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«Im Notfall wissen alle, was zu tun ist»
ROTES KREUZ BASELLAND
Das Familienunternehmen Jenzer aus Arlesheim erhielt vom Roten Kreuz Baselland für seine rund 120 Mitarbeitenden aus Hotellerie, Gastronomie und Metzgerei einen massgeschneiderten Erste-Hilfe-Kurs.
INTERVIEW MIT BARBARA JENZER VON ISABELLE PRYCE
Wer den Gasthof zum Ochsen oder eine der Jenzer-Goldwurst-Metzgereien betritt, fühlt sich gleich willkommen. Das familiäre, persönliche Ambiente, aber auch die Qualität des Angebots sind Gründe für den Erfolg des Familienbetriebs. Auch das Thema Nachhaltigkeit ist der Firma Jenzer wichtig: in der Produktion, im Betrieb der drei Geschäftszweige, aber auch bei der Ausbildung und im Umgang mit dem Personal. So hat die Geschäftsleitung im Frühjahr 2022 einen massgeschneiderten Erste-Hilfe-Kurs für die ganze Belegschaft mit dem Roten Kreuz Baselland durchgeführt.
GESCHÄFTSFÜHRER*IN BASEL: Barbara Jenzer, warum haben Sie sich für einen Erste-Hilfe-Kurs des Roten Kreuz Baselland entschieden?
Barbara Jenzer: Wir wollten einerseits unseren Mitarbeitenden etwas bieten, das für alle sinnvoll ist. Erste Hilfe ist wichtig im Geschäft, aber das Gelernte kann auch privat nützlich sein. Andererseits war es mir schon länger ein Anliegen, dass wir in Notfallsituationen im Haus besser Bescheid wissen, was zu tun ist.
Wie zufrieden waren Sie mit der Organisation des Kurses?
Frau Schaffner vom Roten Kreuz Baselland hat die Organisation kompetent in die Hände genommen. Wir haben unsere konkreten Bedürfnisse besprochen und sie hat diese perfekt umgesetzt. Für unseren Metzgereibetrieb und für das Küchenteam war es wichtig, die Themen Schnittwunden und Verbrennungen vertieft zu behandeln, in der Gastronomie wollten wir wissen, wie man bei einem allergischen Schock reagiert. Ein solches Extremereignis ist zum Glück noch nie vorgekommen. Aber wir wollen für den Ausnahmefall gewappnet sein.
Wie erlebten Sie die Umsetzung des Kurses?
Die Kursleiterin ist auf die vielen Fragen unserer Belegschaft gut eingegangen. Sie hat auch flexibel reagiert und gewisse Themen vertieft, wenn der Bedarf da war. Der Kurs war sehr praxisorientiert. Wir haben vor Ort mögliche Situationen angeschaut, zum Beispiel einen Treppenfall. Ich denke, das gibt einem eine zusätzliche Sicherheit, falls etwas passiert.
Wie war das Feedback der Mitarbeitenden? Waren sie motiviert, am Kurs teilzunehmen?
Der Kurs war für die ganze Belegschaft obligatorisch und wurde als Arbeitszeit angerechnet. Im Kurs habe ich gespürt,
© Firma Jenzer
«Die Weiterbildung unserer Mitarbeitenden liegt uns am Herzen», so die Geschäftsleitung mit Barbara und Christoph Jenzer.
dass das Interesse durchweg gross war. Die Mitarbeitenden haben viele Fragen gestellt. Es war auch lustig, gemeinsam so etwas wie die Reanimation zu üben.
Eine Folge des Erste-Hilfe-Kurses beim Familienunternehmen Jenzer war die Anschaffung eines Defibrillators. Barbara und Christoph Jenzer haben zudem entschieden, den Erste-Hilfe-Kurs jedes Jahr zu wiederholen – für alle neuen Mitarbeitenden, für die wenigen, die den Kurs beim ersten Mal verpasst haben, und alle paar Jahre zur Auffrischung der Belegschaft.
DAS ANGEBOT
Wünschen auch Sie sich eine massgeschneiderte Weiterbildung für Ihre Mitarbeitenden? Unser Angebot umfasst ein breites Spektrum an Themen: § Notfallsituationen § Tod und Trauer am Arbeitsplatz § Flucht und Trauma § transkulturelle Kompetenz § psychosoziale Themen
Wir entwickeln Lösungen, die sich an Ihrem Themenbedarf ausrichten. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Offerte: Rotes Kreuz Baselland, Fichtenstrasse 17, CH-4410 Liestal, Telefon: +41 (0) 61 905 82 99, bildung@srk-baselland.ch
RECHTE VON MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN STÄRKEN!
von Marcel W.Buess
In der Sommer-Ausgabe berichtete ich an dieser Stelle über die Gründung der IVB vor 90 Jahren. 1932 gab es noch keine AHV, geschweige denn eine zweite oder dritte Säule. Auch die Invalidenversicherung gab es noch nicht – sie wurde erst 1960 geschaffen. Seit bald 20 Jahren gibt es auf Bundesebene ein Behindertengleichstellungsgesetz, und seit gut drei Jahren verfügt der Kanton Basel-Stadt über ein eigenes Behindertenrechtegesetz. Seit den Sommerferien dieses Jahres liegt im Landrat eine Regierungsvorlage zur Schaffung eines eigenen Baselbieter Behindertenrechtegesetzes. Dieses wird gegenwärtig in der landrätlichen Bildungs-, Kultur- und Sportkommission vorberaten. In den letzten 90 Jahren ist also einiges geschehen – zumindest im Bereich der Legiferierung. Menschen mit Behinderungen, früher nannte man sie abschätzig Invalide, sind nicht mehr Ausgestossene. Sie sind mittlerweile Teil unserer Gesellschaft. Die Inklusion – das Bestreben, dass jeder Mensch ganz natürlich dazu gehört – ist aber längst nicht abgeschlossen.
In der Schweiz leben rund 1.8 Millionen Menschen mit Behinderungen und Leistungseinschränkungen. Dank der erwähnten Sozialversicherungen erhalten viele von ihnen individuelle Unterstützung, zum Beispiel eine Rente oder Hilfsmittel. Trotzdem stossen sie jeden Tag auf zahlreiche Barrieren, die ihre selbstständige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nach wie vor erschweren oder sogar verunmöglichen – zum Beispiel beim Wohnen, bei der Arbeit, in der Bildung, bei der Nutzung des ÖV, bei Dienstleistungen oder beim Zugang zu Bauten und Anlagen. Nationale und regionale Behindertenorganisationen wollen dies nun ändern. Mit einer Anpassung der Bundesverfassung sollen die Rechte von Menschen mit Behinderungen gestärkt werden. Sie sollen wie alle anderen Menschen selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Wo nötig, soll ihnen die dafür erforderliche Unterstützung zuteil werden.
Bereits seit 22 Jahren enthält unsere Bundesverfassung im Artikel 8 ein Verbot der Diskriminierung aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Trotz der löblichen Absicht dieser wichtigen Verfassungsbestimmung ist die Bilanz ernüchternd. Nach wie vor sind trotz der bestehenden Rechtsgrundlagen viele Menschen mit Behinderungen gezwungen, mangels Alternativen in einem Wohnheim oder einer ähnlichen Institution zu leben. Die Ausübung einer beruflichen oder politischen Tätigkeit ist für viele Betroffene erschwert. Und sie können als Folge ihrer Behinderung zum Beispiel an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen. Diese Mängel hat auch der «UNO-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNO-BRK)» festgestellt. Er kommt zum Schluss, dass die aktuellen Rechtsgrundlagen in unserem Land «keineswegs reichen, um die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen». Er empfiehlt deshalb, dass wir unsere Rechtsgrundlagen an die Anforderungen der UNO-BRK anpassen. Diesem Übereinkommen haben sich mittlerweile 175 Vertragsstaaten angeschlossen, die Schweiz gehört seit 2014 dazu.
Das Hauptziel der Inklusionsinitiative ist die umfassende Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Sie sollen zum Beispiel ihre Wohnform und ihren Wohnort wie andere Menschen wählen können. Sie sollen selbstbestimmt und mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie wir am gesellschaftlichen Leben mit all seinen Facetten teilnehmen können. Alles Selbstverständlichkeiten für Menschen ohne Behinderungen …
MARCEL W. BUESS ist Präsident der IVB Behindertenselbsthilfe beider Basel.
Schlossgasse 11 CH-4102 Binningen Telefon +41 (0) 61 426 98 00 mwb@ivb.ch