La petite Provocateuse KLEINES KOMPENDIUM DER PROVOKATION
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INHALT
Provokation
4–5
Subversion
6–7
Provokation
8–9
Kommunikationsguerilla
10 – 11
Unbenannt
12 – 13
Die Schweinsmaske
14 – 15
Neuetikettierung
16– 17
Umsturz der Kommunikationsstrukturen
18 – 21
Plakate zur Semesterausstellung
22 – 23
Impressum
24 – 25
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Provokation Dem lateinischen provocare entstammend, steht Provokation übersetzt für ‚hevorrufen‘, ‚herausfordern‘. Damit ist das absichtliche Erzeugen von gezielt gelenkten Reaktionen und Handlungen bei einer anderen Person definiert. Provokation versteckt sich nicht, sie schlägt dem Gegenüber offenkundig ins Gesicht. Es bedarf jedoch einer Differenzierung: nicht nur resolutes reizen von Eskalation sondern auch die dezente Diskreditierung und Entlarvung sind entsprechende Strategien. Somit ist die letztgenannte Art die wesentlich galantere für den Provokateur selbst. Der Gereizte muss sich, im besten Fall zumal vor Dritten rechtfertigen, wohingegen der Akteur mit möglichst geringem Aufwand die größtmögliche Wirkung erzielt, ohne selbst zum schwarzen Peter zu werden. Verhalten des Provozierten und Gleichgültigkeit allgemein sind die Zielscheiben der Provokation, die am liebsten dort versucht, mit ihren Methoden ins Schwarze zu treffen.
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Subversion Subversion agiert im Verborgenen, ist indirekt und im höchsten Maße umwerfend. Umwerfend hinsichtlich ihres feinen Auftretens und zudem ihres untergrabenden und verderbenden Verhaltens gegenüber jeglicher Art institutionalisierter Macht. Die Subversion ziehlt auf Transformation ab. Ebenso wie sich die Subversion gegen die uns beherrschende Dominanz richtet, so bietet sich ihr gleichermaßen die Systematik eines definierbaren, vorherrschenden Apparats die strategische Methodik. Mann kann sagen, daß subversives Verhalten auf die Würde des Menschen zentriert ist, da sie ein schlechthin menschliches Phänomen darstellt.
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Manipulation Manipulatives Verhalten hat das Ziel, andere Menschen in verherrender Weise zu etwas zu zwingen, was sie in dieser oder jender Form so gar nicht wollen oder wünschen. Rohe Gewalt ist ein Mittel, unbemerkte und unheimlichere Tricks die gefährlichere Art der Fremdbestimmung. Die Unkenntnis über die Absichten der Manipulateure erhöht die Intensität bei dieser Form der Beeinflussung. Mit der Manipulation zwingt man die Betroffenen zu einem intendierten Verhalten, welches dem Eigennutz des Manipulateurs dienlich ist. Das bedeutet, daß sich psychischen Mitteln bedient wird, die die Freiheit des Handelns einzuschränken vermögen. Und noch etwas: Manipulation erkennt man unter anderem daran, daß man sie nicht erkennt!
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Kommunikationsguerilla
Die Kommunikationsguerilla beschäftigt sich gezielt mit der Methoden der Information, beziehungsweise der Desinformation, um mit diesen Mitteln ihre Ziele zu erreichen. Diese Art von Aktionismus wendet die klassische kleinkriegerische Taktik im Revier der Kommunikation und Information mit möglichst effektiven und punktuellen Operationen an. Entfremdung & Umbedeutung beschreibt eine Methode der Verfremdung, die den Blick auf allgemein bekannte Sachverhalte verändert, indem sie sie aus ihrem gewohnten Kontext herausreißt und in einen neuen Zusammenhang stellt. Gerade da sie dem gemeinen taktischen Umgang mit den gesellschaftlichen Kommunikationsstrukturen entspricht, ist sie ein wirksames Mittel um diese sozialen Konstruktionen sichtbar werden zu lassen. Für die Kommunikationsguerilla ist die Entfremdung die Herangehensweise für den Angriffs auf die symbolischen Fundamente der sozialen Ordnung, die Zeichen derer zu zerstören und auf ihre stabilisierenden Funktionen aufmerksam machen zu können. Fälschung ist eines der beliebtesten Betätigungsfelder von Kommunikationsguerillas. Eine gute Fälschung bezieht ihre Wirkung aus einem Konglomerat von Imitation, Verfremdung und Übertreibung der herrschenden Formen, indem sie diese möglichst perfekt nachahmt um für einen möglichst langen Zeitraum unentdeckt in ihrer Autorität zu fungieren. Ziel und Zweck ist das Auslösen eines Kommunikationsprozesses, bei dem gerade durch die Aufdeckung der Fälschung die Struktur der gefälschten Kommunikationsstruktur zum Thema wird.
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Fehlinformation
Entfremdung & Umbedeutung
F채lschen
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DIE SCHWEINSMASKE Die Gesichter auf den Wahlplakaten wurden mit einer, dem Augenabstand angepassten Spr端hschablone entsprechend entstellt und neu konnotiert
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NEUETIKETTIERUNG Ein Versuch das öffentliche Geschehen zu erreichen führt zum Supermarkt. Reguläre Lebensmittel werden mehr oder weniger subversiv manipuliert und unbemerkt zurück ins Regal gestellt. Die Manipulation geschieht durch Umetikettierung.
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Passive Wahrnehmung Traditionelle Werbesysteme – mittels Plakaten, Massenmedien, Reklame – erreichen nur eine kurze Aufmerksamkeitsspanne der Menschen oder werden passiv registriert. Es ist leicht ihnen auszuweichen oder sie auszublenden.
Aktive Auseinandersetzung Durch das direkte, persönliche Erleben können ganz gezielt Verhalten und Emotionen hervorgerufen werden. Die Reaktionen sind sehr gut abschätz- und im besten Fall reproduzierbar. Wird die Person oder Gruppe in einem solchen Maß authentisch in ein Sznerario einbezogen, dass dieses reel erscheint, subjektiviert sich ihre Empfindung so stark, dass eine hohe Konfrontationsbereitschaft erregt werden kann.
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UMSTURZ DER KOMMUNIKATIONSSTRUKTUREN
Ebenso wie wir die Mittel der Kommunikation im Rahmen unserer Sozialisierung erlernt haben, können wir andererseits die Mittel der Kommunikation bestimmen, neudefnieren und selbst gestalten. Ihre Regeln und Strukturen verändern sich im Laufe der Zeit, sind jedoch jederzeit bestimmend für Legitimationen und Handlungsrechten, wie -pflichten. Wie beschrieben sind wir zwar in der Lage, die Mittel der Kommunikation, also auch deren Regeln und Strukturen zu beeinflussen, ebenso sehr sind wir auch auf sie angewiesen, halten an ihnen fest und werden in der Tat von ihnen, bewusst wie unterbewusst, beherrscht.
chen. Der Semiotiker Roland Barthes formulierte dementsprechend dazu das bezeichnende Credo: „Ist die beste Subversion nicht die, Codes zu entstellen, statt sie zu zerstören?“ Wie können wir es nun anstellen, dem Titel gerecht zu werden und die bestehenden Kommunikationsstrukturen umstürzen? Subversion, die vor einigen Jahrhunderten noch die agrarische Begrifflichkeit des Umpflügens aufwies und im Laufe der Geschichte politische Relevanz zugewiesen bekam impliziert insofern durch ihre Bedeutung von Umsturz den offensichtlichsten Bezug hierzu.
Sind wir nun fähig, die vorherrschenden, uns beherrschenden Mittel zu erkennen und auf ihre Legitimation hin zu analysieren, so ist es uns bis zu einen gewissen Grade hin dennoch nicht möglich, sie zu verändern oder zu relativieren. Um bestehende Strukturen zu stützen bedarf es gesetzgebende und Kontrollierende Organe. Eine Widersetzung ist meist von strafrechtlichen Folgen begleitet.
Ganz so einfach wie es scheint ist die Sachlage jedoch nicht; bei dem geplanten Vorhaben, den Umsturz der kulturellen Grammatik, müssen weit mehr Faktoren als allein die Subversion berücksichtigt werden. Sie wird akzentuiert mit den Instrumenten der Provokation und der Manipulation. Die Methodologie, also die sorgfältige Komposition dieser drei Kommunikationsmethoden ist von esentieller Substanz für das Gelingen.
Die Subversion versucht in folgedessen nicht, herrschende Normen zu zerstören, sondern sie abzuwandeln und sie für ihre Vorhaben zu missbrau-
Zur genauen Ausführung der angewendeten Taktiken und dazu abhängigen Überlegeungen soll uns das ein oder andere Beispiel dienlich sein.
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Montag, 23. November 2009
Kündigung des Mietvertrags Sehr geehrte Damen und Herren der Wohngemeinschaft Scherenbergstr 13, 2. Stock links, hiermit kündigen wir Ihren Mietvertrag frist- und vertragsgerecht zum 1.1.2010 Wir fordern Sie auf, die Wohnräume bis zu dem genannten Termin besenrein zu verlassen. Mit freundlichen Grüßen
Christine Dürr
Wenn die Kommunikationsstrukturen als reglementierendes System unseren Alltag durchziehen, stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten des Handelns innerhalb dieses Systems noch bestehen. Es reicht nicht aus, die vorherrschenden Methoden zu benennen oder anzuprangern, vielmehr geht es darum, diese in aktives Handeln umzusetzten, für unsere eigenen Absichten zu instrumentalisieren. Nun ist es an der Reihe, einige Gedankenexperiemente aufzuzeigen, die sich mit dieser Thematik befassen. Von vornherein wurden politische oder aktuell diskutierte Themen ausgegrenzt, meine Überlegungen fanden im Rahmen der Möglichkeiten meines persönlichen Umfeldes statt. Daraus erschließt sich auch dessen Universalität. Die Ansatzpunkte des Handelns müssen also in der Alltagspraxis der Menschen gesucht werden. Das folgende Exempel arbeitet mit den verschwindend kleinen, aber alltäglichen Mechanismen der Disziplierung; in unserem Fall den Erhalt und das Reagieren auf offizielle Dokumente. Eine Kündigung des Mietvertrages hat mit Briefkopf und Unterschrift die nötige Brisanz, die den Adres-
saten in Handlungszwang versetzt. Ist die Fälschung perfekt (Abbildungen), so wird dem Betroffenen keine andere Alternative bleiben, als den Vermieter wegen dieser, offensichtlich groben Vertragsverletzung, zu kontaktieren. Fängt nun ein ganzer Wohnblock sich zu bewegen und zu reagieren an, so ist das Resultat zuerst imponierend der Quantität und zugleich an Intensivität des Gemeinschaftsgefühls aller gleicherweise Betroffenen kaum zu überbieten. Ein weiterer, nicht zu verachtender Aspekt, ist die Emotionale verbundenheit mit der Nachricht und deren Auseinandersetzung. Diese beispielhafte Entstellung vorhandener Codes ist nur ein winziger Abriss manigfaltiger Möglichkeiten, die sich uns bietet, ein wenig Verwirrung zu stiften und die von uns als Strukturen in ihren Grundmauern zu erschüttern. Wir stürzen mit dieser Praktik nicht nur die vorherrschenden Kommunikationsstrukturen, auch das Subjekt selbst wird in höchstem Maße manipulativ benutzt, um zu unserem Eigennutz zu handeln. Ob dieser Eigennutzen nun im vorangegangenem Beispiel nun treffend beachtung gefunden hat, ist fraglich, daher das folgende Experiment:
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Wir gehen einen Schritt weiter und verlassen die Handlungsebene des reinen Aktionismus. Die vorrausgehende Überlegung ist nun folgende: In wie weit lassen sich die besprochenen Methoden auf einen Ansatz erweitern, der im Raum des Marketings und der Werbung einen schlüssigen Erfolg mit sich bringt?
Was nun folgt ist genaugenommen und im größten Maße zweifelhaft. Anstatt des Geldbriefes wird dem Adressenten nahegelegt, doch ein Geldkonto bei der Postbank zu eröffnen, selbstverständlich mit, so der gedankliche Ansatz, ebenso verlockenden 50 Euro Startguthaben.
Wir wissen, daß Menschen, durch ihre durchgangene Sozialisierung, offiziellen Dokumenten mit dem Glauben an die Untrüglichkeit solcher Schreiben begegnen. Desweiteren sollte der Inhalt der angenehmeren Art sein, sozusagen das Belohnungszentrum beflügeln, wodurch man dem Subjekt quasi schon die Ungewissheit etwaiger, unangenehmer Folgen der Reaktion auf das Dokument vorwegnimmt. Eine gefälschte polizeiliche Vorladung liegt also nicht in unserem Interesse.
Soweit das Beispiel mit etwaigem Realitätsanspruch. Es dürfte aber ausreichend verdeutlicht haben,mit welch simplen Mitteln (und tiefgehenden, theoretischen Überlegungen) sich die Methoden der Subversion und der Manipulation für Marketingzwecke heranziehen lassen.
Anders sähe es mit postalischen Abwesenheitsnotiz aus, es befände sich ein Geldbrief in Höhe von, sagen wir einmal 50 Euro, bei der Postdienststelle zur persönlichen Abholung bereit. Natürlich wird der Benachrichtigte den Brief, im Austausch gegen den Benachrichtigungsschein, bei der Post abholen werden, womit das erste Ziel erfüllt ist; Die Person wurde subversiv manipuliert, sie denkt, sie handle situativ und nicht, wie eigentlich, im Willen des Manipulateurs.
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BIER N EURO SEKT EINSFUFFZIG WAS ZUM GLOTZEN FÜR LAU – KOMM HALT EINFACH AUSSTELLUNG DER SEMESTER- UND ABSCHLUSSARBEITEN DER FAKULTÄT GESTALTUNG Freitag, 05. Februar 2010, 12.00 – 19.00 Uhr Samstag, 06. Februar 2010, 10.00 – 17.00 Uhr Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt WiSo-Gebäude, Münzstraße 12, Würzburg
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PLAKATE ZUR SEMESTERAUSSTELLUNG Im Vorfeld der Semesterausstellung für den Fachbereich Gestaltung an der Fachhochschule Würzburg organisierte sich ein Wettbewerb, der über die Gestaltung und Wahl eines Plakates entscheiden sollte. All das mit dem Grundgedanken daß jeder Student, gleich welchen Semesters, Plakatentwürfe einzureichen berechtigt war, ebenso wie jeder Student und jeder Professor gleichgewichtig abstimmen konnte. Dadurch, daß der gesamte Fachbereich miteinbezogen wurde, bot dieser Wettbewerb einen fruchtbaren Acker für mancherlei provokante Entwürfe. Reiflich vorbereitet wurden die Plakatentwürfe in der Art der Ausdrucksweise sorgfältig ausformuliert und entsprechend gestaltet. In der folgenden Wahl stellte sich heraus, daß eines meiner Plakate (links) tiefgehende Wurzeln schlagen konnte, woraus ein umfassender Disput entsproß, der im Vorab nicht einmal ansatzweise zu erdenken gewesen sein mochte. Tatsächlich erhielt das Plakat (links) die Mehrheit der Stimmen, was jedoch für einige Professoren einen Dorn im Auge darstellte. Es folgten Stellungnahmen, Parteiergreifungen, Dispute, Zusprüche, Absprüche, Interessenlosigkeit, Studentenvollversammlungen, Professorengespräche – zusammengefasst, eine facettenreiche, eingeforderte und umfangreich belebete Auseinandersetzung mit der Thematik. Schlussendlich wurde der Entwurf von Seiten der Professoren, nach aufschlussreichen und nachvollziehbaren Argumentationen abgelehnt. Wenn in diesem Zusammenhang die Wortwahl überhaupt angebracht ist, dann kann man sagen, es war eine Niederlage, bei der der Erfolg trotz- und vorallem durchalledem überwogen hat.
Dich
ruft die Semester Ausstellung des Fachbereiches Gestaltung AUSSTELLUNG DER SEMESTER- UND ABSCHLUSSARBEITEN Freitag, 05. Februar 2010, 12.00 – 19.00 Uhr Samstag, 06. Februar 2010, 10.00 – 17.00 Uhr Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Fakultät Gestaltung WiSo-Gebäude, Münzstraße 12, Würzburg
AUSSTELLUNG UND ZEITVERSCHWENDUNG AUSSTELLUNG DER SEMESTER- UND ABSCHLUSSARBEITEN DER FAKULTÄT GESTALTUNG Freitag, 05. Februar 2010, 12.00 – 19.00 Uhr Samstag, 06. Februar 2010, 10.00 – 17.00 Uhr Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt WiSo-Gebäude, Münzstraße 12, Würzburg
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IMPRESSUM
Felix Volkheimer Frage.Zeichen Prof. Carl Frech WS 2009 / 2010 3. Semester, Fachbereich Gestaltung Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt Abschließend ein Dank an Carl Frech, für eine Stunde gewonnen Schlaf und seine Nachsicht.
Ergänzende Literatur: Handbuch der Kommunikationsguerilla L. Blissett / Sonja Brünzels 2001 Assoziation A Manipulation Benesch / Schmandt 1979 dva Skript, „Kommunikationstheorie“ Prof. Dr. Gerhard Schweppenhäuser