6 minute read

Tradition mit lebendiger Gegenwart

SINFONIEORCHESTER BASEL

Basel hat sich auf die Fahne geschrieben, eine Musikstadt zu sein. Rückblickend auf eine über 300-jährige Orchestertradition, ist das Sinfonieorchester Basel (SOB) ein bedeutender Mosaikstein, der viel zum Gelingen dieses Vorhabens beisteuert. Der hohe Standard des künstlerischen Aspekts trägt mit einem Löwenanteil zum Erfolg bei, doch ebenso gelingt der Spagat zwischen betriebswirtschaftlicher Finanzierung und dem Service-Management, der Schnittstelle zwischen Dienstleistenden und Kundschaft.

INTERVIEW MIT FRANZISKUS THEURILLAT VON GABRIELA RÖTHLISBERGER.

GESCHÄFTSFÜHRER*IN BASEL: Zum Begriff

«Sinfonie» auf Musik bezogen fällt mir lediglich ein, dass das Wort aus dem Griechischen stammt und die Bedeutung eines zusammenklingenden, harmonischen Instrumentalwerkes hat. Wie lautet Ihre Definition?

Franziskus Theurillat: Eine Sinfonie verstehe ich als Zusammenwirken verschiedener Elementen, ein Gesamtwerk, in dem verschiedene Instrumentengruppen in immer wieder unterschiedlichen Kombinationen zusammenwirken. Über mehrere Jahrhunderte hinweg stellte sie die zentrale Gattung des Konzertwesens dar, wobei das Können von Orchestern und Dirigenten zum Tragen kam. Im 18.Jahrhundert kristallisierte sich die klassische Form der Sinfonie heraus, wie wir sie heute kennen und die nach wie vor eine dominierende Stellung im Bereich der Orchestermusik behauptet.

Wie steht es um die Basler Musikkultur?

Basel ist eine traditionsreiche Musikstadt mit dem glücklichen Umstand, dass eine Vielzahl an international bekannten Musikpersönlichkeiten hier gewirkt haben und es auch heute noch tun. Damit kann unter dem Strich ein sehr at-

© Stadtcasino Basel | Fotografie: © Roman Weyeneth

traktives und qualitativ überdurchschnittliches musikalisches Angebot generiert werden.

Welche Bedeutung hat das SOB für die Orchesterlandschaft Basels?

Das Sinfonieorchester Basel ist die Leitinstitution im Bereich der klassischen Musik, welches zu einem grossen Teil durch Staatsbeiträge der Kantone Basel-Stadt/Basel-Landschaft finanziert wird und somit einen Leistungsauftrag zu erfüllen hat. Wir stellen jede Saison mit hochkarätigen international renommierten Solist*innen und Dirigent*innen ein breitgefächertes vielseitiges Repertoire auf die Beine, das beim Publikum grossen Anklang findet. Das SOB setzt sich auch für aktives Erleben von Musik ein, indem es vielfältige Musikvermittlungsprogramme an unterschiedliche Altersgruppen richtet. Auch sind wir mit Radioaufzeichnungen, Streamingaktivitäten und neuen digitalen Formaten am Start.

Sie haben als Orchesterdirektor wahrscheinlich keinen typischen «Nine-to-five-Job». Mit welchem Rüstzeug sollte man in diesem Beruf ausgestattet sein?

Fachkenntnisse sind natürlich wichtig. Ich habe Musik und später berufsbegleitend Betriebswirtschaft studiert, von daher bin ich gut aufgestellt. Sozialkompetenz ist ebenso eine unabdingbare Voraussetzung. Grundsätzlich sollte man Interesse an Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Kulturbereichen mitbringen – im SOB sind aktuell Musiker*innen aus mehr als 20Nationen vertreten. Ausser-

AKTUELL 59 © Stadtcasino Basel | Fotografie: © Roman Weyeneth

Franziskus Theurillat, Orchesterdirektor des Sinfonieorchesters Basel (SOB)

dem braucht es Passion, starke Nerven, ruhiges Blut und das berühmte dicke Fell.

Welche Aufgaben stemmt die Geschäftsführung des SOB? Da kommt einiges zusammen. In erster Linie wird dafür gesorgt, dass der Leistungsauftrag umgesetzt wird und die Planung des Orchesters reibungslos funktioniert. Da das SOB seit 2012 in künstlerischer und unternehmerischer Eigenverantwortung auftritt, gilt es auch, die finanzielle Zukunft des SOB zu sichern. Hinzu kommen die Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege mit Partnerorganisationen Sponsoren, Gönnervereinigung und Mäzenen.

«wenn ich heute zur arbeit gehe, weiss ich, dass ich erwartet werde und ein teil des Teams bin. ich gehöre dazu; ich bin ein Puzzleteil, aber ein wichtiges. das bedeutet glück.»

Patient der Erwachsenenpsychiatrie

Stress – Ängste – Einsamkeit? Wir helfen Ihnen, damit umzugehen.

Unsere Privatklinik bietet umfassende psychotherapeutische Behandlung und eine gehobene Hotellerie in grüner Umgebung.

Arbeitsverträge und generell die Personalpolitik gehören selbstverständlich auch zum Aufgabenbereich.

Wo kann man die musikalischen Darbietungen des SOB geniessen?

Wir sind das Residenzorchester des erst kürzlich von den Stararchitekten Herzog&de Meuron während vier Jahre aufwendig renovierte Stadtcasino Basel. Der Konzertsaal verfügt über eine fantastische Akustik, die drittbeste in Europa, und repräsentiert damit einen regelrechten Leuchtturmeffekt.

Können Sie mir den betriebswirtschaftlichen Kontext nahelegen?

Finanziert wird das SOB zu rund 80Prozent durch öffentliche Gelder, die Staatsbeiträge der Kantone Basel-Stadt und BaselLandschaft. Dies garantiert uns, dass das Niveau dieses vollprofessionellen Orchesters kontinuierlich hochgehalten werden kann. Hinzu kommen mit ungefähr zehn Prozent Beiträge Dritter, also Förderbeiträge, Sponsoren und Mäzene. Der Rest wird durch Einnahmen aus eigenen Veranstaltungen, Gastspielen sowie Vermietungen abgedeckt. Seit 1988 werden wir von einer Stiftung getragen, deren Zweck im Sinne der Stiftungsurkunde die Organisation, Finanzierung und Verwaltung eines ständigen Orchesters beinhaltet. Die Stifter sind der Kanton Basel-Stadt, sowie das Theater Basel und die Allgemeine Musikgesellschaft Basel. Früher war auch die SRG noch Mitstifterin. Die SRG hat aber nach der Fusion des Radio-Sinfonieorchesters mit dem Basler Sinfonie-Orchester im Jahr 1997 auf den Einsitz im Stiftungsrat verzichtet.

Stichwort Dreiländereck – besteht ein reger Austausch mit Deutschland und Frankreich?

Aufgrund des markanten Preisunterschieds ist es sehr schwierig, vermehrt Publikum für Konzerte in Basel zu gewinnen. Aus dem Südbadischen Raum noch eher als aus dem Elsass. Wir arbeiten aber stetig daran mit innovativen Marketingaktionen die Anzahl der Besuchenden aus den angrenzenden Nachbarländern zu optimieren und die Abonnements zu steigern.

Wie setzen sich die Zielgruppen konkret zusammen, die das SOB ansprechen möchte?

Äusserst vielfältig. Kinder, weltoffene Jugendliche und Familien sind uns wichtig, wie unser treuen Abonnent*innen, weshalb das SOB für alle Alters- und Schulstufen kindgerechte Konzerte anbietet, die pädagogisch ausgereift sind. Das fängt bei den beliebten Kindergartenvorstellungen von mini.musik für die Kleinsten an, und geht weiter zu den Familienkonzerten, die spannende Geschichten mit viel Musik für Kinder ab der ersten Primarschulklasse zum Inhalt haben. Nicht zu vergessen sind die kommentierten Sinfoniekonzerte für Klassen der Sekundarstufe I und II. Dann gibt es die Segmente Geniesser, Nostalgiker und Musikexperten, die das SOB mit entsprechenden Formaten bedient.

Welche Faktoren führen zu der grossen Beliebtheit des SOB und zu der Abonnentensteigerung von 25Prozent in den letzten Jahren?

Das ist ein Zusammenspiel im Dreiklang: Qualität des Orchesters, dramaturgische und technische Programmqualität sowie das Stadtcasino als Hauptspielstätte mit herausragender Akustik.

© Stadtcasino Basel | Fotografie: © Roman Weyeneth

© Stadtcasino Basel | Fotografie: © Roman Weyeneth

Wie schwierig gestaltete sich die Spielzeit des SOB rückblickend über die letzten 2.5Jahre?

Das Absagen aller Kulturveranstaltungen wegen der Coronapandemie zwang uns, als Kulturinstitution neue Wege zu beschreiten, denn eine Untätigkeit des Orchesters kam nicht infrage. Im Handumdrehen zogen wir alle am gleichen Strang und entwickelten gemeinsam innovative Projekte als Ersatz für die abgesagten Konzerte. Ermöglicht wurde dies durch den unermüdlichen Einsatz des Orchesterbüros und die enorme Flexibilität des Orchesters. Seitens des treuen Publikums wurde dieses Engagement dankbar angenommen und hatte zu unserer Freude eine sehr positive emotionale Kundenbindung zur Folge. Die Rückkehr zur «neuen Normalität» fiel uns dementsprechend nicht schwer.

Wie sieht Ihre Perspektive für das SOB aus?

Allem voran wünsche ich mir, dass Klassik ihren Stellenwert aufrecht erhalten kann, den sie seit Jahrhunderten hat, auch zukünftig in unserer schnelllebigen Gesellschaft nicht einbüsst und für ein Publikum, von Jung bis Alt, weiterhin attraktiv bleibt. Wir werden uns noch intensiver der Herausforderung stellen müssen, neue Ideen zu entwickeln, und diese realisieren, ohne dass die Tradition auf der Strecke bleibt. Formate müssen kontinuierlich weiterentwickelt oder mit Populärkulturen kombiniert werden, damit klassische Musik weiterhin das Eintauchen in eine andere Welt ermöglicht, in der sich Kraft tanken lässt.

This article is from: