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King Richard

FAMILIEN SACHE

Mitreißende Karriereplanung

Will Smith wird zum Vater der Tennislegenden Serena und Venus Williams: „King Richard“.

Compton, Kalifornien steht für Gangsta-Rap, eskalierende Kriminalitätsraten und Polizeigewalt. Seit dem Zuzug von Richard Williams und seiner Familie ist die Vorstadt von L.A. auch der Ort, an dem Tennislegenden geboren werden. Einen 85 Seiten umfassenden Plan hatte Richard Williams für zwei seiner Töchter (noch vor deren Geburt) ausgeheckt: Er wollte – nachdem er im Fernsehen ein Tennismatch gesehen hatte, bei dem Virginia Ruzici 40.000 Dollar gewonnen hatte – aus ihnen Tennisprofis machen. Er begann sie im Alter von viereinhalb Jahren auf den lokalen Tenniscourts zu coachen. Auch wenn er später der Meinung war, dass sechs Jahre der altersadäquatere Einstieg für die Mädchen gewesen wäre, ist sein ausgefeilter Plan Realität geworden: Seine Töchter sind Venus und Serena Williams.

ALLES NACH PLAN Produzent Will Smith spielt nun den Vater der beiden Tennislegenden, Reinaldo Marcus Green (Monsters and Men) inszeniert den Film, der auf Williams‘ Autobiografie „Black and White“ basiert. Zwar erzählt King Richard von Tennis, setzt aber fast intensiver auf andere Themen: Familie, Glaube, Liebe und Lebensziele, immer wieder gepredigte Bescheidenheit.

Richard Williams und seine Frau Oracene strampeln sich tagtäglich ab, um am Talent und an der Spielfreude von Venus (Saniyya Sidney, Hidden Figures) und Serena (Demi Singleton, Godfather of Harlem) dranzubleiben. Richard verteidigt – während seine Frau bei der Arbeit Doppelschichten absolviert – den örtlichen Tennisplatz, den auch die Gangs als ihr Revier beanspruchen wollen. Sein verschrammtes Gesicht kann ein Lied davon singen. Jeden Tag bringt er am Maschendrahtzaun Schilder an, auf denen Merksätze wie „If you fail to plan, you plan to fail“, „You are a winner“ und „Be humble, say thank you“ geschrieben stehen.

Nach stundenlangem Training am Platz bricht er zu seinem Brotjob auf – als Security Guard, wo er Tennismagazine studiert, um Tricks und Namen – wie potenzielle Trainer – zu ergründen. Auf gepflegteren Plät-

zen kämp er nicht nur für Serenas und Venus‘ Chancen, sondern auch gegen rassistische Untertöne an.

TEAMPLAYER „Es ist klar, dass diese Geschichte eine Familiensache ist“, wusste nicht nur Produzent und Hauptdarsteller Will Smith, sondern auch Regisseur Reinaldo Marcus Green. „In den Gesprächen mit den Familienmitgliedern erzählten diese, wie die Mutter in Doppelschichten arbeitete, um genug Essen auf den Tisch zu bekommen. Vater Richard hatte mehrere Jobs. Aber alle Schwestern – Isha, Lyndrea, Tunde – waren mit auf dem Tennisplatz bei Venus und Serena. Sie sammelten Bälle, hingen Schilder auf und waren auf dem Tenniscourt, bis das Licht ausging. Die älteren Schwestern halfen dabei, sich um die jüngeren zu kümmern. Ich fand das unglaublich, auch dieser Teil der Geschichte musste unbedingt auf die Leinwand.“ Für Produzent Tim White war ein Moment während der LiptonChampionships (den heutigen Miami Open) der einprägsamste: Die Williams-Schwestern trafen im Finale 1999 aufeinander. „Da war dieser Vater mit seinen beiden Mädchen, und jeder betrachtete ihn aus unterschiedlicher Perspektive. Aber mich beeindruckte, dass dieser Mann einen Traum hatte, an dem jeder gezweifelt hatte. Jetzt spielten die Mädchen im Finale, und er hielt ein Schild hoch, auf dem stand: ‚Ich hab’s Euch doch gesagt!‘ Am Ende stellte sich alles, was er gesagt und vorhergesagt hatte, als wahr heraus. Ich hielt ihn für eine unglaubliche Figur mit einer Geschichte, die erzählt werden musste. Für mich war das der Moment, der mich zu diesem Film inspiriert hat.“

NASSFORSCH KURZWEILIG 140 Filmminuten dauert der an Hindernissen und Zuversicht reiche Werdegang der WilliamsSchwestern – und sie vergehen wie im Fluge. Das liegt vor allem am Witz, mit dem die Figuren ausgestattet sind, an der stimmigen Besetzung und am nassforschen Willen von Papa Williams, für den nichts unmöglich ist. Er wird seine Töchter bestimmt nicht ausverkaufen. Von Junior-Turnieren hält er wenig, also pfei er darauf, dass das der zu absolvierende Übungsstall für eine angehende Pro karriere ist. Gewitzt tastet er sich an Paul Cohen, den Coach von John McEnroe und Pete Sampras, heran und tauscht ihn später gegen einen vielversprechenderen – Rick Macci – aus. Diesen Größen im Tenniszirkus diktiert er, wie eine Zusammenarbeit läu – nicht umgekehrt. Und sie ertragen den Controlfreak Richard geduldig, weil sie sehen, welches Potenzial seine Töchter mitbringen. Nachdem Will Smith beim Filmprojekt an Bord war, landete die Produktion einen weiteren Coup: Die Anwältin Isha Price – Schwester von Serena und Venus Williams – war ab der Drehbuchphase involviert. „Das Projekt hatte damit sozusagen einen Gültigkeitsstempel“, so Price. „Das hat sich niemand ausgedacht. Es ist wirklich so passiert.“ #KingRichard

KING RICHARD KINOSTART 25.02., USA 2021, REGIE Reinaldo Marcus Green, MIT Will Smith, Demi Singleton, Saniyya Sidney, Liev Schreiber, Dylan McDermot, FILMLÄNGE 140 Min., © Constantin Film

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