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Mit Ahornsirup und Ingwer zum Spicy Smash

Senf, Fenchel, Steinpilze oder schwarze Schokolade – die Barkeeper der Stadtzaubern aus allem Möglichen eine Offenbarung ins Glas. Das beweisen sie uns,indem sie einander regelmässig mit wilden Zutaten herausfordern. Sie sind nicht einfach «nur» Barkeeper. Sie sind Mixologen, Kultfiguren der Barszene, die dir zwar noch widerwillig einen langweiligen Apérol Spritz servieren, doch eigentlich haben sie weit raffiniertere Cocktails auf Lager. Und die lohnt es auszuprobieren. Nicht alle an einem Abend, bitte, aber hin und wieder einen.

Wie kreativ die Barszene der Stadt ist, macht unsere Erlebnis-Tour mit zwölf ausgewählten Mixologen deutlich. Das Prinzip: Drei Zutaten, ein Shaker. Lokale Barkeeper fordern einander heraus, aus zwei von drei mitgebrachten Zutaten spontan einen möglichst spannenden Drink zu kreieren. Was sonst noch in den Shaker kommt, ist jedem selbst überlassen.

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Beginnen wir beim erfahrenen Thierry Dunkel, der schon 22 Jahre in der Szene dabei ist und in der Blaupause Bar an der Utengasse gemäss eigener Aussage «seinen zweiten Frühling» erlebt. Seine Spezialität: Frische Früchte. In seinem Reich ist vom Zitronengras-Sirup bis zum Citro für das Panaché alles hausgemacht. Kein Wunder, kreiert er aus Litchis und Zwetschgen einen «Litchi Royal Fizz» auf Rum-Basis.

Philipp Kreibich / Campari Bar

Experimenteller geht’s bei Philipp Kreibich zu und her. Die ihm vorgegebenen Zutaten: Grobkörniger Senf und Pflaumen. Tönt ein wenig fies. Aber Philipp zaubert in der Campari Bar neben der Kunsthalle kurzerhand eine würzig-süsse «Lady Mustard» auf Gin-Basis ins Glas. Das ist übrigens schon ein Weilchen her – heute ist Philipp Bar Manager im neuen Art House Hotel.

Im Flore, das vielen primär als charmante Weinbar im Klybeck bekannt ist, beweist auch Yannik Thommen Improvisationstalent. Aus Mandarinen, Koriander, Misopaste und dem Packs Wodka der Stadtbrennerei schüttelt er einen «Tangeria» und serviert ihn auf Eis, mit darüber geraffelten Mandarinen-Zesten und Koriander-Garnitur. Du kannst dir nicht vorstellen, wie der Drink schmeckt? Dann ab ins Flore!

Und falls du dich bereits gefragt hast: Ja, Basel hat auch Frauen-Power hinter dem Tresen zu bieten. Zum Beispiel Saveria Bolliger. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann das Smuk an der hippen Feldbergstrasse. Aus Tonkabohnen, Rotem Pfeffer und Orangen mixt sie eine Old-Fashioned-Mixtur mit Rum, den «Old Honky-Tonk». Möglicherweise dein nächster Lieblingsdrink und auf jeden Fall das Aus für jeden Apérol Spritz.

Saveria Bolliger / SMUK

Marco Panhofer / Pot Still Bar

Eine weitere Frau in der Runde, Chloé Merz, hat Basel und das Angel’s Share im März 2020 in Richtung Hamburg verlassen. Leider – sie war nämlich eine Koryphäe der Mixologie und ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen. Ihre Kreation im Basler Barkeeper-Contest: Der «Sneaky Savi» mit Himbeeren, Äpfeln, Thymian, Mezcal und Tequila. Erfrischend!

Weiter geht’s mit Julian Bhorania, der aus Zitronengras, Grüntee und schwarzer Schokolade in der Styx Bar an der Unteren Rheingasse den «Le Frère Interdit» mixt. Whisky, Cognac und ein wenig vom Inhalt einer Flasche, die mit «Liqueur Interdite» beschriftet ist, machen den Drink verboten gut. Wie schade, dass es die Styx-Bar heute bereits nicht mehr gibt – sie war nur eine Zwischennutzung. Bleibt die Hoffnung, dass die Styx-Crew bald ein neues Abenteuer wagt.

Bis dahin empfiehlt sich zum Beispiel ein Besuch in der Pot Still Bar am Barfüsserplatz. Dort steht Marco Panhofer an den Flaschen. Er, der gerne die einzelnen Komponenten herausschmeckt und reduzierte Drinks mag, mixt auf Whisky-Basis mit Ahornsirup und Ingwer den «Spicy Smash». Die kleine Bar ist für ihre exquisite Whisky-Karte bekannt und Marco für sein Tempo. Er muddelt, mixt, probiert, ergänzt hie und da ein wenig – alles geht ruckzuck – und am Ende steht ein Drink auf der Bar, der dank Ingwer auch sehr gut kommt, wenn man etwas erkältet ist.

Yannick Thommen / FLORE

David Büchli / Viertel

Alexej Dick / Roter Bären

Lust auf mehr? Auf ins Conto 4056 im St. Johann. Dort arbeitet Steven Fergusson als Barkeeper. «Bei uns ist es immer lustig. Das macht unseren Job aus; du darfst nie vergessen zu lächeln», erzählt er. Lächelnd entsteht auch der «Cold Blooded». Darin enthalten sind – festhalten – Steinpilze. Zusammen mit Tomaten, Tabasco und Mezcal eine überaus zufriedenstellende Mahlzeit im Glas. Auch David Büchli liebt seinen Job hinter der Bar vom Viertel am Dreispitz. Aus Erdnüssen, Aprikosenkonfitüre und Schwarztee zaubert er den auf Mezcal basierenden fruchtigtrockenen «Red Dwarf». Im Werk 8 im Gundeli mixt uns Norbu Tsering schliesslich einen «Sesam, öffne Dich» aus Sojasauce, Litschis, Sesam, Doppelwacholder und Likör. Fährt ganz schön ein.

Unterdessen sollte allen klar sein, dass es sich bei den kreativen Barkeepern nicht einfach um Servicepersonal, sondern um Kunstschaffende handelt. Das beweist auch Joe Farr aus der Bibliothek Bar am Barfüsserplatz: «Wenn ich zwei Dinge sehe, entsteht in meinem Kopf gleich ein ganzes Bild», erzählt er und malt mit Fenchel, Paprika und Rhum Agricole den «Gold of Martinique» ins Glas.

Müde? Frustriert? Gelangweilt? Alexej Dick, der Barchef des Roten Bären im Kleinbasel, holt dich da ab, wo du gerade bist: «Manchmal frage ich die Kunden, wie sie sich fühlen und mixe ihnen einen ihrer Gemütslage entsprechenden Drink.» In unserem Fall zaubert er aus Cranberries, Fenchel, Muskatnuss und Pisco Demonio de los Andes den «Hinojo Rojo». Würzige Note, fruchtiger Abgang. Fühlt sich an wie frisch verliebt. Lasst uns also mit hüpfendem Herzen anstossen: Auf all die herrlichen Bars in der Stadt und ihre verrückten Cocktail-Künstler!

Norbu Tsering / WERK 8

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