Infotagung 2002

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Dokumentation 21. Informationstagung Schweizerische Hochschule f체r die Holzwirtschaft SH-Holz Biel 2. M채rz 2002


Inhalt Marktgewinn durch Qualitätskontrollen Bruno Albert Mentale Fitness nur für Profisportler? Hanspeter Liechti Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität Hanspeter Liechti "Mediation - eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen" Marc Schaffner Überstunden oder Überzeit? Fredy Eggenschwiler

21. Informationstagung Pro Holz

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Programm Zeitrahmen

Thema

Referent

09.00 – 09.10

Begrüssung

Daniel Banholzer

09.10 – 10.25

Marktgewinn durch Qualitätskontrollen

Bruno Albert

10.25 – 10.45

Pause

10.45 – 12.00

Mentale Fitness nur für Profisportler?

12.00 – 13.30

Mittagessen

13.30 – 14.15

Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

14.15 - 14.20

Kurzpause

14.20 – 15.10

"Mediation - eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen"

15.10 – 15.30

Pause

15.30 – 16.30

Überstunden oder Überzeit?

Fredy Eggenschwiler

16.30

Schlusswort

Daniel Banholzer

~ 16.45

Schluss der Tagung

21. Informationstagung Pro Holz

Hanspeter Liechti

Hanspeter Liechti

Marc Schaffner

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Wort zur 21. Informationstagung Pro Holz Der Vorstand Pro Holz freut sich Euch wiederum mit aktuellen Themen aus dem Berufsalltag eine Informationstagung mit erfahrenen Referenten präsentieren zu dürfen. Mit der Referenten- und Themenauswahl, so hoffen wir, ist es gelungen wieder eine interessante und abwechslungsreiche Tagung zu organisieren. Die Themen eignen sich auch für Frauen / Partnerinnen, da Sie nicht nur fachlich auf den Holzbau, sondern auch auf uns als Persönlichkeit / Mensch ausgerichtet sind. Neu ist, dass der Tagungsort der Informationstagung an der Schweizerischen Hochschule für die Holzwirtschaft „SH Holz“ ist. Somit gehen wir zurück an unseren Studienort und an den Entstehungsort unseres Vereines.

„Lernen ist wie das rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt man zurück.“ Chinesische Weisheit

Mit den Themen •

Marktgewinn durch Qualitätskontrollen

Mentale Fitness nur für Profisportler?

Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

„Mediation – eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen“

Überstunden oder Überzeit?

wollen wir weiterlernen und nicht zurücktreiben wie die vorgenannte Weisheit dies aussagt. Wir wissen alle, dass wir bei unserem Ausbildungsniveau nicht mehr soviel dazulernen können, wie dies noch vor ein paar Jahren der Fall war. Es geht aber auch darum, neue Tendenzen zu erkennen, den Horizont zu erweitern und mit den neuen Erkenntnissen die in Zukunft anstehenden Entscheide richtig treffen zu können.

Daniel Banholzer, Organisator der 21. Informationstagung 2002 Vorstandsmitglied PRO HOLZ

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Steckbriefe der Referenten Pro Holz Informationstagung 2002 SH Holz Biel Bruno Albert

Bruno Albert Eidg. dipl. Zimmermeister Technischer Kaufmann dipl. oek.

Mitinhaber und VR-Präsident der Albruma AG sowie Aktionär und GeschäftsstellenLeiter der Clicon AG, beide in Lindau-Zürich. Jahrgang 1956, verheiratet mit Marlies Albert, zwei Kinder 19- und 21-jährig. Lehrbeauftragter an der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon ZH, Gastdozent an der FH Biel, Mitglied der Projektgruppe EDV/BWS und der Bildungsgruppe des Holzbau Schweiz sowie Experte an den eidg. Fachprüfungen des Holzbau Schweiz. Während mehr als 15 Jahren in bedeutenden Unternehmungen der Holzbranche und des Holzhandel in der obersten Leitung und als Mitglied der Geschäftsleitung tätig. Insbesondere in den Bereichen Holzbau, Schreinerei, Sägerei und Holzhandel. Seit der Gründung der Albruma AG und der gleichzeitigen Verbindung zur Clicon AG unterstützt er Unternehmungen aus der Holz- und Baubranche in den Bereichen Qualitätskontrollen (Thermographie und Luftdichtigkeitsprüfungen), EDV und Beratungen im Holzbau sowie Expertisen im Holzbau. Als Ausgleich zum Berufsalltag und als „Bewegungsmensch“, bin ich aktiv als Patenund Ferienfamilie für Blindenführhunde und bei Wanderungen durch die Schweizer Bergwelt. Zum Thema:

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Marktgewinn durch Qualitätskontrollen

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Hanspeter Liechti

Hanspeter Liechti Liechti Mental Training Basel

Hanspeter Liechti, geboren 1948 in Basel und Inhaber von Liechti Mental Training. Vor meiner Trainertätigkeit war ich während 14 Jahren Inhaber und Geschäftsführer einer Aktiengesellschaft. Seit Sommer 1994 bin ich selbständiger Trainer und ausgebildeter NLP-Master, in Österreich, Deutschland und der Schweiz für Meditation, Mentale- und subjektive Kommunikationstechniken. Dozent für Zukunftsmarketing beim WIFI (Wirtschaftförderungs Institut) Kärnten, Mitglied vom Kiwanis Club BaselWartenberg, vom SMC (Schweizerischer Marketing Club) und vom SGGL (Schweizerische Gesellschaft für ganzheitliches Lernen). Zum Thema:

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Mentale Fitness nur für Profisportler? Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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Marc Schaffner

Marc Schaffner lic. iur. Abteilungsleiter Recht Vizedirektor BDO Visura, Aarau

Ausbildung und Erfahrung • Handelsmatura • Diverse Praktika in Industrie und Handel • Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bern • Gerichtsschreiber am Aargauischen Obergericht (Handelsgericht) • 1992 Eintritt in die BDO Visura als Rechtsberater • Mediator Tätigkeiten • Sanierungs-, Nachlass- und Konkursverwaltungsmandate • Wirtschaftsrechtliche Beratungen • Gesellschaftsgründungen • Nachfolgeregelungen in Unternehmungen • Ehe- und erbvertragliche Beratungen • Mitglied Produktgruppe Recht Projekterfahrung • Mandatsleiter in grösseren und kleineren Konkurs- und Nachlassverfahren • Beobachtermandate der Eidg. Bankenkommission • Begleitung diverser M&A-Projekte (legal due diligence) Zum Thema:

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„Mediation – eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen“

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Fredy Eggenschwiler

lic. iur., Fürsprech und Notar Prokurist, Abteilungsleiter Steuern BDO Visura, Aarau

Ausbildung und Erfahrung • Gymnasium an der Kantonsschule Solothurn • ius Studium an der Universität Bern • 1997 Erwerb des Patentes als Solothurner Fürsprech und Notar • Juristische Tätigkeiten bei Amtsschreiberei, Gerichten und Anwaltskanzleien • 4 Jahre Aktuar der Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft • 1999 Eintritt in die BDO Visura als Steuer- und Rechtsberater Tätigkeiten • Beratungen auf allen Gebieten des nationalen Steuerrechts • Steuerplanungen • Beratungen in handels- und gesellschaftsrechtlichen Fragen • Erbrechtliche Beratungen Projekterfahrung • Steuerplanungen von natürlichen Personen • Sanierungen, Umstrukturierungen und Nachfolgeregelungen • Gesellschaftsgründungen Zum Thema:

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Überstunden oder Überzeit?

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Marktgewinn durch Qualit채tskontrollen Bruno Albert Eidg. dipl. Zimmermeister Technischer Kaufmann dipl. oek.


Marktgewinn durch Qualti채tskontrollen

Die Themen: -

Einleitung

-

Holzbau und sein Ansehen heute

-

Grundlagen der Bauphysik und Geb채udetechnik

-

Normen und Empfehlungen

-

Luftdichtungskonzept und Vertragsbedingungen

-

Messung der Luftdichtigkeit (Blower-Door)

-

Infrarot-Thermographie (als bildhafte Darstellung der Leckstellen)

-

Schlussbetrachtung

21. Informationstagung Pro Holz

Bruno Albert

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen

Einleitung: Sehr geehrte Teilnehmerinnen, sehr geehrter Teilnehmer, ich freue mich, Sie heute über die Möglichkeiten einer geprüften Bauqualität und folglich einem echten Marktgewinn für die Holzbaubranche informieren zu können. Wenn ich dies in den nächsten 75 Minuten tue, dann einerseits mit der Erfahrung, die ich in meiner Tätigkeit als Prüfender, über die Gebäudehülle gemacht habe. Andererseits sicher auch mit „Herz und Verstand“ als Mitglied der Pro Holz und somit als einer aus den eigenen Reihen. Im weiteren erachte ich es als äusserst wichtig für die Holzbranche, meine Erfahrungen und die im Baugeschehen derzeit aktuelle Situation zum heutigen Thema an Sie zu vermitteln. Dem Vorstand Pro Holz möchte ich an dieser Stelle für die Einladung, dieses Referat zu halten, danken. Es freut mich, wenn Sie am Thema "Marktgewinn durch Qualitätskontrollen" interessiert sind. Anfügen muss ich noch, dass unter der Vielzahl der Qualitätsprüfungen viele Spezialisten (Sachverständige) in irgend einer Art damit beschäftigt sind. Meiner Erfahrung und Ausbildung obliegt im wesentlichen die Beurteilung und Prüfung der Gebäudehülle. Auf diese werde ich nachfolgend näher eingehen. Vorerst werde ich Ihnen aber noch einige grundlegende Gedanken über unsere Branche und die aktuelle Marktsituation, im Bezug zum heutigen Thema, aufzeigen.

Holzbau und sein Ansehen heute: Der Holzhausbau erlebt derzeit eine Renaissance. Trotz stagnierender Bauaktivität vergrössert sich der Marktanteil nicht nur mit einer bemerkenswerten Steigerungsrate, sondern auch in absoluten Zahlen. Um diesen Trend zum Holzhausbau zu festigen, haben sich bereits Unternehmungen aus dem Bereich des Systemhausbaus zusammen geschlossen. Der "Schweizerische Verband für geprüfte Qualitätshäuser“ setzt sich zum Ziel, durch ein neutrales Beurteilungs- und Prüfverfahren die Qualität seiner Produkte zu sichern und mit einem Gütezeichen, dem „Qualitätssiegel VGQ“, zu dokumentieren. Weitere Holzhausbauer haben im Zeichen des Qualitätsmanagements begonnen, ihre Häuser durch neutrale Prüfstellen, teilweise (Gebäudehülle) überprüfen zu lassen. Doch was tun die anderen? Anmerkung: Nebst dem Marktgewinn fördert die VGQ ebenso das Qualitätsbewusstsein in unserer Branche als auch das der Bauherrschaften. Wo sind den die Gefahren/Chancen für den Holzbau? Dazu das nachfolgende Zitat der EMPA, im Rahmen einer Bauherreninformation und Publikation im "Der Schweizerische Hauseigentümer“ vom 15. November 2000: Speziell zu beachten ist diesbezüglich der Holzbau, bei dem konstruktionsbedingt wesentlich mehr kritische Stellen vorhanden sind als beim Massivbau. Allerdings besteht ein Massivbau mit Steildach auch teilweise aus Holz, so dass die Luftdichtigkeits-Problematik bei diesen Dächern ebenfalls vorhanden ist. Hinweis: Es liegt mir viel daran, dass wir der EMPA für Ihre sachlich richtige Bemerkung nicht mit Ablehnung entgegen treten. Im übrigen steckt bekanntlich auch in jedem Problem min. eine Chance! Was heisst das für die Holzbauer und unsere Branche? Für den Holzbau gilt es, hier die Chance zu nutzen und Antworten zu formulieren. Diese müssen dann aber auch an die „richtigen“ Empfänger (Architekten, Bauherren und Banken) kommuniziert werden. Dazu sollten auch andere Möglichkeiten als gerade nur die einschlägigen Fachorgane benutzt werden. Mit dem heutigen Referat versuche ich Ihnen eben eine solche Chance aufzuzeigen. Die Ausführung von präventiven Qualitätskontrollen, wie z. B. die Luftdichtigkeitsprüfung, ev. in Kombination mit einer Infrarot-Thermographie, stellt sodann die geeignete Antwort dar. Der Holzbau kann überdies damit auch der Holz "ablehnenden“ Lobby den „Wind“ massiv aus den Segeln nehmen. Anmerkung: Der Kunde gibt Auftrag, wenn er mehr VORTEILE und individuellen NUTZEN erkennt!

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen Wie sieht es den mit dem Ansehen des Holzbaus in den Augen der Architekten, Bauherren, Banken und auch z. Teil in unserer eigenen Reihe aus? Nachfolgend zitiere ich einige Ausschnitte aus den jüngsten Fachpublikationen: (Dabei stellt die Reihenfolge der Zitate keine Wertung dar.) -

„Wir Holzbauer glauben selbst nicht immer an unsere Chancen“. Leider treffen wir immer noch Gleichgültigkeit und Vorurteile im Markt gegenüber dem Holzbau an.

-

Nein, auch ich glaube nicht, dass der Holzbau seine Möglichkeiten bereits ausreizt. Die Bauentscheide gehen mit einem gewissen Automatismus, der sachlich nicht immer gerechtfertigt ist, Richtung Massivbau.

-

Ich bin überzeugt, dass wir beim Holzbau erst am Anfang stehen. Im Wohnungsbau, beziehungsweise bei den Einfamilienhäusern liegt der Anteil des Holzbaus in der Schweiz bei etwa 10 Prozent, während bei mehrgeschossigen Bauten Holz praktisch noch gar nicht vorkommt.

-

Ich bin etwas ketzerisch und sage, die Holzbaubranche scheint hier nicht an sich selber zu glauben. Mir ist ein Beispiel bekannt, wo eine Holzbaufirma ihre Halle als Stahlbau errichtet hat. Das verstehe ich nicht.

-

Der Holzbau war in den letzten zehn Jahren sehr innovativ. Das ist zu wenig kommuniziert worden.

-

Ich denke, die schlechte Nachricht für die Holzbauer - um damit anzufangen - ist, dass es bei den Banken kaum eine Kultur der Holzbaufinanzierung gibt, und dass man hier schlicht über viel zu wenig holzbauspezifisches Wissen verfügt, um die Finanzierungskonzepte zu erarbeiten, die der Holzbau mit seinem heute erreichten technischen Niveau durchaus rechtfertigen könnte.

-

„Angesichts der Vorurteile gegenüber dem Holzbau sind die Anforderungen an das Marketing in dieser Branche besonders hoch“.

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Ich gehe davon aus, dass der Holzbau heute ein ökologisch und technisch ausgereiftes Produkt anzubieten hat, sehe aber, dass ein Aufklärungsbedarf vis à vis Planer und Bauherren besteht.

-

Ich wünsche mir eine modifizierte Ausbildung der Zimmerleute, so dass auch von dieser Seite Vorurteile gegenüber modernem Holzbau, wie ich als Architektin das umsetzen möchte, abgebaut würden,

Die Auflistung der Zitate liesse sich noch weiter fortsetzen. Aber genug des Ganzen! Aufforderung an die Holzbauer Mit meinen Ausführungen will ich unmissverständlich aufzeigen, dass sich das Image der Holzbaubranche, speziell bei den neuzeitlichen Entwicklungen und Ausführungen im Holzhausbau noch auf einer dünnen „Eisschicht“ befindet. Ich denke unsere Branche kann es sich nicht leisten durch fachliche Ausführungsmängel bei Architekten, Bauherren und Banken in Missgunst zu geraten. Vielmehr gilt es gemeinsam und unter Beizug der nötigen Massnahmen das Ansehen der Holzhausbrache zu stärken. Es gilt dies auch, aus den eigenen Reihen positiv zu kommunizieren und dadurch die Marktchancen für den Holzhausbau, insbesondere für den mehrgeschossigen Wohnungsbau zu schaffen. Ein jeder „Hölzige“ hat da seinen Beitrag in seinem Wirkungsfeld zu leisten und darauf zu achten, dass für unsere Branche die „Eisschicht“ nicht einbricht! Aufgabe von Schulen und dem Verband Holzbau Schweiz Die Ausbildung des Berufsstandes und das Erarbeiten von möglichen Ausführungsrichtlinien zur Sicherung des Ansehens und Qualitätsstandards im Holzbau obliegt im wesentlichen den Schulen und dem Holzbau Schweiz. Ich habe die grosse Hoffnung, dass diese sich der Situation ebenfalls bewusst sind und diesbezüglich ihr Möglichstes für unsere Branche unternehmen werden.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen

Grundlagen der Bauphysik und Gebäudetechnik Einführung Ein dichtes Haus hat für den Bauherrn und die Bewohner viele Vorteile gegenüber einem Undichten: Bauschäden werden vermieden, der Komfort ist höher und der Heizenergieverbrauch kleiner. „Dicht“ bedeutet dabei, dass die gesamte Gebäudehülle so luftdicht ist wie eine gemauerte, verputzte Wand. Dabei können Fenster auch im dichten Haus auf die gewohnte Weise geöffnet werden. Fachleute erkennen heute aber, dass Lüften bei einem dichten Haus die meisten Nutzer „überfordert“. Den die Wasserdampfmenge kann längst nicht nur durch eine diffusionsoffene Aussenhülle alleine ausgetragen werden. Vielmehr ist beim manuellen Lüften ein sog. Stosslüften, bis zu 6-10 Mal täglich nötig. Nutzer die tagsüber abwesend sind, können folglich gar nicht genügend Lüften. Hohe Luftdichtigkeit erfordert somit eine Verbesserung des heutigen Standards der Gebäudeplanungund Ausführung. Mit meinem Referat möchte ich die Entwicklung energiesparender Bauten sowie deren fachtechnisch richtige Ausführung unterstützen und dies in meinem Referat umfassend und verständlich behandeln. Luftdichtigkeit; Bedeutung, Anforderung Mit zunehmenden Wärmeschutzanforderungen erlangt die Luftdichtigkeit von Gebäuden eine wachsende Bedeutung. Luftdichtigkeit ist erforderlich, um die angestrebte Verringerung des Heizenergiebedarfs auch tatsächlich zu erreichen und Bauschäden sowie Komforteinbussen zu vermeiden. Gründe für eine luftdichte Gebäudehülle - Vermeidung von Bauschäden - Vermeidung von Zugluft - Vermeiden unnötiger Lüftungswärmeverluste - Verbesserter Schallschutz vor Aussenlärm und zwischen verschiedenen Wohnungen - Höhere Luftqualität (z. B. durch luftdichtes Abtrennen des Kellers) Die Luftdichtigkeit kann nur geplant, nicht aber theoretisch errechnet werden! Für Architekten und Handwerker stellt Dichtheit eine Qualitätsanforderung dar. Im Rahmen der Qualitätssicherung am Bau kann Luftdichtigkeit durch eine Messung nachgewiesen werden. Auf die Messung und deren Einzelheiten werde ich später ausführlich eingehen. Anforderungen der Norm SIA 180 und Dokumentation D 0166 Der Wärme- und Feuchteschutz gehört zum Grundkonzept eines Gebäudes und muss daher bereits im Entwurfsstadium berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere für den sommerlichen Wärmeschutz, mit dem eine weitgehende Vermeidung der Gebäudeklimatisierung angestrebt wird. Im Verlauf des Projektierungs- und Ausführungsprozesses müssen die einzelnen Anforderungen des Wärme- und Feuchteschutzes fortlaufend in das Projekt integriert werden. Das erfordert bauliche und haustechnische Massnahmen. Im Betrieb muss sichergestellt werden, dass die den Anforderungen zugrunde liegenden Annahmen z.B. bezüglich der Aussenluftrate und der Feuchteproduktion eingehalten werden. Demnach sind vom Planer luftdichte Schichten und zwischen den verschiedenen Bauteilen sogenannte Dichtigkeitsanschlüsse in den Ausführungszeichnungen mit darzustellen und im Leistungsverzeichnis mit aufzuführen. Fugen müssen in der wärmeübertragenden Umfassungsfläche dauerhaft luftundurchlässig sein. Schadenvermeidung Der Dachbereich wird im Winter bei Undichtigkeit aufgrund des thermischen Auftriebs überwiegend von innen nach aussen durchströmt. Die warme und meist auch feuchte Raumluft kühlt dabei innerhalb der Baukonstruktion ab - es kann sich Kondensat bilden. Bauschäden sind die Folge. Die Wassermasse, die auf diese Weise durch Konvektion ins Bauteil transportiert wird, ist weitaus grösser, als die durch Diffusion geförderte. Bausachverständige wissen heute, dass wesentlich mehr Bauschäden durch Konvektion als durch Diffusion verursacht werden. Bauschäden durch konvektiven Wasserdampftransport können durch eine dichte Bauweise verhindert werden.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen Höherer thermischer Komfort Wenn kalte Aussenluft durch grössere Lecks in den Aufenthaltsbereich strömt, kommt es in der Wohnung zu Zugserscheinungen. Kritisch sind Undichtheiten auf der vom Wind angeströmten Seite und wegen des Warmluftauftriebs solche im unteren Teil der Wohnung. Strömt diese kalte Luft in Fussbodenhöhe ein, dann entsteht ein Kaltsee, weil sich die schwerere kalte Luft nur langsam mit der leichteren Warmluft mischt. Dicht zu bauen, insbesondere auch in Fussbodennähe, verhindert Zugerscheinungen und erhöht somit die thermische Behaglichkeit. Besserer Schallschutz Durch Spalten und Löcher, die von Luft durchströmt werden, kann sich auch Schall ausbreiten. Für den Schallschutz von Aussenlärm ist es deshalb notwendig, die Gebäudehülle dicht zu bauen. Gleiches gilt im Mehrfamilienhaus für den Schallschutz zwischen verschiedenen Wohnungen: Notwendig ist eine luftdichte Abtrennung der Wohnungen voneinander. Höhere Luftqualität Die luftdichte Hülle um jede einzelne Wohnung bietet noch einen anderen Vorteil: Luft aus anderen Wohnungen, auch geruchsbelastete, kann nicht in die angrenzenden Wohnungen strömen. Besonders wichtig, aber auch besonders fehlerträchtig ist die luftdichte Abtrennung im Bereich der Installationsschächte von Bädern mit mechanischer Entlüftung. Hier muss verhindert werden, dass bei laufendem Lüftungsventilator Luft aus den Bädern angrenzender Wohnungen nachströmt. Das Einströmen von Kellerluft, die mit radioaktivem Radon (aus dem Erdgestein) oder mit Schimmelsporen belastet sein kann, sowie das Einströmen von möglicherweise staubbelasteter Luft aus einem Dämmstoff in den Wohnbereich kann ebenfalls durch eine luftdichte Gebäudehülle verhindert werden. Verringerter Heizenergieverbrauch Dies ist der bekannteste und meistdiskutierte Vorteil luftdichter Gebäude. In der Tat ist der Luftwechsel in undichten Häusern im Winter zeitweilig weitaus höher, als er aus hygienischen Gründen notwendig wäre. Dementsprechend hoch ist in diesem Fall der Heizenergieverbrauch. Lüftung durch Undichtigkeit? Immer wieder wird gefragt, ob nicht eine gewisse Undichtigkeit wünschenswert wäre, um eine ausreichende Lüftung des Hauses zu gewährleisten. Leider ist das nicht möglich: Um bei windstillem Wetter im Frühjahr und Herbst einen ausreichenden Luftwechsel durch Undichtigkeiten zu ermöglichen, müsste ein Gebäude so viele und so grosse Lecks aufweisen, dass die Bewohner an kalten Wintertagen oder bei Wind starke Zuglufterscheinungen zu ertragen hätten. Abgesehen von sehr undichten Häusern ist es also unerlässlich, durch geeigneten Umgang mit den Fenstern oder durch mechanische Lüftungseinrichtungen für den hygienisch notwendigen Luftaustausch zu sorgen. Bei Fensterlüftung ist die regelmässige, kurzzeitige Stosslüftung am besten geeignet. Der Nachteil der regelmässigen Stosslüftung besteht darin, dass diese die Anwesenheit eines tätigen Nutzers voraussetzt - zumindest während der Schlafenszeit findet keine Stosslüftung statt. Hier sind mechanische Lüftungsanlagen von Vorteil: Sie können den kontinuierlichen Luftaustausch entsprechend den momentanen Nutzungsbedingungen sicherstellen. Mechanische Lüftung mittels Abluftanlage Bei der Abluftanlage wird durch einen Ventilator Luft aus den Räumen entnommen, in denen besonders viel Feuchtigkeit und Gerüche freigesetzt werden: Bad, WC und Küche. (Ablufträume)Dies führt zu einem leichten Unterdruck im Gebäude bzw. der Wohnung. Frische Aussenluft strömt durch sogenannte Aussenluftdurchlässe in Wohn- und Schlafräume nach. Allerdings strömt sie auch durch Lecks in der Gebäudehülle in die Wohnung. Eine luftdichte Gebäudehülle sorgt in Häusern mit Abluftanlage dafür, dass die Aussenluft tatsächlich durch die Aussenluftdurchlässe strömt. Bestehen Undichtigkeiten im Bereich der Ablufträume oder dem Flur, dann vermindert die hier eindringende Aussenluft die Belüftung von Schlaf- und Wohnzimmer. Gibt es insgesamt viele Undichtigkeiten im Gebäude, dann wird der von der Abluftanlage verursachte Unterdruck sehr klein. Ist er kleiner als die wetterbedingten Stördrücke durch Wind und Thermik, werden nicht alle Zulufträume (Wohn- Schlaf- und Kinderzimmer) wunschgemäss belüftet.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen Mechanische Lüftung mittels Zuluft - Abluft - Anlage Bei diesen Anlagen wird Zu- und Abluft mittels zweier Ventilatoren transportiert. Für die Rückgewinnung von Wärme aus Abluft werden Plattenwärmetauscher und Wärmepumpen eingesetzt. Bei der Abluftanlage ist die Dichtigkeit der Gebäudehülle vor allem im Hinblick auf die Belüftung der Zulufträume wichtig. Dagegen ist die Dichtigkeit bei der Zuluft-Abluft-Anlage mit Wärmerückgewinnung aus energetischen Gründen notwendig: Luft, die durch Lecks strömt, kann nicht zur Wärmerückgewinnung genutzt werden. Die Wärmerückgewinnung kann nur dann einen wirksamen Beitrag zur Verminderung der Lüftungswärmeverluste leisten, wenn der weitaus grösste Teil des Luftwechsels über die Lüftungsanlage und nicht über Undichtigkeiten der Gebäudehülle stattfindet. Deshalb muss das Gebäude besonders dicht sein. (Siehe dazu auch nachfolgende Tabellen) im Bezug auf deren Anwendung gehe ich nachfolgend unter „Messung der Luftdichtigkeit“ näher ein. - Norm SIA 180 "Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau", 1988 Kategorie nL,50 unt. Grenzwert ob. Grenzwert EFH-Neubauten 2.00 4.50 MFH-Neubauten 2.50 3.50 Wohnbauten mit Abluftablagen 2.00 3.00 Wohnbauten mit Zu-/Abluftablagen 1.00 EN 13829 Passivhaus-Standard

-

- Norm SIA 180 "Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau", 1999 Kategorie va,4,max Grenzwert Neubauten 0.75 Umbauten, Erneuerung 1.50

0.60

Zielwert 0.50 1.00

Normen und Empfehlungen (Auszug aus der Norm, SIA 180/1999 Wärme- und Feuchteschutz im Hochbau) Was gilt es bei der heutigen Norm zu beachten? 3.1.4

Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle:

3.1.4.1

Grundsätzlich muss die Gebäudehülle, welche das beheizte Gebäudevolumen umschliesst, mit geschlossenen Lüftungsöffnungen dicht sein. Die erforderliche Aussenluftmenge muss durch manuelle Öffnungen der Fenster, andere kontrollierte Luftöffnungen oder durch geeignete lufttechnische Anlagen sichergestellt werden. Bei der Beurteilung der Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle sind folgende Aspekte getrennt zu betrachten: -

-

Dichtigkeit der Einzelbauteile gemäss Anforderungen in den Bauteilnormen Gesamt-Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle zur Reduktion der LüftungsWärmeverluste (Energie) Lokale Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle (vor allem raumseitig), welche zu Feuchtschäden infolge Eindringen von feuchter Raumluft in die Baukonstruktion führen kann. lokale Luftdurchlässigkeit und damit verbundene Zuglufterscheinung, welche die thermische Behaglichkeit beeinträchtigen.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen 3.1.4.6

Für die Beurteilung der Luftdurchlässigkeit (”Dichtigkeit”) der Gebäudehülle geschlossenen Zustand gelten die Grenz- und Zielwerte gemäss folgender Tabelle: Volumenstrom bei 4 Pa Druckdifferenz in m2/h Va, 4,max. m3/(h x m2) Kategorie Grenzwerte Neubauten 0.75 Umbauten, Erneuerungen 1.5

im

Zielwerte 0.5 1.0

3.1.4.7 Eine Konzentration der Leckverluste in einem speziellen Gebäudebereich (z.B. Dachgeschoss) ist zu vermeiden. Die Gesamt-Luftdurchlässigkeit der Gebäudehülle darf in keiner Zone (Einzelraum, Raumgruppe oder Geschoss) des Gebäudes den Wert von 2 m3/(h.m2) überschreiten. (Anmerkung: Ausführbar, aber Messung nicht bezahlbar!) Messungen nach SIA 180, deshalb immer mit dem Vermerk exkl. Ziffer 3.1.4.7, vereinbaren! 3.3.2.1

Wenn eine luftdichte Stelle erforderlich ist (siehe Ziffer 3.1.4), muss sie bei Verbindungsstellen und Durchdringungen dicht ausgeführt werden. Sie wird in der Regel auf der warmen Seite der Wärmedämmung aufgebracht. Ist dies nicht der Fall, muss das Kondensationsrisiko nach Ziffer 6.3 (Begrenzung der Feuchte in der Konstruktion) überprüft werden.

3.3.2.2

Die Dampfbremse kann auch als luftdichte Schicht dienen.

3.3.2.3

Zur Sicherstellung einer luftdichten Gebäudehülle sind Massnahmen und Kontrollen im Bauablauf und evtl. nach Fertigstellung des Bauwerkes erforderlich. Die einzelnen Massnahmen und Kontrollen sind in der Tabelle 7 summarisch zusammengestellt. Tabelle 7 Massnahmen und Kontrollen zur Sicherstellung einer möglichst luftdichten Gebäudehülle Projektierungsphase

-

Ausführungsphase

-

nach Bauvollendung

-

nach Bezug

-

konzeptionelles Vorgehen (Dichtung-, Lüftungskonzept) Detailstudien (An- und Abschlüsse, Durchdringungen usw.) Klare Darstellung in Plänen und Ausschreibung Absprache der Anforderungen mit allen Beteiligten Kontrolle von Materialien und Ausführungsqualität durch die Bauleitung vor Ort während allen Bauphasen einfacher ”Dichtigkeitstest” während und nach der Ausführung, Leckagenortung und Nachbesserung der Fehlerstellen evtl. Abnahmetest für die ”Luftdichtigkeit” evtl. Leckagenortung (z.B. mit Rauchtest oder IRThermographie) bei Bedarf: detaillierte Messung der Luftdurchlässigkeit, verbunden mit Leckagenortung und weiteren Messverfahren in den Bereichen thermische Behaglichkeit und Energie

4.1.1

Wärmedämmung:

4.1.1.1

Die wärmedämmenden Bauteile der Gebäudehülle (Wände, Decken, Böden sowie Fenster und Türen usw.) müssen das beheizte Volumen vollständig umschliessen. Unbeheizte Räume können in das beheizte Volumen einbezogen werden. Wintergärten und Veranden müssen besonders aufmerksam betrachtet werden.

4.1.1.2 Die Baukonstruktion muss so geplant werden, dass Wärmebrücken bestmöglich vermieden werden.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen

Luftdichtungskonzept und Vertragsbedingungen: (als Marktchance) Einleitend muss ich dazu sagen, dass ich mit meinen Ausführungen im speziellen die präventiven Möglichkeiten aufzeigen werde. Dies, weil nicht der Schadenfall und dessen Behebung, sondern die Prävention eine echte Marktchance für den Holzbau darstellt. Auf den Schadenfall und der daraus entstehenden Verpflichtungen, für die an der Gebäudehülle beteiligten Unternehmungen, kann ich aus zeitlichen Gründen und mangels rechtlicher Fachkompetenz nicht eingehen. Zudem stellt jeder Schadenfall in sich ein eigenständiger Fall dar, der kaum mit einigen wenigen rechtlichen Hinweisen, von allgemeiner Gültigkeit, abgehandelt werden kann. Information der Anbieter bzw. der ausführenden Firmen Die handwerklichen Arbeiten zur Ausführung der Luftdichtungshülle müssen im Leistungsverzeichnis aufgeführt werden. Darüber hinaus sollte in der Leistungsbeschreibung auf die Durchführung einer Dichtigkeitsmessung, die angestrebte Luftdichtigkeit des Gebäudes bez. jeder Wohnung, die Anwesenheit eines Vertreters der ausführenden Firma bei der Messung u. a. hingewiesen werden. Die Texte der folgenden Abschnitte 1 bis 4 können/sollen zur Information in die technischen Vertragsbedingungen aufgenommen werden: (Jede unabhängige Prüffirma wird Sie dabei noch zusätzlich unterstützen.) 1. Messung: Die Luftdurchlässigkeit des Gebäudes/jeder Wohnung wird mittels Blower-Door gemessen. Der Zeitpunkt der Messung wird dem Auftragnehmer spätestens zwei Tage vor Durchführung der Messung mitgeteilt. Bei der Messung hat ein Vertreter des Auftragnehmers anwesend zu sein. Die Prüfung erfolgt nach dem Verfahren A. (Abnahmetest im Nutzungszustand) es werden keine weiteren Massnahmen getroffen, um die Luftdichtigkeit zu verbessern. Das Verfahren A wird benutzt um die Anforderungen der Norm SIA 180 oder EN 13829 nachzuweisen. Die Prüfung erfolgt nach dem Verfahren B. (Test der Gebäudehülle) dazu werden alle einstellbaren Öffnungen geschlossen, und alle weiteren absichtlich vorhandenen Öffnungen müssen abgedichtet werden. (z.B. Küchenabzug, Kamin, usw.) Anmerkung: Dieses Verfahren ist sodann für den Holzbauer sehr wichtig, da dies die einzige Möglichkeit darstellt den Holzbau (Gebäudehülle) ohne Leckstellen bei Ofen, Küchenabluft und dergleichen zu prüfen. 2. Geforderte Luftdichtigkeit: Die geforderte Luftdichtigkeit des Gebäudes/einer Wohnung ist erreicht, wenn die Luftdichtigkeit innerhalb der folgenden Bereiche liegt: Grenzwerte der Norm SIA 180, (1988 und 1999) In der Schweiz sind die zulässigen Grenzwerte für die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle (nL50-Werte) in der Norm SIA 180 "Wärmeschutz im Hochbau", (1988) geregelt. Der max. zulässige Wert für EFH mit Fensterlüftung beträgt bei 50 Pa Druckdifferenz 4.5 [h-1]. Für Bauten mit mechanischen Lüftungsanlagen sind deutlich strengere Werte vorgegeben: nL50 = max. 1 [h-1]. In der neuen Ausgabe der Norm SIA 180, (1999) wurden Grenzwerte für einen neu geschaffenen Va, 4 -Wert [m3/(h⋅m2)] definiert. Dieser Wert hat als Basis den Luftvolumenstrom bei 4 Pascal Differenzdruck und wird statt durch das Gebäudevolumen durch die Gebäudehüllfläche dividiert. Praktische Erfahrungen mit dieser neuen, eher schwieriger zu handhabenden Methode sind zur Zeit noch wenig vorhanden. 3. Verpflichtung zur Nacharbeit: Bei der Messung wird der Auftragnehmer auf vorhandene Leckagen hingewiesen. Gegebenenfalls. sind Nacharbeiten schon während der Messung durchzuführen. Umfangreiche Nacharbeiten sind kurzfristig, d.h. innerhalb von 2-3 Arbeitstagen, abzuschliessen. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für seinen Werkteil die Nacharbeiten durchzuführen, die zur Einhaltung der geforderten Luftdichtigkeit erforderlich sind. Die Bauleitung kann zur Überprüfung der Nacharbeiten eine weitere Messung anberaumen. Die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Teilnahme an der Messung und kurzfristigen Durchführung eventueller Nachbesserungen bleibt bestehen. 4. Kostenübernahme: Die Kosten für die Anwesenheit des Auftragnehmers bei einer Messung und die Kosten für die Nacharbeiten trägt der Auftragnehmer. Diese Kosten sind in der Angebotssumme mit enthalten.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen

Messung der Luftdichtigkeit Ziel der Blower-Door-Messung ist, die Luftdichtigkeit (=Winddichtigkeit) von Gebäuden zu quantifizieren und zu begutachten. Messprinzip Für die Messung der Luftdichtigkeit einer Wohnung oder eines Gebäudes wird ein Ventilator (Blower Door) luftdicht in die Öffnung einer Eingangs- oder Balkontüre eingebaut. Bei Ventilatorbetrieb und geschlossenen Fenster und Türen kann im Gebäude eine Druckdifferenz (Unter- oder Überdruck) zur Aussenluft erzeugt werden. Die Höhe der Druckdifferenz (ca. 10 bis 60 Pascal) ist über die Ventilatordrehzahl einstellbar. Der bei einer eingestellte Druckdifferenz geförderte Luftstrom wird als Volumenstrom der Luftdurchlässigkeit bezeichnet.

Die Messung mit künstlich erzeugtem Differenzdruck künstliche Druckdifferenz (+/-) bei einströmender Kaltluft: Visualisierung mit IR-Kamera oder Rauch Messung reproduzierbar Grafik: EMPA Dübendorf

Lecksuche Bei einem Unterdruck von 50 Pascal (PA) im Gebäude werden leckverdächtige Stellen, also Fugen, Anschlüsse und Durchdringungen, mit einem Luftgeschwindigkeitsmessgerät (Thermoanemometer) abgesucht. Lecks, bei denen Luftgeschwindigkeiten von 2m/s und mehr auftreten, sollten unbedingt abgedichtet werden. Entsprechendes gilt für Lecks mit grosser Querschnittsfläche. Sofern es draussen nicht warm und feucht ist, wird in der Praxis oft zuerst mit den Fingern geprüft, ob Zugerscheinungen zu spüren sind. Bei kaltem Wetter und beheiztem Gebäude kann auch eine Thermographiekamera zur Lecksuche eingesetzt werden. Thermografische Aufnahmen lassen den Ort des Lecklufteintritts und den Bereich erkennen, in dem sich Kaltluft ausbreitet. Durch Rauch lässt sich eindringende Leckluft ebenfalls sichtbar machen. Aus der Geschwindigkeit und Grösse des sichtbar gemachten Leckluftstrahls ist ablesbar, ob ein grösseres oder kleineres Leck vorliegt. Wie viel sind 50 Pa 50 Pa ist eine sehr kleine Druckdifferenz, nämlich die Druckdifferenz, die eine Wassersäule von 5 mm Höhe verursacht. Wird in einem Gebäude ein Unterdruck von 50 Pa erzeugt, dann ist der Druck in den Räumen nur um einen fünftausendstel kleiner als der aussen. Die gleiche Druckänderung stellt sich ein, wenn man zwei Stockwerke nach oben steigt. Verglichen mit den vom Wetter verursachten Druckunterschiede an der Gebäudehülle sind 50 PA allerdings viel: 50 Pa beträgt der Staudruck in der Mitte einer Wand, die vom Wind mit einer Geschwindigkeit von 9 m/s senkrecht angeströmt wird. Das entspricht immerhin Windstärke 5.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen Mehr-Punkt-Messung Durch Veränderung der Ventilatorendrehzahl wird eine bestimmte Gebäudedruckdifferenz eingestellt und der geförderte Volumenstrom des Ventilators gemessen. Dieses Verfahren nennt sich MehrPunkt-Messung. Durch das Aufnehmen mehrerer Messwertpunkte wird die Genauigkeit der Messung erhöht, da Ablesefehler sowie Fehler durch Windeinflüsse und anderer Störfaktoren reduziert werden. Die Mehr-Punkt-Messung erfolgt im Messbereich von 30-60 Pa Gebäudedruck mit einer jeweiligen Änderung von 4-5 Pa pro Messung bei 6 bis 7 Messwerten. Die Auswertung der Mehr-PunktMessung kann als Diagramm erfolgen und wird zur Berechung der Luftmengenströme bei niedrigen Druckdifferenzen von z.B. 4 Pa (beim Va, 4) durch Extrapolation verwendet. Die Messung führt man sowohl bei Unter- wie Überdruck durch. (Das Mittel ergibt dadurch das Ergebnis der Prüfung) Einfamilien- und Reihenhäuser werden meist als ganzes, Wohnungen in Mehrfamilienhäuser dagegen überwiegend einzeln untersucht. Geeigneter Messzeitpunkt (Prüfverfahren B) Die Messung sollte zu einem Zeitpunkt durchgeführt werden, zu dem die Luftdichtigkeitsebene noch zugänglich ist. Das heisst, dass z.B. die Innenschale im Dachbereich noch nicht angebracht sein sollte. Oft müssen bei diesem Bauzustand Teile der Luftdichtigkeitsebene, wie Öffnungen für Rohrdurchführungen u. ä. provisorisch abgedichtet werden. Messungen bei diesem Bauzustand haben den Vorteil, dass Mängel der Dichtigkeitsschicht leicht erkannt und mit vertretbarem Aufwand behoben werden können. Gegebenenfalls sollte nach Abschluss der Ausbauarbeiten eine zweite Messung ohne ausführliche Lecksuche durchgeführt werden. Dauer einer Messung Die Dauer einer Messung hängt stark davon ab, in welchem Unfang provisorische Abdichtungen vorgenommen werden müssen und inwieweit die einzelnen Leckstellen ermittelt und dokumentiert werden sollen. Der minimale Zeitaufwand für eine Messung, vor Ort, ohne Gebäudepräparation und ohne ausführliche Lecksuche liegt bei ca. 2 Stunden. Inkl. Lecksuche sollte für ein Einfamilienhaus etwa ein halber Tag einkalkuliert werden. Preise für Dichtigkeitsmessungen Eine Luftdichtigkeitsmessung kostet, je nach Ort und Objektart, Fr. 1'000.- bis 2'000.-, werden dazu Infrarotaufnahmen gemacht, verdoppelt sich der Betrag etwa. Grundsätzlich ist der Kostenaufwand für die Messung von folgenden Faktoren abhängig: - Grösse des Gebäudes - Umfang der Gebäudevorbereitung - Anzahl der Leckstellen - Art und Ausführlichkeit der Dokumentation - An- und Rückfahrt Weitere Anwendungsmöglichkeiten Die umfangreiche Messausrüstung kann neben dem beschriebenen Blower-Door-Verfahren auch an anderer Stelle effektiv eingesetzt werden. So z. B. ist die Überwachung von Reinräumen ebenso möglich wie umfangreiche Tests an Belüftungsanlagen. Auch die Zugmessung an Schornsteinen kann damit zuverlässig durchgeführt werden. Anmerkung zur neuen Norm SIA 180 Die neuen Grenz- und Zielwerte ergeben im Allgemeinen keine Verschärfung der alten Anforderungswerte. Der Va, 4 Wert hat einen grösseren Toleranzbereich +/- 30% als der nL50 +/- 10%. Die Ermittlung des Va, 4 Wertes ist aufwendiger als der nL50. Der Va, 4 Wert ist mit keinem anderen Land vergleichbar. (Europa EN 13829) Um eine Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Messungen in der Schweiz zu erlangen, haben sich die meisten Messteams, unter der Leitung der EMPA, zusammengeschlossen. Im Laufe der nächsten zwei Jahre sollten unter anderem vereinfachte Messungen und Messmethoden erreicht werden können. Weiter soll durch das Regeln der Randbedingungen und Messanordnungen die Genauigkeit des Resultates verbessert werden. Die Messungen werden dadurch auch besser nachvollzieh- und vergleichbar.

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen

Die Infrarot-Thermographie Die Thermographie ist eine wissenschaftlich anerkannte Methode zur berührungslosen Messung von Oberflächentemperaturen. Informationsquelle ist die von jedem Körper ausgehende, vom natürlichen Auge nicht sichtbare Infrarotstrahlung, die mittels eines Detektors in eine bildhafte Temperaturinformation umgewandelt wird.(D.h. hinter jedem Bildpixel ist sodann auch eine Temperaturinformation ablesbar) In der Gebäude-Thermographie haben sich im Laufe der Entwicklung mehrere Anwendungsmöglichkeiten ergeben, von denen die Erkennung von Wärmebrücken wohl die interessanteste ist. Um ein Gebäude hinsichtlich seiner Dämmeigenschaften beurteilen zu können, muss zunächst ein Temperaturunterschied von 10 - 12°C zwischen Innen und Aussen vorliegen. Diese Anforderungen werden in der Regel während der Heizperiode erreicht, so dass eine Gebäude-Thermographie am sinnvollsten in dieser Zeit durchgeführt wird. In der Praxis hat es sich bewährt, zunächst das entsprechende Gebäude von Aussen mit der Infrarotkamera zu begutachten. Wichtig ist dabei, dass die zu messenden Fassadenteile nicht unter direkter Sonneneinstrahlung stehen. Diese Technik kann mit oder ohne Erzeugung von Unterdruck im Gebäude ausgeführt werden. Mit dem Erzeugen von Unterdruck werden die Schwachstellen bei der Innen-Thermographie jedoch verstärkt sichtbar. Wo bietet sich die Thermographie an? Die Infrarotkamera kommt neben einem begleiteten Einsatz bei der Anwendung des Blower-DoorMessung immer dann zum Einsatz, wenn sich im Bereich von Massivbauteilen Wärmebrücken ergeben. Diese können detailliert dargestellt und daraufhin entsprechende Sanierungsvorschläge unterbreitet werden. Gerade im Bauwesen sind die Möglichkeiten der Thermographie gross. Insbesondere die positive Eigenart der vollkommen schadenfreien Untersuchungsmöglichkeit ist heute oft bares Geld wert, so z.B. bei Leckagenortungen in Leitungssystemen. Thermographie Fotos: Vorher / Nachher: (Nutzen und Vorteile für unsere Kunden) Normalbild: Verbindung Aussenwand mit Decke. Vorher: Kontrolle der Ist-Situation

Nachher: Nachkontrolle nach Nachbesserung der Wärmedämmung

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Marktgewinn durch Qualtiätskontrollen Was für Anwendungsmöglichkeiten sind möglich? Im Bereich der Gebäudeüberwachung sind zahlreiche Anwendungsgebiete möglich, so z. B. bei: Erkennung von Wärmeverlusten: -

Nachweis von Bauplanungs- und Ausführungsmängeln

-

Nachweis von Dichtungs- und Dämmungsfehler an Wohn- und Industriegebäuden

-

Nachweis thermischer Schwachstellen, wie Zugluftleckagen an Fenstern und Türen

-

ungenügend isolierte Heizkörpernischen und Durchfeuchtungen

Schadenserkennung: -

Lokalisieren nicht sichtbarer Heizungsrohre, Elektro-Fussbodenheizung und Versorgungsleitungen

-

Leckortungen an Heizungsrohren (statische Heizung, Fussbodenheizung), an Kalt- und Warmwasserleitungen

-

-

Nachweis von Durchfeuchtung, Gefährdung der Bausubstanz Festlegung von Kernbohrungen in Böden mit Fussbodenheizungen zur Einleitung von Trocknungsmassnahmen Nachweis von Rissbildungen in Bauteilen und Bauwerken

Beurteilung historischer Bausubstanz -

Nachweis baugeschichtlicher interessanter Massivbauteile, die unter Putz verborgen sind

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Nachweis und Beurteilung von freilegungswürdigem Fachwerk

-

-

Infrarotuntersuchung als Planungshilfe bei der Wiederherstellung des historisch gewachsenen Bildes von Stadt- und Dorfkernen Thermographie als Vorlage für historisch getreue Rekonstruktionen

Kosten: Werden zu den Luftdichtigkeitsmessungen (Kosten Fr. 1'000.-- bis 2'000.--) Infrarotaufnahmen gemacht, wird sich der Betrag etwa verdoppeln. Grundsätzlich ist der Kostenaufwand für die Prüfung von denselben Faktoren abhängig, wie bei der Dichtigkeitsprüfung.(Siehe die Hinweise auf Seite 10)

Schlussbetrachtung: In Anbetracht der heutigen angespannten Marktlage, trotz den neuzeitlichen und zukunftsorientierten Entwicklungen im Holzbau, ist es sicher nicht vertretbar Fehler zu machen oder gar zu wiederholen. Die Holzbauer können und dürfen sich dies einfach nicht leisten, nur damit jeder seinen eigenen Lernprozess durchmachen kann. Denn nebst dem Imageverlust für die ganze Branche stellen Gewährleistungsschäden für jedes Unternehmen, unter Umständen, eine existenzielle Bedrohung dar. Jeder Holzbauer sollte deshalb: seine Kenntnisse stets auf dem neuesten Stand der Technik halten. (sich laufend weiterbilden) sein Wissen auch auf andere Gebiete ausdehnen. ERFA Gedanken- und Wissensaustausch zum Wohle der ganzen Holzbaubranche fördern. falls erforderlich rechtzeitig externe Sachverständige beiziehen. (Entlastung durch Prüffirma!) Hinweis: Der Kunde gibt einen Auftrag, wenn er mehr VORTEILE und individuellen NUTZEN erkennt! Ich fordere Sie deshalb auf, mit jedem Ihrer Bauten ein Stück in die Zukunft zu bauen und damit ihren Beitrag zu einem echten Marktgewinn für die Holzbaubranche zu leisten. Bruno ALBERT, dipl. Zimmermeister Clicon AG, 8315 Lindau - Zürich Thermo-Aufnahmen / Luftdichtigkeitsprüfungen

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Mentale Fitness nur f端r Profisportler?

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Mentale Fitness nur f端r Profisportler?

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Mentale Fitness nur f端r Profisportler?

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Mentale Fitness nur f端r Profisportler?

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Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

Hanspeter Liechti Liechti Mental Training Basel


Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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Ich öffne mir die Türe für mehr Lebensqualität

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"Mediation - eine andere Mรถglichkeit Konflikte zu lรถsen Marc Schaffner lic. iur. Abteilungsleiter Recht Vizedirektor BDO Visura, Aarau


Mediation - eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen

MEDIATION eine andere Art, Konflikte zu lösen Einleitung Mediation, ein in letzter Zeit häufig auch in den Medien auftauchender Begriff. Er wurde auch im Rahmen dieser Veranstaltung schon erwähnt. Herr Paul Grunder hat in seinem Referat Unternehmensverhalten bei Reklamationen letztes Jahr bereits kurz auf die Mediation hingewiesen. Mein Beitrag heute schliesst deshalb folgerichtig an und soll Ihnen die Mediation in den nachfolgend aufgezeichneten Schritten etwas näher bringen und erläutern. Was ist Mediation? Eine erste Antwort Konflikte und Lösungsmöglichkeiten Schematischer Ablauf einer Mediation Mediation in der Unternehmung Abgrenzung zu Beratung/Coaching/Schiedsgericht Kosten der Mediation Schlagwort oder Chance Grenzen und Möglichkeiten der Mediation Was ist Mediation? Einer erste Antworti Die ersten Assoziationen gehen oft in Richtung Meditation, also eher esoterisch, mediale, übersinnliche Wahrnehmung oder dann hin zur Kommunikationstechnik, Stichworte: Medien, Massenmedien, Mediatisierung. Beides geht weit an der Sache vorbei. Die am ehesten treffenden deutschen Begriffe sind Vermittlung – Ausgleich – Versöhnung In der Vermittlung liegt die wohl zentrale Leistung der Mediation und des Mediators. Der Mediator als Mittler, Übersetzer, mit dessen Hilfe steckengebliebene oder nie geführte Gespräche aufgenommen werden, Zerrbilder der streitenden Parteien korrigiert und Verständnis für die andere Partei geweckt werden sollen. Ausgleich bedeutet vorab Interessenausgleich. Nicht die Positionen und das vermeintliche Recht der einzelnen Parteien ist massgebend sondern Verschiedenartigkeit der Interessen, Ziele und Motive. Der Begriff Versöhnung zielt in die Zukunft, die Blickrichtung dreht um 180° von der Vergangenheit und deren Bewältigung mit Schuldzuweisungen und Aufrechnungen hin zur Kooperation und Kommunikation.

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Aber was ist nun Mediation? In einer etwas prägnanteren aber recht technischen Definition könnte man sagen: "Als Mediation bezeichnet man alle Verfahren zur der einvernehmlichen Konfliktlösung, in denen ein neutraler Dritter ohne eigene Entscheidungsgewalt beigezogen wird, den streitigen Parteien auf dem Weg zu einer Einigung zu helfen." Es geht also um ein professionelles Verfahren zur einvernehmlichen Lösung von Konflikten. Der Mediator ist eine neutrale dritte Person, welche durch ihre Ausbildung befähigt ist, durch gezielte Interventionen den Verständigungsprozess, die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten der Parteien zu fördern. Dieser vom Mediator geleitete Verständigungsprozess ermöglicht den Parteien, selbständig kreative Lösungen zu entwickeln. Der Begriff "Vermittlung" wird hier bereits etwas eng, es geht um eigentliches Konfliktmanagement; von der Ausgrenzung, der Aggression und Revanche hin zu Dialog, zum Kompromiss und zur Integration. Die Mediation zielt auf zukünftiges Zusammenleben und zusammenarbeiten. Sie orientiert sich an den der kooperativen Bewältigung von Konflikten und strebt eine win-win Situation für alle an. Die Mediation fusst auf der Autonomie, der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Parteien. Bis hier wurde immer wieder der Begriff "Konflikt" gebraucht. Aber was ist nun eigentlich ein "Konflikt"? Konflikte und Lösungsmöglichkeiten Der Begriff Konflikt bedeutet in der Übersetzung "Zusammenstoss", bildlich für Streit, Zerwürfnis. Eine ausführliche Definition des Begriffes "Konflikt" ist recht schwierig, weil ausserordentlich vielschichtig. Trotzdem ein Versuch "Konflikte sind Spannungssituationen in denen zwei oder mehrere Parteien, die voneinander abhängig sind, mit Nachdruck versuchen, scheinbar oder tatsächlich unvereinbare Handlungspläne zu verwirklichen und sich dabei ihrer Gegnerschaft bewusst sind." ii Dabei sind verschiedene Erscheinungsformen von Konflikten möglich. Der eine heiss, explosiv geführt, expansive Gebietsvergrösserung. Klassische Fälle: Nachbarschaftsstreitigkeiten, polit. Auseinandersetzung, aber auch Auseinandersetzungen um Mängelrügen. Der andere kalt, in Gedanken, frustriert, zersetzend, Konfrontation wird vermieden. Klassische Fälle in der Ehe/Familie, in Unternehmungen (Mitarbeiter).

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Mediation - eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen

Woher kommt nun diese Unvereinbarkeit? Wir sind alle Individuen mit ganz verschiedenem Hintergrund: Herkunft, Umfeld, Ausbildung, Erfahrungen, Stimmungen spielen eine wesentliche Rolle. Jeder ist durch seine Geschichte geprägt, hat quasi eine innere Landkarte. Wird das innere Bild gestört, beginnt sich die Wahrnehmung zu verändern, sie wird selektiv. Alles was eine Bedrohung darstellen könnte, nehmen wir besonders scharf wahr. Wir erkennen klar die störenden Eigenschaften unseres Gegners und bagatellisieren dieselben Eigenschaften an uns selbst. Es kommt immer mehr zu einer Verzerrung der Bilder der Gegenpartei und von uns selbst. Wir selbst sind gut fair usw., der Gegner nur noch schlecht, unsachlich, agressiv, etc. Nach und nach eskaliert die Geschichte.

Beginnend mit einer Verhärtung der Standpunkte, wird zunehmend schwarz/weiss gemalt, es folgen Taten (vor vollendete Tatsachen stellen). In weiteren Stufen geht es über das Suchen von Verbündeten, mehr oder weniger öffentliches Angreifen zu Drohstrategien (wenn du nicht ..., dann ...). Ab jetzt kommt es zu einer dramatischen Umkehr der Werte: Kleiner eigener Schaden wird als Gewinn interpretiert bis hin zum gemeinsamen in den Abgrund gehen.iii Es gibt 4 grundlegende Konflikt-Lösungsverfahren, die sich im wesentlichen im Grad der Freiwilligkeit, dem Grad der Formalität und der Qualität des Ergebnisses unterscheiden.iv Verhandlung selbstbestimmt formlos/freiwillig

Mediation Schiedsgericht ⇒ fremdbestimmt ⇒ formalisiert/unfreiwillig

Gerichtsverfahren

Im folgenden befassen wir uns mit dem am wenigsten bekannten Verfahren.

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Schematischer Ablauf einer Mediation Bevor in die eigentliche Mediation eingestiegen werden kann, braucht es einige Vorarbeit durch den Mediator. Diese ist nicht zu unterschätzen. Erfahrene Mediatoren gehen von einem Verhältnis Vorbereitung zu Mediation von 4-5 zu 1 aus. Es geht in der Vorbereitung darum, Vorinformationen einzuholen worum geht es wer ist Partei/Entscheidungsträger was wurde bereits versucht Hintergründe/Umfeld Eignung zur Mediation 1.

Information der Parteien Zweck der Mediation Rolle des Mediators Ablauf Auslösen eines Denkprozesses

2. 3. 4. 5.

Darstellung der Situation durch die Parteien Interesse herausschälen (schwierigster Teil) Entwickeln von Optionen Einigung formulieren

Mediation in der Unternehmung / Wirtschaftsmediation Die Mediation lässt sich als professionelles Verfahren auch im Wirtschaftsbereich anwenden. Sie ist eine effektive Möglichkeit, wertvolle geschäftliche Zusammenarbeit trotz auftretender Konflikte zu erhalten, zu verbessern oder allenfalls auch konstruktiv zu beenden. im innerbetrieblichen Bereich, wo offizielle Unternehmensleitlinien und effektiv gelebte Spielregeln einander zuwider laufen und damit zu vermeintlichem Gesichtsverlust, Kränkungen und Frustrationen führen. Auseinandersetzungen zwischen Vertragsparteien in ihrer ganzen Vielschichtigkeit Konflikte in öffentlichen Verwaltungen, Wirtschaftsverbänden, etc. bei Schadenersatz- und Haftungsfragen, Garantiefälle, etc. Verwenden und Einfliessen lassen von mediativen Elementen in Vertragsverhandlungen als Konfliktprävention (Beispiel: Anfrage Bank) Abgrenzung Mediation zu Beratung, Coaching, etc. v Beratung Ein Berater (im Sinne des Rechts- oder Unternehmensberaters) ist für eine Partei (Person, Gruppe, Organisation) tätig. Er kann die Lösung eines real existierenden (meist Rechts- oder Sach-) Problems vorschlagen. Es findet schwergewichtig ein Wissenstransfer vom Berater zum Klienten statt. Der Berater bringt seine Erfahrung, sein Know how in Sachfragen und Abläufen ein.

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Coaching Coaching will die Effizienz der gecoachten Person bzw. Gruppe steigern. Der Coach unterstützt eine Person oder eine Gruppe darin, ihr Wissen und Können am rechten Ort und zur rechten Zeit optimal einzusetzen. "Coaching "ist in der Tat ein unscharfer Begriff und umfasst viele Spielarten. Die Abgrenzung zu Mentoring, Supervision, Beratung, Training oder gar Psychotherapie ist bisweilen recht schwierig. Entscheidend ist, dass ein enger, persönlicher, auf Vertrauen basierender Kontakt zwischen Coach und dem zu Coachenden besteht und daraus weit mehr als Wissensvermittlung geschieht – der Coach beeinflusst mehr oder weniger direkt Einstellung und Verhaltensweise. Coaching kann als inhaltlich und zeitlich begrenztes Angebot der Beratung und der Unterstützung im Hinblick auf eine bestimmte (Ausnahme-) Situation angesehen werden. Es beruht auf Freiwilligkeit des Gecoachten und Neutralität des Coach. Therapie In einer Therapie arbeiten sich Klient und Therapeut zu den Ursprüngen des gegenwärtigen Zustandes der Person durch. Im Verlaufe der Behandlung wird altes Unbewältigtes besprochen und aufgearbeitet. Das kann für das seelische Befinden des Betroffenen zwar hilfreich sein, führt aber nicht ohne weiteres zur Lösung eines Konfliktes. Schiedsgericht Freiwilliges Unterstellen der Parteien unter ein fremdbestimmtes Urteil. Nur die Wahl der Richter ist frei. Mediation Anders der Ansatz in der Mediation: Die Parteien übernehmen selber die Verantwortung für die Konfliktlösung. Sie sollen von ihren Positionen, Standpunkten abrücken und ihre Interessen, Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen überdenken, formulieren und offen legen. Das setzt eine gewissen Beweglichkeit, Dynamik und Kreativität voraus. Dies ist nicht einfach und erfordert von den Streitparteien viel eigene Arbeit, zum Teil auch Überwindung. Kosten der Mediation Gerichtsverfahren (Beispiel): Streitsumme Fr. 50'000.00 Verfahren nach Streitwert rd. Fr. 3'500.00 Anwaltskosten rd. Fr. 8'600.00 plus eigene Kosten (Arbeitsausfall) p.m. Bei Unterliegen 2 x 8'600, total rd. Fr. 21'000.00 Im Gerichtsverfahren gelangen normalerweise streitwertabhängige Kostendekrete zur Anwendung. Die Grundkosten (oben) erhöhen sich, wenn weitere Rechtsschriften und Verhandlungen notwendig werden um 10-30%. Nicht eingerechnet sind Expertisekosten, Gerichtsspesen und die eigenen Kosten (Arbeitsausfall, Instruktion Anwalt etc.). In der Mediation werden regelmässig Stundenansätze vereinbart. die Abrechnung erfolgt nach Aufwand. Die Vorbereitungszeit beträgt nach einer ungefähren Faustregel 4-5 Stunden auf 1 Stunde reine Mediationssitzung.

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Mediation - eine andere Möglichkeit Konflikte zu lösen

Die Parteien beeinflussen so mit ihrer Kooperation ganz wesentlich die Kosten des Verfahrens. Üblicherweise wird im Vorfeld auch bereits der Kostenverteiler auf die Parteien festgelegt. Schlagwort oder Chance Über Mediation lassen sich praktisch alle Konfliktsituationen angehen, mit wendigen Ausnahmen: Eine Partei will partout Recht haben Missbrauch der Mediation Reihe Rechtsfragen zu klären Parteien in angeschlagener Verfassung unüberwindliches Machtgefälle Diese Anzeichen sind in der Vorphase durch den Mediator zu klären. Fazit Die Mediation gibt eine Chance, Konflikte zu lösen, die Sichtweise des andern verstehen zu lernen und daraus konstruktive Lösungen zu bauen. Das kann ein schwieriger Prozess sein, der Mut, Willen und Kraft fordert. Es heisst, den Prozess "mit Kopf, Herz und Hand" anzugehen. Mediation ist eine geeignete Form der Konfliktbewältigung, die im Laufe des Prozesses zu einer neuen Sicht der Dinge, zu einer anderen Haltung führen kann. Um den Wesensgehalt der Mediation zusammenzufassen, zum Schluss eine Geschichte: Zwei Schüler eines alten Rabbi hatten ein Streitgespräch über den wahren Weg zu Gott. Der eine sagte, dass der Weg auf Anstrengung und Energie aufbaue. "Du musst Dich voll und ganz hingeben, mit aller Anstrengung dem Weg des Gesetzes folgen. Beten, aufmerksam sein, rechter Lebenswandel." Der zweite Schüler war nicht einverstanden. "Er ist ohne alle Anstrengung. Die basiert nur auf dem Ego. Er ist reine Selbstaufgabe. Dem Weg zu Gott folgen, aufwachen, heisst, alle Dinge loszulassen und die Lehre zu leben. Nicht mein, sondern Dein Wille." Da sie sich nicht einigen konnten, wer nun recht hatte, gingen sie zu ihrem Meister. Er hörte zu wie der erste Schüler den Weg der rückhaltlosen Anstrengung pries, und auf seine Frage: "Ist das nicht der wahre Weg?" entgegnete der Meister: "Du hast recht." Der zweite Schüler war ganz aufgebracht und beschrieb mit schönen Worten den Weg der Selbstaufgabe und Loslösung. Als er fertig war, fragte er: "Ist nicht das der wahre weg?" und der Meister entgegnete: "Du hast recht." Ein dritter Schüler, der dabei sass, sagte: "Aber Meister, sie können nicht beide recht haben!", und der Meister lächelte und sagte: "Du hast auch recht!"vi 13.02.2002/Sm 1

Vgl. Altmann/Fiebiger/Müller, Mediation: Konfliktmanagement für moderne Unternehmen, Winhwim/Basel 1999, S. 12 ff. 1 Nach Bruno Rüttinger, zitiert bei Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 6. A. Bern 1999, S. 14 1 Eskalationsstufenmodell nach Glasl, Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 6. A. Bern 1999, S. 215 ff. 1 Vgl. Altmann/Fiebiger/Müller, a.a.O., S. 28 1 Vgl. zum Ganzen M. Roth/S. Schwarz/R. Roth, mediation@konflikte.streit.beziehungskisten, Zürich 2001, S. 7 f 1 Chassidisch, aus: Kornfeld, Jack und Feldmann, Christina (Hrsg.), Geschichten, die der Seele gut tun, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 1998

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Überstunden oder Überzeit? Fredy Eggenschwiler lic. iur., Fürsprech und Notar Prokurist, Abteilungsleiter Steuern BDO Visura, Aarau


Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Fredy Eggenschwiler

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Fredy Eggenschwiler

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Fredy Eggenschwiler

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Fredy Eggenschwiler

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Fredy Eggenschwiler

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Ăœberstunden oder Ăœberzeit?

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Überstunden oder Überzeit? i

Vgl. Altmann/Fiebiger/Müller, Mediation: Konfliktmanagement für moderne Unternehmen, Winhwim/Basel 1999, S. 12 ff. ii Nach Bruno Rüttinger, zitiert bei Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 6. A. Bern 1999, S. 14 iii Eskalationsstufenmodell nach Glasl, Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 6. A. Bern 1999, S. 215 ff. iv Vgl. Altmann/Fiebiger/Müller, a.a.O., S. 28 v Vgl. zum Ganzen M. Roth/S. Schwarz/R. Roth, mediation@konflikte.streit.beziehungskisten, Zürich 2001, S. 7 f vi Chassidisch, aus: Kornfeld, Jack und Feldmann, Christina (Hrsg.), Geschichten, die der Seele gut tun, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 1998

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Fredy Eggenschwiler

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