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Escape Room . Censor
TEXT: MAX GFRERER
THE HORROR
Tödliches Fallenorchester
Die Saw-Reihe bekommt Konkurrenz: Es geht ein zweites Mal in den „Escape Room“.
Das Genre des Horrorfilms ist mit seiner über hundertjährigen Geschichte eine unerschütterliche Konstante in der Filmhistorie. Und obwohl die Machart sich vor allem auf technischer Seite logischerweise weiterentwickelt hat, ist der den Werken zugrunde liegende beinahe einzige Daseinszweck damals wie heute noch derselbe: zum Vergnügen der Horrorfans Nervenkitzel zu erzeugen – ganz gleich, ob das nun der 1910 erschienene Stummfilm-Klassiker Frankenstein (der womöglich erste Horrorstreifen überhaupt) oder ein zeitgemäßes Slashermovie wie Conjuring – Die Heimsuchung aus 2013 ist. Handlung? Mal mehr, mal weniger, in der Regel aber nur Vehikel für eine Reihe gekonnt gesetzter Schreckmomente. Protagonisten? Auch meist Nebensache, wichtig ist nur die Reihenfolge, in der sie abgemurkst werden.
TRAP-ESCAPE-MOVIE Gruselschocker bleiben immer Gruselschocker. Abgesehen davon hat das Genre in den letzten Jahrzehnten jedoch durchaus eine Diversifizierung erlebt und einige Subgruppen entstehen lassen. So etwa den sogenannten Haunted-House-Horror (The Grudge, Zimmer 1408) oder die spezielle Richtung, die die SawReihe Anfang des neuen Jahrtausends begründet hat, man könnte etwa „Trap-Escape-Movie“ dazu sagen. Hier sind nicht die Darsteller die Stars (in Horrorfilmen ohnehin selten, wie gesagt), aber auch nicht die Bösewichte. Es sind die tödlichen Fallen, die nur darauf warten, ihre bedenkenlos dezimierbaren Opfer auf möglichst kreative Weise über den Jordan zu schicken.
Nun, da das Saw-Franchise möglicherweise (was weiß man schon) in den letzten Zügen liegt, könnte ein neues Flaggschiff gefunden sein. Escape Room, der 2019 mit neun Millionen Dollar Budget und über
150 Millionen Einspielergebnis überraschte, geht in die zweite Runde – und verwandelt den gleichnamigen populären Freizeitspaß erneut in ein tödliches Fallenorchester.
MÖRDERISCHE SCHNITZELJAGD Teil eins hat es bereits angedeutet. Nachdem die Studentin Zoey (Taylor Russell, Waves) und der Lagerarbeiter Ben (Logan Miller, Love, Simon) als einzige Überlebende aus der mörderischen Schnitzeljagd herausgekommen sind, die das mysteriöse Unternehmen Minos – zum Gaudium gut betuchter, aber schwer gelangweilter Millionäre – veranstaltet hat, trachten die beiden nun danach, die Sadisten ihre eigene Medizin kosten zu lassen. Bevor es jedoch so weit kommen kann, finden sich Zoey und Ben in einem neuen Escape Game wieder. Mit weiteren Teilnehmern, noch kniffligeren Rätseln und viel tödlicheren Räumen. Denn wieder hat eine entscheidende Gemeinsamkeit die ausgewählten Opfer zusammengeführt: Sie haben alle schon einmal ein solches Spiel gemeistert … www.facebook.com/EscapeRoom
ESCAPE ROOM 2: NO WAY OUT KINOSTART 23.07., USA 2020, REGIE Adam Robitel, MIT Taylor Russel, Logan Miller, Isabelle Fuhrmann, Thomas Cocquerel, Holland Roden, © Sony Pictures Filmverleih
Zensurhölle
Für eine Zensorin verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Realität.
Schon Regie-Legende Alfred Hitchcock erkannte in der Zensur den größten Feind der Filmschaffenden. Selten, aber doch kommt es vor, dass der Film zum Feind der Zensur wird.
Enid (Niamh Algar, The Last Right) überprüft hauptberuflich Filme auf ihre Zumutbarkeit und vermerkt jugendgefährdende oder gewaltverherrlichende Szenen der ihr vorliegenden Werke. Als sie eines Tages den Horror-Film Don’t go to the Church unter die Lupe nimmt, stolpert sie über eine Stelle, an der ein Mädchen brutal ermordet wird. Normal würde Enid hier nicht einmal mit der Wimper zucken, doch nun bricht sie in Panik aus. Das getötete Mädchen sieht nämlich exakt so aus wie ihre 20 Jahre zuvor verschwundene Schwester.
Censor, das Langfilm-Debüt der Regisseurin Prano Bailey-Bond, ist ein düsterer Thriller, der die britischen Zensurkulturkriege der 1980er-Jahre thematisiert, als zahllose fürs Kino und in weiterer Folge auch direkt für den VHSMarkt produzierte Horrorfilme der Öffentlichkeit für nicht zumutbar befunden wurden und der Schere zum Opfer fielen. Ziemlich sicher wäre übrigens auch Censor darunter gewesen. www.facebook.com/CensorMovie
CENSOR KINOSTART 30.07., UK 2021, REGIE Prano Bailey-Bond, MIT Niamh Algar, Michael Smiley, Nicholas Burns, Vincent Franklin, Sophia La Porta, FILMLÄNGE 84 Min., © Kinostar Filmverleih