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EDITO R I A L Lieber Leserinnen und Leser, mein Vater war Jahrgang 1940 und für ihn stellte sich, obwohl er den Krieg noch am Rande miterlebt hatte, nie großartig die Frage, ob er den Wehrdienst verweigern sollte oder nicht. Für ihn war klar: Das ist Dienst am Vaterland und dem entzieht man sich nicht. Ich hingegen besuchte in späteren Jahren meiner Schulausbildung eine Fachoberschule mit Ausrichtung Sozialwesen. Im Rahmen meiner Praktika wurde ich mit viel menschlichem Leid konfrontiert, dass überwiegend aus Krankheiten oder Unfällen hervorging. Damals traf ich für mich die Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern, weil ich nicht schuld am Leid anderer Menschen sein wollte. Mir war nicht nachvollziehbar, wie ich, quasi per Befehl meines Vorgesetzten, auf Menschen schießen sollte, die ich nie im Leben zuvor gesehen hatte. Ein weiterer Fakt ist, dass unsere Welt, auch und gerade durch die Vernetzung im Internet, immer näher zusammenrückt. Auch in Anbetracht des Bevölkerungswachstums sollten wir uns vergegenwärtigen, dass alle Menschen auf diesem einen Planeten leben und und es allein schon aus Gründen des Ressourcenerhalts nötig ist, miteinander friedfertig umzugehen. Doch die Realität sieht leider anders aus: In mehr als zwanzig Staaten der Welt herrschen derzeit Krieg oder Bürgerkrieg. Das in den Genfer Konventionen niedergelegte Prinzip der Unterscheidung zwischen Soldaten und Zivilisten wird in den heutigen Kriegen weitgehend missachtet. Während Anfang des 20.Jahrhunderts noch 95 Prozent der Kriegsopfer Soldaten waren, gibt es inzwischen bei Kriegshandlungen die gleiche Anzahl an zivilen Opfern. Besonders betroffen hiervon sind Kinder und Jugendliche. Etwa 250.000 Kinder unter 18 Jahren nahmen oder nehmen als Kindersoldaten an Kampfhandlungen teil. Besonders wenn wir an unsere Nachfahren denken, so sollte uns eigentlich bewusst sein, dass es keine Option sein kann, getreu dem alten Bibelmotto „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ zu handeln. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
TagesSatz. Hilft sofort.
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TA G E S S AT Z INTERNATIONAL
Ein Blick über den Tellerrand Vieles ist vertraut, manches doch so fremd: Begegnungen und Gespräche in einer Londoner Quäker-Gemeinde.
* VICTORIA HASLER VOR ORT IN LONDON
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ür einen religiösen Menschen nimmt der Glaube eine wichtige, vielleicht sogar zentrale Rolle im Leben ein. Religiöse Symbole begleiten durchs Leben und bieten manchem in besonderen Lebenslagen eine mentale Stütze. Manche Symbole prägen ganze Landschaften, wie es Kirchtürme, Tempel oder Minarette tun. Eine Religionsgemeinschaft müsste sich also an den ihr typischen Zeichen erkennen lassen.
es keine Hierarchie unter Menschen geben. Das Gebot des Friedens ließ viele Quäker den Kriegsdienst verweigern und durch das Bekennen zur Schlichtheit wurden sämtliche Symbole und Rituale abgelehnt. Dieses Fehlen von Symbolen und Riten, ebenso wie das Gebot der Gleichheit, führte dazu, dass es weder Festtage noch besondere Stätten gab. Kein Tag wird dem anderen vorgezogen, so kann im Umkehrschluss jeder Tag heilig sein und jeder Ort für einen Gottesdienst geeignet. Diese Gottesdienste werden Meetings genannt, ähnlich denen der Anfangszeit. Hierzu treffen sich alle Freunde, wie sich Quäker untereinander ansprechen, an einem Ort und beten gemeinsam. Das Besondere ist, dass das gemeinsame Gebet in absoluter Stille erfolgt. Die Gemeinde sitzt zusammen, aber schweigt. Jeder kann in dieser Zeit seinen persönlichen Zugang zu Gott suchen. Der Gottesdienst wird ohne Rituale oder Symbole zelebriert, lässt also keinen Rückschluss mehr auf seinen eigentlich christlichen Ursprung zu. Diese Tatsache ermöglicht Menschen mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund Quäker zu werden, sie müssen nur den Zugang zu Gott suchen wollen.
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Privat
Nicht unbedingt. Während eines Auslandsaufenthaltes in London lernte ich die Religious Society of Friends kennen, auch bekannt als Quäker. Ich nahm an Meetings teil und lernte in Gesprächen mit Teilnehmern viel über die Geschichte und Gegenwart dieser ungewöhnlichen Gemeinschaft von Gläubigen. Weltweit gibt es gegenwärtig circa 340.000 Quäker, in Großbritannien ungefähr 25.000. Diese Konfession nahm ihren Ursprung in den 1650er Jahren in England und hat reformatorische Grundzüge. Heinrich VIII. hatte 1534 die Anglikanische Kirche gegründet und sich damit von der Römisch Katholischen Kirche losgesagt. Doch diese Reformbestrebung reichte vielen Engländern noch nicht.
George Fox, der als der Begründer der Gemeinschaft der Freunde gilt, hatte für sich erkannt, dass wahre Führung und Weisheit nur direkt von Gott kämen und nur durch persönliches Erleben erfahrbar wären. Diese Erfahrung war für jeden Menschen bestimmt und bedurfte keiner Vermittlerrolle von Seiten der Priester. George Fox sah sich nicht als Autorität oder spiritueller Führer; die einzige Autorität sollte Gott sein. Der Begriff Quäker war ursprünglich ein Schimpfwort und leitet sich vom englischen Wort to quake = zittern, ab. Frühe Gläubige wurden beobachtet, wie sie stark zitterten, wenn sie eine göttliche Erfahrung hatten. Es gibt vier Grundregeln, sogenannte Testimonies, die im Leben eines Quäkers befolgt werden sollten: Einfachheit/Schlichtheit, Ehrlichkeit, Gleichheit und Frieden. Diese Grundregeln sollen einen Leitfaden für ein glückliches Leben mit den Mitmenschen darstellen. Die ersten Quäker führten ein streng nach den Testimonies gerichtetes Leben und litten oft unter Ausgrenzung und Bestrafungen. Sie weigerten sich die britische Krone anzuerkennen, mit der Berufung auf das Gebot der Gleichheit aller Menschen vor Gott, also dürfe
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Es gab kein Zurück mehr SANDY NAAKE Vor den Toren zur Freiheit CARSTEN SEYDLOWSKY Den Toten eine Stimme geben CHRISTOPH PENGEL Das „wilde“ Kurdistan Stefan giebel Ferien vom Krieg NORA MEY
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Rubriken
mit WOLFGANG MEYER CHRISTOPH PENGEL
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Göttingen 18 Die Welt ein wenig besser machen sandy naake 19 Schwerelose Nachtgespenster helene dahlke 20 Integration durch Arbeit stanislaus stadlmann 21 Aufrichtigkeit & Ehrlichkeit jörg „yogi“ müller
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Kassel 22 23 24 25
Vorboten der documenta KATHARINA SCHWARZ Der Ballon-Terrorist harald wörner Wer hat Angst vor Abulkasem? sara davin Lyrisches kurt becker
Editorial TagesSatz International Der Stolperstein Paragraphenreiter Die Karikatur Kultur-Empfehlungen Straßengeflüster Winkeladvokat Die Kochnische Zwischen den Zeilen In der Nahaufnahme Der Ticker Nächstes Mal Impressum Wohin, wenn
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D A S G E S P R Ä CH Agentur
bemüht, alle unvermeidlichen Belastungen möglichst gerecht zu verteilen. Göttingen hat sich in der Vergangenheit nicht gerade als soziale Vorzeigestadt ausgezeichnet. So wurden zum Beispiel die Einnahmen unserer TagesSatz-Verkäufer auf deren HartzIV-Bezüge angerechnet. Die Existenz des Männerwohnheims in der Heilsarmee steht auf der Kippe. Spart sich die Stadt auf Kosten der Hilfsbedürftigen gesund?
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„Der Himmel wird nicht runterfallen“ Wolfgang Meyer leitet seit 2006 als Oberbürgermeister die Geschäfte der Stadt Göttingen. Mit uns spricht er über seinen politischen Werdegang, aktuelle Entwicklungen und erklärt, warum wir in Zukunft den Gürtel enger schnallen müssen.
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* CHRISTOPH PENGEL IM GESPRÄCH MIT WOLFGANG MEYER
err Oberbürgermeister, Sie haben Großes mit der Stadt Göttingen vor. Auf Grundlage eines Zukunftsvertrags mit dem Land Niedersachsen streben Sie die fast vollständige Entschuldung der Kommune an. Was versprechen Sie sich von diesem Pakt?
terlassen. So ist in Hildesheim das Aids-Hilfe-Programm weggebrochen, in Bad Gandersheim wurden Sportanlagen ausgelagert und in Northeim musste die Stadt Grundstücke verkaufen, auf denen ursprünglich Spielplätze gebaut werden sollten. Wo werden Sie den Rotstift ansetzen?
Unsere große Chance besteht darin, dass wir auf einen Schlag von bis zu 142 Millionen Euro an aufgehäuften Liquiditätskrediten, den dafür anfallenden Zinsen und vor allem vom künftigen Zinsrisiko entlastet werden.
Wir müssen einsparen und Mehreinnahmen erzielen, in einer Größenordnung von rund 5,2 Millionen Euro für 2013. Unsere Vorschläge, von denen viele vor allem die Verwaltung selbst betreffen, liegen dazu seit dem 17. Februar auf den Tisch und werden vier Wochen lang in aller Öffentlichkeit diskutiert und bewertet. Wir haben uns
In anderen Städten hat der Zukunftsvertrag bereits sichtbare Spuren hin6
Ich weiß nicht, was aus ihrer Sicht eine „soziale Vorzeigestadt“ auszeichnet. Ihre beiden Beispiele helfen da nicht weiter. Seit 2009 gibt es eine Verfügung im Fachbereich Soziales, Einkommen aus dem Verkauf des TagesSatzes nicht anzurechnen. An die halten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einen „Ausrutscher“ hat es allerdings gegeben: Da war die Summe aber so niedrig, dass sie unter dem Freibetrag lag. Zu einer Anrechnung ist es gar nicht erst gekommen. Zweitens: Es gab und gibt keine Absicht, das Haus der Heilsarmee zu schließen. Im Gegenteil: Wir brauchen eine solche Einrichtung, auch an dem Standort. Wir können uns ein moderneres Konzept für den Betrieb des Wohnheims vorstellen, aber wir sind mit der Heilsarmee übereingekommen, die weitere Entwicklung der Belegungszahlen abzuwarten. Für ihre Vermutung, Göttingen spare sich auf Kosten der Hilfsbedürftigen gesund, gibt es also überhaupt keinen Anhaltspunkt. Den werden Sie auch nicht unter den über 70 Verwaltungs- und Diskussionsvorschlägen zum Haushaltsausgleich finden. Mir ist bewusst, dass momentan Viele eine düstere Zukunft prophezeien. Ich kann ihnen aber versichern, dass der Himmel nicht runterfallen wird. Der Zukunftsvertrag ist dennoch ein Abkommen von enormer Tragweite. Warum lassen Sie darüber nicht in einem Bürgerentscheid abstimmen? Über den Vertrag entscheidet letztendlich der Stadtrat, der von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt wurde. So funktioniert das in einer repräsentativen Demokratie. Im Übrigen ist TagesSatz
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DAS GESP R Ä C H das Thema zu umfangreich und nicht für einen Bürgerentscheid geeignet. Ich wüsste nicht, wie man es auf einen Punkt bringen sollte. Wir haben jedoch eine Internetseite eingerichtet, auf der alle unsere Vorschläge aufgelistet und nachvollziehbar erläutert sind. Man hat auf dieser Plattform die Möglichkeit, die angedachten Maßnahmen über einen Zeitraum von vier Wochen zu bewerten. Zudem können auch eigene Ideen eingereicht werden. Ich wünsche mir eine breite öffentliche Diskussion über das Entschuldungshilfepaket.
ich mit ihm darüber sprach, hatten wir uns schnell „in der Wolle“, wie man so schön sagt. Es gab da unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich von Schuld und Verantwortung der am Krieg beteiligten Parteien. Haben diese Diskussionen dazu beigetragen, dass Sie sich später politisch engagierten?
Glauben Sie, dass man sich im politischen Tagessgeschäft früher oder später zwischen seinen Idealen und seinem beruflichen Erfolg entscheiden muss? Das muss man nicht, auch wenn manche sich zu einer Entscheidung genötigt fühlen. Meine Karriere stand nie im Vordergrund. Ich bin sehr froh darüber, dass ich in meinem Beruf Tag für Tag daran arbeiten kann, dass zumindest ein Teil meiner Ideale Wirklichkeit wird. Selbst wenn wir über wenig Geld verfügen, lege ich Wert darauf, die richtigen Prioritäten zu setzen und nicht etwa neue Straßen und Prestigeobjekte zu bauen, während Bildung, Erziehung oder Kinderbetreuung auf der Strecke bleiben.
„Meine Karriere stand nie im Vordergrund“
Das deutsch-kosovarische Rückübernahmeabkommen läuft in den nächsten Monaten aus. Dadurch sind in Göttingen etwa 400 Menschen, vor allem Roma, von der Abschiebung bedroht. Wann wird es die nächsten „Rückübernahmen“ geben? Abschiebungen kann ich auch für die Zukunft nicht ausschließen. Im Gegensatz zu anderen Kommunen unterrichten wir aber die betroffenen Menschen rechtzeitig, sobald wir selbst über einen Abschiebungstermin unterrichtet wurden, und laden sie zu einem Gespräch.
Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich in der Kommunalpolitik engagiert, weil wir alle dazu beitragen können, dass sich unsere Stadt, unser Land oder unser Gemeinwesen positiv weiterentwickeln. Ich habe mich gern und aus Überzeugung engagiert, in meiner Partei, der SPD, als Ratsmitglied und als Fraktionsvorsitzender, also zunächst ehrenamtlich, dann als Dezernent und seit 2006 als Oberbürgermeister.
Herr Oberbürgermeister, ich danke Ihnen für das Gespräch!
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MEHR ZUM THEMA: www.zukunftsvertrag.goettingen.de ANZEIGE
Die Betroffenen sind hier zum Teil aufgewachsen und müssen nun in ein Land aufbrechen, in dem sie ein menschenunwürdiges Leben ohne Perspektive erwartet. Wie kann die Stadtverwaltung das verantworten? Bereits 2009 haben wir einen Abschiebestopp im Rahmen einer Ratsresolution gefordert. Davon hat sich das Land leider nicht beeindrucken lassen. Ob in den Kosovo abgeschoben werden kann oder ein Abschiebestopp verhängt wird, zum Beispiel in der Winterzeit, entscheidet das Land Niedersachsen, nicht die Stadt Göttingen. Vertreibung, Flucht und Krieg sind die Themen unserer aktuellen Ausgabe. Wurde in ihrer Familie über die Zeit des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkriegs gesprochen? Mein Vater wurde als Soldat in Frankreich und Russland eingesetzt. Wenn TagesSatz
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Es gab kein Zurück mehr „Im Weglaufen war ich schon immer gut“, erzählt August Bachmann (Name auf Wunsch geändert). Er floh am 22. Oktober 1952 über die innerdeutsche Grenze nach Westdeutschland. Sein Entschluss zur Flucht war spontan. Heute sind die Grenzzäune und Selbstschussanlagen in der Nähe seines Heimatortes längst abgebaut. Die baulichen Spuren der sozialistischen Herrschaft verblassen zunehmend, aber die Erinnerungen an ein Grenzen setzendes System leben weiter. August Bachmann hat dem TagesSatz seine Geschichte von der spontanen Flucht und dem Aufbau einer neuen Existenz im Westen erzählt.
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chnellmannshausen, ein idyllischer 900-Seelen-Ort in Thüringen. Wiesen, Felder und Wälder umsäumen das Dorf. Ein Handball-, Kirmes- und Karnevalsverein gestalten das sportliche und kulturelle Leben der Bewohner. Schnellmannshausen ist ein Ort wie viele in Deutschland, glaubt man zunächst. Bis 1989 war er jedoch abgeriegelt, gehörte zur 5-Kilometer-Sperrzone der innerdeutschen Grenze. Selbst DDR-Bürger konnten Verwandte und Freunde nur mit einem genehmigten Passierschein in dem nah an Hessen gelegenen Dorf besuchen. August Bachmann hat nur wenig von dieser Zeit miterlebt, denn er floh, als die DDR erst drei Jahre Bestand hatte. Er war 20 Jahre alt, ein junger Mann, der tatkräftig auf dem kleinen landwirtschaftlichen Hof seines Vaters mit anpacken musste. Sein Vater beäugte das neue politische System kritisch. Denn Zwangsenteignungen von landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Überführung in den Allgemeinbesitz des Staates standen auf der Tagesordnung. 1952 wurde schließlich zu einem Wendepunkt in dem Leben von August Bachmann. Im gleichen Jahr wurde eine Straße von Schnellmannshausen nach Großburschla gebaut. Der Ort war von hessischem Gebiet umgeben, so dass eine Verbindung notwendig erschien, um das abgelegene Dorf auch von ostdeutscher Seite 8
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TITELTH E M A erreichen zu können. Die Grundstücke, die dem Bau der Straße teilweise zum Opfer fielen, mussten neu vermessen und Grenzsteine zu den Nachbargrundstücken gesetzt werden. Mit altbewährten Werkzeugen wie Brechstangen und Hammer bewältigten junge Männer aus der Umgebung dieses Vorhaben, unter ihnen auch August Bachmann. Die Männer benötigten einen speziell ausgestellten Ausweis, um dort arbeiten zu können, denn die Grenze war zum Greifen nah. Im Herbst 1952 traf August Bachmann vor Beginn der Arbeit alte Bekannte wieder, die jetzt jedoch als Grenzzöllner auf westdeutscher Seite arbeiteten, in den Augen des DDR-Regimes also Staatsfeinde waren. Vor der Trennung Deutschlands war Bachmann oft mit ihnen auf Wildschweinjagd. „Ich habe nur ‚Hallo‘ gesagt und nach den Hunden gefragt, die für uns die Wildschweine aufgespürt haben“, erzählt August Bachmann. „Das war alles.“ Zwei ostdeutsche Grenzposten verhafteten daraufhin ihn und einen Bekannten. Es wurde ihnen Provokation gegen die DDR und eine Reihe mehr vorgeworfen, an die sich Bachmann nicht mehr im Detail erinnern kann. Ab ging es nach Großburschla auf die Hauptwache zum Verhör. Danach wurde er von zwei Wachen wieder nach Schnellmannshausen zurückgeführt. Bachmann lief vor den Wachen, die geladene Karabiner um ihre Schultern hängen hatten. Er hatte Angst, fürchtete die Strafe, die ihn bald zu erwarten hatte. „Ich dachte in diesem Moment nur an mich und dann lief ich einfach los Richtung Westen.“ Warum er keine Schüsse gehört hat, kann sich Bachmann nicht erklären.
der Tasche. Tagelang wurde er verhört. Es wurden ihm Flurkarten von seiner Heimat vorgelegt, wo er ausradierte Wege detailliert einzeichnen musste, um seine Identität zu beweisen und schließlich eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Die ostdeutschen Flüchtlinge mussten je nach ihrem Können und ihrer Berufsausbildung in der BRD auch arbeiten. Bis auf seine landwirtschaftlichen Kenntnisse hatte August Bachmann nichts vorzuweisen. Und so arbeitete er die kommenden Jahre auf Bauernhöfen. Die Sehnsucht nach Heimat und Familie war sein ständiger Begleiter. Briefe waren die einzige Kontaktmöglichkeit nach Hause. Bachmann wollte seine Familie in den Westen nachholen, denn nach Kriegsende standen viele Bauernhöfe leer und wurden nicht mehr bewirtschaftet. Das finanzielle Auskommen wäre gesichert
August Bachmann nicht auf seine Beerdigung. Seinen Heimatort Schnellmannshausen sieht er allerdings erst nach dem Fall der Mauer wieder, denn eine Einreisegenehmigung in die 5-Kilometer-Sperrzone hat er nie erhalten. Er ist traurig, als er sein Dorf das erste Mal wieder sieht: „Nichts hat sich in den 40 Jahren verändert. Als ob die Zeit stehen geblieben wäre.“ Die Verbundenheit zur Heimat hat er dennoch nicht verloren, nur die Leute sind ihm fremd geworden. Viele Schulkameraden sind schon tot, er kennt nur noch wenige bis auf ein paar Bekannte, seine Schwester und deren Familie. Seinen Entschluss zu fliehen, bereut August Bachmann bis heute nicht. „Welche Möglichkeit mich weiterzuentwickeln hätte ich denn gehabt? Der kleine Hof meines Vaters hätte sich nicht auf Dauer halten können.“ Wenn August Bachmann erzählt, spricht er oft von seinem Vater. Denn auch er hat Mut bewiesen in einer Zeit, die ein dunkles Kapitel in der Geschichte Deutschlands darstellt. August Bachmann war der einzige Junge im Dorf, der während des Dritten Reiches weder in der Hitlerjugend noch im Jungvolk Mitglied war. Sein Vater verweigerte die Mitgliedschaft seines Sohnes in den organisierten Jugendverbänden des Hitler-Regimes. Dass die Familie von den Nationalsozialisten nicht verfolgt wurde, erklärt Bachmann mit dem Umstand, dass sein Vater dem Bürgermeister einst geholfen hat, als dieser bei der Feldarbeit umgefallen ist. Bachmanns Vater brachte den kranken Mann ins Dorf. Der Bürgermeister schützte daraufhin die Familie Bachmann mit den Worten: „Wenn ihr den mitnehmt, könnt ihr mich auch mitnehmen.“ Und so wuchs August Bachmann in einem familiären Umfeld auf, das sich mutig gegen ein restriktives Regime stemmte. Obwohl die Flucht in den Westen spontan war, liegen die Wurzeln des Aufbegehrens in der Kindheit von August Bachmann. Eine Flucht, die er unternahm, nur, weil er sich nach dem Befinden von Hunden erkundigte.
Nur 70 Pfennig in der Tasche
Er landete zunächst auf der Hauptwache im hessischen Eschwege, die bereits über seine Flucht informiert war. Von dort schrieb er eine Postkarte an seine Familie, um sie von seinem Verbleib in Kenntnis zu setzen. Dann wurde Bachmann in einem Flüchtlingslager in die Nähe von Gießen aufgenommen. Aber wie sollte er sich ausweisen? Er hatte doch nur das, was er am Leibe trug und 70 Pfennig in TagesSatz
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gewesen. Diesen Gedanken konnte August Bachmann seinem Vater nur „zwischen den Zeilen mitteilen“, denn Briefe aus dem Westen sind ständig kontrolliert worden. „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, so fasst Bachmann den Entschluss seines Vaters, der Heimat treu zu bleiben, zusammen. August Bachmann macht neben der Arbeit auf dem Bauernhof den Führerschein für LKW und Bus, verdient damit nun seinen Lebensunterhalt. Anfang der 1960er Jahre lernt er seine Frau kennen, wird Vater von fünf Kindern. Er entdeckt seine Leidenschaft fürs Motorradfahren, unternimmt ausgiebige Touren, genießt die Freiheit, die ihm in der DDR versagt geblieben wäre. Ostdeutschen Boden betritt Bachmann erst in den 1970er Jahren wieder, als seine Nichte Jugendweihe feiert. Die DDR verfolgte in dieser Zeit eine offenere und tolerantere Politik, sodass eine Einreise des Flüchtlings möglich war, ohne Strafen zu fürchten. Der Vater ist zu diesem Zeitpunkt schon Jahre tot. Aus Angst vor Restriktionen kommt
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Vor den Toren zur Freiheit Das Grenzdurchgangslager Friedland fungierte nach dem Zweiten Weltkrieg als Notunterkunft für Vertriebene und Kriegsheimkehrer. Noch heute dient es als Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Migranten. Wird die Bezeichnung „Tor zur Freiheit“, wie das Friedländer Lager auch genannt wird, der heutigen Situation der Flüchtlingspolitik noch gerecht?
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ls im September des Jahres 1945 das so genannte Grenzdurchgangslager von der britischen Militärregierung in Friedland eingerichtet wurde, hätte sicher niemand daran gedacht, dass ebendieses noch im Jahre 2012 bestehen könnte. Vor beinahe siebzig Jahren entstand das Lager aus der Not heraus. Während KZ-Überlebende und ehemalige Zwangsarbeiter mehrheitlich das Land verließen, mussten mehr als 12 Millionen deutsche Flüchtlinge und Vertriebene in Deutschland eine neue Heimat finden. Die erste Anlaufstelle für viele der Flüchtlinge war Friedland. Von hier aus wurden die Menschen nach ganz Deutschland verteilt. Das einstige Provisorium blieb jedoch auch nach der großen Flüchtlingswelle bestehen. Ab dem Jahr 1950 begann eine neue Migrationsbewegung nach Deutschland: Die Familienzusammenführung der Deutschen aus den ehemalig besetzten Ostgebieten begründete den Anfang der Aussiedlerwelle. Kamen noch 1988 über 200000 Aussiedler nach Deutschland, so sind aktuell jährlich etwas über 2000 Spätaussiedler, wie die deutschstämmigen Migranten seit 1993 genannt werden, auf dem Weg in ihre neue Heimat. Seit dem Jahr 2000 ist Friedland die einzige Unterbringungsstelle für die Gruppe der Spätaussiedler. Seit 1956 werden jedoch nicht nur deutschstämmige Migranten im Grenzdurchgangslager Friedland untergebracht. So wurde das Friedländer Lager über die Jahre zur ersten Heimat von Flüchtlingen aus verschiedenen Krisenregionen: Ungarn, Chile, Vietnam, Sri Lanka, Albanien und Irak.
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Aktuell gibt es drei Gruppen von Migranten, die in Friedland aufgenommen werden. Einerseits Spätaussiedler, die meist nach etwa einer Woche auf die Bundesländer verteilt werden. Zudem werden in Friedland seit 1998, mit kurzer Unterbrechung, Migranten jüdischen Glaubens aus der ehemaligen Sowjetunion, aufgenommen, die vor den dortigen antisemitischen Übergriffen geflohen waren. Die Gruppe der jüdischen Flüchtlinge verbleibt bis zu ihrer Verteilung auf die Bundesrepublik einige Wochen im Grenzdurchgangslager. Seit 2011 existiert eine dritte Gruppe von Einwanderern in Friedland. Gegenwärtig werden Asylbewerber aus sechs Ländern aufgenommen: Syrien, Türkei, Irak, Vietnam, Libanon und Afghanistan. Friedland und Braunschweig sind Niedersachsens Erstaufnahmeeinrichtungen, in die Asylsuchende zur Erledigung aller Aufnahmeformalitäten für bis zu drei Monate eingewiesen werden. Wurden noch vor 2004 viele Asylsuchende auf die Kommunen verteilt, so besteht derzeitig die Praxis, Flüchtlinge in den landeseigenen Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen, zu denen auch Friedland zählt. Laut Innenministerium wird das Ziel verfolgt, die Kommunen zu entlasten und die Kapazitäten der bestehenden Lager auszuschöpfen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die zunehmende isolierende Unterbringung von Flüchtlingen in Lagern seit langem. Dies verhindere eine Integration und Kontakte zur angestammten Bevölkerung. Zudem wirkten sich eine beengte Wohnsituation, die keinerlei Privatsphäre sicherstel-
le, eine unzureichende medizinische Versorgung, eine eintönige und fremdbestimmte Nahrungsversorgung und eine unzulängliche Beschulung der Kinder negativ auf die Lebensumstände der Flüchtlinge aus.
Jörg „Yogi“ Müller
* CARSTEN SEYDLOWSKY
Die Landesregierung erklärte hierauf in einem Brief an den Flüchtlingsrat Niedersachsen, dass es schwieriger sei, bei einer dezentralen Unterbringung eine Ausweisung durchzuführen. Zudem führe das Leben in einer Gemeinde zur „Verfestigung des Aufenthalts“, welche einer freiwilligen Ausreise im Wege stehe. In Friedland können sich die Bewohner des Grenzdurchgangslagers weitgehend frei bewegen und auch kulturelle und religiöse Essensgewohnheiten werden berücksichtigt. Dennoch bleibt die Frage offen, ob der derzeitige Umgang mit Asylsuchenden den humanitären Ansprüchen und Verpflichtungen genügt, die aus der Gründung der Flüchtlingslager nach dem Zweiten Weltkrieg erwachsen sind, oder ob vielen Menschen das „Tor zur Freiheit“ verschlossen bleibt.
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MEHR ZUM THEMA: www.grenzdurchgangslagerfriedland.niedersachsen.de www.proasyl.de www.nds-fluerat.org
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Den Toten eine Stimme geben Die Waldweg-Aula in Göttingen stand am 27.Januar im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus Mit Lesungen und Liedern erinnerten Marianne und Petra Rosenberg an die Roma-und-Sinti-Verfolgung sowie das Schicksal ihres Vaters.
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chon oft hat sich Marianne Rosenberg gegen despektierliche Einblicke in ihr Privatleben zu Wehr gesetzt. Als ihr im Jahr 2000 angeboten wurde, gemeinsam mit ihrem Vater im Fernsehen aufzutreten, lehnte sie empört ab: „Die wollen Rosenberg-Schlager garniert mit einer Prise Auschwitz.“ An diesem Freitagabend, genau 67 Jahre nach der Befreiung ihres Vaters aus dem größten Konzentrationslager der Nazis, fand die Erinnerung an den mittlerweile verstorbenen Otto Rosenberg einen würdigen Rahmen. Auf Wunsch der beiden Töchter wurde während der Veranstaltung weder geklatscht noch photographiert.
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In der Familie Rosenberg, für die Kunst und Musik traditionell eine zentrale Rolle spielten, machte Marianne schon früh mit ihrem Gesangstalent auf sich aufmerksam. Von ihrem Vater entdeckt und gefördert, eroberte ihre Stimme in den 1970er Jahren mit Titeln wie „Marlene“ oder „Er gehört zu mir“ die deutschen Schlagerbühnen. Ihr Vater war es auch, der Marianne lange davon abhielt, ihre familiäre Vergangenheit Preis zu geben – zu Gunsten einer glanzvollen Karriere. Von dieser zärtlichen Beziehung, von nächtlichen Auftritten in Kneipen und von der Verwandlung ihres Vaters durch den Alkohol erzählt ihre Autobiographie Kokolores, aus der die Sängerin ausgewählte Abschnitte vorliest. Neben dieser sehr persönlichen und wortmalerischen Darbietung intoniert die vielfältige Künstlerin Chansons in unterschiedlichen Sprachen. Dabei wird sie vom Gitarrenspiel Ferenc Snétbergers begleitet, der Improvisationen aus seinem Album „Themes for the people“ zum Besten gib, einer Liedersammlung, mit der er den ermordeten Roma und Sinti ein Denkmal gesetzt hat. Ihre Schwester Petra liest aus Otto Rosenbergs autobiographischem Werk „Das
* CHRISTOPH PENGEL Brennglas“, in dem der ehemalige Auschwitz-Häftling seine durch Ausgrenzung und Verfolgung geprägte Jugend verarbeitet hat. Seine Tochter, Vorsitzende des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg, ist sichtlich gerührt, als sie davon berichtet, wie er und seine Familie nach Hitlers Machtergreifung mehr und mehr entrechtet und in ghettoähnliche Wohnbereiche zurückgedrängt wurden. Wie man ihn schließlich als 15-Jährigen festnahm und zusammen mit anderen Kindern in den Zug steckte, der ihn nach Auschwitz brachte. Und wie er noch Jahrzehnte danach immer wieder in Tränen ausbrach, gequält von der Frage, warum gerade er überlebt habe. Der Auftritt der Rosenberg-Geschwister war Teil einer Veranstaltungsreihe, die vom Bündnis „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ initiiert wurde. Seit nunmehr fünfzehn Jahren organisiert dieser Zusammenschluss aus verschiedenen Institutionen nicht nur Konzerte und Lesungen, sondern auch Theateraufführungen, Vorträge oder Begegnungen mit Zeitzeugen. So soll Jahr für Jahr im Zeitraum zwischen dem 09.November (Pogromnacht) und dem 31. Januar (Ernennung Hitlers zum Reichskanzler) das Bewusstsein für Schuld und Verantwortung der Deutschen geschärft werden. Für die Veranstalter geht es darum, ein „Zeichen zu setzen: Gegen Gleichgültigkeit und Vergessen. Gegen die Verharmlosung deutscher Schuld und Verantwortung. Gegen das Fortbestehen rechter Ideologie und rechtsextremer Aktivitäten in Alltag und Gesellschaft.“
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Das „wilde“ Kurdistan Aufbruch und Vergangenheit Viele Konflikte, nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika, in Asien und im Nahen Osten entstammen der Ordnung der Siegermächte nach dem ersten Weltkrieg. Die Welt wurde damals neu aufgeteilt und auf die Interessen der Menschen und das Selbstbestimmungsrecht der Völker nur dann eingegangen, wenn sie im Interesse der Siegermächte waren.
* STEFAN GIEBEL
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m Vertrag von Sèvres von 1920 sollte Kurdistan noch autonom werden. Dieser Vertrag wurde nach dem griechisch-türkischen Krieg zugunsten der Türkei im Vertrag von Lausanne 1922 revidiert. In diesem Krieg hatte Griechenland versucht, die zum Teil griechisch bewohnten Teile des Osmanischen Reiches zu erobern und stieß auf den heftigen Widerstand der jungen türkischen Nation.
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Nahezu die Hälfte aller Kurden wurde in dem Vertrag von Lausanne der heutigen Türkei zugeschlagen und jeder fünfte türkischer Staatsbürger gehört damit zur kurdischen Minderheit, wohl jeder vierte hat zumindest kurdische Wurzeln. Die Türkei verstand sich nach der Auflösung des Osmanischen Reiches als ein Gemeinwesen, dessen verbindendes Element das türkische Volk, Kultur und Sprache war und ist. Den Kurden wurde die eigenständige Kultur als „Bergtürken“ abgesprochen und ihre Sprache durch ein Gesetz aus dem Jahr 1924 verboten. Seit den 80er Jahren haben ca. drei Millionen Kurden im Zuge des Krieges zwischen dem Staat und der kurdischen Organisation PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) mittlerweile ihre Heimat verlassen und um die 35.000 Menschen ihr Leben verloren. Erst im Zuge der Beitrittsverhandlungen der Türkei hat sich der Umgang mit den Kurden gebessert. Im letzten November hat sich der türkische Ministerpräsident Erdogan sogar für die Tötung von 14.000 Kurden in den 30er Jahren offiziell entschuldigt.
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Doch immer wieder versuchen beide Seiten den Konflikt militärisch zu lösen, und er scheint sich seit letztem Jahr mit Angriffen auf die türkische Armee und Bombardierung kurdischer Zivilisten wieder weiter zu verTagesSatz
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TITELTH E M A schärfen. Ganz abgesehen davon, dass die Türkei im Februar 2008 mit der 25.Bodenoffensive seit 1983 bereits den Nordirak und damit das Territorium eines unabhängigen Staates zur Lösung ihrer internen Konflikte nutzt und damit auch einen weiteren Schlagabtausch mit dem sich neu formierenden Irak riskiert. Der Einfluss der Europäischen Union auf die Türkei in diesem Konflikt hat mit den stockenden Beitrittsverhandlungen ohnehin abgenommen, weil die türkische AKP-Regierung (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) sich nach der Revolution im Maghreb und im Nahen Osten zu den arabischen Nachbarn und zu den gemeinsamen islamischen Wurzeln hingewendet hat. Außerdem versucht sie an die einstige Vormacht des Osmanischen Reichs anzuknüpfen. Eine zum jetzigen Zeitpunkt stattfindende Abstimmung über einen Beitritt zur EU würde in der Türkei wohl eher das Gefälle zwischen dem anatolischen Bergland, welches mehr dem Nahen Osten zugewandt ist, und der kleinasiatischen Küste dokumentieren, als eine breite Zustimmung zu Europa aufzeigen. Auf dem Boden des Irans leben ein Viertel aller Kurden. Ihnen wird eine sprachliche und kulturelle Autonomie neben den Volksgruppen der Belutschen, Turkmenen, Armenier und Aserbaidschaner gewährt. Verbindendes Element der iranischen Republik ist der Islam und nicht die ethnische Zugehörigkeit. Seit 2005 kam es mehrfach zu Tumulten im kurdischen Gebiet des Irans. Circa ein weiteres Viertel lebt im auseinanderfallenden Irak. Durch die Schwächung des Regimes in Bagdad nach dem zweiten Golfkrieg 1991 haben es die Kurden zu einer weitgehenden Autonomie gebracht. Im dritten Golfkrieg 2003 kämpften sie als Verbündete der Vereinigten Staaten. Der NATO-Verbündete Türkei muss momentan zusehen, wie sich eine mehr und mehr eigenständige kurdische Region im Irak entwickelt und auch die Kurden im Irak an politischem Gewicht gewinnen. Im Januar 2005 geTagesSatz
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wannen die Kurden 75 Sitze im irakischen Parlament. Hinsichtlich der Religion sind die meisten Kurden nach dem Einmarsch der Araber Muslime geworden. Ursprünglich waren sie Anhänger der zoroastrischen Religion. Zarathustra lehrte bereits 1500 Jahre vor Christus, dass es einen gütigen Schöpfergott gibt. Noch bis an den heutigen Tag hat sich eine Vielzahl unterschiedlicher religiöser Gruppen unter den Kurden erhalten. Am Umgang mit den Kurden zeigt sich das unterschiedliche Staatsverständnis in der Region. Die jetzige Revolution im arabischen Raum schwankt ebenfalls zwischen dem Staatsverständnis der Türkei als laizistisch-kemalistischer Staat und dem des Iran als islamischer Republik. Das heißt, zwischen einer Nation, die sich durch Sprache und Kultur, und einer die sich durch die Zugehörigkeit zur Religion definiert.
Kurden und Türken als Migranten in Deutschland Die deutsche Außenpolitik ist, ob gewollt oder ungewollt, geprägt durch die Einwanderer, ihre Kultur, ihre Sprache und ihre Religion, sowie ihre spezifische Sicht auf ihre Heimat, die gar nichts mehr mit der Wirklichkeit vor Ort zu tun haben muss. Die nach Deutschland als Gastarbeiter emigrierten Kurden haben auch den innertürkischen Konflikt mit nach Deutschland gebracht. Fast eine Millionen Kurden leben mittlerweile in Deutschland. Die Zukunft Kurdistans wird sich jedoch zunehmend im Irak entscheiden. Je politisch autonomer diese Region wird, desto schwieriger wird es auf Dauer einen kurdischen Staat zu verhindern. Erbil ist mittlerweile die Hauptstadt des irakischen Kurdistan geworden, und der Irak wird föderaler werden als zuvor. Zusätzlich entscheidet am Ende der Besitz des Öls über die weitere Unabhängigkeit der Region und die damit verbundenen Interessen.
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T I T E LT H E M A
Ferien vom Krieg „Ferien vom Krieg“ heißt eine Initiative, die jungen Menschen aus feindlichen Lagern in Kriegs- und Krisengebieten ermöglicht, sich in gemeinsamen Begegnungsseminaren zu treffen. Sie erleben sich dabei als Menschen mit oft ähnlichen Erfahrungen und Schicksalen und dem letztlich gemeinsamen Interesse an Frieden.
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schichte ihres eigenen Volkes verständlich zu machen, so waren andere Informationen dazu geeignet, vom Widerstand gegen Ungleichbehandlung (Archiv der Deutschen Frauenbewegung) oder Unterdrückung (kleiner Vortrag zum kritischen Werk des chinesischen Künstlers Ai Weiwei auf der documenta ) zu erfahren. „Die Rallye zur Stadterkundung endete am Denkmal der Brüder Grimm“, so Wilfriede Dieter, „was die Frauen
gleichermaßen berührte und anregte, von Märchen aus dem eigenen Kulturkreis, aber auch von der eigenen Kindheit und Familie zu erzählen “. Wilfriede Dieter, Begleiterin auf dem Rundgang, leitete zu diesem Zeitpunkt ein Seminar „Sprechen mit dem Feind“ in der Evangelischen Akademie Hofgeismar, in dem sie gemeinsam mit weiteren Teamerinnen junge Frauen aus Israel und Palästina, d.h. den besetzten Gebieten, zusam-
Privat
m Sommer vergangenen Jahres mag eine Gruppe junger Frauen im Stadtbild von Kassel aufgefallen sein. Über 40 Palästinenserinnen und Israelinnen hielten sich mal zusammen, mal in Kleingruppen, aber immer in gemischten Gruppen, auf einem Rundgang oder einer Rallye bei Kasseler Sehenswürdigkeiten auf. Dazu gehörten das Fridericianum und natürlich Erinnerungsmale zur Deportation der Juden im Nationalsozialismus. Wurden die Israelis darin unterstützt, die Ge-
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TagesSatz
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TITELTH E M A menführte, die sich in Gruppenarbeit, Rund- und Zweiergesprächen begegnen und sich über Ansichten und Erlebnisse austauschen, ihre Feindbilder relativieren und womöglich überwinden konnten. Dieses Seminar steht im Zusammenhang mit dem größeren und langjährig praktizierten Projekt, das sich „Ferien vom Krieg“ nennt, und vom Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln, initiiert und getragen wird. Es fing 1994 mit Kinderfreizeiten im zerfallenden Jugoslawien an. Bereits ein Jahr später lag das Hauptgewicht darauf, Kinder und Jugendliche aus den verfeindeten Nationalitäten auf dem Balkan zusammenzuführen und sie erleben zu lassen, dass sie miteinander freundschaftlich umgehen können und ihre Schicksale häufig ähnlich sind. Mehr als 21.000 Kinder und Jugendliche haben bisher an diesen Freizeiten und Seminaren in Camps am Mittelmeer teilgenommen.
Zwei Auszüge mögen einen Eindruck davon geben, wie wichtig und wie erhellend die Begegnungen häufig sind:
in Frieden und Gerechtigkeit ist die Befreiung von religiösem Fanatismus und Nationalismus der einzige Weg ...
Elai aus Israel: Ich habe mich auf dieses Abenteuer Deutschland eingelassen, weil ich endlich einmal Palästinenser kennen lernen und mit ihnen reden wollte. ... Aber die Tatsache, dass sich das alles ausgerechnet in Deutschland abspielte, machte mir mehr zu schaffen, als ich dachte. ...Ich wusste, dass die Leute um mich herum mit dem Holocaust nichts zu tun haben und damals noch nicht einmal geboren waren, aber für mich hatten sie in diesem Augenblick alle etwas damit zu tun... Es ärgerte mich, dass ein Land, das so viel Tod und Elend über die Welt gebracht hat noch existiert und leben und prosperieren darf... Es sieht aber so aus, dass wir Opfer unseres Bemühens wurden, nie wieder Opfer zu werden, und dass wir dabei Andere zu Opfern gemacht haben ...
Wie ein roter Faden zieht sich durch die Äußerungen in Seminaren und Workshops immer wieder das Bewusstsein oder auch Bewusstwerden, dass man wenig voneinander weiß. Die Berichte von den Begegnungen, geschrieben von OrganisatorInnen, Teamern – auch aus Palästina und Israel – und Teilnehmern fächern ein breites Spektrum an Vorgehensweisen und Methoden auf, die vermeintlichen „Feinde“ zum Erzählen und ins Gespräch zu bringen. Dies führt zu Gefühlen, Erkenntnissen, Einsichten, die nachhaltig wirken, gegenseitiges Verständnis, häufig lang anhaltende Kontakte und nicht selten sogar Freundschaften hervorbringen. Angesichts der sehr verhärteten Fronten und der anhaltenden Siedlungstätigkeit der Israelis auf palästinensischem Territorium mag man diese Begegnungen als „Tropfen auf den heißen Stein“ ansehen. Vielleicht sollte man aber eher auf „Steter Tropfen höhlt den Stein“ setzen !
„Es entsteht eine Atmosphäre von gegenseitigem Respekt“
2003 begann dann der Versuch, junge Israelis mit PalästinenserInnen aus den besetzten Gebieten zu einem Dialog zusammen zu führen. Da eine Begegnung dieser jungen Menschen in Israel/Palästina unmöglich ist, laden die Veranstalter die TeilnehmerInnen nach Deutschland ein. Bisher konnten jährlich jeweils zwei gemischte Gruppen von je 70 Personen und das Frauenseminar mit über 40 Teilnehmerinnen zusammmengeführt werden. Diese Begegnungen wurden sogar unter den erschwerten Bedingungen des Libanon- und Gazakrieges fortgeführt. Begegnungsort ist die Jugendakademie Walberberg bei Köln oder im vergangenen Jahr auch das japanische Peaceboot und die Akademie Hofgeismar. Was in den Seminaren, den Workshops, den Ausflügen und immer wieder auch in Zweiersprächen geschieht, davon gibt es Aufzeichnungen, in denen TeilnehmerInnen sehr persönlich zu Wort kommen. Nachzulesen und zu hören sind sie in jährlichen Berichten und Videoaufzeichnungen. TagesSatz
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Ahmed aus Palästina: Als ich überlegte, an den „Ferien vom Krieg“ teilzunehmen, ließ mich der Gedanke nicht los: „Wie soll ich mir selbst erlauben, mit dem ewigen Feind meines Volkes zusammen zu sitzen, zu diskutieren und ihnen zuzuhören?“... Sie haben meinen besten Freund getötet, viele meiner Verwandten ins Gefängnis gesteckt, unser Haus mit schwerer Artillerie beschossen und gestürmt. Sie halten mich täglich an Checkpoints fest!“ Dann dachte ich, dass es vielleicht eine sehr gute Gelegenheit sei, um dem Feind gegenüber meine Wut und meinen Hass zu äußern, mit ihm eine unblutige Schlacht der Worte zu führen... Manchmal stritten wir, manchmal lachten wir, wir waren aufgeregt und beruhigten uns wieder ... Nach weiteren Sitzungen spürte ich, dass wir einen gemeinsamen Weg gingen, ohne zu wissen, wohin er uns führte. Zwischen uns entstand unmerklich eine starke menschliche Beziehung. Es war eine Beziehung von gegenseitigem Respekt. ... Für ein Zusammenleben
Das Projekt wird ausschließlich durch private Spenden und Sammlungen finanziert. Die Verwaltungskosten sind minimal, da das Team ehrenamtlich arbeitet. Anerkennungen und Preise wie der Stuttgarter Friedenspreis 2003, der Panter-Preis der TAZ 2005, der Julius-Rumpf-Preis der MartinNiemöller-Stiftung 2010 unterstreichen den Wert dieser Initiative „Ferien vom Krieg“.
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MEHR ZUM THEMA: „Ferien vom Krieg“ über Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. Aquinostraße 7-11, 50670 Köln Infos, Berichte unter: www.ferien-vom-krieg.de Koordinatorin: Helga Dieter, Tel.069-7892525 Mail: ubihedi@t-online.de
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S T O L P E R S T EIN
Zu wenig Mann im Kindesalter?
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Jörg Sanders
or kurzem hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem alleinerziehenden Vater. Er war der Meinung seine Kinder würden zu sehr von Frauen erzogen. Das bezog sich auf Schule, Kindertagesstätten und anderes. Seltsam, dass ein alleinerziehender Vater diese Kritik hatte, da ein wenig Mutter ja gerade in diesem Fall ausgewogen wäre, aber abgesehen davon ist das sicherlich so. Der Beruf der Erzieherin wird tatsächlich, ich möchte nicht sagen ausschließlich, aber fast ausschließlich von Frauen ausgeübt. Genau gesagt von 97 Prozent. Aber ist das wirklich schlecht? Werden Jungen dadurch benachteiligt? Die Grundkritik war im Großen und Ganzen eine zu weibische Erziehung. Zu wenig jungenorientierte Spiele und zu wenig Mann an seiner Seite. Ich hatte ehrlich gesagt noch nie einen Gedanken daran verschwendet und das liegt vielleicht auch an der Tatsache, dass Kindererziehung schon immer eine Frauensache war und von Frauen bevorzugter getätigt wird. Dass jetzt die Emanzipation nach einer ausgewogenen Geschlechtererziehung schreit, zeigt allerdings nur, dass auch Männer genug Grund haben an ihrer Unterbesetzung in bestimmten Berufen zu klagen. Die Forderung nach einer Männerquote scheint mir allerdings unangebracht. Können wir Männer dazu zwingen Erzieher zu werden? Und da sie diese Berufe nicht ausüben wollen, kann eigentlich auch kein Widerspruch am jetzigen System eingelegt werden. Ausschlaggebend für die Unterbesetzung sind laut einer Statistik un-
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* GLOSSE VON PIA ZOJER ter anderem das geringe Gehalt, niedrige soziale Anerkennung und schlechte Aufstiegschancen. Aber Frauen betrifft das doch gleichermaßen. Ich würde sagen, dass im frühen Kindesalter, in einer Kinderkrippe etwa, eine einseitige Erziehung gar nicht existiert. Das, was Kinder in diesem Alter lernen, ist geschlechterunabhängig. Wie etwa mit einer Schere schneiden oder die Grundzüge moralischen Verhaltens. In Zeiten ohne Kitas war ohnehin die Mutter die Bezugsperson. In der Schule ist das schon wichtiger. Auch dort gibt es mehr Lehrerinnen, doch der Anteil männlicher Lehrkräfte ist deutlich höher als der der Erzieher in den Kitas. Anfang der 90er Jahre waren es noch rund 33 Prozent Männer. Heute sind es allerdings nur noch um die 13 Prozent und nimmt stetig ab. In einem Artikel habe ich gelesen, dass Grundschullehrern gerne die „wilden Jungs“ anvertraut werden, da sie bei ihnen wohl die Oberhand behalten, im Gegensatz zu den Frauen. Identifikation und Nachahmung sind wichtige Stichworte der Erziehung, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie tragend sind. Neuerdings sind Kampagnen im Umlauf, um Männern pädagogische und erzieherische Berufe mit Kindern schmackhaft zu machen. Welchen Nerv man dabei treffen muss, wäre nur gut zu wissen, denn der Grund für die Unbeliebtheit dieser Berufe unter den Männern ist nicht wirklich ersichtlich.
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TagesSatz
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misterQM (photocase.com)
PARAGRAPHENR E I T E R
Im Namen des Volkes
Neues von den Sozialgerichten Liebe Leserinnen und Leser, nach wie vor klagen die Sozialgerichte im Lande über die Klageflut gegen die Regelungen des Sozialgesetzbuches. Das interessante daran ist, dass in rund fünfzig Prozent der Klagen den betroffenen Hilfeempfänger Recht gegeben wird. Dies bedeutet in fast jedem zweiten Fall korrigieren die Richter die Rechtsauslegung der Verwaltung. Eine bedenklich hohe Quote, wie ich finde. Auch in dieser Ausgabe möchte wir Ihnen wieder einige Urteile der Sozialgerichte näher bringen und hoffen dass dieses zur Klarheit beiträgt.
* HANS PETER PUNG Bedarfsgemeinschaft Wann lebt man in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des Sozialgesetzbuches? Der Gesetzgeber hat hierfür die Beweislastumkehr eingeführt. Für Hilfeempfänger bedeutet dieses, dass sie selbst im Zweifel nachweisen müssen, dass sie nicht in einer Bedarfsgemeinschaft sondern lediglich in einer Lebensgemeinschaft unter einem Dach zusammen leben. Der Gesetzgeber legt hierfür die Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft voraus. In einer Bedarfsgemeinschaft lebt also derjenige, der sich gegenseitig umsorgt und füreinander einsteht. Sozialgericht Stade Urteil vom 03.11.2011 AZ: S 28 AS 777/11 ER
kennbar sein, dass er nicht bereit ist eine bestimmte Arbeit anzunehmen.
punkt auftritt, zu dem die Rechnung zu zahlen ist bzw. bezahlt wird.
Sozialgericht Stade Urteil vom 17.11.2011 AZ: S 28 AS 314/11/
Bayrisches Landessozialgericht Urteil vom 29.11.2011 AZ: L 11 AS 888/11 B PKH
Anmerkung: Auch eine unangemessene Bewerbung kann zu Sanktionen führen. Auch hier gilt aus der Bewerbung muss hervor gehen, dass sich der Betroffene ernsthaft um die Stelle bewirbt.
Arbeitsangebot 2 Unterbreitet ein Jobcenter einem Hilfeempfänger ein Arbeitsangebot, so muss dieses Angebot den arbeitsrechtlichen Bestimmungen entsprechen. Weigert sich ein Betroffener ein Arbeitsangebot anzunehmen, das nicht den rechtlichen Bestimmungen entspricht darf das Jobcenter für dieses Verhalten keine Sanktionen verhängen.
Arbeitsangebote 1 Kann bei der Anbahnung zu einem Beschäftigungsverhältnis darauf geschlossen werden, dass ein Leistungsempfänger kein ernsthaftes Interesse an der Arbeitsaufnahme hat, kann der Leistungsträger (Jobcenter, ARGE) hierfür eine Sanktion von bis zu 3 Monaten verhängen. Wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass dem Arbeitssuchenden ein verwerfliches Verhalten nachgewiesen werden kann. Aus dem Verhalten des Betroffen muss also erTagesSatz
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Urteil vom 25.11.2011
Sozialgericht Gießen AZ: 22 AS 869/09
Kein Anspruch auf Brille Bezieher von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II haben keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Brille als Mehrbedarf. Bei einer Brille handelt es sich um einen aus dem Regelbedarf durch Ansparen zu deckenden Bedarf. Zudem handelt es sich nicht um einen laufenden Bedarf, sondern um einen einmaligen Bedarf, der zu dem Zeit-
Datenschutz Nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB II hat jeder Anspruch darauf, dass seine Sozialdaten vom Leistungsträger (Jobcenter...) nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Dies führt dazu, dass ein Jobcenter im Rahmen seiner Ermittlungen die sozialrechtlichen Daten eines Hilfeempfängers nicht an Dritte weiter geben darf. Der Datenschutz gilt als Schutz zu Gunsten der Betroffen und ist höher zu bewerten als die Interessen des Leistungsträgers. Das Jobcenter kann Angaben von Hilfeempfänger nur dann nach außen hin überprüfen, wenn die Datenschutzbestimmungen dadurch nicht verletzt werden oder der Hilfeempfänger sein Einverständnis dazu erklärt hat. Als Datenschutzverletzung gehört hierzu schon das Inkenntnissetzen darüber, dass der Betroffene Leistungsempfänger nach dem SGB ist. Bundessozialgericht Urteil vom 25.01.2012 AZ: B 14 AS 65/11
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GÖTTINGEN
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ass eine Ziege das Überleben einer Familie sichern kann, scheint in unserer Überflussgesellschaft absurd. Nicht aber im immer noch wirtschaftlich instabilen Kosovo. Über 90 Prozent der Roma sind arbeitslos, beziehen keinerlei soziale Unterstützung und leben in miserablen Verhältnissen. Mit der Aktion „Weg aus dem Elend – Eine Ziege für ein neues Leben“ werden 430 Roma-Familien mit jeweils einer Ziege unterstützt, um die Lebensqualität ein wenig zu verbessern. Die GfbV arbeitet mit lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammen, um die Aktion umzusetzen.
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Hungernde Menschen in Somalia, afrikanische Flüchtlinge auf Lampedusa oder die Bedrohung der Existenz indigener Völker. Schwere Themen, mit denen wir uns selten auseinandersetzen wollen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen gibt diesen Menschen jedoch eine Stimme und versucht, das Leid dieser Welt einzugrenzen.
* SANDY NAAKE
ke auch verkauft werden können. Ein weiterer Erfolg der GfbV war eine mit anderen Organisationen initiierte Kampagne, dass diesen Frauen eine kleine Rente bewilligt worden ist, soweit sie die Vergewaltigung nachweisen können. „Wir haben Vertrauen zu unseren Partnerorganisationen vor Ort“, sagt Causevic. Denn die GfbV verlangt eine konstante Dokumentation in Form von Fotos und Berichten über den Arbeitsstand von Projekten. Teilweise werden die von der GfbV gestarteten Initiativen von Förderern und Mitarbeitern vor Ort besucht. Finanziell trägt sich die Menschenrechtsorganisation von Mitgliedsbeiträgen, Spenden von Förderern sowie Privatpersonen, von den Erlösen der Zeitschrift „pogrom“ und dem Verkauf anderer Publikationen. Finanzielle Unterstützung von Parteien, politischen Institutionen oder einflussreichen Unternehmen lehnt die GfbV konsequent
ab, denn sie möchte unabhängig bleiben in der Gestaltung ihrer Projekte. Dieses Jahr legt die Göttinger Menschenrechtsorganisation anlässlich des chinesischen Kulturjahres in Deutschland den Fokus auf Menschenrechtsverletzungen in China. Die Unterdrückung der Volksgruppen Tibeter, Mongolen und Uiguren soll thematisiert werden, abseits der zahlreichen landesweiten Veranstaltungen, die das Reich der Mitte kulturell in den Vordergrund stellen. Zu Beginn des Jahres setzt die GfbV Themenschwerpunkte fest, agiert aber auch augenblicklich, beispielsweise bei der Flutkatastrophe 2010 in Pakistan, um die Welt auch zeitnah ein wenig besser zu machen.
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MEHR ZUM THEMA: Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat ihren Sitz in der Geiststraße 7 in Göttingen. Weitere Informationen zu der Menschenrechtsorganisation finden Sie auf der Internetseite www.gfbv.de.
Jörg „Yogi“ Müller
Seit 1970 bereits agiert die GfbV und setzt sich für Menschenrechte rund um den Globus ein. Sie mobilisiert mit Kampagnen Politik und Gesellschaft, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen und hat seit 1993 einen beratenden Status bei den Vereinten Nationen. Die international tätige Menschenrechtsorganisation leistet selbst keine finanziellen Hilfen, sondern vermittelt Gelder für Projekte. So bauen Mitarbeiter der GfbV Kontakt zu Wohlfahrtsverbänden, Stiftungen oder anderen NGOs auf, um Geldmittel locker zu machen. „Die Arbeit ist oft ein Kampf gegen Windmühlen“ bestätigt Jasna Causevic, Mitarbeiterin der GfbV und verantwortlich für das Referat Südosteuropa und Flüchtlinge. Bürokratie und auch frustrierende Erfahrungen, wenn Projekte nicht umgesetzt werden können, begleiten den Alltag der Menschen, die bei der GfbV beschäftigt sind. „Ich bin oft entmutigt, aber die kleinen Erfolge, die wir erzielen, motivieren mich immer erneut“, erzählt Jasna Causevic weiter. So hat die Gesellschaft für bedrohte Völker die Arbeit lokaler Frauenvereine in Sarajevo unterstützt. Während des Balkankonflikts in den 1990er Jahren wurden über 20.000 Frauen vergewaltigt. Mit der Eröffnung einer Nähschule und Nähstube konnte traumatisierten Frauen eine neue Lebensperspektive gegeben werden. Die Göttinger Stiftung „Vielfalt der Kulturen“ spendete 6.000 Euro für ein Geschäft, sodass die produzierten Kleidungsstüc-
Die Welt ein wenig besser machen
TagesSatz
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GÖTTI N G E N
Schwerelose Nachtgespenster Ein zwei Meter großer, bauchtanzender Kontrabassist, drei dänische Kraftakrobaten beim Zeitlupenjonglieren und zwischendurch „Musik für schwache Stunden“. Im Januar swingten Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys in der Göttinger Stadthalle. Der TagesSatz durfte beim Soundcheck und Konzert vor Ort dabei sein.
* HELENE DAHLKE
cier, eröffnet das Programm. Er überspielt die Tatsache, dass relativ viele Plätze in der Stadthalle frei geblieben sind: „Ich sehe, es haben doch noch nicht alle den letzten Tatort gesehen.“ Darauf folgt der große Auftritt Totòs. Verkleidet als afrikanischer Zwerglöwe antwortet er auf Tukurs Frage, welcher Bundespräsident denn bald Probleme bekommen werde, vorherseherisch: „Wu[l]ff!“
Dann öffnet sich der Vorhang und Tukur, verkleidet als britischer Conféren-
Klamauk, ja. Ulk, ja. Aber mit viel Leichtigkeit und Charme bringen die
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Vier die amüsanten, kurzweiligen Stücke auf die Bühne und können mit ihrem erheiternden Programm ihr Publikum für zwei Stunden schwach werden lassen. Christian Schmid
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uf der Bühne spielen sich die Rhythmus Boys schon für den großen Auftritt warm, da stürmt Eurasier-Rüde Totò, benannt nach dem neapolitanischen Schauspieler der 1940er Jahre, durch die Garderobe. Im Schlepptau Herrchen, pardon Signor, das klingt „romantischer“, Tukur. Noch fasziniert von den schaurig schönen Bauten seines Hotels in Grone und der Stadthalle, bestaunt er gleichsam ironisch das reichhaltige Buffet: kleine argentinische Gurken, spanische Äpfel, marokkanische Erdbeeren und Gulaschsuppe. Dann schnell auf die Bühne zu den rhythmischen Jungs, die geduldig auf den Publikumsmagneten Tukur warten: Gitarrist Ulrich Mayer, der mit Tukur bereits seit Tübinger Studientagen musiziert, der sehr lange Kontrabassist Günter Märtens und der sehr kurze Schlagzeuger Kalle Mews. Wenn man das Quartett da so beim lockeren Einspielen beobachtet, könnte man leicht der Homepage der Gruppe glauben, Tukur „hätte seine Tanzkapelle allein nach optischen Gesichtspunkten zusammengestellt.“ Einer ernsthaften Probe wohnt man hier nicht bei, sondern fühlt sich eher an eine Gruppe Lausbuben auf Klassenfahrt erinnert. In all dem Trubel wirbelt Hund Totò über die Bühne und behält im Wirrwarr den Überblick. Doch was auf Außenstehende leicht wie sympathisches Chaos wirkt, erweist sich als Aufwärmprogramm eines leichtfüßigen, eingespielten Teams. Seit 16 Jahren stehen die Drei, Schlagzeuger Mews kam erst 2000 dazu, bereits gemeinsam auf der Bühne und begeistern ihr Publikum mit einer Mischung aus nostalgischer Unterhaltungsmusik der 20er bis 40er Jahre und ironischem Kabarett.
Das Hauptprogramm besteht überwiegend aus Liedern des aktuellen Studioalbums. Zwischen den einzelnen musikalischen Darbietungen brilliert die schauspielernde Tanzkapelle mit kleinen Showeinlagen, die beim Publikum für viel Heiterkeit sorgen und mit eifrigem Applaus belohnt werden. In dem Klaviersolo „Nachtgespenst“, ursprünglich von Kurt Gerron aus dem Jahre 1923, wundert sich Tukur über seine nächtlichen Ausflüge. Am Ende des Liedes steht die Erkenntnis, nicht er sei das Nachtgespenst, sondern seine Frau, deren Anblick ihn allabendlich aus dem Hause vertreibt. Ein ulkiger Ohrwurm, wie viele andere Lieder an diesem klamaukigen Abend. Einen weiteren Höhepunkt stellt der Auftritt der dänischen Kraftakrobatiker dar, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Musikern aufweisen. In hautengen, rot-grünen Kostümen samt Plastikeimerhelmen mit Kleiderbügelantennen turnen „die 3 Pölser“ über die Bühne und präsentieren eine anmutige Zeitlupengymnastiknummer, an dessen Ende die Jonglierbälle scheinbar schwerelos durch die Halle schweben und sich der Göttinger Schwerkraft widersetzen.
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MEHR ZUM THEMA: Das Interview mit Ulrich Tukur finden Sie in der nächsten Ausgabe. Zusatzkonzerte: 02. Juni in Hamburg, 04. Juni in Bad Homburg. 19
GÖTTINGEN
Integration durch Arbeit Das Tochterunternehmen von IFAS (Institut für angewandte Sozialfragen) „my.worX“ in Göttingen ist eine eingetragene Werkstätte für seelisch behinderte Menschen. Ziel des Ganzen ist es, psychisch kranke Personen über einen längeren, durchgedachten Prozess wieder in den Arbeitskreislauf einzubinden und sie sozial zu integrieren.
* STANISLAUS STADLMANN
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Stanislaus Stadlmann
uf den ersten Blick sieht my.worX aus wie ein unscheinbares, kleines Unternehmen aus Göttingen. Der Schein trügt, nach dem Betreten des Innenhofes merkt man sofort, dass der Komplex eigentlich recht groß ist. Innen angekommen, trifft man auf zufriedene Gesichter, freundliche Begrüßung inklusive. my.worX wirkt nicht wie ein besonderes, exotisches Unternehmen. Man hat eher den Eindruck einer sehr strukturierten und durchdachten Einrichtung, die in sich gut funktioniert. Das ist auch schon ein bedeutsames Wort der Werkstätte, das gemeinsame „Funktionieren“ ist sehr wichtig. my.worX versteht sich als eingetragene, besondere Werkstätte, denn anders als andere Werkstätten hat sich my.worX auf Menschen mit seelischer Behinderung spezialisiert. Die Idee ist es, solche nach ihrer abgeschlossenen medizinischen Behandlung wieder in den sozialen Arbeitsmarkt zu integrieren. Unterschiedliche Be-
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reiche spielen da eine Rolle: Die Küche stellt Essen für verschiedene Firmen bereit, in der EDV-Abteilung werden Webseiten programmiert, die Teilnehmer können dabei von Abteilung zu Abteilung wechseln. Die Essenz des Ganzen ist nicht, jemandem eine Aufgabe aufzudrängen, die er für den Arbeitsmarkt zu erledigen hat, sondern es wird eher darauf geachtet, dass ein Teilnehmer das Ganze auch gerne macht, und es etwas ist, was er auch kann. Teilnehmer kommen dabei aus unterschiedlichsten Spezialisierungen, sind 20 bis 62 Jahre alt und haben meistens davor schon einmal gearbeitet. Der Prozess der Wiedereingliederung ins Berufsleben beginnt mit dem Ende der medizinischen Rehabilitation. Die ersten zwei Jahre ist man Teilnehmer, man hat die Möglichkeit, sich sämtliche Bereiche anzusehen und überall hineinzuschnuppern. Mit einer Betreuung von geprüften Ergotherapeuten, Psychologen und Sozialpädagogen wird ein ziemlich persönlicher
Arbeitsplatz für jeden Teilnehmer erschaffen. my.worX unterhält Kooperationen mit externen Unternehmen in Göttingen, damit Teilnehmer im Laufe ihres zweijährigen Prozesses „nach draußen“ hin Erfahrungen sammeln können. Teilnehmer können äußern, wenn ihnen etwas nicht gefällt oder sie lieber woanders arbeiten würden. „Das Wechseln zwischen den Arbeitsbereichen funktioniert gut, die Leute sind sehr zufrieden hier“, so die Werkstattleiterin Christiane Stock. Nach Abschluss der zwei Jahre können die Teilnehmer im Idealfall in das „normale“ Berufsleben wechseln. Seit Mai 2011 hat my.worX auch eine spezielle Müsliwebseite, in der Müsli online zusammengestellt werden kann. Die Auswahl ist groß: Über 80 Zutaten können gemixt werden. Die Verarbeitung der Zutaten sowie das Verpacken und Fertigstellen finden im my.worX - Gebäude statt. Das funktioniere gut, sei allerdings noch nicht bekannt genug. my.worX gibt es überhaupt erst seit 5 Jahren, kleine Erfolge hat das Unternehmen allerdings schon zu verzeichnen: So hätten es schon 2 Teilnehmer geschafft, nach dem Prozess der Integration in das Arbeitsleben durch my.worX eine Ausbildung anzufangen und in der freien Wirtschaft zu arbeiten. Das Fazit sieht also so aus: my.worX ist eine tolle Werkstätte, wo Menschen wie Menschen behandelt werden, so hat man dort eher das Gefühl in einem Unternehmen zu sein, wo alle gut miteinander funktionieren wollen, und nicht funktionieren müssen.
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TagesSatz
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GÖTTIN G E N GEDANKEN EINES TAGESSATZ-VERKÄUFERS
Jörg „Yogi“ Müller
Aufrichtigkeit & Ehrlichkeit * JÖRG „YOGI“ MÜLLER Wie ich schon in anderen Artikeln mitgeteilt habe, glaube ich, dass der Ehrliche kurz- und mittelfristig der Dumme ist, aber langfristig Ehrlichkeit am längsten währt. Ich bin ja nicht besonders religiös. Ich glaube an Ursache und Wirkung und daran, dass man das erntet, was man säht. Wie der Samen so die Frucht. Und wenn man Unehrlichkeit säht, wird man Unehrlichkeit ernten. Natürlich ist es im Alltag schwierig, immer skrupellos ehrlich zu sein. Es gab wohl mal Untersuchungen, wonach ein Mensch rund 200 Mal am Tag nicht die reine Wahrheit spricht. Also übertreibt oder untertreibt, Sachen auslässt oder verschweigt.
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Für mich ist es wichtig, diplomatisch zu sein. Dabei benutze ich häufig Einleitungssätze wie „Es fällt mir schwer, das jetzt zu sagen“ oder „Das, was ich jetzt sage, sage ich nicht mit der Absicht, dich zu verletzen“. Als ich jemandem meine Einstellung über meine Skrupellosigkeit erklärt habe, glaubte er nicht an das Gesetz von Ursache und Wirkung. Aber irgendwann wird einem die Unehrlichkeit wieder vor die Füße fallen. Viele, die mich kennen, fragen mich, ob ich Buddhist bin, was ich verneine. Ich versuche zwar die Lehren Buddhas praktisch anzuwenden, aber ich würde mich nicht als Buddhist bezeichnen. Genauso wenig wie ich mich als „Ga-
lileoist“ bezeichne, wenn ich die Welt umrunde oder als „Einsteinist“ oder „Newtonist“, wenn ich an die Relativitätstheorie oder an die Schwerkraft glaube. Für mich hat Buddha nur bestimmte Naturgesetze wiederentdeckt, die es vor ihm schon gab, nach ihm gibt und immer gelten werden. Das Gesetz von ständiger Veränderung und die Entdeckung, dass Leben leiden ist, wie man da herauskommt und komplett frei von Leiden ist. Vor allem dadurch, dass man anfängt, das Gesetz von ständiger Veränderung nicht nur theoretisch zu verstehen, sondern direkt in seinem eigenen Körper für lange Zeit erfährt.
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KASSEL
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an spürt es bereits. Die nächste documenta naht mit dem Versprechen einer aufregenden Zeit und einem neuen kuratorischen Gesicht: Carolyn Christov Bakargiev. Die dreizehnte Ausgabe der documenta beginnt am 9. Juni und dauert genau hundert Tage bis zum 16. September. Überall in der Stadt verstreut soll man Kunst antreffen, dabei sind Fridericianum, Neue Galerie und documenta-Halle natürlich auch wieder Zentren der Kunst. Bereits am 31.12.2011 schloss das Fridericianum für die Umbauten, die vor der documenta noch vorgenommen werden sollen. Die Neue Galerie hingegen erstrahlt bereits jetzt in neuem Licht, und wurde die letzten fünf Jahre renoviert und umgebaut. Auch wenn um vieles noch ein großes Geheimnis gemacht wird, kann man die groben Umrisse der documenta schon ausmachen. Bereits vor einiger Zeit wurde das große Banner an der DocumentaHalle entrollt und präsentierte damit das neue Logo: dOCUMENTA (13)
Katharina Schwarz
Die Schreibweise ist das Logo und wurde von der Mailänder Grafikdesign-Agentur Leftloft entwickelt. Die documenta verzichtet damit auf ein traditionelles Logo und verwendet die Schreibweise als Symbol. Der Name wird am Anfang mit einem kleinen d geschrieben, die anderen Buchstaben sind Großbuchstaben, gefolgt von der in Klammern gesetzten 13. Durch Internet, Chatten und Emails werden heute meistens alle Wörter durchgehend kleingeschrieben.
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Vorboten der documenta Vermutungen, Gerüchte, Zeitungsartikel, die mit großen Enthüllungen werben und erste Kunstwerke lassen die Vorfreude auf die 13. documenta in Kassel steigen.
* KATHARINA SCHWARZ
Die documenta-Schrift scheint dem entgegenzuwirken. Die Großbuchstaben wirken befremdlich und Verlangen beim Tippen einen Mehraufwand. Eine einheitliche Schriftart wird es nicht geben, sie soll je nach Verwendung variieren. Auch wurde bereits die erste Arbeit eingeweiht. Die Skulptur von Giuseppe Penone, der mehrfach Besucher der documenta war, steht bereits am Rande der Karlsaue. Die fast neun Meter hohe Bronzeskulptur „Idee di Pietra“ (Ansichten eines Steines) hat die Form eines Baumes, in dessen oberem Teil ein großer Stein liegt. Neben der Skulptur wächst ein kleiner echter Baum. Das Werk wurde bereits auf der 16ten Biennale of Sydney gezeigt, bei der auch Carolyn Christov-Bakargiev als Kuratorin tätig war. Ein zweiter Baum des Künstlers steht in Kleve - die Skupltur „L‘ombra del bronzo“. Ein Baumstamm mit Aststümpfen und einer kleinen Krone erstreckt sich über sechszehn Meter in die Höhe. Das kuriose an der Zeder ist, dass ihr im Stamm ein großes Stück
fehlt. Dieses steht daneben, während im Loch des Baumes ein kleiner Ilex wächst. Neu an der dOCUMENTA (13) ist das Vermittlungskonzept, oder Nicht-Vermittlungskonzept. Man trifft nicht auf Vermittler oder Führer sondern den Worldly Companion. Das Konzept dieses „weltgewandter Begleiters“ unterscheidet sich von normaler Kunstvermittlung. Auch kann man nun keine Touren mehr buchen, sondern nur deTours – Umwege. Ein Worldly Companion „begleitet“ die Besucher bei diesem Umweg. Dabei steht das Gespräch im Vordergrund, nicht eine klassische Führung oder Vermittlung. Es geht um Austausch und gemeinsames Erleben. Derzeit werden die Begleiter noch darauf vorbereitet: Gespräche, Texte, Künstlergespräche, Besprechung der Konzepte. Noch drei Monate, dann ist es soweit: Kassel wird von aller Welt besucht. Neue Geschäfte eröffnen, die Innenstadt ist voll, fremde Sprachen und Gespräche über Kunst liegen in der Luft. Man kann gespannt sein, wie sich dieses Jahr die documenta präsentiert.
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TagesSatz
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KA S S E L
* HARALD WÖRNER Privat
Der Ballon-Terrorist Viele Menschen haben ihn bestimmt schon in der Kasseler Innenstadt gesehen: Addy De Lüx, der Clown mit den Luftballons. Im Interview erzählt er, warum auch sein Leben nicht immer nur ein Spaß war.
A
ddy, Passanten in der Kasseler Innenstadt kennen dich ja als Ballonkünstler, der aus bunten Luftballons lustige Tiere formt. Könntest Du Dich unseren Leserinnen und Lesern kurz vorstellen? Hallo Leute, ich bin´s, euer BallonTerrorist Addy De Lüx. I was born in Paderborn. Doch als kölscher Jung habe ich vor Jahren schon in Nordhessen die Höchststrafe angetreten! Inwiefern? Die Kasseler können nicht so richtig lachen und auch nicht so richtig reden. Ein typisches Nordhessen-Phänomen eben.
Menschen gerne zum Lachen und lenke sie mit meiner Ballonkunst ganz gern mal vom Alltag ab. Insofern habe ich heute gottseidank das Glück, meine Leidenschaft zu leben. Wie reifte Dein Entschluss, aus einer bürgerlichen Existenz heraus zum Ballonkünstler „umzuschulen“? Im Jahre 2008 wurde bei mir im Kopf ein Tumor festgestellt. Der wurde mir dann herausoperiert. Ich wollte aber ohne Reha und Medikamente genesen und habe das letztendlich geschafft.
Auch Dank meines Arztes, der sich gut mit ganzheitlicher Medizin auskannte und mir riet, mir eine neue Beschäftigung zu suchen. So wurde ich dann zum Clown. Außerdem hatte ich in meinen früheren Außendienst-Jobs (unter anderem Vorwerk, Immobilien und anderes) mein PeinlichkeitsMoment längst über Bord geworfen. Ich fing damals mit sechzehn an und es kostete mich eine Menge Überwindung, meine Kunden anzusprechen. Dadurch, dass ich in jungen Jahren ausgebüxt bin, bin ich früh erwachsen geworden, da ich mich für meine Rechte einsetzen musste. Du betreibst Comedy und Ballonkunst. Aktuell schreibst Du auch ein Buch. Möchtest Du darüber erzählen? Am liebsten halte ich mich auf der Straße auf. Dort fühle ich mich am wohlsten und auch die Rückmeldung ist sehr direkt. Langfristig strebe ich aber an, mit der Ballonkunst irgendwann aufzuhören. Am liebsten würde ich auf einer kleinen Bühne „mein Programm“ spielen. Daher ist die Materialsichtung für mein geplantes Buch schon eine gute Möglichkeit, Dinge ein wenig zu konzentrieren. In Kassel, bzw. Nordhessen ist es ganz schön schwer, insbesondere, wenn man noch keinen Namen hat, Auftrittsorte zu finden. Aber ich möchte ja nicht nur klagen: im Offenen Kanal Kassel läuft ja jeden Donnerstagabend meine Sendung „MafiaTV“. Ich verfolge einfach weiter meinen Plan. Berlin als Ausgangspunkt scheint mir hier ganz gut geeignet.
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Wie würdest Du Deine Tätigkeit beschreiben? Ganz klar: ich terrorisiere Eltern, am liebsten deutsche und von denen dann diejenigen, die in einer Tour, zum Beispiel mit ihren Kindern, meckern. Aber im Ernst: prinzipiell bringe ich
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KASSEL
Wer hat Angst vor Abulkasem? „Invasion!“ im Jungen Staatstheater Kassel N. Klinger
* REZENSIERT VON SARA DAVIN
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amilie Barbie alias Don Silvio da Luna mit Frau und Tochter im Pappboot auf hoher See. Plötzlich: Abulkasem, der Korsar, greift sich die junge Donna Antonia ohne Gegenwehr. Zu viel eingestaubte Dramatik für Arvind und Yousef, die lieber pöbeln und anstößige Witze reißen, aber Abulkasem, das ist „nen geiler Name, oder?! Nen geiler Name!“ Rasant entwickelt sich ‚Abulkasem’ zu allem: Adjektiv, Verb, Beleidigung und Kompliment, zum sprachlich-pragmatischem Patentrezept gegen vorzeitigen Schweißerguss nervöser Halbstarker im Angesicht des anderen Geschlechts. Der Name bleibt jedoch nicht Mittel zur Selbstbehauptung der Jugendlichen, sondern wird im paranoiden Mediendiskurs zum Sinnbild von Chaos und Terrorgefahr. Abulkasem paart Wortgewalt mit Bedeutungsleere, ist für den baggernden Jungspund, die Studentin in Erklärungsnot und die selbsternannten Terrorismusexperten gleichermaßen flexible Alltagswaffe. Nur der Asylbewerber kann Abulkasem nichts entgegensetzen; ihm fehlt es an Sprachmacht, er wird beherrscht von der Sprache anderer, muss zusehen wie seine Leidenschaft für ABBA im Mund der Dolmetscherin zum an-
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tisemitischen Glaubensbekenntnis pervertiert. Die Inszenierung von Gustav Rueb verleiht dem Werk des schwedischen Autors Jonas Hassen Khemiri den nötigen Lokalbezug, der durchaus allerorts möglich scheint: Die charmantböse Medien- und Sprachkritik greift in Skandinavien wie in Deutschland, Großbritannien oder den USA, wo Khemiri bereits aufgeführt wurde. Nicht nur hier gilt, was die genervte Studentin mit Migrationshintergrund herausstellt: „Wenn die Deutschen über Herkunft reden wollen, sind sie wie ein Vulkan, den man nicht aufhalten kann.“ Gerade die Einfachheit von Bühne, Kostüm, Musik und Ton besticht. Eine Hand voll Konfetti ruft wie Feenstaub eine Erinnerung wach, Amors Pfeil als Flirtgeste des ‚Türken in Lederweste, der baggern will’ wird akustisch untermalt und die ‚puschige’ Lara tritt mit einen Plopp in Arvinds Blickfeld. Als Bühnenbild dient lediglich eine drehbare Wand aus Schließfächern, die dynamisch bespielt wird und die Zuschauer am Kostümwechsel teilhaben lässt. Vier Schauspieler schlüpfen hier in zahllose Rollen und Szenen ohne in ihrem lebendigen Spiel
die Verbindung zum Publikum zu verlieren. Lediglich Anna-Maria Hirsch spielt ihre Figuren in Teilen mehr als sie zu leben, wobei das Stück dadurch nicht an Witz einbüßt. Dieter Bach ist ebenso überzeugender Immigrant wie Sensationsjournalist, Sebastian Klein versprüht glaubhaft sowohl jugendliche Frische als auch Pseudo-Expertise und Thomas Meczele zieht selbst während eines langen Schlussmonologes alle Blicke auf sich. Dahingestellt sei wie viel Politkritik in der Übersetzung des Stückes mit eindeutig sprachlichem Fokus verloren ging. Khemiri sieht seine Werke als höchst politisch, wenn auch nicht im, wie er meint, Brecht’schen Sinn, jemanden von etwas zu überzeugen. Er möchte die Zuschauer mit multiplen Botschaften konfrontieren, über innere Unruhe Nachdenklichkeit erzeugen. In Kassel gelingt eine gerissen-heitere Komödie, die gerade Jugendsprache auf die Spitze treibt ohne politischen Tiefsinn aufzuzwingen. Es bleibt ein buchstäblich „fetter Abend“ mit Knalleffekt, dem das überwiegend jugendliche Publikum kräftigen Beifall spendete.
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TERMINE IM MÄRZ: 03.03. & 28.03. TagesSatz
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KASSEL
Lyrisches * KURT BECKER
UNTER UNS Sie hetzen, hassen, meucheln wieder, Nein, nicht wieder, immer noch. Sind Nachbarn, Kameraden, Schweine, Deutschnational, nun lasst sie doch! Ordentliche, nette Kerle, Glattrasiert und kinderlieb, Aktiv im Hundezuchtverein Und fallen durchs „Verfassungssieb“. Im Internet lässt sich gut schreiben, Die Blutspur tropft aus dem Gerät. Der braune Wahn kennt keine Grenzen, Zum Löschen scheint es bald zu spät. Wir haben längst den Mief gerochen, Den braunen Smog über dem Land. Die „Politik“ zeigt sich betroffen, Zwar schon gewusst, doch stets verbannt. Junge, Alte, Frauen, Kerle, Singt die altbekannten Lieder! Die Fremdenhasser, dumm, gefährlich, Sind auch nur Menschen, brav und bieder. Fesche Burschen, Schützenbrüder, Waffennarren mit Manieren Sprechen aus, was viele denken. Die Hymne singt man rauf und runter, Der „kleine Adolf“ wird`s schon lenken.
Julia Krause
Soldatenstiefel, Diktaturen, Gewalt und Folter, irgendwo. Freudentränen in den Augen, Bezahlt wird alles, sowieso!
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K U LT U RT I P PS
Die Empfehlung
GÖTTINGEN
* ZOÉ DUBOIS
Agentur
le neuntes Studiumalbum „From Eagle To Sparrow“ im Apex vor. Der Sänger und Gitarrist der Rockband „Fireside“ startete 1998 mit Per Nordmark, Peter Hermansson und John Jern ein Nebenprojekt, das nun schon 14 Jahre andauert und international anerkannt wird. Mit ihrem Mix aus Blues, Country und Folk haben „The Hidden Truck“ sich eine feste Fangemeinde erspielt.
Melancholischer Blues aus Schweden Kristofer Åström & Band im Apex Kristofer Åström und seine Band „The Hidden Truck“ stellen am 13. März Åströms mittlerwei-
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Kristofer Aström & Band Di 13.03. / 20.30 Uhr Apex Göttingen Burgstraße 46 37073 Göttingen Tel.: 0551/44771 www.apex-goe.de
Di 06.03. / 19.00 Uhr Stadthalle, Gö „Frieda & Anneliese Das letzte Hemd“ Hochgeschwindigkeits-Bauerntheater mit Gesellschaftskritik Di 06.03. / 20.00 Uhr vhs (Wilhelmshöher Allee, Raum 304), Ks Vortrag: Burnout-Prophylaxe Mi 07.03. / 20.15 Uhr ThOP, Gö „Die Nashörner“ – absurdes Theater über Moden und Mitlüfer Do 08.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö Fest und Begräbnis Do 08.03. / 20.00 Uhr Deutsches Theater, Gö Wahrlich, ich sage Euch...
bis 29.04.: Caricatura (KUBA), Ks
Sa 03.03. / 19.00 Uhr Stadthalle, Gö
Fr 09.03. / 20.00-1.00 Uhr Naturkunde-Museum (Steinweg), Ks
The Rejected Collection (Do und Fr 14.00-20.00 Uhr, Sa und So 12.0020.00 Uhr, Eintritt 4 Euro
Der Familie Popolski “Get The Polka Started”
Rock den Rex! (Information und Anmeldung unter 0561/4066 (Di-Fr 10.30-16.30 Uhr) oder unter www. naturkundemueseum-kassel.de)
Do 01.03. / 20.00 Uhr Lokhalle, Gö
Sa 03.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö
Helge Schneider „Rettung naht“ Superhelgi auf Tournee
„Die 39 Stufen“ Hitchcocks Thriller als rasante Komödie
Do 01.03. / 20.15 Uhr Apex, Gö
Sa 03.03. / 20.00 Uhr Apex, Gö
„Spione“ Stummfilm von 1928 Eintritt frei!
Hubert Burghardt „Sex in der Krise“ – Kabarett
Do 01.03. / 20.15 Uhr ThOP, Gö Il Campiello (Premiere) Fr 02.03. / 20.25 Uhr Apex, Gö Barrocco Nuevo: We Can Händel It Arien von Händel, von einer Jazzband interpretiert
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Sa 03.03. / 20.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks Electric City: Ein Paar versucht, als globale JobHopper seine Beziehung aufrecht zu erhalten. Eintritt 10 Euro, erm. 8 Euro (Kartenreservierung unter www.kulturfabrik-kassel.de, info@kulturfabrik-kassel.de oder tel. unter 0561/572542)
Sa 10.03. / 20.00 Uhr Kulturhaus Dock 4, Ks Entre Nous: Ein Hauch von Frühling…c´est le printemps! – Gesang mal a capella, mal mit Akkordeon und Klavier (wegen begrenzter Platzzahl wird um Reservierung der Karten unter 0561/787-2067 oder per E-MailKontaktformular gebeten, Eintritt 10 Euro) Di 13.03. / 20.00 Uhr Anthroposophisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks Vortrag von Prof. Dr. Bruno Sandkühler: Die ägyptische Revolution – ein Jahr danach, Eintritt frei – Spende wird erbeten
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KULTURT I P P S
Vortrag: Die Kasseler Fötenmumien (Information und Anmeldung unter 0561/4066 (Di-Fr 10.30-16.30 Uhr) oder unter www.naturkundemueseum-kassel.de) Fr 16.03. / 21.00 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks Mount Washington / Kent Coda, VVK 8 Euro, AK 10 Euro Mo 19.03. / 20.00 Uhr Anthroposophisches Zentrum (Wilhelmshöhe), Ks Biografien – im Spiegel von Pflege und Kunst (Rembrandt, Van Gogh, Kollwitz), Eintritt 6 Euro, erm. 5 Euro Do 22.03. / 20.30 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks Manfred Maurenbrecher: Berliner Songpoet auf Tour, VVK 8,50 Euro, AK Fr 23.03. / 17.00 Uhr Kulturhaus Dock 4 (Studiobühne Deck 1), Ks Spielraum-Theater : Michel-Geschichten (Der Klassiker von Astrid Lindgren – eine Mischung aus Schauspiel, Holzfiguren- und Schattentheater, Eintritt: Kinder 5 Euro, Erwachsene 6 Euro) Sa 24.03. / 20.30 Uhr Nörgelbuff, Gö Improvisationstheater mit Schmidt´s Katzen
Die Empfehlung
* HARALD WÖRNER
Kassel
Agentur
Mi 14.03. / 19.30 Uhr Naturkundemuseum (Steinweg), Ks
Clochard beim Bankett Manfred Maurenbrecher im Schlachthof Der im Jahre 1950 in Berlin geborene Sänger, Pianist, Autor und Rundfunkmoderator Manfred Maurenbrecher zählt zu den renommiertesten Künstlern im deutschsprachigen Kulturraum. Das vielseitige Talent veröffentlichte im Laufe seiner Karriere viele von Fans und Kritikern gleichermaßen gelobte Alben. Dafür wur-
de er 2005 mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet. Seine zwischen Blues und Chanson angesiedelten Songs belegen vordere Plätze in den Bestenlisten. Er war mittendrin in der Berliner Szene, zwischen Ulla Meinecke, Interzone und Spliff. Der eigenwillige und unangepasste Typ erinnert an Cohen, Newman, Van Morrison oder auch Tom Waits.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Manfred Maurenbrecher Do 22.03. / 20.30 Uhr Eintritt: VVK 8,50 Euro Kulturzentrum Schlachthof Mombachstraße 10-12 34127 Kassel E-Mail: programm@schlachthof-kassel.de www.schlachthof-kassel.de
Sa 24.03. / 21.00 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks
Di 27.03. / 20.00 Uhr Nörgelbuff, Gö
Hellsongs: Metal-Klassiker im FolkGewand, VVK 16 Euro, AK 20 Euro
Erster Göttinger Diary-Slam – Lesung aus Tagebüchern
So 25.03. / 11.30-17.30 Uhr vhs (Wilhelmshöher Allee, Raum 108), Ks
Mi 28.03. / 2015-21.35 Uhr Staatstheater Kassel (TIF), Ks
Vortrag: Psychologie als Lebenskunst – eine kleine Pannenhilfe für den Alltag Mo 26.03. / 19.45 Uhr Deutsches Theater, Gö Der zerbrochene Krug
Invasion (Karten ab 10,50 Euro, siehe auch die Rezension im Kasseler Kulturteil!) Do 29.03. / 20.30 Uhr Kulturzentrum Schlachthof, Ks Christina Lux & Kerstin Blodig: geballte Frauen-Power, VVK 12 Euro, AK 15 Euro ANZEIGE
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Jörg „Yogi“ Müller
G L E I C H U M DIE ECKE
Straßengeflüster
Winkeladvokat
Mit Pfandflaschen und Prominenten versucht das Münchener Straßenmagazin BISS neue Verkäufer zu gewinnen. Immer mehr Menschen in München sind von der Armut bedroht, gleichzeitig sinkt die Zahl, der bei dem Magazin Beschäftigten. Das soll sich ändern. Die Menschen sollen auf die Möglichkeit eines Verdienstes durch den Verkauf des Straßenmagazins aufmerksam gemacht werden. Als Zielgruppe für ihre Bestrebungen haben sich die Verantwortlichen die Flaschensammler auserkoren und diese seien am wirkungsvollsten mit Pfandflaschen zu erreichen. Somit beklebten, öffentlichkeitswirksam, unter anderem die Sportfreunde Stiller und die Tatort-Kommissare Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl leere Flaschen. Auf den Aufklebern, die nun die viele Tausend Glasflaschen zieren, steht geschrieben: „Sie suchen Flaschen. Wir suchen Sie.“ Zusätzlich zu den Prominenten und einer Vielzahl
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Alles eine Frage der Dosierung Nachdem eine Frau zusammenbrach und mit Herzbeschwerden in ein Krankenhaus eingeliefert wurde, verklagte sie die Firma HARIBO auf Schmerzensgeld. Denn sie führte ihre gesundheitlichen Probleme auf den Verzehr von Lakritze zurück. Die Klägerin konsumierte täglich eine 400g Packung einer Lakritzmischung der beklagten Firma. Das Produkt enthalte Glycyrrhizin. Es könne zu Störungen im Mineralstoffhaushalt des menschlichen Körpers führen und Gesundheitsbeschwerden der in Rede stehenden Art, insbesondere einen erheblichen Blutdruckanstieg hervorrufen. HARIBO sei nach Meinung der Klägerin dazu verpflichtet, auf diese Gefährdungen hinzuweisen Das Urteil dürfte der Klägerin auf den Magen geschlagen haben, denn ihre Klage auf Schmerzensgeld von mindestens 6.000 Euro sowie Erstattung von Heilbehandlungskosten und Verdienstausfall in Höhe von knapp 1.500 Euro wies das Oberlandesgericht in Köln am 07.09.2005 zurück, da ein Produktfehler des Herstellers nicht festzustellen war. Den Verzehrhinweis, den das Bundesgesundheitsministerium anordne, wenn ein Lakritzerzeugnis einen Glycyrrhizin-
* KATHARINA PREUTH an Freiwilligen halfen BISS-Leser beim Bekleben mit. „Ganz München hat an der Aktion teilgenommen“, resümiert der Geschäftsführer Johannes Denninger. Die Aufkleber fanden sich vielfältig gestaltet als Beilage in einer Ausgabe des Magazins. Jetzt können die Flaschensammler den Pfand gegen das Doppelte des normalen Betrages eintauschen und sich, im Idealfall, durch einen Gang in die Redaktion eine neue Einnahmequelle sichern. Bislang zeigt sich das Projekt erfolgreich: 19 neue Mitarbeiter unterstützen das BISS-Team.
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MEHR ZUM THEMA: www.biss-magazin.de
* SEMSIYE AYGIR gehalt von über 2 Prozent aufweise, wurde nicht erreicht. Nach Angaben der Beklagten liege der Glycyrrhizingehalt der Lakritzmischung zwischen 0,08 und 0,18 Prozent. Eine von der Klägerin zur behördlichen Untersuchung gegebene Packung habe einen Anteil von 0,12 Prozent aufgewiesen. Daher ergebe sich aus europäischem Recht ebenfalls keine Kennzeichnungspflicht. Nach EU-Richtlinie seien Süßwaren, die Glycyrrhizinsäure in einer Konzentration von mindestens 0,1 Prozent enthalten, mit der Angabe „enthält Lakritz“ zu versehen, soweit dieser Begriff nicht bereits in der Zutatenliste oder im Produktnamen enthalten sei. Diesem Erfordernis habe das Erzeugnis schon seinerzeit unter dem Produktnamen „Lakritzmischung“ entsprochen. Ob die Klägerin nach dem Urteil noch lang zu knabbern hatte, bleibt offen.
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TagesSatz
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DIE KOCHNI S C H E
Kochen mit dem TagesSatz * HANS PETER PUNG & TEAM
owik2 (photocase.com)
Leckere Gerichte für Sie entdeckt
Hühnergerichte Hühnerfleisch ist ins Gerede gekommen. Dies verunsichert den Konsumenten. Wenn Sie auch weiterhin auf Hühnerfleisch nicht verzichten wollen, steigen Sie doch einfach auf Fleisch aus biologischer Produktion um. Dies ist zwar auch nicht immer frei von Skandalen, jedoch wegen seiner nachhaltigen Produktion besser für die Umwelt und die Tiere werden wesentlich natürlicher groß gezogen. Wir wünschen Ihnen auch diesmal wieder viel Spaß beim Nachkochen.
Geschnetzeltes mit Balsamico (4 Portionen / ca. 2,50 Euro pro Portion)
600 g Hühnerbrustfilet, 2 rote Zwiebeln, 500g Champignons, 6 EL Honig, 10 EL Balsamico, 300ml Gemüsebrühe, Olivenöl, Salz, Pfeffer, Öl zum Anbraten Zwiebeln schälen, halbieren, in Streifen schneiden. Champignons säubern, vierteln. Hühnerbrust waschen, trocknen, in Streifen schneiden. Öl in einer Pfanne erhitzen, Fleisch darin portionsweise anbraten, dabei mit Salz und Pfeffer würzen. Aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Zwiebeln in die Pfanne geben, glasig dünsten. Champignons zufügen, anschwitzen.
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Mit dem Balsamico ablöschen, Honig einrühren. Brühe aufgießen. Mit Salz und Pfeffer würzen und auf die Hälfte reduzieren. Fleisch wieder zufügen und erhitzen. Bei Bedarf nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Hühnerbrust in Zwiebelsahne
Tipp: Dazu passen Bandnudeln oder Reis und ein grüner Salat.
Zwiebeln schälen, in Ringe schneiden. Filets waschen, trocknen, mit Salz, Pfeffer und Cayennepfeffer würzen. Butterschmalz in einer Pfanne erhitzen und Fleisch darin kräftig von beiden Seiten anbraten. Aus der Pfanne nehmen und in eine Auflaufform geben. Zwiebelringe in die Pfanne geben, kräftig anbraten bis sie leicht Farbe bekommen. Sahne und Crème fraîche einrühren, mit den Gewürzen abschmecken und über die Hühnerfilets in der Auflaufform geben. Im vorgeheizten Backofen bei ca. 180°C etwa 20 Minuten backen.
Hühner-Paprika-Pfanne (4 Portionen / ca. 2,00 Euro pro Portion)
3 Paprikaschoten (rot, gelb, grün), 1 Zwiebel, 4 Hähnchenbrustfilets (à 150g), Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer, Curry, Öl, 250ml Sahne Alle Zutaten in Würfel schneiden. Öl in einer Pfanne erhitzen. Fleischwürfel darin anbraten und mit Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer und Curry herzhaft würzen. Aus der Pfanne nehmen, warm stellen. Zwiebelwürfel in die Pfanne geben, glasig dünsten. Paprikawürfel zufügen und kräftig anschwitzen. Fleisch wieder unterheben. Sahne zufügen, etwas reduzieren. Bei Bedarf nochmals mit den Gewürzen nach Geschmack abschmecken.
(4 Portionen, ca. 2,00 Euro pro Portion)
4 Hähnchenbrustfilets (à 150g), 6 rote Zwiebeln, 400ml Sahne, 300ml Crème fraîche, Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer, Butterschmalz
Tipp: Dazu reichen Sie Fladenbrot und einen frischen Salat.
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Tipp: Dazu passen Nudeln und ein Salat.
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Thomas Müller
H I N T E R D E N KULISSEN
Wie ist das möglich? „Die Wahrheit über Frankie“ im Deutschen Theater Göttingen
* REZENSIERT VON KATHARINA PREUTH
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iese Frage schwebt über der Aufführung von „Die Wahrheit über Frankie“. Sie nimmt den Zuschauer gefangen und lässt ihn im Laufe des Stücks an seiner eigenen Urteilsfähigkeit zweifeln. Das intensive Spiel, aber vor allem die Authentizität der Schauspieler verleihen einer, auf den ersten Blick, absurden Geschichte immer mehr Realität. Drei Studenten, unbeschwert, das Leben genießend, treffen auf den Betrüger Frankie. Der gibt sich als Agent des Bundesnachrichtendienstes aus und gaukelt den dreien vor, auf der Suche nach unauffälligen Typen zu sein, die für ihn kleine Botengänge übernehmen. Damit würden sie helfen, islamistische Terrorzellen in Deutschland zu bekämpfen. Zu viert landen sie schließlich im angeblichen Untergrund, getrennt von der Heimat und ihren Familien. Der falsche Freund misshandelt sie, beraubt sie ihrer Freiheit, schwängert eine von ihnen und unterzieht die Studenten einer ständigen Gehirnwäsche. Das Stück basiert auf einer wahren Begebenheit und in Wirklichkeit heißt der Betrüger Robert Hendy-Freegard und wurde 2005, unter anderem, wegen Entführung verurteilt. Wie aber kann so etwas geschehen? Das Stück wird von hinten aufgezogen. Mit der anfänglichen Selbstreflexion und dem Rückblick auf das Geschehen ist klargestellt, dass es sich bei den Studenten nicht um besonders naive „Vollidioten“ handelt, sondern um Durchschnittstypen: Emma, gespielt von Marie-Thérése Fontheim, ist die Strebsame Freundin von Christoph. Fontheim glaubt man weniger das leichte Leben der frühen Szene, als vielmehr die Zerrissenheit in der Isolation, den Kampf um die Liebe Frankies und die Trauer um den Verlust ihres ungeborenen Kindes.
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Durchschnittliche Noten, durchschnittliche Familie und ein ebensolches Leben charakterisieren Christoph, wunderbar dargestellt von Andreas Daniel Müller. Christoph wird von Frankie brutal zusammen geschlagen. Die blutige Szene offenbart die Liebesbedürftigkeit und das verzweifelte Bemühen um Anerkennung. Trotz der Grausamkeiten vertrauen die Studenten dem Sadisten Frankie. Er gibt ihnen das Gefühl aus der Mittelmäßigkeit auszubrechen und Größeres zu leisten. Schließlich noch Judith: Imme Beccard verkörpert das Kind reicher Eltern, die Unbeschwertheit in Person, die sich vielleicht am meisten in die Abhängigkeit stürzt. Blutüberströmt endet sie im versuchten Suizid. Ein Leben ohne Frankie: nicht mehr vorstellbar. Irgendwann wird man von dem starken Gefühl übermannt, dass die Rollen austauschbar sind und man selbst Teil dieser Absurdität sein könnte. Braucht es einen besonderen Typen von Menschen, um auf Betrüger wie Frankie hereinzufallen? Oder wäre es tatsächlich möglich, dass sich jeder nach Liebe, Anerkennung und dem Anderssein sehnt? Dieses starke Thema der Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen, aber auch die Hoffnungen des Ichs gelingt es dem Regisseurenpaar Johannes Nehlsen und Christopher Weiß authentisch und publikumswirksam auf die Bühne zu transportieren. Sie schaffen es nicht nur kurzweilig zu gestalten, sondern auch die räumliche Begrenztheit des Studios des Deutschen Theaters zu nutzen, um die Distanz zum Publikum zu verringern. „Die Wahrheit über Frankie“ ist einen Besuch wert.
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TERMINE IM MÄRZ: 02.03., 09.03. & 15.03.
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ZWISCHEN DEN ZE I L E N
Im Niemandsland Aus der Flut an Büchern über Kriege und Flüchtlinge stellen wir diesen Monat drei sehr unterschiedliche Exemplare vor, die in nächster Zeit für viel Gesprächsstoff sorgen dürften.
* DANIELE PALU Nicht willkommen
Blindes Engagement?
Albtraumhafte Flucht
Boote mit Afrikanern erreichen regelmäßig die südliche Küste Europas. Zekarias Kebraeb gibt den unzähligen Flüchtlingen ein Gesicht. Dabei wollte er in seiner Heimat nichts weiter als lernen und arbeiten. Doch Eritrea ist eine Militärdiktatur – und jeder wird dort Soldat. Ohne Ausnahme. Also blieb nur die Flucht. Sechs Monate durch die Wüste, übers Meer – halbtot vor Hitze, Hunger und Durst. Doch seine Erwartungen von einem besseren Leben erfüllen sich nicht. Die Flüchtlingslager auf Sizilien, in Mailand, in der Schweiz und in Deutschland sind verrottet, das Essen schlecht und oft verfault. Seit vier Jahren lebt Zekarias Kebraeb nun in Europa. Täglich muss er damit rechnen, nach Eritrea abgeschoben zu werden… Zekarias erzählt seine Geschichte ohne Selbstmitleid. Er konfrontiert uns mit den schmutzigen Geschäften der Schlepperbanden, heimlichen Absprachen zwischen europäischen Staaten und afrikanischen Despoten, der Abschottungspolitik der Europäer und den Absurditäten des deutschen Asylrechts. „Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn“ ist ein ebenso spannender wie informativer Erfahrungsbericht.
Vor sechs Jahren engagierte sich George Clooney persönlich für Millionen Darfur-Flüchtlinge und reiste sogar mehrmals in die Krisenregion im Westen Sudans. Als „blinde Retter“ verurteilt das der indische Politikprofessor Mahmood Mamdani und wirft Clooney & Co Unwissenheit vor. Den Hintergründen dieses Konflikts widmet sich sein Buch ausführlich. Doch die Streitschrift hinterlässt einen ambivalenten Eindruck. Man kann Mamdani zugute halten, dass man vieles erfährt, was man über Afrika, den Sudan und über selbsternannte Menschenrechtskrieger bislang nicht wusste. Aber: Nicht nur dass Mamdani wesentliche Aspekte wie den Kampf um die Rohstoffe des Landes nur am Rande streift. Er vereinfacht auch – und zwar über ein akzeptables Maß hinaus. Ja, die Komplexität der meisten Konflikte in weit entfernten Weltregionen ist schwer zu durchschauen. Und ja, jedes öffentliche Engagement braucht eine gewisse Vereinfachung der Botschaft. Mit seinem Generalverdacht und Verschwörungstheorien schießt der Wissenschaftler aber übers Ziel hinaus.
Wie viel wissen wir über das Leben unserer Eltern? Auch für Katja Thimm war ihr Vater vor allem eines: ihr Vater. Nur ab und zu blitzte etwas auf, das ihr zu verstehen gab: Horst Thimm, Jahrgang 1931, hat seine ganz eigene Geschichte. Erst spät, als Erwachsene schon, begann sie ihn nach seinem Leben zu fragen. Und er fing an zu erzählen: Von seiner behüteten Kindheit in einem Forsthaus in Masuren, von der albtraumhaften Flucht als Dreizehnjähriger Richtung Westen, von seinen Arbeitseinsätzen in der jungen DDR, von seinen ersten Kollisionen mit der sozialistischen Staatsmacht und seiner sechsjährigen Haft in einem Zuchthaus der DDR. Als er schließlich in den Westen kam und mit 30 Jahren eine Familie gründete, hatte er schon ein ganzes Leben hinter sich. Katja Thimm erzählt sensibel, eindringlich und mit ihrer eigenen Stimme vom Leben ihres Vaters, das einzigartig und doch typisch ist für die Generation der sogenannten Kriegskinder. Ein Buch, das noch lange beim Leser nachwirkt!
Zekarias Kebraeb & Marianne Moesle: Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn. Bastei Lübbe, 8,99 Euro. Taschenbuch, 368 Seiten
TagesSatz
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Mahmood Mamdani: Blinde Retter. Edition Nautilus, 384 Seiten, 29,90 Euro.
Katja Thimm: Vatertage. S. Fischer, 18,95 Euro. Gebunden, 272 Seiten
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I N D E R N A H AUFNAHME Spielberg, Scorsese, Verhoeven: Mit einem kombinierten Alter von stolzen 207 Jahren beweisen uns die Altmeister in ihren neuesten Werken, dass sie noch weit von der Rente entfernt sind.
DVD-Tipp
outnow.ch
* CLIFFORD SPENCER
Gefährten
Hugo Cabret
Black Book
R.: Steven Spielberg USA 2011; FSK 12
R.: Martin Scorsese USA 2011; FSK 6
R.: Paul Verhoeven NL/D/GB 2006; FSK 16
Albert (Jeremy Irvine) und sein Pferd Joey sind unzertrennlich – bis der erste Weltkrieg ausbricht. Um zu überleben muss Alberts Familie den Hengst an die britische Kavallerie verkaufen. Captain Nicholls (Tom Hiddleston), schwört, das Pferd nach Kriegsende zurückzugeben. Es ist ein Versprechen, dass er nicht halten kann. Im Laufe der Jahre wechselt Joey mehrfach den Besitzer und erlebt den Schrecken des Krieges auf beiden Seiten der Front. „Gefährten“ bietet einen einzigartigen Blickwinkel für einen Kriegsfilm. Hier wird weniger das Leid des Menschen betont, sondern die gnadenlose Ausbeutung des Tieres. Zu diesem Zweck werden nicht nur auf dem Schlachtfeld die ganz großen Geschütze aufgefahren: Feuchte Pferdeaugen in Nahaufnahme, ein Stupser mit dem Kopf gegen einen toten Kameraden, dazu anschwellende Streichermusik. Es sind vielleicht alte Tricks, aber in Spielbergs Händen funktionieren sie immer noch großartig. „Gefährten“ ist sentimentaler Hollywood-Kitsch allererster Klasse. Wer jemals über ein Tier Tränen vergossen hat, wird diesen Film zum Heulen schön finden.
Im Pariser Bahnhof der 30er sorgt der Stationsinspektor (Sacha Baron Cohen) für Zucht und Ordnung. Vor ihm versteckt sich der Waisenknabe Hugo (Asa Butterfield) zwischen den Wänden der Station. Hugo stiehlt neben Croissants am liebsten Einzelteile vom Spielzeugmacher Papa Georges (Ben Kingsley). Mit den erbeuteten Zahnrädern und Kleinteilen will er eine mysteriöse mechanische Puppe reparieren, ein Vermächtnis seines Vaters. Zusammen mit Georges’ kluger Ziehtochter Isabelle (Chloë Grace Moretz) kommt er dabei einem alten Geheimnis auf die Spur. Was als wundervoll naiver Kinderfilm beginnt, steigert sich zu einer detailverliebten Ode an die Anfänge des Kinos. Aber keine Angst: Regisseur Scorsese liefert oft die Erklärung zu seinen visuellen Zitaten gleich mit. Die Inszenierung in 3D entpuppt sich als Geniestreich: Ganz unaufdringlich beschwört er damit das Erstaunen herauf, dass die ersten Kinogänger verspürt haben müssen. Wer von 3D immer noch erwartet, dass dem Zuschauer pausenlos virtuelle Gegenstände ins Gesicht geschmissen werden, ist hier im ganz falschen Film.
Rachel (Carice van Houten) ist eine holländische Jüdin und auf der Flucht vor den Nazis. Bei einer Flussüberfahrt gerät sie in einen Hinterhalt und verliert bis auf ihr Leben alles, was sie hatte: Ihre Familie, ihr Geld, ihre Wertgegenstände. Rachel schließt sich dem niederländischen Widerstand an. Als blondierte Sängerin wird sie in das Hauptquartier der Wehrmacht eingeschleust und verführt den deutschen Offizier Müntze (Sebastian Koch). Aber aus dem Spionageauftrag entwickelt sich eine Liebesbeziehung, und so gerät Rachel langsam zwischen alle Fronten. „Black Book“ wirkt zunächst nur wie ein spannender Agentenfilm mit Weltkriegsszenario. Aber wie bei jedem guten Verhoeven-Film lohnt sich ein Blick unter die Oberfläche. Geschickt wird das klassische GutBöse-Schema von fiesen Deutschen und heldenhaftem Widerstand aufgeweicht, ohne die Schuld der einen und die Errungenschaften der anderen Seite zu schmälern. Sogar die Zivilbevölkerung verübt, in deutlich kleinerem Maßstab, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Chaos des Krieges verdirbt letztlich beide Seiten.
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DAS LE T Z T E
DER TiCKER NACHRICHTEN AUF DEN LETZTEN DRÜCKER Impressum Hartz IV entkommen GÖTTINGEN – Abgeordnete der Grünen und der SPD haben im Bundestag das Thema der sogenannten „Hartz IV-Falle“ aufgegriffen. „Es ist richtig, diese Debatte zu führen, weil es nämlich nicht sein darf, dass Leiharbeiter und Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, immer öfter und schneller auf Hartz IV angewiesen sind“, so Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz. Ziel ist es den Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) zu erleichtern: Menschen, die arbeitslos werden, sollen zukünftig bereits nach sechs Monaten sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit innerhalb von drei Jahren ALG I erhalten, anstelle nach den bisher üblichen zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren. Zugute kommt dies vor allem Arbeitnehmern befristeter Arbeitsverhältnisse oder MiniJobs. (mns)
Nachts trocken
Jörg Sanders
Wiesbaden/Kassel – Eine Flasche Wodka, dazu noch eine Flasche eines Energy-Drinks oder ein Tetra
Pak Orangensaft: ergänzt um ein Paar Pappbecher, ist das das typische „Tankstellen-Gedeck“ jugendlicher Nachtschwärmer. „Längere Öffnungszeiten und eine Vielzahl von Verkaufsstellen verursachen zunehmend Gelage und Exzesse in der Nähe von Verkaufsorten“, so der gesundheitspolitische Sprecher der hessischen SPD-Fraktion, Dr. Thomas Spies. Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag will sich künftig dafür einsetzen, dass in Hessen zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens im Einzelhandel (dazu zählen auch Tankstellen und Kioske) kein Alkohol mehr verkauft werden darf. Auch Gastronomen beobachten die Auswüchse des VorTrinkens mit Tankstellen- und Supermarktware schon länger. Und das nicht nur mit Blick auf die eigene Kasse: „Da wird dann schon einmal dem Türsteher von kichernden Mädels ganz frech der Rest der Tankstellenmischung in die Hand gedrückt. Die jungen Damen können sich dabei kaum mehr auf den Beinen halten.“ Der Hotel- und Gaststättenverband hingegen setzt, statt auf ein generelles Verbot, auf andere Maßnahmen: „Wir sehen darin keine zielführende Maßnahme. Wir setzen da eher auf eine konsequente Einhaltung des Jugendschutzgesetzes“, so der Pressesprecher Sebastian Mayer. (hw)
Detlef „Rocky“ Bernhard
Nächstes Mal APRIL-Ausgabe 2012
Die nächste Ausgabe des TagesSatz wirft einen Blick auf das Thema Recycling. Was hat es mit dem Gelben Sack auf sich? Was geschieht in einem Recyclinghof? Und was ist überhaupt von dem Thema Flaschenpfand zu halten? Diesen Fragen wird unter anderem nachgegangen. Darüber hinaus kommen natürlich auch soziale und kulturelle Themen nicht zu kurz. Freuen Sie sich außerdem auf ein TagesKlatsch-Interview mit dem Tatort-Komissar Ulrich Tukur.
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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 / 861 58 43 Fax: 0561 / 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Mi, Do & Fr: 17-19 Uhr Di: 15-17 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Göttingen Telefon: 0551 / 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo-Fr: 9-11 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Carsten Seydlowsky, Melanie Swiatloch (GÖ), Harald Wörner (hw) (KS) Pressesprecher: Kai Budler und Carolin Schäufele Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 / 861 58 18 Göttingen: Oliver Barth Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 Anzeigenleitung: Oliver Barth Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 E-Mail: calliopa@yahoo.de Redaktion Kassel: Sara Davin, Stefan Giebel, Nora Mey, Hans Peter Pung, Claudia Alexandra Rose, Katharina Schwarz Redaktion Göttingen: Semsiye Aygir, Helene Dahlke, Zoé Dubois, Victoria Hasler, Sandy Naake, Daniele Palu, Christoph Pengel, Katharina Preuth, Clifford Spencer, Stanislaus Stadlmann, Pia Zojer News GÖ: Melanie Swiatloch (mns) Illustration GÖ: Pilar Garcia Fotografie: Detlef „Rocky“ Bernhard, Julia Krause, Nora Mey, Jörg „Yogi“ Müller, Jörg Sanders, Stanislaus Stadlmann, photocase.com Umschlag: Sarah Raymaekers Layout: Dirk Mederer PLAZEBO Werbung für Gesundheit, Kultur & Soziales Tel.: 0551 / 489 90 74 E-mail: info@plazebo.net www.plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Carsten Seydlowsky TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen. Auflage dieser Ausgabe: 3.250
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.
Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.
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W O H I N , W E NN Allgemeine Hilfen
EssenSAUSGABEN
Göttingen
Göttingen
Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590
Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030
Opferhilfebüro Göttingen für Opfer von Straftaten Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Herr Bayer 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Neustadt 7 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler 05602/1860
Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6, 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche Frauen in Not Göttingen KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453 Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25, 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach 1911, 37009 Göttingen 0551/5211800
BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen
Therapeutische Frauenberatung e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/45615
Kassel
Kassel
Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070
Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113
Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Hr. Holler 0561/6029458
Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532
Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen (Rathaus/EG/Raum 10) Am Mart 1/ Witzenhausen
Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929
Göttingen
Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244
Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0
Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67, 34127 Kassel 0561/ 89 31 36
Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373
Gesundheit
Arbeitslosenhilfe
Ländliche Erwachsenenbildung (LEB) Weender Str. 87, 1. Stock 37073 Göttingen 0551/8207917 Mo, Di, Do & Fr 14.30 - 18.00 Uhr Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536
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Göttingen Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1, 37085 Göttingen 0551/4004862 Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766
Kassel
Kassel
Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo 14-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do 20-24 Uhr in der Gießbergstraße
Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090
Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505 Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920
Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441 Lebenskrisen Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333 Göttingen
Haftentlassene
Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222
Göttingen
Kassel
Anlaufstelle – Kontakt in Krisen e.V. Rosmarinweg 24 37081 Göttingen 0551/632977
Telefonseelsorge 0800/1110111
Kassel
Notschlafstellen
Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 oder 0561/70738-00 Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS Göttingen Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411 AIDS-Beratungsstelle Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831 Kassel Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1, 34117 Kassel 0561/97975910 Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380 Kinder & Jugendliche in Not Göttingen Deutscher Kinderschutzbund Nikolaistraße 11, 37073 Göttingen 0551/7709844 Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23, 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1, 34127 Kassel 0561/899852 Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301 Kleiderkammern Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 11, 37073 Göttingen Kleiderladen Ausgabe: Do 9-12 Uhr 0551/5473717 Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17, 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhr jeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr
PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361
Göttingen Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484 Kassel Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00 Café Nautilus (für Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 Rechtsberatung & Hilfe Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934 Göttingen AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisverband Göttingen e.V. Hospitalstraße 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Kostenlose Rechtsberatung Göttinger Tafel e.V. Jacobikirchhof 1 37073 Göttingen 0551 – 5 10 30 Unabhängige Patientenberatung Göttingen Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/488778-0 Verbraucherzentrale Niedersachen Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094 Suchtberatung: Alkohol Kassel Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950
Suchtberatung: Drogen Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033 Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051 Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 Schillerstraße 2, 34117 Kassel 0561/103878 WohnungslosenHilfe Göttingen Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861
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