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EDITO R I A L Liebe Leserinnen und Leser, kann man den Wert eines Menschen monetär messen? Ist jemand weniger wert als ein anderer, nur weil dieser älter, krank oder weniger gut gebildet ist? Der Autor Jörg Klare hat sich mit diesem Thema befasst und mit Hilfe von ökonomischen Theorien den Wert eines Menschen berechnet. Zwar legt er die Thesen von Volkswirtschaftlern sehr provokant aus, aber er zeigt in seinem Buch „Was bin ich wert?“, wie gefährlich solche Zahlenspiele werden könne, legt man sie ideologisch aus. Eine Großmutter aus Florida hatte wohl auch schon einmal über den Wert ihres acht Wochen alten Enkels nachgedacht. Für knapp 53 000 Euro wollte sie diesen nämlich an einen Unbekannten verkaufen, wie die Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Der potenzielle Käufer schaltete jedoch die Polizei ein, die die 45-Jährige dann festnahm. Nicht mit dem direkten Verkauf von Menschen befasst sich diese Dezemberausgabe. Aber doch spielen Dienstleistungen, Geld und Ausbeutung eine Rolle in den Artikeln. Beispielsweise beim Thema Prostitution: Hier reden zwei Göttinger Bordellbesitzer offen über ihr Geschäft (Seite 8 und 9). Zudem geht es in den Artikeln um Leihmutterschaft in Indien (Seite 10 und 11), um moderne Sklaverei (Seite 12 und 13) sowie um die Probleme und widrigen Verhältnisse in der Leiharbeitsbranche (Seite 14 und 15). Dazu haben wir zwei interessante und unterhaltsame Gespräche in der aktuellen Ausgabe. In der Rubrik TagesKlatsch mit KaffeeSatz plauderte Malte Schiller mit Udo Lindenberg, im Lokalteil haben wir ein Interview mit Sineb el Masrar, Verlegerin und Herausgeberin der Zeitschrift „Gazelle“ (Seite 18 und 19). Auch wenn das Thema „Ware Mensch“ bedrückend ist und einem zum Nachdenken über Ethik, Moral und Verantwortung einlädt, hoffen wir doch, dass Sie die Welt nicht zu pessimistisch sehen. Die TagesSatz-Redaktion und die VerkäuferInnen wünschen Ihnen eine frohe Adventszeit, ein schönes Weihnachtsfest – und auch gleich einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Jörg Sanders & Christopher Piltz (Redaktionsleitung Göttingen)
TagesSatz. Hilft sofort.
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G R U S S W O RT DES BUNDESPRÄS IDENTEN
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Agentur
es ist schön, dass Sie diese Zeitung in Händen halten. Sie ist mit viel Engagement und Kreativität entstanden. Und sie wird von engagierten Verkäuferinnen und Verkäufern angeboten, wie Sie sicherlich gerade erlebt haben. Vielleicht haben sie diese Straßenzeitung heute das erste Mal gekauft, weil es die Weihnachtsausgabe ist. Oder Sie kaufen die Zeitung regelmäßig. Dem Verkäufer sind Sie vielleicht am Bahnhof, in der S-Bahn oder auf der Einkaufsstraße schon öfter begegnet. Eines steht jedenfalls fest: Sie halten eine besondere Zeitung in den Händen. Sie erzählt von Lebensumständen und Schicksalen, über die andere Medien nur selten berichten. Sie gibt Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft leben, die obdachlos und in Not sind, eine Stimme und ein Gesicht. Beim Lesen haben wir die Chance, diejenigen verstehen zu lernen, die in unserer schnellen, auf Erfolg getrimmten Welt zur Seite gedrängt werden. Mit den Verkäuferinnen und Verkäufern dieser Straßenzeitung begegnen uns Mitmenschen, die dieses Schicksal – oft unverschuldet – selbst erfahren haben. Aber sie tun etwas, sie ergreifen die Initiative, um ihre Situation zu verbessern. Mit dem Verkauf der Straßenzeitungen haben sie eine Aufgabe übernommen, und sie verdienen es, dabei ermutigt und unterstützt zu werden. In einer Welt der Medienkonzerne und der unzähligen Meldungen im Internet scheint es, als wären wir besser informiert als je zuvor. Aber wie viel wissen wir wirklich von dem, was in unserer Nachbarschaft, in unserem Stadtviertel geschieht? Wie viel wissen wir über den Alltag unserer Mitmenschen, die in soziale Not geraten sind? Straßenzeitungen berichten uns darüber. Sie sind so auch ein Beitrag zu Meinungsvielfalt und demokratischer Teilhabe, wenn wir uns nur informieren wollen. Straßenzeitungen haben aber nur dann Erfolg, wenn das Geschriebene auch gelesen wird. Es war daher wichtig, dass in diesem nun zu Ende gehenden Jahr, dem Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Straßenzeitungen eine besondere Chance hatten: Gemeinsam mit Experten aus anderen Medien haben sie über Recherche, Reportage, Vertrieb und neue Ideen zur Gestaltung von Straßenzeitungen diskutiert. Allen Beteiligten meinen herzlichsten Dank für ihr Engagement. Sicher freuen Sie sich auf die bevorstehenden Festtage. Aber zu Weihnachten gehört auch, dass wir ein wenig mehr Verständnis für die Sorgen und Nöte unserer Mitmenschen aufbringen. Deswegen möchte ich Sie gerade heute bitten: Kaufen Sie weiterhin diese Zeitung. Erhalten Sie dieses Medium für lokale Nachrichten, das einen besonderen Blickwinkel auf viele Themen ermöglicht. Unterstützen Sie diese wichtige und richtige Initiative zu Selbsthilfe. Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien, den Verkäuferinnen, den Verkäufern und den Machern der Straßenzeitungen ein gesegnetes Weihnachtsfest, Gesundheit, Glück und ein gutes neues Jahr. Ihr
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IN H A LT
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Ware MENSCH 8 10 12 14
Ein erschöpfender Geschlechtsakt von kHOA LY Baby auf Bestellung VON CHRISTOPHER PILTZ Moderner Sklavenhandel von HARALD WÖRNER Schnell rein, schnell raus von harald wörner
Rubriken 3 4 16 17 21 25 26 30 31 32 33 34
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mit UDO LINDENBERG von malte schiller
Göttingen 18 „Nicht alle sind so verrückt wie Sarrazin“ ANDREA TIEDEMANN IM GESPRÄCH MIT SINEB EL MASRAR 20 Es weihnachtet wieder von BRUNO F. SPOTTED BEAR
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Kassel 22 Unser Wasser und sein Preis von NORA MEY 24 Ein Pfau für Phnom-Penh von THOMAS SCHWAB
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Kultur 28 Drogen-Partys und unsere Lena von KHOA LY 29 Artistenfestival von HANS PETER PUNG
Editorial Grußwort des Bundespräsidenten Der Stolperstein Paragraphenreiter Straßengeflüster Winkeladvokat Die Kochnische Kultur-Empfehlungen Hinter den Kulissen Zwischen den Zeilen In der Nahaufnahme Der Ticker Nächstes Mal Impressum Wohin, wenn
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Ort, Datum
Unterschrift
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Tina Acke
D A S G E S P R Ä CH
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„Ey olla, was geht ab?“ Für viel Gemütlichkeit war bei diesem Kaffeeklatsch keine Zeit. Gesprächstechnisch ergab sich eher ein Coffee to go zwischen Soundcheck und Pressekonferenz. Udo Lindenberg (64) bekam am 23. Oktober in Kassel den Jacob-Grimm-Preis für deutsche Sprache verliehen und erzählte dem TagesSatz vom Ursprung des Lindiismus und und machte auch gleich den Gesprächsanfang.
* MALTE SCHILLER IM GESPRÄCH MIT UDO LINDENBERG
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o! Heute gibt es den JacobGrimm-Preis hier, ein bisschen nuscheln und so.
Sprache ist bei Dir eine Leidenschaft. Genau, der Zappel-Philipp, das bin ich. Hast Du auch ein aktuelles Lieb lingswort? Rotkäppchen. Oder Rotkäppchensekt. Nee, also: Das ist hier natürlich alles sehr ehrenvoll. Ich bin hier der erste Rocker, der seinen Preis kriegt.
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Und wir haben die Sprache ja gewissermaßen aus den Feudalisten-Palästen herausgeholt auf die Straße zum Proletariat. Also zu den Menschen auf der Straße. Deswegen sprechen die Leute hier jetzt ja auch alle so elegant auf der Straße: „Ey olla was geht ab?“ Und das ist eine schöne Sache, dass das mit dem Genre Rock überhaupt geht – und mit der deutschen Sprache, mit der man eben sehr viel machen kann. Das muss irgendwann angefangen haben mit den Lindiismen wie Du Deine Ausdrücke auch nennst. Wer
inspiriert Dich beim Experimentieren mit der Sprache? Gab es Vorbilder? Nee, also Vorbilder gab es da praktisch nicht. Das war damals alles total neu. Da dachte jeder, das geht nur auf Englisch oder Amerikanisch, also das mit der Rockmusik. Erste Anfänge kamen damals von Rio Reiser. Da gab’s dann auch ein bisschen Straßenkampf, WG- und Besetzerszene und so – war auch toll: „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“ Aber das war mehr so ’ne Art Nischenangelegenheit. Diese Art von Breitensport, also was ich dann gemacht habe, das kam erst
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DAS GESP R Ä C H später, irgendwann mal nach ’ner Flasche Doppelkorn. Das war vielleicht auch eher Zufall. Andere Leute schreiben Tagebuch und �ich hab’ da immer so auf meinem Bierdeckel rumgekritzelt. Und da hab’ ich mir gedacht, das sind so geniale Teile, die musst Du jetzt auch mal singen. Der Jacob-Grimm-Preis verpflichtet sich nach eigenen Angaben einer „gu ten, klaren und schönen deutschen Sprache“. Würdest Du Deine Spra che auch dazu zählen? Ja. Deutliche Sprache, deutliche Texte, sehr politische klare Sachen. Wir sind schon 36 Jahre dabei mit der Panik-Band und haben dabei auch sehr unterschiedliche Phasen durchlaufen, auch sehr politische. Wir haben uns oft positioniert, mit Rock Gegen Rechts zum Beispiel, also Rock gegen rechte Gewalt, aber auch bei Dingern wie AKW und Öko und alle Sachen, die so sein mussten, gegen Nato-Doppelbeschluss und die ganzen Raketen in der Friedensbewegung und so weiter. Und natürlich auch die DDRNummer, die ganze Verarsche mit den Kriminellen aus der DDR – da haben wir Stellung bezogen. Aber wir haben eben auch schöne Songs gemacht. Die müssen ja auch sein. Liebeslieder und so.
Hat Herr Stuth schon eine Liedzeile von Dir bekommen?
ich ja auch der erste Rocker bin, der so einen Preis kriegt.
Ne. Die Hat er sich auch noch nicht verdient. (lacht)
Von Rolf Hochhucht bis hin zu Lori ot reicht die Liste der Preisträger für den Grimm-Preis – wie fühlt man sich in einer solchen Reihe?
Es heißt in der Begründung der Jury, dass Du mit Deiner Sprache auch die Rockmusik geprägt hast. Inwiefern ist das denn so? Es gab ja damals noch keine Markierung. Also ich war ja mehr oder weniger der Erste. Und das war auch ermutigend für andere Bands: Jan Delay und Silbermond zum Beispiel. Es ist mir gelungen zu zeigen, dass Du mit der Sprache alles machen kannst, wie mit Knetgummi oder Kaugummi, ein bisschen jonglieren und so. Es gibt da keine Begrenzungen – man kann mit der Sprache alles machen. Ist Dir auch klar, dass Zeilen wie „Al les klar auf der Andrea Doria“ schon zu Sprichwörtern in der deutschen Sprache geworden sind?
Durchaus heimisch. Völlig cool. Auch mit Jacob Grimm. Ich denke da an die Göttinger Sieben, den Aufstand gegen die Monarchie und so, gegen die Diktatur von oben. Das passt. Und ist doch auch ein ganz tolles Zeichen, dass so ein junger Mensch wie ich mal so einen Preis kriegt. Du hast am Anfang auch auf Eng lisch gesungen. Warum hast Du Dich irgendwann dagegen entschieden? Englisch konnte ich nicht gut genug. Ich wollte viel ausdrücken und das ging dann auf Englisch nicht so gut. Da hab’ ich gedacht, das ist doch völliger Quatsch, jetzt nimm dir mal hier die deutsche Sprache vor, ist doch eine wunderbare Sprache, klingt ja auch gut – zumindest wenn ich das singe, wunderbar. Dann gab’s natürlich die Experimente: Das war ein Prozess von Erfahrungen, der da gemacht werden musste. Texte schreiben auf Bierdeckeln, mit Leuten quatschen und dann ins Studio. Die Reaktionen im Studio gingen von totaler Ratlosigkeit bis dahin, dass die Leute sich hingeschmissen haben vor Kichern. Da wussten wir noch nicht mal, ob das nicht irgendwann verboten wird, was wir hier machen. Das war einfach neu und führte erstmal ins Niemandsland.
„Sprache ist wie Knetgummi“
In Hamburg werden gerade die Kul turinstitutionen kaputt gespart. Da hinter steht vor allen Dingen der Kul tursenator Reinhard Stuth. Bringt das nicht auch den härtesten Panikrocker auf die Barrikaden? Ja ja, da haben wir mit dem Stutenkerl, also dem Kultursenator Stuth, auch erstmal ein paar Takte gesprochen, dass es so eigentlich nicht geht. Und da gibt es jetzt ja auch den neuen Bürgermeister, und der muss auch mal ganz genau gucken mit seinen Budget. Und sicherlich, die sparen sich da platt. Man muss gucken, dass es da irgendwie weiter geht, denn wir haben natürlich schon tolle Highlights in Hamburg. Dem Stuth hab’ ich erstmal die Fliege umgedreht.
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Auf jeden Fall: „Alles klar“ und „cool bleiben“ oder „keine Panik“. Panik heißt ja bei uns eigentlich „keine Panik“ und dadurch cool bleiben, besonnen bedacht, aber auch Temperament haben natürlich – nur alles zu seiner Zeit. Aber klar: Viele Sprüche werden inzwischen auf der Straße angewandt. Früher war Sprache immer eine Sache der höheren Kreise, des Feudalismus’ würde ich mal so sagen. Mit der Sprache konnte man sich auch immer abgrenzen zum Pöbel, zum Proletariat. Wie war das, als Du die Nachricht vom Preis bekommen hast? Hast Du da erst einmal gefeiert? Ja klar. Den Preis gibt’s ja nicht nur für die Sprache, sondern auch für die Aussprache. Da kannste mal so ein bisschen nuscheln und so. Ganz wichtig, denn die Nuschelei ist ja auch eine Art Markenzeichen von mir. Und natürlich hab ich mich sehr gefreut – weil
Das Thema der aktuellen Ausgabe dreht sich um die Ware Mensch. Udo Lindenberg ist über die Jahre zu ei ner Marke gewachsen. Wie schmal ist der Grat zwischen dem Kunstprodukt Udo und dem Menschen Udo? Das ist bei mir Ding. Ein Ding. Vielen Dank für das Gespräch.
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Dirk Mederer / Portraits: Lennart Pantel
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Ein erschöpfender Geschlechtsakt
Die Göttinger Bordellbesitzer Cemal Ayar und Sandra Grube handeln mit den Dienstleistungen von Frauen. Sie bieten Prostituierten und ihren Freiern Räumlichkeiten an und lassen sich dafür bezahlen.
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* KHOA LY
emal Ayar stellte sich sein Leben ein wenig anders vor. Er wollte Journalist werden, vielleicht sogar Rechtsanwalt. Heute sitzt er in seinem Nachtclub in der Reinhäuser Landstraße 200, am Göttinger Ortseingang. „Ich war schon ein hübscher Junge“, beginnt Ayar zu erzählen und zeigt auf ein Jugendfoto, dass er aus seiner Schreibtischschublade herausholt. Ayar war dort gerade 21 Jahre alt, kam durch das türkische Kultusministerium nach Deutschland und studierte Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Hannover. Er traf ein schwarzhaariges, kräftig gebautes Mädchen, lernte sie kennen, sie verliebten sich. Irgendwann erzählte sie ihm, dass sie als Hure arbeitet. Ayar lief nach einem Zwischenfall wutentbrannt zur ihrem Peiniger, schlug ihn aus Hass zu Boden. Es war eine filmreife Szene und heute klingt es danach, als hätte er sie Dutzend Mal erzählt. Der Kontakt zur Rotlichtszene entstand. Das große Geld, die immense Macht in diesem Gewerbe – das alles imponierte ihm gewaltig. Heute ist der 50-Jährige Besitzer des Saunaclubs „Chateau“. Hinter seiner weißen Bürotür wechselt die Musik vom spanischen Reaggeton zu amerikanischem R’n’B. Die weibliche Bedienung am Tresen ist freundlich und spricht leise. Vor ihr sitzt ein junger Mann im graugestreiften T-Shirt. Ein Handtuch bedeckt seine Beine. Er trägt eine randlose Brille, schaut leicht schüchtern auf dem Boden. Eine junge hübsche Dame sitzt neben ihm. Ihr Hintern ist sporadisch von einem weißen Oberteil bedeckt. Ihre Hand liegt leicht auf seinem Schoß. Sie ist nicht mehr als zwanzig Jahre alt, zierliches Gesicht, schüchternes Lächeln. Zwei Männer, die mit Badelatschen, Saunakittel und Wohlstandbauch diesen Anblick durchqueren, wollen nicht in das Bild hinein passen, das eher an ein gutes Szenelokal erinnert als an einen Nachtclub.
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TITELTH E M A „Es ist die Lebensqualität, die mich persönlich nach Deutschland gebracht hat. In den Ländern dieser Frauen ist kaum Arbeit, kein Geld, die kommen her und wollen was Anständiges machen“, erzählt Ayar und macht eine kurze Pause. „Achtzig Prozent wollen diesen Job nicht machen. Die Lebenssituation bestimmt am Ende die Zukunft eines Lebens.“ Er berichtet über die Unterschiede in Osteuropa, aus denen fast alle Frauen stammen, die politischen und wirtschaftlichen Missstände und die korrupte Politik, die die Frauen quasi zur Prostitution zwingen. „Verstehst du, mein Freund?“, hängt er an fast jeden seiner Sätze und es klingt danach, als würden viele Menschen dieses Milieu nicht verstehen wollen. Ihre Dienstleistung bieten sie zum Pauschalpreis von 99 Euro an den Spartagen Montag und Dienstag an, sonst sind es 129 Euro. Inbegriffen sind der Verzehr am Buffet, Getränke an der Bar und die Benutzung der Sauna. Neun Einzelzimmer stehen für den männlichen Trieb bereit. Ein Akt, der theoretisch zwölf Stunden durchgeführt werden kann. „Dieses Geschäft ist nichts anderes als ein Autohändler oder eine Bäckerei. In jedem Geschäft gibt es Konkurrenz und schwarze Schafe. Wir verkaufen halt die Dienstleistung mit den Frauen, arbeiten dabei immer im rechtlichen Rahmen“, beschreibt Ayar sein Geschäft.
tiv“ bedeutet auf Männern urinieren oder „ZK“ für Zungenkuss.
Grube vermietet lediglich die Zimmer, kümmert sich um die Werbung, den telefonischen Erstkontakt mit den Kunden und die betriebswirtschaftliche Verwaltung des Hauses. Geschlechtsverkehr hatte sie niemals mit Kunden gehabt, das übernehmen die Mädchen für sie. Wenn sie alle Zimmer in der „Villa Rouge“ am Holtenser Berg vermietet hat, erreicht sie ihren maximalen Profit. Die Frauen sind für ein oder zwei Wochen in ihrem Haus, zahlen die entsprechenden
was sie mit ihrem Leben machen sollen. Nach der achten Klasse verlassen sie die Schule, haben keinen Lebensplan. Dann kommen sie zu mir. Sie wissen dann nicht mal, wie man sich die Schuhe anzieht. Sie wissen nicht, ob man eine Unterhose anziehen muss oder nicht. Man muss sie an die Hand nehmen und ihnen alles zeigen“, sagt sie mit wütender Stimme. „Die Frauen, die im Milieu arbeiten, haben im Leben nicht viel mitbekommen. Die Gehirnzellen, die sie eigentlich haben, sind nicht vorhanden. Mir steht es bis ganz oben. Warum arbeiten sie nicht in einem anderen Beruf? Unzuverlässig, doof und faul“, bricht es aus Grube heraus. Cemal Ayars 75-jährige Mutter weiß bis heute nichts von seinem Sex-Geschäft. Sie ist gläubige Muslima, lebt in der Türkei und glaubt, dass ihr Sohn Spielhallenautomaten repariert. Selbst das wirft sie ihm moralisch vor, nimmt sein Geld nicht an. Momentan ist Ramadan. Es bleiben noch sechs Stunden bis Sonnenuntergang. „Die Wirtschafskrise ist fürchterlich. Verkaufen und neu anfangen ist ein sehr großes Risiko. Wenn ich dreißig wäre, dann hätte ich das gemacht. Vielleicht noch fünf Jahre, dann höre ich auf“, sagt er in einem melancholischem Ton und schweigt. Ayar bleibt trotz seines Berufes gläubig.
„In den Ländern dieser Frauen ist kaum Arbeit“
Ein Café in der Göttinger Innenstadt. Sandra Grube kommt pünktlich zum vereinbarten Termin. Ganz schnörkellos beginnt sie zu erzählen: „Meine Schulden haben mich dort hinein gebracht!“ Sandra Grube ist Göttingens einzige Bordellbesitzerin. Irgendwann sprach sie ein Freund an. „Er hat Leute aus dem Rotlichtmilieu kennen gelernt. Dann hat er mich gefragt, ob ich ein Bordell aufmachen möchte“, erinnert sich die 42-Jährige. „Ich musste dann schnell die ganzen Abkürzungen lernen, damit ich den Frauen sagen kann, was sie machen sollen.“ „AV“ steht für Analverkehr, „Natursekt akTagesSatz
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Tagesmieten von fünfzig Euro und buchen optional entsprechende Werbung. „Ich arbeite zusätzlich mit einem Partner zusammen. Es muss in diesem Geschäft immer ein Mann hinter einem stehen“, erzählt sie. Ihr Partner sei kräftig gebaut, kann in Notfallsituationen physisch kontern. „Es gibt Schlepperbanden. Sie klopfen an der Tür und können für einen gewissen Obolus ständig Frauen liefern. Sie kommen dann in der Regel aus den Balkanländern, dürfen in Deutschland offiziell nicht arbeiten“, sagt sie ganz nüchtern und fügt im selben Atemzug hinzu: „Am Anfang habe ich denen zwei Frauen abgenommen, dafür haben sie Geld bekommen. Die Frauen waren aber so katastrophal.“ Sie schüttelt den Kopf. „Die versuchen einen immer wieder abzuzocken. Geben den Männern heimlich ihre Handynummer und machen das dann außerhalb der Räumlichkeiten günstiger.“ Oftmals sieht Grube sich in ihrem Job als Kindergärtnerin für die Prostituierten. „Die Frauen wissen nicht,
Sandra Grube lacht sympathisch, wirkt stets freundlich, antwortet zu jeder Frage gewandt, dass die Antworten darauf erst einmal selbstverständlich werden, obwohl sie es nicht sind. Sie verabschiedet sich liebevoll, übernimmt die Rechnung für die vier Tassen Kaffee. Sie will ihren Beruf noch lange ausführen und sehne sich lediglich nach einem Moment der Ruhe, nach einer Woche Urlaub, irgendwo, wo es keine Menschen gibt. Abschalten von einer, wie sie denkt, so verlogenen Gesellschaft. In der Ehemänner in ihrem Bordell nach etwas Verbotenes suchen und in der Prostituierte Steuern für eine Gesellschaft bezahlen müssten, die nichts von ihnen wissen will.
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Jörg „Yogi“ Müller
Baby auf Bestellung
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* CHRISTOPHER PILTZ Pervertierter Kinderwunsch: Indische Leihmütter tragen für Auftraggeber aus den USA, Europa oder Dubai Kinder aus. Das israelische Unternehmen Tammuz – International Surrogacy hilft bei der Vermittlung der indischen Frauen. Dank dieser Dienstleistung muss keiner länger kinderlos sein – aber ist das wirklich eine Lösung?
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reundlich und einladend ist die Internetseite. Eine Mutter mit einem Kind auf dem Arm lacht den Besucher an. Es erscheint ein Mann mit einem Baby. Daneben steht „Creating families with dedication and love“ (auf Deutsch: Wir erstellen Familien mit Hingabe und Liebe). Auch dieses Bild verblasst und ein Kleinkind ist zu sehen, zusammen mit den Wörtern „You dream babies, we make it reallity“, was in etwa heißt: „Sie träumen von Babys, wir lassen es wahr werden.“ Diese Werbesprüche sind wortwörtlich zu nehmen. Die Homepage gehört dem israelischen Unternehmen Tammuz – International Surrogacy. Dieses Unternehmen bietet Paaren oder Alleinstehenden volle Unterstützung an, um ein Kind zu bekommen – egal auf welchem Weg. Hier gibt es keine Grenzen; und wer das nötige Geld besitzt, bekommt alles. Dies kann,
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kurz zusammengefasst, soweit gehen, dass die potentiellen Eltern, sollten sie selbst keine Ei- oder Samenzellen haben, sich nur die Eizellenspenderin und den Samenspender aus einer Datenbank aussuchen müssen. Der in den USA im Reagenzglas entstandene Embryo wird dann tiefgefroren nach Indien geschickt, wo eine indische Leihmutter das Kind austrägt. Bekannt wurde das Unternehmen durch den Dokumentarfilm „Google Baby“, der im September dieses Jahres auf arte lief. In der 80-minütigen Reportage der Regisseurin Zippi Brand Frank wird der Gründer von Tammuz, Doron Mamet, knapp ein Jahr lang begleitet. Er und sein Partner haben sich den Traum vom eigenen Kind erfüllt. Mit Hilfe einer Eizellenspenderin und einer Leihmutter im US-Bundesstaat Tennessee bekamen sie eine Tochter – und bezahlten dafür weit über 100.000 Dollar.
Zu Beginn der Reportage chattet Mamet mit der Eizellenspenderin aus den Vereinigten Staaten. Stolz hält er seine Tochter Thalia vor die Webcam. Beim Anblick des Babys steigen der Eizellenspenderin Tränen in die Augen. „Ich würde sie so gerne umarmen“, sagt sie. Mamet antwortet: „Soweit ist die Technik noch nicht.“ Nein, soweit noch nicht. Aber immerhin dank Globalisierung und technischer Innovation soweit, dass man für ein Kind nur noch eines braucht: Geld. Getreu dem Slogan des Kreditkartenunternehmens Mastercard „Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen. Für alles andere gibt es Mastercard.“ Ein Baby ist darin jetzt inbegriffen. Indien. Knapp 12.000 Kilometer von den USA entfernt, mehr als 4.000 Kilometer von Israel. Frauen liegen auf Betten, bis zu acht Personen in einem Raum. Sie sind in einer Klinik für Leihmütter und tragen Kinder für TagesSatz
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TITELTH E M A fremde Personen aus. Kinder für Paare aus den USA, Simbabwe, Dubai. Dafür bekommen sie knapp 6.500 Dollar. Viel Geld für eine indische Familie, aber deutlich weniger, als eine Leihmutter in den USA bekommen würde. 26.500 bis 42.000 Dollar kostet eine Leihmutter dort. Und dies war auch der Grund, warum Mamet auf Indien kam. Er bekam viel positives Feedback für die Geburt seiner Tochter und hörte von einigen befreundeten Paaren, dass sie auch gerne ein Kind hätten. Nur der Preis, der sei nicht bezahlbar. Und so kam dem Israeli die Idee, die Leihmutterschaft nach Indien zu verlagern – Outsourcing wie aus dem Lehrbuch.
es geboren sei, müsse sie es abgeben. Baishali nickt. Die Leihmütter sind das schwächste Glied in der internationalen Kinderproduktion. Sie sind auf das Geld angewiesen, dass sie für das Austragen der Kinder erhalten. Zwischen 6.000 bis 7.000 Dollar sind in Indien un-
Beziehung aufbaut.“ Der Experte für Reproduktionsmedizin sieht eine Leihmutterschaft eher skeptisch: „Die Frauen können unter Umständen traumatisiert sein. Sie verkaufen sozusagen ihre Gebärmutter.“ Die Inderin ließ sich auf eine Leihmutterschaft ein. Es hat sich für sie gelohnt: Sie hat das Geld für ein Haus zusammen, da ihre Auftraggeber noch einen Bonus obendrauf legten. Sie dürfe das aber keinem erzählen, sagt die Leiterin der Klinik, „ich will nämlich nicht das ganze System gefährden.“ Das System, damit meint sie hier billiges Kindergebären in Indien. Baishali verspricht, keinem etwas zu verraten. „Du hast deine Arbeit gemacht, gehen wir“, sagt die Ärztin und steht auf. Zurück bleibt eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, dass sie wahrscheinlich nie wieder in ihrem Leben sehen wird. Sie wird nie erfahren, wie es sich entwickelt, wie erfolgreich es in der Schule ist. Ob es groß oder klein, ob es ruhig oder aufgeweckt sein wird. Ihr Job ist getan. Und trotzdem: „Wenn ich das Kind abgebe, lasse ich mir nichts anmerken. Die Leute werden nie erfahren, wie mein Herz blutet“, gesteht die Frau.
„Die Leute werde nie erfahren, wie mein Herz blutet“
Die Bilder aus der Klinik in Indien sind extrem hart. „Google Baby“ zeigt Szenen aus dem Kreissaal, aus den Zimmern der Leihmütter. Es entsteht eine so kalte und emotionslose Stimmung, dass die Frage aufkommt, welche Bedeutung noch das Leben, welche Bedeutung noch die Geburt für einige Menschen hat. Bei einem Gespräch mit Baishali, einer potentiellen Leihmutter, erklärt die Leiterin der Klinik, Dr. Nenda Patel, was auf die Frau zukomme. „Die Leihmütter sind alle sehr bescheiden, einfach und nett“, erzählt sie. „Sie stehen mit Leib und Seele hinter dem, was sie tun. Sie tragen unter unserer Aufsicht die Kinder aus.“ Warum wolle Baishali Leihmutter werden? „Wir haben kein Haus“, berichtet sie. Mit dem Geld könnten ihr Mann, ihr Sohn und sie sich ein Haus leisten. Ihr müsse bewusst sein, stellt Patel klar, dass sie keinen Anspruch auf das Kind habe. Sobald
heimlich viel Geld. Der Preis, den die Frauen dafür zahlen, ist hoch. „Die Leihmutter hat eine ganz normale Schwangerschaft, es besteht also kein zusätzliches Risiko durch die künstliche Befruchtung“, erklärt Jan-Steffen Krüssel dem TagesSatz. Der Professor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Düsseldorf weist aber darauf hin, dass jede Schwangerschaft mit Risiken verbunden sei. Dazu komme die psychische Belastung der Frauen: „Es ist schwierig vorzustellen, dass man über neun Monate Schwangerschaft keine
„Eine Leihmutterschaft und Eizellenspende ist in Deutschland verboten“, erklärt Jan-Steffen Krüssel. Das Verbot einer Leihmutterschaft kann er nachvollziehen (sieht Artikel), aber das eine Eizellenspende nicht erlaubt ist, versteht der Arzt des Universitätsklinikums Düsseldorf nicht: „Ich plädiere dafür, dass die Eizellenspende in Deutschland erlaubt wird. Es betrifft viele Patienten, und ich kann nicht nachvollziehen, dass es verboten ist. So ist es eine Ungleichbehandlung.“ Genauso sei es in Deutschland verboten, mit einer anonymen Samenspende sich künstlich befruchten zu lassen. Im Ausland sieht dies anders aus: So ist in Dänemark zum Beispiel eine anonyme Samenspende erlaubt. ANZEIGE
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Moderner Sklavenhandel
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Brachte man in früheren Zeiten das Phänomen Menschenhandel vor allem mit Sklaverei in Verbindung, so haben sich Erscheinungsweise und Verbreitung im Lauf der Zeit erheblich verändert.
* HARALD WÖRNER
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in Blick ins das Strafgesetzbuch (StGB) klärt, was der Gesetzgeber unter Menschenhandel versteht. Nach § 232 (Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung) und § 233 (Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft) beschreibt Menschenhandel somit verschiedene Ausprägungen einer planmäßigen Art von Ausbeutung. Zu den Methoden des Menschenhandels gehören die Ausnutzung von Zwangslagen und von Hilflosigkeit, aber auch der Einsatz von Gewalt, Drohungen oder einer List. In der Unterscheidung zum Kinderhandel unterliegt der Begriff hier Einwendungen, da er nicht den Handel mit Menschen als solches umfasst, sondern eigentlich eine Vielzahl unterschiedlicher Ausbeutungserscheinungen bestraft. So zählt zum Beispiel Menschenschmuggel, bei dem es lediglich um den Transport geht (aber nicht um Ausbeutung), nicht zum Menschenhandel.
der Fall. Zur Durchsetzung ihrer Interessen setzten die Täter oft auch Nötigungsmittel oder Listen ein, indem sie ihre Opfer bewusst täuschen. Auch bei den Mitteln zur Durchsetzung der Täterinteressen unterscheidet der Gesetzgeber. So wenden diese verschiedene Strategien an, um ihre Interessen gegenüber ihren Opfern durchzusetzen. Durch Täuschung ihrer Opfer lassen sie diese im Ungewissen über die tatsächlichen Umstände ihrer Lage. Opfer werden von den Tätern psychisch (durch Drohung), aber auch körperlich (durch Gewaltanwendung) zu Handlungen gegen ihren eigenen Willen gezwungen. Oft werden sie aber auch (ohne Willensbeugung) durch eine missliche Lage (Hilflosigkeit) oder Unwissenheit dahingehend manipuliert, dass sie sich von den Tätern ausnutzen lassen.
fälligen Missverhältnis stehen. Hierbei muss aber differenziert werden: Eine Ausbeutung von Arbeitskraft ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit Arbeitsmigration und Schwarzarbeit. Denn Menschenhandel liegt meist dann vor, wenn ausländische Arbeitnehmer unter Umgehung der arbeitsrechtlichen Verpflichtungen gezielt ausgebeutet werden. Das wäre zum Beispiel bei der Vermittlung von Hausangestellten der Fall, die an Privathaushalte vermittelt werden, die man nicht arbeitsrechtlich überprüfen kann. Hier herrschen dann teilweise an Sklaverei grenzende Arbeitsbedingungen, und gerade weibliche Angestellte werden häufig auch sexuell ausgebeutet. Weiterhin kommt es vor, dass Arbeitskräfte auf Plantagen und in Fabriken eingesperrt werden. Diese Form des Menschenhandels ist speziell in Lateinund Mittelamerika, aber auch in SüdOst-Asien verbreitet. Von bekannt gewordenen Fällen wird berichtet, dass Betroffene sich mit Freiheitsentzug, fehlender Bezahlung, Essensentzug zum Zweck der Bestrafung, psychischen Misshandlungen, fehlender Freizeit, Isolation aber auch Körperverletzung oder sexueller Gewalt auseinandersetzen müssen. Als sexuelle Ausbeutung gilt hier die Aufnahme oder Fortsetzung von Prostitution oder ausbeutende sexuelle Handlungen, die das Opfer an sich selbst oder Fremden vornimmt.
Täuschung, Drohung, Manipulation
Bei den verschiedenen Arten des Menschenhandels unterscheidet man zwischen den Zielen, die von den Tätern verfolgt werden und danach, welche Mittel sie verwenden. Die Hauptziele von Menschenhandel sind im Regelfall die Ausbeutung der Arbeitskraft der Betroffenen, aber auch deren sexuelle Ausbeutung. Die Organisatoren setzen hier zur Wahrung ihrer Interessen unterschiedliche Mittel und Strategien ein. Oft wird zuerst die Hilflosigkeit oder Unwissenheit von Betroffenen ausgenutzt. Nicht selten kommt es aber auch vor, dass Zwangslagen in den Herkunftsländern der Betroffenen ausgenutzt werden. Dies ist beispielsweise bei Notständen, wie etwa Aufständen oder Naturkatastrophen 12
Im Strafgesetzbuch sieht hier der Gesetzgeber bei Ausnutzen einer misslichen Lage der Betroffenen Freiheitsstrafen zwischen einem halben und zehn Jahren vor. Die Anwendung von Nötigungsmitteln oder einer List steht ebenso unter Sanktion und wird mit Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren geahndet. Die Ziele der Täter sind, wie eingangs schon angedeutet, die Ausbeutung der Arbeitskraft und/oder die sexuelle Ausbeutung der Betroffenen. Eine Ausbeutung von Arbeitskraft liegt daher vor, wenn Täter ihre Opfer in Abhängigkeitsverhältnissen halten oder sie zur Aufnahme oder der Weiterführung einer Beschäftigung bringen, deren Bedingungen im Vergleich zu anderen (regulären) Tätigkeiten im auf-
Sexuelle Taten außerhalb der Prostitution wären hier Peep- und Stripshows, aber auch das Mitwirken als Darsteller in einem Pornofilm. Auch den Heiratshandel zählt der Gesetzgeber hierzu. Anders als bei der Prostitution sind hier die Handlungen den Umständen TagesSatz
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nach in erster Linie wirtschaftlich ausbeuterisch. Als Opfer sexueller Ausbeutung sind überwiegend Frauen und Kindern zu beklagen. Wenn Täter ihre Opfer unter Androhung oder Anwendung von Gewalt oder Anwendung einer List ausnutzen, spricht der Gesetzgeber von Zwangsprostitution. Dass die Täter bei den Opfern dabei vor schwersten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen persönliche Freiheit, aber auch körperliche Unversehrtheit nicht zurückschrecken, liegt auf der Hand. Doch auch die sogenannten „Begleitstraftaten“ haben es in sich. So führen die Strafverfolgungsbehörden hier unter anderem Steuerhinterziehung, aber auch Verstöße gegen das Arbeits-, Ausländer- und Sozialversicherungsrecht an. Bei den zugrunde liegenden Faktoren für das Phänomen hat sich bei Experten die Unterscheidung zwischen Push(Schieben) und Pull- (Ziehen) Faktoren eingebürgert. Zu den Push-Größen in den Herkunftsländern rechnen die Fachleute Armut, Arbeitslosigkeit, schlechte oder gänzlich fehlende Schulbildung oder die geschlechtsspezifische Diskriminierung der Opfer in ihren Herkunftsländern. Zu den Pull-Elementen in den Zielländern zählen die Experten eine hohe Nachfrage nach billigen Sexarbeiterinnen, aber auch exotischen Frauen und speziell nach ungelernten billigen Arbeitskräften. Über Ausmaß und Entwicklung des Menschenhandels lässt sich sagen, dass er inzwischen weltweit betrieben wird. Die Beschaffungsmärkte liegen überwiegend in den Entwicklungsländern, aber seit dem Mauerfall auch in Osteuropa. Zielländer sind alle der Westlichen Welt – in Europa beispielsweise England, Frankreich, Deutschland. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt, dass jährlich eine halbe Million Frauen und Kinder aus Mittel- und Osteuropa nach Westeuropa hin „gehandelt“ werden. Andere Schätzungen gehen hier von Zahlen zwischen 120.000 bis 200.000 Betroffenen aus. Bei diesen Erhebungen ist aber ungesichert, ob und wie weit man hier zwischen „freiwilliger“ Migration und Zwang differenzieren kann.
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T I T E LT H E M A
Schnell rein, schnell raus Der deutsche Stellenmarkt verdankt die Belebung in den letzten Jahren vor allem einer Branche: der Zeitarbeit. Das boomende Gewerbe schaffte aber eine neue ZweiklassenGesellschaft. HARALD WÖRNER Foto: Jörg Sanders / Grafik: Dirk Mederer
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ür Unternehmer ideal: Anders als bei Festangestellten können sie Leiharbeitern jederzeit kündigen. Doch die Zunahme prekärer Arbeit hat Schattenseiten. Das Gespräch mit Michael Rudolph (DGB Kassel) kann hier zur Aufklärung beitragen. Zunächst stimmt er zu, dass nirgendwo mehr als in der Leiharbeit die Funktion des Menschen als Ware offensichtlich wird. „Im Bereich prekärer Arbeit wird deutlich, dass die Mitarbeiter weniger als Menschen gesehen werden, die Bescheid wissen – durch Identifikation, eigene Ideen und Fortbildung – sondern vielmehr als flexible Größe im Produktionsprozess.“ Hier merkt der Gewerkschafter an, dass Leiharbeit in den Firmen kein Randphänomen mehr, sondern leider zum Normalfall geworden sei. „Auch Kollegen, die sich für den Betrieb einsetzen, indem sie zum Beispiel Fortbildungen besuchen, müssen inzwischen Angst um ihre Arbeit haben.“ Leiharbeit hat also insgesamt einen Funktionswandel durchlaufen. War sie früher ein Instrument, um aktuelle und vorübergehende Auftragsspitzen auszugleichen, dient sie heute vermehrt dazu, den Gewinn auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten stabil zu halten oder auszubauen. „Wir stellen fest, dass Firmen ihr unternehmerisches Risiko vermehrt auf den Rücken der Beschäftigen abwälzen. Personalabteilungen stellen in guten Zeiten Leiharbeiter ein, weil die in schlechten Perioden die ersten sind, denen sie kündigen können.“ Zeigten Unternehmer in früheren Zeiten auch ihre soziale Verantwortung und haben, zumindest durch Kurzarbeit bedingt, keinen ihrer Mitarbeiter entlassen, so entziehen sie sich heute ihrer Verpflichtung. „Der Trend geht heute klar in die Richtung, keine Spitzen mehr abzufedern, sondern dauerhaft und langfristig die Personalkosten zu senken“, erklärt Rudolph. „Und dies zuerst zu Lasten der Leiharbeiter, später auch auf die Stammbelegschaft ausgeweitet.“ Auch ein Funktionswandel in den Tätigkeitsfeldern ist zu beobachten. Waren es früher eher Zuarbeiten durch Produktionshelfer, so werden heute auch Facharbeiter und Ingenieure als Leiharbeiter eingesetzt. Das Fatale ist: Diese Tendenz beschränkt sich nicht nur auf den Dienstleistungs- und Produktionssektor, sondern greift auch schon im Pflege- und Sozialbereich um sich. „Und wenn sich Hessens Bildungsministerin Dorothea Henzler nicht für die Lehrer einsetzt, dann werden auch Teile von ihnen bald Leiharbeiter sein“, prophezeit Rudolph. TagesSatz
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TITELTH E M A Daraus resultierende arbeitsmarktpolitische Folgen sind nicht offensichtlich, unterschätzt werden sollten sie deswegen aber auf keinen Fall. Von April 2009 bis April 2010 wurden, so Rudolph, in Hessen etwa 21.000 Leiharbeitsverhältnisse neu geschaffen. Im gleichen Zeitraum sind aber 25.000 reguläre Arbeitsplätze nicht neu besetzt worden. Es kommt also zur quantitativen und auch qualitativen Verschlechterung. Dadurch, dass Firmen zunehmend Arbeitskräfte outsourcen, haben auch immer mehr Stammarbeitnehmer Angst, die Nächsten zu sein – und dies trotz der Bereitschaft, sich für den Betrieb zu engagieren. „Firmen, die gezielt auf Leiharbeiter zusätzlich zur Stammbelegschaft setzen, spielen hier ganz klar die Leiharbeiter gegen die regulär Beschäftigten aus“, sagt Rudolph. Und ein weiterer (für die Arbeitgeber nicht unerwünschter) Effekt geht mit dieser Entwicklung einher: Sehr subtil wird den Leiharbeitern vermittelt, dass sie, falls sie leistungswillig und kooperativ sind und sich möglichst nicht gewerkschaftlich engagieren, früher oder später in die Stammbelegschaft mit übernommen werden. „Nach unseren Erkenntnissen gilt dies für höchstens zwanzig Prozent der Fälle“, so der Gewerkschafter, „insofern kann man hier schon von einem Disziplinierungseffekt sprechen.“
Arbeit konkret weniger Lohn. Ihre Urlaubsansprüche sind geringer und auch im Krankheitsfalle sind sie nicht so abgesichert wie Festangestellte. Eigentlich sollte für Stammbelegschaft, wie für Leiharbeiter der Grundsatz gelten, dass bei gleicher Arbeit auch gleicher Lohn gezahlt werden muss. Leiharbeit ist in Ordnung, solange sie – nicht vorhersehbare – Auftragspitzen abfedert, aber nicht, wenn durch den wirtschaftlich unsicheren Status von Leiharbeitern dauerhaft Betriebsvereinbarungen oder Tarifver-
mehr gilt, kann nun ein Arbeitnehmer für nur einen Arbeitsauftrag durch eine Zeitarbeitsfirma verliehen werden. Die Aufhebung der Wiedereinstellungssperre bedingt den geradezu absurden Fall, dass ein Arbeitnehmer, der früher bereits als Stammarbeiter in einer Firma gearbeitet hat, im Lauf der Zeit zu immer schlechteren Konditionen erneut wieder neu eingestellt werden kann. Gerade der Wandel des „vorübergehenden“ Leiharbeiterverhältnisses in ein „unbegrenztes“ zeigt dies in aller Deutlichkeit. Hier hapert es gewaltig.
Leiharbeiter: Kostenfaktor Materialeinkauf
Das ist ein Ansatzpunkt der Gewerkschaften: Wenn sie den Stammmitarbeitern, wie auch den Leiharbeitern vermitteln, dass beide im selben Boot sitzen, ist schon viel gewonnen. Denn Leiharbeiter erhalten für die gleiche
träge unterlaufen werden. Frühere wie auch die aktuelle Regierung haben zur Klärung dieser Frage nicht viel beigetragen. Seit der Einführung des ArbeitnehmerÜberlassungsgesetzes von 1972 wurde die Überlassungshöchstdauer stufenweise von drei auf vierundzwanzig Monate angehoben. Mit Einführung von Hartz I (Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) kam es 2004 zu weiteren Verschlechterungen. Der Tarifabschluss zwischen der Interessensgemeinschaft nordbayrischer Zeitarbeitsunternehmer (INZ) und der Tarifgemeinschaft der Christlichen Gewerkschaften Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) hebelte das Prinzip gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit aus. Ebenfalls in das Jahr 2004 fielen der Wegfall der Begrenzung der Überlassungshöchstdauer, des Synchronisationsverbotes und der Wiedereinstellungssperre. Da das Synchronisationsverbot nicht
Dass es anders gehen kann, zeigen Holland, Österreich und Frankreich. Dort bekommen Leiharbeiter für ihre Leistung gleiche, oft auch bessere Löhne, um ihre höheren Risiken auszugleichen. Es wäre ihnen auch möglich, für Notzeiten eine Reserve auf die Seite zu legen, falls es nach einer befristeten Stelle im Anschluss nicht sofort mit einer Beschäftigung klappt.
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MEHR ZUM THEMA: Hans-Böckler-Stiftung – Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des DGB (Hrsg): WSIMitteilungen 03/2009, Disziplinierung durch Leiharbeit? Neue Nutzungsstrategien von Leiharbeit und ihre arbeitspolitischen Folgen, Düsseldorf 2009 Institut für Makroökonomie und Konjunkturforen in der Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg): IMK-Report 31 (09-2008), www.boeckler.de Gerhard Schröder: Fleißig, billig schutzlos: Leiharbeiter in Deutschland, Köln 2009 ANZEIGE
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D E R S T O L P ERSTEIN
Gedanken eines TagesSatz-Redakteurs
Glosse gestrichen!
N
ormalerweise finden Sie auf dieser Seite eine Glosse, die alltäglich und nicht alltägliche Dinge durch den Kakao zieht. Aber mir steht gerade nicht der Sinn danach, Scherze über etwas zu machen. Warum nicht? Kein Bock! Weil mir der Sinn zum Scherzen verloren gegangen ist. Beginne ich mit der Politik unserer lebendigen Demokratie, die dank Atompolitik und Stuttgart 21 gerade wieder unter Beweis gestellt wird. Unser Sozialsystem wird immer weiter beschnitten, und wenn das so weiter geht, können wir uns bald vom Solidarprinzip gänzlich verabschieden. Die Armen dieser Gesellschaft, aber auch die Mitte, werden immer mehr zur Kasse gebeten, müssen sich mit rasant steigenden Krankenkassenbeiträgen abfinden, wohingegen sich die Privatversicherten aus dem Solidarprinzip verabschiedet haben, nachdem endlich genug Geld da war und nachdem man Jahre und Jahrzehnte das Solidarprinzip der Gesetzlichen (aus-)nutzte – wie asozial! Ferner sollen wir nun bis 67 arbeiten, obgleich die Rente ohnehin nur ein großes Betrugsgebilde und Altersarmut bei GeringverdienerInnen vorprogrammiert ist. Ich bin nun 32 Jahre alt, interessiere mich seit rund 17 Jahren für Politik.
* JÖRG SANDERS Niemals zuvor habe ich eine Regierung miterlebt, die derart krasse Lobbypolitik betreibt. E.on & Co. werden seit Jahrzehnten Milliardengeschenke gemacht. Seit den 1960er Jahren kostete die Kernenergie dem Bund (= Ihre Steuergelder) übrigens bereits über 230 Milliarden Euro – das sind zehn Nullen, für das Geld könnten Sie sich 13.294.798 VW Golf kaufen. Aber wer hat schon für 13,3 Millionen Golf einen Parkplatz vorm Haus?! Dass Ökostromanbieter bei den Energiegesprächen vor der Tür warten mussten – nicht weiter erwähnenswert. Atomtransporte und -müll? Wen interessiert es schon, was ein paar Studenten mit zu viel Zeit und insbesondere Experten in der Endlagerungsfrage meinen?! Auch nicht zu vergessen: Westerwelles großzügiges Geschenk an Hoteliers – die Mehreinnahmen kommen ganz sicher den total ausgebeuteten Reinigungs- und Servicekräften zugute. Oder zweifeln Sie etwa daran? Raucher sollen nun mehr zahlen, damit die Industrie weiterhin günstig Energie beziehen kann – brillant! Schlage ich dann morgens die Zeitung auf, lese ich seit langem täglich über die polemische und rein emotional geführte „Debatte“ über die bösen Migranten, die sich partout nicht an die Deutsche Leitkultur anpassen wollen. Demagogen á la Sarrazin erhal-
ten krassen Zuspruch aus der Bevölkerung, sogar aus dem (offenbar vermeintlichen) Bildungsbürgertum, die die Säle bei Sarrazins Lesungen füllen. Tja, die Deutschen sind und bleiben eben ein nicht in geringen Teilen ausländerfeindliches Volk, da es in der Vergangenheit ja auch keinen Grund gibt, der uns eines Besseren belehrt. Integration gestaltet sich aber durchaus schwierig, wenn wir „die scheiß Nigger“ zu Tode prügeln, die totale Assimilation der Ausländer fordern und Hakenkreuze an Moscheen der „Deutschland hassenden Muslime“ schmieren, wie erst am 11. November in Hann. Münden geschehen. Schon merkwürdig, dass uns die Migranten nicht Freude strahlend alle um den Hals fallen, finden Sie nicht? Ich könnte an dieser Stelle ein Buch füllen mit Dingen, die in der Politik und Gesellschaft schief laufen, dabei habe ich noch nicht einmal über die streng abgeschirmten Grenzen der Deutschen Leitkultur geguckt. Aber leider hat eine Seite nur 3.500 Zeichen, an die auch ich mich halten muss. Daher wünsche ich Ihnen nun besinnliche Weihnachtszeit, der einzigen stressfreien Zeit des Jahres. Ich jedenfalls werde auch dieses Jahr Weihnachten ausfallen lassen, nicht nach Hause fahren und einen gemütlichen Filmabend verbringen. Viva la vida!
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TagesSatz
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misterQM (photocase.com)
PARAGRAPHENR E I T E R
Zu den Urteilen der Sozialgerichte Am 01.01.2011 soll die Neuregelung zu Hartz IV in Kraft treten. Die ersten Hürden sind inzwischen genommen. Der neue Regelsatz (zukünftig Regelbedarf) wurde aufgrund der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes berechnet.
* HANS PETER PUNG
D
iese Stichprobe wird alle fünf Jahre erhoben, zuletzt im Jahre 2008. Einen wesentlichen Faktor stellt dabei die Referenzgruppe dar, auf der die Berechnungsgrundlage beruht. Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wurden die untersten zwanzig Prozent der Einkommen in die Berechnung einbezogen. Empfänger von staatlichen Transferleistungen wurden aus der Stichprobe herausgerechnet. In der Berechnung sind jedoch vermutlich die versteckten Armen geblieben – also diejenigen, die über ein geringes Einkommen verfügen und auf ihren Rechtsanspruch auf ergänzende Sozialtransferleistungen verzichten. Das BMAS hat die reale Struktur der Referenzgruppe nicht offen gelegt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sie ähnlich angelegt ist wie die der EVS aus dem Jahre 2003. Dort waren gerade einmal etwa zwanzig Prozent der Referenzgruppe Erwerbstätige. Es stellt sich deshalb die Frage: Wie realistisch ist Hartz IV?
fehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung haben wir einen Monatseinkauf für Nahrungsmittel durchgespielt. Unsere Rechnung ergab: Wir hätten rund 145 Euro (1) dafür ausgeben müssen. Unser Fazit: Hartz-IVEmpfänger müssen rechnen. Bei konsequenter Einhaltung der Devise „Geiz ist geil“ kann man hinkommen. Aber, wir haben uns auch nichts gegönnt: kein Wein, kein Bier, keine Süßigkeiten. Und selbst auf die Zigarette danach haben wir verzichtet. Das müssen wir in Zukunft auch tun, denn Bay-
Leistungen für Bildung. Welche Bildungsleistung man jedoch für 1,36 Euro im Monat in Anspruch nehmen kann, würde uns wahrscheinlich selbst Ministerin Ursula von der Leyen nicht verraten können. Als große soziale Leistung bezeichnete Sozialministerin von der Leyen die Aufnahme der Praxisgebühren in den Regelbedarf, 2,64 Euro sind hierfür pro Monat enthalten. Dies entspricht pro Jahr 31,68 Euro. Zahlen muss man jedoch 40 Euro pro Jahr. Widersprüche dieser Art lassen sich viele finden. Deshalb werden wir uns auch weiterhin mit der Neuregelung beschäftigen. In unserer Februarausgabe werden wir uns mit dem Bildungspaket für Kinder befassen.
Hartz IV bleibt ungerecht
Über die Zusammensetzung des Regelbedarfes haben wir in unserer Novemberausgabe berichtet. Eine Frage stellte sich uns dabei: kann sich ein erwachsener Leistungsempfänger von seiner Regelleistung gesund ernähren? 128,46 Euro hat er dafür zu Verfügung. Auf Grundlage einer EmpTagesSatz
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erns Ministerpräsident Horst Seehofer hat im Vorfeld klar gestellt, das es nicht zu vermitteln sei, dass im Regelbedarf Mittel für Alkohol und Zigaretten enthalten seien. Für Verkehrsdienstleistungen darf man 22,78 Euro ausgeben, eine Monatskarte für den ÖPNV kann man damit nicht finanzieren. Bleibt Radfahren. Mittel für die Reparatur eines Fahrrades (monatlich circa 1,60 Euro) sind enthalten. Ein Fahrrad zulegen kann man sich aber nicht, denn hierfür sind keine Mittel vorgesehen. Neu im Regelbedarf sind
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MEHR ZUM THEMA: Die Einkaufsliste finden sie auf unserer Homepage: www.tagessatz.de Weiteres zu Hartz IV: www.tacheles-sozialhilfe.de
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GÖTTINGEN
„Nicht alle sind so verrückt wie Sarrazin“
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* ANDREA TIEDEMANN IM GESPRÄCH MIT SINEB EL MASRAR Agentur
m Literarischen Zentrum Göttingen stellte die junge Autorin ihr Debüt „Muslim Girls“ vor und sprach mit der Dramatikerin Luise Rist über Integration und Medien. Ihr erstes Buch stellt verschiedene muslimische Frauen vor. Der jungen Schriftstellerin geht es vor allem darum, ein Gegengewicht zur einseitig negativen Berichterstattung zu schaffen. Das Buch ist eine Sammlung unterhaltsamer Alltagsgeschichten. Als Teilnehmerin der Deutschen Islam Konferenz setzt sich Sineb el Masrar für die Rechte von MuslimInnen ein. Seit 2006 sitzt die Wahl-Berlinerin bereits in dem Gremium. Zeitgleich gründete sie die erste und bisher einzige deutschsprachige Frauenzeitschrift mit Migrationsthemen. Die „Gazelle“ erscheint zweimal im Jahr und richtet sich sowohl an MigrantInnen als auch an deutsche LeserInnen. Sineb el Masrar wuchs als Tochter marokkanischer Eltern in einer niedersächsischen Kleinstadt auf und wandte sich nach einer pädagogischen und kaufmännischen Ausbildung dem Journalismus zu.
Sineb el Masrar ist noch nicht mal dreißig. Dennoch ist sie bereits Verlegerin und Herausgeberin der ersten und einzigen Frauenzeitschrift für Migrantinnen, der „Gazelle“. Gerade hat sie ihr erstes Buch veröffentlicht.
Der TagesSatz sprach Sineb el Masrar über den Islam, Integration und Medien. Fühlst Du Dich zurzeit in Deutsch land wohl? Ich weiß ja, dass nicht alle so verrückt sind wie Sarrazin und Konsorten, daher geht es noch. Man hat ja seine Freunde, seine Familie, das ist ja das, was das Gefühl von Heimat ausmacht. Aber es ist schon manchmal so, vor allem, wenn sich die Debatte wieder so zuspitzt, dass man das Gefühl hat, man gehört doch nicht ganz dazu. Dann fängt man schon an, darüber nachzudenken, ob man woanders hingeht. 18
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GÖTTI N G E N Hast Du das Gefühl, dass Deine El tern, was die Integration betrifft, al les richtig gemacht haben? Sie haben Dich ja in einem sehr deutschen Um feld aufwachsen lassen. Es ging meinem Vater vor allem darum, dass ich hier ankomme, dass ich mein Leben gescheit auf die Reihe kriege. Aber es war vor allem ein persönlicher Entschluss von ihm, weil er schlechte Erfahrungen mit bestimmten Einwanderergruppen gemacht hat und sagte, mit denen möchte er nichts mehr zu tun haben. Meine Eltern haben in ihren Möglichkeiten das Beste draus gemacht. Den Rest habe ich ganz gut selbst auf die Reihe bekommen. Du wirkst so locker und fröhlich. Ist der liberale Islam der Islam der Zukunft?
mir hat man immer das Gefühl, die ist noch harmlos. Dass aber vielleicht eine, die Kopftuch trägt, auch harmlos ist, das realisieren die Wenigsten. Hältst Du die deutsche Medienland schaft beim Thema Migration für neutral? Nein, definitiv nicht. Es ist schwierig, man muss schon an wirtschaftliche Interessen denken. Medienunternehmen sind Wirtschaftsunternehmen, alles, was Auflage bringt, wird gebracht. Einige Journalisten haben ein ganz aufgeschlossenes Bild. Auch bei den Bild-Redakteuren wird man ganz nette finden, die auch sagen: „Ich habe nichts gegen die Muslime.“ Aber das, was Auflage bringt, sind Ängste. Mit Ressentiments kann man spielen. Das Schwierige ist, dass es Menschen gibt, die das unkommen-
Hast Du nie ein Kopftuch getragen? Es war natürlich ein Thema für mich. Meine Mutter trägt eines, meine Cousine begann es zu tragen, als sie geheiratet hat. Einige Frauen in unserer Familie tragen das Kopftuch, wenn sie heiraten. Das fand ich als Kind immer merkwürdig. Das Kopftuch dient dazu, seine Reize zu bedecken. Dann dachte ich immer, für die Ehemannsuche ist es okay, die Reize zu zeigen, aber wenn man heiratet, dann soll man sie verstecken. Komische Logik. Damals hatte ich schon entschieden, dass das Kopftuch für mich nicht in Frage kommt. Das Kopftuch spielt auch nicht die allerwichtigste Rolle im Islam. Es ist kein Grundpfeiler des Islams. Ich trage es nur, wenn die Sonnenhitze meine Haare austrocknet oder ich daheim aufräume. Manchmal trage ich es auch aus modischen Gründen.
„Es braucht Drehbuchautoren, die andere Geschichten erzählen“
Ich kann mit dem Begriff liberaler Islam schwer etwas anfangen, weil er für mich nicht definiert ist. Wann ist jemand ein liberaler Muslim? Ich bezeichne mich nicht als liberale Muslimin, ich bezeichne mich als Muslimin. Ich halte mich an die Grundsätze des Islams, versuche ein guter Mensch zu sein. Das ist meine Religion, die lebe ich für mich. Die Religion ist etwas sehr Privates für mich. Man lebt hier in Deutschland, man befolgt die Gesetze, das ist genau das Gleiche wie bei einem Katholiken oder Buddhisten. So sollten die Muslime auch wahrgenommen werden. Dass Religion nämlich auch für sie etwas sehr Privates ist. Da wird einfach statt Weihnachten das Zuckerfest gefeiert. Und manch eine trägt ein Kopftuch, doch dies sollte doch nun wirklich kein Problem darstellen. Glaubst du, dass du den Erfolg auch hättest, wenn du ein Kopftuch tra gen würdest?
Nein. Ich hätte nicht die gleiche Präsenz. Sicherlich hätte ich die eine oder andere Drohung bekommen, weil man dann ganz klar als Muslima auftritt. Ich sage ja, ich bin Muslima, aber bei TagesSatz
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tiert aufsaugen und ihre Vorbehalte bestätigt haben wollen. Das hat man bei Sarrazin gesehen, wo der Großteil das Buch noch nicht mal gelesen hat. Man muss sich als Medienmacher allerdings schon fragen, ob man nicht eine Stimmung in der Gesellschaft verstärkt, die auch gefährlich sein kann für die Zukunft. Wir hatten hier schon mal eine sehr gefährliche Stimmung mit gravierenden Folgen. Das bereitet einem schon Sorge. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Bereiche, in denen man Klarheit und Vielfalt darstellen kann. Die klassischen Medien müssen informieren. Sie können natürlich nicht sagen: „Der Terroranschlag ist nicht passiert.“ Da müssen die sich natürlich klar positionieren. Aber die ganze Unterhaltungsbranche, die kann ja nicht ständig die Geschichten von Ehrenmorden und Unterdrückung erzählen. Das ist ja nicht die einzige spannende Lebensrealität. Dafür braucht es Drehbuchautoren, die andere Geschichten erzählen können und Redakteure und Produzenten, die darauf vertrauen, dass neue Geschichten auch Erfolg haben.
Du bist ja gerade auf der publizistischen Schiene unterwegs. Wo geht es denn hin?
Oh Gott, Gazelle hält mich schon jetzt ordentlich auf Trab. Es ist schon ein Akt an sich, für Kontinuität zu sorgen und das auch ohne großes Budget. Ich habe schon ein paar neue Ideen. Ich würde mich gerne richtig kreativ austoben. Muslim Girls ist ein Sachbuch, wenn auch sehr humorvoll und unterhaltsam geschrieben. Es soll informieren, aber auch unterhalten. Gazelle bedeutet für mich vor allem viel Organisation und Bürokratie. Irgendwas Fiktives in Richtung Film oder Roman wäre sehr reizvoll. Was demnächst kommt, wird aber die Zukunft zeigen. Vielen Dank für das Interview.
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MEHR ZUM THEMA: Sineb el Masrar, Muslim Girls Eichborn (Oktober 2010) 14,95 Euro Gazelle ist ein orientalischer Kosename für Frauen; das Magazin ist erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen. Die neue Gazelle erscheint im Dezember 2010. www.gazelle-magazin.de
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GÖTTINGEN GEDANKEN EINER TAGESSATZ-VERKÄUFERIN
Jörg „Yogi“ Müller
Es weihnachtet wieder * BRUNO F. SPOTTED BEAR
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iebe LeserInnen, in diesen Tagen bin ich mal wieder froh, einen anderen Glauben zu haben als die Vielzahl der Menschen in unserem Land. Nicht nur, weil mich diese politische Macht mit dem C im Namen fürchterlich nervt, nein, auch weil ich von dem ganzen Stress verschont bleibe, den sich die Menschen antun, um die Kassen der Großkonzerne zu füllen und krampfhaft versuchen, ihren Liebsten eine Freude zu machen.
Trotz zunehmender Armut, so kommt es einem vor, wird dieser Zustand um diese Zeit verdrängt.
sche Dinge nicht das Leben bedeuten, sondern Zuversicht, Verständnis, Toleranz und Nächstenliebe.
Dabei können Geschenke für die, die man liebt, so einfach und preiswert sein: ein nettes Wort, eine Umarmung, ein Lächeln, ein selbst gemaltes Bild oder ein selbst verfasstes Gedicht – alles wunderbare Dinge, die nichts kosten. Nur leider wird dies nicht so wertgeschätzt wie ein neues Handy oder eine Spielkonsole.
Es weihnachtet wieder, und die stresserfüllte Jahreszeit hat begonnen. Die Menschen hetzen durch die Kaufhäuser, ohne den anderen so richtig wahrzunehmen.
Nun, da fallen mir ein paar Worte aus einem Lied ein: „ … wann wird man je verstehen?“ Wahrscheinlich nie. Und dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf. Irgendwann wird auch der Letzte verstehen, dass Geld und materialisti-
Bitte, liebe LeserInnen, versteht mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen Weihnachten, wenn es denn als das, was es sein soll, gesehen wird. Als ein paar Tage der Besinnlichkeit, Ruhe und des gemütlichen Beisammenseins. Ein paar Tage ohne Egoismus. Vielleicht regen die paar Zeilen ein wenig zum Nachdenken an, ich würde mich freuen. In diesen Sinne wünsche ich Euch allen ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.
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Mögen sich all Eure Wünsche erfüllen. Hetschetu uelo (So sei es).
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Clemens Eulig
GÖTTIN G E N
Straßengeflüster 2010 ist das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Deutsche Botschafter sind unter anderem Reinhold Beckmann und Margot Käßmann sowie Fechtmeisterin Imke Duplitzer, die für das Projekt „Ein Dache über dem Kopf“ des strassenfeger Berlin werben. Damit soll den Wohnungslosen eine Notübernachtung finanziert werden. Die Paten haben zwei Möglichkeiten. Entweder sie spenden einmalig für eine Woche zwei Euro je Tag oder längerfristig drei Euro pro Monat. Auch die Berliner Straßenzeitung motz bittet um Hilfe für „Ein Bett im Warmen“, das heißt für drei, sechs oder zwölf Monate um eine Spende von drei Euro je Monat. Darüber hinaus sucht motz Gelder für unverzinste Entwicklungsdarlehen, um Projekte anzuschieben.
Winkeladvokat
Knast wird Hotel, so lautet das riesige, innovative Vorhaben von BISS, München. Mit Hilfe von Spendern und Darlehen soll ein denkmalgeschütztes ehemaliges Gefängnis
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Recht weihnachtlich Der Advent ist eine gemütliche Zeit. Kerzenlicht, Teestunde und Vorweihnachtsfreude schaffen eine besondere Atmosphäre. Zumindest in den eigenen vier Wänden, dachte sich ein egoistischer Vermieter. Schon im Oktober hatte er seinen Mietern angekündigt, in der Adventszeit das Badezimmer, die Fenster und die Heizung der Mietwohnung erneuern zu wollen. Doch als die Handwerker tatsächlich in der Vorweihnachtszeit anrückten, setzten sich die Mieter zur Wehr. Sie forderten eine Unterlassung der Bauarbeiten in der Adventszeit. Die Neuerungen sollten ins neue Jahr verschoben werden. Der Vermieter blieb hart, daher kam es zum Rechtsstreit. Das Amtsgericht Köln schlug sich auf die Seite der gestressten Mieter. Weihnachten im Handwerker-Chaos, ein Weihnachtsbaum in einer aufgerissenen Wohnung, das müsse man in die-
* WILLI STRÜBIG zum Hotel und Ausbildungsbetrieb umgebaut werden. Senta Berger, Uschi Glas, Claus Fussek, Uli Hoeneß, Bruno Jonas, Sportfreunde Stiller, Sönke Wortmann und andere befürworten diesen Plan. Spenden sind sogar online ab einem Euro möglich. Mindestens fünftausend Euro können Anleger als Darlehen gewähren, ab einer viertel Million sogar mit Grundbuchbesicherung. Da beide Male nur nachrangige Darlehen vereinbar sind, besteht zwar ein Verlustrisiko, aber die Initiatoren wollen das mit aller Macht vermeiden. Die Zinsen ab Eröffnung des Hotels betragen dreieinhalb Prozent – alternativ als Übernachtungsgutschein. Das Darlehen wird sieben Jahre danach, spätestens Ende 2020 fällig.
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MEHR ZUM THEMA: www.strassenfeger.org www.motz-berlin.de www.biss-magazin.de
* ANDREA TIEDEMANN sem Fall nicht dulden. Die Stille Nacht blieb weihnachtlich still. Hart blieb hingegen das Kammergericht Berlin gegenüber einem Gefangenen. Dieser hatte sich entgegen der Meinung der Anstaltsleitung einen Weihnachtsbaum in die eigene Zelle klagen wollen. Doch alles Argumentieren mit der Religionsfreiheit half nichts. Das Gericht lehnte die Bitte des Insassen ab. Die Gefahr, die von einem Baum in der Zelle ausgehe, sei unverhältnismäßig groß. Er könne als Drogenversteck fungieren und müsse ständig kontrolliert werden. Zudem gebe es eine erhöhte Brandgefahr durch die trockenen Zweige.
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Thomas Schwab
KASSEL
Unser Wasser und sein Preis Am Rucksack gibt es Extrataschen, am Fahrrad aerodynamisch gestaltete Halterungen, eine runde Vertiefung ist üblich in der Autokonsole und in der Armlehne neuer Eisenbahnzüge: Die Trinkflasche braucht ihren besonderen Platz. Endlich erklärt sich auch, warum die Handtaschen immer voluminöser geworden sind: Die 1,5-Liter-StandardMineralwasserflasche, mit der die moderne Frau das Shoppen durchstehen will, muss angemessen beherbergt werden.
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ichts ist vergleichbar stark gestiegen wie der Absatz von Mineralwasser. 1970 lag der Jahresverbrauch des Bundesbürgers noch bei zwölf Litern, 1990 schon bei 83 und im Jahre 2008 waren es 138 Liter. „Prima“, werden die meisten sagen. Das ist doch so gesund. Überlegen Sie einmal, wie oft sie schon gehört haben, dass sie unbedingt viel trinken müssen.
* NORA MEY
im Jahr für sein Mineralwassser. Bei der vierköpfigen Familie kommen bereits 276 Euro zusammen. Und in Deutschland insgesamt werden etwa 5,5 Milliarden Euro für Mineralwasser ausgegeben. Es gibt allerdings die Alternative Trinkwasser aus der Leitung, bei der zum Beispiel in Kassel die vierköpfige Familie für die gleiche Menge 2,50 Euro im Jahr ausgeben müsste.
weil es vermeintlich gesünder ist oder weil man letztlich dem Trinkwasser doch misstraut. Letzteres zu Unrecht. In Deutschland ist das Trinkwasser das am meisten kontrollierte Lebensmittel überhaupt, es besitzt hervorragende Qualität und versorgt uns genauso gut mit wichtigen Mineralien wie Calcium und Magnesium. Meistens hat es auch einen guten Geschmack. In der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ vom 30.09.10 be-
Mineralwasser: teuer, überflüssig, umweltschädlich Die Kosten dieses Hypes sind nur zu schätzen. Rechnen wir die 138 Liter einmal günstig mit 0,50 Cent pro Liter – es gibt billigeres Wasser beim Discounter und teureres zum Beispiel im Restaurant – dann bezahlt der Bundesbürger durchschnittlich 69 Euro 22
Leitungswasser trinken? Obwohl etwa neunzig Prozent der Leute der Meinung sind, dass das Leitungswasser in Deutschland gute oder sogar sehr gute Qualität hat, entscheiden sie sich in der Regel für Mineralwasser. Aus Geschmacksgründen,
stätigt die Wissenschaftlerin Petra Dobner: „Die Leute kaufen ein völlig überteuertes und ökologisch verheerendes Luxusprodukt, obwohl man überall in Deutschland bedenkenlos Wasser aus der Leitung trinken kann.“ Und der Gesundheit dient TagesSatz
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KA S S E L man damit in der Regel auch nicht, denn „bei einem gesunden Menschen (...) macht es keinen Unterschied, ob man seinen Flüssigkeitsbedarf durch Mineralwasser oder Leitungswasser deckt.“ An der Stelle sei gleich noch erwähnt, dass das propagierte viele Trinken ebenfalls nicht nötig ist, wenn man gesund ist und seinen normalen Durst stillt. Die fünfhundert in Deutschland ansässigen Mineralwasser-Produzenten hören das allerdings nicht gern und betreiben emsiges Marketing, um das Produkt weiterhin mit dem Image „unabdingbar gesund“ aufzuladen. Zeit, sich etwas näher mit unserem Wasser aus der Leitung zu beschäftigen. Preise, aber auch Qualität des Trinkwassers, gelten in Deutschland als vergleichsweise hoch.
terfragt werden. Wie kommt man zu solchen drastischen Zahlen? Darüber gab es zunächst keine Auskunft. Erst ein Widerspruchsverfahren ergab ziemlich vage Berechnungsgrundlagen aus einer Kombination von Länge des Leitungsnetzes und Einwohnerzahl, die bei Gericht bisher auch nicht standhielten. Noch immer ist der Streit weder in Kassel noch in Frankfurt und in einer Reihe anderer hessischer Städte beigelegt. Für die Städtischen Werke in Kassel gilt objektiv, dass die Preise seit nunmehr zwölf Jahren stabil geblieben sind. Dies bedeutet beim Teuerungsniveau in dieser Zeit etwa 25 Prozent Effizienzsteigerung. Dabei ist das Wassernetz aufgrund von Bevölkerungs- und Verbrauchsrückgang bereits schlecht ausgelastet, so
ren. Ein Artikel zum Problem Trinkwasser kommt deshalb nicht darum herum, auf das Problem Privatisierung der Wasserversorgung einzugehen. Für Deutschland mag der Verweis auf die Verhältnisse in Berlin als Beispiel gelten. Natürlich hat diese Stadt wirtschaftliche Probleme, erhält Subventionen aus Steuermitteln und kann ihre historisch gewachsenen wirtschaftlichen und sozialen Schwächen nur mühsam in den Griff bekommen. Dass ein Senat, egal welcher politischen Richtung, sein Heil im Verkauf von Betrieben sucht, kann eigentlich nicht wirklich auf Unverständnis stoßen. Was das bedeutet, liegt inzwischen offen. Die Großkonzerne Veolia und RWE halten formal seit 1999 die knappe Hälfte des Kapitals der Wasserwerke. Dafür bekamen sie in geheimen, doppelt abge-
Gewinne auch mit Leitungswasser machen Im Jahre 2007 veröffentlichte der Spiegel für 85 große Kommunen in Deutschland eine Ranking-Liste für Wasserpreise, aus der man entnehmen konnte, dass die Bevölkerung in Essen und Jena etwa um dreihundert Prozent höhere Wasserpreise als etwa in Augsburg oder Ingolstadt zahlt. Das sorgte natürlich für Diskussion und Ursachenforschung. Klar wurde schnell, dass örtliche Gegebenheiten oft nicht vergleichbar sind. Kassel lag in dieser Untersuchung, je nach Haushaltsgröße, die für die Umlage der Grundgebühr eine Rolle spielt, bei den Single-Haushalten im preiswerten oberen Drittel (Platz 19), bei Mehrpersonenhaushalten auf Platz 47, also schon in der teureren Hälfte. Die anderen größeren hessischen Städte wie Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden standen jeweils etwas ungünstiger da. Den hessischen Wirtschaftsminister Rhiel bewog dies, mit Hilfe der hessischen Kartellbehörde drastische Preissenkungen für viele Städte anzuordnen.
dass es streckenweise mit Frischwasser aufgefüllt werden muss, damit sich keine Ablagerungen und Keime bilden können. Für die Planung der nächsten Jahre müsste es darum gehen, dieses Netz weiter zu erneuern und modern anzupassen. Würden die Preise derart gesenkt, hätte die Stadt rund acht Millionen Euro jährlich weniger Einnahmen. Wo sollten sie eingespart werden? Behauptet wird, dass private Konzerne alles noch effizienter machten und so die Summe einsparen könnten. Finanziell geschwächte Städte werden dann aufgefordert, manchmal fühlen sie sich geradezu gezwungen, ihre Infrastrukturbetriebe zu privatisie-
sicherten Zusatzverträgen Gewinnzusagen, die über den tatsächlichen Erträgen liegen und die über die Erhöhung der Wasserpreise bereits von den Verbrauchern bezahlt werden müssen. Was also als Entlastung des Haushalts begann, endete mit einer Belastung für die Verbraucher und füllte ohne Risiko die Taschen der Konzerne. Darf man unterstellen, dass die Hessische Landesregierung diese Strategie bewusst im Auge hat? Die Verbraucher entlasten, um sie nachher zugunsten von privaten Gewinnen zur Kasse zu bitten?
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Kassel und Frankfurt sollten beide ihre Preise für Wasser um 37 Prozent senken. Das klingt verbraucherfreundlich, sollte aber genauer hinTagesSatz
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KASSEL
Ein Pfau für Phnom-Penh Am Kasseler Kirchweg 25 versteckt sich ein kleiner Laden. Draußen hängt eine gelbe Fahne: MIX. Im Schaufenster Armbänder, Leuchter und Schmuck. Innen Kleider, Bilder und Taschen, alte Möbel und Skulpturen.
A
uf einem Tischchen thront ein silber getriebener Pfau. Ich interessiere mich für Leuchter. Die Inhaberin präsentiert mir einige Stücke, nennt erstaunlich akzeptable Preise. „Woher stammt das alles?“ „Hier und dort, Restposten, Auflösungen, alles Einzelstücke. Außerdem habe ich von meinen Reisen viel mitgebracht. Zuletzt war ich in Indien.“ Zum Abschied gibt sie mir eine Einladung: „Pics and Noises from India. Unsere Reisereportage. Wird in der Kasseler Museumsnacht erstmalig in der Station 15, Herkulesstraße, gezeigt.“
Faszination Indiens nicht entziehen. Claudia „weckt“ mich. „Die DVD gibt’s ab Dienstag im Laden.“ Später erzählen mir die beiden, dass 280 Personen die Ausstellung besuchten. Die Station 15 hat Claudia zur documenta XII übernommen und in einhundert Tagen Künstlern 25 Ausstellungen ermöglicht. Stefan ist Kassenwart der Station 15. „Wir haben viel Zeit und wenig Geld in den Raum investiert“, erzählt er. „Die Stadt vertröstet immer wieder.“ Das Kulturamt der Stadt hat später doch einen Betrag zugesichert. Neben einer Visitenkarte bekomme ich die Einladung, wieder in den Laden zu kommen. Am nächsten Dienstag kaufe ich die DVD zu einem Spottpreis. Wir kommen ins Gespräch. „Wozu die Mühe mit all den kleinen Preisschildern?“ „Jeder Preis endet auf zwanzig Cent. Diese kommen in den Pfau. Alle werden über den Verbleib der Münzen aufgeklärt.“ Dann folgt eine imponierende Geschichte:
„Darum die Preisschilder“, lacht Claudia. „Dankschreiben und Spenden beweisen, dass das Geld nicht in dunklen Kanälen versickert“. Diese Frau führt ein in Kassel einmaliges Geschäft. Sie und Stefan betreiben einen Ausstellungsraum, engagieren sich für Straßenkinder und musizieren mit dem „Sound Escape Orchestra“ auf asiatischen Instrumenten. Über ihre Reisen gibt es großartige DVDs. Mehrmals luden sie ein Kind aus Tschernobyl zur Erholung ein. Meine Hochachtung! Immer wenn ich in den Laden komme, werfe ich eine Spende in den Pfau.
Claudia Huss
Dort begrüßt sie mich. „Hallo, das ist mein Freund Stefan. Ich bin Claudia. Sieh‘ dich in Ruhe um.“ Stühle sind aufgestellt. Ein Beamer projiziert auf nebeneinander gehängte Papierbahnen. Bilder aus Indien kontrastieren zum Beton der Wände. Ein Leuchter spendet Kerzenlicht. Aus Lautsprechern erklingen Fahrtgeräusche, Großstadtlärm, Schreie von Händlern. Beim Betrachten des Films kann ich mich der
* THOMAS SCHWAB
In Phnom-Penh, der Hauptstadt von Kambodscha, wimmele es von Straßenkindern, die von der Organisation Give2Asia unterstützt würden. Diese Hilfsorganisation unterhalte das Mith Samlanh Zentrum in Phnom-Penh, das täglich 1.800 von etwa 20.000 Straßenkindern betreue und Grundschulbildung für über vierhundert Schüler, Ausbildungsplätze und regelmäßige Mahlzeiten biete. Ein von den Kindern betriebenes Restaurant gehöre zu dem großartigen Projekt. Claudia und Stefan beschlossen, sofort zu helfen.
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MEHR ZUM THEMA: Das Mith Samlanh Zentrum bietet Schulbildung (in Kambodschas Hauptstadt leben 20.000 Strassenkinder). Spenden an: Friends International Deutschland Frankfurter Sparkasse BLZ 500 502 01 Kontonr. 200 1554 51 Betreff: Mith Samlanh Future Bei Adressangabe wird eine Spendenquittung zugeschickt.
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DIE KOCHNI S C H E
Kochen mit dem TagesSatz * HANS PETER PUNG & TEAM
owik2 (photocase.com)
Leckere Gerichte für Sie entdeckt
Desserts Desserts sind der krönende Abschluss eines Menüs. Ob süß, fruchtig oder salzig – ein schöner Nachtisch ist immer ein Erfolg. Wir möchten Ihnen heute Appetit auf den süßen Abschluss eines gelungenen Menüs machen. Wie immer verzichten wir dabei auf Fertigprodukte, weil wir Ihnen zeigen wollen, dass ein leckeres Dessert keine Hexerei sein muss. Nun bleibt uns nur noch, Ihnen wieder viel Spaß beim Nachkochen zu wünschen.
Weihnachtliches Tiramisu (4 Portionen / circa 1,50 Euro pro Portion)
200g Sahne, 250g Mascarpone, 250g Quark (Magerstufe), 100g Zucker, 1 Pck. Vanillezucker, 200g Spekulatius (nach Geschmack auswählen), 400g gemischte Beeren (TK) Mascarpone, Quark, Zucker und Vanillezucker miteinander verrühren. Sahne steif schlagen und unterheben. In einer Auflaufform (rechteckig) circa 4 EL der Creme verteilen, darüber eine Schicht Spekulatius legen. Die Beeren darüber verteilen. Restliche Creme darüber geben und glatt strei-
TagesSatz
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chen. Mit dem restlichen Spekulatius bedecken. Für mindestens vier Stunden kaltstellen. Vor dem Servieren mit Puderzucker bestreuen. Tipp: Sie können die Beeren tiefgefroren verarbeiten. Dann sollten Sie das Tiramisu bereits am Vortag zubereiten und über Nacht kalt stellen. So kann die Creme schön durchziehen.
Schokoladenpudding (4 Portionen / circa 0,30 Euro pro Portion)
40g Speisestärke, 3 EL Kakaopulver, ½ l Milch, 4 EL Zucker Stärke mit dem Kakaopulver in etwa ein Drittel der kalten Milch glatt rühren. Die restliche Milch zusammen mit dem Zucker zum Kochen bringen, vom Herd nehmen. Die angerührte Kakaomasse einrühren, wieder auf den Herd geben und aufkochen lassen, dabei ständig rühren. Danach noch etwa zwei Minuten köcheln lassen, rühren nicht vergessen. Feuerfeste Form mit kaltem Wasser ausspülen, den Pudding einfüllen und abkühlen lassen. Danach für rund zwei Stunden kalt stellen. Tipp: Dieser Pudding ist wandlungsfähig. Garnieren Sie ihn mit Früchten
ihrer Wahl. Verzieren Sie ihn mit geschlagener Sahne oder heben Sie die geschlagene Sahne unter den fast abgekühlten Pudding. Sie können auch gehackte Nüsse unterheben.
Eierpfannkuchen / Grundrezept (4 Portionen / circa 0,50 Euro pro Portion)
4 Eier, 400g Mehl, 100ml Mineralwasser mit Kohlensäure, 400ml Milch, 1 Pck. Vanillezucker, 200g Zucker, 1 Prise Salz, Öl zum Ausbacken Eier trennen, Eiweiß mit der Prise Salz schaumig schlagen. Restliche Zutaten in eine Schüssel geben und mit dem Mixer gut miteinander verrühren. Eischnee unterheben. Öl in einer Pfanne erhitzen, Teig einfüllen und von beiden Seiten goldbraun ausbacken. Tipp: Sie können die Pfannkuchen nach Belieben füllen. Schneiden Sie doch ein oder zwei Äpfel in den Teig, fügen sie Rosinen zu oder bestreichen Sie ihn mit ihrer Lieblingsmarmelade. Meine Lieblingsvariante: Ich bestreue ihn mit Zimt und Zucker und gebe etwas Vanillezucker darüber. Mmh, lecker!
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GÖTTINGEN
Thommy Gebhardt
Die Empfehlung
Jahmarkttheater vom Feinsten Compagnia Buffo im Apex Wer sie kennt, weiß, dass man so etwas nicht mehr häufig zu sehen bekommt. Doch meist zweimal im Jahr gastieren sie in Göttingen, einmal zur Sommers- und einmal zur Winterszeit, und das hoffentlich noch lange! Das Herz der freien Theatergruppe Compagnia Buffo, Willi Lieverscheidt, präsentiert zusammen mit wechselnden Part-
* JULIA SCHOENEN
nerInnen köstliche Spektakel voller hintersinniger Komik rund um den Menschen und sein existentielles Dasein auf dieser Erde, zu allen Zeiten und in der Zukunft. In der Vorweihnachtszeit ist ein Altenheim Schauplatz der „Weihnachtsfeier der etwas anderen Art“. Weihnachtszeit – skurrile Zeit; da lässt sich viel Allzumenschliches darstellen, stets mit dem kindlichen Vergnügen von Compagnia Buffo am Spiel auf der Jahrmarktbühne.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Compagnia Buffo Apex, Göttingen Di 14.12., Mi 15.12. und Do 16.12. jeweils um 20.15 Uhr Eintritt: VVK 13 Euro, AK 14 Euro
bis 23.01.2011: CARICATURA, Ks
Mi 01.12. & Do 02.12. / 20.00 Uhr Aula am Wilhelmsplatz, Gö
Wumbaba: „Verhör“-Texte des Kolumnisten Axel Hacke (Do und Fr 14.00-20.00 Uhr, Sa und So 12.0020.00 Uhr; Eintritt 3 Euro, Infos unter 0561/776499 oder unter presse@ caricatura.de)
John von Düffel – Die dramatische und die epische Lesart der Welt. Poetikvorlesungen Eintritt frei!
bis 2011 Kulturfabrik Salzmann, Ks
Fr 03.12. & Sa 04.12 Anthroposophisches Zentrum, Wilhelmshöhe, Ks
nieorchester und dem Film „Die Feuerzangenbowle“. Eintritt: VVK 7 Euro, AK 8 Euro So 05.12. / 15.00 Uhr KAZ, Junges Theater, Gö KAZ, Kultur und Kuchen Bühnenprogramm mit Akrobaten, Jongleuren, Tänzern und mehr bei Kaffee, Saft und Kuchen. Eintritt: 1 Euro, Kinder frei. So 05.12. / 20.15 Uhr Theater im OP, Gö Poetry Slam Special mit Jan Koch und Micha Ebeling aus Berlin. Eintritt: 4 Euro Mi 08.12. / 19 Uhr Naturkundemuseum, Steinweg, Ks Evolution des Menschen Voranmeldung von Di-Fr von 10.30 Uhr bis 16.30 Uhr unter 0561/7874066 oder unter www.naturkundemuseumkassel.de Do 09.12. / 19.30 Uhr VHS, Wilhelmshöher Allee, Ks Thomas Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen. Vortrag von Axel Schmitt Eintritt: 4 Euro Do 09.12. / 21.00 Uhr Saal der Musa, Gö
Vortrag: Kaspar Hauser – aktueller denn je? Teil 1: Die Fleisch gewordene Frage (Freitag 20 Uhr); Teil 2: Kaspar Hauser und das Höhlengleichnis Platons (Samstag 10 Uhr) Eintritt: je 8 Euro, erm. 5 Euro
Di Grine Kuzine – Musik aus dem wilden Herzen Europas. Konzert Eintritt: 9 Euro
Mi 01.12. / 15.30 Uhr Freie Altenarbeit, Am Goldgraben 14, Gö
Sa 04.12. / 11.00 Uhr Musa, Gö
Konzerte: Get Well Soon Eintritt: AK 22 Euro, VVK 17 Euro
Erzählcafé: Die Tafelbewegung. Armenspeisung oder soziale Notwendigkeit? – Mit Martina May, Leiterin der Göttinger Tafel e.V.. Eintritt frei!
Workshop für GitarrenspielerInnen. Indische Klänge für Gitarre. Anmeldung unter 0551/7701066. Eintritt frei!
Sa 11.12. / 21.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks
Mi 01.12./19.30 Uhr Ev. Forum, Ks
Sa 04.12. / 19.00 Uhr Zentrales Hörsaalgebäude (ZHG), Gö
100 Jahre Salzmann – Spurensuche einer Fabrik (Öffnungszeiten täglich 9.00-13.00 Uhr und während der Veranstaltungen)
Vortrag: Unter Taliban, Warlords und Drogenbaronen, mit Dr. Rainer Erös Eintritt: 4 Euro 26
Nikolausparty – die 23., unter anderem mit dem Göttinger Sympho-
Fr 10.12. / 21.30 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks
26. Kasseler Dichter-Rat: Poetry-Slam Eintritt: 8 Euro, erm. 5 Euro So 12.12. / 11.00 Uhr Treffpunkt Altes Rathaus, Gö Sternstunden der Mathematik – Gauß in Göttingen. Stadtrundgang zu den TagesSatz
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KULTURT I P P S
So 12.12. / 18.00 Uhr Altes Rathaus, Gö „Nun soll es werden Friede auf Erden!“ Weihnachtslieder aus allen Kontinenten mit Angelika Campos de Melo (Gesang und Gitarre) und Special Guest. Konzert Eintritt: 14 Euro, erm. 10 Euro Mo 13.12. / 21.30 Uhr Saal der Musa, Gö Turbostaat – die Punkrockband aus Norddeutschland. Konzert Eintritt: 10 Euro Do 16.12. / 19.30 Uhr VHS, Wilhelmshöher Allee, Ks Thomas Mann: Der Tod in Venedig. Vortrag von Axel Schmitt Eintritt: 4 Euro Do 16.12. / 20.30 Uhr Thalia-Buchhandlung, Gö Roger Willemsen präsentiert sein neues Buch „Die Enden der Welt“. Lesung Eintritt: 10 Euro, erm. 8 Euro Sa 18.12. / 16.00 Uhr DT Keller, Gö
Die Empfehlung
* HARALD WÖRNER
Kassel
Agentur
Orten, an denen Gauß lebte und arbeitete. Preis: 8,50 Euro
Mix aus Idylle und Satire Wumbaba – Bilder und Texte in der Galerie für komische Kunst Viele kennen das Lied von Matthias Claudius „Der Mond ist aufgegangen. Eine der Passagen heißt: „…Und aus den Wiesen steiget / Der weiße Nebel wunderbar…“ Daraus machten dann Kinderohren: „Der weiße Neger Wumbaba“. Ähnliches widerfuhr auch dem Erzbischof, der in der Schule Kinder besuchte. Aus ihm wur-
Klassiker von ABBA bis Slayer. Konzert Eintritt: AK 12 Euro, erm. 10 Euro Mo 20.12. / 17.00 Uhr Weinhnachtsmarktbühne, Gö
Schauspielworkshop für DT-Jugendclub Eintritt frei!
„Der 25-Minuten-Advent“ der Stille Hunde Theaterproduktionen – adventliche Geschichten, Lieder, Basteltipps und Küchentricks. Eintritt frei!
Sa 18.12. / 22.00 Uhr Kulturfabrik Salzmann, Ks
Do 23.12. / 19.30 Uhr Staatstheater, Schauspielhaus, Ks
Mambo Kurt: Spiel Heimorgel Spiel.
Der Marquis von Keith. Von Frank Wedekind
de flugs Erdbeer-Schorsch. Der Kolumnist Axel Hacke erforscht schon seit einigen Jahren Verhör-Fehler und hat mittlerweile millionenfach verkaufte Bücher dazu geschrieben. Die Ausstellung präsentiert selten gezeigte Originale. Michael Sowa miniaturisiert seine Bilder so, dass die Personen darin wirken wie Figuren einer Modelleisenbahn. Dabei sind sie ein Wunderwerk an Präzision und Abgründigkeit. Impressionistisch und witzig zugleich.
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MEHR ZUR EMPFEHLUNG: Michael Sowa & Axel Hacke „Der weiße Neger Wumbaba“ Kasseler Caricatura Galerie für komische Kunst Do & Fr 14.00-20.00 Uhr Sa & So 12.00-20.00 Uhr Eintritt: 3 Euro
Sa 25.12. / 20.15 Uhr Staatstheater, TIF, Ks Robert Redford´s Hände Selig. Uraufführung Do 30.12. / 19.30 Uhr Staatstheater, Opernhaus, Ks Pop in Concert: ABBA – The Symphonic Celebration Fr 31.12. / 21.00 Uhr Theater im Centrum, Ks Heartbreak Hotel
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TagesSatz
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K U LT U R G Ö TTINGEN
Drogen-Partys und unsere Lena „Ich bin kein Profi!“ war mein erster Satz, den ich Lena Meyer-Landrut zu Beginn unseres Interviews vor Aufregung verriet. „Ach, kein Problem! Bin ich auch nicht. Dann passt das ja ganz gut.“, entgegnete sie mir und wippte auf dem Sofa hin und her.
* KHOA LY
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ie war gerade im Zenit ihres Musikerfolges, und Journalisten rissen sich um die begehrte Interviewpartnerin. Am Ende kommentiert ein Lena-Fan das Interview: „Ein Straßenmagazin entlockt Lena mehr Persönliches als irgendein professioneller Interviewer.“ Die Begründung wagt ein anderer Fan: „Das liegt vielleicht daran, dass der Reporter des Straßenmagazins eben nicht aus der Welt der bösen Medien kommt, die um jeden Preis alles ins Scheinwerferlicht und auf Hochglanzpapier bringen wollen. Da ist offensichtlich, dass er sich für den Menschen interessiert!“ Aber wie kann man derart Nettes überhaupt von mir behaupten? Ich bin besessen davon, die Auflage zu steigern! Leider zwecklos.
Die Auflage: Zweihundert Mal höher als unsere, 500.000. Dazu eine halbe Million Euro Umsatz. Neben dem Artikel ist Lena auf zwei Paparazzifotos mit einem Freund zu sehen. Die dazugehörige Bildunterschrift fragt: „Ob er sie auf dem Teppich hält?“ „Lena verrät, wo sie gerne feiert: Drogenparties in Bauwagensiedlungen“, heißt es konkret im Artikel. Das hätte Lena unserem Straßenmagazin verraten. Hat sie aber nicht. Eine solche Aussage ist im ganzen, halbstündigen Gespräch nicht gefallen.
Und in diesem Moment verspüre ich aus Neid, mein Che Guevara T-Shirt anzuziehen, die Chefredakteurin mit unterdrückter Nummer anzurufen und „Halt die Fresse, BoulevardPresse!“ in den Hörer zu schreien. Ich würde ganz schnell auflegen. Ein wenig Luft holen und noch mal wählen, noch mal brüllen und noch mal auflegen. Zwei bis drei Mal würde ich es wiederholen. Aber ich trinke jetzt lieber eine heiße Schokolade und freue mich, dass ich kein Profi bin und noch zu den „Guten“ gehören darf.
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Die Schlagzeile aus meiner Story kommt dafür zweieinhalb Monate später. Völlig aus dem Zusammenhang titelt das Klatschmagazin „die prominente“: „Lena Meyer-Landrut: Drogenparties!“
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Flic Flac
KULTUR KA S S E L stieren. Warum haben Sie sich Kas sel ausgesucht?
Artistenfestival
Wir haben wirklich schon einige Anfragen anderer Städte. Aber um die Einzigartigkeit weiterhin aufrecht erhalten zu können, bleiben wir dabei: Das Festival der besten Artisten findet nur in der documenta-Stadt Kassel statt – und zwar jeweils auf dem wunderschönen Friedrichsplatz. Sie waren lange Jahre der Kopf des Zirkus Flic Flac. Im Internet ist zu lesen, dass Flic Flac zum Verkauf steht. Bedeutet dies, dass Flic Flac Geschichte ist?
Vom 16.12.2010 bis 09.01.2011 gastiert das „Festival der besten Artisten“ auf dem Kasseler Friedrichsplatz. Die Premiere des Festivals im letzten Jahr war ein großer Erfolg. Ausgerichtet wird das Festival vom Zirkus Flic Flac. Der TagesSatz sprach mit Benno Kastein, Flic Flac-Gründer und HANS PETER PUNG Initiator des Kasseler Zirkusfestivals.
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önnen Sie für dieses Jahr ein ähnlich spannendes Pro gramm wie im letzten Jahr versprechen? Ja, aber selbstverständlich, denn das Festival der besten Artisten wird sich jeweils mit den vorherigen Festivalveranstaltungen messen müssen. Bei der Premiere im letzten Jahr wa ren die Karten für das Festival ziem lich schnell vergriffen. Rechnen Sie in diesem Jahr mit einem ähnlichen Erfolg?
besser entscheiden als das Publikum selbst? Haben Sie einen persönlichen Favo riten für das Festival? Jede einzelne Darbietung ist mein absolut geheimer Favorit, aber nicht weitersagen – könnte als Einflussnahme gesehen werden. Ein Zirkusfestival wie dieses ist si cherlich begehrt. Sie könnten damit in größeren Städten als Kassel ga
Nein, zum Verkauf stehen nur einige Requisiten und Fahrzeuge an, die wir nicht mehr benötigen. Flic Flac lebt und sorgt auch weiterhin für jede Menge Geschichten! Können Sie unseren Leserinnen und Lesern schon verraten, ob es auch 2011 ein „Festival der besten Arti sten“ geben wird? Ja, es wird mit dem Festival der besten Artisten auch 2011 wieder mit einem neuen Programm weitergehen. Vielen Dank für das Gespräch.
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MEHR ZUM THEMA: Karten für das Festival gibt es unter www.circusfestival-kassel.de, im HNA-Kartencenter oder ab 10. Dezember an der Zirkuskasse. Preise: 18,50 bis 42,50 Euro, Kinder: 15,50 bis 39,50 Euro.
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Wenn ich mir die aktuellen Vorverkaufszahlen anschaue, werden wir dem wohl nicht nachstehen. Beim Zirkusfestival in Kassel ent scheidet das Publikum über den Er folg der Artisten. Das ist ungewöhn lich. Warum haben Sie sich für die sen Weg entschieden? Dieser Weg ist neu und vor allen Dingen ehrlich. Wer könnte es denn schon TagesSatz
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T HEATER ZUM VERSCHENKEN GIBT’S AN DER THEATERKASSE!
TELEFON: 0561.1 0 9 4 - 2 2 2 WWW.STAATSTHEATER-K A S S E L . D E
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Isabel Winarsch
H I N T E R D E N KULISSEN
Kuhblut saugender Sympathieträger
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einahe kein Schritt bleibt unkommentiert in dieser außergewöhnlichen Premiereaufführung von „Der kleine Vampir“ am frühen Samstagabend. Die zahlreichen kleinen Zuschauer sind mit riesigem Eifer dabei, wenn ihre Kinderbuch-Helden Anton Bohnsack (Dominik Bliefert) und sein Freund mit den spitzen Eckzähnen, Rüdiger von Schlotterstein (Alois Reinhardt), in schwarzen Umhängen über die Bühne schweben und sich vor dem Friedhofswärter Geiermeier (Lutz Gebhardt) verstecken. Originell gestaltet sind Bühnenbild sowie Kostüme und Frisuren aller vampirischen und menschlichen Darsteller. Die großen und kleinen Zuschauer werden mitgerissen in dem rasanten, eineinhalbstündigen Stück ohne Pause; etwa wenn die ganze Vampirfamilie tanzt und singt, dass sie gerne wieder zum Menschengeschlecht gehören will. Auf dem Weg dorthin versuchen sie, „anständige Vampire“ zu sein und sich statt von Menschenblut nur noch vom roten Saft der Kühe zu ernähren. Anders als im Buch wird auf der Bühne durchwegs nach ei-
Clemens Eulig
Nicht mehr als Vieh
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* REZENSIERT VON JULIA SCHOENEN nem Stein gesucht. Dieser vervollständigt das Amulett, mit dessen Hilfe sich die von Schlottersteins in einer Vollmondnacht wieder in die adlige Menschensippe von ehemals zurückverwandeln können. Bei der Suche kommt dem Jungen Anton eine besondere Rolle zu: Er träumt nachts regelmäßig von der Vampirfamilie, das vermisste Juwel weiß er schließlich ganz in der Nähe. Die charmante Inszenierung von Joachim von Burchard macht großen Spaß und ruft Erinnerungen wach an den Buchklassiker von Angela Sommer-Bodenburg aus dem Jahre 1979. Vier Mal kehren die Darsteller am Ende unter großem Applaus auf die Bühne zurück und lassen sich von den kleinen und großen Theaterbesuchern feiern.
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TERMINE IM DEZEMBER: 04.12., 05.12., 06.12. 10.12., 12.12., 13.12., 15.12., 16.12., 17.12., 19.12., 20.12. & 26.12.
„Mutter Afrika“ im Jungen Theater Göttingen
* REZENSIERT VON KATHARINA KRETSCHMER
egisseur Gernot Grünewald taucht in die Gräuel der holländischen Kolonialgeschichte ein und skizziert ein bedrückendes Bild des Sklavenhandels. Um seine Familie nach einer verdorrten Ernte über Wasser zu halten, bietet sich der Bauer Attenquan der Westindischen Handelskompanie als Sklave an. Als zu alt abgewiesen ist er dazu gezwungen, seine Kinder Kodjo (Misheck Mzumara) und Aba (Eunice Kadzuwa) zu verkaufen. Während Kodjo in die Hände eines sadistischen Plantagenbesitzers (Jan Reinartz) gerät, wird seine Schwester Aba an eine ältere, leicht schizophrene Dame (Agnes Giese) weitergereicht. Die Geschwister erfahren von nun an Demütigung, aber auch Zuneigung und von unerwarteter Seite. Vor allem der Leistung der beiden Hauptdarsteller aus Malawi ist es zu verdanken, dass sowohl die Wut, Verzweiflung und Hoffnung Kodjos und Abas greifbar werden. Eindrucksvoll verkörpern beide mit Mimik, Gestik und 30
„Der kleine Vampir“ im Deutschen Theater Göttingen
Gesang die Erlebnisse der Kinder. Reinartz als Gutsbesitzer hingegen ist etwas zu bemüht diabolisch geraten, und auch die anderen Darsteller bleiben mit Ausnahme von Agnes Giese im Vergleich zu den Protagonisten eher blass. Dies tut der Wirkung des Stückes von Dramatiker Ad de Bont jedoch keinen Abbruch. Unterstützt durch ein einfach gehaltenes Bühnenbild, den Einsatz von Diaprojektionen und aus dem Off eingespielte Exkurse über die Kolonialpolitik und heutige Asylpolitik Deutschlands erzeugt Grünewald in seiner dreisprachigen (Deutsch, Englisch, Chichewa) Inszenierung eine dichte Atmosphäre, die den Zuschauer vollständig in den Bann des Geschehens zieht.
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TERMINE IM DEZEMBER: 02.12., 06.12., 08.12., 10.12., 14.12., 17.12., 22.12. & 29.12. TagesSatz
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ZWISCHEN DEN ZE I L E N
Unmenschlich Was haben Patienten, Soldaten und moderne Sklaven gemeinsam? Sie spielen die Hauptrolle in den Buchvorstellungen dieses Monats. Deren Autoren kritisieren, dass ihre Protagonisten oft unmenschlich behandelt werden. Das bietet reichlich Zündstoff, ist mitunter diskussionswürdig und – mit kleinen Einschränkungen – sehr lesenwert.
* DANIELE PALU Versklavt
Verwaltet
Verblutet
Jeder weiß, was Sklaverei ist – aus Schulbüchern, TV-Dokus und Kinofilmen. Dass Sklaverei der Vergangenheit angehört, ist allerdings ein Trugschluss: Wie dieses Buch zeigt, gibt es heute mehr Sklaven als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Der Journalist Benjamin Skinner führt seine Leser in einige der finstersten Regionen der Erde. Er zeigt die Welt aus Sicht der Sklaven und Sklavenhändler von heute und geht dem Übel auf den Grund. Skinner ist der erste Autor, der den Menschenhandel auf vier Kontinenten kennengelernt hat und aus eigener Anschauung zeigt, wie das Geschäft funktioniert. Sein erschütternder Bericht ist ein ebenso fundiertes wie aufrüttelndes Plädoyer für die Abschaffung der Sklaverei. TagesSatzPrädikat: unbedingt lesen!
Acht Minuten nimmt sich ein Arzt durchschnittlich Zeit für ein Patientengespräch. Oft ist das zu kurz, um die Fragen vieler Patienten zu beantworten und um auf deren Probleme und Ängste einzugehen. Folge ist eine Odyssee durch die Arztpraxen, von der vor allem chronisch oder lebensbedrohlich Kranke ein Klagelied singen können. Als Kassenpatient fühlt man sich heutzutage allzu oft als Nummer oder als digitale Datenspur im Computer verwaltet, lautet auch die Einschätzung von Georg Francken. Der Autor hat selbst eine Krebserkrankung durchlebt und weiß, wovon er spricht. Aber sein Buch ist keine Abrechnung mit dem Arztbetrieb. Es gibt Patienten vielmehr Tipps, wie sie ihr Recht als mündige Patienten einfordern können: Welche Vorsorgeuntersuchungen sind wirklich sinnvoll? Wie findet man das beste Krankenhaus? Welche Rechte hat man als Patient, falls gepfuscht wurde? Die Ratschläge des Hamburger Zeitschriftenredakteurs sind zwar nicht revolutionär, aber ein durchaus sinnvoller und verständlicher Aufruf zu mehr Eigeninitiative.
Deutsche Soldaten kämpfen und sterben im Krieg in Afghanistan. Mehr als vierzig deutsche Soldaten sind gefallen, Zehntausende sind traumatisiert. Alltag in Deutschland. Selbst Schuld, sagen die einen. Wer sich verpflichte, der müsse damit rechnen. Doch seitdem die Zahl der Todesopfer immer weiter steigt, werden zunehmend auch die Mängel an Ausbildung und Ausrüstung der Truppe kritisiert. Allerdings versuchen die politische und die militärische Führung noch immer, die Gefahren und Konsequenzen zu verharmlosen. Für Tausende von Soldaten geht der Kampf nach ihrer Rückkehr weiter: Sie werden mit ihren Erlebnissen, mit ihren physischen und psychischen Verwundungen und Verletzungen alleingelassen. Eine rechtmäßige Unterstützung müssen sie oft vor Gericht erstreiten. „Die reden – wir sterben“: Diese traurige Bilanz zieht der langjährige Berufssoldat und Oberstleutnant a. D. Andreas Timmermann-Levanas aus über zwanzig Jahren Berufserfahrung. An vielen Beispielen belegt der Autor die gravierenden Versäumnisse in Politik und Bundeswehr. Sein Buch ist ein Appell, endlich eine offene Debatte über die bestehenden Probleme zu führen und Lösungen zu erarbeiten.
E. Benjamin Skinner: Menschenhandel. Bastei Lübbe, 9,99 Euro. Taschenbuch, 416 Seiten
Georg Francken: Dr. Ich. Trias, 14,95 Euro. Taschenbuch, 192 Seiten
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Andreas TimmermannLevanas und Andrea Richter: Die reden – wir sterben. Campus, 18,90 Euro. Broschiert, 268 Seiten
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I N D E R N A H AUFNAHME Diesen Monat gehen alle drei Filme auf ganz unterschiedliche Art unser Titelthema an: Eine Schülerin verkauft imaginäre Liebesdienste, ein mexikanischer Killer kämpft gegen die Ausbeutung illegaler Einwanderer, und unser DVD-Tipp rüttelt gegen Menschenhandel auf.
DVD-Tipp
outnow.ch
* CLIFFORD SPENCER
Einfach zu haben
Machete
Lilja 4-ever
R.: Will Gluck USA 2010, FSK 12
R.: Ethan Maniquis, Robert Rodriguez USA 2010, FSK 18
R.: Lukas Moodysson DK / S 2002, FSK 12
Olive (Emma Stone), ein cooles und smartes Highschool Girl, wird von ihren Mitschülern ziemlich ignoriert. Als ihr schwuler Kumpel Brandon (Dan Byrd) sie darum bittet, dass sie sich als seine Scheinfreundin ausgibt, wird Olive das Gesprächsthema des Pausenhofs. Kurze Zeit später treten andere Jungs an sie heran, die eine ähnliche Geschichte brauchen. Plötzlich hat Olive den Ruf als Schlampe des Schulhofs weg. Die ungewollte Aufmerksamkeit ist zunächst willkommen, gerät aber ganz schnell außer Kontrolle. „Einfach zu haben“ fängt als typische Highschool-Klamotte an, mausert sich aber ab dem zweiten Drittel zu einer clever verpackten Kritik an Sex-Wahn und scheinheiligem Puritanismus. Gleichzeitig zollt der Film 80er Jahre Highlights wie „Breakfast Club“ Tribut und läutet hoffentlich endgültig eine Wende zu den dämlichen American-Pie-Klonen der letzten Zeit ein. „Einfach zu haben“ ist intelligent und witzig, mit einer wundervoll charismatischen Hauptdarstellerin. Ein größeres Lob kann es in diesem Genre kaum geben.
„Sie haben seine Familie getötet. Jetzt lässt er sie dafür bezahlen.“ So preist es die Vorschau an, und im Prinzip ist das die Handlung. Zugegeben, es gibt noch einige wirre Nebenstränge, zum Beispiel um einen korrupten Politiker (Robert DeNiro) und um eine Beamtin der Einwanderwanderungsbehörde (Jessica Alba). Gerade letzteres streut etwas subversive Gesellschaftskritik ein über den Umgang mit mexikanischen Einwanderern in den USA. Aber hier geht es eher darum, wie der ultra-coole Ex-Federale Machete (Danny Trejo) seine Peiniger bezahlen lässt: Er macht seinem Namen alle Ehre und verarbeitet sie zu Geschnetzeltem. Es ist ein kurioser Mix. Mit vielen Anleihen bei zynischen B-Actionern und verrückten Splatterfilmen überrascht der Film immer wieder mit einem Staraufgebot. „Machete“ ist gemacht für Leute, die sich billigen Schund zum Spaß ansehen und für die völlig übertriebene, aber stets originelle Filmgewalt gute Unterhaltung bedeutet. „Machete“ ist ein Kultfilm im wahrsten Sinne: ein Mordsspaß für Eingeweihte, ein stumpfes Machwerk übelster Sorte für Außenstehende.
Irgendwo in der ehemaligen Sowjetunion: Für die 16-jährige Lilja (Oksana Akinsjina) bricht eine Welt zusammen, als ihre Mutter in die USA durchbrennt und sie fast mittellos zurücklässt. Ihr einziger Freund ist der obdachlose Junge Volodya (Artiom Bogutjarskij), ihre einzige Freude ist gelegentliches Klebstoffschnüffeln. Nachdem Lilja endgültig das Geld ausgeht, prostituiert sie sich. Als Retter in der Not erscheint der charmante Andrei (Pavel Ponomarjov), der ihr ein besseres Leben im fernen Schweden verspricht. Als sie dort ankommt, erwartet sie nur ein noch schlimmeres Schicksal. In authentischen, kühlen Bildern erzählt der schwedische Regisseur Moodyson von der gnadenlosen Ausbeutung der Unschuld eines Mädchens. Dabei ist es nicht nur die Handlung selbst, die so aufwühlt, sondern auch das unglaublich facettenreiche Spiel der zu Unrecht fast unbekannten Hauptdarstellerin Oksana Aksinjina. „Lilja 4-ever“ lässt einen noch Tage später nicht los und macht wütend auf eine Welt, in der wirklich alles käuflich ist. Selbst wenn es auf Kosten des Lebens eines jungen Mädchens geht.
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DAS LE T Z T E
DER TiCKER NACHRICHTEN AUF DEN LETZTEN DRÜCKER Impressum Freie Bahn für Castor in Göttingen GÖTTINGEN – Am Sonntag, dem 07.11., hat der Castor-Transport gegen 7.30 Uhr in diesem Jahr so reibungslos wie nie die Stadt Göttingen passiert. Die erhebliche Polizeipräsenz verhinderte, dass Atomkraftgegner auf die Gleise des Göttinger Bahnhofs gelangten. Etwa 200 Menschen beteiligten sich am Abend zuvor an einer Mahnwache vor dem Bahnhof. Ein Großteil davon machte sich im Verlauf der Nacht zu einem spontanen Demonstrationszug durch die Göttinger Innenstadt auf. Erst viele Stunden später rollte der Castor schließlich ungehindert durch den Bahnhof Göttingen. (jus)
Impfung gegen Alzheimer? GÖTTINGEN – Forscher an der Universitätsmedizin Göttingen um Prof. Dr. Thomas Bayer und Dr. Oliver Wirths, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie, arbeiten an einem Impfstoff, der den fortschreitenden Verlauf der als bisher unheilbar geltenden neurodegenerativen Erkrankung aufhalten soll. In einem neuartigen Ansatz wurden bereits Mäuse mit speziellen Antikörpern behandelt. Diese binden an eine Molekülstruktur, die bislang nicht im Fokus der Erforschung von der Krankheit zugrunde liegenden Mechanismen stand. In der Weiterentwicklung des viel versprechenden Mausmodells soll ein Impfstoff ge-
gen das rapide Fortschreiten des bisher unaufhaltsamen Gedächtnisschwundes hergestellt werden. (jus)
Mehrheit für Projekt Bürgerarbeit Kassel – Die Stadt Kassel will sich ab Januar 2011 an dem Modellprojekt Bürgerarbeit des Bundesarbeitsministeriums beteiligen. Alle Fraktionen, bis auf die Linke und AUF Kassel, stimmten für das Vorhaben. Mit dem Modellprojekt sollen hundert Langzeitarbeitslose drei Jahre lang gemeinnützig für Tariflohn beschäftigt werden. Dazu werden 35 Bürgerarbeitsplätze in der Stadtverwaltung, bei Eigenbetrieben der Stadt, Pflegeund Betreuungseinrichtungen und Sportvereinen zur Verfügung gestellt. 65 Arbeitsplätze sollen bei gemeinnützigen Trägern, Vereinen und Verbänden angesiedelt sein. Ziel ist die Eingliederung der Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt. Für die Linke kritisierte Chef Norbert Domes, dass das Projekt Bürgerarbeit eine Pseudoalternative sei: „Es bietet keinen Ausweg aus der Armutsfalle.“ Bis zu achthundert Arbeitslose sollen auf eine mögliche Teilnahme an dem Projekt angesprochen werden. Die Mitarbeit soll freiwillig sein und keine Mehrkosten verursachen. Statt Miete und Nebenkosten zu bezahlen, will die Stadt anteilig in die Arbeitsplätze investieren. (hw)
Gesucht & gefunden Verkäuferin Angelika benötigt Stickgarn und Bastelsachen. Außerdem sucht sie eine Matratze (80x200cm) und Bettwäsche. Thomas sucht ebenfalls eine Matratze (140x200cm) und ein passendes Bettgestell. Kontaktieren Sie uns unter 0561 / 861 58 43.
Holger Teichmann
Nächstes Mal JANUAR-Ausgabe 2011
Die Weihnachtszeit – eine Zeit der Ruhe. Nicht für unsere VerkäuferInnen, die müssen sich ins Zeug legen. Denn es ist wieder soweit: Im Januar erscheint die Verkäuferausgabe, in der die ehrenamtlichen TagesSatz-RedakteurInnen die Schreibfeder beiseite legen und das Zepter abgeben. Und so dürfen Sie auf neue Geschichten und Erlebnisse der VerkäuferInnen gespannt sein. Mal ehrlich: Wir sind es auch schon!
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TagesSatz, das Straßenmagazin Herausgeber: TagesSatz e.V. 1. Vorsitzender: Hans Peter Pung Adresse der Redaktion Kassel: Westring 69, 34127 Kassel Telefon: 0561 / 861 58 43 Fax: 0561 / 861 58 61 E-Mail: kassel@tagessatz.de Mo, Di, Do: 10-12 Uhr Mi & Fr: 17-19 Uhr Adresse der Redaktion Göttingen: Obere Karspüle 18, 37073 Gö. Telefon: 0551 / 531 14 62 E-Mail: goettingen@tagessatz.de Mo, Di, Do, Fr: 10-13 Uhr Mi: 14-16 Uhr Homepage: www.tagessatz.de Bankverbindung: Kasseler Sparkasse Kto.: 11 833 79 Blz.: 520 503 53 Sparkasse Göttingen Kto.: 505 815 11 Blz.: 260 500 01 Redaktionsleitung: Jörg Sanders, Christopher Piltz (GÖ), Harald Wörner (KS) Pressesprecher: Malte Schiller Vertriebsleitung: Kassel: Christian Piontek Tel.: 0561 / 861 58 18 Göttingen: Juliane Michael Tel./Fax: 0551 / 531 14 62 Anzeigenleitung: Büro Kassel Tel.: 0561 / 861 58 43 Jörg Sanders (GÖ) Tel.: 0163 / 685 99 98 Redaktion Kassel: Stefan Giebel, Trudi Kindl, Stephanie Kommor, Fritz Krogmann, Bianca Kuchenbrod, Nora Mey, Hans Peter Pung Kultur KS: Fritz Krogmann Redaktion Göttingen: Katharina Kretschmer, Daniele Palu, Jörg Sanders, Malte Schiller, Julia Schoenen (jus), Clifford Spencer, Willi Strübig, Andrea Tiedemann, Khoa Ly, Christopher Piltz, Bruno F. Spotted Bear News GÖ: Nora Wetzel (nw) Illustration GÖ: Pilar Garcia Fotografie: Clemens Eulig, Jörg Sanders, Tina Acke, Isabel Winarsch, Lennart Pantel, Jörg „Yogi“ Müller, Thomas Schwab, Claudia Huss, Thommy Gebhardt, photocase.com u.a. Umschlag: Jörg Sanders (Foto) & Dirk Mederer (Gestaltung) Layout: Dirk Mederer / plazebo.net Druck: COLOR-Druck GmbH ViSdP: Jörg Sander, Christopher Piltz TagesSatz erscheint zwölfmal im Jahr im Straßenverkauf in Kassel und Göttingen. Auflage dieser Ausgabe: 3.250
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Version zu veröffentlichen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion.
Verkaufspreis: 2,00 EUR, davon geht 1,00 EUR direkt an den Verkäufer.
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W O H I N , W E NN Allgemeine Hilfen
EssenSAUSGABEN
Göttingen
Göttingen
Caritasverband Göttingen Allgemeine Lebens- und Sozialberatungsstelle Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/999590
Die Göttinger Tafel Jakobikirchhof 1 37073 Göttingen Tel. 0551–51030
Opferhilfebüro Göttingen für Opfer von Straftaten Maschmühlenweg 11(Landger.) 37073 Göttingen 0551/5213883 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Herr Bayer 0551/6338876 Sozialdienst für Migranten, RABaZ-Beratungs- & Vermittlungsstelle für ausländische Jugendliche Karspüle 16 37073 Göttingen 0551/57739 BONUS Freiwilligenzentrum Godehardstr. 18 37081 Göttingen 0551/9995917 Neue Arbeit Brockensammlung Levinstr.1 37079 Göttingen 0551/5067320 Pro Familia Rote Str.19 37073 Göttingen 0551/58627 Selbsthilfe Körperbehinderte Prinzenstr. 19 37073 Göttingen 0551/54733-0 Selbsthilfegruppe für Mobbing-geschädigte – Rainer Beutler 05602/1860 BürgerInnenberatung Stadt Göttingen Hiroshimaplatz 2 37083 Göttingen Kassel Kasseler Hilfe Opfer- und Zeugenhilfe e.V. Wilhelmshöher Allee 101 34121 Kassel 0561/282070 Weißer Ring e.V. Hilfen für Opfer von Straftaten Ansprechpartner: Hr. Holler 0561/6029458 Pro Familia Kassel Frankfurter Straße 133 a 34121 Kassel 0561/27413 Außenstelle Witzenhausen (Rathaus/EG/Raum 10) Am Mart 1/ Witzenhausen Arbeitslosenhilfe Göttingen Arbeiterwohlfahrt Hospitalstr. 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Mensch & Arbeit - Beratungsstelle für Arbeitnehmer und Arbeitslose Kurze Str. 13a 37073 Göttingen 0551/43373 Verein zur Erschließung neuer Beschäftigungsformen e.V. Lange Geismarstr. 2 37073 Göttingen 0551/485622 Kassel Beratungsstelle für Arbeitslose des DGB Kreis Kassel Spohrstraße 6-8 34117 Kassel 0561/7209536
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Mittagstisch St. Michael Turmstr. 5 37073 Göttingen 0551/5479540 Straßensozialarbeit Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Kassel Kasseler Tafel Holländische Straße 141 34127 Kassel 0561/23003 Suppentopf der Heilsarmee jeden Montag von 14-15 Uhr Martinsplatz Gesegnete Mahlzeit Diakonisches Werk Kassel Hermannstraße 6 34117 Kassel weitere Ausgabestellen: Neue Brüderkirche, Johanneskirche, Auferstehungskirche
Kassel Fahrende Ärzte Dr. Giesler/Dr. Moog Mo 14-15.30 Uhr auf dem Martinsplatz Do 20-24 Uhr in der Gießbergstraße
Deutsches Rotes Kreuz Zollstock 17 37081 Göttingen 0551/5096322 Ausgabe: Mo & Do 8.30-11 Uhr jeden 3. Mi im Monat 16-18 Uhr Kassel
Kabera e.V. Beratung bei Essstörungen Kurt - Schumacher Straße 2 34117 Kassel 0561/780505
Diakonisches Werk Kassel Sprungbrett & Sprungbrett spezial Steinweg 5 34117 Kassel 0561/572090
Gesundheitsamt Region Kassel Wilhelmshöher Allee 19-21 34117 Kassel 0561/10031920
Deutsches Rotes Kreuz Königstor 24 34117 Kassel 0561/7290441
Haftentlassene
Lebenskrisen
Göttingen
Telefonseelsorge für Jugendliche 0800/1110333
KIK – Kontakt in Krisen Königsallee 254 37079 Göttingen 0551/632977 Kassel Beratungsstelle für Haftentlassene Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 oder 0561/70738-00
Göttingen Telefonseelsorge 0800/1110111 & 0800/1110222 Kassel Telefonseelsorge 0800/1110111 PSKB Stadt & Landkreis Kassel 0561/1003-0 & 0561/787-5361
Hilfe & Selbsthilfe bei AIDS
Notschlafstellen
Frauen in Not
Göttingen
Göttingen
Göttingen
Göttinger AIDS-Hilfe Obere Karspüle 14 37073 Göttingen 0551/43735 werktags: 10-13 Uhr Beratung: 0551/19411
Heilsarmee Untere Maschstr. 13b 37073 Göttingen 0551/42484
AIDS-Beratungsstelle Gesundheitsamt Göttingen Theaterplatz 4 37073 Göttingen 0551/4004831
Soziale Hilfe e.V. / Panama (für alleinstehende Wohnungslose) Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738-00
Kassel
Café Nautilus (für Drogenabhängige) Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115
KORE e.V. - Sozialberat. f. Frauen Papendieck 24-26 (Hinterhof, EG) 37073 Göttingen 0551/57453 Frauen-Notruf e.V. Postfach 18 25 37008 Göttingen 0551/44684 Frauenhaus e.V. Göttingen Postfach1911 37009 Göttingen 0551/5211800 Kassel Übergangseinrichtung für wohnungslose Frauen Am Donarbrunnen 32 34132 Kassel 0561/43113 Karla 3 Aufenthalt und Beratung für wohnungslose Frauen Karlsplatz 3 34117 Kassel 0561/15532 Autonomes Frauenhaus 0561/898889 Frauen in Not 0561/9892929 Notruf für vergewaltigte Frauen Frauen gegen Vergewaltigung e.V. 0561/772244 Frauen informieren Frauen e.V. Beratung bei häuslicher Gewalt Westring 67 34127 Kassel 0561/ 89 31 36 Gesundheit Göttingen Gesundheitsamt Sozialpsychiatrischer Dienst Am Reinsgraben 1 37085 Göttingen 0551/4004802 Frauengesundheitszentrum Göttingen e.V. Groner Straße 32/33 37073 Göttingen 0551/484530 Gesundheitszentrum Albanikirchhof 4-5 37073 Göttingen 0551/486766
Aids-Hilfe Kassel Motzstraße 1 34117 Kassel 0561/97975910 Stadt Kassel – Gesundheitsamt AIDS-Beratungsstelle Obere Königsstraße 3 34117 Kassel 0561/787–5380 Kinder & Jugendliche in Not Göttingen Omnibus - Beratungsstelle für Jugendliche & junge Erwachsene Goßlarstr. 23 37073 Göttingen 0551/392690 Kassel Deutscher Kinderschutzbund Siemensstraße 1 34127 Kassel 0561/899852 Verein zur Förderung der Erziehungshilfen in Nordhessen e.V. Wilhelmshöher Allee 32a 0561/78449-0 Stadt Kassel Sozialer Dienst des Jugendamtes Friedrich-Ebert-Straße 1 34117 Kassel 0561/787–5301 Kleiderkammern Göttingen Ev.-ref. Gemeinde – Kleiderkammer Untere Karspüle 11 37073 Göttingen Kleiderladen Ausgabe: Do 9-12 Uhr Eingang über Jüdenstraße, Zufahrt Tiefgaragen der BBS III 0551/5473717
Kassel
Rechtsberatung & Hilfe Kassel Schuldnerberatung Gottschalkstraße 51 34127 Kassel 0561/893099 Verbraucherzentrale Hessen e.V. Bahnhofsplatz 1 34117 Kassel 0561/772934 Göttingen AWO Schulden- & Insolvenzberatung, Kreisverband Göttingen e.V. Hospitalstraße 10 37073 Göttingen 0551/50091-0 Verbraucherzentrale Niedersachen Papendiek 24 37073 Göttingen 0551/57094 Suchtberatung: Alkohol Kassel Anonyme Alkoholiker 0561/5108806 Blaues Kreuz Kassel Landgraf-Karl-Straße 22 34131 Kassel 0561/93545-0 Suchtberatung Diakonisches Werk Goethestraße 96 34119 Kassel 0561/938950 Suchtberatung: Drogen Göttingen DROBZ (Drogenberatungszentrum) Mauerstr.2 37073 Göttingen 0551/45033
Beratungsstelle für Suchtkranke – Diakonieverband Schillerstr 21 37083 Göttingen 0551/72051 Kassel Drogenhilfe Nordhessen e.V. Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103641 Kontaktladen „Nautilus“ Erzberger Straße 45 34117 Kassel 0561/12115 SAM – Substitutionsfachambulanz Wilhelmshöher Allee 124 34119 Kassel 0561/711813 SAM 2 – Substitutionsfachambulanz Schillerstraße 2 34117 Kassel 0561/103878 WohnungslosenHilfe Göttingen Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Wiesenstr. 7 37073 Göttingen 0551/42300 Diakonische Heime in Kästorf e.V. – Außenstelle Göttingen Wienstraße 4f 37079 Göttingen 0551/5053302 Straßensozialarbeit (Kleiderkammer) Rosdorfer Weg 17 37073 Göttingen 0551/517980 Bahnhofsmission Bahnhof, Gleis 4-5 37073 Göttingen 0551/56190 Hann. Münden Ambulante Hilfe für alleinstehende Wohnungslose Lange Str. 35 34346 Hann. Münden 05541/71034 / Fax: 05541/903210 Kassel Die Heilsarmee / Sozial Center Ks Eisenacher Straße 18 34123 Kassel 0561/570359-0 Beratungsstelle für Nichtsesshafte Sozialamt der Stadt Kassel Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/787-5061 Beratungsstelle für alleinstehende Wohnungslose – Soziale Hilfe e.V. Kölnische Straße 35 34117 Kassel 0561/70738–00 Betreutes Wohnen Diakonisches Werk Kassel Hermannstr. 6 34117 Kassel 0561/7128829 Wohnungsprobleme Kassel Zentrale Fachstelle Wohnen Wohnungsamt (Rathaus) Obere Königsstraße 8 34112 Kassel 0561/787-6252 oder -6255 Deutscher Mieterbund Mieterverein Kassel u. U. e.V. Königsplatz 59 34117 Kassel 0561/103861 Wenn Ihre Einrichtung hier nicht enthalten, oder wir eine Korrektur durchführen sollen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit den Daten an goettingen@ tagessatz.de!
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DAS ALLERLETZTE
www.DRK.de TagesSatz
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© Basta, 11/2010
um iten z ngsze u n f f Ö b en d eilig a H . 2 1 24 . 2. – 26.1 25.12. ter Silves 31.12. hr Neuja 0 1 .0 1 .
ende: Jahres Uhr 1 4 .0 0 9.0 0 – Uhr 22.30 – 0 0 . 9 Uhr 1 4 .0 0 9.0 0 – Uhr 22.30 – 0 0 . 12
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Bewegend. Erholsam. Erfrischend.
Göttinger Sport und Freizeit GmbH & Co.TagesSatz KG
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