objekte für Ausstellungen ausgeliehen, und ins Sepulkralkultur-Museum kommen häufig Dinge, die man gespendet bekomme oder manchmal auf Flohmärkten preiswert erstehen könne. Auf die Frage des Moderators nach einer Dualität von Wissenschaft und Aufklärung einerseits und Erfahrung und Sinnlichkeit bei der Konzeption und Ausrichtung der Museen andererseits, bekennen sich beide Museumsleiter zur Priorität für sinnliche Eindrücke und Verfahren, auch bei den pädagogischen Konzeptionen und Aktivitäten. Darunter müsse Wissenschaftlichkeit nicht leiden, im Gegenteil sollten stets auch neue Erkenntnisse berücksichtigt und vermittelt werden.

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MEHR ZUM THEMA: www.sepulkralmuseum.de www.naturkundemuseum-kassel.de

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KAS S E L

„Was ist das, was ins uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?“

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Die Figuren des Theaterstücks kommen dem Zuschauer nahe, wenn sie mit Gewalt, Liebe und Verzweiflung kämpfen. Das liegt zum einen daran, dass sich der Glaskubus, in dem sich alles abspielt, direkt am vordersten Bühnenrand befindet und die Schauspieler auch in den Zuschauerraum vordringen. Aber auch die Gefühle der Revolution dringen tief in den Raum des Schauspielhauses. Man hört Reden, die weit über die unmittelbare Zeit der Französischen Revolution hinaus wirksam sind, muss reagieren oder sich zurückziehen. Doch letzteres ist schwer, wenn das Licht angeht und man direkt angesprochen wird. 24

Am Abend der französischen Revolution werden viele Fragen gestellt, nach Sinn, Zielen, Menschlichkeit und Opfern. Dass solche Fragen auch weit über das 19. Jahrhundert noch von Bedeutung sind, wird derzeit im Staatstheater Kassel mit Georg Büchners Stück „Dantons Tod“ gezeigt.

* KATHARINA SCHWARZ Der Zuschauer ist nicht nur Beobachter, sondern auch Zeuge, Mitschuldiger, Revolutionär und Schaulustiger. Er muss sich positionieren: Lässt er sich von den Reden und Parolen mitreißen, tut er gar nichts oder widerspricht er? In „Dantons Tod“ sind die Fragen, die gestellt werden, und die Emotionen, die man sieht, nicht mehr nur Teil der Französischen Revolution, sie erinnern an viele historische aber auch gegenwärtige Ereignisse. Die Kostüme, zusammengestellt aus Jackett, Rüschenhemden und auch Adidas-Hosen, unterstreichen diesen Eindruck, ebenso eine basslastige Soundcollage. Auch wird mit einer Videokamera und Projektionen gearbeitet, so dass ein bewegtes zeitliches Irgendwo entsteht, dass einen großen Raum für Assoziationen offen lässt.

Am Ende stehen nicht mehr die Handlung des Stückes im Vordergrund, sondern die Botschaften. Es sind Fragen nach den Abgründen der menschlichen Natur, wie die Titelfrage sie stellt, aber auch Fragen danach, wie weit man für Ziele gehen kann, was Revolution bedeutet und wie weit man sich Verantwortung durch NichtHandeln entziehen kann. Gustav Rueb (Inszenierung) ist es gelungen, Büchners Stück lebendig werden zu lassen und es über die Bühne hinaus zu inszenieren. Entstanden ist ein aufwühlender Abend, dessen Emotionen - von Idealismus bis zur absoluten Verzweiflung - sich der Betrachter nicht entziehen kann.

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MEHR ZUM THEMA: www.staatstheater-kassel.de

N. Klinger

in Würfel dreht sich auf der Bühne. Er ist Wohnung, Gefängnis, Gerichtssaal. Nur das Plexiglas trennt die Gefühle von Verzweiflung, Euphorie, Einsamkeit und einem kleinen Rest von Revolution. „Dantons Tod“ erzählt vom Abend der Französischen Revolution aus der Perspektive der beiden Hauptakteure: Auf der einen Seite steht der leidenschaftliche Danton (gespielt von Thomas Meczele), auf der anderen der tugendhafte Robespierre (Peter Elter). Waren sie zu Beginn der Revolution noch Brüder und Gleichgesinnte, könnten sie nun unterschiedlicher gar nicht mehr sein. Danton hat Charisma, ist ein mitreißender Rhetoriker und fast schon romantisch, wenn es um die Revolution geht. Doch er ist die Schreckensherrschaft leid und sucht Ablenkung in Feiern und Liebe. Robespierre hingegen ist ein kühler, überlegter Denker, der Tugend für das größte menschliche Gut hält. In seinen Augen ist die Revolution noch lange nicht vorbei und auch Mord ist kein zu hoher Preis um Ziele und Tugendhaftigkeit wieder zu festigen. Selbst vor früheren Freunden macht er keinen Halt, als er seine Machtposition gefährdet sieht und lässt Danton und seine Anhänger schließlich verhaften und hinrichten.

TagesSatz

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K AS S E L

Respektlosigkeit und Zerfall der Gesellschaft TagesSatz

Arminius lehnt sich sehr weit aus dem Fenster, um etwas Positives zu entdecken. Lange habe ich die Menschen aus vielen Blickwinkeln beobachtet. Mit vielen Freunden auf der ganzen Welt habe ich gechattet. In Deutschland zerfällt die Gesellschaft.

E

s mutet an wie im Zeitraffer. Aber very slow... In der Nachbarschaft, im Autobus, in der Straßenbahn, überall auf der Straße wird gespuckt, geraucht, Scheiße geschrieben. Es wird betrogen (besonders am Telefon werden ältere Menschen abgezockt und um den Verstand gebracht), gelogen und gemauschelt. Alles unter den Augen der Staatsgewalt beziehungsweise -macht.

* ARMUNIUS IUSSUI

Entschuldigung mal, die macht ja noch mit! Staatsekretäre, Oberbürgermeister, sie alle, wie auch Präsidenten von Fußballclubs und charmante Frauenrechtlerinnen, ja sie alle sind kriminell. Also doch: Der Galgen muss wieder her, wie im Mittelalter! Ja, auch damals wurde betrogen, aber die Strafe folgte auf dem Fuße… Heute, im dritten Jahrtausend, darf ein Mensch sich von seiner Schuld reinwaschen, wie der Katholik im Beichtstuhl. Noch so eine Farce und Schande. Ich habe nicht mehr lange, doch ich denke, die Gesellschaft ist an ihrem Ende angekommen. 2034 sind fünfundsiebzig Prozent der Menschen an Krebs erkrankt. Mann, alles regelt sich von alleine. Seid sicher, ihr lieben Menschen, denen ich das zu lesen aufschreibe. Den Gott gibt es nicht, der alles, aber auch alles entschuldigen könnte. Den habt Ihr selbst entzaubert, leider. Euer Arminius-Iussui

TagesSatz

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KU LTU RTI P P S

GÖTTINGEN

Agentur

Die Empfehlung

31 Jahre St. Pauli Blues Hamburg Blues Band mit Maggie Bell & Miller Anderson in der Musa Die Band steht für intensiven, clever arrangierten und live umwerfenden Roots Blues der auch die Puristen regelmäßig ins Wanken bringt, denn die Truppe um Sänger Gert Lange mischt brettharten Gitarren-Bluesrock so spielfreudig wie traditionsbewusst mit Soul, Psychedelic, Rhythm & Blues

* UTE KAHLE

und wagt sogar Ausflüge in Jazzgefilde. Die Hamburg Blues Band ist mit Freunden und Weggefährten nun auf großer Jubiläumstour. Die Kombination von drei LeadSängern in einer Show – der starken Blues und Rockröhre von Gert Lange sowie den herausragenden Stimmen von Maggie Bell und Miller Anderson – dürfte in der Szene zur Zeit einzigartig sein. Die Hamburg Blues Band ist immer wieder für Überraschungen gut und präsentiert ihren ganz eigenen Sound fernab jeglicher Klischees.

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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Hamburger Blues Band Fr 21.03. / 21.00 Uhr VVK 19 Euro / AK 22 Euro Musa-Saal, 37081 Göttingen www.musa.de

So 09.03. / 19.30 Uhr Theaterstübchen (Jordanstraße), Ks 6. Kasseler Jazzfrühling: Lynne Ariale, KJ Denhert und Grace Kelly präsentieren Songs von Nina Simone, Joni Mitchell und anderen, Eintritt 28 Euro, AK 31 Euro So 09.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö Der Mann in Schwarz – Das Leben und die Lieder von Johnny Cash, ein Leben zwischen Ruhm und Abgrund Mo 10.03. / 20.00 Uhr Theaterstübchen , Ks 11. Blueswoche: Jim Kahr Band: Chicago-Blues, Karten 15 Euro, AK 17 Euro Di 11.03./ 19.30 Uhr Staatstheater (Opernhaus), Ks 6. Kasseler Jazzfrühling: Ute Lemper: Last Tango in Berlin, Karten ab 35,50 Euro

bis Sa 12.04. Anthroposophisches Zentrum, Ks

So 02.03. / 19.30-22.30 Uhr Staatstheater (Schauspielhaus), Ks

Mi 12.03. / 18.00 Uhr Naturkundemuseum (Steinweg), Ks

Afrika: zwei künstlerische Positionen im Dialog: Zaki Al Maboren und Charlotte Geister, Ein Beitrag zur Globalisierung und zur multikulturellen Gesellschaft, Öffnungszeiten: Mo-Fr 9.00-13.00 Uhr, Mo-Do 14.00-16.00 Uhr, Eintritt frei

Dantons Tod, Karten 9-25 Euro, siehe auch Rezension im Kasseler Kulturteil!

Vortrag: Spinnen: Listige Jäger, Infos unter 0561/787-4066 oder unter www. naturkundemuseum-kassel.de

Sa 08.03. / 16.00 Uhr Komödie, Ks

Mi 12.03. / 20.15 Uhr Theater im OP, Gö

Landeier, Eintritt 15,50 Euro, Telefonische Vorbestellung unter 0561/18383, www.komoedie-kassel.de

Ein Inspektor kommt, von John B. Priestley. Premiere

Di 08. bis Mi 23.03. Theaterstübchen und andere , Ks 6. Kasseler Jazzfrühling (u.a. mit Joshua Redman (ausverkauft), Lynne Ariale, KJ Denhart und Grace Kelly, Ute Lemper , Diknu Schneeberger und anderen), www.theatherstuebchen.de Mi 23.03. bis So 04.05. Künstlerhaus, Gö movement matters, oder wie geht die Momenthaftigkeit einer Performance in Materie über? Ausstellung des Kunstvereins Göttingen e. V. Eintritt frei So 02.03. / 19.05 Uhr Klinikum, Osthalle, Gö Ground Green, Urban Jazz-Funk aus Bremen. Eintritt frei

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Sa 08.03. / 21.00 Uhr Musa-Saal, Gö Henrik Freischlader, „Night Train to Budapest“ Freischlader brilliert mit der Kombination von hochvirtuosem Gitarrenspiel und einer volltönenden, rauen Stimme aus dem reichen Fundus nahezu aller Musikstile des Blues und des Bluesrocks, Jazz, Rock, Funk oder Soul. Eintritt VVK 20 Euro / AK 24 Euro So 09.03. / 17.00 Uhr Stadthalle, Gö 13. Kunstgala zugunsten der Göttinger Kulturförderung 130 KünstlerInnen aus mehr als 10 Göttinger Kultur-Einrichtungen treten ohne Gage auf!

Do 13.03. / 19.30 Uhr Rathaus (Bürgersaal), Ks Gewinn oder Gemeinwohl?: Christian Felber stellt die ethischen Grundlagen einer Gemeinwohl-Ökonomie dar und berichtet über erste Erfahrungen, Eintritt frei, Spenden willkommen Fr 14.03. / 20.00 Uhr Café Buchoase, Ks Lesung mit Hellmut Junker: Intersubjektivität und implizites Gedächtnis, Unkostenbeitrag 2 Euro So 16.03. / 15.00-16.30 Uhr Casalla-Theater (Jordanstraße), Ks Pocahontas, Kinder 6 Euro, Erwachsene 8 Euro, erm. 6 Euro TagesSatz

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KULTURT IPPS So 16.03. / 19.05 Uhr Klinikum, Osthalle, Gö

Fr 21.03. / 19.30 Uhr Theaterstübchen, Ks Diknu Schneeberger Trio, Karten 15 Euro, AK 18 Euro Fr 21.03. / 20.00 Uhr Stadthalle, Gö Göttinger Symphonie Orchester – 4. Konzert Philharmonischer Zyklus I – Liturgisch. Ab 9,90 Euro Sa 22.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö Die Jungfrau von Orleans von Friedrich Schiller. Premiere So 23.03. / 19.30 Uhr Staatstheater (Schauspielhaus), Ks Roger Willemsen: Das Hohe Haus ein Jahr im Parlament, 9-25,50 Euro Di 25.03. / 20.00 Uhr Anthroposophisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks Vortrag von Dr. Ellen Markgraf: Das Fremde zu eigen machen, Eine Darstellung im Kontext der Afrika-Ausstellung , Eintritt 8 Euro, erm. 5 Euro Mi 26.03. / 15.30-17.00 Uhr Naturkundemuseum (Steinweg), Ks Auf den Spuren von Fuchs und Co., Eintritt 2,50 Euro, Bitte um telefonische Voranmeldung unter 0561/787-4066

Die Empfehlung

* HARALD WÖRNER

KASSEL

Wolfgang H. Wögerer

Spaziergang nach Tahiti, Erzählung einer Expedition in die Südsee mit James Cook. Eintritt frei

Ein absolutes Ausnahmetalent Diknu Schneeberger im Theaterstübchen Das „Theaterstübchen“ hat sich zur Aufgabe gemacht, Spitzenkönner aller Sparten nach Nordhessen einzuladen. Ein solches Talent ist, trotz seiner jungen Jahre, der JazzGitarrist Diknu Schneeberger. Geboren am 17.01.1990 in Wien, sorgte er mit dem 2007 erschienenen Debut „Robina“ für Furore.

Seine Improvisationen stecken voller Energie und Eigenständigkeit. Bereits 2006 gründete er mit Papa Joschi und Martin Spitzer an der zweiten Gitarre das „Diknu Schneeberger Trio“. Während Vater Joschi mit seinem Kontrabass das Fundament legt, breitet Diknus ehemaliger Lehrer Spitzer einen feingewebten Klangteppich aus, auf welchem der Gitarrist dann mit seinem SoloSpiel brilliert.

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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Diknu Schneeberger Trio Fr 21.03. /19.30 Uhr CD-Release „Friends A New Colour in Gypsy Jazz“ Theaterstübchen am Nil Jordanstraße 11, Kassel Tel.: 0561 / 8165706 Eintritt: 15 Euro, AK 18 Euro www.theaterstuebchen.de

Do 27.03. / 20.00 Uhr Junges Theater, Gö

Sa 29.03. / 18.00 Uhr Deutsches Theater, Gö

Das Göttin-Gen (Arbeitstitel) Y. Waki, R. Baumgart und D. Schüßler mit dem Tanztheater „bodytalk“. Premiere

Geheim, von Theo Fransz, ein Verwandlungsstück, das auf vielen Spielebenen Kinder und Erwachsene zu berühren vermag. Premiere

Do 27.03. / 21.00 Uhr Musa-Saal, Gö Corvus Corax, Mittelalter-Rock, VVK 18 Euro / AK 23 Euro Fr 28.03. / 20.00 Uhr Stadthalle, Gö Göttinger Symphonie Orchester – 4. Konzert Philharmonischer Zyklus II – Mythisch! Ab 9,90 Euro

Sa 29.03. / 20.00 Uhr Deutsches Theater, Gö 11. Improfestival der Comedy Company. Durcheinandergewürfeltes Gastspiel der Comedy Company, der Theaterturbine (Leipzig) und dem theater anundpfirsich (Zürich).

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a ff e n W ir v e r s c h n z v o ll e I h n e n g la A u ft r it te

TagesSatz

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Color-Druck GmbH Lindenallee 19 · 37603 Holzminden Fon (0 5531) 93 20-0 · Fax 93 20-50 e-mail: info@color-druck.net

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Jörg „Yogi“ Müller

A M S TA D T R AND

Straßengeflüster Ein Perspektivwechsel geschah am achten Februar in Dortmund: Hier wurden Leser des Straßenmagazins bodo für einen Tag zu Verkäufern – nicht alleine, sondern begleitet von erfahrenen bodo-Mitarbeitern, an die auch der Erlös ging. So konnten Interessierte nicht nur die Zeitung und ihre Mitarbeiter in sozialer Not unterstützen, sondern auch aus erster Hand von den Erlebnissen der Verkäufer erfahren und profitieren. „Rollentausch gefällig?“ lautete die Überschrift der Aufforderung auf der bodo-Website: „Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer geben Tipps, berichten von ihren Erfahrungen und teilen ihr Wissen über den öffentlichen Raum, in dem alles sichtbar aber nicht alles offensichtlich ist“. Anlass war die Internationale Woche der Straßenmagazinverkäufer, die vom dritten bis zum neunten Februar stattfindet und weltweit zu einem Rollentausch aufrief um auf die Situation Wohnungsloser hinzuweisen. In Deutschland fand eine solche Aktion nicht nur am achten Februar in

* HOLGER TEICHMANN

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* ANTONIA STOLL Dortmund, sondern auch am sechsten Februar in Bochum statt. Weltweit zählen die im Netzwerk INSP (International Network of Street Papers) zusammengeschlossenen Straßenzeitungen etwa sechs Millionen Leser, das allererste Straßenmagazin wurde im Jahre 1998 in New York gegründet und nannte sich Streetnews. Zwei Jahre später folgte The Big Issue, die erste Straßenzeitung Europas. Mittlerweile gibt es auf fast jedem Kontinent Straßenzeitungsverkäufer, die so einen selbstbestimmten Weg gefunden haben, gegen die Armut anzuarbeiten.

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MEHR ZUM THEMA: www.bodoev.de

Gedanken eines TagesSatz-Verkäufers Die Innenstadtgewohnheiten vom Göttinger Ordnungsamt werden sich ja jetzt bald bis in die Nordstadt ausbreiten. Das heißt, genauer gesagt, die neuen Parkautomaten wurden aufgestellt. Man hat aber die kleinen Leute nicht richtig mit einbezogen. Da hier ja durchaus in der Nordstadt Anwohner friedlich parkten. Immer war ein Platz für den kleinen Pkw vorhanden. Man sah sich auf der Straße und begrüßte sich nett und freundlich. Zum Beispiel entfaltete sich etwas Protest bei Anwohnern und zwar, wie es werden wird, wenn die Autofahrer, die zu Besuch kommen, hier in der Nordstadt ihre Wagen nicht mehr halbe oder ganze Tage hier abstellen können. Dafür sollen also nun die Anwohner von einem Tag auf den anderen für ihren Parkplatz bezahlen. Es ist doch fraglich, ob sich dann noch alle normalerweise hier zugehörigen PKW hier noch einen Parkplatz leisten können.

Es könnte sich so entwickeln, dass für wechselnde Zeiträume an einem Tag neue PKW hier auftauchen, deren Halter zahlungskräftig sind. Andererseits werden die Anwohner in weiter entfernte Nebenstraßen ausweichen. Das heißt, die Wege werden hier weiter und die neu eingeplanten zuströmenden Konsumenten werden ihre Konsumgewohnheiten mitbringen. Es ist fraglich, ob das so gut ist. Jedenfalls ist die Stadt Göttingen damit im Trend, Parken des PKWs wird teurer, die Fluktuation der studentischen Anwohner wird noch größer. Und wenn erstmal das Knöllchen an der Scheibe steckt, ist im Extremfall dieser PKW nicht mehr zu halten. Es ist doch fraglich, ob das alles zu befürworten ist.

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TagesSatz

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Andre Günther (photocase.com)

DI E KO CH N IS C HE

* HANS PETER PUNG & TEAM

Kochen mit dem TagesSatz

LECKERE GERICHTE FÜR SIE ENTDECKT

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in Klassiker der Küche ist Geschnetzeltes. Man kann es in vielen verschiedenen Varianten anbieten und hat immer ein köstliches Mahl. Wir haben für Sie drei Varianten herausgesucht und wünschen wie immer viel Spaß beim Nachkochen. Übrigens, Vegetarier können das Fleisch einfach durch Tofu, Seitan oder anderen vegetarischen Fleischersatz ersetzen.

Currygeschnetzeltes (4 Portionen / ca. 1,50 Euro pro Portion)

500g Hähnchenbrustfilet, 2 Zwiebeln, 2 EL Tomatenmark, Currypulver, 500ml Gemüsebrühe, 150g Crème Fraîche, Salz, Pfeffer, Fett (Öl) zum Braten Fleisch in Streifen schneiden. Zwiebeln schälen, würfeln. Fett in einer Pfanne erhitzen, Fleisch darin von allen Seiten knusprig anbraten, mit Salz und Curry würzen. Aus der Pfanne nehmen, warm stellen. Zwiebeln in die Pfanne geben, glasig dünsten. Tomatenmark zufügen, anschwitzen. Brühe zufügen. Mit Salz, Pfeffer und Curry würzen. Fleisch wieder zufügen und erhitzen. Flüssigkeit zur Hälfte reduzieren lassen. Crème fraîche unterrühren, nochmals aufkochen lassen und heiß servieren.

Paprikageschnetzeltes

Rahmgeschnetzeltes

(4 Portionen / ca. 2,00 Euro pro Portion)

(4 Portionen / ca. 2,00 Euro pro Portion)

500g Geschnetzeltes vom Schwein, 2 rote Paprikaschoten, 1 Zwiebel, 1 EL Tomatenmark, Salz, Pfeffer, Paprikapulver, 250 ml Gemüsebrühe, 200ml Sahne, Öl (Fett) zum Braten

500g Geschnetzeltes (Geflügel oder Schwein), 250g Champignons, 2 Zwiebeln, 1EL Tomatenmark, Salz, Pfeffer, Majoran getrockneten, 250 ml Gemüsebrühe, 150 ml Schmand, Prise Zucker, 2 EL Petersilie gehackt, Öl zum Braten

Paprikaschoten halbieren, entkernen, vierteln, in Streifen schneiden. Zwiebel schälen, halbieren in Streifen schneiden. Öl in einer Pfanne erhitzen, Fleisch darin anbraten. Mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver würzen, aus der Pfanne nehmen, warm stellen. Zwiebel in die Pfanne geben, glasig dünsten. Paprikaschote zufügen, ebenfalls glasig dünsten. Tomatenmark zufügen, anschwitzen. Gemüsebrühe angießen. Fleisch wieder zugeben, aufkochen lassen. Temperatur reduzieren, Sahne zufügen und etwas einkochen lassen. Am Ende mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver abschmecken. Tipp: Dazu reichen Sie Nudeln oder Salzkartoffeln sowie einen frischen Salat.

Champignons putzen, in Scheiben schneiden. Zwiebeln schälen, würfeln. Öl in einer Pfanne erhitzen, Fleisch zugeben, kräftig anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen. Aus der Pfanne nehmen, warm stellen. Zwiebeln in die Pfanne geben, glasig dünsten. Pilze zufügen, anschwitzen. Tomatenmark zugeben, Farbe nehmen lassen. Mit Salz, Pfeffer und Majoran würzen. Brühe angießen. Aufkochen lassen. Temperatur reduzieren, Fleisch zufügen, heiß werden lassen. Schmand unterrühren. Mit Salz, Pfeffer, Majoran und einer Prise Zucker abschmecken. Vor dem Servieren mit der Petersilie bestreuen. Tipp: Dazu passen: Pommes, Nudeln, Kroketten oder einfach nur Baguette. Auch hierzu können Sie einen Salat reichen.

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Tipp: Sie können noch Ananasstücke in das Geschnetzelte geben, so erhält das Gericht noch eine fruchtige Note. Dazu können Sie Reis oder Spätzle und einen Salat reichen. TagesSatz

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H IN T E R D E N K U L ISSE N

Das höchste Gut des Menschen ist die Pflicht! „Der Fall der Götter“ im Deutschen Theater Göttingen

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eichstagsbrand in Berlin und im Ruhrpott feiert die Industriellenfamilie der von Essenbecks den Geburtstag des Patriarchen. Deutschland, der 27.Februar 1933. Zwei Ereignisse – eine Nacht. Luchino Visconti schuf 1969 mit seinem Film „La caduta degli die“, der bei den deutschen Filmverleihern „Die Verdammten“ mit dem Untertitel „Götterdämmerung“ heißt, ein Meisterwerk der Cineastik. Regisseur Wojtek Klemm, Choreografin Efrat Stempler und der Musiker Micha Kaplan inszenieren diesen opulenten Stoff nun in einer sehr kompakten und temporeichen Form. Viscontis schwere Bilder erhalten eine Leichtigkeit, eine ästhetisch aufbereitete Analyse von Faszination und Gewaltbereitschaft im Faschismus. Spiegelt sich hierbei doch die Dekadenz aus adliger Abstammung gepaart mit Geld und die Macht der Faschisten. Hier setzt die Handlung der Theaterfassung von Johan Simons und Tom Blokdijk ein.

Eine Bühnenadaption die nicht nur den Schauspielern, die ständige Rollenwechsel und Doppelrollen zu bewältigen haben, sondern auch dem Publikum einiges abfordert. Sieht man bei der Premiere doch immer wieder verstohlene Blicke auf den Familienstammbaum derer von Essenbeck. Meinolf Steiner glänzt in seiner Dreifachparaderolle als Familienoberhaupt Joachim von Essenbeck, als Friedrich Bruckmann, dem Geliebten seiner Tochter, und als Produkt dieser Liebe, Martin von Essenbeck. Ist er es doch, der fließend die Figuren wechselt, minimalistisch dargestellt nur durch den Wechsel von Fliege und Jacke. Die Szenen seines Rollenwechsels tragen das Stück und werden dem Publikum in unvergessener Erinnerung bleiben. Darf er doch seinen Charakter sozusagen selbst erschießen und den Machtwechsel des Konzerns zu den Nationalsozialisten durchführen. Ein starker Mann wird hier von einer starken Frau an seiner Seite erst zu dem was ihn ausmacht. Andrea Stru-

be als Mutter seiner Kinder, Ehefrau, Geliebte und immer treu ergeben an der Seite des Mannes, ihres Gebieters. Den Jobwechsel des Stückes spielt Andreas Jeßing mutiert er doch vom hochrangigen SA- Mann zum versteckt lebenden Liberalen. Einzig Nikolaus Kühn spielt eine einzige Rolle. Der kalte SS-Mann. Er darf keine Facetten, keine eigenen Gedanken zeigen und gibt einen gewollt perfekten eindimensionalen Vertreter seiner Zunft. Micha Kaplan komponierte eigens für diese Aufführungen eine Musik, die den Teppich zum Erfolg ausrollt und das Erlebnis Theater zu einem unvergesslichen macht. Deutschland gespiegelt in den Ereignissen einer Ausnahmezeit. Eine sehr gelungene Bühnenadaption eines schweren Stoffes. Wer an der Umsetzbarkeit des Films als Bühnenstück gezweifelt hat wird bei dieser Aufführung eines Besseren belehrt. Das Premierenpublikum applaudierte begeistert und manch einer sagte, das sei eines der Stücke, die man im Deutschen Theater nicht verpassen darf.

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WEITERE VORSTELLUNGEN: 4., 7. und 18. März 2014

Bartlomiej Sowa

Mascha Mazur hat eine Einheit aus Bühnenbild und Kostümen entworfen. Nicht statisch, sondern sich mit dem Fortschritt der Handlung herausbildend. Sind es am Anfang nur eini-

ge wenige Hakenkreuze, ist doch am Ende eine Vermehrung und Multiplikation der Hakenkreuze als Symbol des sich ausbreitenden faschistoiden Gedankenguts dominant.

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ZWI SCHEN DEN ZE IL E N

Lieblingsseiten „Die Liebe ist ein seltsames Spiel, sie kommt und geht von einem zum andern. Sie nimmt uns alles, doch sie gibt auch viel zu viel. Die Liebe ist ein seltsames Spiel.“ Getreu dem Gassenhauer von Schlagersternchen Connie Francis gibt es bei den Buchvorstellungen dieses Monats die ganze Bandbreite der Liebe zu entdecken.

* DANIELE PALU Liebe im Alter

Auf der Suche

Skandalöse Liebe

Was den Deutschen Charlotte Roche, ist den Österreichern Elfriede Vavrik – nur deutlich älter, aber nicht minder derb. Die 82-Jährige leidet an Schlaflosigkeit, nachdem sie ihre geliebte Buchhandlung aufgeben und in Pension gehen musste. Der Arzt riet ihr zu Männerbekanntschaften, doch eigentlich hatte Elfriede Vavrik dieses Thema „schon seit 40 Jahren abgehakt.“ Eine Kontaktanzeige brachte mehr als 100 Zuschriften – und ihren ersten Orgasmus. Von ihren ausschweifenden Sexabenteuern erzählte sie ausführlich in ihrem ersten Buch „Nacktbadestrand“. Drei Jahre später hat sich die Seniorin sexuell ausgetobt und sucht nun nach dem Mann fürs Leben und der großen Liebe: „Ich wollte eine Liebe, die alles in den Schatten stellte und allem einen Sinn gab. Ich wollte all die Dinge tun, auf die ich jahrzehntelang verzichtet hatte, aus Angst oder weil ich noch nicht so weit gewesen war. Ich war bereit, mit zweiundachtzig noch einmal jedes Risiko einzugehen.“ Beim Lesen schwankt man unentwegt zwischen Lachen und ungläubigem Staunen, mag Sympathie mit der Autorin empfinden, das Buch mitunter aber auch mal genervt zur Seite legen angesichts der arg blumigen Sprache und ihrem aufgewühlten Innenleben. So was kann man mögen, muss man aber nicht.

Glass, siebzehn Jahre alt und hochschwanger, verlässt Amerika, um im fernen Europa ihre Schwester zu suchen. Kurz vor dem Ziel gebiert sie unter dramatischen Umständen Zwillinge, mitten im Schnee: Dianne und Phil. Was auf den ersten Seiten hochdramatisch beginnt, entwickelt sich im Verlauf der 480 Seiten zu einem der besten Bücher der deutschen Gegenwartsliteratur. Autor Andres Steinhöfel hat ein wunderbares PersonenPanoptikum ersonnen: Phil ist schwul, seine Schwester Dianne scheint in einer fast magischen Symbiose zu Flora und Fauna zu stehen. Die Mutter führt Buch über ihre wöchentlich wechselnden Liebhaber und deren beste Freundin Tereza ist lesbisch. Bunter geht‘s nicht. Und Steinhöfel geht derart liebevoll mit seinen Figuren um, dass der Leser sich beim Lesen wünscht, ihnen einmal leibhaftig zu begegnen. Ein seltenes Kleinod über die Freuden und Leiden des Lebens, über die Suche nach der eigenen Identität – und der großen Liebe.

Sie ist 41, er 14 Jahre alt. Kann das gut gehen? Renata Juras ist Handballtrainerin, Ervin ihr Spieler. Aus Sympathie wird Liebe, das ungleiche Paar landet im Bett. Der Vater kommt hinter die Beziehung, zeigt die Geliebte seines Sohnes an – und löst damit in Österreich einen riesigen Skandal aus. In ihrem Buch beschreibt Juras nun aus ihrer Sicht, wie es dazu kommen konnte. In einfachen Worten setzt sie zu einer ausführlichen Rechtfertigung an. Sie bittet um Verständnis, auch wenn sie sicher ist, dass sie überwiegend auf Abneigung stoßen wird. Wer auf pikante Details hofft, wird bei der Lektüre enttäuscht. Und das mittlerweile prominente Skandalpaar hat im wahren Leben inzwischen einige neue Kapitel hinzugefügt: Vor zwei Jahren haben sie geheiratet. Und ein Baby ist auch schon da…

Andreas Steinhöfel: Die Mitte der Welt. Carlsen, 8,99 Euro. Taschenbuch, 480 Seiten

Renata Juras: 41 und 14: Meine ungewöhnliche Liebe zu einem Teenager. Lübbe, 8,99 Euro. Taschenbuch, 192 Seiten

Elfriede Vavrik: Badewannentag. Lübbe, 9,99 Euro. Taschenbuch, 176 Seiten

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WA S E S S O N ST NOC H G IB T

Vormärz im Frühling

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Die Idee „Einheit und Freiheit“ manifestierte sich zunehmend auch in Deutschland. Die Mächte der „Heiligen Allianz“ bekämpften solchen Strebungen. Die Obrigkeit unterdrückte Freiheitsbewegungen mit harten Hand. Problematisch war auch die Uneinigkeit: Liberale forderten ein Wahlrecht nur für Reiche, die Demokraten gingen hier weiter und verlangten Gleichheit für alle Bürger. Das Gefühl jener Tage war, in einem rückständigen und unterdrückenden Staat zu leben. Als im Juli 1830 das französische Volk erneut revoltierte, wirkte das bis ins europäische Ausland. Forderungen nach Mitspracherecht, auch politische Gruppen entstanden, der Ruf nach Reformen wurde laut. Der Staat reagierte harsch: Er verbot Parteien, gnadenlos verfolgte die Zensur Rufe nach Freiheit und Mitbestimmung. Büchner kehrte 1833 nach Hessen zurück – zur Universität Gießen – und erlebte Schikanen hautnah. Schockiert begann er, sich politisch einzumischen. Doch die Opposition war zu schwach aufgestellt. Zwar gab es Protest-Strömungen, doch auch sie waren, Büchners Meinung nach, borniert und zu bürgerlich. Sein Ziel war Umsturz, nicht Reform.

…oder „Moral ist, wenn man moralisch ist“ (Woyzeck) Der Schriftsteller Georg Büchner wurde nur 23 Jahre alt. Er starb am 19. Februar 1837 in der Schweiz. Seine Dramen werden aber bis heute gelesen. Büchner zählt zu den bedeutendsten Denkern des Vormärz.

* CHARLIZE MÄRZ

Professor Dr. Roland Borgards

üchner kam am 17. Oktober 1813 in Goddelau (Großherzogtum Hessen) zur Welt. Drei Jahre später zog die Familie nach Darmstadt. Er und seine Geschwister besuchten dort eine Privatschule. Büchner ging mit 18 Jahren nach Straßburg, um dort Medizin zu studieren. Diese Zeit dürfte prägend für ihn gewesen sein, denn das politische Klima war offener und kritischer.

Im Juli 1834, als der „Hessische Landbote“ gedruckt und verteilt wurde, kam es zum Eklat. „Friede den Hütten – Krieg den Palästen“ forderte Büchner und listete akkurat auf, wofür das Herzogtum Hessen Geld verschwendete, während große Teile des Volkes hungerten. Die Flugschrift schlug ein wie eine Bombe, obwohl Weggefährte Pfarrer Weidig die radikalsten Stellen gegen Büchners Willen gestrichen hatte. Inzwischen polizeilich gesucht, musste er fliehen und kam wieder nach Straßburg. Weidig wurde mit anderen Oppositionellen verhaftet, gefoltert und starb unter ungeklärten Umständen 1837 im Gefängnis. 1835 verfasste Büchner „Dantons Tod“, welches das Scheitern der Französischen Revolution beschreibt. 1836 begann er mit dem Dramenfragment „Woyzeck“. Sein Gießener Dozent Jo-

hann Bernhard Wilbrand tritt dort als bornierter und inhumaner Doktor auf. Im Winter 1835/1836 wandte er sich vermehrt der Wissenschaft zu. Er wurde Doktor der Philosphie und zog nach Zürich. Dort erkrankte er im Februar 1837 schwer an Typhus und starb am 19. Februar mit 23 Jahren. Viele Forderungen der Revolutionäre wurden nach der deutschen Revolution 1848 verwirklicht. Und Schlagworte des Vormärz wie „Trotz alledem“ fanden noch in der Weimarer Republik Verwendung. 1960 und 1970 wurden unter linken Intellektuellen die Ideen von „Gleichheit und Freiheit“ wieder populär, Liedermacher wie Hannes Wader spielten Vormärzlieder. So werden diese Gedanken bis in die heutige Zeit hineingetragen. Und leben in den Stücken und Dramen Büchners weiter.

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Er gründete die „Gesellschaft für Menschenrechte“, die Bürger, aber auch Handwerkern einschloss. In August Becker und Friedrich Jakob Schütz fand er Mitstreiter. Deutlich prangerte er Ungleichheit und Armut der Landbevölkerung an – die meisten Reformer nahmen dies als „gottgegeben“ hin. Büchner nicht. 32

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DAS LE T Z T E

DER TiCKER NACHRICHTEN AUF DEN LETZTEN DRÜCKER Impressum Freispruch im Containerprozess

Julia Krause

GÖTTINGEN / WITZENHAUSEN – Drei Studierende, denen vorgeworfen wurde, sich im vergangenen Juni aus einem Container des Supermarktes Tegut in Witzenhausen bedient zu haben, wurden nun freigesprochen. Zwei Polizisten hatten das Auto der Studenten gestoppt und 32 Brotlaibe sowie andere Lebensmittel beschlagnahmt. Angeblich waren sie über eine Absperrung geklettert, um an die Müllbehälter zu gelangen, weshalb ihre Tat als „schwerer Einbruchsdiebstahl“ bezeichnet wurde. Augenzeugen über den tatsächlichen Vorgang auf dem Supermarktgelände gab es jedoch nicht, einziger Beweis war die Identifikation der Produkte als Tegut-Ware. Unter anderem bleibt unklar, ob die mitgenommenen Lebensmittel zum Wegwerfen oder für die Witzenhäuser Tafel bestimmt gewesen waren. Auch ist nicht geklärt, ob die Klage von Tegut eingereicht oder ob das Verfahren von Amts wegen in die Wege geleitet wurde. Nach dem deutschen Abfallrecht gehört Müll bis zur Abholung dem Wegwerfer oder Grundstückseigentümer. Ist jedoch eindeutig, dass niemand mehr Verwendung dafür hat, ist Müllentnahme durch sogenanntes „Containern“ kein Straftatbestand. Anders verhält es sich jedoch, wenn Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung vorliegt, beispielsweise ein Schloss aufgebrochen oder ein Privatgrundstück betreten wurde um an die Abfälle zu gelangen.

Nächstes Mal APRIL-AUSGABE 2014

Im April beschäftigen wir uns mit dem Tod aus nicht nur düsteren Perspektiven, unter Anderem als Teil der Popkultur oder als „Kunst des Sterbens“.

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Weil strenge Richtlinien festlegen, was Supermärkte ihren Kunden anbieten dürfen, werden auf unserem Planeten jährlich rund 1.5 Milliarden genießbare Lebensmittel aufgrund kleinster Mängel oder abgelaufener Haltbarkeitsdaten entsorgt. (as)

Lohnt sich Arbeit in Deutschland noch? SAARBRÜCKEN – Arbeit in Deutschland lohnt sich nicht mehr - zumindest gilt das offenbar für 2,6 Millionen Menschen hierzulande. Das geht aus einem Bericht der „Saarbrückener Zeitung“ hervor. Demnach müssen sich doppelt so viele Menschen wie vor zehn Jahren noch zu dem Gehalt aus ihrem bestehenden Beruf etwas hinzu verdienen. Im Juni 2013 gingen dem Bericht zufolge 2,62 Millionen Beschäftigte mit einer sozialversicherungs- pflichtigen Stelle zusätzlich mindestens einem Minijob nach - das war schon jeder 11. Arbeitnehmer in dieser Gruppe. 2003 war es nur jeder 23. Beschäftigte. Die Zeitung beruft sich dabei auf eine Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Anfrage der grünen Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer. Die Antwort der Regierung, die der Zeitung vorliegt, lässt den Schluss zu, dass immer mehr Deutsche nur noch als „Multi-Jobber“ über die Runden kommen. Denn: die Gesamtzahl der Mini-Jobs ist in den vergangenen Jahren konstant geblieben, obwohl es immer weniger ausschließlich geringfügig Beschäftigte gibt. So hatten im Juni vorigen Jahres 4,82 Millionen Personen einen oder gleich mehrere Mini-Jobs.Mitte 2009 waren es noch 4,93 Millionen gewesen. Und auch was den Stundenlohn angeht, sind Mini-Jobs mit die am schlechtesten entlohnten Tätigkeiten in Deutschland. (hw)

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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 / 861 58 43 Fax: 0561 / 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo & Di: 12-14 Uhr, Do: 14-16 Uhr Mi & Fr geschlossen Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Göttingen Telefon: 0551 / 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo, Di, Do: 9-11 Uhr / Do: 16-18 Uhr Mi & Fr geschlossen Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Robert Halagan, Carsten Seydlowsky (GÖ), Harald Wörner (hw) (KS) Pressearbeit: Carolin Schäufele Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek, Udo Drescher Tel.: 0561 / 861 58 18 Göttingen: Ute Kahle, Andreas Pramann Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 Anzeigenleitung: Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 E-Mail: anzeigen@tagessatz.de Redaktion Kassel: Armunius Iussui, Carolin Küllmer, Charlize März, Nora Mey, Hans Peter Pung, Katharina Schwarz, Harald Wörner Redaktion Göttingen: Detlef „Rocky“ Bernhard, Anja Danisewitsch, Paul Hildebrandt, Ute Kahle, Daniele Palu, Sarah Raymaekers, Kalle Schönfeld, Pauline Schöning, Claas-Thorge Weise, Antonia Stoll News GÖ: Antonia Stoll (as) Illustration: Pilar Garcia Fotografie: Detlef „Rocky“ Bernhard, Prof. Dr. Roland Borgards, Paul Hildebrand, Ute Kahle, N. Klinger, Jörg „Yogi“ Müller, Ammar Abd Rabbo, Sarah Raymaekers, Pauline Schöning, Pia Zojer, photocase.com Umschlag: Sarah Raymaekers Layout: Dirk Mederer Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Harald Wörner

Der TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen. Auflage dieser Ausgabe: 6.750 Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.

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WOHIN, WENN ALLGEMEINE HILFEN Göttingen Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18, 37081 Göttingen 0551/999590 Opferhilfebüro Göttingen Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 , 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18, 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit – Brockensammlung Levinstr.1, 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19, 37073 Göttingen 0551/58627

Verein zur Erschließung neuer Beschäftigungsformen e.V. (VEBF), Lange Geismarstr. 2 37073 Göttingen 0551/485622 Mo, Di und Fr 10-13 Uhr BBA e. V. TU WAS Geismarlandstr. 6, 37083 Göttingen 0551/485200 Di, Do 10-12 & 14-16 Uhr Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8, 34117 Kassel 0561/7209536 ESSENSAUSGABEN Göttingen Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 , 37073 Göttingen Tel. 0551–51030 Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5, 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17, 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel

Selbsthilfe Körperbehinderte Neustadt 7, 37073 Göttingen 0551/54733-0

Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003

Selbsthilfegruppe für Mobbinggeschädigte – Rainer Beutler 05602/1860

Suppentopf der Heilsarmee jeden Donnerstag von 14-15 Uhr Martinsplatz

BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2, 37083 Göttingen

Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6, 34117 Kassel weitere Stellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche

Zukunfts-Werkstatt Hilfe für Migranten & Jedermann Haus der Kulturen – Hagenweg 2e 37081 Göttingen Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5, 37073 Göttingen 0551/56190 Diakonieverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Schillerstraße 21 37083 Göttingen 0551/517810 Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen Am Mart 1/ Witzenhausen Zentrum für Sucht- & Sozialtherapie Diakonisches Werk Kassel Frankfurter Str. 78a, 34121 Kassel 0561/93895-0 ARBEITSLOSENHILFE Göttingen Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10, 37073 Göttingen 0551/50091-0 Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a, 37073 Göttingen 0551/43373 Arbeit und Leben (A&L) Lange Geismarstr. 72-73 37073 Göttingen 0551/495070 oder 4950741 Di und Do von 9.30-13.30 Uhr

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GESUNDHEIT

KLEIDERKAMMERN

Göttingen

Göttingen

Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1, 37085 Göttingen 0551/4004862

Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 11, 37073 Göttingen Kleiderladen 0551/5473717 Ausgabe: Do 9-12 Uhr

Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766 Kassel Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo 14-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do 20-24 Uhr in der Gießbergstraße Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505 Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920 HAFTENTLASSENE Göttingen Anlaufstelle – Kontakt in Krisen e.V. Rosmarinweg 24, 37081 Göttingen 0551/632977 Kassel

FRAUEN IN NOT

Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35, 34117 Kassel 0561/787-5061 oder 0561/70738-00

Göttingen

HILFE & SELBSTHILFE BEI AIDS

KORE e.V. (Beratung für Frauen) Papendieck 24-26, 37073 Göttingen 0551/57453 Mo 14-18 Uhr, Do 8.30-12.30 Uhr Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25, 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach 1911, 37009 Göttingen 0551/5211800 Therapeutische Frauenberatung e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/45615 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 FRANKA e.V. Verein zum Schutz von Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind Frankfurter Straße 78a 34121 Kassel 0561/70165824 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929 Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244 Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67, 34127 Kassel 0561/ 89 31 36

Göttingen Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14, 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411 AIDS-Beratungsstelle Theaterplatz 4, 37073 Göttingen 0551/4004831 Kassel Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1, 34117 Kassel 0561/97975910 Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380 KINDER & JUGENDLICHE IN NOT Göttingen Deutscher Kinderschutzbund Nikolaistraße 11, 37073 Göttingen 0551/7709844 Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23, 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1, 34127 Kassel 0561/899852 Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301

Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17, 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhr jeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr Kassel Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5, 34117 Kassel 0561/572090 Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24, 34117 Kassel 0561/7290441 LEBENSKRISEN Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333 Göttingen Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222 Kassel Telefonseelsorge 0800/1110111 PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361 NOTSCHLAFSTELLEN Göttingen Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484 Kassel Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35, 34117 Kassel 0561/70738-00 Café Nautilus (für Drogenabhängige) Erzberger Straße 45, 34117 Kassel 0561/12115 RECHTSBERATUNG & HILFE Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51, 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1, 34117 Kassel 0561/772934

Suchtberatung Diakonisches Werk Kassel Sucht- und Sozialtherapeut. Zentrum Frankfurter Str. 78A, 34121 Kassel 0561/93895-0 SUCHTBERATUNG: DROGEN Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2, 37073 Göttingen 0551/45033 Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21, 37083 Göttingen 0551/72051 Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2, 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45, 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 Schillerstraße 2, 34117 Kassel 0561/103878 WOHNUNGSLOSENHILFE Göttingen Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7, 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f, 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17, 37073 Göttingen 0551/517980 Wohn-/Übernachtungsheim für Frauen und Männer Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18, 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35, 34117 Kassel 0561/787-5061

Göttingen

Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35, 34117 Kassel 0561/70738–00

AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisverband Göttingen e.V. Hospitalstraße 10, 37073 Göttingen 0551/50091-0

Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Frankfurter Str. 78a, 34121 Kassel 0561/93895-10

Kostenlose Rechtsberatung Göttinger Tafel e.V. Jacobikirchhof 1, 37073 Göttingen 0551 – 5 10 30

WOHNUNGSPROBLEME

Unabhängige Patientenberatung Göttingen Albanikirchhof 4-5, 37073 Göttingen 0551/488778-0 Verbraucherzentrale Niedersachen Papendiek 24, 37073 Göttingen 0551/57094

Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59, 34117 Kassel 0561/103861

SUCHTBERATUNG: ALKOHOL Kassel Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0

Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!

TagesSatz

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Mit dem Einwurf Ihres Pfandbelegs in den BonBons-Behälter unterstützen Sie direkt bedürftige Menschen in Ihrer Region. Ihre Spende kommt zu gleichen Anteilen dem Straßenmagazin TagesSatz, sowie in Göttingen der Göttinger Tafel, in Kassel der »Gesegneten Mahlzeit« und dem »Suppentopf« zu Gute. Informationen zum Projekt und zu den Supermärkten mit BonBons-Boxen erhalten Sie auf unserer Webseite: www.pfandbonbons.de Die Spenden gehen an:

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Unterstützt durch:

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Foto: Sarah Raymaekers | Gestaltung: Dirk Mederer [plazebo.net]

»Mein Flaschenpfand gibt Menschen Würde.«


© basta.de 02/2014

Nicht vergessen! Unsere Mitternachtssauna-Termine 2014 22. März 2014 21. Juni 2014 27. September 2014 20. Dezember 2014

Ausgezeichnet schwitzen ließ es sich schon immer im Badeparadies – nun ist es aber auch „amtlich“ bestätigt: Der Deutsche Sauna-Bund verlieh unserer Saunalandschaft sein höchstes Gütesiegel „SaunaPremium“. Erleben und genießen Sie doch selbst einmal unser Fünf-SterneSaunaangebot: Dampfsaunen, Sanarium, Salionarium, Doppel-MaaSaunen, Aufguss-Arena, Kaltwasserbecken, Außenschwimmbecken mit Thermalsole, Naturbadeteich, Ruhepavillon, Außenterrasse, Ruheräume, Kaminecke, Fitnessbar, Massage & Shiatsu. Und noch viel mehr ...

Windausweg 60, 37073 Göttingen, Tel.: 50 70 90, info@goesf.de Öffnungszeiten: Mo. – Fr.: 10 – 22.30 Uhr Sa., So. und an Feiertagen: 9 – 22.30 Uhr 36

Bewegend. Erholsam. Erfrischend.

Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co.TagesSatz KG

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