Das Leben filmen Johannes Sieber
Manuel Gübeli gewinnt den Basler Kurzfilmpreis. Beziehungen, Sexualität, Gender und ganz generell die Auseinandersetzung mit dem Ich in Bezug auf die Gesellschaft; das ist das Thema des Filmemachers, Künstlers und Schriftstellers Manuel Gübeli. Er filmt das Leben. Ende November hat er mit seinem Dokumentarfilm «Being Sascha» den Basler Kurzfilmpreis gewonnen. «Being Sascha» gewährt in poetischer Erzählweise einen Einblick in das Fühlen und Denken eines Menschen, der nicht so richtig für unsere Gesellschaft vorgesehen zu sein scheint. Oder umgekehrt: Das Porträt der nicht binären Transperson Sascha Rijkeboer regt an, Kategorien zu hinterfragen. Die Begegnung und die Arbeit mit Sascha Rijkeboer für den Film haben auch Manuel Gübeli verändert und weitergebracht, wie er sagt. So habe er sich eine inklusivere Sprache antrainiert und selber erlebt, welchen Einfluss das auf das eigene Denken hat.
Von Saschas Art beeindruckt. Manuel sah Sascha vor über zwei Jahren am Luststreifen Film Festival: «Ich bin damals ohne Erwartungen an diese Lesung», erinnert sich Gübeli, «und dann trat dieser Mensch auf die Bühne und brachte mich zum Nachdenken und Lachen. Saschas Art, über das eigene Leben zu reden, hat mich beeindruckt.» Erst ein Jahr nach dieser Begegnung nahm Gübeli das Konzept in Angriff. «So ein Film entsteht im Prozess immer wieder neu», sagt der Filmemacher, «nach dem ersten Gespräch mit Sascha merkte ich, dass unsere Beziehung, das Aufeinandertreffen unserer Rollen als Regisseur und Protagonist respektive Protagonistin im Film vielleicht offenge-
legt werden sollte. Auch weil es sich als wichtiger Teil der ganzen Thematik herausstellte.» Die gefilmten Interviews hat Gübeli im Drehbuchprozess zu einem Text verdichtet und mit seiner Partnerin Aissa Tripodi zu einer Geschichte geformt. Eine Erzählstimme sinniert über Geschlecht, Sexualität, Identität, Gesellschaft – das Leben. Die vom Produzenten und Kameramann Peter Zwierko filmisch festgehaltenen Szenen schaffen im Schnitt von Katharina Bhend eine Ebene auffallender Gewöhnlichkeit: Kleider waschen, Rauchen auf dem Balkon, Telefonieren, Sprache lernen. Szenen aus dem Interview brechen diese Erzählung.
Vom Journalist zum Filmemacher. Manuel Gübeli war Journalist, bevor er mit 36 Jahren sein Filmstudium in Luzern begann. Ausschlaggebend dafür war der Film «Shotbus» über diverse Lebensgeschichten, die im gleichnamigen Club in New York zusammentreffen. Sein erster Kurzfilm «Sexperiment» (2005) war denn auch ein Film über Mut, Selbstbestimmung, persönliche Grenzen und den Reiz des Unbekannten. Seine Abschlussarbeit «Eigenleben» beschäftigte sich mit der Last der unbeschränkten Möglichkeiten und dem Anspruch junger Menschen, ein glückliches Leben zu leben. Mit seinem neusten Kurzfilm «Being Sascha» ist ihm ein feinfühliges Porträt über einen Menschen gelungen, mit dem wir vielleicht alle mehr Gemeinsamkeiten hätten, könnten wir etwas besser auf uns hören. «Being Sascha» wird an den 56. Solothurner Filmtagen gezeigt, die vom 20. bis 27. Januar als vielseitige Online-Ausgabe stattfinden. Zudem ist der Kurzfilm noch bis Ende Januar online in der 3sat-Mediathek verfügbar. www.beingsascha.com, www.manuelguebeli.com, www.solothurnerfilmtage.ch
Preisträger Manuel Gübeli (links) und Sascha, Fotos: zVg
Basler Film- und Medienkunstprojekte geehrt Die Abteilung Kultur des Kantons Basel-Stadt und die Hauptabteilung kulturelles.bl haben Ende November zum fünften Mal hervorragende Film- und Medienkunstprojekte ausgezeichnet: Den Basler Filmpreis erhielt der von Mira Film Basel produzierte Dokumentarfilm «Amor Fati» von Cláudia Varejão. Mit dem Basler Kurzfilmpreis wurde Manuel Gübeli für «Being Sascha», produziert von Sulaco Film aus Basel, ausgezeichnet. Der Basler Medienkunstpreis ging an Christoph Oertli für «Sensing Bodies». Mit einem Spezialpreis für besondere Leistungen im Bereich Schnitt zeichnete die Jury den Basler Cutter Roland von Tessin aus. Aufgrund der Pandemie wurden die Preise persönlich übergeben. Die Preisverleihung, die sich in den letzten Jahren zu einem schweizweit wichtigen Branchentreff entwickelt hatte, konnte nicht durchgeführt werden.
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Januar 2021
ProgrammZeitung